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  • Stöckli, Hans (sp/ps, BE) SR/CE
  • Freysinger, Oskar (svp/udc, VS) NR/CN

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Im Vorfeld der Ständeratswahlen 2019 im Kanton Bern kam es zu einer Anpassung des Wahlverfahrens. Neu kann bei einem zweiten Wahlgang nur noch teilnehmen, wer im ersten Durchgang mindestens drei Prozent der Stimmen holte. Die Regeländerung wurde beschlossen, nachdem bei den Ständeratswahlen 2015 der chancenlose Bruno Moser (parteilos) einen zweiten Wahlgang erzwungen hatte. Der daraus resultierende administrative und finanzielle Aufwand hatte den Kanton Bern veranlasst, die rechtlichen Bestimmungen zur Ständeratswahl anzupassen («Lex Moser»).
Der 2015 bestgewählte Ständerat Werner Luginbühl (bdp) gab dieses Jahr nach zwölf Jahren in der kleinen Kammer seinen Rücktritt bekannt. Der kantonale BDP-Parteipräsident Jan Gnägi hatte ihn vergeblich darum gebeten, noch einmal anzutreten. Mit dem Abgang von Luginbühl lief die BDP Gefahr, ihren schweizweit einzigen Ständeratssitz zu verlieren. Um diesen einen Sitz in der Chambre de Réflexion zu verteidigen, nominierte die BDP die Berner Finanzdirektorin Beatrice Simon. Dies war insofern nachvollziehbar, als dass die BDP mit Simon sehr gute Chancen auf die Verteidigung des Ständeratssitzes eingeräumt wurden: Simon hatte bei den letzten beiden Regierungsratswahlen (2014 und 2018) jeweils das beste Ergebnis aller Kandidierenden gemacht. Trotzdem war die Entscheidung, Simon ins Rennen zu schicken auch mit Risiken behaftet. Da in Bern Doppelmandate zwischen der Kantonsregierung und den eidgenössischen Räten verboten sind, hätte Simon bei einer Wahl ihren Posten als Finanzdirektorin räumen müssen. Dies verärgerte das bürgerliche Lager, welches die mühsam erkämpfte Mehrheit im Regierungsrat in Gefahr sah, sollte Simon aus der Kantonsregierung ausscheiden. Anders als Luginbühl kandidierte der zweite bisherige Ständerat, Hans Stöckli (sp), für eine weitere Legislatur. Dies wurde von einigen Exponenten seiner Partei kritisiert, da diese lieber eine jüngere Frau als Ständeratskandidatin nominiert hätten. Der 67-jährige Stöckli versuchte seine Partei hinter sich zu scharen, indem er ankündigte, es sei seine letzte Kandidatur. Stöckli bestritt den Wahlkampf zusammen mit der Nationalrätin und Parteipräsidentin der Grünen Partei Schweiz Regula Rytz, die für die Grünen antrat. Offiziell liessen die beiden Kandidierenden aus dem linken Lager verlauten, die Strategie für einen allfälligen zweiten Wahlgang bespreche man erst nach dem ersten Durchgang. Gemeinhin wurde jedoch davon ausgegangen, dass Rytz im ersten Wahlgang eher schlechter abschneiden würde als der vom Bisherigen-Bonus profitierende Stöckli und sie sich dann zu Gunsten von ihm zurückziehen würde. Auf der anderen Seite des politischen Spektrums kandidierte Nationalrat Werner Salzmann für die SVP. Mit der Kandidatur ihres kantonalen Parteipräsidenten erhoffte sich die SVP, erstmals seit 2003 wieder eine ungeteilt bürgerliche Berner Standesstimme erreichen zu können. In der Mitte kandidierten drei Nationalrätinnen mit Aussenseiterchancen. Christa Markwalder (fdp), Kathrin Bertschy (glp) und Marianne Streiff (evp) hofften allesamt auf eine Überraschung. Neben den Kandidierenden aus etablierten Parteien stiegen acht weitere Personen ins Rennen um die beiden Ständeratssitze: Jorgo Ananiadis und Pascal Fouquet (beide Piratenpartei), Yannic Nuoffer und Florian Gerber (beide Pnos), sowie Peter Eberhart, Philipp Jutzi, Verena Lobsiger-Schmid und Joe Grin, die auch für den Nationalrat auf kleineren Listen kandidierten.

