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Akteure

  • Schweiger, Rolf (fdp/plr, ZG) SR/CE
  • Binder, Max (svp/udc, ZH) NR/CN

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Im September 2017 reichten die WAK-NR (Mo. 17.3706) sowie die WAK-SR (Mo. 17.3665) zwei gleich lautende Motionen zum Verzicht auf die Revision des Steuerstrafrechts ein, welche der Bundesrat zur Annahme empfahl. Ursprung der nun unliebsam gewordenen Revision war eine vom Parlament 2010 angenommene Motion Schweiger (fdp, ZG), welche zum Beispiel Rechtsunsicherheiten eliminieren, verschiedene Steuerarten vereinheitlichen oder eine Überbestrafung vermeiden wollte. Die als Antwort auf diese Motion ausgearbeitete Gesetzesrevision war jedoch in der Vernehmlassung grandios gescheitert, wie es Bundesrat Maurer ausdrückte. Die Revision hätte gemäss dem Finanzminister die Grenzen bezüglich Schutz der Privatsphäre und Schutz des Bankkundengeheimnisses so stark verschoben, dass die Vorlage nicht mehr mehrheitsfähig war. Daher hatte der Bundesrat die Revision im November 2015 zurückgestellt. Als Reaktion unter anderem auf diese Vorlage wurde jedoch die Volksinitiative „Ja zum Schutz der Privatsphäre“ eingereicht, welche das inländische Bankkundengeheimnis in der Verfassung verankern wollte. Während sich der Nationalrat für einen Gegenvorschlag zur Initiative aussprach, lehnte der Ständerat einen solchen aber ab. Stattdessen reichte die WAK-SR obige Kommissionsmotion zum Verzicht auf die Revision ein. Der Nationalrat zog nach und beschloss zudem, die Behandlung der Volksinitiative und des Gegenvorschlags bis nach der Wintersession 2017 – also bis nach der Behandlung der zwei Kommissionsmotionen – zu sistieren.

In Anbetracht dieser Vorgeschichte stand die Diskussion der Kommissionsmotionen im Nationalrat im Zeichen der Signalwirkung auf die Initianten der sogenannten „Matter-Initiative”. Etwas kryptisch erklärte zum Beispiel Leo Müller (cvp, LU), dass eine Annahme der zwei Motionen und die Signale des Bundesrates, das Steuerstrafrecht nicht mehr zu traktandieren, dafür sorgen könnten, dass „die Initianten über das weitere Vorgehen und über das Schicksal dieser Initiative entscheiden“ und die Initiative mit anderen Worten zurückziehen würden. Dieses „vorauseilende Geschenk“ an die Initianten kritisierte aber nicht nur Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) und mit ihr die linke Ratshälfte. Deutliche Kritik äusserte auch Martin Landolt (bdp, GL), der die Motionen als „aktive Sterbehilfe“ für die Volksinitiative bezeichnete. Es sei nicht Aufgabe von Parlament und Bundesrat, den Initianten den Rückzug zu erleichtern. Die Annahme der Motion stelle einen Verzicht auf die Chancen, welche eine Revision durchaus haben könnte, dar, was Landolt unter anderem als Arbeitsverweigerung bezeichnete. Auf Nachfrage betonte Bundesrat Maurer zudem, dass es keine Absprachen zwischen ihm, den Initianten und den Urhebern des Gegenvorschlags gäbe. Vielmehr brachte er einen anderen, formelleren Aspekt für den Verzicht auf die Revision ins Spiel. So könne man im schweizerischen demokratischen Prozess nicht einfach eine Vorlage aus dem Jahr 2013 nach fünf Jahren wieder hervornehmen, da sich das Umfeld stark verändert habe. Dazu bedürfe es mindestens einer neuen Vernehmlassung, zudem müsse die Verrechnungssteuerreform in Betracht gezogen werden. Im Sinne einer Frontbereinigung oder „einer Beruhigung der Wogen, die mit einer Volksinitiative hochgegangen sind“ sollen die Motionen angenommen werden, empfahl Maurer weiter. Mit 120 zu 64 Stimmen (bei einer Enthaltung) nahm eine aus den SVP-, FDP- und CVP-Fraktionen bestehende Mehrheit des Nationalrats die beiden Motionen an.

Verzicht auf Revision des Steuerstrafrechts

Im Kanton Zürich kandidierten für die Nationalratswahlen 2015 insgesamt 873 Personen auf 35 Listen, was einen neuen Rekord hinsichtlich Listen, aber nicht hinsichtlich Bewerberinnen und Bewerbern bedeutete – 2003 hatten sich gar 964 Personen für einen Nationalratssitz beworben. Vor 12 Jahren wurde im Kanton auch der bisher höchste Frauenanteil unter den Kandidierenden gemessen (38.4%). Bei den eidgenössischen Wahlen 2015 betrug dieser Anteil im Kanton Zürich noch 34.8%. Der Altersschnitt aller Kandidierenden lag bei 41.6 Jahren. Die hohe Zahl an unterschiedlichen Listen war auch dem zu erwartenden stärkeren Wettbewerb geschuldet, war dem Kanton Zürich doch aufgrund des Bevölkerungswachstums ein zusätzlicher Nationalratssitz (neu: 35 Sitze) zugesprochen worden.
Die Linke verband ihre sieben Listen – neben der SP, der Juso, der GP und den jungen Grünen schlossen sich die Alternative Linke (Alternative Liste inkl. PdA und kommunistische Jugend), die Zentrumspartei und die von Kunstschaffenden für die Wahlen geschaffene Liste Kunst und Politik zusammen. Damit war es – anders als 2011 – wieder zu einem grossen linken Zusammenschluss gekommen. Rechts verband sich die SVP zusammen mit ihrer Jungpartei mit den vier Listen der EDU und mit der Autofahrerliste. Kein Platz wurde den SD gewährt. Auch die Mitte verband sich. Zu reden gab dabei, dass sich die GLP nicht nur mit CVP, BDP und EVP verband, sondern dass sich in dem Zusammenschluss neben den Piraten und der Tierpartei auch die Bewegung Ecopop befand, die noch im November 2014 mit der gleichnamigen Initiative eine extreme Zuwanderungsbeschränkung gefordert hatte. Keine Verbindungen ging die FDP ein.
Mit Max Binder (svp, ZH), Toni Bortoluzzi (svp, ZH) und Andreas Gross (sp, ZH) traten drei langjährige Zürcher Volksvertreter nicht mehr an. Die drei hatten seit 1991 im Nationalrat gesessen. Ebenfalls vakant wurde der Sitz von Jacqueline Fehr (sp, ZH), die im Frühjahr in die Zürcher Regierung gewählt worden war. Die Grünen mussten den Sitz des zurückgetretenen Daniel Vischer (gp, ZH) verteidigen. Aufgrund der kantonalen Wahlen versprachen sich die FDP, aber auch die SP, Chancen auf einen Sitzgewinn. Die SVP wollte unbedingt ihren vor vier Jahren verlorenen zwölften Sitz zurückerobern. Aber auch die EDU und die Alternative Liste hofften auf einen Überraschungserfolg.

