Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Schaffner, Barbara (glp/pvl, ZH) NR/CN
  • Mäder, Jörg (glp/pvl, ZH) NR/CN

Prozesse

39 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

In der Herbstsession 2023 bereinigte das Parlament sowohl die Prämien-Entlastungs-Initiative der SP als auch deren indirekten Gegenvorschlag. Den Anfang machte der Nationalrat, der dem Ständerat beim indirekten Gegenvorschlag in allen offenen Differenzen trotz anderslautender Kommissionsanträge zustimmte. Dadurch setzte sich der Ständerat unter anderem mit seiner Vorstellung des Gegenvorschlags durch, «der bezüglich der finanziellen Auswirkungen nochmals milder ausgestaltet ist als derjenige des Bundesrates», wie es Kommissionssprecher Mäder (glp, ZH) formulierte. So verzichtete der Nationalrat darauf, dass der Bundesrat den Kantonen vorschreiben darf, wie die Prämien und das verfügbare Einkommen zur Festlegung des Kantonsanteils der Prämienverbilligungen berechnet werden. Hier folgte der Rat einer Minderheit de Courten (svp, BL), während die Kommissionsmehrheit an ihrer Position hatte festhalten wollen.
Die zweite grosse offene Frage betraf den Mindestanteil der OKP-Bruttokosten, den die Kantone übernehmen müssen, sowie damit verbundene Regelungen. Hier lagen drei Konzepte vor. Der Bundesrat hatte hier ursprünglich vorgeschlagen, dass die Kantone mindestens 5 Prozent der Bruttokosten übernehmen müssen, wenn die Prämien weniger als 10 Prozent des Einkommens der einkommensschwächsten Personen ausmachen. Bei Prämien in der Höhe von 18.5 Prozent des Einkommens wären es im Minimum 7.5 Prozent der Bruttokosten, dazwischen sollte es eine lineare Abstufung geben. Diesem Vorschlag wollte auch eine Minderheit I Prelicz-Huber (gp, ZH) folgen. Die Kommissionsmehrheit wollte hingegen dem Ständerat folgen, der den minimalen Grenzwert bei 11 statt 10 Prozent und die bei diesem Grenzwert zu übernehmenden Anteile der Bruttokosten bei 3.5 statt 5 Prozent festlegen wollte. Kommissionssprecher Roduit (mitte, VS) erachtete damit das Hauptziel des Gegenvorschlags, die Verpflichtung der Kantone zur Prämienverbilligung an die bedürftigsten Personen, als erfüllt. Gleichzeitig verhindere man damit eine Überlastung des Gemeinwesens. Eine Minderheit Meyer (sp, ZH) war, ebenso wie die Minderheit I Prelicz-Huber, der Ansicht, der Mehrheitsvorschlag decke «nicht mal einen Bruchteil der Kosten der Prämienexplosion von diesem Jahr [...] ab[...]», und forderte eine deutlich stärkere Prämienverbilligung als von der Mehrheit und vom Bundesrat vorgeschlagen. Mit 105 zu 86 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und 104 zu 86 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat zugunsten des Mehrheitsantrags gegen beide Minderheitsanträge aus. Erneut setzten sich die SVP- sowie Mehrheiten der FDP- und der Mitte-Fraktionen durch.

Nachdem der Nationalrat tags zuvor den indirekten Gegenvorschlag bereinigt hatte, setzte der Ständerat die Debatte zur Initiative fort. In zahlreichen Wortmeldungen legten die Sprechenden abschliessend noch einmal ihre Gründe für und gegen die Initiative dar, die im Rahmen der Debatte zum indirekten Gegenvorschlags ebenfalls bereits ausführlich erläutert worden waren. Abschliessend entschied sich der Ständerat, Stimmbevölkerung und Kantonen die Initiative mit 33 zu 11 Stimmen zur Ablehnung zu empfehlen. Einzig die Mitglieder der SP- und der Grünen-Fraktion sprachen sich für eine Empfehlung auf Annahme aus.

In den Schlussabstimmungen Ende der Herbstsession 2023 hiess der Nationalrat den Bundesbeschluss mit der Ablehnungsempfehlung mit 123 zu 70 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gut, der Ständerat mit 32 zu 11 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Den indirekten Gegenvorschlag nahm das Parlament, abgesehen von einer ablehnenden Stimme eines Mitglieds der Mitte-Fraktion im Ständerat (41 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen), beinahe einstimmig an (Nationalrat: 195 zu 0 Stimmen bei 1 Enthaltung). Die SP zeigte sich mit dem indirekten Gegenvorschlag jedoch nicht abschliessend zufrieden und kündigte an, an ihrer Initiative festzuhalten. Über diese wird folglich im Jahr 2024 abgestimmt werden.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Afin d'anticiper le risque de pénurie d'électricité, le député Jörg Mäder (pvl, ZH) estime qu'il faut renforcer les incitations aux économies d'énergie. Dans cette optique, il propose que les entreprises qui peuvent prouver qu'elles ont adopté des mesures d'efficacité énergétique précoces et durables soient exemptées de contingentement en cas de crise grave de pénurie d'électricité.
Le Conseil fédéral a préconisé le rejet de la motion. S'il reconnaît que le risque de pénurie d'électricité existe et que l'efficacité énergétique demeure une pierre angulaire de la Stratégie énergétique 2050, il estime indispensable que l'ensemble des consommateurs d'électricité contribuent à l'effort commun en cas de pénurie. En effet, un régime dérogatoire annihilerait les efforts communs et l'efficacité des mesures de contingentement. À moyen-terme, la mise en application de la motion rendrait obsolète l'une des mesures phares de l'Approvisionnement économique du pays (AEP). Dans sa réponse, le Conseil fédéral a également pointé du doigt le fardeau administratif d'une telle mesure.
Malgré les réticences du gouvernement, la motion a été adoptée à la chambre du peuple par 105 voix contre 82 et 3 abstentions. Le député vert'libéral a reçu le soutien des Vert.e.s (26), du PS (38), du Centre (25) et de son groupe Vert'libéral (16).

Ostral 1. Récompenser les mesures d'efficacité énergétique, qui servent à nous prémunir contre un éventuel contingentement de l'électricité (Mo. 22.3342)

Mittels Postulat forderte Nationalrat Jörg Mäder (glp, ZH) eine Abklärung, welche Grundlagen geschaffen werden müssten, um mit dem GNU-Taler ein anonymes elektronisches Bezahlsystem der SNB einzuführen und in welchem Zeitraum dies machbar wäre. Der Bericht soll dabei insbesondere auf Aspekte wie die Zuverlässigkeit, die Skalierbarkeit, den Diebstahl und den Steuer-Betrug eingehen. Der GNU-Taler, welcher sich vor allem für kleinere Alltagstransaktionen eigne, sei ein elektronisches Abbild des Schweizer Frankens, das nicht von Währungsrisiken betroffen sei und das von deren Besitzenden vollständig anonym eingesetzt werden könne.
Wie Finanzministerin Karin Keller-Sutter in der Herbstsession 2023 einwendete, habe der Bundesrat die Einführung eines anonymen elektronischen Bezahlsystems bereits in seinem Bericht «Digitales Zentralbankgeld» geprüft und sei dabei zum Schluss gekommen, dass dessen Einführung Gesetzesanpassungen voraussetze, die sich je nach Auslegung erheblich unterschieden. Er erachte eine erneute Prüfung von allfälligen Gesetzesanpassungen als wenig zielführend und beantrage deshalb die Ablehnung. Diesem Antrag folgte eine Mehrheit des Nationalrats, bestehend aus Mitgliedern der SVP-, der FDP- und der Mitte-Fraktionen in der Herbstsession 2023, die das Postulat mit 104 zu 85 Stimmen bei einer Enthaltung ablehnte.

GNU-Taler. Elektronisch bezahlen, sicher und doch anonym (Po. 22.4220)

In der Herbstsession 2023 befasste sich der Ständerat als Zweitrat mit einer Motion Schaffner (glp, ZH) zur Erstellung eines Aktionsplans zur Förderung innovativer und klimaneutraler Mobilitätsangebote. Nachdem die Motion sowohl vom Nationalrat als auch vom Bundesrat noch grossen Zuspruch erhalten hatte, stellte sich die vorberatende KVF-SR mit 7 zu 4 Stimmen ohne Enthaltung gegen die Motion. Die Kommission liess in einem Bericht verlauten, dass sie die Anliegen der Motionärin zwar grundsätzlich unterstütze, aber der Meinung sei, dass innovative und klimaneutrale Mobilitätsangebote durch die Akteurinnen und Akteure des Mobilitätssektors und nicht durch einen Aktionsplan des Bundes gefördert werden sollten. Zudem seien verschiedene Projekte wie der Aufbau einer staatlichen Mobilitätsdateninfrastruktur (MODI) oder die Realisierung von Verkehrsdrehscheiben bereits in Umsetzung, was die Motion überflüssig mache. Im Rat ergänzte Kommissionssprecher Stefan Engler (mitte, GR), dass ein Aktionsplan als Instrument ebenfalls kritisch zu betrachten sei. Damit werde eine niederschwellige Intervention präsentiert, aber die umgesetzten Massnahmen könnten schlussendlich durchaus verbindliche Auswirkungen haben. Auch habe ein unlängst veröffentlichter Bericht des Bundesrats gezeigt, dass bereits eine Vielzahl an Projekten zu zukunftsfähiger Mobilität in Arbeit seien. Die Handlungsempfehlungen jenes Berichts sind laut Engler zudem bereits als Aktionsprogramm zu werten.
In Unterstützung der Motion meldeten sich Olivier Français (fdp, VD) und Matthias Michel (fdp, ZG) zu Wort. Français unterstrich die klaren Forderungen der Motion, allen voran den Abbau administrativer Hürden und die dringend notwendige Vernetzung innerhalb von Projekten der innovativen und klimaneutralen Mobilitätsangebote. Michel sprach sich für das von der Motion geforderte Gesamtverkehrskonzept aus und betonte, dass die Motion nicht nur die Ökologie, sondern auch die Effizienz der Mobilität verbessern könnte, insbesondere in ländlichen Gebieten. In der Folge nahm auch der Ständerat die Motion, entgegen der Empfehlung seiner Kommission, mit 22 zu 17 Stimmen bei einer Enthaltung an. Somit muss der Bundesrat nun einen entsprechenden Aktionsplan erstellen.

Aktionsplan zur Förderung innovativer und klimaneutraler Mobilitätsangebote (Mo. 22.3632)

Nationalrätin Barbara Schaffner (glp, ZH) reichte im März 2023 ein Postulat ein, mit dem sie den Bundesrat aufforderte, zu überprüfen, ob raumplanerischer Handlungsbedarf für eine sektorübergreifende Planung der Schweizer Energienetze bestehe. Gemäss Schaffner ist es unabdingbar, Strom-, Gas- und Wärmenetze ganzheitlich zu betrachten und aneinander zu koppeln. Der raumplanerische Aspekt solcher Kopplungen sei jedoch bisher kaum beachtet worden. Die Landesregierung solle deshalb prüfen, wo geeignete Standorte für sogenannte «Multi-Energie Hubs» bestehen. Weiter solle der Bundesrat überprüfen, wie die identifizierten Standorte für die Nutzung als Multi-Energie Hubs gesichert werden können und ob dafür raumplanerische Instrumente angepasst werden sollten. Der Bundesrat empfahl die Annahme des Postulats, worauf der Nationalrat dieser Empfehlung folgte und das Postulat in der Sommersession 2023 stillschweigend annahm.