Nach dem ersten Wahlgang erreichte keiner der Kandidierenden das absolute Mehr von 152'797 Stimmen. In Führung lag nach dem ersten Durchgang Hans Stöckli (122'263 Stimmen), der das absolute Mehr allerdings deutlich verpasste. Überraschend auf dem zweiten Platz, nur knapp hinter Stöckli, lag Regula Rytz (119'960). Praktisch gleichauf mit Rytz lag Werner Salzmann (119'630). Eine Enttäuschung setzte es für Beatrice Simon ab. Mit 82'283 Stimmen lag sie bereits deutlich hinter dem Spitzen-Trio. Hinter Simon folgten Markwalder (61'904), Bertschy (48'076) und Streiff (24'139). Wie erwartet lagen die weiteren Kandidierenden abgeschlagen hinter den Vertretern der etablierten Parteien.
Nachdem sie im ersten Durchgang unter den Erwartungen abgeschnitten hatte, zog Beatrice Simon ihre Kandidatur vor dem zweiten Wahlgang zurück. Trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen während des Wahlkampfs verzichtete sie damit ausserdem auf ihren eben erst gewonnenen Nationalratssitz und blieb stattdessen Regierungsrätin. Das linke Lager änderte nach dem Spitzenresultat von Regula Rytz die Strategie und entschied sich, beide Kandidaturen im Rennen zu behalten. Man wolle damit die historisch gute Ausgangslage nutzen und versuchen beide Sitze zu holen. Ein Erfolg der beiden linken Kandidaturen im bürgerlich geprägten Kanton Bern wurde in den Medien als regelrechte Sensation beschrieben. Kein Deutschschweizer Vollkanton hatte je eine rein linke Standesstimme. Das bürgerliche Lager versuchte diese drohende Blamage zu verhindern, weshalb zusammen mit Werner Salzmann auch Christa Markwalder erneut antrat. Die SVP, die sich bei Ständeratswahlen in zweiten Wahlgängen seit einigen Jahren schwer tat, zusätzliche Stimmen zu generieren, hoffte durch das Zweierticket mit der FDP auf einige zusätzliche Stimmen von freisinnigen Wählerinnen und Wählern. Markwalder, welche laut Medieneinschätzungen eher am linken Rand ihrer Partei politisiere, konnte sich aufgrund der Ausgangslage selber Chancen auf eine Wahl ausrechnen, da mit Simon, Bertschy und Streiff gleich drei Mitte-Kandidatinnen im zweiten Wahlgang nicht mehr mit von der Partie waren. Offiziell traten Markwalder und Salzmann gemeinsam an und unterstützten sich gegenseitig. Doch das bürgerliche Duo harmonierte nur bedingt. Die pro-europäische Haltung von Markwalder sorgte in den Reihen der SVP für einigen Unmut. Zudem fanden einige SVP-Mitglieder, dass man die FDP nicht unterstützen solle, nachdem der Freisinn in der Vergangenheit die SVP in zweiten Wahlgängen oftmals «ausgebootet» und stattdessen verdeckt die linken Kandidaten unterstützt habe. Der abtretende Nationalrat und langjährige SVP-Fraktionschef Adrian Amstutz rief die SVP-Wähler sogar offen dazu auf, ausschliesslich Werner Salzmann auf den Wahlzettel zu schreiben. Trotzdem hielten die Parteispitzen und die Delegierten beider Parteien am bürgerlichen Ticket fest. Die Ausgangslage vor dem zweiten Wahlgang war dank den zwei Zweiertickets sehr spannend und das Resultat schwierig vorhersehbar, da vieles davon abhing ob die Grünen ihre starke Mobilisierung vom 20. Oktober vier Wochen später würden wiederholen können.

Im zweiten Wahlgang setzten sich Hans Stöckli (157'750 Stimmen) und Werner Salzmann (154'586) durch. Regula Rytz (141'337) war rund 13'000 Stimmen von der Sensation entfernt. Christa Markwalder (115'163) konnte zwar gegenüber dem ersten Wahlgang ordentlich Stimmen zulegen, blieb aber letztendlich chancenlos. Dass sie klar weniger Stimmen holte als Werner Salzmann, deutet darauf hin, dass viele SVP-Wähler nicht über die inhaltlichen Differenzen der beiden Bürgerlichen hinwegzusehen vermochten. Für Werner Salzmann ging die Strategie jedoch auf. Mit ihm schaffte die SVP nach acht Jahren die Rückkehr ins Stöckli. Dass auch im linken Lager die rot-grüne Allianz nicht nur harmonierte, zeigte sich im Anschluss an die Wahl. Die Co-Präsidentin der SP, Mirjam Veglio, legte offen, dass das Verhalten der Grünen bei den Sozialdemokraten nicht gut angekommen sei. Es sei abgemacht gewesen, dass Regula Rytz sich zugunsten von Stöckli zurückziehen würde. Mit der Teilnahme am zweiten Wahlgang habe die Grüne Partei den Pakt gebrochen. Zudem wurde Stöckli trotz seines guten Resultates mehrmals mit der Frage konfrontiert, ob er sich nicht hätte zugunsten von Regula Rytz zurückziehen sollen, um so einer Frau den Einzug in den Ständerat zu ermöglichen. Stöckli zeigte sich genervt über die Frage und sprach gar von einem Skandal. Anders als in anderen Kantonen lockte der zweite Wahlgang (Wahlbeteiligung 44.4%) in Bern beinahe so viele Wählerinnen und Wähler an die Urne wie der erste (47.3%). Mit seiner Wiederwahl wurde Stöckli im Übrigen zum designierten Ständeratspräsidenten.