Anders als in den meisten Kantonen konnte sich im Kanton Zürich die SP als Siegerin feiern lassen. Die Zürcher Genossen schafften mit Daniel Jositsch (sp, ZH) nicht nur erstmals seit 1983 wieder den Sprung in den Ständerat – und zwar überraschenderweise gleich im ersten Wahlgang – sondern sie konnten auch zwei zusätzliche Nationalratssitze gewinnen. Die neu neun Sitze wurden möglich, weil ein Wählerzuwachs von 1.6 Prozentpunkten (neu: 20.9%) verzeichnet werden konnte. Ein SP-Mandat wird von alt-Botschafter Tim Guldimann übernommen, der als Auslandschweizer am vierthäufigsten auf die SP-Liste gesetzt worden war. Allerdings ging einer der neuen SP-Sitze wohl auf Kosten der Zürcher Grünen, die nur noch zwei Vertreter nach Bern schicken und 2.1 Prozentpunkte an Wählerstärke einbüssten (6.3%). Über den stärksten Wählerzuwachs im Vergleich zu 2011 konnte sich die FDP freuen. Der Sprung von 11.6% auf 15% bedeutete auch den Gewinn eines zusätzlichen Sitzes (neu: 5 Sitze). Der SVP gelang die Rückeroberung ihres zwölften Sitzes dank eines leichten Wählerzuwachses von 0.5 Prozentpunkten. Viel zu reden gaben aber die starken Veränderungen innerhalb der Volkspartei selber. Mit Christoph Mörgeli (svp, ZH), Ernst Schibli (svp, ZH) und Hans Fehr (svp, ZH) wurden gleich drei arrivierte Parteigrössen abgewählt. Als fulminant wurde der Wahlerfolg von Roger Köppel (svp, NR) bezeichnet, der zürichweit am meisten Stimmen erhielt und vom 17. Listenplatz an die Spitze der Zürcher SVP-Vertreter gewählt wurde. Viele Stimmen erhielt auch der neu antretende Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der wohl auch von seiner Ständeratskandidatur profitierte. Zu den Verlieren gehörten neben den Grünen auch die GLP (neu: 3 Sitze; 7.2%) und die BDP (neu: 1 Sitz; 3.6%), die je einen Sitz abgeben mussten. Trotz leichten Wählerverlusten konnten die CVP (2 Sitze; 4%) und die EVP (1 Sitz; 2.8%) ihre Mandate halten. Die Alternative Liste (1.8%) und die EDU (1.6%) verfehlten ihr Ziel eines Sitzgewinnes hingegen recht deutlich. Allerdings dürften beide Parteien ihren jeweiligen Listenpartnern zu Sitzgewinnen verholfen haben. Mit insgesamt 14 Frauen (SVP: 2 von 12; SP: 5 von 9, FDP: 2 von 5; GLP: 1 von 3; CVP: 2 von 2; EVP: 1 von 1; BDP: 1 von 1) beträgt der Frauenanteil der Zürcher Delegation neu 40% (2011: 29.4%). Die Wahlbeteiligung lag mit 47.3% einen halben Prozentpunkt höher als noch 2011.

Kanton Zürich -Nationalratswahlen 2015
Dossier: Resultate Nationalratswahlen 2015 (nach Kantonen)

In der Sommersession 2015 nahm der Nationalrat die Beratung zur Volksinitiative „Für eine faire Verkehrsfinanzierung“ (Milchkuh-Initiative) auf. Wie schon in der kleinen Kammer gab es auch in der Volkskammer einen Rückweisungsantrag, der die Beratung der Initiative mit der Behandlung des NAF verknüpfen wollte. Der Rückweisungsantrag war von Nationalrat Français (fdp, VD) eingereicht und von rund einem Dutzend Mitgliedern der SVP-Fraktion mitunterzeichnet worden - auch von Mitgliedern des Initiativkomitees. Martin Candinas (cvp, GR) legte für die Kommissionsmehrheit dar, weshalb eine gemeinsame Behandlung von Volksinitiative und NAF nicht wünschenswert sei. Er warf dabei dem Initiativkomitee fehlende Kompromissbereitschaft vor, was von den Nationalräten und Mitgliedern des Initiativkomitees Rime (svp, FR), Binder (svp, ZH) und Amstutz (svp, BE) bestritten wurde. Als Roger Nordmann (sp, VD) für die Kommission sprach und der Initiative einen extremistischen Charakter bescheinigte, empörte sich die SVP-Fraktion. Ulrich Giezendanner (svp, AG), ebenfalls ein Mitglied des Initiativkomitees, forderte eine Entschuldigung für diese "Riesenfrechheit" – was Nordmann jedoch ausschlug. Der Rückweisungsantrag der Minderheit Français wurde äusserst knapp mit 93 zu 91 Stimmen bei 2 Enthaltungen abgelehnt. Für die Rückweisung stimmten die geschlossenen Fraktionen von SVP und FDP mit einzelnen Stimmen aus der CVP und der BDP. Die Fraktionen von SP, Grünen und GLP stimmten geschlossen dagegen. In der weiteren Debatte in der grossen Kammer argumentierten die Gegnerinnen der Vorlage mit den CHF 1.5 Mia., welche der Bundeskasse wegen der Initiative entgehen würden und mit den deswegen notwendigen Sparmassnahmen. Die Befürworterseite stellte hingegen die Vernachlässigung der Strasseninfrastruktur und die hohe Belastung durch Abgaben im Strassenverkehr in den Vordergrund. Der Minderheitsantrag Wobmann (svp, SO), der die Initiative zur Annahme empfehlen wollte, unterlag dem Mehrheitsantrag der Kommission schliesslich mit 97 zu 65 Stimmen bei 11 Enthaltungen. Für die Minderheit stimmte die geschlossene SVP-Fraktion und ein gutes Drittel der FDP-Fraktion. Die Hälfte der Mitglieder der FDP-Fraktion enthielt sich der Stimme oder entzog sich der Abstimmung. Während die Fraktionen von SP, Grünen und GLP geschlossen für den Mehrheitsantrag stimmten, taten dies die Fraktionen von CVP und BDP grossmehrheitlich.

Milchkuh-Initiative (14.089)
Dossier: Volksinitiative "Für eine faire Verkehrsfinanzierung"

Der Bundesrat gab im April 2014 die Erarbeitung einer Botschaft zur Revision des Steuerstrafrechts in Auftrag. Diese stützte sich auf eine bereits 2013 abgeschlossene Vernehmlassung. Kernstück der Vorlage sollte die Abschaffung des eigenständigen Straftatbestands des Steuerbetrugs bilden. Der Bundesrat sah vor, Steuerbetrug neu als qualifizierte Steuerhinterziehung zu handhaben, wodurch unter anderem Doppelverfahren vermieden werden sollten. Aufgrund des erweiterten Zugangs zu Bankdaten für Behörden kam die erwartete Gesetzesänderung einer Aufweichung des inländischen Bankgeheimnisses gleich. Das Parlament konnte sich bis zum Jahresende 2014 noch nicht zur Vorlage äussern. Die mit dem Geschäft zusammenhängende Motion Schweiger (fdp, ZG) war am Jahresende formell weiterhin beim Bundesrat pendent.