Sektorkopplung und Netzkonvergenz. Geeignete Standorte raumplanerisch sichern! (Po. 23.3125)

Die Motion «Keine mengenbezogenen Lohnanreize für Spitalärzte» von Jörg Mäder (glp, ZH) stand in der Sommersession 2023 auf der Traktandenliste der Ständerats. Für die Mehrheit der SGK-SR tat Erich Ettlin (mitte, OW) zwar die Unterstützung für das Anliegen kund, beantragte aber gleichzeitig die Ablehnung des Geschäfts. Er begründete diese Haltung mit den bereits vom Bundesrat ergriffenen Massnahmen bezüglich Vorgaben zu Lohnsystemen in den Spitälern. Eine Minderheit rund um Mathilde Crevoisier Crelier (sp, JU) sprach sich hingegen für die Annahme des Vorstosses aus. Die Jurassierin beabsichtigte damit, die Kantone bei deren Arbeiten zu unterstützen und so sicherzustellen, dass mengenabhängige Vergütungssysteme bald landesweit verboten seien. Damit blieb sie bei ihren Ratskolleginnen und Ratskollegen jedoch ohne Erfolg. Das Stöckli schickte die Motion mit 26 zu 10 Stimmen bachab.

Keine mengenbezogenen Lohnanreize für Spitalärzte

Die Reaktionen auf die Botschaft zum vierten Programm des Agglomerationsverkehrs fielen in der FK-NR und in der KVF-NR positiv aus. Beide Kommissionen beantragten im Frühling 2023 einstimmig, auf die Vorlage einzutreten. Die FK-NR war der Ansicht, das vom Bundesrat präsentierte Programm entspreche dem vom Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF) vorgesehenen Rahmen und erziele die gewünschte Wirkung in den Agglomerationen. Die federführende KVF-NR befürwortete sämtliche vorgeschlagenen Agglomerationsprogramme und beantragte zusätzlich mit 12 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen, den Strassentunnel Moscia-Acapulco (TI) als «integralen Bestandteil des Agglomerationsprogramms ‹Locarnese› anzuerkennen» und den Kredit von CHF 1.6 Mrd. entsprechend um CHF 38 Mio. zu erhöhen. Zwei Minderheiten beantragten zum einen eine Änderung bei den Abzügen vom Bundesbeitragssatz an die Projekte und zum anderen eine Koppelung des Inkrafttretens dieser Vorlage mit jener des Ausbauschritts 2023 der Nationalstrassen, damit «verschiedene Projekte und Verkehrsträger [nicht] gegeneinander ausgespielt werden».

In der Sommersession 2023 befasste sich der Nationalrat mit dem bundesrätlichen Entwurf. Für Diskussionen gesorgt hatte in der grossen Kammer dabei erstens der von der KVF-NR zusätzlich beantragte Strassentunnel Moscia-Acapulco im Tessin und die dazugehörige Krediterhöhung von rund CHF 38 Mio. Während die mitberichtende FK-NR auf diesen Tunnel verzichten wollte, stimmte der Rat für die zusätzliche Finanzierungsbeteiligung. Zwar sei dieses Projekt «sozusagen hineingeschmuggelt» und nicht nach dem üblichen Verfahren in das Programm aufgenommen worden, wie Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO) im Rat erklärte. Da es wohl aber keine präjudizielle Wirkung für zukünftige Projektaufnahmen entfalte, solle sich doch die ständerätliche Kommission dieser Sache nochmals annehmen.
Zweitens diskutierte die grosse Kammer über die Höhe der Beitragszahlungen des Bundes an die Projekte. Grundsätzlich war vorgesehen, dass sich der Bund mit Zahlungen in der Höhe von 30 bis 45 Prozent der Gesamtkosten an den Projekten beteiligt. Die bundesrätliche Regelung sah jedoch auch Kürzungen der Beiträge in der vierten Generation um fünf Prozent vor, wenn in vorherigen Programmen (jenen aus der ersten und zweiten Generation) Massnahmen in der entsprechenden Agglomeration ungenügend umgesetzt worden waren. Eine Minderheit Pasquier-Eichenberger (gp, GE) wollte auf solche Bestrafungen (in den Regionen Burgdorf, Chablais, Chur, Grand Genève, Réseau Urbain Neuchâtelois und Agglo Y) verzichten und den Kredit entsprechend um CHF 35 Mio. erhöhen, damit die Projekte schnell realisiert werden könnten. Die Kommissionsmehrheit wollte mit dieser Massnahme hingegen sicherstellen, dass die Mittel zukünftig effektiv eingesetzt werden. Die Kürzungen fänden dort statt, wo die «Verzögerungen auf ein Selbstverschulden der Trägerschaft zurückzuführen» seien, erklärte Kurt Fluri. Der Rat folgte in diesem Anliegen ebenfalls der Mehrheit und behielt die Kürzungen bei.
Drittens beriet der Nationalrat einen Minderheitsantrag Wasserfallen (fdp, BE) zur Koppelung der Vorlage mit jener zum Ausbauschritt 2023 der Nationalstrassen. Wasserfallen wollte im Namen der FDP-Fraktion eine solche Verbindung vornehmen, da die beiden Vorlagen als Gesamtsystem betrachtet werden müssten. Die Gegenseite warf der Fraktion hingegen vor, das Agglomerationsprogramm in «Geiselhaft» zu nehmen, um dem umstrittenen Ausbau der Nationalstrassen unter die Arme zu greifen, wie etwa Barbara Schaffner (glp, ZH) kritisierte. Die Verknüpfung der beiden Vorlagen wurde schliesslich mit 109 zu 87 Stimmen abgelehnt, wobei die geschlossen stimmende SVP-Fraktion zusammen mit Teilen der FDP- und der Mitte-Fraktionen erfolglos für eine Verknüpfung votierten.
Zum Schluss stellte sich die grosse Kammer klar hinter die Vorlage: Einstimmig mit 196 Stimmen und ohne Enthaltungen erteilte der Nationalrat den rund 1200 Massnahmen in 32 Agglomerationen im Umfang von CHF 1.6 Mrd. grünes Licht. Die finanziellen Mittel zur Beteiligung des Bundes an diesen Projekten stammten aus dem entsprechenden Topf der zweckgebundenen Mineralölsteuer (NAF). Verkehrsminister Albert Rösti zeigte sich im Rat zufrieden und bezeichnete die Agglomerationsprogramme als «zukunftsgerichtete Verkehrspolitik, denn sie berücksichtigen alle Verkehrsträger, vom Auto über Bus, Tram, Velo letztlich bis hin zum Zu-Fuss-Gehen». Das Geschäft ging damit mit einer Anpassung am bundesrätlichen Entwurf (dem Strassentunnel Moscia-Acapulco) an den Ständerat.

Agglomerationsprogramme der vierten Generation (BRG 23.033)
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

In der Sommersession 2023 stand die bundesrätliche Botschaft zum Unterhalt und zum Ausbau des Schweizer Nationalstrassennetzes auf der Traktandenliste des Nationalrats. In einer vierstündigen Debatte mit 39 Einzelabstimmungen, 98 Wortmeldungen und zwei Pausen befasste sich die grosse Kammer mit den vier Teilen der Vorlage: Erstens stand mit dem «Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024-2027» der Kredit von CHF 8.8 Mrd. für Betrieb, Unterhalt und Anpassungen an bestehenden Infrastrukturen zur Debatte. Dieser Teil der Vorlage war in der KVF-NR und in der mitberichtenden FK-NR im Frühling 2023 weitestgehend unbestritten gewesen. Zweitens beriet der Rat im Rahmen des «Bundesbeschluss über den Ausbauschritt 2023» über Projekte zur Erweiterung des bestehenden Nationalstrassennetzes. Der Kredit für die Realisierung dieser Projekte sowie für die Planung von noch nicht beschlossenen Projekten war Gegenstand des dritten Bundesbeschlusses «Verpflichtungskredit Ausbauschritt 2023». Diese letzteren beiden Teile der Vorlage hatten in den vorberatenden Kommissionen zu deutlich mehr Diskussionen geführt. Während in der FK-NR eine Minderheit von 11 zu 14 Stimmen gar nicht erst auf diesen Teil der Vorlage eintreten wollte, verlangten in der KVF-NR zwei Minderheiten die Rückweisung dieser Pläne an den Bundesrat. Die erste KVF-Minderheit beabsichtigte dabei, klimapolitische Überlegungen stärker zu berücksichtigen, die zweite Minderheit der KVF-NR wollte die bestehenden Infrastrukturen mit einem alternativen Konzept stärker ausnutzen und damit gewisse Ausbauten umgehen. Während verschiedene weitere Minderheiten in der KVF-NR Verkleinerungen oder Anpassungen an den Ausbauplänen vornehmen wollten, war eine Mehrheit mit 14 zu 11 Stimmen umgekehrt davon überzeugt, zwei weitere, vom Bundesrat erst für einen späteren Zeitpunkt vorgesehene Projekte betreffend den Ausbau der Strecke Le Vengeron (GE) - Coppet (VD) - Nyon (VD) ebenfalls schon in den Ausbauschritt 2023 aufzunehmen. Der entsprechende Kredit sollte dafür um CHF 911 Mio. erhöht werden. Auf diesen Westschweizer Abschnitten bestehe Handlungsdruck und die Ausbauten müssten prioritär behandelt werden, so die Ansicht dieser Mehrheit. Der vierte Teil der Debatte befasste sich schliesslich mit dem «Netzbeschluss» und damit mit der Auflistung aller bestehender oder noch zu realisierender Streckenabschnitte zur Vollendung des gesamten Nationalstrassennetzes. Eine weitere Minderheit der KVF-NR beantragte auch hier eine Änderung in der vorgeschlagenen Anpassung des Netzbeschlusses.

Der Nationalrat folgte letztlich in allen vier Teilen der Mehrheit seiner vorberatenden KVF-NR und erteilte sämtlichen Minderheits- und Einzelanträgen eine Absage. Geprägt waren die Debatten von den gegensätzlichen Ansichten, die sich mit den mehrfach im Rat geäusserten Maximen «wer Strassen sät, erntet Verkehr» und «wer Strassen zweckmässig baut, steht weniger im Stau» zusammenfassen lassen. Die Ratslinke kritisierte in der Debatte, dass der Ausbau der Nationalstrassen zu mehr Verkehr führen werde, die Strasse gegenüber der Schiene attraktiver mache, das Stauproblem an andere Strassenabschnitte verschiebe und der Klimapolitik zuwiderlaufe. Moniert wurden zudem der Verlust von Kulturland, die Verschandelung der Landschaft sowie die Lärmbelastung, unter der die Bevölkerung leide und gegen welche der Entwurf zu wenig unternehme. Bürgerliche Votantinnen und Votanten unterstrichen hingegen die Notwendigkeit der Ausbauten, um Staus zu verringern, dem wachsenden Verkehr gerecht zu werden und den Umfahrungsverkehr in den Agglomerationen zu unterbinden. Das Wachstum von Bevölkerung und Wirtschaft mache einen Ausbau der Infrastruktur unumgänglich, so der Tenor auf der bürgerlichen Seite. Während sich die Fraktion der Grünen prinzipiell gegen die Finanzierung und den Ausbau stemmte, goutierte die SP-Fraktion den Unterhalt der bestehenden Autobahnen. Die GLP-Fraktion stimmte teils mit dem bürgerlichen Ja-Lager, teils gesellte sie sich zum rot-grünen Lager. Die bürgerlichen Parteien standen vereint für die Ausbauvorhaben ein.

