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  • Silberschmidt, Andri (fdp/plr, ZH) NR/CN
  • Cottier, Damien (fdp, NE) NR/CN

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In der Wintersession 2022 nahm der Ständerat eine Motion Silberschmidt (fdp, ZH) für eine vollständig digitale Unternehmensführung stillschweigend an. Sowohl der Bundesrat als auch die vorberatende RK-SR hatten sich im Vorfeld für die Annahme der Forderung ausgesprochen. Eine Herausforderung bei der Umsetzung dürfte es sein, eine Fernauthentifizierung vorzunehmen – also eine Beurkundung der bei der Gründung beteiligten Personen, ohne deren physische Anwesenheit vorauszusetzen –, wie Kommissionssprecher Carlo Sommaruga (sp, GE) im Rat erläuterte. Mit der Annahme im Zweitrat wurde der Bundesrat damit beauftragt, einen Entwurf zur Umsetzung des Anliegens auszuarbeiten.

Création d'entreprises par voie entièrement numérique (Mo. 21.3180)

In der Wintersession setzte sich der Nationalrat als Erstrat mit der vom Gewerkschaftsbund lancierten Volksinitiative «Für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)» auseinander. An der ausführlichen allgemeinen Aussprache mit 114 Wortmeldungen beteiligten sich zahlreiche Personen aus allen Fraktionen. Zu Beginn präsentierten Céline Amaudruz (svp, GE) und Andri Silberschmidt (fdp, ZH) die Initiative und legten die Position der Kommissionsmehrheit dar. Sie betonten, dass die AHV ihr in der Verfassung definiertes Ziel für die Mehrheit aller Rentnerinnen und Rentner gut erfülle und dass für diejenigen 12.5 Prozent, für welche die AHV eben nicht ausreiche, die Ergänzungsleistungen geschaffen worden seien. Insgesamt sei das Drei-Säulen-System der Altersvorsorge sehr leistungsstark, betonte etwa Silberschmidt. Die Initiative wolle nun aber nicht nur die Situation der bedürftigen Personen – die es durchaus gebe – verbessern, sondern allen per «Giesskannenprinzip» eine Rentenerhöhung von 8.3 Prozent gewähren. Im Jahr 2032 zum Beispiel würde dies zu Mehrausgaben von fast CHF 5 Mrd. führen, ergänzte Amaudruz. Die für eine Finanzierung nötige Erhöhung der Mehrwertsteuer um 1.1 Prozentpunkte oder der Lohnabzüge um 0.8 Prozentpunkte lehne die Kommissionsmehrheit ebenfalls ab. Schliesslich benachteilige die Initiative Personen mit einer IV- oder Hinterlassenenrente, zumal gemäss Initiativtext nur die Beziehenden einer AHV-Altersrente eine dreizehnte Rente erhalten sollten.
Diese Meinung teilten in der Folge zahlreiche Sprechende der SVP-, der FDP- und der Mitte-Fraktion. Sie lehnten zudem einen Gegenvorschlag, den Mitglieder der SP- und der Grünen-Fraktion in der Debatte mehrfach forderten, ab. Stattdessen verwiesen sie unter anderem auf eigene Projekte zur Reform der AHV, etwa auf die Renteninitiative der Jungfreisinnigen oder auf Bemühungen der Mitte-Fraktion «[pour abolir] les désavantages d'être marié» (Benjamin Roduit; mitte, VS), also zur Abschaffung der Benachteiligung der Verheirateten (bei den Steuern und den Renten). Etwas wohlgesinnter zeigten sich die Grünliberalen gegenüber der Initiative. Man lehne zwar eine Rentenerhöhung für die reichsten Haushalte ab, würde eine solche aber für die «ärmsten und ärmeren 30 bis 40 Prozent [der] Rentenhaushalte» befürworten (Melanie Mettler; glp, BE). Ihren Vorschlag für eine entsprechende Kommissionsinitiative habe die bürgerliche Mehrheit in der Kommission jedoch abgelehnt.

Somit erhielt die Volksinitiative nur aus Kreisen der SP und der Grünen Unterstützung. SGB-Präsident Maillard (sp, VD) begründete seinen Minderheitsantrag auf eine Empfehlung zur Annahme der Initiative: Er lobte die Solidarität, die man vor 75 Jahren mit der Schaffung der AHV gestärkt habe. Heute könne aber das Versprechen von damals aufgrund steigender Kosten und sinkender BVG-Renten – bei gleichem Kapital seien die Pensionskassenrenten heute 20 Prozent weniger wert als vor 15 Jahren – nicht mehr eingehalten werden. Folglich seien Massnahmen nötig; wenn nicht durch eine 13. AHV-Rente, dann solle das Parlament in einem Gegenvorschlag alternative Massnahmen vorschlagen, forderte er. Zahlreiche Sprechende der SP- und der Grünen-Fraktion ergänzten die Argumentation Maillards. So sei die Initiative gerade für Frauen, die im Schnitt eine um ein Drittel tiefere Altersrente hätten als Männer, zentral; zudem sei das «Umlageverfahren [...] am effektivsten, billigsten und fairsten» (Prelicz-Huber; gp, ZH), wurde argumentiert. Nicht gespart wurde von links-grüner Seite denn auch an Kritik an der beruflichen Vorsorge sowie an der neuen BVG-21-Reform, welche CHF 3 Mrd. koste und durch welche die Versicherten höhere Beiträge für tiefere Renten bezahlen müssten als bisher. Folglich seien die zusätzlichen Ausgaben für die AHV im Rahmen dieser Initiative sinnvoller, dadurch erhielten die Rentnerinnen und Rentner auch tatsächlich höhere Renten. Zur Finanzierung könne man daher zum Beispiel auch die «0.8 Prozent [an Lohnprozenten], die es für die Initiative braucht, vom BVG in die AHV hinüberschieben», schlug etwa Jacqueline Badran (sp, ZH) vor.

Abschliessend empfahl Gesundheitsminister Berset die Initiative im Namen des Bundesrates zur Ablehnung. Zwar müsse man eine Lösung für die gesunkenen BVG-Renten finden, dies solle aber nicht mit der vorgeschlagenen Initiative geschehen, da der dafür nötige finanzielle Spielraum in der AHV fehle. Mit 123 zu 67 Stimmen sprach sich der Nationalrat in der Folge für den Mehrheitsantrag aus und empfahl die Initiative den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern zur Ablehnung. Entsprechend der Wortmeldungen stimmten die Mitglieder der SP- und der Grünen-Fraktion geschlossen für den Minderheitsantrag, die übrigen Fraktionen geschlossen für den Mehrheitsantrag.

Eidgenössische Volksinitiative «für ein besseres Leben im Alter (Initiative für eine 13. AHV-Rente)» (BRG 22.043)
Dossier: Volksinitiativen zur Altersvorsorge (seit 2015)

Im August 2022 publizierte der Bundesrat die Botschaft zur Genehmigung des Abkommens zwischen der Schweiz und Albanien über soziale Sicherheit. Das Abkommen schafft die völkerrechtliche Grundlage für die Koordinierung der Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge beider Länder. Gemäss Botschaft entspricht das Abkommen inhaltlich den Sozialversicherungsabkommen, welche die Schweiz mit den anderen Balkanstaaten Montenegro, Serbien, Kosovo sowie Bosnien und Herzegowina abgeschlossen hat. Dementsprechend regle es allgemein geltende Grundsätze wie die Gleichbehandlung der Staatsangehörigen, die Auszahlung der Renten ins Ausland, die Anrechnung von Versicherungszeiten, die Unterstellung von Erwerbstätigen und die gegenseitige Verwaltungshilfe. Zudem enthalte es eine Grundlage zur Bekämpfung von missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen.

Das Geschäft wurde in der Wintersession 2022 vom Nationalrat besprochen, wobei die vorberatende SGK-NR das Geschäft mit grosser Mehrheit zur Annahme empfohlen hatte. Kommissionssprecher Andri Silberschmidt (fdp, ZH) erklärte, dass die Inanspruchnahme von Leistungen der Altersvorsorge im Ausland eigentlich eine Selbstverständlichkeit sei. Für die Koordinierung der Sozialversicherungssysteme sei jedoch der Abschluss eines zwischenstaatlichen Vertrags notwendig. Die Umsetzung des Abkommens bringe zudem Mehrkosten von CHF 2.5 Mio. mit sich, wobei CHF 2 Mio. zulasten der Versicherungen und die restlichen CHF 500'000 zulasten des Bundes gingen. Es käme aber auch zu Einsparungen bei den Ergänzungsleistungen, Prämienverbilligungen und der Sozialhilfe, indem die betroffenen Personen ihren Wohnsitz nach Albanien verlegten.
Eine Minderheit Glarner (svp, AG) beantragte dem Rat, nicht auf das Geschäft einzutreten. Minderheitssprecher Glarner wies darauf hin, dass nur 70 Schweizerinnen und Schweizer in Albanien lebten, im Vergleich zu den 3000 Albanerinnen und Albaner in der Schweiz. Die SVP-Fraktion lehne das Abkommen ab, weil die Kaufkraftdifferenz zum Überweisungsland nicht berücksichtigt werde, so Glarner. Zudem käme es bei einer Umsetzung des Abkommens zu einem «Export der schweizerischen Sozialversicherungsleistungen» und die AHV hätte Mehrkosten in Höhe von CHF 2 Mio. zu tragen, obwohl deren Finanzierung nach 2030 nicht gesichert sei. Bundesrat Berset erinnerte den Rat daran, dass das Abkommen identisch mit den bereits mit anderen Balkanstaaten abgeschlossenen Sozialversicherungsabkommen sei. Die finanziellen Auswirkungen bezeichnete er als gering, er hob jedoch die Bedeutung der Betrugsbekämpfungsklausel hervor. Die grosse Kammer trat mit 125 zu 53 Stimmen (bei 1 Enthaltung) auf das Geschäft ein und genehmigte das Abkommen mit 129 zu 52 Stimmen (bei 2 Enthaltungen). Die Gegenstimmen stammten von der SVP-Fraktion.