Erarbeitung einer Botschaft zur Revision des Steuerstrafrechts

In der Frühjahrssession nahm sich der Ständerat dem Vorschlag der Staatspolitischen Kommission des Nationalrates an, die aufgrund zweier parlamentarischer Initiativen Binder (svp, ZH) und Leutenegger Oberholzer (sp, BL), denen 2011 Folge gegeben worden war, einen Gesetzesentwurf für eine zweijährige Karenzfrist für die Übernahme von Mandaten durch ehemalige Bundesrätinnen und Bundesräte vorgelegt hatte. Die Debatte hatte ihren Anfang in der Übernahme eines Verwaltungsmandates des ehemaligen Bundesrats Moritz Leuenberger bei der Baufirma Implenia kurz nach seinem Rücktritt genommen. Dies hatte damals zu einigem Unmut geführt, weil Implenia seinerzeit auch Bundesaufträge aus dem UVEK erhalten hatte, dem Leuenberger vorgestanden war. Der Nationalrat hatte den Entwurf 2013 angenommen. Die SPK des Ständerats empfahl allerdings Nichteintreten. Erstens dämpfe die zeitliche Distanz emotionale Überreaktionen. Zweitens sehe der Gesetzesentwurf keine Sanktionen bei Nichteinhaltung vor, was nicht wirklich glaubwürdig sei. Drittens seien zunehmend junge Politiker in Exekutivämtern, die man nicht zu Sesselklebern machen wolle. Nach ihrer Amtszeit sei es nicht mehr als normal, dass die junge Elite ihr politisches Wissen auch der Wirtschaft zur Verfügung stelle. Politische Moral sei nicht per Gesetz festsetzbar. Die Kommission verwies zudem auf das Aide-Mémoire des Bundesrates, das Bunderatsmitglieder nach dem Ausscheiden aus der Exekutive zur Sorgfalt bei der Wahl einer neuen Erwerbstätigkeit ermahnt. Die Ratsminderheit, die auf Eintreten plädierte, machte vergeblich geltend, dass es hier nicht um einen Einzelfall gehe, sondern um eine klare Regelung, die zudem nicht von der ausführenden, sondern von der gesetzgebenden Gewalt bestimmt werden müsse. Eine solche klare Regel würde zudem auch abtretende Bundesräte vor medialer Polemik schützen. Mit 31 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen entschied sich die kleine Kammer allerdings für Nichteintreten. Zurück im Nationalrat wurden noch einmal die zentralen Argumente für eine Karenzfrist debattiert: Eine solche Regelung sei auch in der Privatwirtschaft mit dem Konkurrenzverbot nicht unüblich, das öffentliche Interesse an der Glaubwürdigkeit in die Regierung müsse vorgehen, die Einschränkungen für ein zurücktretendes Regierungsmitglied seien auch in Anbetracht des Ruhegehaltes von CHF 200'000 gering und das Ansehen des Bundesrates würde generell gestärkt. Die grosse Kammer beharrte auf ihrem Entscheid, der mit 101 zu 74 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) gar noch deutlicher ausfiel als noch 2013. Weil aber auch der Ständerat diskussionslos an seinem Nichteintretensentscheid festhielt, wurde das Anliegen versenkt. Letztlich setzte sich also das Argument durch, dass man Anstand nicht verordnen könne und es für gewisse Dinge auch ein politisches Gespür brauche. Zudem helfe eine gewisse zeitliche Distanz auch, emotionale Überreaktionen zu dämpfen. Aufgrund eines Einzelfalles seien keine Gesetze zu erlassen.

Karenzfrist für die Übernahme von Verwaltungsratsmandaten (Pa. Iv. 10.511)
Dossier: Karenzfrist für Bundesratsmitglieder

Im Rahmen der Debatte zum Bundesgesetz über den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors war 2013 festgehalten worden, dass neben dem Korridor durch den Gotthard auch die Lötschberglinie ausgebaut werden soll. Da es auf der Lötschberglinie auf der italienischen Seite zwischen Iselle und Domodossola immer wieder zu Betriebsproblemen kommt, beauftragte die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrats mit einem Postulat den Bundesrat, zu prüfen, ob die Effizienz der Lötschberg-Simplon-Achse durch die Übernahme von Betrieb und Unterhalt der besagten Strecke durch SBB oder BLS erhöht werden könnte. Der Nationalrat behandelte dieses Postulat in der Sondersession am 6. Mai 2014. Eine Minderheit Binder (svp, ZH) beantragte die Ablehnung des Postulats und auch der Bundesrat sprach sich in seiner Stellungnahme deutlich gegen das Postulat aus. Während die Kommissionsminderheit mit den Kostenfolgen und der Verletzung des Territorialprinzips argumentierte, betonte Bundesrätin Leuthard, dass ein solches Übernahmeersuchen in Italien als arroganter und unfreundlicher Akt verstanden werden würde. Die Vertreter der Kommissionsmehrheit machten dagegen geltend, dass die Anschlussstrecke für die ganze Achse von grösster Wichtigkeit sei. Der Nationalrat nahm das Postulat äusserst knapp an: Mit Stichentscheid des Ratspräsidenten Lustenberger (cvp, LU) bei 87 zu 87 Stimmen und einer Enthaltung.

Kapazitätsoptimierung durch Übernahme des Betriebs und Unterhalts der Eisenbahnstrecke Iselle-Domodossola durch die Schweiz (13.4013)
Dossier: 4-Meter-Korridor auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard

Im Mai 2014 befand der Nationalrat als Erstrat über die Änderung des Strassentransportunternehmens- und Verkehrsstrafrechts. Zwei Entwürfe wurden behandelt. Zum einen lag ein Entwurf zum Bundesgesetz über die Zulassung als Strassentransportunternehmen vor, welcher Rechtsgleichheit zwischen europäischen und schweizerischen Transportunternehmen schaffen soll, indem Änderungen im EU-Recht, die seit Inkrafttreten des Landverkehrsabkommens vorgenommen worden waren, übernommen werden. Neu müssen Transportfahrzeuge bereits ab 3,5 t Gesamtgewicht lizenziert werden. Transporteure ohne Bewilligung können neu weit härter gebüsst werden. Zudem führt die Gesetzesänderung den Begriff des Verkehrsleiters oder der Verkehrsleiterin ein: Diese Person leitet die Verkehrstätigkeiten eines Strassentransportunternehmens dauerhaft und muss, damit ein Unternehmen eine Bewilligung erhält, zuverlässig, finanziell leistungsfähig und fachlich geeignet sowie vom Unternehmen angestellt sein und Wohnsitz oder Arbeitsort in der Schweiz haben. Die nationalrätliche Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF-NR) beantragte eine Änderung der bundesrätlichen Vorlage: Verkehrsleiter und Verkehrsleiterinnen sollen auch im Auftrag eines Unternehmens handeln können, ein Angestelltenverhältnis soll nicht zwingend bestehen. Dabei darf eine Verkehrsleiterin maximal für vier Unternehmen im Auftragsverhältnis tätig sein und eine Fahrzeugflotte von insgesamt höchstens 50 Fahrzeugen leiten. Der Nationalrat stimmte der Vorlage sowie dem Antrag seiner Kommission mit 129 zu 51 Stimmen zu, wobei sämtliche Gegenstimmen aus der SVP-Fraktion kamen. Der zweite Entwurf in der Vorlage galt einer Änderung des Bundesgesetzes über die Personenbeförderung. Die bundesrätliche Vorlage enthielt die Rechtsgrundlage dafür, dass konzessionierte Unternehmen Informationssysteme über Reisende ohne gültige Fahrausweise schaffen dürfen. Die KVF-NR wollte diese so erweitern, dass der Branchenverband ein zentrales Register führen darf. Eine Minderheit Trede (gps, BE) forderte, die Einträge in diesen Registern seien schon nach einem, nicht erst nach zwei Jahren zu löschen, wenn die Person die Zuschläge bezahlt hat und in dieser Zeit nicht erneut ohne gültigen Fahrausweis unterwegs war. Der Nationalrat entschied mit 122 gegen 13 Stimmen für den Antrag der Kommission und gegen die Minderheit Trede. Die Kommissionsmehrheit beantragte weiter die Bestrafung des vorsätzlichen Bettelns oder der Anstiftung zum Betteln in Bahnhöfen und Fahrzeugen des öffentlichen Verkehrs. Die bundesrätliche Vorgabe enthielt nur die Bestimmung, dass Betteln entgegen den Benützungsvorschriften bestraft werden kann. Eine Minderheit Binder (svp, ZH) wollte zudem aufnehmen, dass bestraft wird, wer trotz Verpflichtung seine Identität nicht bekanntgibt. Der Nationalrat entschied mit 113 zu 49 Stimmen für den Antrag der Kommission und gegen die Minderheit Binder. In der Gesamtabstimmung nahm die grosse Kammer die Vorlage mit 159 gegen 1 Stimme an. Die kleine Kammer befand in der Herbstsession über die Vorlage und stimmte im ersten Entwurf (Bundesgesetz über die Zulassung als Strassentransportunternehmen) dem Nationalrat einstimmig zu. Beim zweiten Entwurf (Bundesgesetz über die Personenbeförderung) hielt sich der Ständerat in der Frage des Bettelverbots an die bundesrätliche Vorlage: Die Transportunternehmen sollen regeln, ob Betteln erlaubt sei oder nicht. Mit dieser Abweichung vom Nationalrat nahm der Ständerat die Vorlage in der Gesamtabstimmung einstimmig an. Der Nationalrat behob die Differenz im Bettelverbot, indem er sich der Haltung von Bundesrat und Ständerat anschloss. In der Herbstsession 2014 stimmten beide Kammern in der Schlussabstimmung beiden Gesetzen zu.