Was die einzelnen Teile der Vorlage betrifft, so war der Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen Nationalstrassen 2024-2027 für Betrieb, Unterhalt und Ausbau im Sinne von Anpassungen im Rat weitestgehend unbestritten. Ohne Gegenantrag trat der Rat auf die Vorlage ein. Der Nationalrat zeigte sich damit einverstanden, dass in der vierjährigen Periode insgesamt gut CHF 8.8 Mrd. in die bestehende Infrastruktur investiert werden. Eine Minderheit Pasquier-Eichenberger (gp, GE) forderte im Rahmen dieses Unterhalts-Budgets einen Passus, wonach Anpassungen nur vorgenommen werden dürfen, wenn daraus keine Kapazitätserhöhung resultiere. Sie argumentierte, dass mit Anpassungen nur die Sicherheit verbessert werden dürfe, eine Erhöhung des Verkehrsaufkommens aber nicht wünschenswert sei. Verkehrsminister Albert Rösti entgegnete, dass dies den Handlungsspielraum der Behörden massiv einschränken und der Verkehrssicherheit zuwiderlaufen würde; solche Anpassungen – etwa zur Nutzung des Pannenstreifens – würden zudem helfen, teure Ausbauten zu umgehen. Mit 120 zu 68 Stimmen bei 3 Enthaltungen folgte der Nationalrat hier seiner Kommission sowie dem Bundesrat und lehnte den Minderheitsantrag ab, der von den geschlossenen Fraktionen der SP und der Grünen unterstützt wurde. Letztlich gab der Nationalrat dem Unterhaltsprogramm mit 162 zu 29 Stimmen grünes Licht, einzig die beinahe geschlossene Fraktion der Grünen stimmte gegen den Kredit.

Für deutlich mehr Diskussionsbedarf sorgten die Ausbaupläne für das Nationalstrassennetz. Eine Minderheit Töngi (gp, LU) wollte diesen Teil der Vorlage (Ausbauschritt 2023) an den Bundesrat zurückweisen und diesen dazu anhalten, Umwelt- und Klimaaspekte stärker in die Vorlage einzuarbeiten. Eine Minderheit Storni (sp, TI) beantragte ebenfalls Rückweisung, verlangte aber, dass der Bundesrat ein alternatives Konzept zum Ausbau erarbeitet und bestehende Infrastrukturen durch eine intelligente und effizientere Ausnutzung besser auslastet. Das Schweizer Autobahnnetz sei «im Zeitalter des Betons stehengeblieben» und das ASTRA lebe noch im «secolo scorso», so die Kritik des Tessiner Sozialdemokraten. Die SP-Fraktion verlange deshalb, dass das bestehende Netz dank digitaler Technologien besser und effizienter genutzt wird. Beide Rückweisungsanträge versenkte der Nationalrat mit jeweils 106 zu 85 Stimmen bei 2 Enthaltungen, wobei sich die GLP-Fraktion zusammen mit zwei EVP-Stimmen (Jost (evp, BE) und Studer (evp, AG)) auf die Seite der Linken schlug.
Zu den weiteren geplanten Ausbauprojekten gab es ebenfalls verschiedene Minderheitsanträge. Die Minderheit Töngi beantragte, dass auf den Vierspurausbau der A1 auf der Strecke Wankdorf-Schönbühl (BE) und den Sechsspurausbau der A1 auf dem Abschnitt Schönbühl-Kirchberg (BE) verzichtet wird. Töngi befürchtete, dass durch die Ausbauten das Auto gegenüber dem öffentlichen Verkehr an Attraktivität gewänne, der Strassenverkehr und das Lärmproblem zunähmen und die Klimaziele des Bundes verfehlt würden. Der Nationalrat lehnte die beiden Streichungen mit 105 zu 86 Stimmen bei 1 Enthaltung beziehungsweise mit 106 zu 87 Stimmen ab. Die GLP-Fraktion sowie die beiden EVP-Abgeordneten Studer und Jost stellten sich dabei auf die Seite der Linken. Die Diskussionen zur dritten Röhre am Rosenbergtunnel (SG) und der dazugehörigen sogenannten «Spange Güterbahnhof» (SG) drehten sich um die Fragen, ob einerseits nur die dritte Tunnelröhre gebaut werden sollte, auf die Spange Güterbahnhof aber zu verzichten sei, wie dies eine Minderheit Aebischer (sp, BE) verlangte, oder ob andererseits dieser Ausbauschritt ganz gestrichen werden sollte, wie dies eine Minderheit Schlatter (gp, ZH) beantragte. Die Minderheit Aebischer scheiterte mit 108 zu 84 Stimmen, die Minderheit Schlatter mit 123 zu 68 Stimmen bei 1 Enthaltung, wobei die GLP-Fraktion beim Antrag Schlatter ins bürgerliche Nein-Lager wechselte. Verzichten wollte eine Minderheit Brenzikofer (gp, BL) auch auf die Errichtung des Rheintunnels (Birsfelden BL - Kleinhüningen BS). Die grüne Nationalrätin monierte, dass dieser zusätzliche Tunnel vor allem dem Transitgüterverkehr zugutekomme und der Schweizer Verlagerungspolitik zuwiderlaufe. Diesen Antrag versenkte der Nationalrat mit 122 zu 70 Stimmen bei 1 Enthaltung. Hier stellte sich die GLP wiederum grossmehrheitlich auf die Seite der bürgerlichen Fraktionen, die den Tunnelbau für die Basler Osttangente der A2 befürworteten. Bei der Frage, ob es eine zweite Röhre beim Fäsenstaubtunnel (SH) brauche, standen wiederum zwei Minderheitsanträge zur Debatte. Während eine Minderheit Schaffner (glp, ZH) das Projekt zu verkleinern versuchte, indem zwar der Tunnel errichtet, auf den Vierspurausbau nach dem Anschluss Schaffhausen-Nord bis Herblingen (SH) aber verzichtet werden sollte, wollte eine Minderheit Schlatter wiederum das ganze Projekt aus dem Ausbauschritt streichen. Auch diesen Anträgen gab der Nationalrat mit 106 zu 86 Stimmen beziehungsweise 123 zu 69 Stimmen jeweils eine Absage, wobei die GLP-Fraktion sowie eine einzelne Stimme aus der Mitte-Fraktion bei der totalen Streichungsvariante ins bürgerliche Nein-Lager wechselte. Der Nationalrat folgte zudem dem Ansinnen seiner Kommission und nahm den Ausbauschritt in der Romandie Le Vengeron-Coppet-Nyon gegen den Widerstand der Minderheit Pasquier-Eichenberger mit 104 zu 84 Stimmen bei 3 Enthaltungen in den Entwurf auf. Hier gesellten sich die GLP-Fraktion und zwei Stimmen aus der Mitte-Fraktion wieder zur ablehnenden linken Minderheit. Die Gesamtabstimmung passierte dieser Teil der Vorlage mit 105 zu 82 Stimmen bei 2 Enthaltungen, wobei erneut die Fraktionen der SP, der Grünen und der GLP sowie die die zwei EVP-Stimmen Studer und Jost die Minderheit bildeten.

Gleichzeitig mit dem bundesrätlichen Entwurf nahm der Nationalrat an dieser Stelle ein Postulat (Po. 23.3497) seiner KVF-NR für eine Korridorstudie zur A2 nach Italien an. Für die Nationalstrasse N24 bei Stabio (TI) nach Gaggiolo (Italien) soll dabei geprüft werden, ob eine Autobahnverbindung nach Italien auch über diesen Weg möglich wäre, anstatt diesen nur über den stark frequentierten Übergang Chiasso-Brogeda an der Autobahn A2 zu lenken. Die Minderheit Töngi versuchte auch hier, eine Ablehnung des Postulats zu erwirken. Zur Kenntnis nahm der Nationalrat in diesem Rahmen auch zwei Petitionen. Eine davon stammte von der FDP Thurgau und betraf die Umsetzung der Bodensee-Thurtal-Strasse. Die andere war vom Verein umverkehR eingereicht worden und verlangte, dass die Milliarden, welche für den Ausbau der Autobahnen gesprochen werden sollen, stattdessen in den Klimaschutz investiert werden.

In der Folge gab der Nationalrat auch grünes Licht für den Verpflichtungskredit zu den beschlossenen Ausbauschritten sowie zur Planung von zukünftigen Vorhaben – wie etwa Vorstudien zur Glatttalautobahn im Zürcher Oberland. Eine Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR) aus der mitberichtenden Finanzkommission versuchte vergebens, den Rat davon zu überzeugen, gar nicht erst auf diesen dritten Teil der Vorlage einzutreten. Die Sozialdemokratin argumentierte, dass der Ausbau zu mehr Verkehr führen werde, das Auto insgesamt attraktiver mache und die Klima- und Umweltbelastung erhöhen werde. Die finanziellen Mittel sollten besser dazu verwendet werden, die Biodiversität zu stärken, den öffentlichen Verkehr zu fördern und die Zentren vom Verkehr zu entlasten. Den Nichteintretensantrag lehnte der Nationalrat jedoch mit 108 zu 83 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab. Die geschlossenen Fraktionen der SVP, der Mitte und der FDP konnten sich erfolgreich gegen die ebenso geschlossenen Fraktionen der SP, der GLP und der Grünen durchsetzen. Der bundesrätliche Gesamtkredit für den Ausbau von CHF 4.354 Mia. versuchten die Minderheiten Töngi, Aebischer, Schlatter, Brenzikofer und Schaffner schliesslich gemäss ihren Streichungsanträgen im zweiten Teil der Vorlage zu kürzen – die Gesamtausgaben wären dabei auf zwischen CHF 2.481 Mrd. und CHF 4.181 zu liegen gekommen. Der Nationalrat wollte von diesen Streichungsvorschlägen indessen nichts wissen, sondern erhöhte den Verpflichtungskredit im Gegenteil konsequenterweise um die Kosten des hinzugefügten Ausbauprojekts in der Romandie und legte den Kredit bei CHF 5.265 Mrd. fest. Die Gesamtabstimmung passierte der Kredit mit 105 zu 82 Stimmen bei 2 Enthaltungen, wobei die GLP und die zwei EVP-Stimmen wieder mit der Ratslinken stimmten.