Ständeratswahlen 2019 – Bern
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2019 (nach Kantonen)
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2019 - Überblick

Die Ständeratswahlen im Kanton Bern waren über Jahrzehnte hinweg durch eine «geeinte Standesstimme» der Bürgerlichen geprägt. Seit 2003, als das FDP-SVP Gespann bei den Wahlen erstmals von Simonetta Sommaruga durchbrochen worden war, war das bürgerliche Doppelticket allerdings passé. 2015 stellten sich die amtierenden Hans Stöckli von der SP und Werner Luginbühl von der BDP zur Wiederwahl. Allen voran die SVP war erpicht darauf, endlich wieder einen eigenen Ständerat zu stellen, nachdem 2011 der wenige Monate zuvor bei Ersatzwahlen gewählte Adrian Amstutz die Wiederwahl verpasst hatte. Dieses Mal sollte es für die Volkspartei Nationalrat Albert Rösti richten. Der Freisinn schickte die Generalsekretärin der FDP Frauen Schweiz, Claudine Esseiva, ins Rennen. Die grüne Grossrätin Christine Häsler präsentierte sich auf einem gemeinsamen Ticket mit SP-Mann Stöckli. Neben Luginbühl kandidierten als weitere Kandidierende der Mitte GLP-Nationalrat Jürg Grossen und EVP-Nationalrätin Marianne Streiff-Feller. Ergänzt wurde das Feld durch Jorge Ananiadis und Denis Simonet von der Piratenpartei sowie durch die parteilosen Bruno Moser und Josef Rothenfluh.
Gefährlich werden konnte den beiden Bisherigen eigentlich nur der Herausforderer der SVP: Nationalrat Albert Rösti. Fast schon traumatisch war für die SVP das Scheitern von Adrian Amstutz bei den Erneuerungswahlen 2011 gewesen, als dieser im ersten Wahlgang noch den Spitzenplatz erreicht hatte, am Ende aber klar auf den dritten Rang verwiesen worden war. Das Kalkül hinter der Nominierung von Rösti bestand darin, einen gemässigten Kandidaten zu präsentieren, welcher auch über die Parteigrenzen hinweg Stimmen holen würde. Die Medien spekulierten, dass Röstis Chancen wohl stark von der Konstellation am Ende des ersten Durchgangs abhängen werden. Angesichts der Vielzahl an Anwärterinnen und Anwärtern erschien das Erreichen des absoluten Mehrs im ersten Wahlgang als zu hohe Hürde. Würde diese Hürde aber keiner der Kandidierenden überspringen, werde sich die Aufgabe für einen SVP-Vertreter – wie schon 2011 – als schwierig darstellen. Bei der SVP versuchte man deshalb, taktisch vorzugehen. Die Partei empfahl in Inseraten einzig Röstis Namen auf die Wahlunterlagen zu schreiben. Die Idee dahinter war, das absolute Mehr zu senken, und damit Rösti die Wahl im ersten Durchgang zu ermöglichen. Umfragen im Vorfeld der Wahlen deuteten aber darauf hin, dass wohl eher Stöckli oder Luginbühl bereits am 18. Oktober zum Sieger gekürt werden würde. In diesem Fall wäre für die SVP die vorzeitige Wahl von Luginbühl das erwünschte Szenario gewesen, da man sich bei einem Duell zwischen Stöckli und Rösti im letztlich eher bürgerlichen Kanton Bern eher Chancen ausrechnete. Unabhängig von diesen Rechenspielen war man sich einig, dass Rösti trotz seiner konzilianteren Art einen schweren Stand haben würde. Wie die Wahlbefragungen im Vorfeld aufzeigten, schien die Wählerschaft ausserhalb der SVP nämlich kaum bereit, den Berner Oberländer zu unterstützen. Röstis Positionen wichen denn auch kaum von der SVP-Parteilinie ab. Stöckli und Luginbühl hingegen galten als gemässigte Pragmatiker, welche dadurch – im Gegensatz zu Rösti – auch in anderen Wählerteichen fischen konnten. Die übrigen Ständeratskandidaturen wurden generell als Wahlkampflokomotiven für die Nationalratswahlen interpretiert. Am meisten zu reden gab hier FDP-Kandidatin Claudine Esseiva. Eine Auswertung von Daten der Plattform smartvote ergab, dass Esseiva von allen Kandidierenden am weitesten weg von ihrer Partei politisierte. Sie galt als Vertreterin des linken, urbanen Flügels der FDP. Ihre Unterstützung für Budgetkürzungen bei der Armee und einer Frauenquote in Unternehmen sorgte im rechten Flügel des Freisinns für Unverständnis. In den Medien kolportierte interne Querelen wurden von der FDP jedoch dementiert. Christine Häsler galt als grüne Kandidatin, «die auch Bürgerlichen gefällt», wie die Berner Zeitung titelte. Sie wurde zwar wie ihr Kollege Stöckli als umgängliche Pragmatikerin bezeichnet, ein Blick auf ihr smartvote-Profil machte aber klar, dass sich auch ihre Positionen praktisch ausnahmslos mit jenen ihrer Partei deckten. In Sachen kreativer Wahlkampf machten die beiden Kandidaten Stöckli und Rösti von ihren passenden Namen Gebrauch. Der SVP-Kandidat tourte mit seiner Aktion «Rösti mit Rösti» durch den Kanton, während sein SP-Gegenspieler den Wahlspruch «Hans wieder ins Stöckli» prägte.