Änderung des Strassentransportunternehmens- und Verkehrsstrafrechts (13.072)

Im Plenum des Nationalrates wurde der Verlagerungsbericht 2013 für die Periode von Juli 2011 bis Juni 2013 zusammen mit der Änderung des Bundesbeschlusses zum Zahlungsrahmen für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs im März 2014 diskutiert. Besonders die im Verlagerungsbericht angedeutete Möglichkeit, das Verlagerungsziel neu zu definieren, stiess auf grossen Widerstand. Der Bericht hielt fest, dass die technische Entwicklung und die Anreize über die LSVA den Ersatz von alten Lastwagen durch abgasarme Euro-VI-Fahrzeuge fördern würde, und dass dadurch die Belastung durch Luftschadstoffe entlang der Transitachsen bis 2020 stark abnehmen werde. Da es im Alpenschutzartikel vornehmlich um den Schutz des Alpenraums vor den negativen Begleiterscheinungen des Verkehrs gehe, werfe diese Entwicklung die Frage auf, ob das Verlagerungsziel noch angemessen sei. Vertreter von GPS, SP und GLP wollten nichts wissen von einer Neudefinition des Verlagerungsziels: Dieses sei bereits klar definiert (650'000 alpenquerende Lastwagenfahrten pro Jahr) und zum einen ein bestehender Verfassungsauftrag, zum anderen seien mit diesem Ziel stets die hohen Kosten der NEAT gegenüber dem Stimmvolk gerechtfertigt worden. Eine Herabsetzung dieses Zieles wäre deshalb eine inakzeptable Kehrtwende und eine Missachtung des Volkswillens, so Regula Rytz (gp, BE). Max Binder (svp, ZH) hingegen bezeichnete das Verlagerungsziel als „Fata Morgana“: Es sei willkürlich gesetzt worden und lasse sich nicht erreichen. Der Nationalrat nahm den Bericht schliesslich zur Kenntnis. Der Ständerat nahm den Verlagerungsbericht im Juni 2014 zur Kenntnis, nicht ohne vorher wie die grosse Kammer ausgiebig über das Verlagerungsziel debattiert zu haben.

Verlagerungsbericht 2013 (BRG 13.111)
Dossier: Verlagerungsberichte seit 2011
Dossier: Verlagerung von der Strasse auf die Schiene

Die Kommission für Verkehr und Fernmeldewesen des Nationalrates (KVF-NR) begrüsste den Entscheid des Bundesrates, den Zahlungsrahmen für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs um CHF 180 Mio. auf CHF 1'675 Mio. zu erhöhen und um fünf Jahre zu verlängern. Die KVF-NR beantragte dem Nationalrat, die Änderung des Bundesbeschlusses im Sinne des Bundesrates gutzuheissen. Mit der Verlängerung des Zahlungsrahmens soll die Verkehrsverlagerung abgesichert und den Unternehmen ermöglicht werden, erste Erfahrungen mit der NEAT und dem 4-Meter-Korridor zu machen. Eine Minderheit Binder (svp, ZH) verlangte, auf eine Erhöhung der Mittel zu verzichten und den Zahlungsrahmen nur um drei Jahre zu verlängern. Da die Unternehmen bisher mit einem Ende der Förderbeiträge im Jahr 2018 rechnen mussten, sei eine Verlängerung des Zahlungsrahmens ebenso unnötig wie die Erhöhung der Mittel. Die Minderheit Binder sei aber bereit, als Kompromiss den Zahlungsrahmen um drei Jahre zu verlängern, damit per 2018 übrige Restmittel auch noch eingesetzt werden könnten. Gegen den Minderheitsantrag wurde vorgebracht, dass die Erhöhung und Verlängerung des Zahlungsrahmens schon nur notwendig sei, um eine Rückverlagerung von der Schiene auf die Strasse zu verhindern. Der Minderheitsantrag würde deshalb dazu führen, dass das Verlagerungsziel noch deutlicher verpasst würde. Der Nationalrat entsprach schliesslich in der Schlussabstimmung im März 2014 dem Antrag seiner Kommission und nahm die Änderung des Bundesbeschlusses zum Zahlungsrahmen für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs mit 134 zu 54 Stimmen im Sinne des Bundesrates an. Bis auf drei Stimmen aus der FDP-Liberalen-Fraktion entfielen alle Nein-Stimmen auf die SVP-Fraktion. Der Ständerat befand im Juni 2014 über die Änderung des Bundesbeschlusses. Die KVF-SR empfahl der kleinen Kammer einstimmig, der grossen Kammer zu folgen und dem Geschäft ohne Änderung zuzustimmen. Mit 37 Stimmen bei einer Enthaltung nahm der Ständerat den Entwurf einstimmig an.

Änderung des Zahlungsrahmens für die Förderung des alpenquerenden Schienengüterverkehrs (BRG 13.102)

