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  • Schneider Schüttel, Ursula (sp/ps, FR) NR/CN
  • Müller, Philipp (fdp/plr, AG), SR/CE

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Als Zweitrat befasste sich in der Wintersession 2022 der Nationalrat mit einer Motion Schmid (fdp, GR), mit der eine Änderung der landwirtschaftlichen Zonen-Verordnung im Zusammenhang mit Meliorationen gefordert wurde. Konkret verlangte der Motionär, dass im Zusammenhang mit Meliorationen oder Gewässerrevitalisierungen neu ein Abtausch zwischen landwirtschaftlicher Nutzfläche und Sömmerungsfläche gesetzlich zugelassen werden soll, solange dabei die landwirtschaftliche Nutzfläche gesamthaft nicht zunimmt.
Im Namen der UREK-NR empfahlen Kommissionssprecherin Priska Wismer-Felder (mitte, LU) und Kommissionssprecher Pierre-André Page (svp, FR) den Mitgliedern der grossen Kammer, die Motion anzunehmen. Es solle bei Meliorationen keine landwirtschaftliche Nutzfläche mehr verloren gehen. Dies fördere nicht zuletzt auch die Akzeptanz solcher gesellschaftlich wichtigen Projekte unter Landwirtinnen und Landwirten. Die Kommissionsminderheit, vertreten durch Ursula Schneider Schüttel (sp, FR), plädierte derweil dafür, die Motion abzulehnen, da sie befürchtete, dass die Änderung zu einer intensiveren Nutzung der betroffenen Sömmerungsflächen führen könnte, wodurch Biodiversität verloren gehen könnte. Ausserdem führe die Motion auch zu einem erhöhten administrativen Aufwand für die Kantone. Auch Guy Parmelin sprach sich im Namen des Bundesrats gegen die Motion aus. Er machte darauf aufmerksam, dass nur gerade der Kanton Graubünden eine solche Änderung gefordert hatte, während die anderen Kantone sich mit der aktuellen gesetzlichen Grundlage zufrieden zeigten. Durch eine Annahme der Motion käme es überdies zu einer Ungleichbehandlung zwischen Bergkantonen und der restlichen Schweiz, da Kantone im Flachland über keine angrenzenden Sömmerungsgebiete verfügten.
Die Mehrheit des Nationalrates folgte jedoch dem Antrag der Kommissionsmehrheit und nahm die Motion mit 98 zu 86 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Die Stimmen für die Motion kamen von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion, einer Mehrheit der Fraktionen der FDP und der Mitte sowie zwei Personen aus den Reihen der SP.

Änderung der Landwirtschaftlichen Zonen-Verordnung im Zusammenhang mit Meliorationen (Mo. 21.3804)

Zu Beginn der Wintersession 2022 machte sich der Nationalrat an die Beratung des Voranschlags 2023 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2024–2026. Anna Giacometti (fdp, GR) und Jean-Pierre Grin (svp, VD) präsentierten dem Rat das Budget und die Änderungsvorschläge der Kommissionsmehrheit. Beide betonten die «düsteren finanzpolitischen Aussichten» (Giacometti), welche in den Finanzplanjahren grosse Korrekturmassnahmen nötig machen würden. Besser sehe es noch für das Jahr 2023 und somit für den Voranschlag aus, hier schlug die Kommissionsmehrheit gar Mehrausgaben von CHF 11.2 Mio. vor, womit die Schuldenbremse immer noch eingehalten werden könne. Insgesamt beantragte die Kommission sieben Änderungen am bundesrätlichen Voranschlag, welche der Rat allesamt annahm. Kaum Erfolg hatten hingegen die Minderheitsanträge.

Das geplante Defizit in den Finanzplanjahren war auch Thema in den folgenden Fraktionsvoten. Als besonders dramatisch erachtete etwa Lars Guggisberg (svp, BE) die finanzielle Situation des Bundes: Man befinde sich «finanzpolitisch seit Jahren im freien Fall», zumal das Parlament immer mehr Geld ausgebe als vorhanden sei. Nun müsse man Prioritäten setzen, weshalb die SVP insbesondere im Finanzplan entsprechende Kürzungsanträge stelle. Ähnlich formulierte es Alex Farinelli (fdp, TI) für die FDP-Fraktion, der die Bundesfinanzen mit der Titanic verglich – zwar scheine alles ruhig, bei genauerer Betrachtung sei «das Bild, insbesondere das mittelfristige, [aber] wesentlich problematischer und beunruhigender». Auch er verlangte daher die Setzung von Prioritäten. Demgegenüber hob Jean-Paul Gschwind (mitte, JU) das positive strukturelle Saldo des Voranschlags hervor, betonte aber auch, dass man für die Finanzplanjahre Korrekturmassnahmen einbringen müsse – insbesondere auch, weil die Gewinnausschüttung durch die SNB ausbleiben könne.
Deutlich weniger besorgt zeigten sich die Sprechenden der anderen Fraktionen über die finanzpolitische Situation. Roland Fischer (glp, LU) erachtete in Anbetracht der tiefen Schuldenquote des Bundes nicht in erster Linie die Defizite als problematisch, sondern die Ausgestaltung der Schuldenbremse, die es nicht erlaube, Schulden zu machen, um Investitionen zu tätigen. Auch Sarah Wyss (sp, BS) zeigte sich durch die «Mehrbelastungen ab 2024 [...] nicht besonders beunruhig[t]». Man müsse zwar reagieren, dabei aber vor allem auf Nachhaltigkeit setzen und von «kurzfristige[r] Sparwut» absehen. Gerhard Andrey (gp, FR) sah die Schuld für die finanzpolitischen Probleme vor allem bei denjenigen Mitgliedern des Parlaments, welche das Armeebudget stark aufgestockt und einen Abbau der Corona-Schulden über zukünftige Überschüsse durchgesetzt hätten. Statt über Sparmassnahmen solle man aber nun über zusätzliche Einnahmen, etwa im Rahmen einer Erbschaftssteuer, sprechen.

In der Folge behandelte der Nationalrat den Voranschlag 2023 in sechs Blöcken, beginnend mit einem ersten Block zu den Beziehungen zum Ausland und zur Migration. Hierbei lagen dem Rat keine Mehrheitsanträge der Kommission vor, jedoch zahlreiche Minderheitsanträge von Mitgliedern der Polparteien. Einerseits verlangten Minderheiten Badertscher (gp, BE), Friedl (sp, SG), Wettstein (gp, SO) sowie zwei Einzelanträge Pasquier-Eichenberger (gp, GE) etwa eine Aufstockung der Beiträge für humanitäre Aktionen oder an die Entwicklungszusammenarbeit mit den Ländern des Ostens, teilweise auch in den Finanzplanjahren. Andererseits forderten Minderheiten Grin (svp, VD), Guggisberg (svp, BE), Fischer (svp, ZH) sowie ein Einzelantrag der SVP-Fraktion etwa eine Reduktion des Schweizer Beitrags an ausgewählte EU-Mitgliedstaaten, an die bilaterale Entwicklungszusammenarbeit oder an die Integrationsmassnahmen für Ausländerinnen und Ausländer (teilweise auch oder nur in den Finanzplanjahren) sowie die ordentliche Verbuchung der Ausgaben für Kriegsvertriebene aus der Ukraine. Die Minderheitsanträge blieben jedoch allesamt erfolglos.

Im zweiten Block zu Kultur, Bildung, Forschung, Familie und Sport lagen dem Nationalrat vier Kommissionsanträge vor. Im Sportbereich wollte die Kommission einerseits einen Kredit für die Sportverbände zugunsten der nationalen Meldestelle von Swiss Sport Integrity um CHF 360'000 aufstocken, zumal seit deren Schaffung Anfang 2022 dreimal mehr Meldungen eingegangen seien, als erwartet worden waren. CHF 650'000 sollten zudem für die Ausrichtung der Staffel-Weltmeisterschaft 2024 in Lausanne gesprochen werden, wobei der Bund einen Drittel der Gesamtfinanzierung übernehmen würde. Keine Aufstockung, sondern eine ausdrückliche Verwendung der CHF 390'000, welche der Bundesrat im Bereich Kinderschutz/Kinderrechte veranschlagt hatte, für eine Übergangslösung zur Stärkung der Kinderrechte verlangte die Kommission bei den Krediten des BSV. Eine Übergangslösung war nötig geworden, weil die Ombudsstelle für Kinderrechte, für die der Betrag gedacht war, noch nicht über eine gesetzliche Grundlage verfügte. Schliesslich verlangte die Kommission, dass CHF 35 Mio., welche nach dem Ausschluss der Schweiz aus Horizon Europe bei den EU-Forschungsprogrammen nicht benötigt werden, stattdessen Innosuisse zugesprochen werden. Der Nationalrat hiess alle vier Kommissionsanträge stillschweigend gut.
Weitere CHF 50 Mio. aus dem Kredit der EU-Forschungsprogramme zum Kredit für die Institutionen der Forschungsförderung verschieben wollte eine Minderheit Munz (sp, SH). Zudem verlangten zwei weitere Minderheiten Munz Aufstockungen bei der internationalen Mobilität Bildung zugunsten des Programms Erasmus+. Die Kredite gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag reduzieren wollten hingegen eine Minderheit I Grin bei den Institutionen der Forschungsförderung sowie eine Minderheit Guggisberg in den Finanzplanjahren bei der internationalen Mobilität Bildung und bei den Stipendien an ausländische Studierende. Mit 123 zu 68 Stimmen kürzte der Nationalrat in Übereinstimmung mit der Minderheit Munz den Kredit der EU-Forschungsprogramme zugunsten der Institutionen der Forschungsförderung, lehnte aber ansonsten sämtliche Minderheitsanträge ab. Dazu gehörten auch zwei Minderheiten Nicolet (svp, VD), welche bei Pro Helvetia (auch in den Finanzplanjahren) und bei der familienergänzenden Kinderbetreuung kürzen wollten.

Im Block 3 zu Umwelt und Energie hiess der Nationalrat die veranschlagten CHF 42 Mio. für Programme von EnergieSchweiz für den Heizungsersatz, zur Dekarbonisierung von Industrie und Gewerbe, zur Einführung von neuen Technologien und zur Bekämpfung des Fachkräftemangels sowie CHF 4 Mrd. für den Rettungsschirm Elektrizitätswirtschaft, welchen der Bundesrat in einer Nachmeldung beantragt hatte, gut. Eine Minderheit Schilliger (fdp, LU) hatte erfolglos eine Kürzung bei den Programmen von EnergieSchweiz im Voranschlag und in den Finanzplanjahren gefordert. Erfolglos blieben auch alle anderen Minderheiten etwa zur Streichung von CHF 10 Mio. für eine Winter-Energiespar-Initiative, zur Reduktion des Kredits für die Reservekraftwerke, aber auch für eine Erhöhung des Kredits für die Reservekraftwerke um CHF 100 Mio., um eine Erhöhung der Energiekosten für die Bevölkerung zu verhindern.

Erfolglos blieben auch sämtliche Minderheitsanträge im vierten Block zu den Themen «soziale Wohlfahrt, Gesundheit und Sicherheit», wo etwa eine Minderheit Wettstein (gp, SO) eine Erhöhung des Bundesbeitrags an das Schweizerische Rote Kreuz oder verschiedene Minderheiten Kürzungen beim Rüstungsaufwand oder bei verschiedenen Positionen zur Verteidigung beantragten.

Im fünften Block zu Standortförderung, Steuern und Landwirtschaft gab es nur einzelne Forderungen zu den ersten beiden Bereichen, etwa verlangte eine Minderheit Gysi (sp, SG) zusätzliche Mittel und Stellen in der Steuerverwaltung für mehr Mehrwertssteuerkontrollen und eine Minderheit Guggisberg eine Streichung der Neuen Regionalpolitik, da diese Aufgabe der Kantone sei. Das Hauptinteresse des Nationalrats galt in diesem Block aber der Landwirtschaft, zu der zahlreiche Mehr- und Minderheitsanträge vorlagen: Die Kommissionsmehrheit verlangte eine Erhöhung des Kredits für die Qualitäts- und Absatzförderung zugunsten des Schweizer Weins um CHF 6.2 Mio. (in Umsetzung einer Motion 22.3022, die vom Nationalrat angenommen, aber vom Ständerat an die WAK-SR verwiesen worden war). Eine Minderheit Munz wollte stattdessen einen Teil der bereits veranschlagten Mittel zur Umsetzung der Motion einsetzen, der Nationalrat folgte jedoch seiner Kommissionsmehrheit und beschloss die Krediterhöhung. Weiter beantragte die Kommissionsmehrheit, in den Planungsgrössen zu den Direktzahlungen die Höhe der Versorgungssicherheitsbeiträge auf CHF 1.1 Mrd. festzuschreiben, so dass diese entgegen der Absicht des Bundesrates nicht gekürzt werden könnten. Der Nationalrat folgte auch dieser Kommissionsmehrheit, während eine Minderheit Munz besagte Planungsgrösse erfolglos streichen wollte. Schliesslich sollten die Mittel für Wildtiere, Jagd und Fischerei gemäss Kommissionsmehrheit um CHF 4 Mio. zugunsten von Sofortmassnahmen für den Herdenschutz aufgestockt werden, wobei der Nationalrat auch hier der Komissionsmehrheit und nicht einer Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR) auf Beibehalten des bundesrätlichen Betrags folgte. Erfolgreich war zudem eine Minderheit Grin für eine Erhöhung des Kredits für die Pflanzen- und Tierzucht um CHF 3.9 Mio. zugunsten einheimischer Nutztierrassen, nicht aber ein weiterer Minderheitsantrag Grin für einen Verzicht auf die Aufstockung des Funktionsaufwands beim Bundesamt für Landwirtschaft um CHF 900'000 zur Umsetzung einer parlamentarischen Initiative zur Verminderung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln.

Im sechsten Block ging es abschliessend um den Eigenaufwand des Bundes und um die Schuldenbremse, wobei die Kommissionsmehrheit nur einen Antrag auf Änderung gegenüber der bundesrätlichen Version stellte: Bei den Planungsgrössen zum BABS sollte der Soll-Wert der Kundenzufriedenheit bei den Ausbildungsleistungen von 80 auf 85 Prozent und in den Finanzplanjahren auf 90 Prozent erhöht werden. Stillschweigend hiess der Nationalrat die Änderung gut. Zudem lagen zahlreiche Minderheitsanträge Nicolet auf Kürzungen im Personalbereich verschiedener Bundesämter (BAFU, BAG, BAK, BAV, BFS) sowie beim UVEK vor, die jedoch allesamt abgelehnt wurden – genauso wie weitere Kürzungsanträge im Personalbereich sowie bei den Sach- und Betriebsausgaben des SEM, zur Kürzung des Personalaufwands im Bereich der Social-Media-Strategie und der Digitalisierung sowie für Querschnittskürzungen beim BBL. Abgelehnt wurde aber auch ein Minderheitsantrag Schneider Schüttel zur Schaffung von zwei zusätzlichen Stellen beim BLV im Bereich Zulassung von Pflanzenschutzmitteln. Schliesslich scheiterte auch ein Antrag der SVP-Fraktion, die aus der Gewinnausschüttung der SNB veranschlagten Einnahmen von CHF 666.7 Mio. zu streichen, da die SNB diese nach ihren Verlusten voraussichtlich nicht würde tätigen können.

Nach langen Diskussionen, bei denen sämtliche Mehrheits- sowie einzelne Minderheitsanträge angenommen worden waren, hiess der Nationalrat den Voranschlag in der Gesamtabstimmung mit 137 zu 49 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) gut. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von einem Mitglied der Grünen. Angenommen wurden in der Folge auch der Bundesbeschluss über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2023 (138 zu 50 Stimmen bei 2 Enthaltungen), der Bundesbeschluss über den Finanzplan für die Jahre 2024-2026 (179 zu 12 Stimmen) sowie der Bundesbeschluss über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2023 (191 zu 0 Stimmen).

Voranschlag 2023 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2024-2026 (BRG 22.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2023: Voranschlag und Staatsrechnung

Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) forderte mit einer im Mai 2022 eingereichten Motion Zugang zu Geodaten von geschützten Flächen. Die Freiburger Nationalrätin wollte damit erreichen, dass die Geodaten von kommunalen, kantonalen und nationalen Schutzgebieten und den darin geltenden Regeln erfasst und publiziert werden. Damit solle insbesondere gewährleistet werden, dass die in den verschiedenen Schutzgebieten geltenden Bestimmungen für Besuchende online zugänglich gemacht werden. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, woraufhin der Nationalrat die Motion in der Herbstsession 2022 stillschweigend guthiess.

Zugang zu Geodaten der geschützten Flächen ermöglichen (Mo. 22.3466)

In der Herbstsession 2022 behandelten National- und Ständerat den ersten Teil des Nachtrags II zum Voranschlag 2022 im Rahmen einer von der SVP-Fraktion beantragten ausserordentlichen Session (22.9015). Die ausserordentliche Session war einberufen worden, nachdem die FinDel den dringlichen Kredit zur Elektrizitätswirtschaft, also den Nachtragskredit über CHF 4 Mrd. sowie den Verpflichtungskredit über CHF 10 Mrd. für den Rettungsschirm für die Elektrizitätswirtschaft, gutgeheissen hatte. Da das Parlament den Verpflichtungskredit in der Zwischenzeit genehmigt hatte und die übrigen Kredite des Nachtrags II erst zu einem späteren Zeitpunkt behandelt wurden, wurde in der Herbstsession lediglich über den Nachtragskredit für die Elektrizitätswirtschaft diskutiert und abgestimmt.