Zu guter Letzt standen im vierten Teil der Vorlage die Änderungen im Netzbeschluss zur Debatte. Vor allem Änderungen betreffend den Grossraum Zürich wurden hier beantragt. Der Bundesrat plante, den N1-Abschnitt «Zürich (Hardturmsportplatz) - Platzspitz» durch «Zürich (Hardturmsportplatz) - Zürich (Pfingstweidstrasse)» zu ersetzen. Eine Minderheit Schlatter versuchte hier erneut vergebens, ganz auf beide Varianten zu verzichten. Der N3-Abschnitt «Zürich (Platzspitz) - Zürich (Wiedikon)» sollte nach bundesrätlicher Ansicht ganz gestrichen werden. Ein Einzelantrag Haab (svp, ZH) wollte das «Zürcher Ypsilon», also die soeben genannten Einträge N3 «Zürich (Platzspitz) - Zürich (Wiedikon)» und N1 «Zürich (Hardturmsportplatz) - Platzspitz», hingegen beibehalten. Der Antrag für die Beibehaltung beider Abschnitte wurde jedoch mit 96 zu 85 Stimmen bei 3 Enthaltungen beziehungsweise mit 115 zu 74 Stimmmen bei 1 Enthaltung abgelehnt, wobei nur die SVP-Fraktion und jeweils Teile der FDP- und Mitte-Fraktionen für die Beibehaltung stimmten. Bei der bestehenden Bestimmung zur N11 «Zürich-Nord - Kloten-Süd», die der Bundesrat nicht anpassen wollte, verlangte eine Minderheit Hurter (svp, SH), dass zwei Abschnitte ergänzt werden. Der Netzbeschluss zur N11 sollte gemäss der Minderheit auch die Abschnitte «Kloten-Süd - Eglisau - Rafz - Solgen (Grenze)» sowie «Jestetten-Hardt (Grenze) - Schaffhausen-Süd (N4)» umfassen. Diese Minderheit erfuhr jedoch nur bei der geschlossenen SVP-Fraktion und wenigen weiteren Stimmen aus dem bürgerlichen Lager Zuspruch. Ein weiterer Antrag befasste sich zudem mit dem Raum Basel. Ohne dass der Bundesrat entsprechende Änderungen beantragt hatte, wollte eine Minderheit Aebsicher den N2-Streckenabschnitt «Basel/Weil am Rhein (Grenze) - Wiese- Basel (Gellert) 1», welcher im geltenden Netzbeschluss aufgelistet war, durch «Basel/Weil am Rhein (Grenze) - Wiese - Hagnau» ersetzen und neu «Wiese - Basel (Gellert) 3» aufführen. Er wollte damit erreichen, dass nach dem Neubau des unterirdischen Rheintunnels gemäss dem Ausbauschritt 2023 die alte Autobahn zurückgebaut wird und dort anstelle von Asphalt wieder Grünflächen entstehen können. Diese Änderung lehnte der Nationalrat jedoch mit 108 zu 85 Stimmen ab, wobei die GLP-Fraktion den Rückbau begrüsste und sich geschlossen auf die Seite der Ratslinken stellte.

In der Gesamtabstimmung standen sich zwei geschlossene Blöcke gegenüber. Während die Fraktionen der SP und der Grünen die Gesamtvorlage ablehnten, nahmen alle anderen Fraktionen sie ebenso geschlossen an. Mit 122 zu 67 Stimmen überwies der Nationalrat den leicht modifizierten bundesrätlichen Entwurf an den Ständerat. Gemäss Berichten von SRF planten Grüne sowie der VCS im Nachgang der nationalrätlichen Debatte bereits, das Referendum gegen das Ausbauvorhaben (Teil 2 der Vorlage) zu ergreifen.

Ausbauschritt 2023 STEP Nationalstrassen (BRG 23.032)

Im März 2023 nahm sich der Nationalrat der Änderung des Güterverkehrsverlagerungsgesetzes und des entsprechenden Zahlungsrahmens an. Mit dem Gesetzespaket sah der Bundesrat vor, die sogenannte Rollende Landstrasse Rola – den Bahntransport für Lastwagen im alpinen Güterverkehr mit Begleitwagen für die Chauffeurinnen und Chauffeure – noch bis Ende 2026 weiterzuführen. Der dafür zu stellende Kredit von CHF 64 Mio. bis im Jahr 2027 beinhalte zudem die Liquidation der Rola. Ohne Weiterführung liefe die Rahmenvereinbarung mit der Betreiberin RAlpin AG bereits Ende 2023 aus, so der Bundesrat.
Die SVP-Fraktion beantragte erfolglos, auf das Geschäft gar nicht erst einzutreten, da die finanziellen Mittel besser anderorts eingesetzt werden sollten und die Rola sowieso nur als Übergangslösung angedacht gewesen sei. Mit 135 zu 51 Stimmen – sämtliche Gegenstimmen stammten aus der SVP-Fraktion – trat der Nationalrat jedoch auf das Geschäft ein.

Zu Diskussionen führte in der Detailberatung die Frage, bis wann die Rola weiterbetrieben werden soll. Dabei standen zwei Minderheitsanträge sowie der Antrag der KVF-NR zum Betrieb bis Ende 2028 zur Auswahl: Die Minderheit Wasserfallen (fdp, BE) beantragte, die Rola nur bis Ende 2024 zu betreiben und den Kredit entsprechend auf CHF 25 Mio. zu kürzen.
Die Minderheit Fluri (fdp, SO) übernahm den Bundesratsvorschlag, die Rola bis Ende 2026 zu betreiben, sie 2027 zu liquidieren und entsprechend den Kredit bei CHF 64 Mio. anzusetzen. Kurt Fluri argumentierte, dass bis 2027 Umladeterminals für Container in Novara (I) und Freiburg im Breisgau (D) fertiggestellt sein würden und eine weitere Verlängerung des Betriebs aus finanzpolitischer Sicht keinen Sinn ergebe. Dank der Terminals könnten die Container auf der Nord-Süd-Achse direkt von LKWs auf Güterwaggons umgeladen werden und der Transport samt Kraftfahrzeug werde nicht mehr benötigt. Ins selbe Horn blies auch Verkehrsminister Albert Rösti, der im Rat erklärte, dass die Bedeutung der Rola zurückgehe und Angebote im unbegleiteten kombinierten Verkehr – der Containerverlad ohne LKW und Chauffeure – attraktiver und günstiger geworden seien. Der Weiterbetrieb bis 2026 stelle entsprechend einen Kompromiss dar und die dadurch zu erzielenden Kosteneinsparungen gegenüber einem längeren Betrieb seien in der aktuell angespannten finanzpolitischen Lage des Bundeshaushalts «nicht unbedeutend». Die Mehrheit der Kommission befürchtete hingegen, dass eine Rückverlagerung auf die Strasse stattfinden könnte, falls die Rola zu früh beendet werde. Da das umgebaute Verladeterminal in Novara erst 2028 in Betrieb gehen werde und die Kapazitäten während des Umbaus eingeschränkt seien, seien eine Verlängerung des Betriebs bis 2028 und eine Liquidation im Jahr 2029 sinnvoll, erklärte etwa Barbara Schaffner (glp, ZH), welche in der Kommission den entsprechenden Antrag gestellt hatte.
Der Nationalrat hiess schliesslich mit 107 zu 80 Stimmen den Antrag der Kommission gut – die geschlossenen Fraktionen der SVP und der FDP.Liberalen opponierten erfolglos zugunsten der bundesrätlichen Pläne. Die Minderheit Wasserfallen blieb im Rat chancenlos. Nach Zustimmung zur Kommissionsmehrheit passierte auch die damit nötig gewordene Erhöhung des Kredits auf CHF 106 Mio. die Abstimmung erfolgreich. In der Gesamtabstimmung gab der Nationalrat der Änderung des Güterverlagerungsgesetzes und dem entsprechenden Zahlungsrahmen mit 114 zu 73 Stimmen bei 2 Enthaltungen grünes Licht. Opposition kam wiederum aus den Reihen der SVP und der FDP. Die Rola-Vorlage ging damit an den Ständerat.

Güterverkehrsverlagerungsgesetz und Bundesbeschluss über den Zahlungsrahmen für die Förderung des begleiteten kombinierten Verkehrs; Änderung (BRG 22.064)
Dossier: Verlagerung von der Strasse auf die Schiene

Eine Motion Schaffner (glp. ZH) für die Erstellung eines Aktionsplans zur Förderung innovativer und klimaneutraler Mobilitätsangebote erfuhr im März 2023 im Nationalrat hohen Zuspruch. Mit 142 zu 53 Stimmen wollte die grosse Kammer den Bundesrat damit beauftragen, in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden einen Massnahmenkatalog zur Förderung und stärkeren Auslastung der kollektiven Mobilitätsangebote zu erarbeiten.
Die Motion soll helfen, neue Mobilitätsangebote in das bestehende Verkehrssystem zu integrieren und den Verkehr insgesamt klimaneutraler zu gestalten. Einerseits soll dazu dank technologischer Innovationen die Auslastung im öffentlichen und im motorisierten Individualverkehr erhöht werden, andererseits soll die Schaffung von Mobility-on-Demand-Angeboten – darunter fallen beispielsweise Rufbusse oder Sammeltaxis – dank einem Abbau regulatorischer Hürden erleichtert werden. Solche Angebote könnten helfen, Menschen in ländlichen Regionen ohne Privatauto eine effiziente und kostengünstige Mobilitätsform anzubieten. Diese Massnahmen folgten der Devise «mehr Komfort und Flexibilität bei der Verkehrsmittelwahl» oder schlicht «mehr Intelligenz statt Beton im Verkehr», wie Schaffner resümierte.
Auch der Bundesrat unterstützte die Motion. Verkehrsminister Albert Rösti erklärte im Rat, dass der Bundesrat bereits auf einen Abbau regulatorischer Hürden für neue Mobilitätsangebote sowie auf die Vernetzung verschiedener Mobilitätsformen hinarbeite, weshalb die Forderungen der Motion beim Bundesrat «offene Türen» einrennen würden.
Nicht einverstanden mit dem Vorstoss zeigte sich hingegen die SVP-Fraktion, die geschlossen gegen ein «Wunschkonzert mit sozialistischer Prägung» (Walter Wobmann (svp, SO)) stimmte. Es sei unklar, wie die Motion umzusetzen sei, da sie ein «völliges Wirrwarr» an motorisiertem Privatverkehr, öffentlichem Verkehr und Langsamverkehr beinhalte. Die Entwicklung in Richtung klimaeffizienter Mobilität sei schon in vollem Gange und sei richtig aufgegleist, weshalb es diese Motion nicht brauche, resümierte Wobmann, blieb damit aber auf verlorenem Posten. Die Motion ging damit an den Ständerat.