In Erfüllung der Motionen Büttiker (fdp, SO) (10.3921) und Hochreutener (cvp, BE) (10.3914) sowie zweier Motionen der Kommissionen für Verkehr und Fernmeldewesen (KVF) beider Räte (12.3330 / 12.3401), welche 2012 überwiesen worden waren, legte der Bundesrat im Mai seine Botschaft zu Bau und Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard vor. Das Geschäft enthielt das Bundesgesetz über den Bau und die Finanzierung eines 4-Meter-Korridors sowie den Bundesbeschluss über den Gesamtkredit. Um die Gotthardachse bis 2020 in einen durchgehenden 4-Meter-Korridor umzubauen, sind zwischen Basel und der Alpensüdseite 170 Ausbaumassnahmen umzusetzen. Dazu zählen Tunnelanpassungen und Änderungen an Perrondächern, Fahrleitungen, Signalanlagen und Überführungen, sowie der Neubau des Bözbergtunnels. Die Massnahmen in der Schweiz wurden auf rund CHF 710 Mio. veranschlagt, die Massnahmen für Anschlüsse in Italien auf CHF 230 Mio. Die Finanzierung könne zunächst über den FinöV-Fonds und später über den Bahninfrastrukturfonds BIF vorgenommen werden. Der Bundesrat hielt fest, dass die Mittel ausreichten, um neben allen beschlossenen Projekten im Rahmen von FABI auch den 4-Meter-Korridor zu realisieren. Am 25. September trat der Ständerat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Die KVF-SR stellte den Mehrheitsantrag, den Artikel 1 des Bundesgesetzes so zu ändern, dass nicht nur die Gotthardstrecke erwähnt wird, sondern allgemein die Nord-Süd-Verbindung. Damit könnten auch Massnahmen auf der Lötschberg-Linie ergriffen werden, ohne dass eine Gesetzesänderung notwendig würde. Eine Minderheit Theiler (fdp, LU) beantragte die Annahme des bundesrätlichen Vorschlages. Der Ständerat stimmte mit 23 zu 20 Stimmen für den Mehrheitsantrag. Die von der KVF-SR in Artikel 2 beantragte Streichung der Massnahmen in Giubiasco–Lugano Vedeggio (mit Kosten von CHF 10 Mio.) fand im Rat dagegen keine Mehrheit, er folgte dem Antrag des Bundesrates mit 26 zu 9 Stimmen. Hinsichtlich der Massnahmen für die Anschlüsse in Italien wollte die KVF-SR mit ihrem Mehrheitsantrag aufnehmen, dass für A-fonds-perdu-Beiträge an Italien ein überwiegendes Interesse der Schweiz gegeben sein muss. Ein Minderheitsantrag wollte verhindern, dass der Bundesrat eine Carte blanche für finanzielle Vereinbarungen mit Italien erhält. Der Rat folgte allerdings dem Mehrheitsantrag mit 31 zu 11 Stimmen und löste mit qualifiziertem Mehr von 36 zu 6 Stimmen die Ausgabenbremse. Bei der Finanzierung forderte die Mehrheit der KVF, dass diese zu einem Drittel aus Mineralölsteuererträgen und zu zwei Dritteln aus FinöV bzw. FABI erfolgen solle. Der Minderheitenantrag Imoberdorf (cvp, VS) beantragte dagegen die Annahme des bundesrätlichen Vorschlages, welcher eine Finanzierung rein aus FinöV und später aus dem BIF vorsah. Gegen die Teilfinanzierung mit Mitteln aus dem Strassenverkehr wurde vorgebracht, dass von diesen Mitteln bereits sehr viel für den Schienenverkehr eingesetzt werde und dass eine weitere Beanspruchung dieser Mittel die Zustimmung zur Vignettenpreiserhöhung und zu FABI in den jeweiligen Volksabstimmungen gefährden könnte. Der Rat entschied deshalb gegen weitere Mittel aus dem Strassenverkehr und nahm den Minderheitsantrag mit 28 zu 15 Stimmen an. Eine Minderheit Stadler (glp, UR) wollte schliesslich die zulässigen Höchstmasse für Fahrzeuge und Fahrzeugkombinationen aufnehmen und zwar so, dass sogenannte Gigaliner (mit einer Länge von 25 Metern und einem Gewicht von bis zu 60 Tonnen) nicht zugelassen würden. Gegen diesen Vorschlag wurde vorgebracht, dass die Gesetzesebene der falsche Ort sei, um die Dimensionen von Fahrzeugen zu regeln und er wurde entsprechend mit 23 zu 15 Stimmen abgelehnt. In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat das Bundesgesetz einstimmig (bei 7 Enthaltungen) an. In der Debatte des Bundesbeschlusses zum Gesamtkredit forderte der Mehrheitsantrag der KVF-SR eine Erhöhung der Beiträge an Massnahmen in Italien (Lötschberg-Simplon-Linie) um zusätzliche CHF 50 Mio. Dagegen wurde von Bundesrätin Leuthard eingewendet, dass die Schweiz mit Italien in Verhandlungen stehe und es taktisch falsch sei, den gesprochenen Betrag noch vor Abschluss der Verhandlungen aufzustocken. Zudem sei es unschön gegenüber jenen Kantonen, deren Anliegen zu FABI aus finanziellen Gründen zurückgestellt worden seien. Bei je 21 Stimmen für und gegen den Mehrheitsantrag entschied der Stichentscheid des Präsidenten für den Mehrheitsantrag. Die Ausgabenbremse wurde mit 24 zu 18 Stimmen gelöst und in der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Bundesbeschluss zum Gesamtkredit mit 26 zu 15 Stimmen an. Am 5. Dezember trat der Nationalrat ebenfalls ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein. Im Nationalrat wurden die gleichen Punkte diskutiert wie im Ständerat. Die grosse Kammer folgte ihrer Schwester in der allgemeinen Formulierung des Geltungsbereichs entgegen einem Minderheitenantrag Binder (svp, ZH), welcher die Zustimmung zur bundesrätlichen Fassung forderte, mit 111 zu 73 Stimmen. Wie im Ständerat waren auch im Nationalrat die Beiträge an Italien umstritten: Während der Mehrheitsantrag der KVF-NR die Zustimmung zur ständerätlichen Fassung beantragte, forderte eine Minderheit 1 Binder (svp, ZH), dass der Bundesrat zwar selbständig Darlehen an Italien vergeben dürfe, für A-fonds-perdu-Beiträge aber die Zustimmung der Bundesversammlung vorzusehen sei. Eine Minderheit 2 Binder (svp, ZH) forderte die integrale Streichung des Artikels zu Beiträgen an Italien. Begründet wurde dies mit dem Territorialprinzip: Die Schweiz solle nur auf Schweizer Boden investieren. Dem wurde von grünliberaler, sozialdemokratischer und grüner Seite entgegengehalten, dass die NEAT ohne Anschluss im Süden nicht den vollen Nutzen zur Verkehrsverlagerung entfalten könne. Der Mehrheitsantrag wurde den beiden Minderheitsanträgen deutlich vorgezogen, Gegenstimmen kamen fast ausschliesslich aus der SVP-Fraktion. Die Ausgabe wurde mit 138 zu 48 Stimmen angenommen, nur die SVP-Fraktion trat auf die Ausgabenbremse. Eine Minderheit Hardegger (sp, ZH) verlangte die Aufnahme von Höchstmassen von Fahrzeugen und Fahrzeugkombinationen in Artikel 9 des Strassenverkehrsgesetzes sowie einen entsprechenden Verweis im Bundesgesetz zum 4-Meter-Korridor. Wie schon im Ständerat wurde dagegengehalten, dass dafür die Verordnungs- und nicht die Gesetzesebene vorgesehen sei. Der Nationalrat nahm den Minderheitenantrag Hardegger trotzdem mit 119 zu 60 Stimmen an. In der Gesamtabstimmung wurde das Bundesgesetz einstimmig mit 178 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen. In der Debatte zum Bundesbeschluss über den Gesamtkredit verlangte eine Minderheit Huber (fdp, UR), der bundesrätlichen Vorlage nachzukommen und die vom Ständerat eingebrachten CHF 50 Mio. für Massnahmen in Italien auf der Lötschberg-Simplon-Linie zu streichen. Der Nationalrat folgte aber seiner Kommission und nahm den Bundesbeschluss im Sinne des Ständerates mit 104 gegen 72 Stimmen an, wobei die Gegenstimmen aus den Fraktionen von FDP und SVP stammten. Die Ausgabenbremse wurde gelöst und mit 115 zu 67 Stimmen wurde das Geschäft angenommen. Am 10. Dezember verhandelte der Ständerat die Differenz und folgte dem Nationalrat darin, die Höchstmasse von Fahrzeugen nicht ins Bundesgesetz zum 4-Meter-Korridor sondern ins Strassenverkehrsgesetz zu schreiben. In der Schlussabstimmung vom 13. Dezember nahm der Ständerat die Vorlage mit 37 zu 1 Stimme an, der Nationalrat mit 143 zu 36 Stimmen. Die Gegenstimmen kamen ausschliesslich aus der SVP-Fraktion.

Bau und Finanzierung eines 4-Meter-Korridors auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard (13.045)
Dossier: 4-Meter-Korridor auf den Zulaufstrecken zur NEAT am Gotthard

Die beiden Kammern verabschiedeten im Berichtsjahr die parlamentarische Initiative der ständerätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie zur Flexibilisierung der Waldflächenpolitik, nachdem sie vom Nationalrat nochmals in wenigen Punkten modifiziert worden war. Demnach soll neu ein Verzicht auf den sonst obligatorischen Rodungsersatz in Gebieten mit zunehmender Waldfläche möglich sein, sowie ausnahmsweise auch in anderen Gebieten zwecks Schonung landwirtschaftlichen Kulturlands sowie ökologisch oder landschaftlich wertvoller Gebiete. Ebenfalls kein Ersatz ist nötig bei Gebieten, die innerhalb der letzten 30 Jahre eingewachsen sind und die der Landwirtschaft wieder zugänglich gemacht werden sollen. Eine noch weitergehende Lockerung des Rodungsersatzes, die von einer Minderheit Rösti (svp, BE) zugunsten landwirtschaftlicher Anbauflächen gefordert worden war, wurde von einer Koalition der Mitte-Links-Fraktionen abgelehnt. Erfolgreich war hingegen eine Minderheit Binder (svp, ZH), welche die von der Nationalratskommission vorgeschlagene Klausel, auf Ersatz könne auch zugunsten des Baus von Infrastruktur zur Produktion von erneuerbarer Energie verzichtet werden, bekämpfte: Eine aus allen Lagern zusammengesetzte Ratsmehrheit befand, dass eine so vage Formulierung zu unbeabsichtigten Konsequenzen führen könnte und man die Förderung von Alternativenergien besser im Kontext der Energiepolitik abhandeln solle. Zu einem ähnlichen Thema war zudem eine Motion der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK) des Nationalrats hängig.Weiter sollen die Kantone künftig in ihren Richtplänen feste Waldgrenzen verzeichnen können, was eine Verhinderung von Waldzunahme auch ausserhalb von designierten Bauzonen ermöglicht. Hintergrund dieser Diskussionen war die fortschreitende Ausdehnung der Waldfläche in der Schweiz, welche sich zurzeit jährlich auf eine Fläche vergleichbar zu jener des Thunersees beläuft: Da der Wald bei der Bevölkerung laut einer kürzlich durchgeführten, repräsentativen Umfrage einen hohen emotionalen Stellenwert geniesst, gleichzeitig durch seine Ausbreitung aber landwirtschaftliche Nutzflächen verdrängt, wurde nach einer umsichtigen und ausgeglichenen Gesetzgebung verlangt.