Im Nationalrat legten Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) sowie Jean-Paul Gschwind (mitte, JU) die Position der Mehrheit der FK-NR dar: Wie im Bundesgesetz über subsidiäre Finanzhilfen zur Rettung systemkritischer Unternehmen der Elektrizitätswirtschaft diskutiert worden sei, sei der Kredit zur Sicherstellung der Elektrizitätsversorgung der Schweiz nötig. Der Kredit selbst war denn auch bei den meisten Fraktionen nicht umstritten, auch wenn sie sich davon wenig begeistert zeigten. Drei Minderheiten Egger (svp, SG) wollten jedoch Rahmenbedingungen für die Kreditvergabe definieren, unter anderem um die Axpo «an die ganz kurze Leine» zu nehmen, wie Lars Guggisberg (svp, BE) betonte. So sollten erstens die Kantone als Eigentümerinnen der drei betroffenen Energieunternehmen die Hälfte des Kredits übernehmen. Da die Kantone während Jahren die Dividenden eingestrichen hätten, sollten sie jetzt auch für die Risiken aufkommen müssen, verlangte Minderheitssprecher Egger. Weil bisher keine gründliche Risikoprüfung stattgefunden habe, verlangte eine zweite Minderheit überdies eine solche. Und schliesslich sollte es den Unternehmen drittens während der Dauer der Gewährung dieser Darlehen verboten werden, spekulative Eigenhandelsgeschäfte zu tätigen. So habe eine Studie entsprechende Handelsgeschäfte der Axpo aufgedeckt, diese seien der Grund für ihre fehlende Liquidität, argumentierte Mike Egger. Die meisten Kommissions- und Fraktionssprechenden sprachen sich gegen die Minderheitsanträge aus, zumal diese bereits bei der Schaffung des entsprechenden Gesetzes abgelehnt worden seien. Schliesslich erläuterte Finanzminister Maurer den Rahmen des Geschäfts: Die Alpiq habe im Jahr 2021 beinahe innerhalb von Stunden einen Kredit zur Sicherstellung ihrer Liquidität benötigt. Anschliessend habe der Bundesrat befürchtet, dass solche Fälle zukünftig vermehrt auftreten könnten. Da die Kantone nicht innerhalb weniger Tage solche Beträge bereitstellen könnten, habe man sich mit ihnen geeinigt, dass der Bund die Zuständigkeit für Axpo, Alpiq und BKW übernehme, während die Kantone für die übrigen rund sechzig an der Börse gehandelten Stromversorgenden verantwortlich bleiben. Darüber hinaus sei beispielsweise bezüglich der Axpo eine kantonale Lösung schwierig zu erreichen, weil diese zuerst die Parlamente der acht Eignerkantone passieren müsste. Aufgrund der Grösse der drei Unternehmen und der daraus resultierenden Gefahr eines Dominoeffekts bei Ausfall eines der drei Unternehmen bestehe überdies nicht nur ein regionales, sondern ein schweizweites Interesse an ihrem Überleben. Entsprechend sei der erste Antrag der Minderheit Egger abzulehnen. Auch die anderen beiden Minderheitsanträge beantragte die Regierung zur Ablehnung, etwa da eine gründliche Risikoprüfung durch externe Fachleute stattgefunden habe. Der Finanzminister betonte darüber hinaus, dass die drei Unternehmen «nur im absoluten Notfall auf das Darlehen zurückgreifen» würden, da man die entsprechenden Bedingungen sehr unvorteilhaft ausgestaltet habe.
Im Anschluss an die Debatte zum Kredit für den Rettungsschirm schritt der Nationalrat zur Abstimmung: Mit 137 zu 46 Stimmen (bei 1 Enthaltung) sprach er sich für Annahme des Nachtragskredits aus, wobei die Mehrheit der SVP-Fraktion ablehnend votierte. Die drei Minderheitsanträge zu den Voraussetzungen für die Darlehensgewährung fanden nur in der SVP-Fraktion Zustimmung und wurden jeweils mit 134 zu 50 Stimmen abgelehnt.

Im Ständerat blieb zwei Tage später trotz ausserordentlicher Session eine Diskussion über den ersten Teil des Nachtrags II aus, es lagen auch keine Minderheitsanträge vor. Nachdem Johanna Gapany (fdp, FR) und Finanzminister Maurer die Vorlage präsentiert hatten, nahm die kleine Kammer den Nachtragskredit mit 29 zu 8 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) an. Hier waren die parteipolitischen Fronten jedoch weniger deutlich, so stammten die ablehnenden Stimmen sowie die Enthaltungen von einzelnen Mitgliedern der SVP-, der FDP.Liberalen- sowie der Mitte-Fraktion. Die übrigen Kredite des Nachtrags II zum Voranschlag 2023 wird das Parlament in der Wintersession beraten.

Nachtrag II zum Voranschlag 2022 (BRG 22.042)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession 2022 als Erstrat mit der Biodiversitätsinitiative sowie mit dem indirekten Gegenvorschlag. Die umfassende Vorlage wurde während drei Sitzungen und in über 160 Wortmeldungen diskutiert. Als erstes wurden das Volksbegehren und der Gegenvorschlag von den Kommissionssprechern Matthias Jauslin (fdp, AG) und Christophe Clivaz (gp, VS) vorgestellt. Matthias Jauslin betonte die Wichtigkeit einer intakten Biodiversität für das Wohlergehen der Bevölkerung, aber auch der Wirtschaft. Leider sei rund ein Drittel der bekannten Tier-, Pflanzen- und Pilzarten in der Schweiz vom Aussterben bedroht – und dies, obwohl die Schweiz seit 2012 über die Biodiversitätsstrategie und den dazugehörigen Aktionsplan verfüge. Da die bislang unternommenen Anstrengungen nicht genügten, um dem Schwinden der Biodiversität Einhalt zu gebieten, brauche es nun griffige Massnahmen. Der Kommissionsmehrheit ginge die Volksinitiative dabei jedoch zu weit, sie schränke insbesondere den Handlungsspielraum von Bund und Kantonen zu stark ein. Die UREK-NR setze daher mehrheitlich auf den Gegenvorschlag in Form einer Änderung des NHG. Daran anschliessend bat Ursula Schneider Schüttel (sp, FR), Präsidentin von Pro Natura und Mitglied des Initiativkomitees, um Unterstützung für ihren Minderheitsantrag, der die Annahme der Volksinitiative empfehlen wollte. Schneider Schüttel liess es dabei jedoch bei einem allgemeinen Votum bleiben und ging nicht auf die Unterschiede zwischen Volksinitiative und Gegenvorschlag ein. Michael Graber (svp, VS) hingegen votierte mit seinem Minderheitsantrag dafür, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen und nicht auf den Gegenvorschlag einzutreten. Graber vertrat die Ansicht, dass die Biodiversität in der Schweiz nicht schlecht dastehe. Initiative und Gegenvorschlag seien daher gar nicht notwendig. Falls die Initiative oder der Gegenvorschlag angenommen werde, würden insbesondere die Landwirtschaft und die Energieproduktion darunter leiden, so Graber.

Danach folgten die Voten der Fraktionen:
Die Grünen sprachen sich sowohl für die Initiative als auch für den Gegenvorschlag aus. Während Delphine Klopfenstein (gp, GE) darauf hinwies, dass die Klimakrise und der Biodiversitätsverlust zusammen angegangen werden müssten, betonte Bastien Girod (gp, ZH), dass für die Grünen insbesondere die Steigerung der Qualität in ohnehin bereits geschützten Gebieten sowie die Vernetzung der Lebensräume im Zentrum stehe.
Auch die SP-Fraktion unterstützte beide Projekte. Martina Munz (sp, SH) unterstrich, dass die Landwirtschaft auf die Biodiversität angewiesen sei, da diese die Bodenfruchtbarkeit und die Bestäubung sichere und damit erst die Ernährungssicherheit garantiert werden könne.
Die GLP-Fraktion unterstützte die Initiative teilweise, sprach sich aber geschlossen für Eintreten auf den Gegenvorschlag aus. Roland Fischer (glp, LU) bemängelte, dass die Schweiz bislang quasi tatenlos zugesehen habe, wie die Biodiversität immer weiter abgenommen habe. Die Schweiz stehe im internationalen Vergleich sehr schlecht da. Folglich müssten die entsprechenden finanziellen Mittel für den Erhalt der Biodiversität bereitgestellt werden, da ein weiterer Verlust an Biodiversität die Schweiz viel teurer zu stehen kommen werde.
Die FDP.Liberale-Fraktion hingegen unterstützte den indirekten Gegenvorschlag mehrheitlich, wie Susanne Vincenz-Stauffacher (fdp, SG) ausführte. Allerdings sei bei der Ausgestaltung des NHG darauf zu achten, dass die Zielkonflikte, insbesondere zwischen der Produktion erneuerbarer Energien und dem Schutz der Biodiversität, immer durch eine umfassende Güterabwägung, die auch die Interessen der Wirtschaft miteinbeziehe, gelöst würden. Die Initiative lehnte die Fraktion mit dem Verweis ab, dass dadurch praktisch die ganze Schweiz unter Schutz gestellt würde.
Die Mitte-Fraktion zeigte sich ähnlich wie die FDP-Fraktion gespalten bei der Haltung zum Gegenvorschlag; die Initiative lehnte sie ab. Wie Priska Wismer-Felder (mitte, LU) ausführte, würde die Initiative dazu führen, dass die Produktion von Nahrungsmitteln eingeschränkt würde, was die Versorgungssicherheit in Frage stellen würde. Beim Gegenvorschlag stosse insbesondere das Flächenziel von 17 Prozent an Flächen, die dem Schutz von Lebensräumen und Arten dienen (so genannte Kerngebiete), auf Widerstand in ihrer Fraktion. Sie bemängelte zudem, dass «die Flächen, auf denen heute schon aktive Biodiversitätsförderung betrieben wird, [...] den 17 Prozent Kerngebiet nicht angerechnet werden» könnten. Eine Minderheit der Mitte-Fraktion gehe jedoch davon aus, dass der Gegenvorschlag die Biodiversität fördere, ohne die Versorgungssicherheit in den Bereichen Ernährung und Energie zu schwächen.
Die SVP-Fraktion lehnte schliesslich sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag ab. Pierre-André Page (svp, FR) bezeichnete die Initiative als extrem und sprach von einer Diktatur der Biodiversität auf Kosten der Landwirtschaft und der Energie. Aber auch der Gegenvorschlag sei abzulehnen, zumal er teilweise sogar weiterginge als die Initiative.
Auch Umweltministerin Sommaruga äusserte sich in ihrem Eintretensvotum zu diesem – für sie – vermeintlichen Widerspruch. Sommaruga zeigte sich erstaunt, dass versucht werde, den Schutz der Biodiversität gegen die Landwirtschaft auszuspielen, da diese sich doch gegenseitig bedingten.
Bevor der Rat zur Detailberatung überging, wurde der Nichteintretensantrag Graber mit 106 zu 78 Stimmen bei 4 Enthaltungen abgelehnt. Die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, eine Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP-Fraktion stimmten gegen Eintreten.

Anschliessend befasste sich der der Rat in einem ersten Block der Detailberatung mit den Themen hohe Baukultur und ökologische Infrastruktur.
Zuerst stimmte der Nationalrat einer Minderheit Müller-Altermatt (mitte, SO) zu, welcher den Begriff «Schönheit» aus dem Zweckartikel streichen wollte. Andere Minderheiten, wie etwa diejenige von Michael Graber zur Entfernung der Vernetzung der für Tiere und Pflanzen wichtigen Lebensräume aus dem Zweckartikel, fanden keine Mehrheit. Graber hatte vergeblich argumentiert, dass ein «Netz von grünen Korridoren, von grünen Autobahnen» keinen Platz mehr für die Menschen übrigliesse. Sodann beschloss der Nationalrat stillschweigend, der Kommission zu folgen und die Bestimmungen zur hohen Baukultur aus dieser Vorlage zu streichen und in einer Motion (22.3892) anzugehen. Diese Motion forderte den Bundesrat dazu auf, gesetzliche Bestimmungen zur Förderung der Baukultur im Rahmen der nächsten Kulturbotschaft 2025-2028 vorzuschlagen. Der Bundesrat hatte dieses Vorgehen der Auslagerung und die Motion zuvor unterstützt.
Im Anschluss stimmte der Rat über einen viel diskutierten Minderheitsantrag II Jauslin ab, welcher im Artikel über die ökologische Infrastruktur den festen Prozentsatz an Kerngebieten an der Landesfläche streichen wollte und stattdessen dafür plädierte, die Definition von Kerngebieten dem Bundesrat zu überlassen. Dieser solle dabei neben den Biotopen von nationaler Bedeutung auch so genannte Biodiversitätsgebiete von nationaler Bedeutung bezeichnen und die Ziele für diese Gebiete festlegen können. Die Kantone sollen gemäss Jauslin die zur Erreichung der Ziele notwendigen Massnahmen ergreifen und die Umsetzung sicherstellen. Ursula Schneider Schüttel legte als Sprecherin dieser Minderheit dar, dass eine Nutzung dieser Biodiversitätsgebiete und Vernetzungsgebiete durch die Landwirtschaft nicht ausgeschlossen sei. Auch könnten in diesen Gebieten alternative Energieerzeugungsanlagen betrieben werden. Die Kommissionsmehrheit wollte hingegen eine abschliessende Liste an Gebieten festlegen, welche als Kerngebiete kategorisiert werden können. Bundesrätin Sommaruga zeigte sich offen gegenüber dem Minderheitsantrag Jauslin, zumal damit womöglich gewisse Abwehrreflexe gegenüber dem fixen Flächenziel von 17 Prozent gestoppt werden könnten. In den Abstimmungen obsiegte der Antrag II Jauslin gegenüber der Kommissionsmehrheit und auch gegenüber zwei weiteren Minderheiten und einem Einzelantrag Müller-Altermatt. Diese Minderheitsanträge hatten einen Anteil der Kerngebiete an der Landesfläche von 30 Prozent (Klopfenstein Broggini), die Bekämpfung der Vergandung und Verwaldung der Landwirtschaftsflächen (Graber) sowie eine bessere Honorierung der Leistungen der Landwirtschaft (Müller-Altermatt) gefordert.

In einem zweiten Block der Detailberatung wurden weitere Änderungen des NHG sowie anderer Erlasse diskutiert. Dabei blieben alle Minderheitsanträge bis auf einen erfolglos. So lehnte der Rat etwa die erneut geforderte Streichung der Vernetzung von Schutzgebieten – dieses Mal der Biotope von nationaler Bedeutung – ab (Minderheit Rüegger; svp, OW) und konnte sich auch nicht für das Verbot der Übertragung von Vollzugsaufgaben an Private erwärmen (Minderheit Rösti; svp, BE). Abgelehnt wurde aber auch ein Antrag von links-grüner Seite, welcher die Vernetzung für bedrohte und prioritäre Tier- und Pflanzenarten stärker fördern wollte (Minderheit Clivaz). Hingegen vermochte sich die Minderheit Schneider Schüttel mit ihrem Anliegen, auch die Biotope von regionaler Bedeutung in den ökologischen Leistungsnachweis aufzunehmen, mit Stichentscheid von Ratspräsidentin Kälin (gp, AG) knapp durchzusetzen. Der Mehrheit folgend angenommen wurde sodann eine Ergänzung des JSG, wonach der Bundesrat im Einvernehmen mit den Kantonen Wildtierkorridore von überregionaler Bedeutung bezeichnen kann; diese dienen der grossräumigen Vernetzung der Lebensräume der Wildtiere.

In der Gesamtabstimmung sprach sich die grosse Kammer mit 104 zu 83 Stimmen bei 5 Enthaltungen für den Entwurf des indirekten Gegenvorschlags aus. Dagegen votierten die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, eine Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie einzelne Mitglieder der FDP.Liberalen-Fraktion. Bei der Abstimmung zur Volksinitiative sprach sich der Rat mehrheitlich dafür aus, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen (101 zu 72 Stimmen bei 19 Enthaltungen), wobei ähnliche Koalitionen zu beobachten waren wie bei der Abstimmung zum indirekten Gegenvorschlag; die Enthaltungen stammten zu einem grossen Teil von der GLP-Fraktion. Zudem verlängerte der Nationalrat die Behandlungsfrist für die Volksinitiative bis zum 8. März 2024.

Biodiversitätsinitiative (BRG 22.025)
Dossier: Biodiversitätsinitiative und indirekter Gegenvorschlag

Die grosse Kammer beschäftigte sich in der Sommersession 2022 mit dem stärkeren Einbezug der Wissenschaft in der Klimapolitik, wie ihn Ständerat Othmar Reichmuth (mitte, SZ) in einer Motion gefordert hatte. Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) und Michael Graber (svp, VS) erläuterten den Standpunkt der Mehrheit der UREK-NR, welche die Motion zur Ablehnung empfahl. Die Kommissionsmehrheit stimme mit dem Motionär überein, dass der Einbezug der Wissenschaft in der Politik – gerade in Klimafragen – von grösster Bedeutung sei. Sie kam jedoch zum Schluss, dass das Anliegen der Motion mit dem Mandat des UVEK an die SCNAT-Plattform ProClim bereits erfüllt sei. ProClim verfüge über ein breites interdisziplinäres Netzwerk an Forschenden in Klimafragen. Zudem sei es besser, «für einzelne Fragen ad hoc die zu konsultierenden Kreise beizuziehen», anstatt ein eigenes Sekretariat mit entsprechenden Kosten- und Bürokratiefolgen einzurichten, so Graber. Die Kompetenz von ProClim wollte auch Minderheitensprecherin Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR) nicht in Frage stellen. Sie vertrat jedoch die Ansicht, dass es noch mehr brauche, um den Herausforderungen in der Klimapolitik beizukommen. So sei ProClim beispielsweise alleine vom UVEK mandatiert worden, der Klimawandel betreffe aber alle Departemente. Daher müsse ein Expertengremium alle Departemente beraten. Auch müsse eine solche Expertengruppe die ganze Vielfalt der Akteurinnen und Akteure abbilden, also auch Personen aus der Zivilgesellschaft sowie der Wirtschaft. Die Mehrheit des Nationalrates sah dies indes anders und lehnte die Motion mit 97 zu 72 Stimmen bei 13 Enthaltungen ab. Neben der FDP.Liberalen- und der SVP-Fraktion stimmte auch die gesamte SP-Fraktion gegen den Vorstoss.

Einbezug der Wissenschaft in der Klimapolitik stärken (Mo. 21.4182)

Afin de simplifier le passage à des systèmes de chauffage durables, et notamment supprimer les obstacles à l'installation de pompes à chaleur, la Commission de l'environnement, de l'aménagement du territoire et de l'énergie du Conseil national (CEATE-CE) recommande, par 18 voix contre 3 et 3 abstentions, une modernisation de l'ordonnance sur la protection contre le bruit (OPB). D'après la majorité de la CEATE-CN, le principe de précaution général inscrit dans l'OPB est un frein à un remplacement des chauffages avec des combustibles fossiles par des pompes à chaleur. La CEATE-CN précise que l'OPB date de l'année 1987 et que certaines des exigences ne sont plus en adéquation avec les évolutions techniques récentes. Une minorité de la CEATE-CN s'est opposée à la motion. Cette minorité est composée uniquement des deux députées socialistes Gabriela Suter (ps, AG) et Ursula Schneider Schüttel (ps, FR).
Si le Conseil fédéral a rejoint les préoccupations de la CEATE-CN, il s'est tout de même opposé à la motion. Il a indiqué que la problématique avait déjà été soulevée par la motion 21.4381 et que des solutions à court-terme ainsi qu'une éventuelle révision de l'OPB étaient en cours d'élaboration. Le Conseil fédéral a d'ailleurs précisé, qu'en cas d'acceptation, il proposerait à la deuxième chambre de modifier la motion afin de l'orienter vers une harmonisation et une simplification de la gestion des mesures de précaution relatives à l'installation de pompes à chaleur.
En chambre, la motion a été largement adoptée par 158 voix contre 11 et 14 abstentions. Les députés et députées réfractaires à la motion proviennent des rangs de l'UDC (7), du PS (3) et du groupe du Centre (1).