Aktionsplan zur Förderung innovativer und klimaneutraler Mobilitätsangebote (Mo. 22.3632)

In der Frühjahrssession 2023 bekräftigte der Nationalrat seinen Entscheid, auf den indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Prämien-Entlastungs-Initiative der SP einzutreten. Kommissionssprecher Jörg Mäder (glp, ZH) erachtete den Nichteintretensentscheid des Ständerats «schon fast als Arbeitsverweigerung» und kritisierte ihn als «Geringschätzung der Betroffenen». Zusammen mit dem zweiten Kommissionssprecher Benjamin Roduit (mitte, VS) bat er den Nationalrat im Namen der Kommissionsmehrheit um erneutes Eintreten, um die Bevölkerung bei der Bewältigung der Prämienlast zu unterstützen. Eine Minderheit de Courten (svp, BL) erachtete sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag als «Symptombekämpfung» – das eigentliche Problem seien die steigenden Gesundheitskosten. Man solle daher nicht «aus abstimmungstaktischen Gründen» einen teuren Gegenvorschlag schaffen, der das Problem nicht löse. Mit 106 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) erneuerte der Nationalrat in der Folge seinen Eintretensentscheid, die ablehnenden Stimmen stammten von der SVP-, einer Mehrheit der FDP- und einer Minderheit der Mitte-Fraktion. Das Geschäft ging damit zurück an den Ständerat.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

Auch die SGK-NR drückte ihre Unterstützung für das Freiburger Modell der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen sowie ihr Bedauern darüber aus, dass dieses aufgrund der Verordnungsänderung gescheitert war. Sie zeigte sich überzeugt, dass dieses Modell gemäss geltendem Recht bereits heute angewendet werden könnte. Die Kommissionsmehrheit wollte es deshalb explizit in das zweite Kostendämpfungspaket aufnehmen und der Standesinitiative entsprechend Folge geben, während die Kommissionsminderheit Mäder (glp, ZH) dafür keinen Bedarf sah – zumal das Modell ja bereits zulässig sei und die Tarifpartner folglich «im Rahmen des geltenden Rechts eine Lösung finden» sollten. Gleichzeitig erachtete es die Minderheit aber auch als problematisch für den Risikoausgleich, Patientinnen und Patienten ohne Erkrankungen Medikamentenkosten zu verrechnen. In der Frühjahrssession 2023 wurde Minderheitensprecher Mäder noch deutlicher und betonte, dass dieses Modell kleineren Krankenkassen das «Leben wesentlich schwerer machen» werde. Der Nationalrat sprach sich dennoch mit 96 zu 82 Stimmen für Folgegeben aus. Gegen Folgegeben votierten die GLP-Fraktion sowie Mehrheiten der SVP- und der FDP-Fraktion.

Freiburger Modell der pharmazeutischen Betreuung in Pflegeheimen (Kt.Iv. 20.332)

In der Wintersession 2022 befasste sich die grosse Kammer als Erstrat mit der Änderung des Schwerverkehrsabgabegesetzes. Marco Romano (mitte, TI) führte für die KVF-NR in die Vorlage ein und erläuterte, dass der vom Bundesrat vorgeschlagene neue Ansatz für die Erhebung der LSVA eine Harmonisierung mit dem europäischen System mit sich bringe und die Erhebung der Steuer vereinfache. Dadurch werde der Verwaltungsaufwand für den Schwertransportsektor und den Staat verringert. Die Kommission begrüsse die Vorlage, führte Romano weiter aus; einziger strittiger Punkt sei die Bemessungsgrundlage für Anhänger von Lastwagen, wozu ein Minderheitsantrag Schaffner (glp, ZH) vorliege. Die Mehrheit der Kommission sei der Ansicht, dass die Berechnung der LSVA gemäss Vorlage des Bundesrates und damit weiterhin gleich wie bisher erfolgen soll, also in Abhängigkeit von Fahrleistung, Emissionsklasse und Gesamtgewicht. Dies solle sowohl für Zugfahrzeuge als auch für Anhänger und Auflieger gelten. Anschliessend erläuterte Barbara Schaffner ihren Minderheitsantrag. Dieser bedeute eine Vereinfachung der LSVA-Bemessung für Anhänger, da die Berechnung nur anhand der Anzahl Achsen vorgenommen würde, was überdies dem europäischen Standard entspreche. Diese Vereinfachung würde der Bundeskasse Einsparungen von CHF 50 Mio. in zehn Jahren einbringen, schloss Schaffner. Finanzminister Maurer sprach sich im Namen des Bundesrates gegen den Minderheitsantrag aus. Seit der Einführung der LSVA, als bei der Bemessungsgrundlage auf das Gesamtgewicht abgestellt wurde, hätten viele Transportunternehmen in entsprechend leichtes Material investiert. Man solle daher nun nicht nachträglich die Spielregeln ändern, «denn das System funktioniert so».
Abschliessend schritt der Nationalrat zu den Abstimmungen und trat ohne Gegenantrag auf den Entwurf ein. Die Minderheit Schaffner fand nur bei SP, Grünen und Grünliberalen Zustimmung und wurde mit 110 zu 83 Stimmen (bei 1 Enthaltung) abgelehnt. In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat den Entwurf einstimmig an; ebenso einstimmige Zustimmung fand der entsprechende Finanzierungskredit.

Schwerverkehrsabgabegesetz. Änderung (BRG 22.059)

In der Herbstsession 2022 befasste sich der Nationalrat erneut mit der parlamentarischen Initiative Weibel (glp, ZH), welche eine Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme verlangte. Eine Mehrheit der vorberatenden SGK-NR hatte ihrem Rat die Abschreibung der Initiative beantragt. Flavia Wasserfallen (sp, BE) begründete den Sinneswandel der Kommission – ursprünglich hatte sich diese für Folgegeben ausgesprochen – unter anderem mit dem Mangel an Hausärztinnen und Hausärzten, welcher dazu führe, dass sich Personen in erster Instanz an Notfallstationen wenden würden. Zudem stellten Notfallstationen gerade für Menschen in prekärer Situation «oft die erste und einzige medizinische Anlaufstelle» dar. Wichtig sei die Organisation der vorgelagerten Triagesituation, mit der eine Entlastung der Stationen bewirkt werden könne. Eine Minderheit rund um Jörg Mäder (glp, ZH) wollte hingegen an der parlamentarischen Initiative festhalten, da man die teuren Ressourcen der Notfallstationen effizient nutzen müsse. Der zusätzliche administrative Aufwand könne durch die Zeitersparnis durch die abnehmende Zahl an Bagatellfällen und allenfalls durch digitalen Fortschritt aufgewogen werden. Mit 114 zu 71 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) folgte die grosse Kammer der Minderheit und schrieb die Initiative nicht ab.

Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme (Pa.Iv. 17.480)

Jörg Mäder (glp, ZH) störte sich im September 2020 daran, dass Spitäler Ärztinnen oder Ärzten Vergütungen für mengenmässige Ziele zukommen lassen – sowohl internen Ärztinnen und Ärzten bei Durchführung von Behandlungen als auch externen bei Vermittlung von Patientinnen und Patienten. Da Studien gezeigt hätten, dass mengenbezogene Entschädigungen bei der Ärzteschaft die Anzahl Eingriffe erhöhe – auch die Expertengruppe hatte diesen Aspekt hervorgehoben –, sollen solche Spitäler zukünftig von der Spitalliste gestrichen werden, forderte Mäder in einer Motion. Im September 2022 behandelte der Nationalrat das Anliegen. Obwohl Gesundheitsminister Berset erklärt hatte, dass das Anliegen in einer zwischenzeitlich verabschiedeten Verordnungsänderung umgesetzt worden sei, nahm der Nationalrat die Motion mit 112 zu 75 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an.

Keine mengenbezogenen Lohnanreize für Spitalärzte

National- und Ständerat befassten sich in der Sommersession 2022 mit je vier Motionen aus den Reihen der SVP-Fraktion, die auf die steigenden Benzin- und Heizkosten fokussierten. Die Motionen wurden in beiden Räten im Rahmen einer ausserordentlichen Session mit dem Titel «Entlastungsmassnahmen zugunsten der Bevölkerung und der Wirtschaft» beraten.

Im Ständerat stellten die drei Motionäre Marco Chiesa (svp, TI), Werner Salzmann (svp, BE) und Hansjörg Knecht (svp, AG) ihre Vorstösse vor und betonten dabei die Schwierigkeiten, die der Wirtschaft und der autofahrenden Bevölkerung durch die aufgrund des Ukrainekonflikts gestiegenen Energiepreise erwachsen würden. Sie wiesen auch generell auf die hohe Teuerungsrate hin, welche insbesondere den Mittelstand stark belaste. Folglich bewarben sie ihre Vorstösse etwa für eine Reduktion der Mineralölsteuer oder für eine Erhöhung des Berufskostenabzugs. Die Rednerinnen und Redner der anderen Parteien hielten indes wenig von diesen Vorschlägen. Ruedi Noser (fdp, ZH) wies darauf hin, dass auch andere Sektoren von der Teuerung betroffen seien; nicht nur Benzin, Diesel und Heizöl würden teurer. Der Staat könne jedoch nicht für alle Bereiche Hilfspakete schnüren. Zudem bedeute mehr Geld für einen Sektor auch weniger Geld für andere Bereiche, wenn man sich nicht noch mehr verschulden wolle. Adèle Thorens Goumaz (gp, VD) schloss sich dem Votum von Ruedi Noser an und ergänzte, dass keine Massnahmen zur Entlastung der hohen Energiepreise getroffen werden sollten, die auf Kosten des Klimas gehen würden. Vielmehr liege die Lösung darin, sich von den fossilen Energieträgern zu verabschieden. Carlo Sommaruga (sp, GE) und Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) betonten, dass mit den geforderten Massnahmen schlicht die falschen Bevölkerungsgruppen entlastet würden. Gemäss Sommaruga, seines Zeichens Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz, seien nämlich vor allem die Mieterinnen und Mieter von den steigenden Energiepreisen betroffen; ihnen müsse mittels zielgerichteter Massnahmen geholfen werden. Gmür-Schönenberger fügte an, dass mit den von der SVP geforderten Punkten diejenigen Personen bestraft würden, die bereits jetzt versuchten, nachhaltig zu leben: «Genau die Menschen, welche die Entlastung am meisten brauchen, die sozial benachteiligt und wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet sind, die haben ökologisch den kleinsten Fussabdruck.» Auch Finanzminister Ueli Maurer sprach sich gegen die Vorstösse aus: Aus Sicht des Bundesrates sei es nicht angezeigt, bereits in dieser frühen Phase einer möglicherweise kritischen Konjunkturentwicklung in grossem Masse Geld zu verteilen. Es brauche zuerst eine Gesamtanalyse. Sollte der Bund aber einmal eingreifen müssen, dann würde er zuerst auf die tieferen Einkommen fokussieren. Im Anschluss daran wurde einzeln über die vier Motionen abgestimmt; sie wurden allesamt abgelehnt. Nebst der SVP stimmten jeweils auch einige Mitglieder der FDP.Liberalen- sowie der Mitte-Fraktion für Annahme der Motionen; insbesondere die Motion Knecht (22.3243) für ein Entlastungspaket zugunsten der Bevölkerung und Wirtschaft vermochte auch über die SVP-Fraktion hinaus zu überzeugen.