Sozialversicherungsabkommen mit Albanien
Dossier: Sozialversicherungsabkommen mit den Nachfolgestaaten der Föderativen Volksrepublik Jugoslawien

Mit zwei neuen Kommunikationskanälen sorgte die SP im Herbst 2022 für einige Aufmerksamkeit. Die NZZ ortete gar eine «veritable Medienoffensive der SP». Auslöser war einerseits die Lancierung des Podcasts «Meyer:Wermuth», in dem die Co-Vorsitzenden der Partei, Mattea Meyer und Cédric Wermuth, einmal pro Woche jeweils drei aktuelle Themen diskutieren und in Kurzantworten auf ausgewählte Publikumsfragen eingehen. Damit solle die SP-Politik auf interessante Art vermittelt und die Entscheidungsfindung in der SP-Spitze besser nachvollziehbar gemacht werden, wurde Meyer in der Presse zitiert. Der neue Kanal sei nicht Teil der SP-Kommunikationsstrategie für die Wahlen 2023, sondern ein längerfristiges Vorhaben, dass sich die beiden schon bei ihrer Wahl ins Co-Präsidium 2020 vorgenommen hätten. Als zweiten Teil der SP-«Medienoffensive» nannte die NZZ das ebenfalls neue Online-Magazin «Direkt», eine Website, auf der die Partei politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen im In- und Ausland aus sozialdemokratischer Perspektive behandelt.

Mit ihren Bemühungen, mithilfe neuer Kommunikationsmassnahmen direkt – ohne Umweg über klassische Medien – an die Bürgerinnen und Bürger zu gelangen, war die SP indessen nicht allein. Lorenz Furrer von der PR- und Lobbyagentur Furrerhugi wies gegenüber dem Tages-Anzeiger darauf hin, dass Firmen schon seit einigen Jahren zunehmend auf eigene Newsrooms setzten. Nun werde dies «auch in der Politik [zum] Zeitgeist». Denn so könne eine Partei, eine Politikerin oder ein Politiker gezielt eigene Themen bewirtschaften und die eigenen Zielgruppen bedienen. Wie der Tages-Anzeiger festhielt, mache dies Teleblocher, «die wohl berühmteste Direkt-Politikersendung in der Schweiz», seit 2008 mit einigem Erfolg vor. Die wöchentlichen Interviews des Journalisten Markus Ackeret mit SVP-Stratege Christoph Blocher (svp, ZH) seien 2022 jeweils von mehreren 10'000 Personen angesehen worden.

Auch FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt, seines Zeichens der erste Bundesparlamentarier mit einer Tiktok-Präsenz, hielt die neuen, direkten Kommunikationskanäle der SP für «eine schlaue Idee»: Man könne mit solchen Mitteln Werbung in eigener Sache machen, und zwar nicht nur vor den Wahlen, sondern nachhaltig. Die FDP versuche dies mit ihrem Magazin «Freisinn» ebenfalls. Er selbst erreiche mit seinem Tiktok-Kanal momentan 13'000 Follower, mit Sessionsrückblicken in Videoformat rund 5000 Personen.

Im Allgemeinen nutze die Linke das Internet und Social Media bisher aber wesentlicher geschickter und erfolgreicher für ihre Kampagnen als die Bürgerlichen, befand die NZZ in einem weiteren Beitrag vom Herbst 2023. Zwei FDP-Politiker beklagten darin, «die Linken» hätten im Internet «hochprofessionellen Content, Videos, Bilder und eine riesige Community, die diesen Content teilt. Wer macht auf unserer Seite diese Videos,wer hat bei uns Hunderttausende Mail-Adressen?» Gegen diese professionelle Kommunikation und Kampagnenführung kämen die bürgerlichen Parteien derzeit nicht an. Die NZZ ortete im bürgerlich-liberalen Lager indessen drei jüngere Initiativen, die dies ändern sollten: Die «Liberale Aktion für Reform und Ambition (Lara)», den Nebelspalter und das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern.
Die Lara-Aktion werde von der «Bonny-Stiftung für die Freiheit» finanziert und bringe unter der Anleitung der PR-Agentur Farner junge Influencerinnen und Influencer mit Jungfreisinnigen und Forschenden zusammen. Ziel sei der Aufbau «eine[s] liberalen Momentum[s] auf Social Media», was aber ein langwieriges Unterfangen werde.
Der Nebelspalter, der 2021 von Markus Somm übernommen und seither durch 70 Investorinnen und Investoren aus dem Umfeld der bürgerlichen Gegnerschaft des EU-Rahmenabkommens finanziert wird, habe ursprünglich eigentlich hinter einer Bezahlschranke eine liberale Community aufbauen wollen, biete seine wichtigsten Formate inzwischen aber kostenlos an: den Newsletter von Somm und den Podcast «Bern einfach» von Somm und seinem Stellvertreter Dominik Feusi.
Das ebenfalls 2021 gegründete Institut für Wirtschaftspolitik (IWP) wird vom Wirtschaftsprofessor Christoph Schaltegger und dem vormaligen NZZ-Journalisten René Scheu geführt, finanziert werden die rund zehn Vollzeitstellen von einer Stiftung. Schaltegger sagte gegenüber der NZZ, natürlich sei niemand neutral, aber das IWP sei inhaltlich unabhängig und forsche ergebnisoffen. Gemäss NZZ erhofften sich vom IWP allerdings «viele Liberale», auf dem von Bürgerlichen lange vernachlässigten Feld der Universitäten Boden gutzumachen, denn dieses spiele für die Deutungshoheit in der öffentlichen Debatte eine zentrale Rolle. Die AZ hielt es für «offensichtlich», dass die Geldgeberinnen und Geldgeber das IWP deshalb unterstützen, weil Schaltegger und Scheu für eine liberale Einstellung bekannt seien und von ihnen ein kritischer Ansatz bei der Untersuchung der Auswirkungen staatlicher Aktivitäten zu erwarten sei. Grosse Projekte des Instituts untersuchten etwa das Bürokratiewachstum, die Beschäftigung im öffentlichen Sektor, die Subventionstätigkeit des Bundes oder die Einkommensverteilung. Ein wichtiges Anliegen des IWP ist gemäss Schaltegger die öffentliche Vermittlung seiner Erkenntnisse, gerade auch an ein jüngeres Publikum – einerseits über die klassischen Medien, aber auch mit Videos, Lernplattformen, Social-Media-Beiträgen und Podcasts. Im Frühjahr 2023 verbreitete es einzelne Forschungsergebnisse zudem mit einer Plakatkampagne.

Kommunikationsstrategien der Parteien

In der Sommersession 2022 reichte die WBK-NR in Erfüllung einer Petition (Pet. 21.2037) aus der Frauensession 2021 ein Postulat zur Analyse der Standards im Bereich der schulischen Sexualaufklärung in der Schweiz ein. Der geforderte Bericht sollte in Zusammenarbeit mit den Kantonen die effektive Umsetzung der Sexualaufklärung in der Schule untersuchen und beleuchten, inwiefern internationale Standards eingehalten werden und ob kantonsübergreifende Lehrpläne eine Vereinheitlichung vorangetrieben haben. Der Bericht solle sich am Expertenbericht zum Postulat Regazzi (mitte, TI; Po. 14.4115) orientieren und kantonale Unterschiede in der Umsetzung der dort vorgeschlagenen Massnahmen analysieren. Weiterhin bestünden bei der Sexualaufklärung in der obligatorischen Schule starke Unterschiede zwischen den Kantonen, argumentierte die Kommissionsmehrheit. Eine Minderheit Aeschi (svp, ZG) beantragte das Postulat zur Ablehnung. Der Bundesrat erachtete schulischen Sexualkundeunterricht zwar als wichtig, lehnte jedoch Empfehlungen durch den Bund ab, zumal die Kantone für die Primarschule verantwortlich seien.
In der Herbstsession 2022 begründeten Kommissionssprecherin Sandra Locher Benguerel (sp, GR) und Kommissionssprecher Philippe Nantermod (fdp, VS) den Antrag der Kommission und verwiesen dazu unter anderem auf die Wichtigkeit der Sexualaufklärung. Zudem gebe es bereits Projekte, etwa zu HIV, die vom Bund und nicht von den Kantonen durchgeführt würden. In der Folge konnte das Postulat auf die Unterstützung der geschlossen stimmenden Fraktionen der SP, Grünen und Grünliberalen zählen. Auch in den Fraktionen der Mitte und der FDP.Liberalen fand der Vorstoss einen gewissen Rückhalt, während sich die SVP-Fraktion geschlossen dagegen positionierte. Insgesamt wurde das Postulat mit 101 zu 77 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen, nachdem die Abstimmung aufgrund eines erfolgreichen Ordnungsantrags Cottier (fdp, NE) hatte wiederholt werden müssen.