Simplifier le passage à des systèmes de chauffage modernes (Mo. 22.3388)

In der Sommersession 2022 behandelte zuerst der Nationalrat die Staatsrechnung 2021 und begann die Diskussion mit einer allgemeinen Aussprache. Michel Matter (glp, GE) und Mike Egger (svp, SG) stellten dem Rat die Staatsrechnung mit einem erneuten Rekorddefizit vor. Das Defizit von CHF 12.2 Mrd. sei auf die ausserordentlichen, Corona-bedingten Ausgaben zurückzuführen, betonte Michel Matter – und setzte die Unterstützungsmassnahmen in der Folge mit der wirtschaftlichen Erholung und einem BIP-Wachstum von 3.6 Prozent im Jahr 2021 in direkten Zusammenhang. Überdies hob er den Anstieg an Einnahmen, aber auch an Ausgaben hervor.
Die Fraktionssprecherinnen und -sprecher stellten in ihren Reden unterschiedliche Aspekte der Staatsrechnung in den Mittelpunkt. Sandra Sollberger (svp, BL) und Alex Farinelli (fdp, TI) erachteten in ihren Voten die steigenden Ausgaben als problematisch und forderten eine strikte Einhaltung der Schuldenbremse sowie Zurückhaltung bei neuen Ausgaben. Demgegenüber zeigte sich Alois Gmür (mitte, SZ) vor allem erfreut darüber, dass die bewilligten Covid-19-Kredite von CHF 25 Mrd. nicht vollständig ausgeschöpft worden seien – CHF 11 Mrd. davon habe der Bund «dank dem liberalen Kurs des Bundesrates und des Parlamentes bei der Bewältigung der Pandemie» nicht benötigt. Diesen Aspekt hob auch Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) hervor, die sich aber mit der geforderten Sparsamkeit der SVP- und FDP-Fraktion nicht einverstanden zeigte: Etwa die Bekämpfung der Klimakrise bedürfe weiterer grosser finanzieller Mittel, forderte sie. Gerhard Andrey (gp, FR) nahm insbesondere den Abbau der ausserordentlich verbuchten Covid-19-Schulden in der Höhe von CHF 20.3 Mrd. ins Visier, für welche er die Verwendung der Überschüsse auf dem Ausgleichskonto bewarb. Auch Finanzminister Maurer stellte den eine Woche später zur Debatte stehenden Schuldenabbau ins Zentrum und forderte «für die künftigen Jahre wieder eine hohe Finanzdisziplin». Roland Fischer (glp, LU) hingegen störte sich an den zwei Vorbehalten, welche die EFK zur Staatsrechnung vorgebracht hatte. Einerseits kritisierte die Finanzkontrolle die Verbuchung von Covid-19-Härtefallmassnahmen für das Jahr 2021, da die Kantone die entsprechenden Kosten noch nicht definitiv in Rechnung gestellt hatten. In der Finanzierungsrechnung dürfen jedoch nur bereits erfolgte Ein- oder Auszahlungen verbucht werden. Diese Problematik stellte sich aber zum letzten Mal, da der Bund seine Staatsrechnung ab nächstem Jahr von der Finanzierungs- auf die Erfolgsrechnung umstellt. Der Finanzminister argumentierte, dass man aufgrund einer gemeinsamen Datenbank die Höhe der kantonalen Härtefallhilfen per Ende 2021 kenne und er eine solche Verbuchung aufgrund der Periodengerechtigkeit bevorzuge. Andererseits störte sich die EFK an den Rückstellungen zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer, die der Bundesrat sowohl in der Erfolgs-, als auch in der Finanzierungsrechnung ausweist, obwohl diese weder Einnahmen noch Ausgaben darstellen. Diese Buchungen «entsprechen nicht den aktuellen gesetzlichen Grundlagen», kritisierte Fischer. Man habe diese Rückstellungen nun während vier Jahren vorgenommen und das Parlament habe sie jeweils oppositionslos verabschiedet, erwiderte der Finanzminister. Zudem löse sich ja auch diese Problematik 2023 mit der Umstellung auf die Erfolgsrechnung von alleine. Trotz dieser Vorbehalte empfahl die EFK die Staatsrechnung zur Annahme, die Kommission zeigte sich damit einverstanden und formulierte keine Änderungsanträge. Hingegen verlangte eine Minderheit Andrey, dass die gesamten Ausschüttungen der SNB jedes Jahr gleich und somit wie im Vorjahr als ordentliche, nicht wie vom Bundesrat vorgesehen als ausserordentliche Einnahmen verbucht würden. Der Finanzminister erläuterte, dass sich die Situation gegenüber dem Jahr 2020 verändert habe: Die neue, seit 2021 geltende Vereinbarung mit der SNB unterscheide einen Grundbetrag von CHF 666 Mio., welchen man jedes Jahr ordentlich verbuchen wolle. Möglich seien aber auch Zusatzausschüttungen in der Höhe von bis CHF 4 Mrd., wovon der Bund maximal 1.3 Mrd. erhält. Diese Zusatzausschüttungen, die für das Jahr 2021 CHF 1.3 Mrd. betragen, seien jedoch deutlich unsicherer, weshalb der Bundesrat sie als ausserordentliche Einnahmen verbuchen möchte, um bei ihrem Wegfall keinen Fehlbetrag in der ordentlichen Rechnung aufzuweisen. Mit 125 zu 67 Stimmen lehnte der Nationalrat den Minderheitsantrag Andrey gegen den Willen der Grünen- und der SP-Fraktion ab. In der Gesamtabstimmung sprach sich der Rat mit 191 zu 1 Stimme (von Erich Hess; svp, BE) für Annahme der Staatsrechnung 2021 aus und hiess auch die Rechnung des Bahninfrastrukturfonds und des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2021 gut.

Im Ständerat blieb zwei Tage später eine Diskussion zur Staatsrechnung aus. Auch Kommissionssprecherin Gapany (fdp, FR) verwies in der Präsentation der Rechnung auf die Vorbehalte der EFK, empfahl die Staatsrechnung aber im Namen der Kommission zur Genehmigung. Einstimmig mit 40 zu 0 Stimmen folgte der Ständerat diesem Antrag und nahm ebenfalls auch die Rechnungen des Bahninfrastrukturfonds und des Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2021 einstimmig an.

Staatsrechnung 2021 (BRG 22.003)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung
Dossier: Staatsrechnungen (seit 1991)

Im Oktober 2021 entschied die UREK-NR mit 13 zu 11 Stimmen, eine Kommissionsmotion einzureichen, welche den Bundesrat aufforderte, dem Parlament gesetzliche Grundlagen zu unterbreiten, damit illegale Bauten ausserhalb der Bauzonen nach 30 Jahren verjähren können und nicht mehr abgerissen werden müssen. Auslöser für diese Motion war ein Urteil des Bundesgerichts vom April 2021, in dem dieses zum Schluss kam, dass bei Bauten ausserhalb der Bauzone – anders als bei Bauten innerhalb von Bauzonen – nach 30 Jahren keine Verwirkung der Pflicht zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustandes besteht. Die Kommission begründete ihre Motion mit der Ungleichbehandlung von Bauten innerhalb und ausserhalb von Bauzonen sowie damit, dass «die Anwendung des Bundesgerichtsurteils für die zuständigen Behörden in den Kantonen und Gemeinden einen unverhältnismässigen, nicht zu bewältigenden Aufwand mit sich bringen» würde. Neben einer Kommissionsminderheit empfahl auch der Bundesrat die Motion zur Ablehnung. Die in der Motion verlangten Gesetzesänderungen würden faktisch die Personen, welche illegal bauen, gegenüber denjenigen Personen, welche sich an die Regeln halten, besser stellen, so der Bundesrat. Zudem würden sich Verstösse gegen die Trennung von Bau- und Nichtbauzonen in empfindlichem Mass auf Landschaft, Natur und Umwelt auswirken. Ausserdem gebe es zahlreiche Verzögerungsmöglichkeiten, wegen denen es für eine Gemeinde schwierig sei, ein Verfahren innerhalb von 30 Jahren abzuschliessen, wenn alle nötigen behördlichen Entscheide konsequent angefochten werden. Schliesslich sei auch nur ein Bruchteil aller Bauten ausserhalb der Bauzone illegal gebaut, weshalb die Umsetzung des BGer-Urteils zu bewältigen sein sollte.

Der Nationalrat debattierte in der Frühjahrssession 2022 über die Motion der UREK. Mike Egger (svp, SG) und Christine Bulliard-Marbach (mitte, FR) vertraten dabei die Mehrheit der Kommission, welche die Pflicht zur Wiederherstellung des alten Zustands nach über 30 Jahren als nicht verhältnismässig erachtete. Gegen die Motion sprachen sich die Vertreterin der Kommissionminderheit, Ursula Schneider Schüttel (sp, FR), sowie Bundesrätin Simonetta Sommaruga aus. Schneider Schüttel unterstrich, dass die Trennung von Baugebiet und Nichtbaugebiet ein fundamentales Prinzip in der Raumplanung darstelle und dieses verfassungsmässige Trennungsprinzip verteidigt werden müsse. Ausserdem gebe es gute Gründe für eine Ungleichbehandlung von Bauten in Bau- und Nichtbauzonen, etwa dass illegale Bauten innerhalb der Bauzonen früher oder später wieder korrigiert würden, was ausserhalb der Bauzonen nicht unbedingt der Fall sei. Sommaruga fügte an, dass der Vorschlag der Kommission mit beträchtlichem Mehraufwand für die lokalen Behörden verbunden sei, da diese nicht nur feststellen müssten, ob eine Baute illegal erstellt, sondern auch ob sie vor weniger oder mehr als 30 Jahren gebaut worden war. Die Debatte wurde sehr emotional geführt und sowohl Schneider Schüttel als auch Sommaruga mussten zahlreiche Fragen zu ihren Voten beantworten. Zum Schluss liess sich Marcel Dettling (svp, SZ) zu der Frage hinreissen, warum sich Bundesrätin Sommaruga nicht mit dem gleichen Herzblut gegen Mörder einsetze, obwohl Mord ja auch nach 30 Jahren verjähre. Sommaruga antwortete darauf, dies sei «keine Frage, sondern eine böswillige Unterstellung». Schlussendlich sprach sich der Nationalrat mit 92 zu 84 Stimmen (bei 1 Enthaltung) knapp für die Motion aus. Die geschlossen stimmende Fraktion der SVP sowie Mehrheiten der Mitte- und der FDP-Fraktionen verhalfen dem Vorstoss zur Annahme in der grossen Kammer.

Verjährung der Pflicht zur Wiederherstellung des rechtmässigen Zustands ausserhalb der Bauzonen (Mo. 21.4334)
Dossier: Bauen ausserhalb der Bauzonen

Mit der Problematik der gebundenen Ausgaben setzte sich die FK-NR im Oktober 2021 auseinander. Sie verlangte ein langfristiges Management der gebundenen Ausgaben in Form eines Berichts, in dem diejenigen Bereiche der gebundenen Ausgaben, deren Anstieg denjenigen der Bundeseinnahmen übersteigen, ausgewiesen werden sollen. Zudem sollen Massnahmen zu einer Verlangsamung des Anstiegs der entsprechenden Kosten, die finanziellen Auswirkungen dieser Massnahmen sowie die dafür nötigen Rechtsbestimmungen ausgewiesen werden. Das Postulat sei eine Reaktion auf die Aktualisierung des Berichts über die gebundenen Ausgaben des Bundes, die den starken Anstieg der gebundenen Ausgaben um 10 Prozent innert 10 Jahren aufgezeigt habe. Gleichzeitig solle mit dem Bericht auch eine Umsetzungsmöglichkeit für die Kommissionsmotion Mo. 17.3259 aufgezeigt werden. Der Bundesrat erachtete die vom Postulat aufgeworfenen Fragen jedoch mit der Aktualisierung des Berichts von 2017 grösstenteils als beantwortet. So sei bereits bekannt, dass der Bundesbeitrag an die AHV, die Ergänzungsleistungen und der Beitrag an die Prämienverbilligungen schneller wachsen als die Einnahmen, und auch Reformvorschläge und die dafür nötigen Gesetzesänderungen seien im Bericht skizziert worden. Die Auswirkungen dieser Massnahmen unterschieden sich schliesslich vor allem danach, ob die Massnahmen leistungs- oder finanzierungsseitig erfolgten. Der Nationalrat widersprach hingegen dieser Einschätzung der Regierung und nahm das Postulat in der Frühjahrssession 2022 mit 98 zu 71 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Ein Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR), welche die Ablehnung des Postulats beantragt hatte, fand bei den Fraktionen der SP und der Grünen, bei der Hälfte der Mitte-Fraktion und bei einem Mitglied der FDP.Liberalen-Fraktion Zustimmung.

Langfristiges Management der gebundenen Ausgaben

In den folgenden Tagen machte sich das Parlament an die Bereinigung der acht verbliebenen Differenzen zum Voranschlag 2022. Bereits in der ersten Runde bereinigte der Ständerat drei offene Fragen, obwohl die FK-SR in fast allen Punkten Festhalten empfohlen hatte. So folgte die kleine Kammer bezüglich der Krediterhöhung für die sieben verschiedenen Familienorganisationen in der Höhe von CHF 1 Mio. (auch in den Finanzplanjahren) einer Minderheit Gapany (fdp, FR) statt der Kommissionsmehrheit, welche auf die Erhöhung verzichten wollte. Mehrheitssprecher Hegglin (mitte, ZG) hatte zuvor vergeblich argumentiert, dass «Mittel in dieser Grössenordnung» – Finanzminister Maurer sprach gar von «Bagatellbeträgen» – vermehrt durch nachgelagerte öffentliche Institutionen statt durch den Bund gesprochen werden sollten. Seit 2016 sei der Kredit der Familienorganisationen gleichgeblieben, obwohl ihre Aufgaben zugenommen hätten, betonte die Minderheitensprecherin. Ein Verzicht auf die Aufstockung würde folglich eine Einschränkung der Leistung nach sich ziehen. Mit 20 zu 19 Stimmen bereinigte der Ständerat diese Differenz knapp. Keine Diskussionen gab es bezüglich der Schaffung von neuen Sollwerten beim VBS zur Senkung der Bruttomietkosten und beim SECO zur Erhöhung der Anzahl Freihandelsabkommen – beide Änderungen akzeptierte der Ständerat stillschweigend.

Der Nationalrat bereinigte im Gegenzug die Differenzen bezüglich des Bundesamtes für Energie, wobei er auf die zusätzliche Aufstockung zugunsten des Programms EnergieSchweiz verzichtete. Dabei folgte sie der FK-NR, die beantragt hatte, dem Ständerat entgegenzukommen und dessen mildere Aufstockung von CHF 5.6 Mio. gegenüber der bundesrätlichen Position zu übernehmen. Dieser Kredit stehe nicht direkt mit dem CO2-Gesetz in Verbindung, weshalb eine Aufstockung durchaus gerechtfertigt sei, argumentierte Kommissionssprecher Brélaz (gp, VD). Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) wollte zumindest in den Finanzplanjahren gänzlich auf eine Aufstockung verzichten, unterlag jedoch mit 134 zu 56 Stimmen. Die zusätzliche Erhöhung der Darlehen und Beteiligungen für die Entwicklungsländer, insbesondere des SIFEM, strich der Nationalrat überdies aus dem Budget, wie es der Ständerat zuvor vorgesehen hatte.

In der zweiten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens blieben damit nur noch die Fragen der Krediterhöhung zugunsten des Kinderschutzes, der Kürzung der Personalausgaben sowie der Verbuchung der Covid-19-Arzneimittel und -Impfleistungen, die von der Höhe der zusätzlichen Ausgaben und somit von den anderen beiden Entscheiden abhängig war. Der Ständerat pflichtete der grossen Kammer in der Folge bezüglich des Kinderschutzes bei, wohlwissentlich, dass «diese Mittel nicht verwendet werden können, solange nicht rechtliche Grundlagen dafür bestehen», wie Kommissionssprecher Hegglin betonte. Dabei verzichtete er aber auf eine Zuschreibung dieser Gelder in den Planungsgrössen an die «Ombudsstelle Kinderrechte Schweiz». Stillschweigend und mit Zustimmung des Finanzministers sprach sich der Ständerat für diese Lösung aus.

In der Folge verzichtete der Nationalrat auf die Umbuchung des Arzneimittelkredits, was Kommissionssprecher Brélaz mit dem Verfahren der Budgetbereinigung begründete: Liegt am Ende der Budgetdebatte eine Differenz zwischen den Räten vor, wird jeweils der tiefere Betrag im Budget verwendet. In diesem Fall würde das aber bedeuten, dass die entsprechenden Kosten weder ordentlich noch ausserordentlich verbucht werden könnten – der Nationalrat hatte bei der ordentlichen Verbuchung den Wert 0 vorgesehen, der Ständerat bei der ausserordentlichen Verbuchung. Mit der stillschweigenden Entscheidung des Nationalrates, hier einzulenken, rechnete der Bund jedoch nur noch mit einem Überschuss von CHF 1.8 Mio. – es bliebe also nicht mehr viel Geld für ordentliche Nachträge, wie die beiden Kommissionssprechenden Brélaz und Wyss (sp, BS) erläuterten. Jedoch könne die Administration im ersten Nachtrag 2022 die Kreditreste für das Jahr 2022 abschätzen – anschliessend seien Nachträge in dieser Höhe gemäss FHG weiterhin möglich. Man habe diesen Mehraufwand für die Verwaltung insbesondere in Anbetracht des Antrags auf Querschnittskürzungen bei den Personalausgaben verhindern wollen. Diesen letzten Punkt zu den Personalausgaben konnte der Nationalrat trotz eines Minderheitsantrags Schilliger (fdp, LU) auf Einlenken nicht bereinigen – die Frage musste folglich in der Einigungskonferenz geklärt werden.

In der Einigungskonferenz war der Ständerat aufgrund der Regeln der Budgetdebatte in einer ungemein stärkeren Position – bei Ablehnung des Antrags der Einigungskonferenz würde sein (tieferer) Betrag ins Budget aufgenommen. Die FK-NR habe eine Verständigungslösung präsentiert, die jedoch kaum diskutiert worden sei, kritisierte Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) die Debatte in der Einigungskonferenz während der anschliessenden Ratsdebatte. Der Ständerat habe sich in der Einigungskonferenz folglich durchgesetzt. Mit 119 zu 69 Stimmen respektive 37 zu 0 Stimmen sprachen sich National- und Ständerat für deren Antrag zum Voranschlag 2022 aus. Trotz eines Minderheitsantrags Schneider Schüttel auf Ablehnung des Antrags der Einigungskonferenz für die Finanzplanjahre setzte sich der Vorschlag der Einigungskonferenz im Nationalrat (mit 103 zu 87 Stimmen) und im Ständerat (mit 27 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen) ebenfalls durch. Somit wurden die Personalausgaben gegenüber der bundesrätlichen Version für das Jahr 2022 sowie für die Finanzplanjahre um CHF 21 Mio. (von CHF 6.1 Mrd.) gekürzt, um den Bundesrat aufzufordern, «nach Synergien über die ganze Verwaltung zu suchen», wie FK-SR-Sprecher Hegglin die Kürzung begründete.

Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 (BRG 21.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Der Ständerat nahm sich in der Wintersession 2021 als Zweitrat der Motion der SPK-NR für Landesverweisungen per Strafbefehl bei leichten, aber eindeutigen Fällen an. Die SPK-SR hatte sich zuvor mit dem Vorstoss auseinandergesetzt und die Ablehnung der ersten beiden von insgesamt drei Forderungen der Motion beantragt. Die Möglichkeiten der Anordnung einer Landesverweisung per Strafbefehl durch die Staatsanwaltschaft sowie nach einem Ausschluss der obligatorischen Strafverteidigung würden erhebliche Bedenken bezüglich der Rechtsstaatlichkeit aufwerfen, so die Begründung der Kommission. Anders als bei der bereits früher überwiesenen Motion Müller (fdp, AG; Mo. 18.3408) betreffe die erste Forderung der vorliegenden Motion neben den Kriminaltouristinnen und -touristen auch gut integrierte Personen mit einem anderen ausländerrechtlichen Status. Die Kommission war der Ansicht, dass die zusätzlichen Kompetenzen der Staatsanwaltschaft ausschliesslich den Kriminaltourismus betreffen dürften. Zudem könnten sich insbesondere Personen, welche keiner Landessprache mächtig sind, ohne eine obligatorische Strafverteidigung kaum gegen einen Landesverweis wehren. Mit der dritten Forderung, dass der Bundesrat einen Vorschlag zur Präzisierung der Katalogstraftaten vorlegen solle, war die Kommission hingegen einverstanden und beantragte deshalb deren Annahme. Justizministerin Karin Keller-Sutter stellte im Plenum klar, dass es dem Bundesrat hierbei lediglich um ein politisches Signal des Parlaments gehe, das ihm die Richtung zur Umsetzung der Motion Müller zeigen solle. Die Regierung schloss sich daher dem Antrag der Kommission an. Stillschweigend lehnten die Mitglieder des Ständerats in der Folge die ersten zwei Forderungen der Motion ab und nahmen die dritte Forderung an.

Landesverweisungen per Strafbefehl bei leichten, aber eindeutigen Fällen (Mo. 21.3009)

Einen Tag nach dem Ständerat machte sich auch der Nationalrat an die Beratung des Voranschlags der Eidgenossenschaft 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025. Sarah Wyss (sp, BS) und Daniel Brélaz (gp, VD) präsentierten dem Rat das Budget aus Sicht der Mehrheit der FK-NR: Der Bundesrat habe ordentliche Ausgaben in der Höhe von 77.7 Mrd. und ausserordentliche Ausgaben von CHF 3.0 Mrd. vorgesehen. Bei ordentlichen Einnahmen von CHF 77.1 Mrd. und ausserordentlichen Einnahmen von CHF 1.5 Mrd. bleibe damit aufgrund der Schuldenbremse ein struktureller Überschuss und somit ein Handlungsspielraum von CHF 44 Mio. Die Kommissionsmehrheit plane «kleinere Adjustierungen» mit Mehrausgaben von CHF 273 Mio. Bei 12 Mehrheitsanträgen zur Schaffung von Differenzen zum Ständerat lagen der grossen Kammer in der Folge auch etwa 40 Minderheitsanträge vor, grösstenteils von der SVP- oder der SP- und der Grünen-Fraktion. Differenzen zum Erstrat schuf der Nationalrat dabei jedoch nur wenige, zeigte sich dabei aber mehrheitlich grosszügiger als der Erstrat.

In der Eintretensdebatte hoben die Fraktionssprecherinnen und -sprecher erneut die spezielle Situation aufgrund der noch immer nicht ganz überstandenen Corona-Pandemie hervor, beurteilten diese aber sehr unterschiedlich. So sprach etwa Lars Guggisberg (svp, BE) von einer «düsteren» Situation aufgrund des grossen Anstiegs der Nettoschulden, während FDP-Sprecher Alex Farinelli (fdp, TI) zwar das Defizit beklagte, aber auch den langfristigen Nutzen der entsprechenden Ausgaben hervorhob. Optimistischer zeigten sich die übrigen Kommissionssprechenden. Michel Matter (glp, GE) schätzte etwa die Situation der Schweiz als «solide» ein, Alois Gmür (mitte, SZ) zeigte sich erfreut über die insgesamt gute Situation der Schweizer Wirtschaft, verwies jedoch auch auf die noch immer stark leidenden Branchen. Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) und Felix Wettstein (gp, SO) strichen schliesslich die im Vergleich zum Ausland «gute Schuldensituation» (Schneider Schüttel) heraus. Finanzminister Maurer bat den Rat im Hinblick auf den härter werdenden «internationale[n] Konkurrenz- und Verdrängungskampf» um Zurückhaltung bei zusätzlichen Ausgaben.

Mit den mahnenden Worten des Finanzministers in den Ohren startete der Nationalrat in die Detailberatung von Block 1 zu Beziehungen zum Ausland und zur Migration. Hier schuf er zwei Differenzen zum Ständerat: So wollte die Kommissionsmehrheit den Kredit zuhanden des SECO für Darlehen und Beteiligungen an Entwicklungsländer gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 10 Mio. erhöhen und damit die Reduktion gegenüber dem Vorjahr rückgängig machen. Der Bundesrat habe bei der Sifem, der Entwicklungsfinanzierungsgesellschaft des Bundes, bereits 2020 CHF 10 Mio. zusätzlich zur Milderung der Corona-Probleme eingeschossen – diese sollen nun kompensiert werden, erklärte Minderheitensprecher Egger (svp, SG), der den Kürzungsantrag vertrat, die Differenz zum Vorjahr. Da dieser Nachtragskredit damals aber vollständig kompensiert worden sei, erachtete die Kommissionsmehrheit diese Kürzung nicht als angebracht und setzte sich im Rat mit 107 zu 74 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) durch. Ohne Minderheitsantrag erhöhte der Nationalrat zudem auf Antrag seiner Kommission den Sollwert für die Mindestanzahl Freihandelsabkommen für die Finanzplanjahre 2024 und 2025. Der Bundesrat hatte hier für die Finanzplanjahre jeweils 34 Freihandelsabkommen vorgesehen, die Kommission erhöhte diese Zahl auf 35 (2024) respektive 36 (2025).
Im Vorfeld der Budgetdebatte hatte der Vorschlag der APK-NR, dass die Schweiz eine dritte Kohäsionsmilliarde sprechen und sich damit quasi eine Beteiligung an verschiedenen Projekten, unter anderem an Horizon, erkaufen könne, für mediale Aufmerksamkeit gesorgt. Auf Antrag der APK-NR beantragte die Mehrheit der FK-NR nun dem Nationalrat, eine dritte Beteiligung der Schweiz an der Erweiterung der EU 2019-2024 in der Höhe von CHF 953.1 Mio. freizugeben, diese aber von einer bis Ende Juni 2022 unterzeichneten Assoziierungsvereinbarungen zwischen der Schweiz und der Europäischen Union zur Teilnahme an verschiedenen laufenden EU-Programmen abhängig zu machen. Eine Minderheit Guggisberg beantragte in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Streichung dieses zusätzlichen Kreditpostens. Finanzminister Maurer bat den Rat eindringlich darum, darauf zu verzichten, da man sich «mit einer solchen Aufstockung in Brüssel eher blamieren würde […]. Die Erwartungen in Brüssel sind völlig anderer Natur; sie bestehen nicht darin, dass wir hier einfach etwas bezahlen, und dann läuft alles.» Mit 93 zu 84 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) folgte der Nationalrat der Minderheit. Die (fast) geschlossen stimmenden Fraktionen der SVP und der FDP.Liberalen sowie die Mehrheit der Mitte-Fraktion setzten sich in dieser Frage durch.
Ansonsten lagen in diesem Block verschiedene Minderheitenanträge von linker und rechter Ratsseite für Aufstockungen und Kürzungen vor, die jedoch allesamt erfolglos blieben, etwa eine Aufstockung des Budgets des EDA für humanitäre Aktionen zugunsten des Engagements in Afghanistan und den umliegenden Ländern (Minderheit Friedl: sp, SG), eine Erhöhung des Kredits für zivile Konfliktbearbeitung und Menschenrechte (Minderheit Badertscher: gp, BE) und einen erneuten Beitrag von CHF 300'000 an den Access to Tools Accelerator (Minderheit Friedl) sowie auf der anderen Seite eine Reduktion der Beiträge an multilaterale Organisationen, an die Entwicklungszusammenarbeit und an die Länder des Ostens (Minderheiten Grin: svp, VD).

Im zweiten Block zu den Themen «Kultur, Bildung, Forschung und Sport» schuf der Nationalrat keine Differenzen zum Erstrat. Er folgte dem Ständerat bei seiner Aufstockung des Kredits für Sportverbände und andere Organisationen um CHF 660'000, mit der – wie in den Planungsgrössen vermerkt wurde – eine unabhängige nationale Anlauf- und Meldestelle für Misshandlungen im Schweizer Sport geschaffen werden sollte. Eine Minderheit Sollberger (svp, BL) unterlag mit ihrem Antrag auf Streichung der Aufstockung mit 112 zu 69 Stimmen (bei 4 Enthaltungen). Auch die vom Ständerat vorgenommenen Aufstockungen beim Bundesamt für Meteorologie und Klimatologie hiess der Nationalrat entgegen zweier Minderheitsanträge Egger deutlich gut (129 zu 55 Stimmen bei 1 Enthaltung respektive 129 zu 56 Stimmen). Abgelehnt wurden in der Folge auch verschiedene Streichungsanträge Nicolet (svp, VD), Schilliger (fdp, LU) und Sollberger bei den Covid-19-Leistungsvereinbarungen zur Kultur, bei der Covid-19-Soforthilfe für Kulturschaffende und Kulturvereine im Laienbereich sowie bei den Covid-19-Finanzhilfen.

Verschiedene Differenzen zum Erstrat entstanden hingegen im dritten Block zur sozialen Wohlfahrt und Gesundheit. So erhöhte der Nationalrat auf Antrag der Kommissionsmehrheit die Gelder für die Familienorganisationen bei den Krediten des BSV, die Finanzhilfen unter anderem zur Elternbildung oder zur familienergänzenden Kinderbetreuung beinhalten, im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 1 Mio. Der Bundesrat und eine Minderheit Guggisberg hatten die Ablehnung der Aufstockung beantragt, zumal für eine solche Unterstützung auch institutionelle Voraussetzungen geschaffen werden müssten. Auch den Kredit für den Kinderschutz und die Kinderrechte erhöhte die grosse Kammer um CHF 390'000, um damit die privatrechtliche Stiftung «Ombudsstelle Kinderrechte Schweiz» zu finanzieren, deren Schaffung eine angenommene Motion Noser (fdp, ZH; Mo. 19.3633) verlangt hatte. Der Bundesrat hatte sich gegen diese Aufstockung gestellt, zumal die rechtliche Grundlage für diesen Kredit noch nicht bestehe. «Wir können ja nicht Gelder einsetzen, wenn wir dafür keine legale Grundlage haben», betonte Finanzminister Maurer. Kommissionssprecher Brélaz argumentierte hingegen, man können nicht «tout contrôler pendant deux-trois ans», bevor man damit beginnt, die Gelder einzusetzen.
Abgelehnt wurden in diesem Block Anträge auf Kreditkürzungen bei der Gleichstellung von Frau und Mann, die eine Minderheit Sollberger beantragt hatte. Eine Plafonierung gegenüber dem Vorjahr hätte gemäss Sollberger «keinen Einfluss auf weniger oder mehr Gleichstellung». Ebenfalls erfolglos blieb ein Antrag Glarner (svp, AG) auf Streichung des Beitrags an ein spezifisches Projekt des Vereins Netzcourage sowie ein Minderheitsantrag Nicolet zur Änderung der Planungsgrössen zur Bundesfinanzierung der Covid-19-Tests: Diese sollte nur solange gewährt werden, wie die Covid-19-Zertifikatspflicht gilt. Auch ein Minderheitsantrag Schilliger, der die Leistungen des Erwerbsersatzes mit Verweis auf die vierte Revision des Covid-19-Gesetzes nur bis Ende Juni 2022 gewähren und die Covid-19-Situation anschliessend neu beurteilt wissen wollte, fand keine Mehrheit.

Auch im vierten Block zu Landwirtschaft, Tourismus und Steuern wich der Nationalrat in einem Punkt von den Entscheiden des Ständerates ab: Bei der Nachmeldung für ein Tourismus-Recovery-Programm von CHF 17 Mio. wollte die Kommission die Gelder zu je 50 Prozent für Marketingkampagnen von Schweiz Tourismus und für Entlastungszahlungen an touristische Partnerorganisationen verwenden. Der Bundesrat und der Ständerat hatten keine entsprechenden Einschränkungen vorgenommen, weshalb gemäss den beiden Kommissionssprechenden wie üblich zwei Drittel in die gesamtschweizerischen Marketingkampagnen fliessen würden. Jedoch sei eine Werbekampagne in Südafrika momentan – auch aus ökologischer Sicht – nicht «unbedingt gerade unser Hauptziel», betonte Kommissionssprecherin Wyss. Stillschweigend stimmte der Nationalrat diesem Antrag seiner Kommission zu.
Hingegen folgte der Nationalrat dem Ständerat in diesem Block bei der Erhöhung der Zulagen für die Milchwirtschaft und den Beihilfen für den Pflanzenbau. Eine Minderheit Munz (sp, SH) hatte beantragt, auf erstere Erhöhung zu verzichten und dem Bundesrat zu folgen. Der Bundesrat wolle die Verkehrsmilchzulage erhöhen, aber die Verkäsungszulage senken, da Letztere aufgrund von Fehlanreizen zu einer zu grossen Menge Käse von geringer Qualität führe. Die von der Kommission beantragte Erhöhung zugunsten der Verkäsungszulage würde folglich die bisherige Marktverzerrung noch zementieren. Finanzminister Maurer wies überdies darauf hin, dass man entsprechende Erhöhungen – falls nötig – lieber erst mit den Nachtragskrediten vorlegen würde, wenn man die dazugehörigen Zahlen kenne. Mit 105 zu 61 Stimmen (bei 20 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat jedoch für die Erhöhung aus. Die ablehnenden Stimmen stammten grösstenteils von der SP-, einer Mehrheit der GLP- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion, die Enthaltungen grösstenteils von der Grünen-Fraktion.
Auch in diesem Block blieben zwei Minderheitsanträge erfolglos: Eine Minderheit I Fischer (glp, LU) und eine Minderheit II Gysi (sp, SG) unterlagen mit Anträgen auf Erhöhungen bei der direkten Bundessteuer respektive bei der Mehrwertsteuer, beim Globalbudget der ESTV sowie in den Finanzplanjahren. Die zusätzlichen Mittel sollten zur Schaffung von je fünf zusätzlichen Steuerkontrollstellen und somit zur Erhöhung des Steuerertrags eingesetzt werden und sich so mittelfristig quasi selbst finanzieren.

Im fünften Block zu Verkehr, Umwelt, Energie und Raumplanung entschied sich der Nationalrat bezüglich zweier Punkte zum Bundesamt für Energie anders als der Ständerat. Letzterer hatte den Kredit für das Globalbudget des BFE sowie für das Programm EnergieSchweiz gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf erhöht. Die Mehrheit der FK-NR beantragte nun bei beiden Kreditposten eine zusätzliche Erhöhung um CHF 2.9 respektive CHF 8.3 Mio., wobei die zusätzlichen Gelder beim Globalbudget zur Finanzierung des durch die Erhöhung beim Programm EnergieSchweiz begründeten Aufwands eingesetzt werden sollten. Damit wollte die Kommission gemäss ihrem Sprecher Brélaz in den wenigen Bereichen, in denen die Finanzierung entsprechender Projekte über das Bundesbudget läuft, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes erste Massnahmen zum Klimaschutz treffen. Eine Minderheit Egger sprach sich gegen die Erhöhung aus, zumal im Energiebereich zuerst die Problematik der Stromversorgungslücke gelöst werden müsse. Finanzminister Maurer wehrte sich vor allem dagegen, nach der Ablehnung des CO2-Gesetzes einzelne Punkte «quasi durch die Hintertüre einfach wieder aufs Tapet» zu bringen. Mit 115 zu 67 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) hiess der Nationalrat die Erhöhung jedoch gut, abgelehnt wurde sie von einer Mehrheit der SVP-, der Hälfte der Mitte- und einer Minderheit der FDP.Liberalen-Fraktion.
Erhöht gegenüber dem bundesrätlichen Antrag wurde auch der Kredit für das Globalbudget des ARE. Hier hatte der Ständerat zuvor entschieden, CHF 100'000 mehr für das Projekt Swiss Triple Impact, ein Förderprogramm zur Erreichung von nachhaltigen Entwicklungszielen, einzusetzen, und der Nationalrat folgte ihm mit 115 zu 69 Stimmen (bei 1 Enthaltung). Der Finanzminister hatte die Erhöhung bei einem Sach- und Betriebsaufwand des ARE von CHF 9 Mio. als unnötig erachtet. Auch bei der Aufstockung der Einlage des BIF folgte der Nationalrat seinem Schwesterrat: Hier soll der Maximalbetrag und somit zusätzlich CHF 233 Mio. eingestellt werden, um sicherzustellen, dass auch zukünftig genügend Geld für den Bahnverkehr vorhanden ist, betonte Kommissionssprecherin Wyss. Dies erachteten der Bundesrat und eine Minderheit Schilliger als nicht notwendig, da der Fonds genügend stark geäufnet sei. Mit 125 zu 59 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) folgte der Nationalrat jedoch der kleinen Kammer.
Abgelehnt wurden hingegen ein Kürzungsvorschlag einer Minderheit Egger bei den Umweltschutzmassnahmen des BAZL – Egger hatte argumentiert, die Erhöhung beruhe lediglich auf der Vermutung des BAZL, dass es zukünftig mehr Umweltschutzgesuche geben könne – sowie ein Einzelantrag Rüegger (svp, OW) zur Aufstockung des Kredits des BAFU um CHF 6 Mio., mit der nach der Ablehnung des revidierten Jagdgesetzes die durch Wölfe verursachten Schäden abgegolten und der zusätzliche Aufwand entschädigt werden sollten.

Im sechsten Block zum Themenbereichen Eigenaufwand und Schuldenbremse schlug eine Kommissionsmehrheit in Übereinstimmung mit dem Ständerat vor, verschiedene Kredite beim Bundesamt für Verkehr ausserordentlich zu verbuchen, um so die zuvor vorgenommene Erhöhung der BIF-Einlage finanzieren zu können. Anders als der Ständerat beabsichtigte die Mehrheit der FK-NR zudem, eine Nachmeldung des Bundesrates im Bereich Covid-19-Arzneimittel und -Impfleistungen in der Höhe von CHF 57 Mio. ausserordentlich zu verbuchen – da man noch zusätzliche Ausgaben beschlossen habe, könne nur so die Schuldenbremse eingehalten werden, begründete Kommissionssprecher Brélaz den Vorschlag. Eine Minderheit Schwander (svp, SZ) wehrte sich gegen diese Umbuchungen, da sie gegen die Schuldenbremse und das Finanzhaushaltsgesetz verstossen würden. Diese Meinung teilte auch der Finanzminister, ihm ging das Parlament «mit [seiner] Interpretation [des FHG] hier zu weit», auch wenn die Interpretation der Gesetze keine exakte Wissenschaft sei. Der Nationalrat stimmte den Umbuchungen jedoch mit 133 zu 50 Stimmen respektive 133 zu 49 Stimmen zu.
Eine weitere Differenz schuf der Nationalrat stillschweigend bezüglich der Planungsgrössen beim VBS: Dort soll eine neue Planungsgrösse dafür sorgen, dass die Bruttomietkosten ab 2025 um 2 Prozent gesenkt und damit gemäss Kommissionssprecherin Wyss CHF 400 Mio. jährlich «freigespielt» werden sollen.
Erfolglos blieben die Minderheitsanträge Sollberger und Strupler (svp, TG), welche die Kredite für das Bundespersonal gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 1.8 Mio. (2022, Minderheit Sollberger) respektive um CHF 10.9 Mio. (2023), CHF 117 Mio. (2024) und CHF 265 Mio. (2025, alle Minderheit Strupler) reduzieren wollten. Damit hätte auf zusätzliche Stellen für die Strategie Social Media/Digitalisierung verzichtet (Sollberger) respektive «das ungebremste Personalwachstum beim Bund» gebremst werden (Strupler) sollen. Zuvor hatte bereits der Ständerat die Ausgaben im Voranschlags- und den Finanzplanjahren um CHF 21 Mio. reduziert. Mit 131 zu 52 Stimmen respektive 133 zu 50 Stimmen lehnte der Nationalrat die beiden Anträge ab, folgte damit dem Bundesrat und schuf eine weitere Differenz zum Erstrat. Erfolglos blieb auch ein Kürzungsantrag Egger beim Ressourcenpool des Generalsekretariats UVEK.