Im Nationalrat wurden die vier Motionen zusammen mit einer Motion der FDP.Liberalen-Fraktion (Mo. 22.3249), die ebenfalls ein Entlastungspaket für Bevölkerung und Wirtschaft forderte, sowie mit der Motion Schaffner (glp, ZH; Mo. 22.3260) zur Bekämpfung der Strommangellage beraten. In der grossen Kammer entspann sich eine lange und intensive Debatte, in welcher nicht nur über die Vorstösse, sondern auch über die derzeitige und zukünftige makroökonomische Lage in der Schweiz diskutiert wurde.
Je nach Partei wurden ganz verschiedene Rezepte zur Reaktion auf steigende (Treibstoff- und Energie-)Preise vorgeschlagen: Während Motionär Benjamin Giezendanner (svp, AG) die vorgeschlagene Reduktion der Mineralölsteuer und des Mineralölsteuerzuschlags als «zielgerichtetes, effizientes und [ ...] schnell umgesetztes Mittel» bezeichnete, kritisierte Leo Müller (mitte, LU) die Vorschläge der SVP als «Giesskannensystem», dem gezielte Massnahmen vorzuziehen seien. Für ihn standen vielmehr Massnahmen für den Mittelstand und für Haushalte mit kleinem Einkommen im Fokus; etwa in Form von Prämienverbilligungen oder Tankgutscheinen für auf das Auto angewiesene Personengruppen. Samira Marti (sp, BL) ergänzte diese Punkte um weitere mögliche Massnahmen wie etwa tiefere Mieten, höhere Löhne oder dem von ihrer Partei bereits vorgeschlagenen «chèque fédéral» (vgl. Mo. 22.3767). Durch diese Massnahmen würden grosse Teile der Bevölkerung direkt profitieren, so Marti. Parteikollege Samuel Bendahan (sp, VD) ergänzte, dass eine Senkung der Benzinpreise vor allem den Mineralölkonzernen wie Shell oder Esso zu Gute kommen würde.
Die Sprechenden der Grünen und der GLP fokussierten auf die Auswirkungen der von der SVP vorgeschlagenen Massnahmen auf das Klima: Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) betonte, dass das beste Mittel darin bestehe, auf erneuerbare und einheimische Energien zu setzen, welche gut für das Klima seien, die Preise stabilisierten und die Abhängigkeit vom Ausland reduzierten. Zudem müsse auch sorgsam mit der Energie umgegangen werden, indem zum Beispiel im Winter weniger stark geheizt werde. Beat Flach (glp, AG) monierte, dass die SVP mit ihren Vorschlägen diejenigen Personen belohnen wolle, welche viel Benzin verbrauchten. Damit würden indirekt über die Steuern diejenigen Personen belastet, die sich nachhaltig verhielten und jeden Tag mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit fahren würden.
FDP-Vertreter Damien Cottier (fdp, NE) schliesslich wies darauf hin, dass es in jeder freien Marktwirtschaft zu Preisfluktuationen komme. Dies bedeute nicht automatisch, dass der Staat eingreifen müsse. Es sei jedoch die Aufgabe des Parlaments, langfristige Strukturmassnahmen auf den Weg zu bringen – etwa in Form von Steuerreformen in den Bereichen Mehrwertsteuer oder Individualbesteuerung –, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu stärken.
Bundesrat Maurer versuchte die Gemüter zu beruhigen: Die Teuerung sei in der Schweiz nicht stark, die Wirtschaft werde diese selber bewältigen können. Es sei aber offensichtlich, dass die Lebenshaltungskosten in der nächsten Zeit hoch bleiben würden; auch könne es dazu kommen, dass sich die Teuerung von den Energiepreisen auf weitere Bereiche wie etwa die Lebensmittelpreise ausdehne. Sollte sich die Situation zuspitzen, so werde der Bund evaluieren müssen, welche Massnahmen es brauche.
Schliesslich wurden die vier Motionen der SVP abgelehnt, sie vermochten kaum über die SVP-Fraktion hinaus zu mobilisieren. Der Motion Schaffner stimmte der Nationalrat gegen den Widerstand der SVP-Fraktion sowie einiger Mitglieder der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktionen zu, während die Motion der FDP.Liberalen-Fraktion zuvor zurückgezogen worden war.

Acht Vorstösse für Entlastungsmassnahmen für Bevölkerung und Wirtschaft (Mo. 22.3228, Mo. 22.3243, 22.3244, Mo. 22.3255, Mo. 22.3280, Mo. 22.3281, Mo. 22.3289, Mo. 22.3356)

Selon Barbara Schaffner (pvl, ZH), le risque imminent d'une pénurie d'électricité plane sur la Suisse. Un black-out électrique coûterait jusqu'à CHF 3 milliards par jour. Il est donc impératif de prendre toutes les mesures pour souffler au loin cette menace. Dans cette optique, la députée zurichoise a déposé une motion pour exploiter la flexibilité du côté de la consommation électrique. Pour être précis, elle recommande la création d'un marché de la flexibilité où les consommateurs pourraient individuellement décider de réduire leur consommation, ou même de se déconnecter temporairement du réseau, contre rémunération. Une meilleure utilisation de la flexibilité individuelle de consommation renforcerait la résilience et l'indépendance énergétique de la Suisse. Afin d'étayer son argumentation, la députée vert'libérale a notamment critiqué la stratégie du Conseil fédéral de miser sur des centrales à gaz de réserve.
Si le Conseil fédéral a salué la volonté stratégique d'exploiter les multiples facettes de la flexibilité de la consommation électrique, il a néanmoins préconisé le rejet de la motion. D'après le gouvernement, l'ensemble des mesures voulues par la motion sont d'ores et déjà en cours de discussion au Parlement, notamment dans le cadre des mesures liées à la Stratégie énergétique 2050, ou encore de la révision de la Loi sur l'approvisionnement électrique (LApEl).
A la chambre du peuple, la motion a été adoptée par 102 voix contre 84 et 2 abstentions. Afin d'être acceptée, la motion issue des rangs vert'libéraux (13 voix) a pu compter sur le soutien des Verts (29), du PS (38), de la majorité du groupe du Centre (19) et de quelques dissident.e.s du PLR (3).

Ostral 2. Lutter efficacement contre les pénuries d'électricité grâce à des mécanismes de marché (Mo. 22.3260)

Der Nationalrat diskutierte in der Sommersession 2022 ausführlich über den indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative: In zwei Sitzungen und in insgesamt über 130 Wortmeldungen tauschten sich die Parlamentarierinnen und Parlamentarier über die zukünftige Klimapolitik aus.
Die Sprechenden der Kommission, Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) und Roger Nordmann (sp, VD), präsentierten die Vorlage: Diese stelle ein Rahmengesetz dar, in welchem zum einen die Ziele mit CO2-Absenkpfaden für einzelne Sektoren festgelegt worden seien und welches zum anderen auch bereits einzelne finanziell wirksame Massnahmen enthalte. Die UREK-NR-Sprecherin betonte, dass dieser Entwurf im Gegensatz zum von der Stimmbevölkerung abgelehnten CO2-Gesetz keine Erhöhung von Abgaben und keine neuen Steuern beinhalte. Anschliessend begründete Michael Graber (svp, VS) im Namen seiner Minderheit den Antrag auf Nichteintreten. Erstens lehne die Minderheit den indirekten Gegenvorschlag aus demokratiepolitischen Gründen ab: So habe die Stimmbevölkerung vor ziemlich genau einem Jahr die Revision des CO2-Gesetzes abgelehnt, dessen Ziele mit dem vorliegenden Entwurf quasi identisch seien; diesen Volkswillen gelte es zu respektieren. Zudem wolle die Kommission mit dem indirekten Gegenvorschlag das Ständemehr umgehen, da dieses bei einem allfälligen fakultativen Referendum im Gegensatz zur Initiative nicht notwendig sei. Zweitens sei das vorliegende Gesetz «unredlich», da das Hauptproblem für die Klimabilanz der Schweiz, das Bevölkerungswachstum, nicht berücksichtigt werde, obwohl «mehr Menschen [...] ganz einfach mehr CO2 [produzieren]». Drittens sei die Vorlage nicht sinnvoll; in der gegenwärtigen Lage mit dem Krieg in der Ukraine solle sich die Schweiz lieber darauf konzentrieren, eine Strommangellage zu verhindern.

Nach diesem Votum äusserten sich die Fraktionen zum Eintreten und erörterten ihre generelle Haltung zur Vorlage. Die Grüne-, die SP-, die GLP-, die Mitte- und die FDP.Liberale-Fraktion gaben an, auf die Vorlage einzutreten, und lobten diese in weiten Teilen. So freute sich etwa Kurt Egger (gp, TG) seitens der Grünen-Fraktion, dass das netto-Null-Ziel, das wichtigste Anliegen der Gletscher-Initiative, Eingang in das Gesetz gefunden hatte und auch Reduktionsziele für einzelne Sektoren aufgenommen wurden. Er begrüsste auch das Ziel, die Finanzflüsse klimaverträglich auszurichten. Nadine Masshardt (sp, BE) betonte die Relevanz der beiden «Herzstücke» der Vorlage, das Förderprogramm für den Ersatz fossil und elektrisch betriebener Heizungen und die Finanzierung neuartiger Prozesse und Technologien. Für die GLP-Fraktion betonte Barbara Schaffner (glp, ZH), dass der indirekte Gegenvorschlag so weit gehen soll, dass der Rückzug der Volksinitiative ermöglicht wird, während die Vorlage aber gleichzeitig auch nicht überladen werden soll. Mitglieder der Mitte- und der FDP.Liberalen-Fraktionen unterstrichen, dass ihre Fraktionen hinter dem Übereinkommen von Paris und der Klimaneutralität bis 2050 stünden. Die SVP-Fraktion schliesslich sprach sich als einzige Fraktion gegen Eintreten aus. Christian Imark (svp, SO) wiederholte im Namen der SVP im Wesentlichen die von Michael Graber vorgebrachten Gründe und kritisierte, dass es im vorliegenden Gesetz um «Umverteilung, um Bevormundung und um Verteuerung» gehe.
Nach den Fraktionen ergriff Umweltministerin Simonetta Sommaruga das Wort. Sie begrüsste im Namen des Bundesrates den Entwurf der Kommission für das neue Klimarahmengesetz. Dieses passe auch gut zum CO2-Nachfolgegesetz, welches der Bundesrat derzeit vorbereite. Angesichts des Krieges in der Ukraine sei es noch einmal drängender geworden, von den fossilen Energieträgern unabhängig zu werden. Der einzige Punkt, den Sommaruga am Entwurf bemängelte, war das geplante Förderprogramm für die Industrie, welches den Bundeshaushalt während sechs Jahren jährlich mit CHF 1.2 Mrd. belasten würde. Der Bundesrat sei der Ansicht, dass dies derzeit finanziell nicht drin liege. An die SVP-Fraktion gerichtet erklärte Sommaruga des Weiteren, dass über die eigentlichen Umsetzungsmassnahmen im Rahmen von etappenweise vorgelegten Revisionen des CO2-Gesetzes entschieden werde. Dadurch sei bei jeder Revision wieder ein Volksentscheid möglich. Einen Einzelantrag von Thomas Aeschi (svp, ZG), der forderte, den Entwurf an die Kommission zurückzuweisen, um ein ordentliches Vernehmlassungsverfahren zum indirekten Gegenvorschlag durchzuführen, bevor dieser beraten wird, lehne der Bundesrat ab, so Sommaruga. Die Exekutive teile diesbezüglich die Ansicht der Mehrheit der Kommission, dass eine solche Vernehmlassung keine neuen Erkenntnisse bringen würde. Anschliessend stimmte der Nationalrat über Eintreten sowie über den Einzelantrag Aeschi ab. Eintreten wurde mit 135 zu 52 Stimmen bei 3 Enthaltungen beschlossen. Der Antrag Aeschi wurde mit einem ähnlichen Stimmenverhältnis abgelehnt. Die beiden Anliegen fanden ausserhalb der SVP-Fraktion keine Zustimmung.