Am Wahltag übersprang keiner der Kandidierenden das absolute Mehr. An die Spitze setzte sich der Wahlsieger von 2011, Werner Luginbühl, mit 151'069 Stimmen. Das absolute Mehr von 152'860 Stimmen verpasste er somit nur hauchdünn. Dahinter folgte der zweite Amtsinhaber, Hans Stöckli, mit 144'805 Stimmen. Nur für den dritten Platz reichte es Albert Rösti, welcher 136'055 Stimmen erhielt. Als erste Verfolgerin des Spitzentrios durfte sich die Grüne Christine Häsler (73'109 Stimmen) feiern lassen. Es folgten Claudine Esseiva mit 32'615 Stimmen, Jürg Grossen mit 29'125 Stimmen und Marianne Streiff-Feller mit 23'138 Stimmen. Auf den hintersten Rängen landeten Jorge Ananiadis (8'288 Stimmen), Denis Simonet (5'333 Stimmen), Bruno Moser (4'144 Stimmen) und Josef Rothenfluh (3'786 Stimmen). Für die SVP und Albert Rösti war damit das wohl ungünstigste Szenario eingetreten. Einerseits, weil Luginbühl die Hürde des absoluten Mehrs denkbar knapp verpasst hatte, andererseits, weil Rösti bei weitem nicht an das gute Erstresultat von Adrian Amstutz vor vier Jahren anknüpfen konnte. Schlechte Stimmung herrschte auch bei der FDP. Zwar hatte man sich kaum reellen Wahlchancen für Esseiva ausgerechnet, aber ihr Resultat blieb klar unter den Erwartungen. Die spärlichen FDP-Stimmen hatten indirekt auch Auswirkungen auf die Chancen Röstis, da dessen ausserparteiliche Unterstützung in einem zweiten Durchgang am ehesten noch von der freisinnigen Wählerschaft erwartet worden wäre. Am Dienstag nach der Wahl gab die SVP dann allerdings bekannt, dass Rösti sich vom Rennen zurückziehen werde. Dass der zweite Wahlgang nicht zur stillen Wahl avancierte, war dem politischen Querkopf Bruno Moser geschuldet. Der chancenlose Bieler, welcher mit Forderungen nach einer Bodenwertsteuer und allerlei Verschwörungstheorien auf sich aufmerksam machte, wollte laut eigener Aussage dem Stimmvolk eine Auswahl bieten. Seine Kandidatur zog aber im ganzen Kanton eher Ärger auf sich, weil der eigentlich unnötige zweite Wahlgang Kosten von circa einer halben Million Schweizerfranken verursachte. Stöckli und Luginbühl reduzierten ihrerseits den Wahlkampf auf ein Minimum und unterstützten einen Vorschlag der BDP, der für zukünftige Kandidaturen eine Stimmenhürde für den zweiten Wahlgang vorsah.