Mit der Bereinigung des Entwurfs, bei welcher der Nationalrat seiner Kommission in fast allen Punkten gefolgt war, hatte der Nationalrat den Ausgabenüberschuss von CHF 2.08 Mrd. (Bundesrat) respektive CHF 2.32 Mrd. (Ständerat) auf CHF 2.36 Mrd. erhöht – durch die Umbuchung einzelner zusätzlicher Ausgaben auf das Amortisationskonto (ausserordentliche Ausgaben Bundesrat: CHF 3.03 Mrd., Ständerat: CHF 3.25 Mrd., Nationalrat: CHF 3.30 Mrd.) konnte die Schuldenbremse jedoch eingehalten werden. Mit 130 zu 44 Stimmen (bei 7 Enthaltungen) nahm der Nationalrat den Voranschlag 2022 an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion und von Stefania Prezioso (egsols, GE), die Enthaltungen ausschliesslich von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Letztere sprachen sich teilweise auch gegen die übrigen Bundesbeschlüsse aus, dennoch nahm der Nationalrat den Bundesbeschluss Ib über die Planungsgrössen im Voranschlag für das Jahr 2022, den Bundesbeschluss III über die Entnahmen aus dem Bahninfrastrukturfonds für das Jahr 2022 und den Bundesbeschluss IV über die Entnahmen aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds für das Jahr 2022 jeweils deutlich an.

Voranschlag 2022 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2023-2025 (BRG 21.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2022: Voranschlag und Staatsrechnung

Die grosse Kammer beugte sich in der Herbstsession 2021 über den Verpflichtungskredit für die Abgeltung von Leistungen des regionalen Personenverkehrs für die Jahre 2022–2025, für welchen der Bundesrat CHF 4.35 Mrd. veranschlagt hatte. Die KVF-NR hatte das Geschäft zuvor an zwei Sitzungen vorberaten, wonach Eintreten im Rat unbestritten war. Die Kommissionsmehrheit wollte die Vorlage des Bundesrates aber um einen Artikel ergänzen, der den Bundesrat dazu auffordert, im Jahr 2023 zu Handen der beiden Kommissionen und der Kantone darzulegen, ob aufgrund der Corona-Krise eine Finanzierungslücke besteht. Falls sich eine solche zeige, solle der Bundesrat einen Zusatzkredit zum Verpflichtungskredit 2022-2025 beantragen. Dem gegenüber stand ein Minderheitsantrag Tuena (svp, ZH), welcher auf ebendiesen Artikel verzichten wollte, da der Bundesrat ohnehin jederzeit die Möglichkeit habe, einen Zusatzkredit vorzulegen. Zudem lagen zwei Minderheitsanträge aus der KVF-NR und ein weiterer Minderheitsantrag aus der FK-NR vor, welche die Vorlage ebenfalls beraten hatte. Ein zweiter Minderheitsantrag Tuena wollte die Höhe des Verpflichtungskredits um ca. CHF 250 Mio. kürzen; die Summe von CHF 4.1 Mrd. – dies entspricht der Höhe des Verpflichtungskredits für die Periode 2018-2021 – müsse in wirtschaftlich schwierigen Zeiten genügen. Der dritte Minderheitsantrag, der aus der Feder von Bruno Storni (sp, TI) stammte, wollte den Kredit hingegen auf CHF 4.44 Mrd. erhöhen. Dasselbe Ziel verfolgte auch der Minderheitsantrag Schneider Schüttel (sp, FR) aus den Reihen der FK-NR. Schneider Schüttel argumentierte, dass es eine Erhöhung erlaube, «auf die klimatischen Herausforderungen zu reagieren und vor allem – das ist für meine Minderheit besonders wichtig – die Massnahmen zur Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs stärker zu unterstützen».
Der Nationalrat folgte der Mehrheit der KVF-NR in allen Punkten: Er fügte einen Artikel zu einem allfälligen Zusatzkredit ein und lehnte die Minderheitsanträge auf Kürzung oder Erhöhung des Kredits ab. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage deutlich mit 173 zu 3 Stimmen (4 Enthaltungen) an.

Regionaler Personenverkehr 2022-2025. Verpflichtungskredit (BRG 21.035)
Dossier: Covid-19 und Verkehr

Alors qu'il s'était d'abord lancé dans la course au Conseil d'État dans le cadre des élections cantonales de novembre 2021, le sénateur fribourgeois Christian Levrat (ps) a surpris son monde en acceptant, début avril 2021, sa nomination à la tête du conseil d'administration de La Poste. Cette fonction étant incompatible avec son mandat de conseiller aux États, l'organisation d'une élection complémentaire dans le canton de Fribourg devenait inévitable. Programmée à la fin du mois de septembre 2021, celle-ci donnait l'opportunité au Centre de reconquérir le siège perdu par Beat Vonlanthen lors des élections fédérales de 2019 au profit de la libérale-radicale Johanna Gapany, qui devenait ainsi la première femme fribourgeoise à siéger à la chambre haute. Alors que les conseillères nationales Christine Bulliard-Marbach (centre) et Marie-France Roth Pasquier (centre) ainsi que le conseiller d'État Jean-Pierre Siggen (centre) avaient d'emblée renoncé à se présenter, le député au Grand Conseil Bruno Boschung (pdc) faisait part de son intérêt. Le germanophone, originaire du district de la Singine, souhaitait ainsi rétablir l'équilibre linguistique qui prévalait jusqu'en 2019 et la non-réélection de Vonlanthen. Le choix du parti se portait cependant sur Isabelle Chassot (centre), mentionnée dès l'annonce du départ de Levrat comme la candidate idéale pour le Centre dans la presse. En effet, la cheffe de l'office fédéral de la culture (OFC) pouvait notamment faire valoir son expérience politique, en tant que conseillère d'État entre 2002 et 2013. Elle fut également collaboratrice personnelle des conseillers.ères fédéraux.ales Arnold Koller et Ruth Metzler. Son profil rassembleur semblait capable de séduire autant à gauche qu'à droite de l'échiquier politique, et la minorité germanophone du canton pouvait compter sur sa parfaite maîtrise de la langue de Goethe pour la représenter dans l'arène fédérale.
Chez les socialistes, deux candidate et candidat sortaient du bois pour incarner la relève de Christian Levrat. Le préfet du district de la Sarine Carl-Alex Ridoré (ps) faisait face à la conseillère nationale lacoise Ursula Schneider Schüttel (ps), issue de la minorité linguistique germanophone. Un temps pressenti.e.s parmi les papables, le syndic de Fribourg Thierry Steiert (ps) et sa collègue, la conseillère communale Andrea Burgener Woeffray (ps), n'étaient finalement pas candidat.e.s, alors que le conseiller national vert Gerhard Andrey excluait une candidature écologiste en apportant son soutien à Schneider Schüttel. La gauche partait ainsi unie au front, le parti socialiste désignant Carl-Alex Ridoré comme unique candidat lors d'un congrès virtuel.
Après réflexion, l'UDC ne se lançait pas dans la course et préférait concentrer ses forces sur les élections cantonales. Le PLR apportait lui son soutien à la candidature d'Isabelle Chassot, tout en étant conscient qu'il pourrait se retrouver en position délicate lors des prochaines élections fédérales en 2023 si un duo de droite se retrouvait à la chambre des cantons. En effet, rien ne garantirait le maintien du siège acquis de haute lutte par Gapany en 2019, dans un canton traditionnellement représenté par un tandem PS-Centre au Conseil des États.
Deux candidat.e.s visaient donc le siège vacant, excluant d'emblée la tenue d'un second tour. Pour défendre son siège, le parti socialiste mettait en avant la nécessité d'un équilibre entre la gauche et la droite, soulignant que «Fribourg doit marcher sur deux jambes» pour défendre au mieux ses intérêts sous la coupole. Depuis 1979, la gauche fribourgeoise n'a connu qu'une seule législature sans représentant à la chambre des cantons, entre 1999 et 2003. «La pire période pour la défense des intérêts fribourgeois à Berne», selon Christian Levrat, qui mentionnait l'échec de la candidature fribourgeoise pour accueillir le tribunal administratif fédéral. C'étaient le démocrate-chrétien Anton Cottier et le libéral-radical Jean-Claude Cornu qui siégeaient alors.
Selon la nouvelle loi cantonale sur la transparence, les partis étaient tenus de dévoiler leur budget de campagne: celui d'Isabelle Chassot se montait à CHF 135'000, alors que Carl-Alex Ridoré disposait de CHF 148'500. Un incident à caractère raciste s'est produit durant la campagne, une affiche du candidat socialiste, d'origine haïtienne, ayant été maculée de peinture blanche alors que son nom était tracé et remplacé par le mot «blanc». Isabelle Chassot avait par ailleurs renoncé à la pose d'affiches sauvages, par souci écologique.

Au moment de dépouiller les bulletins de vote le 26 septembre 2021, le suspens était de courte durée. Isabelle Chassot devançait largement son concurrent, en récoltant 54'695 voix (62.7% des suffrages). Carl-Alex Ridoré était même battu dans toutes les communes de canton. Fribourg rejoignait ainsi Zurich, Genève et Argovie parmi les cantons ayant au moins une fois eu deux femmes qui siégeaient simultanément au Conseil des États. Fort de ce succès, le Centre confortait son statut de première force à la chambre de réflexion, avec désormais 14 représentantes et représentants. La gauche fribourgeoise devra de son côté ronger son frein durant deux ans, dans l'attente des élections fédérales de 2023 où elle tentera à coup sûr de récupérer son siège.

Élection complémentaire pour le Conseil des États dans le canton de Fribourg 2021

Im Anschluss an die Veröffentlichung der ersten vertieften Datenanalyse zur Anwendungsrate der obligatorischen Landesverweisung – und damit zur bei der Umsetzung der Ausschaffungsinitiative entstandenen, umstrittenen Härtefallklausel in Art. 66a StGB – durch das BFS im Sommer 2020 lud die SPK-NR die Schweizerische Vereinigung der Richterinnen und Richter, die Schweizerische Staatsanwälte-Konferenz und die Vereinigung der kantonalen Migrationsbehörden zu einer Anhörung ein, um die Zahlen zu diskutieren. Gestützt auf die Erkenntnisse aus dieser Diskussion reichte sie eine Motion mit drei Forderungen ein: Erstens sollen Staatsanwaltschaften, wenn sie eine Katalogstraftat beurteilen, bei leichten, aber eindeutigen Fällen eine Landesverweisung per Strafbefehl aussprechen können. Zweitens soll die obligatorische Strafverteidigung nicht mehr in jedem Fall, in dem eine Landesverweisung droht, bestellt werden, sondern nur noch, wenn eine der übrigen gesetzlichen Voraussetzungen dafür erfüllt ist. Diese beiden Änderungen beträfen gemäss Begründung der Kommission vor allem sogenannte Kriminaltouristen und -touristinnen. Drittens soll der Bundesrat die Katalogstraftaten überprüfen und gegebenenfalls präzisieren; konkret wünschte sich die Kommission, dass geringfügige Verstösse und Übertretungen von der obligatorischen Landesverweisung ausgenommen werden sollten. Handle es sich einmal nicht um einen Bagatellfall, könne immer noch eine fakultative Landesverweisung verhängt werden, argumentierte die Kommission. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion, da es sich um eine Erweiterung und Präzisierung der bereits überwiesenen Motion Müller (fdp, AG; Mo. 18.3408) handle, zu deren Umsetzung die Arbeiten bereits angelaufen seien. Der Nationalrat nahm die Motion in der Sommersession 2021 einstimmig an, wobei Links-Grün die ersten beiden Punkte geschlossen ablehnte, damit aber in der Minderheit blieb.

Landesverweisungen per Strafbefehl bei leichten, aber eindeutigen Fällen (Mo. 21.3009)

In der Frühjahrssession 2021 begrüsste Kommissionssprecher Beat Flach (glp, AG) seine Ratskolleginnen und -kollegen zur «kleinen Monsterdebatte» über die Revision der Strafprozessordnung. Der Nationalrat nahm sich der punktuellen Anpassung der StPO zur Verbesserung ihrer Praxistauglichkeit (in Umsetzung der Mo. 14.3383) als Erstrat an. Er trat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Zwei Minderheitsanträge Nidegger (svp, GE) und Addor (svp, VS) auf Rückweisung an den Bundesrat mit dem Auftrag, noch verschiedene zusätzliche Punkte in die Revision zu integrieren, fanden ausserhalb der SVP-Fraktion keine Zustimmung und blieben damit chancenlos.
Erster Kernpunkt der Diskussion war die Einschränkung der Teilnahmerechte der beschuldigten Person. Die aktuell geltende Regelung wurde in der Debatte immer wieder als einer der Auslöser für die vorliegende StPO-Revision genannt. Der Bundesrat hatte im Entwurf vorgesehen, dass die beschuldigte Person von einer Einvernahme ausgeschlossen werden kann, solange sie sich zum Gegenstand der Einvernahme noch nicht selber einlässlich geäussert hat. Er wollte damit der Strafverfolgung die Wahrheitsfindung erleichtern, wie Justizministerin Karin Keller-Sutter erklärte. Indem Beschuldigte unter bestimmten Voraussetzungen von der Einvernahme anderer Personen ausgeschlossen werden können, soll verhindert werden, dass sie ihre Aussagen einander anpassen. Befürworterinnen und Befürworter im Nationalrat argumentierten überdies, dass Zeuginnen und Zeugen durch die Anwesenheit der beschuldigten Person – oder letztere durch die Anwesenheit des «Bandenboss[es]» (Barbara Steinemann, svp, ZH) – eingeschüchtert und unter Druck gesetzt werden könnten, was die Qualität der Aussagen beeinträchtige. Vertreterinnen und Vertreter der Gegenseite warnten dagegen vor der Einführung einer «faktische[n] Mitwirkungspflicht» (Ursula Schneider Schüttel, sp, FR): Die neue Regelung bewirke, dass die beschuldigte Person sich zur betreffenden Sache im Detail äussern – d.h. auf ihr Aussageverweigerungsrecht verzichten – müsse, um bei den Beweiserhebungen dabei sein zu dürfen. Für jemand Unschuldiges sei das besonders schwierig, führte Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) aus, «[d]enn der kann nämlich nichts anderes sagen, als dass er unschuldig ist». Den Beweiserhebungen nicht beizuwohnen und daher nicht genau zu wissen, was einem vorgeworfen werde, erschwere indessen die eigene Verteidigung, so Ursula Schneider Schüttel weiter. Zwar gab auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter den Gegenstimmen recht, dass das Teilnahmerecht der Beschuldigten «als Ausgleich für die strukturell starke Stellung der Staatsanwaltschaft notwendig» sei, hielt die vorgeschlagene Einschränkung jedoch für «massvoll und zurückhaltend». Für ihre Fraktion sei der Artikel allerdings die «Pièce de Résistance» der Vorlage, bekundete SP-Vertreterin Ursula Schneider Schüttel ebenso wie Christian Lüscher (fdp, GE), der für die Mehrheit der FDP-Fraktion sprach. Sinngleich erklärte auch Sibel Arslan (basta, BS), im Falle der Annahme der neuen Einschränkung werde die Grüne Fraktion «die ganze Vorlage infrage stellen müssen». Mit 103 zu 85 Stimmen bei zwei Enthaltungen folgte die grosse Kammer schliesslich ihrer Kommissionsmehrheit, die beim Status quo bleiben wollte. SP und Grüne setzten sich mit Unterstützung von Teilen der FDP- und der Mitte-Fraktionen durch.
Erfolgreicher war der Bundesrat mit seinem Ansinnen, die Voraussetzungen für die Untersuchungs- und Sicherheitshaft bei Wiederholungsgefahr zu lockern, wobei der Nationalrat seiner Kommissionsmehrheit folgend eine vom Bundesrat abweichende Formulierung wählte. Justizministerin Karin Keller-Sutter stellte im Rat jedoch fest, dass nach Ansicht des Bundesrates kein materieller Unterschied zwischen den beiden Formulierungen bestehe. Eine weitere Niederlage musste der Bundesrat bei der vorgesehenen Beschwerdemöglichkeit für die Staatsanwaltschaft gegen Entscheide des Zwangsmassnahmengerichts hinnehmen. Er hatte diese in der StPO festschreiben wollen, um die ohnehin bereits vom Bundesgericht angewandte Praxis gesetzlich zu verankern. «Es ist unbefriedigend, wenn sich weder die Legitimation noch das Verfahren aus dem Gesetz ergeben», begründete die Justizministerin diese Neuerung. Der Nationalrat folgte auch in dieser Frage mit 98 zu 89 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit und strich den betreffenden Absatz aus der Vorlage. Die geschlossen für die Version des Bundesrates stimmenden Fraktionen der SVP und der FDP sowie einzelne Stimmen aus der Mitte- und der GLP-Fraktion befürchteten, ohne Beschwerdemöglichkeit für die Staatsanwaltschaft könnte «eine zu Unrecht erfolgte Nichtanordnung von Haft» in gewissen Fällen «eine Fortsetzung der Strafuntersuchung illusorisch» machen, wie es Christa Markwalder (fdp, BE) formulierte. Die Ratsmehrheit folgte indessen der Argumentation von Mitte-Vertreter Philipp Matthias Bregy: Wenn die Staatsanwaltschaft Beschwerde gegen die Nichtanordnung, Nichtverlängerung oder Aufhebung der Untersuchungshaft einlegen könne, könne die Untersuchungshaft «durch systematische Beschwerden der Staatsanwaltschaften unnötig verlängert» werden. Selbst Bundesrätin Karin Keller-Sutter gab zu bedenken, es sei «alles andere als klar», ob sich die Beschwerdeberechtigung für die Staatsanwaltschaft mit den Vorgaben der EMRK vereinbaren lasse. Weil die Überführung der bundesgerichtlichen Praxis in das Gesetz von einer angenommenen parlamentarischen Initiative Jositsch (sp, ZH; Pa.Iv. 12.497) gefordert und in der Vernehmlassung mehrheitlich begrüsst worden sei, habe sich die Regierung «trotz aller Bedenken und Unsicherheiten» entschieden, die nun im Nationalrat durchgefallene Regelung in den Entwurf aufzunehmen, so die Justizministerin.
Weiter sollten DNA-Profile gemäss dem Entwurf des Bundesrates neu auch dann erstellt werden dürfen, wenn «erhebliche und konkrete Anhaltspunkte» für eine Verwicklung der beschuldigten Person in bereits begangene oder künftige Delikte bestimmter Schwere bestünden, und nicht mehr nur zur Aufklärung von Verbrechen, die Gegenstand des aktuellen Verfahrens sind. Die Kommissionsmehrheit wollte hier einerseits einen Schritt weiter gehen und schlug vor, dass bei vergangenen Straftaten eine «gewisse Wahrscheinlichkeit» bereits genügen sollte; für die Aufklärung zukünftiger Straftaten lehnte sie andererseits die Erstellung eines DNA-Profils gänzlich ab. Die Volkskammer folgte diesen beiden Anträgen, wobei die Verschärfung bezüglich der vergangenen Straftaten gegen den Widerstand des links-grünen Lagers und die Streichung bezüglich der zukünftigen Straftaten gegen die SVP- und Teile der Mitte-Fraktion durchgesetzt wurde.
Überdies nahm der Nationalrat mit grosser Mehrheit auch einen Einzelantrag Regazzi (mitte, TI) an, der darauf zielte, die Möglichkeiten zur verdeckten Ermittlung im Bereich der Kinderpornografie zu erweitern. Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatte vergeblich darauf hingewiesen, dass der Antrag in die sorgfältig austarierte Kompetenzaufteilung zwischen Bund und Kantonen eingreife und deshalb abzulehnen sei. Ebenfalls gegen den Willen des Bundesrates fügte die grosse Kammer einen neuen Artikel über die restaurative Gerechtigkeit («justice restaurative», Wiedergutmachungsjustiz) in die StPO ein. Die Kommission habe sich mit 15 zu 6 Stimmen bei 3 Enthaltungen zu diesem «mutigen Schritt» entschieden, berichtete Kommissionssprecher Beat Flach. Wenn beide Seiten damit einverstanden sind, soll neu eine Art Mediation zwischen Opfern und Tätern durchgeführt werden können. Es gehe nicht darum, wie von ablehnenden Stimmen aus SVP und Mitte kritisiert, die Verfahren zu verlängern oder «dem Straftäter gegenüber irgendwie Milde walten zu lassen», sondern dem Opfer eine Möglichkeit zu geben, sich mit dem Geschehenen zu beschäftigen und es aufzuarbeiten. Erfahrungen aus der Westschweiz und aus Belgien zeigten, dass solche Prozesse das «rein[e] Aburteilen und Strafen» gut ergänzen und vor allem für die Opfer «eine Hilfe auf dem weiteren Lebensweg» sein könnten. Bundesrätin Karin Keller-Sutter betonte, dass der Bundesrat die «justice restaurative» nicht generell ablehne, mahnte den Nationalrat aber zur Vorsicht, nicht übereilt zu handeln. Sie kritisierte die unpräzise Formulierung, die sowohl den Anwendungsbereich als auch die Folgen einer allenfalls erfolgreichen Wiedergutmachung zu stark offen lasse; das sei «unter dem Aspekt der rechtsgleichen Behandlung heikel». Auch müsste die Frage zuerst mit den Kantonen diskutiert werden, die die StPO schliesslich anwendeten. Den Einwand, das Konzept sei zu wenig ausgereift, liess Kommissionssprecher Flach nicht gelten: Der Ständerat könne als Zweitrat noch «nachjustieren». Mit 122 zu 71 Stimmen sah das auch der Nationalrat so und hiess den Vorschlag seiner Kommissionsmehrheit gut, wobei sich die SVP-Fraktion geschlossen und die Mitte-Fraktion mehrheitlich gegen die Einführung der Wiedergutmachungsjustiz aussprach.
Eine weitere Neuerung, die der Bundesrat nicht durchsetzen konnte, war das Ansinnen, die Staatsanwaltschaft zu verpflichten, die beschuldigte Person im Strafbefehlsverfahren zwingend einzuvernehmen, wenn ihr eine unbedingte Freiheitsstrafe droht. Eine Einvernahme erhöhte die Akzeptanz eines Strafbefehls, begründete die Justizministerin diesen Schritt. Während eine links-grüne Minderheit die Einvernahme auch bei hohen Geldstrafen verpflichtend machen wollte, erachtete die bürgerliche Ratsmehrheit die heutige Regelung als ausreichend und strich den Artikel gänzlich aus dem Entwurf.
Damit hatte der Nationalrat der Revisionsvorlage einige Zähne gezogen, die insbesondere den Strafverfolgungsbehörden zugute gekommen wären. Von der Ratslinken hatte sich der Bundesrat zunächst vorwerfen lassen müssen, einer «durchaus beeindruckende[n] PR-Offensive» (Min Li Marti, sp, ZH) der Staatsanwaltschaft erlegen zu sein. Gegen die Vorlage, wie sie nun vom Nationalrat angepasst worden war, regte sich in der Gesamtabstimmung von linker Seite aber kein Widerstand mehr. «Den Ton gaben Anwältinnen und Anwälte an», resümierte denn auch die NZZ die Debatte. Mit dem Ergebnis explizit unzufrieden zeigte sich die SVP-Fraktion. Die versprochene Verbesserung der Praxistauglichkeit der StPO für die Strafverfolgungsbehörden sei «heute in diesem Saal nicht passiert», so SVP-Vertreter Pirmin Schwander (svp, SZ), weil die Ratsmehrheit die zentralen Neuerungen verworfen habe. Die grosse Kammer verabschiedete den Entwurf schliesslich mit 139 zu 54 Stimmen an den Zweitrat. Stillschweigend schrieb er die Motionen 09.3443, 11.3223, 11.3911, 12.4077 und 14.3383 sowie die Postulate 15.3447 und 15.3502 ab. Die vom Bundesrat ebenfalls beantragte Abschreibung des Postulats 18.4063 zur Wiedergutmachungsjustiz lehnte er jedoch ab.