Danach wurden in einem ersten Debatten-Block die Artikel zu den Zielen des Gesetzes diskutiert. Dabei galt es einige Anträge von links-grün und von der SVP zu beraten. Eine Minderheit um Delphine Klopfenstein Broggini (gp. GE) forderte beispielsweise, dass die Schweiz bereits 2040 und nicht erst 2050 klimaneutral werden solle. Eine Minderheit Graber hingegen wollte die Verminderungsziele für die einzelnen Sektoren streichen. Diese Ziele kämen einer Planwirtschaft gleich, welche Innovation verhindere und das Wirtschaftswachstum bremse, argumentierte Graber. Der Nationalrat lehnte alle Minderheitenanträge ab.

In einem zweiten Block wurden die Massnahmen zur Umsetzung der Ziele beraten. In diesem zweiten Block brachten allen voran Personen aus der SVP-Fraktion Anträge vor; beispielsweise sollte das Ziel der klimaverträglichen Ausrichtung der Finanzflüsse gestrichen werden. Auch das Sonderprogramm zum Ersatz von Heizungsanlagen wollte eine Minderheit Rösti (svp, BE) aus dem Gesetz entfernen. Dieses binde lediglich Gelder, die besser für die Stromproduktion genützt würden, argumentierte Rösti. Bundesrätin Sommaruga äusserte sich im Rahmen des zweiten Blocks vor allem zur geplanten Förderung von neuartigen Technologien und zur Absicherung von Risiken für öffentliche Infrastrukturen. Sie beantragte, die entsprechenden Artikel zu streichen und diese besser in die geplante Revision des CO2-Gesetzes aufzunehmen.
In den abschliessenden Abstimmungen folgte der Nationalrat fast überall dem Weg, den die vorberatende UREK-NR vorgespurt hatte. Er stimmte lediglich einer kleineren Änderung zu, wonach die Gemeinden, anders als die Kantone und der Bund, in Bezug auf die Erreichung der Klimaneutralität und in Bezug auf die Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels keine Vorbildfunktion für Private und die Wirtschaft übernehmen müssen. Diese Vorbildfunktion besteht darin, dass die Bundesverwaltung bis zum Jahr 2040 mindestens klimaneutral sein muss; die Kantone müssen dieses Ziel lediglich anstreben.

In der Gesamtabstimmung votierte der Nationalrat mit 122 zu 72 Stimmen für Annahme des Entwurfs. Die Gegenstimmen stammten aus den Reihen der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von einigen Mitgliedern der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktionen.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: Die Gletscherinitiative, ihr direkter Gegenentwurf und ihr indirekter Gegenvorschlag

In der Sommersession 2022 setzte sich der Nationalrat als Erstrat mit der Prämien-Entlastungs-Initiative der SP und dem bundesrätlichen indirekten Gegenvorschlag auseinander. Thomas de Courten (svp, BL) und Benjamin Roduit (mitte, VS) präsentierten dem Rat die beiden Vorlagen. Die SGK-NR habe «Vertretungen des Initiativkomitees, der Kantone, der Versicherer und der Versicherten sowie der Leistungserbringer» angehört und die Behandlung des Geschäfts in der Folge mit demjenigen zur Kostenbremse-Initiative koordiniert, erläuterte de Courten. Dabei habe sie – basierend auf dem Bundesratsvorschlag – ein «neues Modell zum Ausbau der individuellen Prämienverbilligung» geschaffen. Gemäss diesem sollen die Kantone in einem Sozialziel den maximalen Anteil der Prämien am verfügbaren Einkommen in ihrem Kanton definieren und einen minimalen Gesamtbetrag zur Prämienverbilligung festlegen. Diesen Gesamtbetrag dürfen sie auch für die Verlustscheine nicht bezahlter Prämien einsetzen, nicht aber für Prämienverbilligungen für Beziehende von Ergänzungsleistungen – deren Kosten kämen also noch zusätzlich hinzu. Dieser Vorschlag wurde von der Kommission mit 16 zu 9 Stimmen gutgeheissen, während sie mit 17 zu 8 Stimmen die Ablehnung der Initiative beantragte. Eine Minderheit Gysi (sp, SG) forderte hingegen eine Empfehlung auf Annahme der Initiative. Gysi betonte als Mitglied des Initiativkomitees, dass «die unsozialen Kopfprämien» für Personen mit kleinen und mittleren Einkommen eine nicht mehr tragbare Belastung darstellten – sie müssten bis zu 20 Prozent ihrer Einkommen für die Krankenkassenprämien ausgeben. Obwohl die Prämien seit 1995 um 142 Prozent gestiegen seien, gäben heute zudem einige Kantone weniger Geld für die Prämienverbilligungen aus als noch vor zehn Jahren. Der indirekte Gegenvorschlag sei diesbezüglich lediglich «ein Tropfen auf den heissen Stein».
Eine Minderheit de Courten beantragte, nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Die Kosten der Prämienverbilligungen seien bereits von CHF 1.5 Mrd. auf CHF 5 Mrd. jährlich angestiegen und würden mit dem Gegenvorschlag noch weiter steigen. Der Vorschlag des Bundesrates verringere die Prämienkosten nicht – zumal der «Druck auf die Prämienzahlenden» sinke, wenn jemand anderes für ihre Prämien aufkomme. Neben dem Nichteintretensantrag legte die SVP-Fraktion weitere Minderheitsanträge vor: So sollen gemäss eines Minderheitsantrags von Thomas Aeschi (svp, ZG) die Ergänzungsleistungen nicht separat ausgewiesen werden müssen, wodurch sich die Belastung für die Kantone verringern würde. Zudem sollten gemäss einer Minderheit de Courten zumindest die Verlustscheine angerechnet werden. Schliesslich sollten die Kantone anonymisierte Angaben zu den Empfängerinnen und Empfängern, unter anderem zur Staatsbürgerschaft, machen müssen (Minderheit Aeschi).
Es folgte eine angeregte und sehr ausführliche Debatte zu Krankenkassenprämien und Individualverbilligungen. Die Mitglieder der SP- und Grünen-Fraktion warben für die Initiative, empfahlen aber auch den Gegenvorschlag zur Annahme, variierten in dessen Einschätzung aber deutlich: Mattea Meyer (sp, ZH) sprach etwa von einem substanziellen Gegenvorschlag, während ihn Manuela Weichelt (al, ZG) als «Kröte» erachtete. Die Sprechenden der SVP-Fraktion lehnten sowohl Initiative als auch Gegenvorschlag als unnütz und zu teuer ab. Die Sprechenden der Mitte-, Grünliberalen- und FDP-Fraktionen zeigten sich zwar mehrheitlich nicht enthusiastisch gegenüber dem Gegenvorschlag, empfahlen ihn aber etwa als «tragbar» (Regine Sauter: fdp, ZH) oder gar als «in sich stimmig und in seiner Grösse ausreichend, um eine echte Alternative zur Volksinitiative darzustellen» (Jörg Mäder: glp, ZH) zur Annahme.
Tags darauf schritt der Nationalrat zur Abstimmung über Eintreten auf den Gegenvorschlag. Mit 134 zu 53 Stimmen sprach sich der Rat für Eintreten und gegen den Minderheitsantrag de Courten aus. Einstimmig lehnte die SVP-Fraktion Eintreten ab. In der Folge verwarf die grosse Kammer die Minderheitsanträge Aeschi und de Courten deutlich. Schliesslich nahm der Nationalrat den indirekten Gegenvorschlag mit 119 zu 66 Stimmen – die Gegenstimmen stammten von der SVP- und von Teilen der FDP.Liberalen-Fraktion – (bei 2 Enthaltungen) an. Hingegen sprach er sich mit 121 zu 67 Stimmen für eine Empfehlung zur Ablehnung der Volksinitiative und somit gegen die Minderheit Gysi aus; für eine Annahmeempfehlung stimmten die Fraktionen der SP und der Grünen. Stillschweigend verlängerte der Rat in der Folge die Behandlungsfrist der Initiative aufgrund des Gegenvorschlags bis Oktober 2023.

Eidgenössische Volksinitiative «Maximal 10 Prozent des Einkommens für die Krankenkassenprämien (Prämien-Entlastungs-Initiative)» und indirekter Gegenvorschlag (BRG 21.063)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Prämienverbilligung
Dossier: Volksinitiativen zum Thema «Krankenkasse» (seit 2015)

In der Sommersession 2022 folgte der Ständerat dem Nationalrat und nahm sechs gleichlautende Motionen für eine «vertrauenswürdige staatliche E-ID» an. Gerhard Andrey (gp, FR; Mo. 21.3124), Franz Grüter (svp, LU; Mo. 21.3125), Min Li Marti (sp, ZH; Mo. 21.3126), Jörg Mäder (glp, ZH; Mo. 21.3127), Simon Stadler (mitte, UR; Mo. 21.3128) sowie die FDP-Liberale-Fraktion (Mo. 21.3129) argumentierten übereinstimmend, dass die Volksabstimmung vom 7. März 2021 über die E-ID den Bedarf an einer staatlichen Lösung aufgezeigt habe. Auch die einstimmige RK-SR und der Bundesrat empfahlen die Motionen zur Annahme. Karin Keller-Sutter verwies überdies auf die schnelle Wiederaufnahme des Themas durch das EJPD nach dem Volks-Nein und stellte in Aussicht, dass noch im Sommer 2022 die Vernehmlassung zu einem neuen E-ID-Gesetz eröffnet werde. Ebenso sprach sich SGV-Präsident Hannes Germann (svp, SH) für eine staatliche Lösung aus, da es diese in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden ermögliche, die wichtigsten Behördendienstleistungen rund um die Uhr digital anzubieten. Medial äusserte sich beispielsweise auch Patrick Stähli, Präsident des Vereins Digitale Gesellschaft Schweiz, positiv und betonte, die Schweiz dürfe in diesem Bereich nicht abgehängt werden. Die Motionen wurden daraufhin stillschweigend überwiesen.

Vertrauenswürdige, staatliche E-ID (Mo. 21.3124, 21.3125, 21.3126, 21.3127, 21.3128 und 21.3129)
Dossier: Elektronische Identität

In der Sommersession 2022 setzte sich der Nationalrat mit der parlamentarischen Initiative Aeschi (svp, ZG) zur Erhebung der Nationalität der stationär aufgenommenen Patientinnen und Patienten in Schweizer Krankenhäusern auseinander. Andreas Glarner (svp, AG) erklärte für die Minderheit der SGK-NR, dass die Bevölkerung, welche für «diese ganze Geschichte» aufkommen müsse, ein Anrecht darauf habe zu wissen, wer hospitalisiert werde und «allenfalls überdurchschnittliche Leistungen» beanspruche. Die Erhebung der Spitäler basierten auf Selbstdeklarationen. In Zukunft sollen die Angaben jedoch geprüft und systematisch angegangen werden. Weiter stellte Glarner die Frage, was denn gegen das Anliegen spreche und ob man etwa «unangenehme Wahrheiten» fürchte. Für die Kommissionsmehrheit ergriff Jörg Mäder (glp, ZH) das Wort. Er bestätigte zwar unter anderem, dass die Nationalitätsangaben in erster Linie Selbstdeklarationen seien, und wies auf Unterschiede in der Datenerhebung zwischen den Spitälern hin. Dennoch sei die SGK-NR der Auffassung, dass die Erhebungsmethodik angebracht sei. Denn eine strengere Reglementierung gehe mit einem grösseren administrativen Aufwand einher, welche mit dem bestenfalls minimalen Erkenntnisgewinn nicht aufgewogen werden könne. Bestehe zudem wirklich das Interesse, Erkenntnisse bezüglich Hospitalisierung von Covid-19-Patientinnen und -Patienten zu erlangen, müssten neben der Nationalität weitere Variablen wie beispielsweise der soziodemografische Status erfasst werden. Mit 136 zu 50 Stimmen sprach sich die grosse Kammer gegen Folgegeben aus.