BDP-Ständerat Werner Luginbühl erzielte dann am 15. November erneut das beste Resultat und setzte sich mit einem Endergebnis von 169'903 Stimmen an die Spitze. Hinter ihm schaffte der SP-Vertreter Hans Stöckli die Wiederwahl mit 159'974 Stimmen. Erwartet chancenlos blieb der parteilose Bruno Moser, welcher auf 22'966 Stimmen kam. Da der zweite Durchgang mehr oder weniger Makulatur war, lag auch die Stimmbeteiligung mit 29 Prozent sehr tief – im ersten Wahlgang waren noch 48.8 Prozent aller wahlberechtigten Bernerinnen und Berner an die Urne gegangen. BDP und SP stellten damit erneut die Ständeratsdelegation, während die SVP weiterhin aussen vor blieb.

Kanton Bern -Ständeratswahlen 2015
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2015 (nach Kantonen)

Dem Kanton Wallis stand anlässlich der Nationalratswahlen 2015 neu ein zusätzlicher, achter Sitz zu. Um diesen und die restlichen sieben Sitze kämpften 173 Kandidierende auf 33 verschiedenen Listen. Die hohe Listenzahl – nur zwei weniger als im Kanton Zürich – war hauptsächlich den zahlreichen regionalen Listen geschuldet, welche sich zumeist zwischen Valais Romand und dem Oberwallis aufteilten. Der Frauenanteil auf den Listen betrug insgesamt 26% (2011: 26.5%). Die Grünen, die Sozialdemokraten und die CSP Centre Gauche beschlossen eine gemeinsame Listenverbindung – inklusive ihrer jeweiligen Jungparteien. Dies war insofern nicht selbstverständlich, als es vor vier Jahren beinahe zum Bruch zwischen Rot-Grün gekommen war. Die CVP, die FDP und die SVP traten jeweils alleine an, verbanden also einzig ihre parteiinternen Listen und jene ihrer Jungparteien. Somit blieb in Sachen «Listen-Arithmetik» die Ausgangslage gegenüber den letzten Wahlen gleich. Einzig die damals erfolglosen Kandidaten der BDP und der alternativen Linken fehlten dieses Mal auf den Wahlunterlagen.
Im Vorfeld gaben drei politische Schwergewichte ihren Rücktritt bekannt. Bei den Sozialdemokraten trat der ehemalige Nationalratspräsident Stéphane Rossini nicht mehr an. Bei der CVP machte Parteipräsident Christophe Darbellay bekannt, dass er sowohl sein Mandat als Präsident als auch jenes als Nationalrat abgeben werde. Schliesslich erklärte auch SVP-Nationalrat Oskar Freysinger seinen Rücktritt, da er 2013 in den Walliser Staatsrat gewählt worden war.
Der nationale Trend, welcher FDP und SVP im Aufwind sah, galt auch für das Wallis als wahrscheinliches Szenario. Bei den Freisinnigen trat Jean-René Germanier nochmals an, nachdem ihm von der Partei ausnahmsweise die Kandidatur für eine vierte Amtszeit erlaubt wurde. Er bekam jedoch harte Konkurrenz von seinem aufstrebenden Parteikollegen Philippe Nantermod. Bei der SVP galt der Oberwalliser Franz Ruppen als wahrscheinlichster Nachfolger von Oskar Freysinger. Den Sozialdemokraten hingegen wurde ein schwieriger Kampf um die Verteidigung ihrer zwei Sitze vorausgesagt. Der Bisherige Mathias Reynard war der unbestrittene Spitzenkandidat, welcher als Wahllokomotive die SP vor einem Sitzverlust retten sollte. Hinter ihm reihten sich Kantonalpräsident Gaël Bourgeois, Olivier Salamin und der einzige Oberwalliser auf der gesamtkantonalen SP-Liste, German Eyer, ein. Für die CVP, schliesslich, war das Wallis noch eine der wenigen traditionellen Bastionen, in welcher von ihr auch weiterhin ein starkes Abschneiden erwartet wurde. Zudem war rechnerisch ein Sitzverlust für die Christdemokraten recht unwahrscheinlich, weswegen die CVP eher auf einen möglichen zusätzlichen vierten Sitz schielte. Die erfolgreiche Verteidigung der Mandate von Viola Amherd und Yannick Buttet war abzusehen. Als mögliche Nachfolgerin von Christophe Darbellay wurde Géraldine Marchand-Balet gehandelt, aber auch Davide Théoduloz durfte sich Hoffnungen machen. Kaum Chancen wurden den Grünen und der CSP Centre Gauche zugerechnet. Beide Parteien hatten Mühe damit, bekannte Persönlichkeiten auf ihre Listen zu setzen.