Flexibilisierung der Waldflächenpolitik

Die Übernahme eines Verwaltungsratsmandates von alt Bundesrat Moritz Leuenberger bei der Baufirma Implenia, die zur Amtszeit Leuenbergers einige wichtige Bundesaufträge erhalten hatte, hatte seit 2010 zu einigen Vorstössen geführt. Die staatspolitischen Kommissionen beider Räte hatten 2011 zwei parlamentarischen Initiativen Folge gegeben, die eine Wartefrist für die Übernahme bezahlter Mandate durch ehemalige Bundesrätinnen und Bundesräte fordern. Der Bundesrat hatte in der Folge angekündigt, in dieser Frage selber aktiv zu werden. Die Ergänzung seines „Aide-mémoires“ ging sowohl der SPK-NR als auch der SPK-SR aber zu wenig weit. Die Beratung der parlamentarischen Initiativen Binder (svp, ZH) und Leutenegger Oberholzer (sp, BL) (10.517) wurden deshalb auf 2013 traktandiert.

Karenzfrist für die Übernahme von Verwaltungsratsmandaten (Pa. Iv. 10.511)
Dossier: Karenzfrist für Bundesratsmitglieder

Im Februar des Berichtsjahres unterbreitete der Bundesrat dem Parlament eine Botschaft zur Revision des Kartellgesetzes. Das Ziel bestand darin, im Interesse einer liberalen Marktordnung den Wettbewerb in der Schweiz zu intensivieren. Die beantragte Revision setzte sich aus sechs Hauptpunkten zusammen. Erstens wurde eine institutionelle Reform ins Auge gefasst, die auf die Schaffung einer unabhängigen Wettbewerbsbehörde sowie eines unabhängigen erstinstanzlichen Wettbewerbsgerichts abzielte. Zweitens beantragte der Bundesrat ein grundsätzliches Verbot von horizontalen Preis-, Mengen- und Gebietsabreden sowie vertikalen Preisbindungen und Gebietsabschottungen. Im Rahmen dieses Paradigmenwechsels sollten jedoch abweichende Rechtfertigungsmöglichkeiten zugelassen werden. Der dritte Revisionspunkt betraf die Ausweitung der Klagelegitimation auf die Endkunden. Bis dato waren nur jene Wirtschaftsteilnehmer zur Klage berechtigt, die in der Aufnahme und Ausübung des Wettbewerbs behindert wurden. Viertens bezweckte die Revision eine Stärkung und Vereinfachung der Zusammenschlusskontrolle, wobei eine Orientierung an den in der Europäischen Union geltenden Bestimmungen im Vordergrund stand. Fünftens schlug der Bundesrat als Antwort auf einer im Jahre 2010 überwiesenen Motion Schweiger (fdp, ZG) vor, dass wirksame und adäquate Massnahmen zur Einhaltung von kartellrechtlichen Bestimmungen (sogenannte Compliance-Programme) als sanktionsmildender Faktor für Unternehmen berücksichtigt werden konnten. Sechstens beinhaltete die Botschaft eine Verbesserung des Widerspruchsverfahrens, das den betroffenen Unternehmen bei drohenden Sanktionen frühzeitig Rechtssicherheit verschaffen sollte.

Revision des Kartellgesetzes (2014 gescheitert)
Dossier: Revision Kartellrecht

Vor allem die Jungparteien kritisierten den Umstand, dass einige langjährige Nationalrätinnen und Nationalräte noch einmal kandidierten. So trat etwa die SVP mit Toni Bortoluzzi (svp, ZH), Max Binder (svp, ZH), Roland F. Borer (svp, SO), Ulrich Giezendanner (svp, AG) und Luzi Stamm (svp, AG) mit fünf Kandidierenden an, die seit 20 Jahren in der grossen Kammer sitzen. Auch der wieder kandidierende Christoph Blocher sass schon 24 Jahre im Nationalrat und der 80-Jährige Jacques Neirynck (cvp, VD), der von 1999 bis 2003 und von 2007 bis 2011 in der grossen Kammer sass, kandidierte ebenfalls noch einmal. Die Ankündigungen von Anita Thanei (sp, ZH) und Andreas Gross (sp, ZH), für eine sechste Legislatur zu kandidieren führten innerhalb der Zürcher Kantonalpartei zu einem neuen Verfahren: ab zwölf Amtsjahren muss zwei Drittel der Delegiertenstimmen hinter sich vereinen, wer erneut für den Nationalrat kandidieren will. Dieser Regel fiel Thanei, nicht aber Gross zum Opfer. Die Tessiner FDP kennt eine parteiinterne Amtszeitbeschränkung von 12 Jahren, was für den Parteipräsidenten Fulvio Pelli den Rücktritt bedeutet hätte. Die Partei entschied allerdings, dass Pelli als Parteipräsident der FDP Schweiz erneut für die Kandidatur zugelassen werden sollte.

Rücktritte Eidgenössische Wahlen 2011
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2011 - Übersicht

Für die Wahlen 2011 traten 38 Nationalrätinnen und Nationalräte und 12 Ständerätinnen und Ständeräte nicht mehr an. Damit gab es 2011 mehr Rücktritte als 2007; vor vier Jahren traten gesamthaft 24 Volks- und 14 Kantonsvertreterinnen und -vertreter zurück. In drei Kantonen mussten mindestens die Hälfte der Nationalratssitze ersetzt werden: im Kanton Tessin (vier von acht), in Graubünden (drei von fünf) und im Kanton Schwyz (zwei von vier). Kein Sitz frei wurde in den Kantonen Wallis, Zug, Schaffhausen, Neuenburg und Basel-Stadt. Den grössten Aderlass an bisherigen Nationalräten hatte die FDP zu verkraften (10 Rücktritte). Von der SVP, der SP und der CVP traten je acht Volksvertreterinnen und -vertreter nicht mehr an. Die Grünen mussten zwei Rücktritte verteidigen und die BDP und die PdA je einen. André Daguet (sp, BE) war zudem bereits per Ende Frühlingssession zurückgetreten, auch um damit dem nachrückenden Corrado Pardini die Wahlchancen zu verbessern. Aus der kleinen Kammer traten sechs Kantonsvertreter der FDP (Briner, SH; Büttiker, SO; Forster, SG; Leumann, LU; Marty, TI und Schweiger, ZG), sowie je drei von der CVP (Inderkum, UR; Maissen, GR; Stähelin, TG) und der SVP (Brändli, GR; Bürgi TG und Reimann, AG, der mit Nationalrat Giezendanner eine Rochade plante) zurück.