Erhebung der Nationalität von stationären Patienten in Schweizer Spitälern (Pa.Iv. 20.495)

En parallèle des motions 19.3784 et 19.3750 qui préconisent d'équiper, avec des installations photovoltaïques, le patrimoine immobilier de la Confédération, Barbara Schaffner (pvl, ZH) demande au Conseil fédéral de mettre à disposition des tiers intéressés les toitures du parc immobilier qui ne seraient pas équipées par la Confédération. D'après la députée vert'libérale, une maximisation de l'utilisation des toitures pour y installer des panneaux solaires est indispensable pour mettre en œuvre la Stratégie énergétique 2050 et atteindre les objectifs climatiques de la Suisse.
Le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. D'abord, il a précisé que des mesures sur le climat pour l'administration fédérale mettaient déjà en œuvre la volonté de la motion. Puis, il a indiqué que si la Confédération voulait atteindre une autarcie énergétique pour son parc immobilier, l'ensemble des toitures des bâtiments de la Confédération serait utilisé. Il n'est donc pas nécessaire de les mettre à disposition de tiers.
La motion a été retirée.

Promotion de l’énergie solaire. Mettre les toitures des bâtiments de l'administration fédérale à la disposition de tiers (Mo. 20.3103)
Dossier: Erschliessung des Solarpotenzials von Eigentum des Bundes

In der Frühjahrssession 2022 behandelte der Nationalrat die fünf Standesinitiativen der Kantone Tessin (Kt.Iv. 20.300), Genf (Kt.Iv. 20.304), Jura (Kt.Iv. 20.330), Freiburg (Kt.Iv. 20.333) und Neuenburg (Kt.Iv. 21.300) für einen stärkeren Einbezug der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife – nicht jedoch eine in der Zwischenzeit ebenfalls eingereichte Standesinitiative des Kantons Waadt (Kt.Iv. 21.323). Die Kommission hatte zuvor mit 22 zu 1 Stimmen bei 2 Enthaltungen beantragt, den Standesinitiative keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Mäder (glp, ZH) beteuerte jedoch die grundsätzliche Unterstützung des Anliegens durch die Kommission: Inhaltlich befürworte man das Anliegen, verfolge dazu aber lieber die Motion Lombardi (damals cvp, TI; Mo. 19.4180) weiter, welche im Nationalrat bereits angenommen worden sei. Eine zusätzliche Weiterverfolgung der Standesinitiativen würde daher «einzig ein[en] administrative[n] Mehraufwand ohne inhaltlichen Zusatznutzen» bedeuten. Stillschweigend sprach sich die grosse Kammer bei allen fünf Standesinitiativen gegen Folgegeben aus.

Standesinitiativen für eine Stellungnahme der Kantone bei der Genehmigung der Prämientarife (Kt.Iv. 20.300, Kt.Iv. 20.304, Kt.Iv. 20.330, Kt.Iv. 20.333, Kt.Iv. 21.300 & Kt.Iv. 21.323)
Dossier: Anstieg der Krankenkassenprämien dämpfen (seit 2020)
Dossier: Offensive für tiefere Krankenkassenprämien der Kantone Tessin, Genf, Jura, Freiburg und Neuenburg (2020) sowie des Kantons Waadt (2021)

In der Frühjahrssession 2022 beriet der Nationalrat als Erstrat das neue Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit. Aufgrund der Motionen Birrer-Heimo (sp, LU; Mo. 17.3956), Bruderer Wyss (sp, AG; Mo. 17.3964) und der SGK-SR (Mo. 18.4091) habe der Bundesrat hier eine neue Regelung für eine verbindliche Branchenlösung ausgearbeitet, erläuterte Jörg Mäder (glp, ZH) für die Kommission. Gleichzeitig habe aber auch die Krankenkassenbranche eine «interne Branchenvereinbarung» geschaffen. Diese sei seit Januar 2021 in Kraft und habe zu einer Reduktion der jährlichen Klagen von 300 auf 80 geführt, sei aber nicht allgemeinverbindlich. Aus diesem Grund brauche es eben auch die bundesrätliche Vorlage, der die Kommissionsmehrheit grösstenteils folgen wolle. Die meisten Fraktionssprechenden hiessen die Vorlage denn auch gut, einzig aus der SVP-Fraktion kamen Stimmen, die das neue Gesetz als unnötig erachteten. Stattdessen schlug Thomas de Courten (svp, BL) einen anderen Lösungsweg vor: «Sagen Sie einfach höflich ‹Nein, danke›, und legen Sie den Telefonhörer wieder auf – Problem gelöst.» Eintreten wurde jedoch ohne Gegenantrag beschlossen.
In der Detailberatung schlug die Kommissionsmehrheit eine Einschränkung der bundesrätlichen Regelung vor. So sollten die Regelungen bezüglich Ausbildung und Einschränkung der Entlöhnung von Vermittlerinnen und Vermittlern auf externe Broker beschränkt werden, wodurch von den Versicherungen direkt angestellte Personen davon ausgenommen wären. Ansonsten sei diese Massnahme ein schwerwiegender Eingriff in die Entlohnung des internen Personals, argumentierte Benjamin Roduit (mitte, VS) für die Kommissionsmehrheit. Zudem hätten die internen Mitarbeitenden Interesse an langfristigen Beziehungen zu den Kunden, ergänzte Kommissionssprecher Mäder. Eine Minderheit I Mäder verlangte hingegen, bei der bundesrätlichen, umfassenderen Lösung zu bleiben. Diese Differenzierung sei «nicht im Sinne der Bevölkerung oder der Motion», begründete Melanie Mettler (glp, BE) diesen Antrag. Auch Gesundheitsminister Berset erachtete ihn als nicht nachvollziehbar. Damit könne die neu geschaffene Regelung umgangen werden, warnte er. Mit 109 zu 84 Stimmen setzte sich die Kommissionsmehrheit jedoch gegen die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP, der Grünen, der GLP und gegen die Mitglieder der EVP durch.
Alle übrigen Änderungsanträge lehnte der Nationalrat ab, darunter zwei Anträge für weitere Einschränkungen der Regelungen, etwa den Vorschlag einer Minderheit Hess (mitte, BE). Sie erachtete die Sanktionierungsmöglichkeiten als «unverhältnismässig stark». Stattdessen sollen die Sanktionen von den Versicherungen selbst festgelegt und vom Bundesrat allgemeinverbindlich erklärt werden. Gesundheitsminister Berset erwiderte jedoch, dass der Bundesrat keine privat festgelegten Strafen als allgemeinverbindlich erklären könne, und der Nationalrat lehnte den Minderheitsantrag mit 113 zu 79 Stimmen (bei 1 Enthaltung) ab. Er war bei der SVP- und der Mitte-Fraktion, mit Ausnahme der EVP, auf Zustimmung gestossen. Auch einen Antrag Sauter (fdp, ZH), die neuen Regelungen auf die Grundversicherung zu beschränken und die Zusatzversicherungen davon auszunehmen, lehnte die Mehrheit des Nationalrats ab (108 zu 87 Stimmen bei 1 Enthaltung).
Erfolglos blieben auch die Mitglieder der linksgrünen Parteien beim Versuch, den bundesrätlichen Vorschlag verbindlicher zu machen respektive die Regelungen auszuweiten. Eine Minderheit Gysi (sp, SG) verlangte, dass die Branchenvereinbarung verbindlich erklärt werden muss, nicht nur kann. Katharina Prelicz-Huber (gp, ZH) wollte darüber hinaus sicherstellen, dass in zwei Jahren eine allgemeinverbindliche Regelung besteht – ansonsten solle der Bundesrat eingreifen. Beide Anträge scheiterten im Rat (mit 125 zu 68 Stimmen respektive 124 zu 68 Stimmen) und wurden nur von Mitgliedern der SP, der Grünen und der EVP unterstützt – genauso wie ein Antrag von Flavia Wasserfallen (sp, BE), Verträge, die durch einen Verstoss gegen das allgemeinverbindlich erklärte Verbot entstanden seien, für nichtig zu erklären. Überdies scheiterten auch die Anliegen, das «Schlupfloch» des Kaufs von Leads, bei dem die Versicherungen mit Gutscheinen «Alibipreisverleihungen» durchführten, um an Adressen zu kommen, zu schliessen (Minderheit Flavia Wasserfallen) sowie die Werbeausgaben auf maximal 0.3 Prozent der Prämieneinnahmen zu begrenzen (Minderheit Gysi) – sie wurden ebenfalls nur von der SP, den Grünen und der EVP unterstützt.
In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 162 zu 12 Stimmen (bei 22 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Minderheiten der SVP- und der FDP.Liberalen-Fraktion, die Enthaltungen von der Hälfte der Grünen-, einer Minderheit der SP- und einem Mitglied der SVP-Fraktion.

Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (BRG 21.043)

«Was [in der Pandemie] nur mangelhaft funktioniert hat, ist die Rolle des Parlaments», urteilte Jörg Mäder (glp, ZH) und machte die Ursache dafür im vierteljährlichen Sessionsrhythmus aus. In ausserordentlichen Lagen müsse sich die Bundesversammlung monatlich treffen, verlangte er folglich in einer parlamentarischen Initiative. Statt vier mal drei Wochen pro Jahr solle in solchen Ausnahmesituationen pro Monat eine wöchentliche Session organisiert werden. Am zeitlichen Aufwand würde sich damit nichts ändern, aber der Austausch mit der Exekutive könnte stark verbessert und Entscheidungen zeitnaher gefällt werden.
Als schlecht umsetzbar wurde dieser Vorschlag allerdings von der SPK-NR beurteilt. Es sei nicht im Vornherein klar, wann eine Krisensituation die Änderung des Sessionsrhythmus anzeige. Eine zu kurzfristige Änderung wäre aber für viele Parlamentsmitglieder wohl schwierig einzurichten. Zudem bestehe mit dem Instrument der ausserordentlichen Session bereits jetzt die nötige Flexibilität, um die Bundesversammlung zu einem geeigneten Zeitpunkt und für eine zu definierende Dauer einzuberufen. Mit 17 zu 3 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) empfahl die Kommission deshalb, der Initiative keine Folge zu geben. Eine 124 zu 51-Mehrheit (bei 4 Enthaltungen) des Nationalrats folgte dieser Empfehlung und versenkte den Vorstoss. Neben der geschlossenen GLP-Fraktion stimmte auch die Mehrheit der SP-Fraktion und ein Teil der GP-Fraktion für die Idee.

Sessionsplanung in ausserordentlichen Lagen (Pa.Iv. 20.460)
Dossier: Parlament in Krisensituationen