Analyse der Standards im Bereich der schulischen Sexualaufklärung in der Schweiz (Po. 22.3877)
Dossier: Behandlung der Petitionen der Frauensession 2021 in parlamentarischen Vorstössen

Die Stärkung der digitalen Kompetenzen von Gesundheitsfachpersonen war Gegenstand einer Motion Silberschmidt (fdp, ZH), die im März 2022 eingereicht wurde. Damit wollte der Motionär die Vermittlung der notwendigen digitalen Kompetenzen für die berufliche Tätigkeit während der Aus-, Weiter- und Fortbildung von Gesundheitsfachpersonen erreichen. Konkret zielte er dabei nicht nur auf die Nutzung digitaler Instrumente, sondern auch auf die damit in Zusammenhang stehenden Kompetenzen bezüglich Wissensaneignung, interprofessioneller Zusammenarbeit, Kommunikation, Diagnostik sowie Monitoring der Patientenschaft ab. Da Andreas Glarner (svp, AG) die Motion im Sommer 2022 bekämpft hatte, beschäftigte sich der Nationalrat in der darauffolgenden Herbstsession mit dem Vorstoss. Vor seinen Ratskolleginnen und -kollegen führte Silberschmidt aus, dass mit der digitalen Transformation die Vereinfachung der Administration erreicht und die Qualität der Behandlung gefördert werden solle. Damit dies jedoch gelinge, bedürfe es der Mitarbeit der im Gesundheitswesen tätigen Menschen. Während die Digitalisierung im Gesundheitsberufegesetz zwar angetönt werde, fehle von ihr im Medizinalberufegesetz und im Psychologieberufegesetz jegliche Spur. Andreas Glarner war indes der Ansicht, dass zu zügig und zu weitreichend vorwärtsgegangen und dadurch das Personal überfordert werde. Pflegende «möchten nicht das iPad, sondern lieber die Hand des Patienten halten». Rückendeckung erhielt Silberschmidt aber von Gesundheitsminister Berset. Im Namen des Gesamtbundesrates unterstützte dieser die Motion. Denkbar sei etwa eine einheitliche Formulierung im Gesundheitsberufegesetz, im Medizinalberufegesetz und im Psychologieberufegesetz, weil dadurch ein gemeinsames Verständnis geschaffen werde, das alle Gesundheitsberufe teilten. Mit 136 zu 50 Stimmen nahm der Nationalrat die Motion an, wobei alle 50 Gegenstimmen aus dem Lager der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion stammten.

Stärkung der digitalen Kompetenzen von Gesundheitsfachpersonen (Mo. 22.3163)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

Der Bundesrat verabschiedete im Mai 2022 seine Botschaft zur Reform des Visa-Informationssystems VIS und zur Änderung des AIG im Rahmen der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Das VIS wurde 2011 implementiert und erleichtert die Visumverfahren für einen kurzfristigen Aufenthalt im Schengenraum. Es ermöglicht den Visum-, Grenz-, Asyl- und Migrationsbehörden innert kürzester Zeit die notwendigen Informationen (u.a. Gesichtsbild, Fingerabdrücke) über visumpflichtige Drittstaatsangehörige zu überprüfen. Die Botschaft zum überarbeiteten Visa-Informationssystem beruht auf zwei neuen EU-Verordnungen, welche die Schweiz übernehmen muss, da sie eine Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands darstellen. Der Bundesrat erklärte in der Botschaft, dass die Änderungen grundsätzlich technischer Art seien und die Zuständigkeiten des VIS nur in begrenzter Weise erweitert werden sollen. Die vorgesehenen Änderungen umfassen die Herabsetzung des Alters für die Abnahme von Fingerabdrücken bei Kindern von zwölf auf sechs Jahre und die Befreiung von dieser Verpflichtung für Personen über 75 Jahre; die Aufnahme von Visa und Aufenthaltstitel für den längerfristigen Aufenthalt ins VIS; die Erweiterung des VIS-Zwecks für die Rückkehr von Personen, welche die Einreisevoraussetzungen des Schengen-Raums nicht erfüllen; die Aufnahme von Kopien der Reisedokumente von Gesuchstellenden in das VIS; die Anpassung des Zugangs zu VIS-Daten für Gefahrenabwehr- und Strafverfolgungsbehörden sowie Europol; die Erfassung von Gesichtsbildern vor Ort; den Zugang für Beförderungsunternehmen zur Überprüfung von Visa und Aufenthaltstiteln sowie den Ausbau diverser technischer Komponenten. Diese Neuerungen machten wiederum die Anpassung des AIG, des BGIAA und des BPI notwendig.
Eine zweite Vorlage, welche die Botschaft behandelte, betraf eine von der Schengen-Weiterentwicklung losgelöste Anpassung des AIG auf Antrag des BAZG. Zwar verfüge das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit für die Aufgabenerfüllung als Grenzkontrollbehörde bereits über die notwendigen Zugriffe auf die Datenbanken, nicht jedoch zur Erfüllung seiner Aufgaben als Strafverfolgungsbehörde. Das BAZG habe bereits bei der Errichtung eines Rahmens für die Interoperabilität zwischen den verschiedenen EU-Informationssystemen um Zugriff auf den «Gemeinsamen Speicher für Identitätsdaten (CIR)» und Zugang zu den Daten von EES, ETIAS und VIS gebeten. Das BAZG wollte diese Datenbanken zur Verhütung, Aufdeckung oder Ermittlung terroristischer oder sonstiger Straftaten nutzen. Diese Regelung habe man damals jedoch nicht umgesetzt, da die entsprechende Vernehmlassung bereits abgeschlossen gewesen sei und man mehr Zeit für die Klärung rechtlicher Details benötigt habe, erklärte der Bundesrat. Da das BAZG jedoch einen gesetzlichen Auftrag im Bereich der Verhütung von terroristischen Straftaten habe, und es diese ohne die beschriebenen Zugänge nicht erfüllen könne, wolle man dessen Zugriffsrechte in der vorliegenden Änderungsverordnung zum VIS erweitern. Der Bundesrat argumentierte, dass man dem BAZG den Zugriff – wie auch bei anderen eidgenössischen kantonalen und kommunalen Strafverfolgungsbehörden – erlauben müsse, um eine Lücke in der inneren Sicherheit der Schweiz zu schliessen. Er versicherte auch, dass die Kompetenzen des BAZG dadurch nicht erweitert würden.
Die Vernehmlassung habe mehrheitlich positive Stellungnahmen zu beiden Vorlagen mit sich gebracht. Während die Reform des Visa-Informationssystems unbestritten war, habe sich nur die KKJPD wirklich kritisch zur Änderung des AIG geäussert. Die KKJPD kritisierte die Kompetenzverteilung zwischen Bund und Kantonen, da polizeiliche Aufgaben – sofern nicht explizit dem Bund zugeordnet – in der Kompetenz der Kantone lägen. Die KKJPD verlangte daher eine vorgängige Kompetenzklärung im Rahmen der Totalrevision des Zollgesetzes, bevor man die Zugriffsrechte des BAZG durch die Änderung des AIG erweitere.

Der Nationalrat behandelte das Geschäft in der Herbstsession 2022 zusammen mit einem Geschäft zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen (BRG 22.019). Eine Minderheit Molina (sp, ZH) forderte Schutzbestimmungen bei der Weitergabe von Personendaten an Drittstaaten und internationale Organisationen. Molina erklärte, dass die Vorlage es ermögliche, dass das SEM oder das Fedpol Personendaten unter gewissen Umständen an Drittstaaten ausserhalb des Schengen-Raums weitergeben können. Eine solche Weitergabe dürfe aber nur stattfinden, wenn garantiert werden könne, dass die betroffene Person dadurch keine «ungerechtfertigte Verletzung ihrer Grundrechte erleidet». Gerhard Pfister (mitte, ZG) – Kommissionssprecher der SPK-NR – verwies auf die bestehende Informationslücke im Bereich der Visa, die zu einem längerfristigen Aufenthalt im Schengen-Raum berechtigen, der geschlossen werden müsse. Zum Antrag der Minderheit merkte Pfister an, dass die Kommission von der Verwaltung eine Stellungnahme verlangt habe. Daraus gehe hervor, dass die Behörden Daten zur Identität und zu den Reisedokumenten nur unter engen Auflagen an Drittstaaten weitergeben könnten, wobei keine Kontrolle durch die nationalen Migrationsbehörden vorgesehen sei. Eine zusätzliche Kontrolle durch das SEM könne in dringenden Fällen zu einem Zeitverlust führen. Die Fraktion der Grünen unterstützte die Minderheit Molina, wie deren Sprecherin Natalie Imboden (gp, BE) bekannt gab. Sie ergänzte, dass sich ihre Fraktion in der Gesamtabstimmung ihrer Stimmen enthalten werde, um darauf hinzuweisen, dass den grundrechtlichen Fragen in der Vorlage mehr Gewicht zukommen müsse. FDP-Fraktionssprecher Cottier (fdp, NE) hingegen kritisierte Molina dafür, dass dieser einen Zeitverlust in Fällen von aussergewöhnlicher Dringlichkeit, bei denen eine unmittelbare Gefahr im Zusammenhang mit terroristischen Aktivitäten oder schweren Straftaten bestehe, in Kauf nehme. Ähnlich argumentierte die SVP-Fraktion, während die GLP- und die Mitte-Fraktionen auf ein Votum verzichteten. Die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter merkte zum Minderheitsantrag an, dass die Daten nur bei der Feststellung der Identität von rückkehrpflichtigen Drittstaatsangehörigen oder bei der Gewährung von Asyl für Flüchtlingsgruppen übermittelt werden sollten. Die Rechte dieser Personen dürfen – gemäss EU-Recht und nationalem Recht – nicht beeinträchtigt werden, insbesondere nicht das Non-Refoulement-Gebot. Auch müsse sich der Drittstaat oder die internationale Organisation verpflichten, die Daten nur für die angegebenen Zwecke zu verwenden, und einen Datenschutz gewährleisten, der demjenigen der Schweiz entspreche.
Die grosse Kammer lehnte die Minderheit Molina mit 120 zu 63 Stimmen ab und nahm den Bundesbeschluss zur Reform des Visa-Informationssystems in der Gesamtabstimmung mit 146 zu 7 Stimmen (bei 31 Enthaltungen) an. Die Änderung des AIG nahm der Nationalrat mit 144 zu 4 Stimmen (bei 35 Enthaltungen) ebenfalls deutlich an. Der Enthaltung der Grünen schlossen sich einige Mitglieder der SP und der SVP an.