Rücktritte Eidgenössische Wahlen 2011
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2011 - Übersicht

Rolf Schweiger (fdp) hatte nach zwölf Jahren, während derer er den Kanton Zug im Ständerat vertrat, seinen Rücktritt eingereicht. Seinen Sitz wollte die FDP mit Gesundheitsdirektor Joachim Eder verteidigen. Peter Bieri (cvp) trat für die CVP wieder an. Die beiden bürgerlichen Kandidaten galten als Favoriten. Auch im Kanton Zug trat die SVP mit einem Herausforderer an. Philip Brunner wurden allerdings kaum Chancen eingeräumt; zuvor hatten der aussichtsreichere Regierungsrat Heinz Tännler sowie Nationalrat Marcel Scherer abgesagt. Lediglich Aussenseiterchancen wurden auch Eusebius Spescha (sp) und Stefan Gisler von den Alternativen zuerkannt. Tatsächlich erzielten die beiden Favoriten fast doppelt so viele Stimmen wie der drittplatzierte Brunner (10'612): sowohl Eder (22'571 Stimmen) als auch Bieri (21'076 Stimmen) waren somit bereits im ersten Wahlgang gewählt. Auch Spescha (5'998) und Gisler (5'387) hatten keine Chance.

Kanton Zug – Ständeratswahlen 2011
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2011 (nach Kantonen)

Im Berichtsjahr diskutierten die Räte in verschiedenen Fragestellungen die allfällige Privilegierung von Weiter- und Ausbildungskosten im Steuerregime von Bund und Kantonen. In der Sommersession behandelte der Ständerat als Erstrat das Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung der berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten, das der Bundesrat im März an die Räte geschickte hatte. Neu sollen alle Aus- und Weiterbildungskosten nach dem ersten Abschluss auf der Sekundarstufe II oder nach dem vollendeten 20. Lebensjahr (bei fehlendem Sek-II-Abschluss) sowie freiwillige Umschulungskosten abzugsfähig sein. Dies ungeachtet der Motivation (äussere Umstände oder Freiwilligkeit) und des Bezugs zum gegenwärtig ausgeübten Beruf. Bei der direkten Bundessteuer schlug der Bundesrat vor, den Abzug auf 6000.- CHF zu beschränken, bei den Staats- und Gemeindesteuern sind kantonale Vorgaben massgeblich. Je nach Obergrenze des Abzugs rechnet der Bund mit Mindereinnahmen von 5 bis 10 Mio. CHF. Insofern die Kantone sich mit ihren Bestimmungen im Rahmen der Bundesregelungen bewegen, müssen sie mit Steuerausfällen von 30 bis 60 Mio. CHF rechnen. Eintreten wurde ohne Gegenantrag beschlossen. Zu reden gaben zum einen die Höhe des vorgesehenen Abzugs, zum anderen seine steuertechnische Ausgestaltung. Mit Hinweis auf die hohen Weiterbildungskosten von Berufskadern, die zum Erhalt ihrer Arbeitsmarktfähigkeit besonders darauf angewiesen seien, sich stets weiterzuentwickeln, verdoppelte die ständerätliche Wirtschafts- und Abgabekommission (WAK-SR) die vom Bundesrat vorgesehene Obergrenze. Eine Minderheit Fetz (sp, BS) wollte bei der tieferen Obergrenze des Bundesratsentwurfs bleiben. Sie hielt fest, dass damit rund 85% aller Weiter- bzw. sekundärer Ausbildungen kostendeckend finanziert wären. Mit 21 zu 13 Stimmen folgte der Rat jedoch seiner Kommissionsmehrheit. Ein Antrag Schweiger (fdp, ZG), der das Anliegen einer Zuger Standesinitiative für einen Abzug der Aus- und Weiterbildungskosten von Kindern und Jugendlichen auf Kantons- und Bundesebene in die Vorlage integrieren wollte (siehe nachfolgend), wurde zurückgezogen. In der Schlussabstimmung passierte das Geschäft mit 24 zu vier Stimmen bei zwei Enthaltungen. Auch als gesondertes Geschäft vermochte die erwähnte Zuger Standesinitiative den Ständerat nicht zu überzeugen. 19 von 31 Standesvertretern waren nicht zu einer entsprechenden Anpassung des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden sowie des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer bereit. Der Nationalrat hat beide Geschäfte im Berichtsjahr noch nicht behandelt.

Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung der berufsorientierten Aus- und Weiterbildungskosten Ständerat

Im Berichtsjahr befand sich das Schweizerische Kartellrecht in einer Umbruchsphase. Neben der laufenden Revision des Kartellgesetzes, die eine grundlegende institutionelle Reform vorsah und welche der Bundesrat im Jahr 2010 in die Vernehmlassung geschickte hatte, eröffnete die Landesregierung zwei weitere Reformvorhaben. Im Frühling präsentierte die Regierung einen Vernehmlassungsvorschlag zum Kartellgesetz, der auf eine im Vorjahr überwiesene Motion Schweiger (fdp, ZG) zurückging. Im Sommer gab der Bundesrat zudem im Rahmen der Debatte über die Frankenstärke seine Absicht bekannt, ein grundsätzliches Verbot von harten Kartellen einzuführen. Durch das Grundsatzverbot für Preis-, Mengen- und Gebietsabsprachen fasste die Landesregierung einen kartellrechtlichen Paradigmenwechsel ins Auge. Im September wurde die entsprechende Revisionsvorlage in die Vernehmlassung geschickt.

Durch die Annahme der erwähnten Motion Schweiger (fdp, ZG) im Jahre 2010 hatte das Parlament den Bundesrat zu einer Teilrevision des Kartellgesetzes beauftragt. Die Motion beinhaltete zwei Anliegen. Zum einen verlangte sie, dass Unternehmen mit einer reduzierten Verwaltungssanktion belegt werden, sofern sie ein Programm zur Beachtung der kartellgesetzlichen Regelungen betreiben, das hohen Anforderungen genügt. Zum anderen forderte sie zur Stärkung der Compliance-Anstrengungen der Unternehmen Strafsanktionen auch gegen natürliche Personen im Fall ihrer aktiven Beteiligung an Kartellabsprachen mit Wettbewerbern. Ende März schickte der Bundesrat die aus diesen beiden Aspekten bestehende Vorlage in die Vernehmlassung. Die Sanktionsmilderung bei wirksamen Kontrollmechanismen stellte nach Ansicht der Landesregierung eine weitreichende Konzession an die Unternehmen dar, welche nur in wenigen Staaten praktiziert wurde. Der Bundesrat schlug vor, dieses Anliegen durch eine entsprechende Ergänzung von Artikel 49a des Kartellgesetzes umzusetzen. Bezüglich der Bestrafung von natürlichen Personen stellte der Bundesrat zwei Varianten zur Diskussion. Die mildere Variante A beinhaltete verwaltungsrechtliche Sanktionen. Diese umfassten Arbeitsverbote und den Einzug von Lohnbestandteilen, die aufgrund von Kartellabsprachen erzielt werden. Dagegen beinhaltete Variante B bei harten Kartellen strafrechtliche Sanktionen, welche Geldstrafen oder Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren vorsahen.