Änderung der Strafprozessordnung (BRG 19.048)
Dossier: Revision der Strafprozessordnung (Umsetzung der Mo. 14.3383)

Im Nationalrat sorgte bei der Debatte zur Vorlage zur Vereinfachung und Optimierung der Haushaltssteuerung in der Frühjahrssession 2021 insbesondere ein Nichteintretensantrag Schwander (svp, SZ) für Diskussionen. Schwander und die SVP-Fraktion erachteten die Umstellung von der Finanzierungsrechnung auf die Erfolgsrechnung als nicht notwendig und ohne Mehrwert – das Parlament erhalte dadurch nicht mehr Einfluss und die Vorgänge würden nicht transparenter –, zudem widerspreche sie dem Verfassungsauftrag, den Volk und Stände 2001 mit dem Ja zur Schuldenbremse erteilt hatten. Damals habe man in der Abstimmungskampagne angekündigt, die Schuldenbremse mit einer Finanzierungsrechnung zu verfolgen, weshalb man folglich bei der Verwendung der Finanzierungsrechnung bleiben solle. Man müsse andere Möglichkeiten finden, der Kritik der EFK an den Rückstellungen für Rückforderungen der Verrechnungssteuer in der Staatsrechnung zu begegnen. Die Kommissionssprechenden Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) und Alex Farinelli (fdp, TI) hoben hingegen hervor, dass sich bei der Schuldenbremse nichts ändern werde, sie bleibe de facto gleich. Finanzminister Maurer verwies ergänzend auf den Auftrag des Parlaments in Form der angenommenen Motion Hegglin (mitte, ZG; Mo. 16.4018) und betonte, dass die Schuldenbremse gar von einer periodengerechten Haushaltsteuerung profitiere. Mit 135 zu 50 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Eintreten aus.
Die Kommissionsmehrheit beantragte, in sämtlichen Punkten dem Ständerat zu folgen, der Nationalrat hatte jedoch über drei Minderheitsanträge zu beraten. Eine Minderheit Fischer (glp, LU) wollte vollständig, also auch bei der Berechnung der Schuldenbremse, auf die Erfolgsrechnung umsteigen und damit die Haushaltsteuerung noch weiter vereinfachen. Damit wäre Neuverschuldung nur zur Finanzierung von Neuinvestitionen, nicht aber für laufende Ausgaben möglich. Dieser Vorschlag widerspreche der Schuldenbremse, betonte der Finanzminister, zumal Investitionen von der Schuldenbremse ausgenommen wären, nicht aber die in den folgenden Jahren vorgenommenen Abschreibungen. Damit würden die finanziellen Folgen von Investitionen erst in späteren Jahren anfallen, was dem Sinn der Schuldenbremse widersprechen würde.
Eine Minderheit Schwander störte sich an der ebenfalls geplanten Änderung des Nachtragsverfahrens, die bereits im Ständerat zu grossen Diskussionen geführt hatte. Diese Vereinfachung gehe zulasten des Parlaments, kritisierte Pirmin Schwander, das so noch stärker vor vollendete Tatsachen gestellt werde.
Einen Einbezug der Risiken für die Umwelt bei der Frage nach Risikolage und Kosten-Nutzen-Verhältnis der Ausgaben, also einen Climate-Budgeting-Prozess, verlangte eine Minderheit Badertscher (gp, BE). Die Bundesverwaltung solle somit in ihren Ausgaben die «Umwelt und insbesondere de[n] Klimawandel» berücksichtigen müssen. Finanzminister Maurer betonte jedoch, dass die Revisoren des Bundes nicht für die Berücksichtigung von Umweltfaktoren geschult seien – eine entsprechende Regelung müsste daher, wenn überhaupt, andernorts geschaffen werden.
Deutlich lehnte der Nationalrat sämtliche Minderheitsanträge ab und schuf folglich keine Differenzen zum Ständerat. Mit 142 zu 51 Stimmen (gegen den Willen der Mehrheit der SVP-Fraktion) nahm die grosse Kammer den Entwurf in der Gesamtabstimmung an und schrieb gleichzeitig die Motion Hegglin sowie die Motion der FK-NR gegen eine Aufweichung der Schuldenbremse (Mo. 16.3634) ab – Letzteres ebenfalls gegen den Willen der SVP-Fraktion.

Dieselben Fronten blieben auch eine Woche später bei den Schlussabstimmungen bestehen, bei denen sich der Nationalrat mit 140 zu 53 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für die Gesetzesänderung aussprach und der Ständerat dieser mit 43 Stimmen zu 1 Stimme – derjenigen von Werner Salzmann (svp, BE) – zustimmte.

Vereinfachung und Optimierung der Haushaltssteuerung

«Trotz ihrer fachlichen Eignung erfüllt keine der drei Personen [...] die zahlreichen persönlichen und beruflichen Kriterien, die erforderlich sind, um dieses anspruchsvolle Amt auszuüben», begründete die GK in ihrer Medienmitteilung vom 24. Februar 2021 ihren Entscheid, die Stelle für eine neue Bundesanwältin oder einen neuen Bundesanwalt gar ein drittes Mal auszuschreiben. Weder Maria-Antonella Bino, noch Lucienne Fauquex oder Félix Reinmann hätten in der Kommission eine genügend breite Unterstützung gefunden, liess die GK verlauten. Damit war klar, dass das Parlament auch in der Frühjahrssession 2021 keine Nachfolgerin und keinen Nachfolger für Michael Lauber wählen würde.
In der Presse wurden Machtspiele in der Kommission vermutet, wie Sibel Arslan (basta, BS) dem Blick zu Protokoll gab. Die Zeitung sprach von einer Sackgasse, in die sich die GK manövriert habe. Es würden sich in einer dritten Runde kaum mehr valable Kandidierende finden. Die Kriterien seien so hoch angesetzt, dass sie niemand erfüllen könne. Die Tribune de Genève sprach gar von künftigen «Kamikaze»-Kandidaturen. Christian Lüscher (fdp, GE) gab der Tribune zu Protokoll, dass sich die Kommission sehr amateurhaft verhalten habe. Die NZZ sprach überdies von einem «Trauerspiel» und einem «Scherbenhaufen»; Le Temps von einer «Farce».
Einzelne GK-Mitglieder wehrten sich allerdings gegen diese Urteile. Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) gab der Libérté zu Protokoll, dass man das Verfahren sehr ernst nehme, und auch Andrea Caroni (fdp, AR) befand, dass Qualität vor Tempo gehe. Auch die Weltwoche sah das Problem nicht in erster Linie in der Kommission, sondern in der «mageren Auswahl an geeigneten Kandidaten», in der Wahl durch das Parlament und dem «verfehlten Aufsichtssystem». Diesen Aspekt nahm auch die NZZ auf, die von einem Konstruktionsfehler sprach, weil statt der Regierung das Parlament Wahlbehörde sei. Die Bundesanwaltschaft verkomme zum Spielball der Politik und von Diskretion, die bei Stellenbesetzungen eigentlich oberstes Gebot sein müsse, fehle deshalb jede Spur. Sie verglich die Wahl gar mit der Fernsehsendung «Germany's Next Topmodel», in der jede Woche Kandidatinnen und Kandidaten vorgeführt und abserviert würden. Die Diskussion darum, ob wie früher der Bundesrat oder eben das Parlament die Bundesanwältin oder den Bundesanwalt wählen solle, wurde damit – wie schon nach der ersten erfolglosen Runde – erneut virulent.

Die GK selber entschied Mitte März 2021, mit einer Neuausschreibung der Stelle zuzuwarten. Man wolle zuerst anstehende Entscheide abwarten, so etwa die Erhöhung der Alterslimite für die Bundesanwaltschaft, aber auch den Bericht der GPK zur künftigen Organisation der obersten Strafbehörde. Es müssten zudem bessere Instrumente zur Suche nach Kandidierenden entwickelt und die Vertraulichkeit des Verfahrens verbessert werden, war der Medienmitteilung der GK zu entnehmen. Letzteres unterstrich auch eine Aussage von Andrea Caroni (fdp, AR), die für grossen Wirbel gesorgt hatte. Er hatte kritisiert, dass «mindestens jemand in dieser Kommission [...] hochgradig kriminell» sei. Es würden laufend vertrauliche Informationen an die Medien gespielt. Freilich räumte der GK-Präsident im St. Galler Tagblatt auch ein, dass es «nicht unproblematisch» und «nie frei von Politik» sei, wenn 17 Parlamentsmitglieder ein Bewerbungskomitee bildeten.

Wahl eines neuen Bundesanwalts
Dossier: Wahlen des Bundesanwalts
Dossier: Michael Lauber - Bundesanwalt

In der Frühjahrssession nahm sich der Nationalrat der Justiz-Initiative an. Zur Debatte standen dabei drei Minderheitsanträge, welche die Ausarbeitung eines Gegenvorschlags bezweckten, was der Bundesrat in seiner Vorlage abgelehnt hatte. Ein Minderheitsantrag Min Li Marti (sp, ZH) verlangte die Rückweisung des Geschäfts an die RK-NR, damit diese ihren in Form einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 20.480) bereits eingereichten indirekten Gegenvorschlag weiter ausarbeite. Zwei weitere links-grüne Minderheiten präsentierte einen eigenen direkten Gegenentwurf, der gleichzeitig mit der Initiative zur Abstimmung kommen soll.
Die RK-NR selber sehe aber keinen Handlungsbedarf mehr, berichtete Barbara Steinemann (svp, ZH) für die Kommission. Nach einigen Anhörungen sei man zum Schluss gekommen, dass sich das aktuelle System bewährt habe. Die Wahl von Richterinnen und Richtern, wie sie heute praktiziert werde, sei nicht über alle Zweifel erhaben und es gebe durchaus «diskussionswürdige Punkte», so die Kommissionssprecherin. Alle anderen Systeme seien aber «noch weniger perfekt», weshalb die Kommission mit 22 zu 0 Stimmen (3 Enthaltungen) empfehle, die Volksinitiative ohne indirekten Gegenvorschlag und ohne direkten Gegenentwurf abzulehnen.
In der Begründung ihres Rückweisungsantrags machte Min Li Marti (sp, ZH) auf die wunden Punkte aufmerksam, auf welche die Initiative die Finger legt: Die Frage der Wiederwahl – Richterinnen und Richter müssen periodisch in ihrem Amt bestätigt werden, was in jüngerer Zeit nicht immer reibungslos vonstatten gegangen war –; die Mandatsabgaben, die von Richterinnen und Richtern an ihre Parteien bezahlt werden müssen und die auch von der Greco kritisiert werden, weil sie das bestehende Abhängigkeitsverhältnis noch verstärken; oder die Auswahl der Richterinnen und Richter durch die Gerichtskommission, die kein eigentliches Fachgremium darstellt und weniger auf Fachkompetenz als auf politische Einstellungen und Parteizugehörigkeit achtet. Diese Punkte müssten von der Rechtskommission noch einmal überdacht und in eine Gesetzesrevision gegossen werden, forderte die Zürcher Sozialdemokratin. Sibel Arslan (basta, BS) skizzierte in der Folge die beiden direkten Gegenentwürfe. Vorgesehen war eine Erhöhung der Amtsdauer von Richterinnen und Richter auf zwölf oder sechzehn Jahre in Verbindung mit einem noch zu regelnden Amtsenthebungsverfahren. Das bisherige Wiederwahlverfahren gefährde die Unabhängigkeit der Judikative, weil Richterinnen und Richter mit ihrer Wiederwahl unter Druck gesetzt werden könnten, so die Begründung der Baslerin.

In der nachfolgenden Debatte wiesen auch zahlreiche Votantinnen und Votanten auf die Mängel des bestehenden Systems hin. Freilich war umstritten, ob diese Mängel mit einem Gegenvorschlag oder einem Gegenentwurf behoben werden müssten oder ob sie sich «im Rahmen der heutigen Strukturen lösen» lassen, wie sich etwa Pirmin Schwander (svp, SZ) überzeugt zeigte. Wichtig sei freilich, dass man bereits bei der Selektion der Kandidierenden die «richtigen Persönlichkeiten» auswähle. Das System funktioniere, befand auch Christoph Eymann (ldp, BS). Änderungen seien weder auf Gesetzes- noch auf Verfassungsstufe nötig. Der von der Initiative kritisierte Parteienproporz bei Richterwahlen sei gar nicht so schlecht, führte dann Philipp Matthias Bregy (mitte, VS) aus. Er garantiere vielmehr eine Vertretung aller «ideologischen Richtungen». Auch die regelmässigen Wiederwahlen wurden verteidigt: In Realität seien die Richterinnen und Richter unabhängig von ihren Parteien und zu einer Abwahl komme es praktisch nie, argumentierte Sidney Kamerzin (mitte, VS) gegen eine Reform des Systems. Gegen ein zu hastiges Vorgehen mit Hilfe von Gegenvorschlägen und Gegenentwürfen stellte sich auch Kurt Fluri (fdp, SO). Man müsse die bestehenden Probleme in Ruhe angehen. So sei ja etwa eine Motion von Beat Walti (fdp, ZH) für ein Verbot von Mandatssteuern bereits eingereicht worden.
Die Ratslinke – unterstützt von der GLP, für die Beat Flach (glp, AG) Handlungsbedarf aufgrund der undurchsichtigen Mandatsabgaben feststellte – hätte hingegen die Initiative gerne als Treiberin für nötige Reformen genutzt. Es sei ein Glücksfall, dass es dank der Initiative zu einer öffentlichen Debatte über die Judikative komme, lobte Matthias Aebischer (sp, BE). Wenn ein indirekter Gegenentwurf jetzt ausgearbeitet werden müsse, könnten die «kritischen und berechtigten Aspekte der Initiative» aufgenommen werden, warb auch Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) für die Rückweisung an die Kommission.