Reform des Visa-Informationssystems VIS und Änderung des AIG

Der Bundesrat publizierte im Mai 2022 die Botschaft zur Übernahme zweier EU-Verordnungen zur Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen für die Zwecke des ETIAS sowie zur Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes.
Wie der Bundesrat in seiner Botschaft vermerkte, hatte das Parlament der Übernahme der EU-Verordnung, die ETIAS etablierte, bereits im September 2020 zugestimmt (BRG 20.027). Bei der vorliegenden Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes ging es nun darum, die Interoperabilität des ETIAS-Systems mit anderen EU-Informationssystemen (wie etwa SIS) zu gewährleisten. Mit der Interoperabilität solle der Datenaustausch unter diesen Systemen ermöglicht werden und vorhandene Informationen effizienter und gezielter genutzt werden. Der Bundesrat beantragte auch eine Änderung des AIG: Der Abteilung «Biometrische Identifikation» des Fedpol soll es erlaubt werden, die Ergebnisse von Suchanfragen manuell nachzuprüfen, wenn diese einen Treffer in den Schengen/Dublin-Informationssystemen ergeben haben.

Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession 2022 mit dem Geschäft. Die Sprechenden der SPK-NR, Tiana Moser (glp, ZH) und Damien Cottier (fdp, NE), stellten den Entwurf vor. Demnach handelt es sich bei ETIAS um ein System zur Ausstellung von Reisegenehmigungen für Drittstaatenangehörige ohne Visumspflicht, wobei die Prüfung, ob eine Person eine Einreisebewilligung erhält, weitgehend automatisch abläuft. Komme es zu einer Unregelmässigkeit, dann erfolge in den entsprechenden Schengen-Mitgliedstaaten eine manuelle Prüfung der Einreisebewilligung. Das Bundesverwaltungsgericht werde eine Plattform zur Verfügung stellen, über die Beschwerden bei einer mutmasslichen Fehlbeurteilung der Reisegenehmigung eingereicht werden können. Das Ziel dieser Weiterentwicklung des ETIAS-Systems bestehe darin, die Sicherheit, insbesondere in den Bereichen Bekämpfung des Terrorismus und Verhinderung schwerer Straftaten, zu stärken. Minderheitsanträge wurden keine gestellt und die meisten Fraktionen äusserten sich überwiegend positiv. Jedoch meldete Natalie Imboden (gp, BE) seitens der Grünen-Fraktion gewisse datenschützerische Bedenken an und bat Justizministerin Karin Keller-Sutter, den «datenschützerischen Aspekten in den weiteren Umsetzungsarbeiten genügend Beachtung zu schenken». Der Nationalrat nahm die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes mit 134 Stimmen zu 10 Stimmen (33 Enthaltungen) an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion, die Enthaltungen von der Grünen-Fraktion. Die zweite Vorlage, die Änderung des AIG, nahm der Nationalrat mit 145 zu 3 Stimmen bei 33 Enthaltungen an.

Die kleine Kammer behandelte die Vorlage in der Wintersession 2022. Dort stellten Kommissionssprecher Mathias Zopfi (gp, GL) und Justizministerin Keller-Sutter das Geschäft vor, wobei eine eigentliche Debatte ausblieb: Eintreten wurde ohne Gegenantrag beschlossen und beide Vorlagen wurden einstimmig angenommen.

In den Schlussabstimmungen am Ende der Wintersession 2022 zeigte sich wiederum ein ähnliches Stimmverhalten: Während sich die Grünen der Stimmen enthielten, votierte eine grosse Mehrheit des Nationalrates klar für die beiden Vorlagen (155 zu 9 Stimmen bei 32 Enthaltungen / 164 zu 0 Stimmen bei 32 Enthaltungen). Im Ständerat wurden die beiden Vorlagen jeweils einstimmig angenommen (44 zu 0 Stimmen für die beiden Vorlagen).

Festlegung der Bedingungen für den Zugang zu anderen EU-Informationssystemen (ETIAS; BRG. 22.019)
Dossier: Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands, Errichtung von IT-Grosssystemen

Auch im Nationalrat, der das Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) in der Herbstsession 2022 beriet, war die bisher eher gemächliche Geschwindigkeit der schweizerischen Verwaltung hinsichtlich Digitalisierung Thema bei der Eintretensdebatte. Die Schweiz hinke hinterher, befand etwa der Sprecher der SPK-NR, Andri Silberschmidt (fdp, ZH). Zudem finde die Digitalisierung in der öffentlichen Verwaltung zwar statt, aber es gebe einen «Wildwuchs von Systemen und Prozessen [...], die wenig aufeinander abgestimmt» seien. In der Kommunikation zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden, Privaten und Firmen brauche es aber gemeinsame Standards und Verantwortlichkeiten, die im vorliegenden Gesetz geregelt würden. Die Mehrheit der Fraktionssprecherinnen und -sprecher war sich danach einig, dass die Schweiz ihren Rückstand aufholen müsse (Marco Romano, mitte, TI), dass es nun einen stärkeren politischen Willen brauche (Damien Cottier, fdp, NE), dass man eigentlich gerne noch weiter gehen würde (Angelo Barrile, sp, ZH), dass man jetzt einen Gang höher schalten wolle (Gerhard Andrey, gp, FR), dass man nun keinen halben Schritt rückwärts, sondern zwei Schritte vorwärts machen müsse (Corina Gredig, glp, ZH) oder dass man «dem Anschluss an die moderne Welt [nicht mehr länger] hinterherrennen» dürfe (Barbara Steinemann, svp, ZH). Eintreten war entsprechend unbestritten, obwohl Bundesrat Ueli Maurer darauf hinwies, dass es nicht nur Rufe gebe, die Handbremse endlich zu lösen, sondern dass in der Bevölkerung auch «abgrundtiefes Misstrauen» gegenüber der Digitalisierung festgestellt werden könne.
In der Detailberatung schuf der Nationalrat eine gewichtige Differenz zum Ständerat. So soll das Gesetz nicht nur für die Bundesverwaltung, sondern auch für die Kantonsverwaltungen und alle mit Vollzugsaufgaben betrauten Organisationen und Personen gelten. Diesen Passus hatte der Bundesrat nach der Vernehmlassung aus der Vorlage gestrichen, weil er von Städten und Kantonen stark kritisiert worden war. Die SPK-NR habe mit 15 zu 6 Stimmen bei einer Enthaltung aber dafür optiert, hier keinen föderalen Flickenteppich zu schaffen. Mit 114 zu 77 Stimmen folgte die Ratsmehrheit ihrer Kommission. Die geschlossen stimmende SVP-Fraktion und eine Mehrheit der Mitte-Fraktion fanden sich in der Minderheit und votierten für die auch von Bundesrat Ueli Maurer beworbene Lösung, der vergeblich argumentiert hatte, dass diese Ausweitung des Gesetzes noch nicht reif sei.
Darüber hinaus wollte der Nationalrat im Gegensatz zur ständerätlichen Fassung auch explizit das Prinzip «digital first» im Gesetz verankern. Damit werde eine Umkehr der heutigen Praxis gefordert, mit der alles auf Papier gedruckt werde. Neu soll alles digital sein und nur noch in Ausnahmefällen analog angeboten werden. Ebenfalls abweichend vom Ständerat folgte die Ratsmehrheit ihrer SPK-NR, die den Passus der kleinen Kammer wieder rückgängig machen wollte, wonach auf unterschiedliche Bedürfnisse – vor allem von Personen ohne digitale Kenntnisse – Rücksicht genommen werden müsse. Schliesslich machte der Nationalrat aus der Kann-Formulierung für die Veröffentlichung von Open-Source-Software wieder eine Muss-Formulierung. Nachdem die Ausgabenbremse gelöst worden war, erhielt die Vorlage in der Gesamtabstimmung 144 befürwortende und 24 ablehnende Stimmen. Letztere, wie auch die 24 Enthaltungen, stammten allesamt aus der SVP-Fraktion.

Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (BRG 22.022)
Dossier: Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG)

Nachdem die beiden zuständigen Kommissionen gegensätzliche Entscheide gefällt hatten, stimmte in der Herbstsession 2022 der Nationalrat über eine parlamentarische Initiative von Nationalrätin Samira Marti (sp, BL) ab. Der Vorstoss mit dem Titel «Armut ist kein Verbrechen» sieht vor, dass Ausländerinnen und Ausländern bei unverschuldetem Sozialhilfebezug nach über zehn Jahren Aufenthalt in der Schweiz keine Wegweisung drohen sollte. Während sich eine Mehrheit der SPK-NR mit 14 zu 10 Stimmen erneut für Folgegeben aussprach, lehnte eine Minderheit Silberschmidt (fdp, ZH) die Initiative ab. Letztere kritisierte, die Initiative unterscheide nicht genug spezifisch zwischen selbstverschuldetem und unverschuldetem Sozialhilfebezug. Ausserdem werde bei Gerichtsentscheiden über den Entzug der Aufenthaltsbewilligung bereits heutzutage die Verhältnismässigkeit zur Genüge berücksichtigt. Die Initiantin argumentierte hingegen, bestehende Regelungen grenzten armutsbetroffene Ausländerinnen und Ausländer nicht genügend von Personen ab, die die hiesige Lebensweise ablehnten. Folglich sei eine Präzisierung im Ausländer- und Integrationsgesetz (AIG) vonnöten. Der Nationalrat gab der parlamentarischen Initiative mit 96 zu 85 Stimmen Folge, womit sie erneut der SPK-SR übergeben wurde.

Armut ist kein Verbrechen (Pa.Iv. 20.451)

Nachdem der Nationalrat eine Motion Silberschmidt (fdp, ZH) mit dem Titel «Einführung einer digitalen Patientenadministration» in der Wintersession 2021 stillschweigend angenommen hatte, tat es ihm der Ständerat in der Herbstsession 2022 gleich. Kommissionssprecher Hannes Germann (svp, SH) hatte zuvor erklärt, dass die SGK-SR der Ansicht sei, dass es sich bei der digitalen Patientenadministration um eine essentielle Grundlage für die interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringenden handle, und das Geschäft daher zur Annahme empfehle. Gesundheitsminister Berset hatte der Motion die bundesrätliche Unterstützung ebenfalls zugesichert.

Einführung einer digitalen Patientenadministration (Mo. 21.4374)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

In der Herbstsession 2022 kam eine Motion Silberschmidt (fdp, ZH), welche die Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators zum Ziel hatte, in den Ständerat. Hannes Germann (svp, SH) beantragte im Namen der SGK-SR die Annahme des Geschäfts, da die eindeutige Identifikation als Basis für die Digitalisierung im Gesundheitswesen diene. Gesundheitsminister Berset sprach sich ebenfalls für die Motion aus, erinnerte allerdings daran, dass der Bund nicht über die Kompetenz verfüge, alle Bereiche des Vorstosses zu regeln, und es daher einer Zusammenarbeit mit den Kantonen bedürfe. Stillschweigend nahm die kleine Kammer die Motion an.

Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators (Mo. 21.4373)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

Eine Mehrheit der SGK-NR reichte im Juni 2022 eine Motion gegen überhöhte Entschädigungen für Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitglieder im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung ein. Demnach sollen Geschäftsleitungsmitglieder maximale Entschädigungen – inklusive 2. Säule und Nebenleistungen – von CHF 250'000, Verwaltungsratsmitglieder von CHF 50'000 jährlich erhalten. Eine Minderheit Silberschmidt (fdp, ZH) sowie der Bundesrat empfahlen die Motion zur Ablehnung. Der Bundesrat erachtete die Massnahme als «grossen Eingriff in die Unternehmungsfreiheit» der privatrechtlich organisierten Krankenkassen, insbesondere da diese neben der OKP ja auch Zusatzversicherungen anböten. Zudem seien die Versicherungen mit dem KVAG bereits zu transparenten Entschädigungen verpflichtet worden.
Der Nationalrat nahm die Motion in der Herbstsession 2022 mit 113 zu 74 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an, wobei sich die meisten Fraktionen gespalten zeigten: Zu den geschlossen zustimmenden Fraktionen der SP und der Grünen gesellte sich eine Mehrheit der SVP- sowie Minderheiten der Mitte- und der GLP-Fraktionen. Einzig die FDP.Liberale-Fraktion sprach sich geschlossen gegen die Motion aus.

Keine überhöhten Entschädigungen für Geschäftsleitungs- und Verwaltungsratsmitglieder im Bereich der obligatorischen Krankenversicherung (Mo. 22.3866)

«Wie fit sind die Kantone in der Cyber-Strafverfolgung?», fragte Nationalrat Andri Silberschmidt (fdp, ZH) im Titel eines im März 2022 eingereichten Postulats. Er forderte den Bundesrat auf, anhand einer Auslegeordnung aufzuzeigen, welcher Handlungsbedarf in der Cyber-Strafverfolgung in den verschiedenen Kantonen besteht. Insbesondere soll er für alle Kantone untersuchen, ob die gesetzlichen Grundlagen zum Austausch mit anderen Kantonen ausreichend sind, ob die Organisation an die neuen Herausforderungen angepasst wurde und ob eine Bündelung der Ressourcen zwischen den Kantonen sinnvoll wäre. Die Ergebnisse sollten allerdings nur eingeschränkt veröffentlicht werden, um die Polizeitaktik und die Reputation einzelner Kantone nicht zu gefährden. Der Bundesrat begrüsste eine solche Bestandesaufnahme und beantragte die Annahme des Postulats. Der Nationalrat kam diesem Antrag in der Sommersession 2022 stillschweigend nach und überwies den Vorstoss diskussionslos.

Wie fit sind die Kantone in der Cyber-Strafverfolgung? (Po. 22.3145)

National- und Ständerat befassten sich in der Sommersession 2022 mit je vier Motionen aus den Reihen der SVP-Fraktion, die auf die steigenden Benzin- und Heizkosten fokussierten. Die Motionen wurden in beiden Räten im Rahmen einer ausserordentlichen Session mit dem Titel «Entlastungsmassnahmen zugunsten der Bevölkerung und der Wirtschaft» beraten.

Im Ständerat stellten die drei Motionäre Marco Chiesa (svp, TI), Werner Salzmann (svp, BE) und Hansjörg Knecht (svp, AG) ihre Vorstösse vor und betonten dabei die Schwierigkeiten, die der Wirtschaft und der autofahrenden Bevölkerung durch die aufgrund des Ukrainekonflikts gestiegenen Energiepreise erwachsen würden. Sie wiesen auch generell auf die hohe Teuerungsrate hin, welche insbesondere den Mittelstand stark belaste. Folglich bewarben sie ihre Vorstösse etwa für eine Reduktion der Mineralölsteuer oder für eine Erhöhung des Berufskostenabzugs. Die Rednerinnen und Redner der anderen Parteien hielten indes wenig von diesen Vorschlägen. Ruedi Noser (fdp, ZH) wies darauf hin, dass auch andere Sektoren von der Teuerung betroffen seien; nicht nur Benzin, Diesel und Heizöl würden teurer. Der Staat könne jedoch nicht für alle Bereiche Hilfspakete schnüren. Zudem bedeute mehr Geld für einen Sektor auch weniger Geld für andere Bereiche, wenn man sich nicht noch mehr verschulden wolle. Adèle Thorens Goumaz (gp, VD) schloss sich dem Votum von Ruedi Noser an und ergänzte, dass keine Massnahmen zur Entlastung der hohen Energiepreise getroffen werden sollten, die auf Kosten des Klimas gehen würden. Vielmehr liege die Lösung darin, sich von den fossilen Energieträgern zu verabschieden. Carlo Sommaruga (sp, GE) und Andrea Gmür-Schönenberger (mitte, LU) betonten, dass mit den geforderten Massnahmen schlicht die falschen Bevölkerungsgruppen entlastet würden. Gemäss Sommaruga, seines Zeichens Präsident des Mieterinnen- und Mieterverbands Schweiz, seien nämlich vor allem die Mieterinnen und Mieter von den steigenden Energiepreisen betroffen; ihnen müsse mittels zielgerichteter Massnahmen geholfen werden. Gmür-Schönenberger fügte an, dass mit den von der SVP geforderten Punkten diejenigen Personen bestraft würden, die bereits jetzt versuchten, nachhaltig zu leben: «Genau die Menschen, welche die Entlastung am meisten brauchen, die sozial benachteiligt und wirtschaftlich nicht auf Rosen gebettet sind, die haben ökologisch den kleinsten Fussabdruck.» Auch Finanzminister Ueli Maurer sprach sich gegen die Vorstösse aus: Aus Sicht des Bundesrates sei es nicht angezeigt, bereits in dieser frühen Phase einer möglicherweise kritischen Konjunkturentwicklung in grossem Masse Geld zu verteilen. Es brauche zuerst eine Gesamtanalyse. Sollte der Bund aber einmal eingreifen müssen, dann würde er zuerst auf die tieferen Einkommen fokussieren. Im Anschluss daran wurde einzeln über die vier Motionen abgestimmt; sie wurden allesamt abgelehnt. Nebst der SVP stimmten jeweils auch einige Mitglieder der FDP.Liberalen- sowie der Mitte-Fraktion für Annahme der Motionen; insbesondere die Motion Knecht (22.3243) für ein Entlastungspaket zugunsten der Bevölkerung und Wirtschaft vermochte auch über die SVP-Fraktion hinaus zu überzeugen.