Revision des Kartellgesetzes (2014 gescheitert)
Dossier: Revision Kartellrecht

Im Berichtsjahr behandelten die beiden Räte die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ sowie den indirekten Gegenentwurf, welcher der Bundesrat dem Parlament in Form eines Bundesgesetzes über die Besteuerung des privaten Wohneigentums präsentierte. Die Volksinitiative des Hauseigentümerverbandes (HEV) fordert für Personen im Rentenalter eine fakultative Befreiung von der Besteuerung des Eigenmietwertes. Der im Vorjahr vom Bundesrat erarbeitete Gegenentwurf sieht im Gegenzug eine generelle Abschaffung des Eigenmietwerts für alle Personen mit selbstgenutztem Wohneigentum vor. In der Frühjahrssession präsentierte die Kommission für Wirtschaft und Abgaben des Ständerates (WAK-SR) ihrem Rat eine überarbeitete Version des bundesrätlichen Entwurfes. Ende 2010 hatte die WAK-SR nach Anhörung des HEV und der Finanzdirektorenkonferenz ohne Gegenstimme beschlossen, nicht auf den ursprünglichen Entwurf des Bundesrates einzugehen. Laut Kommissionssprecher Rolf Schweiger (fdp, ZG) würde der nun präsentierte, überarbeite Entwurf eine optimale Lösung bieten. Er ermögliche ausserdem eine angemessene Lösung für Zweitliegenschaften. Mit der Schaffung einer verfassungsrechtlichen Grundlage sollen Kantone und Gemeinden berechtigt werden, eine Kostenanlastungssteuer in Form einer Objektsteuer zu erheben, wodurch bei Abschaffung des Eigenmietwertes ausfallende Steuereinnahmen kompensiert werden könnten. Eine liberal-linke Kommissionsminderheit beantragte erfolglos Nichteintreten auf die Vorlage. Sie argumentierte, dass der Gegenentwurf nicht zu einer Vereinfachung des Steuersystems führen würde. In der Detailberatung umstritten war die Frage, ob Investitionskosten für energetische Sanierungsmassnahmen und denkmalpflegerische Arbeiten von der Bundessteuer abzugsberechtigt sein sollten. Hier setzte sich die Kommissionsminderheit durch, welche sich wie der Bundesrat für die Abzugsberechtigung aussprach. Der Ständerat beschloss zudem auf Anraten seiner Kommission mit deutlichem Mehr die Erhöhung des möglichen Schuldzinsabzugs für Neuerwerbende auf CHF 12'000 pro Ehepaar, resp. auf CHF 6000 für Alleinstehende, im ersten Steuerjahr mit einer Verminderung der Abzugsmöglichkeiten um jährlich 5 Prozentpunkte, was die Neuerwerbenden für eine Dauer von 20 Jahren abzugsberechtigt machen würde. Der Bundesrat hatte in seinem Entwurf einen leicht tieferen Abzug empfohlen, welcher des Weiteren nur für 10 Jahre geltend gemacht werden könnte. In der Schlussabstimmung wurde dem indirekten Gegenvorschlag mit 17 zu 12 Stimmen bei drei Enthaltungen zugestimmt. Beinahe einstimmig folgte der Ständerat im Folgenden dem Bundesrat und empfahl die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ zur Ablehnung. Es sei nicht einzusehen, wieso in der Schweiz zwei Klassen von Steuerpflichtigen geschaffen werden sollten, liess Kommissionssprecher Schweiger (fdp, ZG) verlauten. Ähnlich argumentierte Hildegard Fässler-Osterwald (sp, SG) für die knappe Kommissionsmehrheit im Nationalrat. Hier lag jedoch ein bürgerlicher Minderheitsantrag zur Annahme des Volksbegehrens vor, welcher durch Georges Theiler (fdp, LU), Mitglied des Initiativkomitees, vertreten wurde. Der Eigenmietwert sei eine staatliche Aufforderung zum Schuldenmachen und wirke sich insbesondere für ältere Menschen, die ihre Hypotheken bereits teilweise oder sogar ganz amortisiert haben, negativ aus. Dank einer Mehrheit der CVP/EVP/glp-Fraktion gelang den Bürgerlichen mit 97 zu 72 Stimmen eine positive Empfehlung zur Volksinitiative. In Sachen indirekter Gegenvorschlag sprach sich die WAK-NR mit 14 zu 10 Stimmen für Nichteintreten aus. Ausschlaggebend war die Befürchtung, dass der indirekte Gegenvorschlag zu einer verschärften Ungleichbehandlung von Mietern und Wohneigentümern führen würde. Ebenso erachtete die WAK-NR den vehementen Widerstand der Kantone, welcher auf den ständerätlichen, positiven Entscheid zum indirekten Gegenvorschlag folgte, als Grund, diesem die Zustimmung zu verweigern. In dieser Sache folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit nun deutlich; Nichteintreten wurde mit 114 zu 58 Stimmen beschlossen. Für Eintreten sprachen sich je ungefähr die Hälfte der FDP und der CVP aus. Dabei wurden sie durch eine Minderheit der SVP und einer Mehrheit der Grünen unterstützt. Im Winter gingen die Vorlagen zur Differenzbereinigung zurück an den Ständerat. Nach kurzer Diskussion beschloss dieser erneut mit deutlichem Mehr von 35 zu 5 Stimmen, die Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ zur Ablehnung zu empfehlen. Dies geschah auf grossmehrheitliche Empfehlung seiner Kommission. Diese empfahl ihrem Rat auch erneut, auf den Gegenvorschlag einzutreten; dieses Mal jedoch nur knapp und dank Stichentscheid des Kommissionspräsidenten. Der neu gewählte Ständerat sprach sich jedoch in der Folge mit 23 zu 17 Stimmen gegen diese Empfehlung und somit auch gegen den ständerätlichen Entscheid aus der ersten Beratung aus. Nach bereits erfolgtem Nichteintretensentscheid der grossen Kammer bedeutete dies das Scheitern des indirekten Gegenvorschlags.

Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ (BRG 10.060)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Die Motion Schweiger (fdp, ZG), die ebenfalls die Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung verlangte, wurde vom Ständerat nach dessen anfänglicher Zustimmung zum indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative „Sicheres Wohnen im Alter“ abgelehnt und damit erledigt. Die gleichlautende Motion (09.3213) Sommaruga (sp, BE) wurde wegen Ausscheiden der Motionärin aus dem Rat abgeschrieben.

Motionen zur Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung (Mo. 09.3213 und Mo. 09.3215)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

In die vom Bundesrat geforderte Richtung der Sensibilisierung von Jugendlichen im Umgang mit den neuen Medien ging eine Motion Schweiger (fdp, ZG), die im Lehrplan 21 einen Medienführerschein einbauen wollte. Nachdem sie letztes Jahr vom Ständerat angenommen wurde, lehnte sie der Nationalrat aber ab.

Motion zur Einführung eines Medienführerscheins (10.3256)

Eine in der Herbstsession 2010 vom Ständerat angenommene Motion Schweiger (fdp, ZG) zum Thema Jugendmedienschutz, welche die Entwicklung eines Medienführerscheins für Jugendliche samt Verankerung im Lehrplan 21 forderte, wurde im März des Berichtsjahrs vom Nationalrat abgelehnt. Der Bundesrat und eine Mehrzahl der Nationalräte beriefen sich auf die Souveränität der Kantone im Bereich der Volksschule. In seiner Stellungnahme wies der Bundesrat auf bereits bestehende Programme hin, wie etwa das nationale Medienkompetenz-Programm, das vom Bundesamt für Sozialversicherungen lanciert worden ist.

Motion zur Einführung eines Medienführerscheins (10.3256)

Nach der Zustimmung durch den Ständerat im Vorjahr hiess auch der Nationalrat eine Motion Schweiger (fdp, ZG) gut, die eine umfassende Revision des eidgenössischen Steuerstrafrechtes anstrebte.

Erarbeitung einer Botschaft zur Revision des Steuerstrafrechts

Gegen den Willen des Bundesrats stimmte der Ständerat in der Herbstsession der durch den Nationalrat abgeänderten Motion Schweiger (fdp, ZG) für eine Änderung des Sanktionssystems im Kartellrecht zu. Während beide Kammern die neu vorgeschlagene direkte Sanktionierung natürlicher Personen beim Vorliegen vorsätzlicher kartellrechtlicher Verstösse angenommen hatten, hatte der Nationalrat in seiner Lesung die für Unternehmen mit bestmöglicher Compliance vorgesehene Exemptionsklausel gestrichen. Damit wurde dem allfälligen Nachweis unternehmensinterner Programme zur verstärkten Beachtung des Kartellrechts lediglich sanktionsmildernde, nicht aber sanktionsausschliessende Wirkung zugebilligt.

Änderung des Sanktionssystems im Kartellrecht

In der Herbstsession nahm der Ständerat eine weitere Motion zum Thema Jugendmedienschutz an. FDP-Vertreter Rolf Schweiger (ZG) fordert darin die Entwicklung eines Medienführerscheins für Jugendliche samt Verankerung eines Programms zur Förderung der Medienkompetenz im Lehrplan 21. Diese Vorlage sowie zwei im Dezember eingereichte Postulate ähnlicher Stossrichtung waren Ende des Jahres im Nationalrat noch hängig.

Motion zur Einführung eines Medienführerscheins (10.3256)