Am Wahltag durfte sich neben der SVP auch die CVP – und nicht etwa die Freisinnigen – über einen Sitzgewinn freuen. Die Christdemokraten erzielten im gesamten Kanton 30.4 Prozent der Stimmen (-0.6 Prozentpunkte), während die CSP Oberwallis – Teil der nationalen CVP – auf zusätzliche 9.3 Prozent kam (+0.4%). Géraldine Marchand-Balet ersetzte bei der CVP Christophe Darbellay und Roberto Schmidt holte sich für die CSP Oberwallis einen Sitz zurück. Viola Amherd und Yannick Buttet wurden beide deutlich wiedergewählt, letzterer gar als bestgewählter Nationalrat im Kanton. Bei der SVP ersetzte Franz Ruppen wie erwartet Oskar Freysinger. Zudem schaffte Jean-Luc Addor neu den Einzug in die grosse Kammer. Die Partei gewann 2.4 Prozentpunkte an Wähleranteil (neu: 22.1%), vor allem dank des Zuwachses im Oberwallis. Die Sitzgewinne der CVP und der SVP hatten zur Folge, dass die SP eines ihrer beiden Mandate nach vier Jahren wieder abgeben musste. Mathias Reynard schaffte die Wiederwahl klar, wogegen der Sitz des abtretenden Stéphane Rossini nicht verteidigt werden konnte. Die Sozialdemokraten verloren deutlich an Wähleranteil (-3.9 Prozentpunkte) und kamen noch auf 13.3 Prozent aller Wählerstimmen. Die FDP verlor ebenfalls an Wähleranteil (-0.7 Prozentpunkte, neu: 18.1%) und verpasste damit den erhofften Sitzgewinn. Jedoch gelang es Philippe Nantermod tatsächlich den bisherigen Nationalrat Germanier aus dem Amt zu bugsieren. Ohne Chance auf einen Sitz blieben, wie erwartet, die Grünen mit 4.9% (-0.1 Prozentpunkte) und die CSP Centre Gauche mit 1.4% (+0.7 Prozentpunkte). Die neue, ziemlich durchmischte Walliser Delegation setzt sich nun wie folgt zusammen: 4 CVP, 2 SVP, 1 SP und 1 FDP. Mit Viola Amherd, Roberto Schmidt und Franz Ruppen ist das deutschsprachige Oberwallis neu mit drei Mandaten statt wie bisher nur einem vertreten. Die Wahlbeteiligung lag im Kanton Wallis bei 59.8%. Der Frauenanteil der Delegation stieg mit der Wahl von Géraldine Marchand-Balet auf 25 Prozent an (2011: 14%).

Kanton Wallis -Nationalratswahlen 2015
Dossier: Resultate Nationalratswahlen 2015 (nach Kantonen)

Eher unerwartet konnte die SP auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Die zwei Sitzgewinne in den Kantonen Aargau (Bruderer) und St. Gallen (Rechsteiner) und die Rückeroberung des Berner Sitzes (Stöckli), den die SP aufgrund der Ersatzwahl für Bundesrätin Sommaruga im Frühjahr noch an die SVP verloren hatte, sorgten dafür, dass die Sozialdemokraten die höchste Zahl an Ständeratsmandaten in ihrer Geschichte erreichten. Mit elf Mandaten war man in der kleinen Kammer neu sogar gleich stark wie die FDP. Die acht Sitze in den Kantonen FR (Berset), SO (Zanetti) BS (Fetz), BL (Janiak), VD (Savary), NE (Berberat), GE (Maury Pasquier) und JU (Hêche) konnten relativ problemlos verteidigt werden. Nur im Kanton Waadt musste die SP in einen zweiten Wahlgang. Ohne Erfolg blieben die Sozialdemokraten in den Kantonen ZH, LU, OW (mit der Juso), ZG, SH, TG, TI und VS.