Im Nationalrat wurden die vier Motionen zusammen mit einer Motion der FDP.Liberalen-Fraktion (Mo. 22.3249), die ebenfalls ein Entlastungspaket für Bevölkerung und Wirtschaft forderte, sowie mit der Motion Schaffner (glp, ZH; Mo. 22.3260) zur Bekämpfung der Strommangellage beraten. In der grossen Kammer entspann sich eine lange und intensive Debatte, in welcher nicht nur über die Vorstösse, sondern auch über die derzeitige und zukünftige makroökonomische Lage in der Schweiz diskutiert wurde.
Je nach Partei wurden ganz verschiedene Rezepte zur Reaktion auf steigende (Treibstoff- und Energie-)Preise vorgeschlagen: Während Motionär Benjamin Giezendanner (svp, AG) die vorgeschlagene Reduktion der Mineralölsteuer und des Mineralölsteuerzuschlags als «zielgerichtetes, effizientes und [ ...] schnell umgesetztes Mittel» bezeichnete, kritisierte Leo Müller (mitte, LU) die Vorschläge der SVP als «Giesskannensystem», dem gezielte Massnahmen vorzuziehen seien. Für ihn standen vielmehr Massnahmen für den Mittelstand und für Haushalte mit kleinem Einkommen im Fokus; etwa in Form von Prämienverbilligungen oder Tankgutscheinen für auf das Auto angewiesene Personengruppen. Samira Marti (sp, BL) ergänzte diese Punkte um weitere mögliche Massnahmen wie etwa tiefere Mieten, höhere Löhne oder dem von ihrer Partei bereits vorgeschlagenen «chèque fédéral» (vgl. Mo. 22.3767). Durch diese Massnahmen würden grosse Teile der Bevölkerung direkt profitieren, so Marti. Parteikollege Samuel Bendahan (sp, VD) ergänzte, dass eine Senkung der Benzinpreise vor allem den Mineralölkonzernen wie Shell oder Esso zu Gute kommen würde.
Die Sprechenden der Grünen und der GLP fokussierten auf die Auswirkungen der von der SVP vorgeschlagenen Massnahmen auf das Klima: Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) betonte, dass das beste Mittel darin bestehe, auf erneuerbare und einheimische Energien zu setzen, welche gut für das Klima seien, die Preise stabilisierten und die Abhängigkeit vom Ausland reduzierten. Zudem müsse auch sorgsam mit der Energie umgegangen werden, indem zum Beispiel im Winter weniger stark geheizt werde. Beat Flach (glp, AG) monierte, dass die SVP mit ihren Vorschlägen diejenigen Personen belohnen wolle, welche viel Benzin verbrauchten. Damit würden indirekt über die Steuern diejenigen Personen belastet, die sich nachhaltig verhielten und jeden Tag mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Verkehr zur Arbeit fahren würden.
FDP-Vertreter Damien Cottier (fdp, NE) schliesslich wies darauf hin, dass es in jeder freien Marktwirtschaft zu Preisfluktuationen komme. Dies bedeute nicht automatisch, dass der Staat eingreifen müsse. Es sei jedoch die Aufgabe des Parlaments, langfristige Strukturmassnahmen auf den Weg zu bringen – etwa in Form von Steuerreformen in den Bereichen Mehrwertsteuer oder Individualbesteuerung –, um die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz zu stärken.
Bundesrat Maurer versuchte die Gemüter zu beruhigen: Die Teuerung sei in der Schweiz nicht stark, die Wirtschaft werde diese selber bewältigen können. Es sei aber offensichtlich, dass die Lebenshaltungskosten in der nächsten Zeit hoch bleiben würden; auch könne es dazu kommen, dass sich die Teuerung von den Energiepreisen auf weitere Bereiche wie etwa die Lebensmittelpreise ausdehne. Sollte sich die Situation zuspitzen, so werde der Bund evaluieren müssen, welche Massnahmen es brauche.
Schliesslich wurden die vier Motionen der SVP abgelehnt, sie vermochten kaum über die SVP-Fraktion hinaus zu mobilisieren. Der Motion Schaffner stimmte der Nationalrat gegen den Widerstand der SVP-Fraktion sowie einiger Mitglieder der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktionen zu, während die Motion der FDP.Liberalen-Fraktion zuvor zurückgezogen worden war.

Acht Vorstösse für Entlastungsmassnahmen für Bevölkerung und Wirtschaft (Mo. 22.3228, Mo. 22.3243, 22.3244, Mo. 22.3255, Mo. 22.3280, Mo. 22.3281, Mo. 22.3289, Mo. 22.3356)

In der Sommersession beschloss der Nationalrat, der Mehrheit seiner SPK-NR zu folgen und an der ursprünglichen Version seiner Revision des Bundesgesetzes über das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung festzuhalten. Der Ständerat hatte in der Detailberatung zur Vorlage, die auf eine parlamentarische Initiative von Edith Graf-Litscher (sp, TG) zurückging, eine Differenz geschaffen: In der Regel soll die Einsicht in Dokumente der Bundesverwaltung zwar kostenlos sein, für Gesuche, denen die verantwortliche Verwaltungsstelle nur mit hohem Aufwand nachkommen kann, sollen allerdings Gebühren verlangt werden können. Der Nationalrat hatte dafür eine Obergrenze von CHF 2'000 vorgesehen, der Ständerat wollte hingegen keine Kostenobergrenze beziffern. Eine Minderheit der SPK-NR hatte vergeblich dafür plädiert, die ständerätliche Lösung zu übernehmen. Die Argumente von Minderheitensprecher Damien Cottier (fdp, NE) sowie von Bundesrätin Karin Keller-Sutter, es könne auch Gesuche geben, die Gebühren von mehr als CHF 2'000 rechtfertigten, stiessen lediglich bei der geschlossen stimmenden FDP.Liberalen- und der Mehrheit der Mitte-Fraktion auf Gehör. Mit 130 zu 53 Stimmen (2 Enthaltungen) sprach sich der Nationalrat für Festhalten aus.

Öffentlichkeitsprinzip (Pa.Iv. 16.432)
Dossier: Öffentlichkeitsprinzip in der Bundesverwaltung

Die zuständige WAK-SR teilte im Frühling 2022 die Ansicht von Motionär Stöckli (sp, BE), dass es bei vielversprechenden Projekten im Bereich der Nachhaltigkeit und Digitalisierung im Tourismussektor an langfristigen Finanzierungsmöglichkeiten fehle. Die derzeit geltende Regelung von Innotour erlaube nur Anschubfinanzierungen und ermögliche keine ausreichende, langfristige Vernetzung zwischen den vielen – teilweise kleinen – Akteuren. Die Kommission beantragte das Anliegen zusammen mit einer Motion Cottier (fdp, NE; Mo. 21.3278), welche ein nachhaltiges Unterstützungsprogramm für den Schweizer Tourismus forderte, deshalb zur Annahme.
In der Sommersession 2022 beriet der Ständerat sodann die beiden Motionen zusammen. Während er die Motion Cottier, die auch vom Bundesrat unterstützt worden war, stillschweigend guthiess, nahm er die Motion Stöckli mit 29 zu 4 Stimmen bei 5 Enthaltungen an. Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) erläuterte erneut den Standpunkt der Kommission, dass Projekte nur durch eine langfristige Finanzierung auch nachhaltig sein könnten. Bei einer Anschubfinanzierung drohe, dass die verwendeten Bundesgelder nicht effizient eingesetzt würden, falls das Projekt aufgrund fehlender Mittel nicht weitergeführt werde. Wirtschaftsminister Guy Parmelin erklärte hingegen, dass es nicht Aufgabe des Bundes sei, touristische Infrastrukturen auf die lange Frist zu finanzieren. Er sah den Aspekt der Nachhaltigkeit darin, dass auch die Akteure selber zum Erfolg beitragen müssten. Wenn ein Projektstart erfolgreich verlaufe, könne zudem im Rahmen von Innotour eine Unterstützung für ein darauf aufbauendes Projekt beantragt werden. Eine langfristige Finanzierung würde des Weiteren dazu führen, dass nur einige wenige Projekte durchgeführt werden könnten und viele andere Projekte das Nachsehen hätten, argumentierte Parmelin weiter. Diesem Votum folgend und somit gegen die Ausschüttung neuer Subventionen im Tourismusbereich stimmten schliesslich nur die drei SVP-Ständeräte Hansjörg Knecht (AG), Werner Salzmann (BE) und Jakob Stark (TG) sowie der Parteilose Thomas Minder (SH) gegen die Motion. Der Vorstoss ging damit an den Nationalrat.