Eine solche wurde dann allerdings von der Ratsmehrheit mit 99 zu 81 Stimmen (1 Enthaltung) abgelehnt. Dabei zeigte sich der aufgrund der vorgängigen Diskussion zu erwartende Graben zwischen SVP-, FDP- und der Mehrheit der Mitte-Fraktion, die den Rückweisungsantrag ablehnten, und den Fraktionen von SP, GP und GLP sowie der EVP. Auf die beiden Vorlagen für mögliche direkte Gegenentwürfe mochte der Rat sodann gar nicht erst eintreten. Mit 102 zu 79 Stimmen (3 Enthaltungen) wurde eine mögliche Debatte abgelehnt. Dabei zeigten sich die praktisch gleichen Fronten wie bei der abgelehnten Rückweisung.

Die Initiative selber fand bei den Rednerinnen und Rednern kaum Unterstützung. Das Losverfahren sei «schlicht unseriös», urteilte Philipp Matthias Bregy (mitte, VS). Der Zufall mache seine Sache nur selten gut, befand auch Nicolas Walder (gp, GE) und mit dem Los bestünde das grosse Risiko, dass nicht alle politischen Sensibilitäten in der Judikative repräsentiert seien. Auch die Idee eines Fachgremiums, mit dem die auszulosenden Kandidierenden bestimmt würden, stiess auf Kritik. Auch die Mitglieder eines solchen Gremiums könnten nicht politisch neutral sein, warnte Matthias Aebischer (sp, GE). Eine durch Los oder ein Fachgremium bestimmte Judikative sei demokratisch weniger legitimiert als durch das Parlament oder die Stimmbevölkerung gewählte Richterinnen und Richter, pflichtete Andreas Glarner (svp, AG) bei. Ein «Sympathie-Ja» erhielt das Begehren einzig von Lukas Reimann (svp, SG): Richterwahlen seien sehr wohl politisch und die Parteizugehörigkeit verhindere die Auswahl der besten Kandidierenden, begründete der St. Galler seine Unterstützung.
Der Nationalrat folgte stillschweigend dem Antrag der Kommission, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen. Die NZZ sprach nach der nationalrätlichen Debatte von einer verpassten Chance. Es sei fraglich, ob das Parlament ohne den Druck einer Volksinitiative gewillt sei, die Mängel im bestehenden System zu beheben.

Justizinitiative (BRG 20.061)
Dossier: Unabhängigkeit der Judikative
Dossier: Justizinitiative

In der Frühjahrssession 2021 setzte der Nationalrat einer durch den Ständerat unterstützten parlamentarischen Initiative Müller (fdp, AG) zur Anpassung des Schutzbedürftigen-Status durch seinen wiederholten Entscheid auf Nichteintreten ein Ende. Somit bleibt es bei der Situation, dass Schutzbedürftige in der Schweiz ebenso wie anerkannte Flüchtlinge Anspruch auf eine sofortige Familienzusammenführung hätten – mit Betonung auf den Konjunktiv, da der Status der Schutzbedürftigen (S-Status) in der Schweiz seit seiner Einführung Ende der 1990er Jahre als Reaktion auf die Massenzuflucht während der Jugoslawienkriege noch gar nie zur Anwendung kam. Müller hatte argumentiert, dass die Angleichung der Regelung des Familiennachzugs an die für vorläufig aufgenommene Personen geltenden Bestimmungen (Familiennachzug erst nach drei Jahren) dazu beitragen könnte, dass der S-Status attraktiver würde, wovon er sich eine Entlastung des Asylsystems erhoffte. Der Nationalrat folgte mit 110 zu 81 Stimmen seiner knappen Kommissionsmehrheit, die argumentierte, dass diese Änderung der Idee des S-Status zuwiderlaufen würde, nämlich Familien, die sich in akuter Gefahr befinden – «qui vivaient sous les bombes» (Ada Marra; sp, VD) – sofort durch Vereinigung zu schützen. Für Nichteintreten votierten die geschlossenen Fraktionen der SP, der Grünen, der Mitte und der GLP, während die FDP.Liberale- und die SVP-Fraktion ebenso geeint für Eintreten einstanden.

Conditions de regroupement familial pour les personnes à protéger et les personnes admises à titre provisoire (Iv.pa. 16.403)

Rétrospective 2020: Groupes sociaux

Pendant plusieurs années consécutives, la politique d'asile occupait le premier plan des discussions parlementaires au sujet des groupes sociaux. Cette année, comme par ailleurs la précédente, la question des personnes réfugiées est restée plus en retrait. La restructuration du domaine de l'asile terminée trop récemment pour qu'il soit possible de bénéficier d'un recul suffisant pour en faire la critique est sans doute une partie de l'explication, de même que les mouvements populaires d'égalité des genres et d'orientation sexuelle, qui ont réussi à faire entrer leurs thèmes sous la coupole.

Politique à l'égard des étrangers: Au printemps 2020, le Conseil national a définitivement liquidé la question du délit de solidarité. Il a refusé de donner suite à l'initiative parlementaire Mazzone, qui voulait réintroduire la notion de motifs honorables, atténuant voire annulant la peine en cas d'aide au séjour illégal (art. 116 LEI). Deux pétitions émanant d'organisations de la société civile avaient été déposées en soutien à l'initiative, en vain. Du côté de la droite, la question de la régulation de l'immigration est restée d'actualité. Le député Philippe Nantermod a réussi à faire accepter un postulat demandant au Conseil fédéral de réfléchir sur une adaptation des contingents de personnes étrangères qui pourraient absorber les besoins de l'économie, tandis que l'UDC n'a pu que constater l'échec dans les urnes de son initiative de limitation.

Qu'à cela ne tienne, l'UDC aura l'occasion de proposer des limitations supplémentaires dans le cadre de la politique d'asile. Bien que recalée sous sa forme parlementaire, l'initiative promue par Luzi Stamm, qui vise à privilégier l'aide sur place plutôt qu'un accueil sur le territoire suisse, sera proposée prochainement au peuple. Pour la deuxième année consécutive, l'asile n'a pas occupé la place principale parmi les sujets les plus abordés dans ce chapitre. La récente restructuration du domaine de l'asile – absence de recul – ou encore la prégnance des thèmes liés à la situation sanitaire peuvent expliquer cette baisse d'intérêt des parlementaires. Cependant, quelques objets ont quand même été discutés, d'un point de vue principalement sécuritaire par la droite, et sous un aspect humanitaire et de défense des droits humains par la gauche. Des sanctions plus lourdes pour les requérant-e-s d'asile mineur-e-s considérés comme réfractaires ont été refusées, tandis que la possibilité de contrôler les téléphones portables (initiative Rutz) et la substitution de la détention administrative par un bracelet électronique (motion Nantermod) ont passé les premières étapes vers une acceptation. En revanche, l'initiative Müller, qui visait à réduire le droit au regroupement familial pour rendre opératoire le permis S a échoué au deuxième conseil.

Plusieurs objets parlementaires souhaitaient mettre un terme à la détention administratives des enfants. Seule une initiative cantonale genevoise a passé la rampe, d'un cheveu, au Conseil national. L'initiative Mazzone et le postulat Quadranti (pbd, ZH) ont été refusées et respectivement retirées.

Alors que la présidente de la Commission européenne, Ursula von der Leyen présentait le «nouveau pacte sur la migration et la solidarité», censé succéder aux Accords de Dublin en matière d'asile, une motion de la CIP-CN demandait au Conseil fédéral de s'engager au niveau européen pour venir en aide aux personnes dans les camps de la mer Egée ainsi que pour une réforme de ces accords.

Dans le domaine de la politique d'égalité de genre et d'orientation sexuelle, quelques pas décisifs ont été franchis. Au terme d'une longue campagne, placée sous le signe du compromis (deux semaines au lieu de quatre prévu par l'initiative retirée), la population votante a accepté un congé paternité, financé par les APG. Plusieurs objets concernant l'égalité dans le monde du travail ont également été traités. Un postulat Marti demandant une recension précise et régulière des différences de salaire entre hommes et femmes, a été adopté par le Conseil national. En revanche, ce même conseil a refusé d'entrer en matière sur quatre initiatives proposant de mettre en œuvre des mécanismes contraignant pour atteindre l'égalité salariale. Suite à ces refus, la CSEC-CN a décidé de lancer sa propre initiative demandant la transmission des résultats des analyses des inégalités de salaire à la Confédération. Il en a été de même pour une motion Reynard qui souhaitait sanctionner plus durement les licenciements pour cause de grossesse ou de maternité. Par contre, un postulat Moret (plr, VD), demandant un recensement des besoins et de l'offre en matière de conseil pour faciliter la réinsertion professionnelle des femmes qui ont cessé de travailler pour des raisons familiales a été accepté par la chambre basse en septembre.

Deux victoires d'étape pour les personnes homosexuelles. D'abord, les deux conseils ont accepté l'initiative vert'libérale pour le mariage pour toutes et tous. Puis, suite à la votation populaire du 9 février, les propos homophobes seront désormais punis, au même titre que les injures racistes; les attaques contre les personnes transgenres ne sont toutefois pas concernées par le projet, selon le compromis trouvé en chambres. Il devrait par contre être plus facile pour elles de changer de sexe à l'état civil, grâce aux travaux parlementaires actuellement menés en ce sens.

La lutte contre les violences faites aux femmes est restée au point mort au Conseil national, quatre objets qui allaient dans ce sens ont échoué. Deux initiatives parlementaires, déposées par la députée UDC Céline Amaudruz voulaient considérer l'atteinte fondée sur l'appartenance au sexe féminin ou à un corps de police comme des circonstances aggravantes et renforcer la protection de ces personnes. Le Conseil national a refusé d'y donner suite. Une motion qui visait à octroyer un permis de séjour aux victimes de violences, dans le sens de la Convention d'Istanbul, a été classée, faute de traitement dans un délai de deux ans. Enfin, la chambre basse a refusé de donner suite à une initiative parlementaire Wasserfallen (plr, BE), qui voulait augmenter l'indemnité maximale due à la victime en cas de harcèlement sexuel au travail.

Si la politique familiale a trouvé un large écho dans la presse durant cette année 2020, c'est principalement dû à la votation sur le congé paternité. Au Parlement, l'autre événement notoire est l'avancée des travaux sur l'allocation familiale en cas d'adoption, à savoir un congé parental de deux semaines, qui avaient été lancés en 2013 par le PDC Marco Romano. Après l'entrée en matière par la chambre basse, il appartient au Conseil des États de statuer sur le projet.

Un rapport sur les moyens de prévenir la violence sur les personnes âgées a été publié en septembre 2020. Au sujet de la politique concernant les personnes en situation de handicap, le Conseil des États a adopté un postulat Maret demandant d'investiguer les possibilités d'attribuer aux proches aidants une allocation perte de gain, notamment lors de la situation sanitaire particulière liée au coronavirus.

Pandémie mondiale oblige, les débats sociétaux ont beaucoup tourné autour des mesures prises pour contrer la propagation du virus. Les milieux défenseurs du droit d'asile ont notamment dénoncé les conditions de vie des personnes requérantes logées dans des centres. Il a également beaucoup été question de la possible augmentation des violences domestiques, provoquée par les mesures de confinement. Pour les familles avec enfants, la prise en charge de ceux en dehors du foyer a été au centre de beaucoup de discussions. Cette question des conséquences, parfois inégales sur les différents groupes sociaux, des mesures sanitaires ont trouvé un écho au Parlement. Deux postulats, déposés par les socialistes Tamara Funiciello et Schneider Schüttel demandaient l'examen de ces effets, respectivement sur les groupes sociaux minorisés et sur les femmes en particulier. Les deux textes ont été combattus par l'UDC et refusé par le Conseil national.

Rétrospective annuelle 2020: Groupes sociaux
Dossier: Jahresrückblick 2020

Zwar hatte der Ständerat bezüglich des Voranschlags 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 nur wenige Differenzen geschaffen, dennoch mussten beide Räte den Entwurf im Differenzbereinigungsverfahren noch je zweimal beraten, bis eine Einigung erzielt werden konnte.
Bereits in der ersten Runde bereinigte der Nationalrat die Differenzen zu den Sollwerten zum öffentlichen Verkehr sowie zur Zentralen Ausgleichsstelle ZAS, indem er wie vom Ständerat vorgeschlagen auf diese verzichtete. Auch die Meinungsverschiedenheiten bei den Direktzahlungen in der Landwirtschaft konnten in der ersten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens behoben werden; hier pflichtete der Nationalrat dem Ständerat gegen den Willen einer Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR) bei und verzichtete auf den Sömmerungsbeitrag an die nachhaltige Schafalpung.
Im Gegenzug zeigte sich der Ständerat in der nächsten Runde mit den höheren Beiträgen für den Kinderschutz einverstanden, nachdem der Nationalrat zuvor an seiner Position festgehalten hatte. Bezüglich der Frage der Umwelttechnologie nahm der Nationalrat in der ersten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens einen Kompromissvorschlag an, wonach der Betrag statt auf CHF 7 Mio. auf CHF 5 Mio. aufgestockt werden sollte, wie die FK-SR zuvor erfolglos vorgeschlagen hatte. Eine Erhöhung sei jedoch sinnvoll, da in diesem Bereich die Mittel fehlten, um die zahlreichen Gesuche zur Weiterentwicklung von Umwelttechnologien weiterzuverfolgen, betonte Kommissionssprecher Fischer (glp, LU). Entgegen einer Minderheit Knecht (svp, AG), welche auf dem bundesrätlichen Vorschlag bestand, willigte der Ständerat ein und bereinigte diese Differenz. Ohne Minderheit und somit stillschweigend pflichtete der Nationalrat dem ständerätlichen Vorschlag auf Streichung der CHF 20 Mio. für Härtefälle bei den Geschäftsmieten bei, nachdem das Parlament das neue Geschäftsmietegesetz in der Zwischenzeit versenkt hatte.
Eine weitere Runde dauerte es zur Bereinigung der Fragen im Bildungsbereich. Hier hatten sowohl der Nationalrat als auch der Ständerat an ihren Positionen festgehalten, solange die BFI-Botschaft noch nicht bereinigt war. Nach deren Abschluss übernahmen die Räte die entsprechenden Entscheidungen in den Voranschlag; der Nationalrat verzichtete beim Finanzierungsbeitrag an den ETH-Bereich und bei Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung auf die Aufstockung, hielt aber bei den Innovations- und Projektbeiträgen daran fest, was der Ständerat in der Folge bestätigte. In derselben Runde konnte auch die Frage bezüglich der Finanzierung der Regionalflugplätze in den Finanzplanjahren bereinigt werden, nachdem der Nationalrat anstelle seiner Kommission einer Minderheit Gmür (cvp, NR) gefolgt war, welche dem Ständerat und somit der Erhöhung des Kredits beipflichten wollte. Zuvor hatte Gmür die volkswirtschaftliche und sicherheitstechnische Relevanz dieser Flugplätze betont und seine Sympathien für die zusätzlichen Gelder bekundet. Es gehe aber nicht nur darum, die Finanzierung dieser Flugplätze im Voranschlagsjahr zu sichern, sondern auch in den darauffolgenden Jahren, begründete er seinen Antrag.
Als letzte Differenz überdauerte schliesslich die Frage der Finanzierung der internationalen Mobilität in der Bildung die vorangehenden Beratungen. Der Nationalrat blieb bei seiner Entscheidung, die für die Finanzplanjahre für die Vollassoziierung an Erasmus plus erwarteten Kosten bereits in den Finanzplan aufzunehmen, während der Ständerat darauf beharrte, auf einen entsprechenden Finanzbeschluss des Bundesrates zu warten. Ohne grosse Überzeugung empfahl Kommissionssprecher Hegglin (cvp, ZG) dem Ständerat in der letzten Behandlungsrunde des Differenzbereinigungsverfahrens, die entsprechenden Beträge im Finanzplan gutzuheissen. Das sei weder ein Ausgabenbeschluss noch als Präjudiz zu verstehen; sobald der Bundesrat eine entsprechende Botschaft vorgelegt habe, könne man die definitiven Beträge festlegen. Stillschweigend räumte der Ständerat in der Folge auch diese Differenz aus.

Dies war jedoch noch nicht das Ende des Differenzbereinigungsverfahrens, da der Bundesrat Mitte Dezember und damit noch während der Beratung des Voranschlags 2021 in Übereinstimmung mit dem geänderten Covid-19-Gesetz eine vierte Nachmeldung zum Voranschlag vorgelegt und darin den Betrag für die kantonalen Härtefallmassnahmen für Unternehmen von CHF 680 Mio. um CHF 1.25 Mrd. auf CHF 1.9 Mrd. erhöht hatte. Obwohl dieser Budgetposten bereits bereinigt gewesen war, nahmen National- und Ständerat in den letzten Runden des Differenzbereinigungsverfahrens dessen Beratung nach einem Rückkommensbeschluss beider Finanzkommissionen wieder auf. Der Bundesrat beabsichtigte die zusätzlichen Mittel in zwei Tranchen à je CHF 750 Mio., wobei die erste Tranche zu zwei Dritteln vom Bund und zu einem Drittel von den Kantonen finanziert wird, zur Verfügung zu stellen. Die zweite Tranche, die der Bund alleine leistet, soll vorerst «quasi in Reserve behalten» (Fischer: glp, LU) werden. Die FK-NR beantragte zwar mit 22 zu 1 Stimmen deutlich die Annahme der Aufstockung, Fischer betonte aber, dass es diesbezüglich zu ausführlichen Diskussionen gekommen sei. Alternativ müsse man auch über A-Fonds-perdu-Beiträge sowie über eine Wiedereröffnung des Covid-19-Solidarbürgschaftsprogramms nachdenken. Stillschweigend hiessen sowohl National- als auch Ständerat die zusätzlichen Unterstützungsgelder gut und machten damit das eingangs der Session angenommene Notbudget obsolet.

Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 (BRG 20.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Wie so vieles im Jahr 2020 stand auch der in der Wintersession 2020 zusammen mit der Staatsrechnung 2019 und dem ordentlichen zweiten Nachtrag zum Voranschlag 2020 behandelte Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 im Zeichen der Corona-Pandemie. Zum ersten Mal hatten sich National- und Ständerat vorgängig auf ein Notbudget geeinigt für den Fall, dass die Session Corona-bedingt abgebrochen werden müsste und der Voranschlag deshalb nicht zu Ende beraten werden könnte. Zudem hatte das Parlament neben unzähligen traditionellen erneut auch über zahlreiche im ursprünglichen Voranschlag oder in einer der drei vom Bundesrat eingereichten Nachmeldungen aufgeführten Corona-bedingten Budgetposten zu beraten, wobei es gleichzeitig entscheiden musste, welche davon als ausserordentliche Ausgaben verbucht und damit von der Schuldenbremse ausgenommen werden sollen. Die Kommissionssprecher Nicolet (svp, VD) und Fischer (glp, LU) erläuterten, dass das ursprüngliche Budget des Bundesrates ein Defizit von CHF 1.1 Mrd. aufgewiesen habe, dass dieses durch die Nachmeldungen aber auf über CHF 2 Mrd. CHF angestiegen sei; auf über CHF 4 Mrd. gar, wenn man die ausserordentlichen Ausgaben miteinbeziehe. Keine unwesentliche Rolle spielten dabei die Corona-bedingten Mehrausgaben, welche sich auf CHF 5.4 Mrd. beliefen (CHF 2.5 Mrd. davon sollten als ordentlicher, CHF 2.9 Mrd. als ausserordentlicher Zahlungsbedarf verbucht werden).
In der Folge beriet die grosse Kammer zwar einmal mehr zahlreiche Minderheitsanträge, nahm jedoch nur 7 Minderheits- oder Einzelanträge an und änderte die bundesrätliche Version nur in 14 Bereichen ab. Dadurch erhöhte der Nationalrat die Ausgaben gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf um CHF 726 Mio. und gegenüber der FK-NR um CHF 15 Mio. und nahm den Entwurf zum Schluss mit 190 zu 2 Stimmen deutlich an.

Vor der Detailberatung betonten die Kommissionssprecher, dass die FK-NR dem Bundesrat weitgehend gefolgt sei, gerade bei den Covid-19-Massnahmen und bei den Direktzahlungen in der Landwirtschaft aber einige Änderungen angebracht habe. Insgesamt schöpfe die Kommission den Schuldenbremse-bedingten Spielraum mit einem Defizit von CHF 2 Mrd. nicht vollständig aus – möglich wäre ein Defizit von CHF 3.2 Mrd. Der dadurch verbleibende strukturelle Überschuss von CHF 1.2 Mrd. sollte, wie vom Bundesrat vorgeschlagen, dem Amortisationskonto der Schuldenbremse gutgeschrieben und entsprechend für den Abbau der als ausserordentliche Ausgaben verbuchten Corona-Defizite verwendet werden, wie es der Bundesrat auch für den budgetierten Überschuss in der Staatsrechnung 2019 beantragt hatte.
Ergänzend wies Finanzminister Maurer darauf hin, dass das Budget mit sehr vielen Unsicherheiten belastet sei. Je nach Dauer und Anzahl der Corona-Wellen und der Erholungszeit gewisser Bereiche könne sich der Voranschlag durch kommende Nachträge durchaus noch verschlechtern. Man habe hier aber ein Budget ohne Sparmassnahmen erstellt, um der Wirtschaft zu helfen, wieder auf die Beine zu kommen, betonte er.

Der Nationalrat behandelte die einzelnen Budgetposten in sieben Blöcken, beginnend mit den Covid-19-Unterstützungshilfen. Stillschweigend folgte er dem Bundesrat dabei bei den meisten seiner Nachmeldungen, zum Beispiel bezüglich der Leistungen des Erwerbsersatzes, welche der Bundesrat von anfänglich CHF 490 Mio. auf CHF 2.2. Mrd. aufgestockt hatte, nachdem das Parlament im Rahmen des Covid-19-Gesetzes auch indirekt betroffenen Selbständigen Zugang zur EO gewährt hatte; bezüglich der Unterstützung für den Kulturbereich, wie sie in der Herbstsession 2020 in der Kulturbotschaft beschlossen worden war; bezüglich der Arzneimittelbeschaffung; der Lagerhaltung von Ethanol; der Härtefallentschädigung für Vermietende; des öffentlichen Verkehrs oder der Stabilisierung von Skyguide. Minderheitsanträge lagen unter anderem bezüglich der kantonalen Härtefallmassnahmen für Unternehmen vor. Hier hatte der Bundesrat den anfänglichen Verpflichtungskredit von CHF 200 Mio. auf CHF 680 Mio. aufgestockt, eine Minderheit Widmer (sp, ZH) verlangte hingegen eine weitere Erhöhung auf CHF 1 Mrd. Bundesrat Maurer bat den Rat jedoch darum, bei den mit den Kantonen ausgehandelten CHF 680 Mio. zu bleiben, da eine Erhöhung gegen Treu und Glauben verstossen würde – die Kantone müssten entsprechend ebenfalls höhere Beträge sprechen. Zudem wollte dieselbe Minderheit Widmer den Verpflichtungskredit durch einen Zahlungskredit ersetzen, so dass diese Mittel den Kantonen rasch zur Verfügung stehen könnten; die Kommission schlug stattdessen eine Ergänzung des Verpflichtungskredits durch einen entsprechenden Zahlungskredit vor. Finanzminister Maurer kritisierte die Umwandlung, da sie dem Finanzhaushaltsgesetz widerspreche und sich der Bund ja erst beteiligen müsse, wenn die Kantone durch ihre Darlehen Verluste erlitten. Entsprechend müssten die nicht ausgeschöpften Kredite jeweils übertragen werden. Mit 110 zu 78 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen die Minderheit Widmer aus, die immerhin bei den geschlossen stimmenden SP-, Grünen- und GLP-Fraktionen Anklang fand, nahm jedoch den neuen Zahlungskredit stillschweigend an.

Im zweiten Block – Beziehungen zum Ausland und Migration – lagen zwei Gruppen von Minderheitsanträgen vor. So beantragten auf der einen Seite Minderheiten aus der SVP-Fraktion (Grin (svp, VD) und Keller (svp, NW)), Beträge bei der Entwicklungszusammenarbeit, bei multilateralen Organisationen oder bei den Darlehen und Beteiligungen in Entwicklungsländern zu senken und sie damit auf dem Stand des Vorjahres zu belassen. Nicht nur in den Entwicklungsländern, auch in der Schweiz müsse man der schwierigen Rechnungssituation 2021 Rechnung tragen, argumentierte etwa Grin. Auf der anderen Seite versuchten Minderheiten aus der SP- und der Grünen-Fraktion (Friedl (sp, SG) und Wettstein (gp, SO)), unter anderem die Kredite der Entwicklungszusammenarbeit, für humanitäre Aktionen, zur zivilen Konfliktbearbeitung sowie für Integrationsmassnahmen für Ausländerinnen und Ausländer zu erhöhen, um sicherzustellen, dass die APD-Quote, welche auf 0.5 Prozent des BNE festgelegt worden war, auch wirklich erreicht werde. Roland Fischer (glp, LU) verwies für die Kommission darauf, dass die Kredite im Budget den Parlamentsbeschlüssen zu den Zahlungsrahmen für internationale Zusammenarbeit entsprechen und die Kommission entsprechend Erhöhungen oder Kürzungen ablehne. Folglich sprach sich der Nationalrat gegen sämtliche Minderheitsanträge aus, diese fanden denn auch kaum über die jeweiligen Fraktionen hinaus Unterstützung.

Dasselbe Bild zeigt sich im dritten Block, in dem es um die soziale Wohlfahrt ging. Minderheiten Guggisberg (svp, BE) und Nicolet (svp, VD) beantragten tiefere Kredite respektive den Verzicht auf eine Aufstockung der Kredite für Massnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern, für familienergänzende Kinderbetreuung sowie für den Kinderschutz und die Kinderrechte. Die entsprechenden Aufgaben lägen vor allem in der Kompetenz der Gemeinden und Kantone, weshalb auf eine Aufstockung beim Bund verzichtet werden solle. Eine Minderheit Dandrès (sp, GE) wollte das Budget des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen aufstocken, weil gerade Menschen mit Behinderungen von der Corona-Pandemie besonders stark getroffen worden seien. Zudem sollte auch der Betrag des Bundesamtes für Verkehr zur Behindertengleichstellung für Investitionen in die Barrierefreiheit aufgestockt werden. Letzterer Betrag sei jedoch nicht gekürzt worden, wie einige Sprechende vermuteten, sondern werde neu über den Bahninfrastrukturfonds finanziert, erklärte Finanzminister Maurer. Auch in diesem Block wurden sämtliche Minderheitsanträge deutlich abgelehnt.

Im vierten Block, in dem es um Kultur, Bildung, Forschung und Sport ging, waren die Bildungsanträge wie in früheren Jahren vergleichsweise erfolgreich. Der Nationalrat stimmte Einzelanträgen von Christian Wasserfallen (fdp, BE) sowie Matthias Aebischer (sp, BE) und einem Minderheitsantrag Schneider Schüttel (sp, FR) zu. Wasserfallen und Aebischer wollten verschiedene Kredite des SBFI und des ETH-Bereichs aufstocken (unter anderem den Finanzierungsbeitrag an den ETH-Bereich und an die Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung) und damit die Entscheidungen des Nationalrats aus der BFI-Botschaft, die sich gerade im Differenzbereinigungsverfahren befand, aufnehmen. Alle vier Einzelanträge fanden im Rat eine Mehrheit, obwohl sie von der SVP- sowie von mehr oder weniger grossen Teilen der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion abgelehnt wurden. Die Minderheit Schneider Schüttel wollte den Betrag bei der internationalen Bildungs-Mobilität verdoppeln und auch in den Finanzplanjahren sehr stark aufstocken, um so ab 2021 die Schweizer Vollassoziierung an Erasmus plus zu finanzieren. Kommissionssprecher Fischer (glp, LU) wies jedoch darauf hin, dass die Bedingungen für die Teilnahme von Drittstaaten noch nicht bekannt seien und man das Geld entsprechend erst dann beantragen wolle, wenn man die genauen Kosten kenne. Der Nationalrat folgte der Kommission diesbezüglich zwar im Voranschlagsjahr, nahm aber die Erhöhungen für die Finanzplanjahre mit 93 zu 86 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) an. Erfolglos blieben in diesem Block Kürzungsanträge bei Pro Helvetia, bei verschiedenen Kultureinrichtungen (Minderheiten Guggisberg), deren Kredit die FK-NR aufgrund der Kulturbotschaft aufgestockt hatte, sowie beim Schiesswesen (Minderheit Wettstein).

Landwirtschaft und Tourismus standen im fünften Block im Zentrum und einmal mehr wurde die 2017 angenommene Motion Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) zum Streitpunkt. Der Bundesrat hatte die Direktzahlungen gegenüber dem Jahr 2020 aufgrund der negativen Teuerung reduziert – gemäss der Motion Dittli soll jeweils die tatsächlich stattgefundene Teuerung verrechnet werden. Die Kommission schlug nun aber vor, zum früheren Betrag zurückzukehren. Der Finanzminister zeigte sich genervt über diesen Entscheid: Die Parlamentarierinnen und Parlamentarier müssten sich überlegen, «ob Sie uns überhaupt solche Aufträge erteilen wollen, wenn Sie sich letztlich nicht daran halten. Das auszurechnen, gibt nämlich einiges zu tun». Mit dieser Darstellung zeigten sich aber verschiedene Sprechende nicht einverstanden. So argumentierten Heinz Siegenthaler (bdp, BE) und Markus Ritter (cvp, SG), dass der Bundesrat in der Botschaft zur Agrarpolitik 2018-2021 die Teuerung nicht ausgleichen wollte und zusätzlich eine nominelle Kürzung vorgenommen habe. Das Parlament habe in der Folge auf die Teuerung verzichtet, aber die Kürzung rückgängig gemacht. Nun dürfe aber keine Teuerung korrigiert werden, die man gar nie gewährt habe. Auch eine linke Minderheit Schneider Schüttel (sp, FR) zeigte sich bereit, die Direktzahlungen zu erhöhen, solange dies zielgerichtet erfolge, und schlug vor, als Reaktion auf das abgelehnte Jagdgesetz eine Krediterhöhung um CHF 1.6 Mio. in den Planungsgrössen den Sömmerungsbeiträgen an die nachhaltige Schafalpung zuzuweisen. Eine zweite Minderheit Schneider Schüttel beantragte, bezüglich der Direktzahlungen dem Bundesrat zu folgen. Der Rat entschied sich in der Folge sowohl für eine Erhöhung um CHF 1.8 Mio. für die Sömmerungsbeiträge als auch für die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Erhöhung um fast CHF 17 Mio. und lehnte entsprechend den Antrag der Minderheit II ab. Weitere Minderheitsanträge zur Pflanzen- und Tierzucht und zur Förderung von Innovationen und Zusammenarbeit im Tourismus (Minderheiten Wettstein) fanden keine Mehrheit, jedoch folgte der Nationalrat stillschweigend dem Antrag seiner Kommission, das Globalbudget von Agroscope für deren Restrukturierung um CHF 4.1 Mio. aufzustocken.

Im sechsten Block behandelte der Rat die Themen Verkehr und Umwelt und änderte hier stillschweigend die Sollwerte für die Auslastung des öffentlichen Verkehrs und des Schienengüterverkehrs. Diese sollen überdies auch in den Finanzplanjahren um jährlich 0.1 Prozent steigen. Erfolgreich war auch eine Minderheit Gschwind (cvp, JU), die beantragte, den Kredit für Schäden durch Wildtiere, Jagd und Fischerei nicht zu erhöhen, da hier bereits genügend Mittel vorhanden seien (106 zu 86 Stimmen). Erfolglos blieben Minderheitsanträge auf höhere Kredite für den Technologietransfer und den Langsamverkehr (Minderheit Brélaz: gp, VD) und auf einen tieferen Kredit für Natur und Landschaft (Minderheit Nicolet). Bei der Förderung von Umwelttechnologien wollte die Kommissionsmehrheit den vom Bundesrat vorgeschlagenen Betrag um CHF 3 Mio. erhöhen und den Anfangsbetrag damit fast verdoppeln, was eine Minderheit Gmür bekämpfte. Die Förderung könne auch durch die Privatwirtschaft geschehen, nicht immer durch den Staat – sofern die Projekte gut seien. Die grosse Kammer folgte jedoch ihrer Kommissionsmehrheit.

Im siebten und letzten Block standen Eigenaufwand und Verwaltungsprozesse im Zentrum, wobei der Rat überall seiner Kommission folgte. Er lehnte sämtliche Anträge auf Kürzung, zum Beispiel bei den Parlamentsdiensten, bei denen eine Minderheit Strupler (svp, TG) auf zusätzliches bewaffnetes Sicherheitspersonal im Parlamentsgebäude verzichten wollte, oder bei der Aufstockung des Globalbudgets des BAFU (Minderheit Dandrès), ab. Umstrittener war die Frage, ob das Globalbudget des NDB erhöht und stattdessen der Kredit für Rüstungsaufwand und -investitionen des VBS reduziert werden soll. Eine Minderheit Widmer (sp, ZH) lehnte diesen Austausch ab, der Rat stimmte dem Kommissionsantrag jedoch deutlich zu. Abgelehnt wurde schliesslich auch der Antrag einer Minderheit Schwander (svp, SZ), wonach die gesamten Personalausgaben in den Finanzplanjahren sukzessive auf CHF 6 Mrd. reduziert und dort plafoniert werden sollten. Schliesslich schlug die Kommission vor, für die Zentrale Ausgleichsstelle (ZAS), die für die Durchführung der Sozialversicherungen der 1. Säule zuständig ist, vier neue Planungsgrössen bezüglich einer effizienten Bearbeitung der Versichertendossiers einzuführen, um so deren Effizienz zu steigern. Obwohl Finanzminister Maurer um die Annahme der Minderheiten Fischer und Gysi (sp, SG) für einen Verzicht auf die neuen Sollwerte bat, weil die ZAS inmitten eines Umbaus ihrer Informatik sei, wodurch die Effizienz der Institution ab 2024 gesteigert werden könne, sprach sich der Nationalrat für die Änderung aus.

Insgesamt erhöhte der Nationalrat damit die Ausgaben gegenüber dem bundesrätlichen Entwurf um CHF 726 Mio. und gegenüber der FK-NR um CHF 15 Mio. Offen war schliesslich noch die Frage, welche Kredite als ausserordentliche Ausgaben verbucht werden sollen. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Covid-Kosten für die Erwerbsausfallentschädigungen für Selbständigerwerbende (CHF 2.2 Mrd.) und CHF 680 Mio. für die Härtefallhilfe der Kantone als ausserordentlichen Kredite zu behandeln, während die übrigen Corona-bedingten Ausgaben über CHF 2.5 Mrd. dem ordentlichen Zahlungsbedarf zugerechnet werden sollten. Die Kommission beantragte dem Bundesrat zu folgen, während eine Minderheit Fischer (glp, LU) die gesamten Corona-bedingten Mehrkosten von CHF 5.4 Mrd. als ausserordentliche Ausgaben dem Amortisationskonto belasten wollte. Eine einheitliche Verbuchung würde eine höhere Transparenz ermöglichen, erklärte Fischer, zumal es keine objektiven und rechtlichen Kriterien für eine Einteilung in ordentliche und ausserordentliche Ausgaben gebe. Zusätzlich würde dadurch der Schuldenbremse-bedingte Spielraum vergrössert, indem der strukturelle Überschuss von CHF 1.2 Mrd. auf CHF 3.7 Mrd. erhöht würde. Unverändert bliebe dabei das Finanzierungsdefizit in der Höhe von CHF 4.917 Mrd. Auch Finanzminister Maurer bestätigte, dass die Verbuchung keine exakte Wissenschaft sei und entsprechend beide Lösungen möglich wären. Der Bundesrat habe diejenigen Ausgaben, die man «im Voraus» kenne, im ordentlichen Budget untergebracht und einzig die bei der Budgetierung unbekannten Kredite für die EO und die Härtefallhilfen ausserordentlich verbucht. Die Transparenz werde zukünftig durch einen noch zu erstellenden Zusatzbericht hergestellt, welcher die gesamten aufgeschlüsselten Kosten der Covid-19-Krise für den Bund aufzeigen werde. Mit 112 zu 73 Stimmen folgte der Rat gegen den Willen der SP, der Grünen und der GLP der Kommissionsmehrheit. In der darauffolgenden Gesamtabstimmung sprach sich der Nationalrat mit 190 zu 2 Stimmen für seinen Budgetentwurf aus. Die ablehnenden Stimmen stammten von Erich Hess (svp, BE) und Christian Imark (svp, SO). Auch die Bundesbeschlüsse zu den Planungsgrössen, Finanzplanjahren, zum Bahninfrastrukturfonds und dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrsfonds wurden jeweils sehr deutlich angenommen.

Voranschlag 2021 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2022-2024 (BRG 20.041)
Dossier: Bundeshaushalt 2021: Voranschlag und Staatsrechnung
Dossier: Mögliche Massnahmen zur Reduktion des Covid-19-bedingten Defizits

Le Conseil national s'est à son tour prononcé sur l'initiative parlementaire Müller (plr, AG). Il a suivi l'avis de sa commission et l'a refusée, par 112 voix contre 78 et une abstention. Selon la commission, il n'y avait pas de plus-value à modifier les conditions de regroupement familial pour un permis qui ne sera très vraisemblablement jamais utilisé. Cependant, la CIP-CN est d'avis qu'il faudrait se pencher sur le statut d'admission provisoire, quand bien même sa réforme a été abandonnée.

Conditions de regroupement familial pour les personnes à protéger et les personnes admises à titre provisoire (Iv.pa. 16.403)