Wahlkampf und Resultate der SP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Ein Novum stellte der starke Fokus auf die Ständeratswahlen dar. Wurden Ständeratswahlkämpfe bis anhin eher in den Kantonen ausgefochten, versuchte die SVP die Wahlen in die kleine Kammer zu einem nationalen Ereignis zu machen. An einer Medienkonferenz Anfang April kündigte die Volkspartei den Kampf gegen den „Linksrutsch der europhilen Dunkelkammer“ an. Wenn die Wählerschaft einen EU-Beitritt verhindern wolle, müsse sie die SVP im Ständerat stärken. Die SVP versuchte, auch den eigentlich vorwiegend personenbezogenen Wahlkampf um den Ständerat mit Themen zu besetzen. Sie bekräftigte ihr Vorhaben, indem sie mit dem ehemaligen Bundesrat Christoph Blocher (ZH), Parteipräsident Toni Brunner (SG), Fraktionspräsident Caspar Baader (BL), dem ehemaligen Bundesratskandidaten Jean-François Rime (FR), Nationalrat Oskar Freysinger (VS), Neo-Ständerat Adrian Amstutz (BE; im Ständerat seit Frühjahr 2011) und Nationalrat Ulrich Giezendanner (AG) eigentliche Schwergewichte in den Ständeratswahlkampf schickte. Die Medien nahmen die Vorlage dankbar auf und schrieben fortan von einem „Sturm aufs Stöckli“.

Nationaler Wahlkampf 2011
Dossier: Eidgenössische Wahlen 2011 - Übersicht

Wie schon 2007 bewarben sich im Kanton Wallis ausserordentlich viele Kandidierende um die Ständeratssitze, obwohl die beiden Bisherigen von der CVP, Jean-René Fournier und René Imoberdorf, wieder antraten. Am ehesten wurde der SVP zugetraut, die CVP-Phalanx zu brechen: Sie trat mit Nationalrat Oskar Freysinger und Franz Ruppen an. Aber auch die FDP, die Jean-René Germanier vorschlug, und die SP, für die Stéphane Rossini und Beat Jost ins Rennen gingen, wollten die Ständevertretung erobern. Die Grünen stellten mit Marylène Volpi Fournier und Brigitte Wolf ebenfalls ein Zweierticket auf. Olivier Cottagnoud (AL) und Jacqueline Bovier (BDP) ergänzten das Kandidatenkarussell. Freysinger protestierte auf humorvolle Art gegen die häufige Verschandelung seiner Plakate, indem er eigene, zum Vornherein verunstaltete Affichen drucken liess.

Die zahlreichen Kandidierenden machten einen zweiten Wahlgang nötig. Die beiden Bisherigen lagen auf den ersten beiden Plätzen. Fournier machte am meisten Stimmen (47'393), verpasste aber das absolute Mehr von 60'556 ebenso deutlich wie Imoberdorf (39'960 Stimmen). Freysinger konnte 32'013 Stimmen für sich gewinnen, gefolgt von Germanier (26'839), Rossini (24'122), Ruppen (23'930) und Jost (12'709). Die restlichen Kandidierenden erhielten weniger als 10'000 Stimmen. Am Dienstag nach den Wahlen entschieden alle Verlierer, nicht zu einem zweiten Umgang anzutreten. Damit entfiel der zweite Wahlgang und die beiden CVP-Ständeräte Fournier und Imoberdorf waren still bestätigt. Bereits 2007 war es im Wallis zu einer stillen Bestätigung im zweiten Wahlgang gekommen.

Kanton Wallis – Ständeratswahlen 2011
Dossier: Resultate Ständeratswahlen 2011 (nach Kantonen)

Mit den Sitzverschiebungen wurden auch zahlreiche neue Repräsentantinnen und Repräsentanten nach Bern gewählt. Auf 81 der insgesamt 246 Sitzen sassen Neugewählte. 38 zurückgetretene sowie 28 nicht wiedergewählte Nationalrätinnen und Nationalräte sowie zwölf zurückgetretene und drei nicht wiedergewählte Ständerätinnen und Ständeräte wurden ersetzt. Damit lag die Erneuerungsrate des Parlaments bei 33% und war wesentlich höher als noch 2007 (28%; 69 Neugewählte). In beiden Kammern wurde also rund ein Drittel des Personals ausgetauscht. Von den 15 neuen Ständeräten waren sieben vormals Nationalräte: Abate (fdp, TI), Bischof (cvp, SO), Bruderer (sp, AG), Häberli-Koller (cvp, TG), Rechsteiner (sp, SG), Stöckli (sp, BE) und Theiler (fdp, LU). Alle diese Werte lagen über dem langjährigen Durchschnitt: im Schnitt treten 40 National- und 12 Ständerätinnen und -räte zurück. Zusätzlich werden durchschnittlich 21 National- und drei Ständerätinnen und -räte nicht wiedergewählt und im Mittel wechseln 5 Nationalrätinnen und -räte in den Ständerat.

Das neue Parlament 2011

Mit den Behauptungen, die „Dunkelkammer Ständerat“ werde immer linker und „europhiler“ und die „Heimatmüdigkeit“ in der kleinen Kammer könne nur gestoppt werden, wenn mehr SVP-Kandidierende in den Ständerat gewählt würden, gelang es der Volkspartei nicht nur, den eigentlich kantonal ausgetragenen Ständeratswahlen nationale Bedeutung und Medienaufmerksamkeit zu verleihen, sondern sie verabreichte ihnen auch einen gehörigen Schuss Themenzentriertheit: Erst mit der Wahl von SVP-Personal – so die zugrunde liegende Idee – würde der Ständerat wieder für Schweizer Werte, also gegen Migration und EU, einstehen. Das Vorhaben, das in den Medien unter dem Titel „Sturm aufs Stöckli“ Niederschlag fand, muss im Nachhinein allerdings als gescheitert betrachtet werden. Zwar trat die SVP mit Ausnahme von lediglich sechs Ständen (OW, NW, AR, AI, TI und GE) in allen Kantonen mit teilweise namhaften und landesweit bekannten Personen zu den Wahlen in die kleine Kammer an und war damit auch für die zahlreichen nötigen zweiten Umgänge mitverantwortlich. Letztlich musste sie im Vergleich zu 2007 per Saldo aber sogar zwei Sitzverluste verkraften und sitzt lediglich noch mit fünf Vertretern im Ständerat. Einer ihrer Sitze war bereits während der vorangehenden Legislatur mit der Abspaltung der BDP verloren gegangen. Zwar vermochte die Partei bei den Ersatzwahlen für Bundesrätin Sommaruga im Frühling des Berichtsjahrs mit Adrian Amstutz kurzfristig das zweite Berner Mandat zu besetzen, nach wenigen Monaten in der kleinen Kammer musste dieser dann aber Hans Stöckli (sp) Platz machen. Weitere Sitzverluste erlitt die SVP in den Kantonen Graubünden und Aargau. In Graubünden war die SVP aufgrund der dortigen Stärke der BDP nach dem Rücktritt von Christoffel Brändli (svp) gar nicht erst angetreten und im Kanton Aargau scheiterte die angestrebte Rochade zwischen dem ehemaligen Nationalrat Giezendanner und dem ehemaligen Ständerat Reimann. Hier verlor die Volkspartei den Ständeratssitz an die SP (Bruderer). Einen Sitz gewinnen konnte die SVP im Kanton Schwyz, wo neu beide Kantonsvertreter der Volkspartei angehören. Alex Kuprecht wurde im ersten Wahlgang bestätigt und der für den zweiten Wahlgang nach seinem eigentlichen Rücktritt als Nationalrat reaktivierte Peter Föhn konnte den Sitz der CVP erobern. Die Angriffe in den weiteren Kantonen (ZH, LU, UR, ZG, FR, SO, BS, BL, SG, VD, VS, NE und JU), die mit bekannten Namen geführt wurden (z.B. Blocher, ZH, Baader, BL, Rime, FR, Brunner, SG, Parmelin, VD oder Freysinger, VS) führten zwar zu zweiten Wahlgängen, waren aber letztlich alle erfolglos. Verteidigen konnte die SVP ihre Sitze in jenen Kantonen, in denen eher als konziliant geltende Persönlichkeiten ihre Sitze verteidigten (Jenny in GL, Germann in SH, Roland Eberle neu in TG).

Wahlkampf und Resultate der SVP bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011

Ihre beiden Sitze in der kleinen Kammer vermochten die Grünen zu verteidigen. Während Robert Cramer in Genf im ersten Wahlgang der Ständeratswahlen bestätigt wurde, setzte sich Luc Recordon im Kanton Waadt zwar erst im zweiten Wahlgang, letztlich aber überraschend deutlich durch. Achtungserfolge erzielten die Grünen in den Kantonen Bern und Glarus. In Bern trug der Rückzug von Alec von Graffenried nach dem ersten Wahlgang wesentlich zur Rückeroberung des SP-Sitzes bei. In Glarus war Karl Stadler gegen die beiden Bisherigen angetreten und wurde knapp Dritter. Chancenlos waren die grünen Angriffe auf die kleine Kammer hingegen in den Kantonen Luzern, Schwyz, St. Gallen, Aargau, Thurgau, Wallis und Neuenburg.

Wahlkampf und Resultate der Grünen bei den eidgenössischen Wahlen 2011
Dossier: Resultate der wichtigsten Parteien bei nationalen Wahlen 2011