Nachhaltige Entwicklung und Digitalisierung im Tourismus über Innotour stärken (Mo. 21.3743)

Im Sommer 2022 behandelte der Ständerat als Zweitrat eine Motion Cottier (fdp, NE) für ein schnelles und nachhaltiges Unterstützungsprogramm für den Schweizer Tourismus zur Abfederung der Folgen der Corona-Pandemie. Mit seinem Vorstoss hatte der Neuenburger Nationalrat gefordert, dass der Bundesrat im Rahmen der bereits bestehenden Instrumente (z.B. Neue Regionalpolitik, Hotelkredit, Innotour oder Schweiz Tourismus) dafür sorgt, dass durch ein Impuls- und Hilfsprogramm innovative und nachhaltige Massnahmen zur Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit des Schweizer Tourismus ermöglicht werden. Im Ständerat war das Anliegen unbestritten und wurde stillschweigend angenommen. Wie Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) erklärte, soll der Tourismussektor dank der Motion Cottier künftige Entwicklungen antizipieren und nötige Strukturanpassungen durchlaufen können. Die Beratungen in der WAK-SR und im Ständerat fanden zusammen mit einer ähnlichen Motion Stöckli (sp, BE; Mo. 21.3743) statt, welche bei einer langfristigen Unterstützung der Tourismusbranche im Rahmen von Innotour auf die Kernthemen Digitalisierung und Nachhaltigkeit fokussieren wollte.

Le tourisme suisse a besoin d'un programme de soutien rapide, efficace et axé sur la durabilité (Mo. 21.3278)
Dossier: Covid-19 – Tourismus

Ende März 2022 sprach sich nach dem Bundesrat auch die SGK-SR mehrheitlich für Annahme der Motion Silberschmidt (fdp, ZH; Mo. 20.4078) für eine Finanzierung der AHV im Jahr 2050 ohne Umlagedefizit aus. «Aus politischer Sicht gibt es keinen Grund, diese Motion abzulehnen», betonte die Kommissionsmehrheit im Kommissionsbericht. Dies sah eine Minderheit Rechsteiner (sp, SG) anders und beantragte die Motion zur Ablehnung. Mangels verlässlicher Vorhersagen für eine «derart langfristige Perspektive» solle die Motion abgelehnt werden.
In der Sommersession 2022 folgte der Ständerat mit 22 zu 18 Stimmen der Kommissionsmehrheit und nahm die Motion an. Zwei Tage später zog Andri Silberschmidt seine ursprüngliche Motion (Mo. 20.3833) zurück, welche die defizitfreie Finanzierung der AHV zusätzlich durch gleich starke ausgaben- wie einnahmenseitige Massnahmen erreichen wollte.

Netto-null-Ziel im Jahr 2050. Ein Nachhaltigkeitsziel auch für die AHV (Mo. 20.3833 & Mo 20.4078))

Mit ihrer Forderung nach Wahrung des Stimmgeheimnisses für Menschen mit Sehbehinderung stiess die SPK-NR auf offene Ohren. Konkret forderte die Kommission einstimmig, dass Abstimmungsschablonen eingeführt sowie eine Standardisierung der Stimmzettel durchgesetzt werden, mit denen sehbehinderte Menschen selbständig abstimmen können. Aktuell sind Menschen mit Sehbehinderung auf die Unterstützung einer nicht sehbehinderten Person angewiesen. Sie müssen der helfenden Person nicht nur vertrauen können, auch das Wahl- und Stimmgeheimnis ist damit für sehbehinderte Personen nicht gewahrt. Die geforderte technische Lösung müsste laut SPK-NR etwa 80'000 bis 100'000 Betroffenen von den Gemeinden zur Verfügung gestellt werden, wobei mit einem Anschaffungspreis von CHF 35 bis CHF 50 zu rechnen sei.
In der Ratsdebatte wiesen die Kommissionssprecherin Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) und der Kommissionssprecher Andri Silberschmidt (fdp, ZH) darauf hin, dass es noch eine Reihe von offenen Fragen gebe. So biete eine Abstimmungsschablone bei Wahlen keine Lösung, zudem sei nicht klar, wer die Kosten zu tragen habe. Um das Stimmgeheimnis auch Menschen mit Behinderungen zu gewähren, müsse man aber Lösungen finden. Bundeskanzler Walter Thurnherr sicherte die Unterstützung des Bundesrats zu, der die Motion zur Annahme empfahl. Man werde mit den Kantonen Lösungen suchen. Er wies zudem darauf hin, dass sich auch dank E-Voting Lösungen ergeben könnten. Der Nationalrat nahm die Motion in der Folge stillschweigend an.

Wahrung des Stimmgeheimnisses für Menschen mit Sehbehinderung (Mo. 22.3371)
Dossier: Beseitigung von Benachteiligungen von Menschen mit Behinderungen

«Die Ausländerinnen von heute sind die Frauen von damals», zitierte Balthasar Glättli (gp, ZH) zu Beginn der durch zwei parlamentarische Initiativen zum Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer angestossenen Debatte einen Vergleich zwischen den vor 1971 vom politischen Prozess ausgeschlossenen Frauen und den nach wie vor exkludierten Ausländerinnen und Ausländern aus der NZZ. Zwar sei 1971 ein «Demokratieproblem» gelöst worden, es bestehe aber noch ein weiteres, das angegangen werden könne, wenn man der parlamentarischen Initiative der grünen Fraktion Folge gebe. Auch der zweite Initiant, Mustafa Atici (sp, BS), argumentierte, dass der Ausschluss rund eines Viertels der Bevölkerung die direkte Demokratie der Schweiz unvollständig mache. Im Gegensatz zum Vorstoss der grünen Fraktion, die das passive und aktive Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer auf Bundesebene einführen wollte, forderte Atici dieses für kommunale Angelegenheiten. Beiden Anliegen war gemein, dass sie als Bedingung für die Vergabe der politischen Rechte wenigstens fünf Jahre Wohnsitz in der Schweiz voraussetzten. Die Ratsdebatte war nötig geworden, weil die SPK-NR mit je 17 zu 8 Stimmen empfohlen hatte, beiden Anliegen keine Folge zu geben. Die hauptsächlichen Argumente für die abschlägige Empfehlung wurden von Kommissionssprecherin Marianne Binder-Keller (mitte, AG) und Kommissionssprecher Damien Cottier (fdp, NE) vorgebracht: Wer politische Rechte ausüben wolle, müsse sich lediglich einbürgern lassen. Zudem könne die Einführung eines kommunalen Stimm- und Wahlrechts nicht auf der Bundesebene bestimmt werden, sondern sei eine kantonale Angelegenheit. Darüber hinaus erachte die Kommission die Integration von Ausländerinnen und Ausländern in der Schweiz gar «ungeteilt» als «zufriedenstellend»: «Angesichts eines der höchsten Ausländeranteile in Europa gibt es kaum nennenswerte Schwierigkeiten, und ganz offensichtlich fühlen sich die Menschen ausländischer Staatsbürgerschaft abgeholt», erklärte die Kommissionssprecherin. Dies mache den Besitz von Stimm- und Wahlrecht nicht vordringlich. Binder-Keller liess es sich zudem nicht nehmen, den einleitenden Vergleich Glättlis vehement zu kritisieren. Es sei eine «schreiende Ungerechtigkeit» gewesen, «Bürgerinnen und Bürger in einem Land unterschiedlich zu behandeln». Im Gegensatz zu damals bestehe ja heute die Möglichkeit, sich einbürgern zu lassen. Eine links-grüne Kommissionsminderheit stellte bei beiden Vorstössen einen Antrag auf Folgegeben, dem in beiden Fällen allerdings nur die Fraktionen der SP und der Grünen folgten. Die 63 Stimmen reichten allerdings gegen die 110 (Pa.Iv. Atici; 4 Enthaltungen) bzw. 113 (Pa.Iv. GP, 0 Enthaltungen) Gegenstimmen nicht aus. Die Vergabe des Stimm- und Wahlrechts für Nicht-Schweizerinnen und -Schweizer auf kommunaler Ebene hängt somit weiterhin vom Wohlwollen der kantonalen Stimmbevölkerungen ab.

Stimm- und Wahlrecht für Ausländerinnen und Ausländer (Pa.Iv 21.405 & Pa.Iv. 21.414)
Dossier: Einführung des Ausländerstimmrechts

Mitte Mai 2022 nahm die Schweizer Stimmbevölkerung in der Volksabstimmung zum Frontex-Referendum die Beteiligung der Schweiz am Ausbau der EU-Agentur an. Mit einem Ja-Anteil von 71.5 Prozent und Ja-Mehrheiten in allen 26 Kantonen fiel das Resultat – bei einer tiefen Stimmbeteiligung von knapp 40 Prozent – sehr deutlich aus. Das klare Ergebnis hatte sich – wenn auch nicht in dieser Deutlichkeit – schon im Vorfeld des Abstimmungssonntags abgezeichnet. Meinungsumfragen von Tamedia und der SRG ergaben Anfang Mai einen Zustimmungswert von 64 Prozent (Tamedia) beziehungsweise 69 Prozent (SRG) für die Frontex-Vorlage, die laut Umfrageinstituten thematisch wenig persönliche Betroffenheit bei den Stimmenden auslöste. Selbst unter Sympathisantinnen und Sympathisanten der SP fand sich – trotz der Nein-Parole der Partei – eine Mehrheit für Annahme der Vorlage und auch bei Personen, die mit den Grünen sympathisierten, wollte eine Mehrheit mit Ja abstimmen. Der Tages-Anzeiger kritisierte nach der Abstimmung die Parteileitungen der SP und der Grünen für ihre unklare Kommunikation. Denn eigentlich seien sie ja nicht gegen die Kooperation mit der EU an und für sich gewesen. Statt mit einer Nein-Parole zu versuchen, die parteiinternen Flügel zu befrieden, hätten sich die beiden Parteien für ein differenziertes Ja mit Kompensationsmassnahmen bei der Flüchtlingsaufnahme einsetzen sollen, so die Empfehlung der Zeitung.
Trotz der hohen Zustimmungsrate wurde das Resultat in den Medien vielfach mit einem kritischen Unterton versehen. So meinte Marie Juillard im Namen der siegreichen Operation Libero gegenüber Le Temps, dass es nach dem Ja nichts zu feiern gebe, denn schliesslich würden Menschen an den Schengengrenzen umkommen. Trotzdem zeigte man sich bei der Operation Libero mit dem Resultat zufrieden, welches die Unterstützung der Schweiz für die Kooperation mit Europa zeige. FDP-Präsident Thierry Burkart (fdp, AG) freute sich derweil über ein klares Ja zur Sicherheit der Schweiz in Zeiten des Ukraine-Kriegs. Ein Nein hätte der Europapolitik der Schweiz geschadet, resümierte Burkart. Sein Parteikollege Damien Cottier (fdp, NE) räumte hingegen ein, dass die Abwägung zwischen Sicherheit und Menschenrechten schwierig gewesen sei. Er drückte jedoch seine Hoffnung aus, dass die Schweiz ihre humanitären Werte den anderen europäischen Staaten vermitteln könne. François Pointet (glp, VD), Mitglied des Vorstands der Grünliberalen Schweiz, verstand das Abstimmungsresultat eher als Zeichen für den Bundesrat, die Blockade in den Beziehungen mit der EU aufzuheben und diese zu intensivieren. Ins gleiche Horn bliesen EU-Botschafter Petros Mavromichalis und der Europaabgeordnete Andreas Schwab, die das Ja als Vertrauensvotum für den Schengenraum und für den Mehrwert der Kooperation mit der EU auffassten. Für Bundesrat Maurer war indes klar, dass das Ja der Stimmbevölkerung ein Ja zur Sicherheit gewesen sei. Das Land werde Frontex stärker unterstützen und sich für die Grundrechte einsetzen, zitierte ihn La Liberté.
Die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage, darunter die Schweizer Flüchtlingshilfe, die Grünen und die SP, forderten im Nachgang der Abstimmung, dass sich die Schweiz für mehr Transparenz und demokratische Kontrolle einsetzen müsse. Sibel Arslan (basta, BS) bemängelte, dass die Schweiz seit zehn Jahren im Frontex-Verwaltungsrat sitze, ohne sich für diese Anliegen einzusetzen. Ada Marra (sp, VD) kündigte an, dass auch die SP mehr Transparenz vom Bundesrat in Sachen Frontex verlangen werde. Die grüne Ständerätin Lisa Mazzone (gp, GE) störte sich gegenüber 24heures hingegen daran, dass der Bundesrat die Abstimmung auf die Schengen-Frage reduziert habe, obwohl die Gegnerschaft der Vorlage nie aus dem Schengen-Abkommen habe aussteigen wollen. Sie monierte, dass die Auswirkungen eines Neins von den Befürwortenden der Vorlage übertrieben dargestellt worden seien. Auch La Liberté kritisierte den Bundesrat für dessen Rolle im Abstimmungskampf: Medienanfragen seien oft negativ beantwortet worden und das Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit habe sogar einen bereits genehmigten Artikel von Le Temps zensieren lassen.
Amnesty International verlangte vom Bundesrat, sich gegenüber Frontex für die Sicherheit von Geflüchteten einzusetzen, illegale Abschiebungen zu verurteilen und Mechanismen einzuführen, um Frontex zur Rechenschaft ziehen zu können, berichtete Le Temps. Daniel Graf, der das Referendum durch seine Stiftung für direkte Demokratie unterstützt und bei der Unterschriftensammlung mit seinem Netzwerk «wecollect» mitgewirkt hatte, sprach gegenüber dem Blick trotz der Niederlage von einem Erfolg. Die Schweizerinnen und Schweizer hätten als einzige Bevölkerung Europas zum Ausbau der Frontex-Agentur Stellung nehmen können.


Abstimmung vom 15. Mai 2022

Beteiligung: 39.98%
Ja: 1'523'005 (71.5%), (Stände 23)
Nein: 607'673 (28.5%), (Stände 0)

Parolen:
- Ja: EVP, FDP, GLP, Lega, Mitte, SVP (1*), Economiesuisse, Konferenz der Kantonsregierungen, Schweizerischer Arbeitgeberverband, Schweizerischer Gewerbeverband, TravailSuisse, Operation Libero, Europäische Bewegung Schweiz, IG Agrarstandort Schweiz, Interpharma, Swissmem, Gastrosuisse, Schweizer Tourismus-Verband, Allianz Sicherheit Schweiz
- Nein: SP (4*), GPS, EDU (2*), GPS, PdA, SD, Schweizerischer Gewerkschaftsbund, VPOD, Migrant Solidarity Network, Gruppe für eine Schweiz ohne Armee, Flüchtlingsparlament Schweiz, Caritas, SolidaritéS, BastA!, Demokratische Juristinnen und Juristen der Schweiz, Klimastreik Schweiz, Piratenpartei Ensemble à Gauche
- Stimmfreigabe: Schweizerische Flüchtlingshilfe, verschiedene SP-Kantonalparteien (AI, AR, GL, JU, SZ)
* Anzahl abweichende Kantonalsektionen in Klammern

Übernahme und Umsetzung der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über die Europäische Grenz- und Küstenwache (Frontex; BRG 20.064)
Dossier: Beteiligung der Schweiz am Ausbau von Frontex

Im März 2022 nahm der Nationalrat ein vom Bundesrat unterstütztes Postulat Silberschmidt (fdp, ZH) zur Prüfung einer Modernisierung der GmbH stillschweigend und diskussionslos an. Der Bundesrat soll einen Bericht dazu erstellen, wie die Gründung einer GmbH erleichtert werden könne, indem entweder das nötige Startkapital von bisher CHF 20'000 gesenkt oder dieses bei der Gründung nur teillibriert – teilweise einbezahlt – wird. Die Massnahme könne unnötige Hürden für Unternehmensgründungen senken und Nachteile gegenüber Rechtsformen im Ausland beseitigen, argumentierte Silberschmidt. Der Bericht soll dabei die Interessen der Gläubiger wahren und mögliche Massnahmen zur Vorbeugung von missbräuchlichen Konkursen einbinden, die bereits in der bundesrätlichen Antwort auf die Interpellation 21.4272 vorgebracht worden waren.

Prüfung einer Modernisierung der GmbH

Anfang Dezember 2021 reichte Andri Silberschmidt (fdp, ZH) eine Motion ein, mit der er den Bundesrat dazu auffordern wollte, die nötigen Gesetzesanpassungen vorzunehmen, damit für die an der ambulanten und der stationären Versorgung beteiligten Parteien – unter anderem Spitäler und die Spitex – sämtliche Prozesse in Zusammenhang mit der Patientinnen- und Patientenadministration in einem virtuellen Schweizer Gesundheitsnetz erfolgten. Beim EPD handle es sich um ein bedeutendes und anspruchsvolles Projekt, das darauf abziele, dass medizinische Daten über eine elektronische Plattform ausgetauscht werden könnten. Es brauche jedoch noch weitere Massnahmen, um die Verwaltungskosten im Gesundheitswesen zu senken. Ein digitales Patientenverwaltungssystem würde die Grundlage für die interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringenden darstellen und die Interaktion mit Behörden und Versicherungen erleichtern. Der Bundesrat erklärte seine Unterstützung für das Geschäft. Das Anliegen führe etwa zu Effizienzsteigerungen und einer Verbesserung der Datenqualität. Weiter sicherte die Landesregierung ihre Unterstützung bezüglich der Standardisierung von Datenstrukturen und Schnittstellen zu, wies aber gleichzeitig auch auf die Abgrenzung ihrer Kompetenzen gegenüber denjenigen der Kantone und der betroffenen Akteure hin. In der Frühjahrssession 2022 nahm der Nationalrat die Motion diskussionslos und stillschweigend an.

Einführung einer digitalen Patientenadministration (Mo. 21.4374)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

Die Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators – auch als Master-Patienten-Nummer bekannt – war Gegenstand einer Motion Silberschmidt (fdp, ZH), die in der Frühjahrssession 2022 in die grosse Kammer kam. Der Zürcher Nationalrat forderte vom Bundesrat die Anpassung der entsprechenden Gesetze zur Erstellung des Identifikators und dessen Einsatz für die Kommunikation für alle Partner im Gesundheitswesen. In seiner schriftlichen Stellungnahme empfahl der Bundesrat die Motion zur Annahme. Er sei zwar nicht zur Umsetzung aller Anliegen der Motion befugt, da es im Kompetenzbereich der Kantone liege, eine wirksame Gesundheitsversorgung zu gewährleisten, im Bereich der OKP sei er allerdings bereit, die Einführung des digitalen Identifikators zu fördern. Es sei denkbar, diesen vergleichbar mit der AHV-Nummer beim EPD in kantonalen Zuständigkeitsbereichen zu verwenden, falls auf kantonaler Ebene die Schaffung der dazu nötigen Rechtsgrundlagen vorgenommen werde. Stillschweigend und diskussionslos nahm der Nationalrat das Geschäft an.

Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators (Mo. 21.4373)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen