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  • Stocker, Ernst (ZH, svp/udc)
  • Heiniger, Thomas (ZH, fdp/plr)
  • Dal Busco, Serge (GE, cvp/pdc)

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Im Mai 2018 kündigte Thomas Heiniger (ZH, fdp) seinen Verzicht auf eine weitere Kandidatur als Gesundheitsdirektor des Kantons Zürich an und kurze Zeit später vermeldete auch Markus Kägi (ZH, svp), bisheriger kantonaler Baudirektor, dass er nicht mehr zur Wahl antreten werde. Damit war der Wahlkampf für die Regierungsratswahlen 2019 in Zürich bereits Mitte 2018 eröffnet. Den Anfang machte die SP, die sich einem besonderen Problem gegenüber sah: Vor allem die Juso und die städtische SP kritisierten Sicherheitsdirektor Mario Fehr (ZH, sp) stark und wollten seine erneute Kandidatur für den Regierungsrat verhindern. Kritisiert wurde Fehr insbesondere für seine Asylpolitik, seine Forderung nach einem Burka-Verbot und seine Anschaffung von Staatstrojanern. Die Kritik ging so weit, dass die SP-Parteileitung eine Abstimmung einberief, in der geklärt werden sollte, ob die Parteibasis hinter Mario Fehr steht oder nicht und ob die beiden bisherigen SP-Regierungsratsmitglieder, Mario Fehr und Jacqueline Fehr, erneut für die SP antreten sollen. Mit 167 zu 8 Stimmen war die Kandidatur von Jacqueline Fehr unumstritten und auch Mario Fehrs Kandidatur wurde mit 108 zu 73 Stimmen gutgeheissen.
Damit ging das «Problem Fehr», wie es einige Medien nannten, an die Grünen über: Noch bevor diese wussten, mit welchem Kandidaten oder welcher Kandidatin sie selbst antreten wollen, forderten erste Stimmen – ebenfalls vor allem von den Jungen Grünen und von der städtischen Partei –, dass man auf eine Empfehlung von Mario Fehr verzichten solle. Zuerst stand aber die Frage im Mittelpunkt, wer für die Grünen den 2015 verlorenen Sitz von Martin Graf zurückerobern soll. Nachdem zahlreiche prominente Kandidaten – Kandidatinnen waren fast keine vorhanden, da diese, wie zum Beispiel Karin Rykart, gemäss Medien kurz zuvor in andere Ämter gewählt worden waren – wie der kürzlich wiedergewählte Zürcher Stadtrat Daniel Leupi und die Nationalräte Bastien Girod und Balthasar Glättli abgesagt hatten, sprach sich die Grüne Partei für den 32-jährigen Solarenergieforscher und Kantonsrat Martin Neukom aus. Neukom setzte sich vor allem für mehr Klimaschutz ein. Die Medien und zahlreiche Experten trauten ihm aufgrund seines niedrigen Bekanntheitsgrades kaum Gewinnchancen zu. Überdies entschieden sich die Delegierten der Grünen in der Tat mit 39 zu 28 Stimmen, auf eine Empfehlung von Mario Fehr zu verzichten und stattdessen den AL-Kandidaten Walter Angst neben Jacqueline Fehr für den Regierungsrat zu empfehlen. Zwar empfahl die SP den Grünen-Kandidat Neukom weiterhin, die Nichtunterstützung Mario Fehrs durch die Grünen und später auch durch die AL verhinderte jedoch einen gemeinsamen, geschlossenen Wahlkampf der linken Parteien. Die Medien werteten dies vielmehr als Problem für den eher unbekannten Neukom als für die beiden bisherigen SP-Regierungsratsmitglieder.
In der Zwischenzeit hatte sich auch die SVP auf die Suche nach einem Nachfolger für Kägi gemacht. In die engere Auswahl schafften es Nationalrätin Natalie Rickli und der verglichen mit Rickli relativ unbekannte Christian Lucek, Gemeinde- und Kantonsrat aus Dänikon. Seinen Rückstand im Bekanntheitsgrad versuchte Lucek wettzumachen, indem er Parteifreunden in einem E-Mail empfahl, in der Diskussion Rickli nach ihrem Zivilstand und ihrer Familienplanung zu fragen. «Wollen wir vier Frauen im Regierungsrat?», fragte er die Empfänger des E-Mails rhetorisch. Dieses E-Mail gelangte jedoch noch vor der parteiinternen Ausmarchung an die Medien und sorgte für Empörung. Mit 244 zu 53 Stimmen schaffte Rickli in der Folge die Wahl zur zweiten SVP-Kandidatin neben dem Bisherigen Ernst Stocker locker. Im Nachgang werteten die Medien das E-Mail von Lucek als Vorteil für Rickli.
Auch die FDP suchte einen Nachfolger für Thomas Heiniger und fand ihn in ihrem bisherigen Fraktionschef im Kantonsrat, Thomas Vogel. Vogel war vier Jahre zuvor in der internen Ausscheidung der jetzt als bisherige Regierungsrätin antretenden Carmen Walker Späh unterlegen. Mit 128 von 226 Stimmen setzte er sich in der parteiinternen Ausmarchung relativ klar gegen seine zwei Mitbewerber durch.
Die CVP trat mit ihrer bisherigen Regierungsrätin Silvia Steiner an, die AL setzte auf den Zürcher Gemeinderat Walter Angst. Zudem kandidierten Nationalrätin Rosmarie Quadranti für die BDP, Jörg Mäder für die GLP, Hanspeter Hugentobler für die EVP und Hans Egli für die EDU.
Noch Ende 2018 werteten die Medien die Regierungsratswahl als ziemlich klare Sache. Die Bürgerlichen hätten gute Chancen, ihre fünf Sitze zu verteidigen, war gemeinhin zu lesen. Hervorgehoben wurde die gute Zusammenarbeit der SVP, der FDP und der CVP: Die drei Parteien empfahlen sich gegenseitig und bewarben die jeweils anderen Kandidatinnen und Kandidaten des «Bürgerlichen Bündnisses für den Regierungsrat» auf ihren Plakaten und in ihren Inseraten. Ansonsten präsentierten sie zwar kein gemeinsames inhaltliches Programm, verwiesen aber auf die gute Situation des Kantons Zürich als Verdienst des bürgerlich geprägten Regierungsrates. Eine gemeinsame Pressekonferenz veranstalteten auch die GLP, die EVP und die BDP. Die drei Parteien, die zusammen bei den Wahlen vor vier Jahren 15 Prozent der Stimmen geholt hatten, traten jedoch allesamt mit eigenen Kandidatinnen und Kandidaten an, was die Medien als vertane Chance werteten. Bei einem allfälligen zweiten Wahlgang würde man sich vermutlich für eine Person entscheiden, mutmassten die Medien. Auch die drei Mitteparteien präsentierten keine gemeinsamen Inhalte, sondern betonten den gemeinsamen Politstil und ihre Fähigkeit, im Unterschied zu den Polparteien Lösungen zu finden.
Erste Anzeichen dafür, dass die Wahl der fünf Bürgerlichen nicht so einfach werden dürfte, wie von den Medien anfänglich angenommen worden war, bot die erste Politbarometer-Umfrage von Sotomo Ende Januar 2019. Dabei zeigte sich, dass das Rennen um den siebten Platz zwischen FDP-Kandidat Thomas Vogel und Grünen-Kandidat Martin Neukom enger werden könnte als vermutet. Nur fünf Prozentpunkte trennten Neukom zu diesem Zeitpunkt von Vogel. Dies erklärten die Medien vor allem damit, dass sowohl Vogel als auch Neukom bei den Wählerinnen und Wählern noch sehr unbekannt waren; nur 13 Prozent (Vogel) respektive 18 Prozent (Neukom) gaben an, sie zu kennen. Zu diesem Zeitpunkt zeigte sich auch bereits, dass die Zusammenarbeit im bürgerlichen Lager nicht so gut funktionierte, wie von diesem erhofft. So hätten im Januar zum Beispiel nur 39 Prozent der SVP-Sympathisantinnen und -Sympathisanten Thomas Vogel gewählt, 48 Prozent hätten hingegen Mario Fehr ihre Stimme gegeben. Die zweite Umfrage Mitte März und somit kurz vor den Wahlen bestätigte diese Ergebnisse mehrheitlich, wodurch die Regierungsratswahlen plötzlich stärker in den Fokus der Medien gelangten. «So spannend sind die kantonalen Wahlen», titelte gar der Tagesanzeiger.

Am 24. März 2019 passierte dann, was anfänglich kaum jemand für möglich gehalten hatte: Martin Neukom erhielt mehr Stimmen als Natalie Rickli und Thomas Vogel und schaffte damit den Einzug in den Zürcher Regierungsrat. Vogel wurde lediglich achter und verpasste somit den Sprung in den Regierungsrat. Er sei «von einer grünen Welle weggeschwappt» worden, erklärte Vogel. Und auch die Medien sahen in der Konjunktur des Umweltthemas einen der Hauptgründe für Neukoms Wahl. Damit fügte der Grüne der FDP eine «historische Niederlage» (BaZ) zu, da diese zum ersten Mal überhaupt weniger als zwei Zürcher Regierungsräte stellte. SVP und FDP verloren die gemeinsame Mehrheit im Rat, auch wenn die bürgerliche Allianz zusammen mit der CVP noch immer vier der sieben Sitze stellte. Problemlos gewählt wurden die Bisherigen und auch Natalie Rickli schaffte den Sprung von der nationalen Legislative in die kantonale Exekutive, auch wenn sie bis zum Schluss zittern musste, wie die Medien resümierten.

Gleich im Anschluss an die Wahl wurde die Departementsvergabe mediales Thema – besonders interessierte die Frage, ob Neukom das Baudepartement übernehmen oder ob es zu grossen Rochaden kommen werde. Im Mai entschied sich der Regierungsrat, den beiden Neuen die frei werdenden Departemente zuzuteilen: Neukom wurde somit Baudirektor, Rickli übernahm das Gesundheitsdepartement. Mit der Vergabe des Baudepartements an Neukom, in dem dieser aus Klimaschutzsicht am meisten erreichen könne, habe man die Botschaft der Wählerinnen und Wähler ernst genommen, würdigte zum Beispiel der Tagesanzeiger diesen Entscheid.

Regierungsratswahlen 2019 Zürich

«Was wollt ihr Zürcher eigentlich?» Vor dem 27. November 2017 fiel es dem Zürcher Regierungsrat Ernst Stocker (ZH, svp) nicht leicht, diese Frage, die ihm regelmässig in Bezug auf die Steuervorlage 17 gestellt wurde, zu beantworten. Denn noch zur Unternehmenssteuerreform III hatten die Finanzvorsteher von Stadt und Kanton Zürich – Daniel Leupi (ZH, gp) und Ernst Stocker – diametral unterschiedliche Positionen vertreten: Die Stadt Zürich, und insbesondere Leupi, gehörten zu den grössten Kritikern der USR III, da sie unausgewogen sei und in der Stadt zu hohen Steuerausfällen führen würde.
In der Vernehmlassungsvorlage hatte der Bundesrat im Vergleich zur Unternehmenssteuerreform III auf die zinsbereinigte Gewinnsteuer verzichtet, da diese im Vorfeld und Nachgang der Abstimmung über die USR III besonders stark kritisiert worden war. Diese Massnahme ist aber für den Kanton Zürich aufgrund seiner speziellen wirtschaftlichen Situation besonders zentral: Zürich verfügt über besonders viele – die Finanzdirektion des Kantons spricht von 40 Unternehmen, die Steuern in zweistelliger Millionenhöhe bezahlen – sogenannte Swiss Finance Branches von Konzernfinanzierungsgesellschaften, das sind quasi konzerninterne Banken. Diese werden bisher nur mit 2 bis 3 Prozent besteuert. Da sie sehr mobil sind und über wenige Angestellte verfügen, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie bei einer Abschaffung der bisherigen Steuerprivilegien ohne spezifische Entlastungsmassnahmen ihre Standorte verlagern würden. Denn der Kanton Zürich befürchtet einen grossen Mitnahmeeffekt bei Steuererleichterungen für Unternehmen – insbesondere auch im Vergleich zu anderen Kantonen; sehr viele Unternehmen würden also von den Steuersenkungen profitieren, obwohl sie auch ohne diese in Zürich geblieben wären. Daher kann der Kanton Zürich seine ordentlichen Gewinnsteuern nicht so stark senken wie andere Kantone. Durch die zinsbereinigte Gewinnsteuer, die massgeschneidert ist für derartige Unternehmen, die üblicherweise über viel Eigenkapital verfügen, könnte deren Steuerbelastung spezifisch reduziert werden, wodurch der Kanton bezüglich der Steuerbelastung konkurrenzfähig bliebe.
Aufgrund dieser speziellen Situation hatte sich Stocker schon früh dafür stark gemacht, dass die zinsbereinigte Gewinnsteuer wieder in die SV17 aufgenommen wird – blieb damit aber lange erfolglos. Als Mitgrund dafür galt gemeinhin die uneinheitliche Haltung von Stadt und Kanton Zürich. Entsprechend versuchte Stocker gemäss Medien in zähen Verhandlungen, die Stadt Zürich, die Stadt Winterthur und die Gemeinden des Kantons bezüglich der zinsbereinigten Gewinnsteuer an Bord zu holen. Die langen, umstrittenen Verhandlungen – der Tages-Anzeiger beschrieb ein «dampfendes Sitzungszimmer» und Debatten «bis zur Schmerzgrenze» – waren schliesslich von Erfolg gekrönt: Ende November 2017, kurz vor Ende der Vernehmlassung, erreichten Stocker, Leupi, Jacqueline Fehr (ZH, sp), Justizdirektorin des Kantons Zürich, sowie Jörg Kündig, Präsident des Gemeindepräsidentenverbands, einen Kompromiss. Demnach befürworten Kanton, Stadt und Gemeinden die Aufnahme der «Zinsbereinigten Light», welche die Einführung der zinsbereinigten Gewinnsteuer im Unterschied zur USR III nur auf Kantonsebene und nur fakultativ vorsieht, in die SV17. Der Nutzerkreis wird im Vergleich zur USR III eingeschränkt; neu soll das Instrument nur noch von Finanzierungsgesellschaften verwendet werden können, die zu weltweit tätigen Unternehmen gehören und von Zürich aus ihre Kredite vergeben. Betroffen sein werden daher nur noch weniger als 100 Arbeitsplätze, die jedoch Steuern in zweistelliger Millionenhöhe generieren. Im Gegenzug wird der Kanton die Gewinnsteuern in zwei Schritten um zwei Prozentpunkte senken, wobei der zweite Schritt 2023 erfolgen soll und in eine separate Vorlage ausgelagert wird, deren Inhalte entsprechend noch ausgehandelt werden müssen. Zudem muss der Kanton die fehlenden Einnahmen auf Ebene der Gemeinden mit einer etappierten Erhöhung des kantonalen Anteils an den Ergänzungsleistungen von 44 auf 50 und anschliessend auf 53 Prozent kompensieren. Der Kanton verpflichtet sich, mehr Geld in den kantonalen Finanzausgleich einzubezahlen sowie die Kirchgemeinden mit CHF 5 Mio. zu unterstützen. Damit würden die Entschädigungen für die Gemeinden gemäss NZZ vermutlich den höheren Kantonsanteil an den direkten Bundessteuern übersteigen.
Die Zürcher Parteien zeigten sich nicht begeistert vom Kompromiss. Für die Grünen sei er «hart an der Schmerzgrenze», die SP gab sich skeptisch. Man sehe die zinsbereinigte Gewinnsteuer noch immer «sehr kritisch»; dennoch wurden einige Stimmen laut, die gezielte Instrumente gegenüber breiten Steuersenkungen präferierten. Die bürgerlichen Parteien kritisierten insbesondere die Staffelung der Gewinnsteuersenkung, zeigten sich aber erfreut über die gemeinsame Position von Kanton, Stadt und Gemeinden. Obwohl keine Partei vollständig mit dem Kompromiss zufrieden war, sprach sich keine von ihnen offen dagegen aus; dies erklärte die NZZ damit, dass der Kompromiss ein «diffiziles Konstrukt» darstelle, von dem kein Element verändert werden könne, ohne dass es zusammenstürze.
Zumindest in einem ersten Schritt entfaltete die Zusammenarbeit der Zürcher Staatsebenen eine positive Wirkung: In der Vernehmlassung sprachen sich neben dem Kanton Zürich auch die FDK sowie 13 weitere Kantone für diese sogenannte «Lex Zürich» aus.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Unmittelbar nach dem Nein der Stimmbevölkerung zur Unternehmenssteuerreform III an der Urne betonten sowohl Gewinner als auch Verlierer die Wichtigkeit des Projektes und die Dringlichkeit einer neuen Vorlage. Einig war man sich mehr oder weniger darüber, dass kein kompletter Neubeginn nötig sei, sondern dass man entsprechend dem sogenannten Plan B auf der bisherigen Vorlage aufbauen könne. Bezüglich der effektiven Ausgestaltung der neuen Vorlage gingen die Meinungen aber weit auseinander. So meldeten sich zahlreiche Parteien, Verbände und Interessenorganisationen mit eigenen Positionspapieren, Eckpunkten und Vorschlägen zu Wort, darunter der Gewerbeverband, die SP oder auch die kantonalen Finanzdirektoren zusammen mit den Städte- und Gemeindevertretern.

Die neue Steuerungsgruppe von Finanzminister Maurer, welche mit Eva Herzog (BS, sp), Serge Dal Busco (GE, cvp), Heinz Tännler (ZG, svp) und Benedikt Würth (SG, cvp) vier Vertreterinnen und Vertreter der Finanzdirektorenkonferenz (FDK) umfasste, präsentierte Ende Mai – und somit in Rekordzeit – die Eckwerte der neuen, als „Steuervorlage 17” betitelten Vorlage. Diese hatte sich am Vorbild des Kantons Waadt orientiert, dem es durch ein soziales Abfedern der Steuerausfälle durch höhere Kinderzulagen gelungen war, sowohl bei der kantonalen Vorlage zur Umsetzung der Unternehmenssteuerreform III als auch bei der entsprechenden nationalen Vorlage an der Urne eine Mehrheit zu erzielen. Entsprechend beschränkte sich der Vorschlag der Steuerungsgruppe nicht nur auf eine Reduktion der den Kantonen zur Verfügung stehenden Entlastungsmassnahmen: eine engere Fassung des Patentabzugs sowie des Abzugs für Forschung und Entwicklung, ein Verzicht auf die Möglichkeit zur Einführung einer zinsbereinigten Gewinnsteuer sowie vor allem eine Beschränkung der maximalen Steuerentlastung durch die neuen Steuerabzüge auf 70 Prozent anstelle von zuvor 80 Prozent. Vielmehr verstärkte die Steuerungsgruppe mit der Steigerung der Dividendenbesteuerung von 60 auf 70 Prozent auch die Gegenfinanzierung und sorgte mit der von der SP geforderten Erhöhung der Kinderzulagen um CHF 30 für eine Entlastung der Familien. Zusätzlich wurden durch die Aufnahme einer Klausel zur ausdrücklichen Berücksichtigung von Städten und Gemeinden auch deren Bedenken berücksichtigt. Ansonsten übernahm die Steuervorlage 17 die Bestimmungen aus dem Unternehmenssteuerreformgesetz III, insbesondere bezüglich der Abschaffung der kritisierten Steuerprivilegien sowie bezüglich der Kompensation der Kantone durch eine Steigerung des Kantonsanteils an den Bundessteuern von 17 Prozent auf 21.2 Prozent.

Kurz darauf präsentierte der Bundesrat die neue Vorlage, die weitgehend auf dem Vorschlag der Steuerungsgruppe beruhte. Einen entscheidenden Unterschied wies die bundesrätliche Vorlage jedoch auf: Sie sah vor, den Kantonsanteil an den Bundessteuern nur auf 20.5 Prozent zu steigern, wodurch die Kantone anstelle von der ursprünglich vorgesehenen CHF 1 Mrd. noch CHF 820 Mio. erhalten würden. Entsprechend empört zeigten sich die Kantone von dieser Klausel, zumal sie in der kurzen Diskussion dazu in der Steuerungsgruppe keinerlei Anklang gefunden hatte, wie Heinz Tännler und Benedikt Würth erklärten. Die Kantone waren jedoch nicht als Einzige unzufrieden mit dem bundesrätlichen Vorschlag: Die SP und die Gewerkschaften hiessen zwar die Richtung der Verbesserungen gut, befürchteten jedoch, dass die Kantone ihre Unternehmenssteuern dadurch trotzdem stark senken würden. Zudem sollten die Kinderzulagen und die Dividendenbesteuerung stärker erhöht werden. Der Gewerbeverband sorgte sich aufgrund der steigenden Dividendenbesteuerung um die Zukunft der KMU, während die internationalen Grosskonzerne davon nicht stark betroffen seien. Kritisch beurteilte der Finanzdirektor des Kantons Zürich, Ernst Stocker (ZH, svp), vor allem den Verzicht auf die zinsbereinigte Gewinnsteuer. Da sich der Kanton Zürich in einer speziellen Situation befindet, indem er besonders stark von der Abschaffung der alten Steuerprivilegien betroffen ist, sich gleichzeitig aber keine grosse Senkung der ordentlichen Gewinnsteuersätze leisten kann, ist er stark auf den Eigenkapitalzinsabzug angewiesen. Anfangs September 2017 schickte der Bundesrat die Vorlage schliesslich in die Vernehmlassung, während der die interessierten Kreise bis Dezember 2017 die Möglichkeit haben, ihre Kritik anzubringen.

Steuervorlage 17 (SV17) und Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF; BRG 18.031)
Dossier: Unternehmenssteuerreform III, Steuervorlage 17 und AHV-Steuer-Deal (STAF)

Bei den Regierungsratswahlen 2015 im Kanton Zürich mussten die FDP und die SP je einen frei werdenden Sitz verteidigen. Bei der SP traten Regine Aeppli nach 12 Jahren und bei der FDP Ursula Gut, die seit 2006 in der Zürcher Regierung gesessen hatte, nicht mehr an. Fünf Bisherige stellten sich hingegen zur Wiederwahl. Die Sitze von Ernst Stocker und Markus Kägi (beide SVP), Mario Fehr (SP) und Thomas Heiniger (FDP) galten im Vorfeld der Wahlen als sehr stabil. Kaum jemand rechnete mit ihrer Abwahl. Weniger sicher fühlen konnte sich gemäss den Medieneinschätzungen im Vorfeld der Wahlen der Grüne Martin Graf, weil er aufgrund der von den Medien so benannten «Affäre Carlos» einige Male in die Schlagzeilen geraten war, aber auch weil er bei den letzten Regierungswahlen 2011 den damals amtierenden CVP-Regierungsrat Hans Hollenstein und mit ihm die Christlichdemokratische Partei nur ganz knapp aus dem Zürcher Regierungsrat verdrängt hatte. Die CVP wollte diesen Sitz wieder zurückerobern und schickte Silvia Steiner ins Rennen, die seit 2007 im Kantonsrat sass. Als amtierende Staatsanwältin bot sich Steiner für das Justizdirektorium an, das bisher von Graf gehalten wurde. Die FDP wollte ihren frei werdenden Sitz mit der Präsidentin der FDP-Frauen Schweiz und langjährigen Kantonsrätin Carmen Walker Späh verteidigen. Die SP schickte mit Jacqueline Fehr ein nationales Schwergewicht ins Rennen. Jacqueline Fehr – nicht verwandt mit dem amtierenden Mario Fehr – hatte die Zürcher Bevölkerung seit 1998 im Nationalrat vertreten. Vier weitere Kandidierende rundeten das Feld ab, wobei weder Nik Gugger (evp), Marcel Lenggenhager (bdp), Markus Bischoff (al) oder Daniel Schafroth (parteilos) Chancen eingeräumt wurden.
CVP, SVP und FDP wollten mit einem gemeinsamen Ticket und dem Slogan «Top 5» den Sitz von Martin Graf angreifen. Die Kooperation auf der linken Seite war zu Beginn etwas harziger. Zwar gab die SP bekannt, aus Rücksicht auf Graf nur mit zwei Kandidierenden anzutreten, sie stellte aber Forderungen für eine Listenverbindung für die eidgenössischen Wahlen. Unklar war zudem, ob die Kandidatur der Alternativen Liste, die in der Stadt Zürich im Jahr zuvor einige Erfolge verbuchen konnte, den Sitz von Graf eher gefährden würde oder aber allgemein mobilisierend auf das linke Lager wirke. Für Gesprächsstoff sorgte die Empfehlung der jungen Grünen, die Martin Graf, Jacqueline Fehr und Markus Bischoff unterstützten, nicht aber den amtierenden Mario Fehr. Freilich verlief auch der bürgerliche Schulterschluss nicht harmonisch. Zwar hatte man sich unter dem Namen «Top 5» auf ein gemeinsames Neun-Punkte-Programm geeinigt, für Irritationen sorgten aber gegenseitige Sticheleien zwischen Exponenten von FDP und SVP.
Beim Wahlkampf setzten die Parteien nach wie vor eher auf die klassischen Instrumente, wie Plakatkampagnen, Inserate, Podien und Standaktionen. Social Media wurde nur relativ spärlich eingesetzt. Ausnahme war diesbezüglich Jacqueline Fehr, die allerdings mit einem Tweet für einen der wenigen Aufreger im Wahlkampf sorgte. Sie reagierte auf das Attentat in Paris auf die Redaktion von «Charlie Hebdo» mit dem Satz «Humor ist, wenn man trotzdem stirbt». Für Wirbel sorgten zudem die Proteste der CVP gegen die in ihrer Ansicht zu häufigen Auftritte von Jacqueline Fehr im Schweizer Fernsehen und vor allem die Strafanzeige, die Silvia Steiner gegen ein überparteiliches Komitee einreichte. In einem anonymen Flugblatt war die CVP-Kandidatin ungewöhnlich heftig attackiert worden. Sie sei mit ihrer negativen Haltung gegen Sterbehilfe eine Gefahr für die Demokratie und die Selbstbestimmung am Lebensende. Es stellte sich heraus, dass hinter der Aktion der Dignitas-Gründer Ludwig A. Minelli stand, der Steiner etwas später in einem Zeitungsinserat vorwarf, aus Wahlkampfgründen Strafanzeige erhoben zu haben. In der Tat schien Steiner in weiteren Vorwahlumfragen von der Medienaufmerksamkeit zu profitieren. Der Tages-Anzeiger (8.5.15) wusste zudem zu berichten, dass die SVP in den letzten Tagen vor den Wahlen die CVP-Kandidatin mit rund CHF 50'000 unterstützte. Ansonsten pflegten die Kandidierenden – so die NZZ (5.3.15) in einem Résumé einer Wahlkampfveranstaltung – «die Inszenierung der eigenen Unaufgeregtheit».
In Umfragen zeichnete sich rund einen Monat vor dem Wahlgang ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der CVP und der GP, also zwischen Silvia Steiner und Martin Graf ab. Die Verteidigung der Sitze der FDP und der SP schien hingegen durch die beiden Frauenkandidaturen sicher und die restlichen Bisherigen könnten wohl ruhig schlafen, wie die Printmedien kurz vor dem Wahlgang prophezeiten.

Der Wahlsonntag brachte schliesslich einen Erfolg für den bürgerlichen Schulterschluss. Der CVP gelang dabei die Revanche für 2011 – aufgrund der Vorwahlbefragungen überraschend deutlich. Silvia Steiner konnte mit 118'477 Stimmen sogar noch Carmen Walker Späh (116'058 Stimmen) und Jacqueline Fehr (115'618 Stimmen) hinter sich lassen, womit Martin Graf (109'625 Stimmen) nach nur vier Jahren wieder aus der Regierung abgewählt wurde. Neben seinen unglücklichen Auftritten im «Fall Carlos» wurde das Schwächeln der grünen Parteien – auch im Zürcher Parlament verloren die Grünen und die GLP an Einfluss –, ein bürgerlicher gewordener Zeitgeist, wie Silvia Steiner ihren Erfolg deutete, und der funktionierende bürgerliche Schulterschluss – hier wurden Analogien zu den Regierungswahlen im Kanton Basel-Landschaft gezogen – für die Nichtbestätigung von Graf verantwortlich gemacht. Eine Abwahl amtierender Regierungsräte war in der Geschichte des Kantons Zürich bisher nur äusserst selten vorgekommen. So erhielten die restlichen Bisherigen denn auch starken Support. Am besten schnitt Thomas Heiniger ab, der 150'557 Stimmen erhielt. Auf dem zweiten Platz folgte Mario Fehr (146'307 Stimmen), der auch im bürgerlichen Lager punkten konnte. Auch die beiden SVP-Vertreter, Ernst Stocker (145'205 Stimmen) und Markus Kägi (136'563 Stimmen), mussten nicht zittern. Keine Chancen hatten erwartungsgemäss Markus Bischoff (67'103 Stimmen), Nik Gugger (42'623 Stimmen) und Marcel Lenggenhager (42'443 Stimmen), die alle drei das absolute Mehr (90'888 Stimmen) nicht überspringen konnten.
Der Regierungsrat wurde damit nicht nur bürgerlicher, sondern dank der Wahl der drei Neuen erhöhte sich auch der Frauenanteil. Die komfortable bürgerliche Mehrheit wurde als Indiz dafür interpretiert, dass die bürgerlichen Parteien wohl auch bei den eidgenössischen Wahlen im Herbst punkten würden. Gewarnt wurde jedoch davor, dass die bürgerliche Mehrheit in einem schwierigen Umfeld fragil bleibe und der Kanton nun Perspektiven brauche. Die Wahlbeteiligung von 31.3 Prozent erreichte einen Negativrekord. Die Zürcherinnen und Zürcher würden sich eher für kommunale und für nationale, denn für kantonale Politik interessieren, folgerte der Tages-Anzeiger mit Blick auf die Beteiligung bei den städtischen Wahlen und nationalen Abstimmungen. Die schwache Mobilisierung war gemäss Tagesanzeiger ebenfalls mitverantwortlich für das «Grüne Debakel» (TA, 13.4.15).

Regierungsratswahlen Zürich 2015
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2015

Nicht weniger als 29 Kandidierende traten zu den Genfer Regierungswahlen an, die erstmals gleichzeitig mit den Parlamentswahlen durchgeführt wurden, eine Änderung die mit der 2012 angenommenen Kantonsverfassungsrevision eingeführt worden war. Die hohe Zahl an Kandidaturen lässt sich mit einer weiteren Änderung erklären: neu bedingt eine Wahl in der ersten Runde das Überspringen einer absoluten Mehrheit, die neu unter Einbezug der leeren Stimmen errechnet wird und deshalb schwerer zu überschreiten ist. Erst in einer zweiten, rund einen Monat später stattfindenden Runde liegt das Quorum wie bis anhin bei einem Drittel der Stimmen. Der erste Wahlgang verkam so zu einer eigentlichen Aufwärmrunde, da die Parteien eine Aufsplitterung der Stimmen weniger fürchten mussten. Unter den 29 Kandidierenden waren die vier Bisherigen Michèle Künzler (gp), François Longchamp (fdp), Isabel Rochat (fdp) sowie Pierre Maudet (fdp), der 2012 bei Ersatzwahlen in die Genfer Kantonsregierung gewählt worden war. Nicht mehr antreten wollten Charles Beer (sp), David Hiler (gp) und Pierre-François Unger (cvp). In der komfortabelsten Lage befand sich die FDP, die ihre drei Sitze nach einigen Diskussionen über eine mögliche Fünferliste schliesslich mit den drei Bisherigen verteidigen wollten. Die CVP trat mit einem nationalen Parlamentarier an: neben Luc Barthassat sollte zudem Serge Dal Busco für Stimmen sorgen. Auch innerhalb der CVP wurde lange diskutiert, ob man mit vier oder gar fünf Kandidierenden antreten solle. Zugunsten einer gemeinsamen Entente-Liste mit der FDP verzichteten die Christdemokraten allerdings auf diese Strategie und traten mit zwei Kandidaten zur Wahl an. Auch die Grünen schickten neben der bisherigen Künzler einen Nationalrat, nämlich den Fraktionschef der Grünen im eidgenössischen Parlament, Antonio Hodgers, ins Rennen. Die SP verzichtete trotz Aufforderung der Grünen auf eine gemeinsame linke Liste und trat gleich mit vier Kandidierenden an, um ihren frei gewordenen Sitz zu verteidigen und den vor vier Jahren verlorenen zweiten Sitz wieder zurückzuerobern. Neben Anne Emery-Torracinta, die im Vorjahr bei den Ersatzwahlen Pierre Maudet überraschend deutlich unterlegen war, setzten die Sozialdemokraten die Genfer Stadträtin Sandrine Salerno sowie Roger Deneys und Thierry Apothéloz auf ihre Liste. Die amtierenden Regierungsparteien traten somit mit total elf Kandidierenden an. Die Bedeutung der Wahlen in den Conseil d’Etat zeigte sich auch im Umstand, dass von den Herausforderern drei weitere amtierende Nationalräte ins Rennen geschickt wurden. Die SVP trat mit Céline Amaudruz (im Nationalrat seit 2011) und Yves Nidegger (seit 2007) und der MCG mit Mauro Poggia (seit 2011) an. Die beiden rechten Parteien, denen Aussenseiterchancen eingeräumt wurden, präsentierten eigene Listen mit jeweils einem Trio. Auf der Liste der Volkspartei fand sich zusätzlich Grossrat Eric Leyvraz und die MCG-Dreierliste wurde komplettiert von Delphine Perrella Gabus sowie von Parteipräsident und enfant terrible Eric Stauffer. Ensemble à Gauche (EaG), die extreme Linke, füllte gleich eine ganze Siebnerliste mit dem ehemaligen Staatsrat Christian Grobet, dem Genfer Maire Rémy Pagani den beiden Stadtgenfer Gemeinderäten Salika Wenger (PdA) und Pierre Gauthier sowie Magali Orsini, Gian-Thierry Sparacino und David Andenmatten. Man hoffte, mit einer vollen Liste zu einem Linksrutsch der Regierung beitragen zu können. Mit einer Einerliste trat die GLP an: der umtriebige Kantonalpräsident Laurent Seydoux wollte die Grünliberalen im Conseil d’Etat vertreten; ein zweiter Kandidierender konnte jedoch nicht gefunden werden. Das Kandidatenfeld wurde komplettiert mit drei Vertretern der Piratenpartei – dem Präsidenten Alexis Roussel, dem Grossrat Didier Bonny sowie Daniel Ceszkowski – und einem Unabhängigen (Pierre Jenni). Fragen, welche die Parteistrategen umtrieben, betrafen die optimale Anzahl Kandidierender auf einer Liste und allfällige gemeinsame Liste in der ersten Runde. Zu viele Kandidierende und gemischte Listen könnten von der Wählerschaft als zu heterogen wahrgenommen werden. Hingegen konnte man sich mit einer geschickten Listenkombination in eine gute Ausgangslage für einen fast sicheren zweiten Wahlgang bringen. Mit Ausnahme der Entente entschieden sich letztlich alle Parteien für eigene Listen. Das Genfer Wahlsystem sieht vorgedruckte Listen vor. Die Wählerinnen und Wähler haben die Möglichkeit, eine Liste unverändert abzugeben, zu panaschieren oder aber eine neutrale Liste auszufüllen. Insgesamt wurden deshalb 30 Listen mit unterschiedlichen Kombinationen aus 1 bis 7 Kandidierenden abgegeben. So trat etwa die Entente zwischen FDP und CVP mit wechselnder Reihenfolge auf sieben verschiedenen Listen an (Libéraux-Radicaux, Démocrate-Chretien, Entente, Loger nos enfants, Action sécurité, Emploi pour tous, Ceux qui agissent) und die Sozialdemokraten empfahlen ihre vier Kandidierenden auf fünf verschiedenen Listen (Socialiste, Dictat des assurances, Défense des aîné-e-s, Emploi, pour des PME). Der MCG benutzte seine fünf eingereichten Listen gleich als Parteiprogramm, hiessen die Listen doch etwa „Pour la priorité de l’emploi aux résidents genevois“, Tolérance zéro: Stop cambrioleur, dealers, mendiants, voleurs“ oder „Pour circuler sans galérer – Stop aux bouchons“.

Dank der zunehmend aggressiven Stimmungsmache des MCG gegen Grenzgänger, für mehr Sicherheit und weniger Stau verbuchte die Genfer Bewegung nicht nur bei den Parlamentswahlen (siehe oben), sondern auch bei den Exekutivwahlen im ersten Wahlgang überraschende Erfolge. Mauro Poggia (26'024 Stimmen) erzielte am sechstmeisten Stimmen und Eric Stauffer (20'445 Stimmen) lag auf Platz acht. Wie erwartet erzielte aber keiner der 29 Kandidierenden in der ersten Runde das absolute Mehr (49'051 Stimmen). Am besten schnitten die beiden bisherigen FDP-Kandidierenden, Pierre Maudet (46'921 Stimmen) und François Longchamp (42'136 Stimmen) ab. Isabel Rochat (fdp) lag mit 27'597 Stimmen auf Platz fünf. Der Vorwurf, dass sie sich während des Wahlkampfes zu wenig präsentiert habe, schien sich damit nicht zu bewahrheiten. Von der gemeinsamen Entente-Liste profitierten gleich beide neu antretenden CVP-Kandidaten: Serge Dal Busco (35'309 Stimmen) und Luc Barthassat (33'863 Stimmen) lagen auf Platz drei und vier. Zwischen die beiden MCG-Kandidaten schob sich Anne Emery-Torracinta (sp, 20'950 Stimmen), die sich damit für die Verteidigung des SP-Sitzes in eine gute Ausgangslage bringen konnte. Eine schwere Schlappe mussten hingegen die Grünen hinnehmen. Die bisherige Michèle Künzler wurde als Verkehrsministerin für die schwierige Situation im Genfer Strassenverkehr und ihre Neuerungen im öffentlichen Verkehr abgestraft und erhielt – abgeschlagen auf Rang 17 – lediglich 9 937 Stimmen. Antonio Hodgers (18'789 Stimmen) konnte sich zwar auf Rang 10 hinter dem zweiten SP-Kandidierenden Thierry Apothéloz (19'424 Stimmen), aber noch vor Delphine Perrella-Gabus (18'145 Stimmen), der dritten MCG-Kandidatin, Hoffnung auf die Verteidigung zumindest eines grünen Sitzes machen. Der GP wurde aber insgesamt ein wenig sichtbarer Wahlkampf zum Verhängnis. Geschlagen geben musste sich auch die SVP, bei der die beiden Nationalräte Céline Amaudruz (13'417 Stimmen) und Yves Nidegger (13'180 Stimmen) lediglich auf den Rängen 14 und 15 und Eric Leyvraz (9'977 Stimmen) auf Rang 16 lagen. Damit fielen sie hinter die beiden anderen SP-Kandidierenden Sandrine Salerno (16'996 Stimmen) und Roger Deneys (14'726 Stimmen) zurück. Die Kandidierenden von EaG, der Piratenpartei und der GLP erhielten alle weniger als 8 000 Stimmen. Einzig der Genfer Gemeindepräsident Rémy Pagani konnte mit 9 844 Stimmen einen kleinen Achtungserfolg erzielen. Damit war die Ausgangslage für den zweiten Wahlgang klar: wollte die Linke ihre drei Sitze halten, musste sie zusammenspannen, insbesondere nachdem Michèle Künzler aufgrund ihres schlechten Abschneidens ihren Rücktritt bekannt gab. Auch die Rechte wollte ihre Kräfte bündeln. Für die zweite Runde galt es nun, das richtige Mass an Kandidierenden zu finden, damit die Wählerstimmen nicht zu stark zersplitterten. Obwohl die FDP eher für ein Viererticket optiert hätte, trat die Entente noch einmal mit allen fünf Kandidierenden (3 FDP, 2 CVP) an. Insbesondere die amtierende Rochat stand auch aufgrund ihres schlechten Abschneidens in der Kritik; es wurde kolportiert, dass sie viele Wählerinnen und Wähler aus der bürgerlichen Liste gestrichen hätten. Die SP und die Grünen, bei denen Apothéloz (sp), Emery-Torracinta (sp) und Hodgers (gp) ins Rennen geschickt wurden, konnten EaG davon zu überzeugen, dass lediglich ein geeintes Auftreten wenigstens die drei bisherigen Sitze in der Genfer Regierung sichern könnte. EaG trat deshalb in der Folge nicht mehr an, unterstützte aber das links-grüne Dreierticket. Die Frage war, wie gut diese linke Allianz nach der ersten Runde noch spielen und ob die linke Wählerschaft vom schlechten Abschneiden in der ersten Runde aufgeschreckt und besser mobilisiert würde. Die beiden erfolgreichen Kandidaten des MCG traten auf einem rechten Dreierticket zusammen mit SVP-Aushängeschild Amaudruz an. Diskutiert wurde, ob das konziliantere Auftreten von Poggia oder das prononciert-provozierende Verhalten von Stauffer oder allenfalls die Kombination Erfolg versprechend sein würden. Darüber hinaus war nicht klar, ob der Schulterschluss mit der SVP von der Wählerschaft goutiert würde. Zwar seien sich die beiden Parteien in vielen Punkten einig – die Situation wurde vielerorts mit dem Kanton Tessin vergleichen – die SVP sei aber insgesamt eher national-konservativ und der MCG kantonal-sozialistisch. Nicht mehr antreten wollte die GLP, die für keines der drei Blocktickets eine Empfehlung abgab. Auch die Piratenpartei und der unabhängige Kandidat zogen sich für die zweite Runde zurück, so dass für den zweiten Wahlgang noch elf Kandidierende zur Wahl standen, die sich auf gesamthaft 20 Listen als links-grüne, rechts-bürgerliche und harte rechte Regierung anpriesen. Fünf Wochen nach dem ersten Wahlgang – eine Zeitdauer, die von vielen als zu lange bezeichnet wurde – fand Anfang November schliesslich der entscheidende zweite Wahlgang statt. Lag die Stimmbeteiligung beim ersten Umgang noch bei 41,0%, mobilisierte die zweite Runde hohe 46,4% der Stimmberechtigten. Alle drei Blöcke schafften den Sprung in die Regierung. Bei den Bürgerlichen waren es erwartungsgemäss die beiden bisherigen Freisinnigen Pierre Maudet (59'057 Stimmen) und François Longchamp (55'126 Stimmen). Beide wurden erneut als Erst- bzw. Zweitplatzierte gewählt. Ebenfalls wie in der ersten Runde erhielten Serge Dal Busco (49'941 Stimmen) und Luc Barthassat (46'301 Stimmen) – beide CVP – am dritt- bzw. viertmeisten Stimmen. Nicht wiedergewählt wurde Isabel Rochat (fdp), die mit 37'024 Stimmen nur auf Rang neun zu liegen kam. Damit wurden nicht nur zwei Frauen aus der Genfer Regierung verdrängt (Rochat und Künzler), sondern auch die ehemalige Liberale Partei (die FDP und die Liberalen hatten 2011 fusioniert). Rochat wurde mit Abstand am häufigsten von der Liste gestrichen und profitierte kaum von Panaschierstimmen. Das erlaubte der CVP einen Sitzgewinn auf Kosten der FDP. Die Regierung machte insgesamt einen Rechtsrutsch, da Mauro Poggia als siebter (41'170 Stimmen) den Sprung in die Regierung schaffte. Die SP konnte ihren Sitz mit Anne Emery-Torracinta (43'505 Stimmen) verteidigen und für die Grünen holte Antonio Hodgers (44'132) mit einem Glanzresultat wenigstens einen Sitz. Thierry Apothéloz (39'914 Stimmen) verpasste den Einzug in die Regierung knapp. Wie das gesamte Dreierticket konnte er im Vergleich zum ersten Umgang seine Stimmen zwar mehr als verdoppeln, lag aber schliesslich rund 1200 Stimmen hinter Poggia zurück. Insgesamt hatte sich der Zusammenschluss von Links-Grün also gelohnt. Hinter Rochat lagen Céline Amaudruz (35'010 Stimmen) und Eric Stauffer (32'008 Stimmen). Damit bewahrheitete sich auch in Genf, dass nur in die Regierung gewählt wird, wer als konziliante Persönlichkeit – als halber Populist, wie die NZZ Poggia bezeichnete – wahrgenommen wird. In der Presse wurde der Erfolg des MCG breit diskutiert und gar als schweizweites Zeichen für ein Weitererstarken rechtskonservativen Gedankenguts interpretiert. Zwar sei Poggia ein gemässigter Vertreter des MCG, die Regierung müsse sich aber wohl auf interne Opposition gefasst machen. Es sei nun an der Entente, Mehrheiten zu schaffen. Einzigartig war auch, dass gleich drei amtierende Nationalräte in ein kantonales Exekutivamt gewählt wurden, wurde doch bisher in der Regel eher der umgekehrte Weg gewählt. Die drei Gewählten traten aus dem Nationalrat zurück. Die Genfer Regierung wurde somit stark verändert: fünf neue Gesichter, nur ein Mitglied, dass bereits eine ganze Legislatur hinter sich hatte (Longchamp), ein Rechtsrutsch durch den Einzug eines extremen Rechten, nach 2009 weitere Verluste von Links-Grün und statt zwei nur noch eine Frau in der Exekutive. Das Département présidentiel, eine weitere Neuerung der revidierten Kantonsverfassung, wurde Longchamp übertragen, der zwar weniger Stimmen als Maudet erhalten hatte, aber mehr Erfahrung vorweisen konnte. Maudet behielt das Sicherheitsdepartement, das neu mit dem Wirtschaftsdepartement verknüpft war. Poggia wurde Vorsteher des Departements Gesundheit, Arbeit und Soziales, Emery-Torracinta erhielt das Erziehungsdepartement und Hodgers wurde Chef für Raumplanung, Stadtplanung und Energie. Dal Busco war neu zuständig für die Finanzen und Barthassat wurde das Departement für Verkehr, Transport, Umwelt und Landwirtschaft übertragen. Die als passend befundene Departementsverteilung wurde in der Presse als gutes Zeichen für ein funktionierendes Kollegium gewertet.

Regierungsratswahlen Genf 2013
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Genf

Mit der 2012 angenommenen Totalrevision der Genfer Verfassung änderten sich auch einige Regeln für die Wahlen. Zum einen fanden die Wahlen für den Grand Conseil (Legislative) neu gleichzeitig mit den Wahlen für den Conseil d’Etat (Exekutive) statt. Um zu verhindern, dass ein neues Parlament und eine neue Regierung als erstes über das Budget befinden müssen, wird die im Berichtsjahr anlaufende Legislatur nur von November 2013 bis Frühling 2018 dauern, also lediglich viereinhalb Jahre. Ab 2018 sollen die Wahlen für die fünfjährigen Legislaturperioden dann jeweils im Frühling stattfinden. Für die 100 am 6. Oktober neu zu bestellenden Parlamentssitze bewarben sich 476 Personen auf zehn Listen, was eine Rekordzahl an Kandidierenden bedeutete (2009: 390 Kandidierende auf 9 Listen). 33 Bisherige stellten sich nicht mehr zur Verfügung. Die FDP, vor den Neuwahlen mit 31 Sitzen im Grand Conseil vertreten, schickte 81 Kandidierende ins Rennen. Der Freisinn war dank der Fusion mit den Liberalen im Jahr 2011 die stärkste Partei im Genfer Kantonsparlament. Es wurde allerdings erwartet, dass die FDP diese Position nicht würde halten können und Federn lassen müsste. Neun der Bisherigen FDP-Mandatsträger traten nicht mehr an. Bei den Grünen wurde eine Wachstumskrise erwartet: Zwar war die Partei bei den letzten Gesamterneuerungswahlen 2009 zur zweitstärksten Partei aufgestiegen und hatte ihre beiden Regierungssitze halten können, bei den nationalen Wahlen 2011 hatte die GP des Kantons Genf aber eine Niederlage einfahren müssen. Zudem trat auch in Genf erstmals die GLP an, die als starke Konkurrenz der GP betrachtet wurde. Erschwerend hinzu kam der Rücktritt von David Hiler aus der Regierung sowie von einigen Grossräten, die noch der ersten Garde angehört hatten – die GP in Genf wurde 1983 gegründet. Tatsächlich traten nur sechs der 17 bisherigen grünen Parlamentarier noch einmal an, zusammen mit 36 weiteren Bewerberinnen und Bewerbern. Der Mouvement Citoyens Genevois (MCG), nach dem Wahlerfolg von 2009 mit 17 Sitzen drittstärkste Partei im Grand Conseil, trat mit nicht weniger als 99 Kandidierenden an, darunter rund ein Viertel Frauen und alle 17 Bisherigen. Die Frage war, ob die Bewegung ihre Erfolge der letzten kantonalen und nationalen Wahlen würde wiederholen können. Unklar war zudem, ob und wie stark der rechte Schulterschluss mit der SVP von der Stammwählerschaft als taktisches Spiel betrachtet werden und diese vergraulen könnte; immerhin behauptete die Bewegung bisher von sich „ni de gauche, ni de droite“ zu sein. In der Budgetkrise, von welcher der Kanton während Monaten durchgeschüttelt wurde, spannte der MCG allerdings stark mit der SVP zusammen. Die SP, die seit 1997 (20,7%) nur Niederlagen einstecken musste und nach den letzten Wahlen 2009 mit 12,9% Wähleranteil und noch 15 Abgeordneten im Grand Conseil sogar von den Grünen überholt wurde, wollte mit 44 Kandidierenden einen weiteren Rückgang des Wähleranteils verhindern. Die CVP trat an, um ihre elf bisherigen Sitze zu verteidigen. Die mitgliederstärkste Partei im Kanton Genf stagnierte seit einigen Legislaturen bei 10% Wählerstimmenanteil, profitierte aber jeweils von der Entente mit der FDP. Auch für die Regierungswahlen spannten die beiden bürgerlichen Parteien zusammen. Unter den 48 CVP-Kandidierenden sollten auch die beiden Regierungskandidaten Luc Barthassat und Serge Dal Busco als Lokomotiven Stimmen für die Christdemokraten holen. Die SVP, bisher mit neun Sitzen im Parlament vertreten, präsentierte im Vergleich zu den Wahlen 2009 doppelt so viele Kandidierende, nämlich 52. Das Wahlbündnis mit dem MCG, das allerdings nur für die Parlaments- nicht aber für die Regierungsratswahlen beschlossen wurde (siehe unten), sollte der in Genf vergleichsweise schwachen SVP zum Erfolg und zu einem Ausbau der bisher 9 Mandate verhelfen. Ein möglicher Erfolg könnte sich – so wurde in der Presse gemutmasst – auch dank der Präsidentin der Kantonalgenfer SVP und Nationalrätin Céline Amaudruz einstellen, mit der die Partei ein Gesicht bekommen habe. Unter dem Label „Ensemble à Gauche“ trat die extreme Linke mit 51 Kandidierenden aus SolidaritéS, der Partei der Arbeit, Indépendents de Gauche, Défense des Aînés, des Locataires, du Logement et du Social (DAL), La Gauche, Parti Communiste Genevois und Action de Citoyen-ne-s et de Travailleurs-euses En lutte (ACTE) an. 2009 waren die DAL sowie SolidaritéS/PdA noch mit zwei getrennten Listen angetreten, die total zwar 12,3% der Stimmen holten, aufgrund des jeweils verpassten Quorums von 7% aber keinen Sitz gewinnen konnten. Einer vereinigten linken Liste wurden 2013 deshalb Chancen auf eine Rückeroberung eines Parlamentssitzes – seit 2005 war die extreme Linke, die 1993 noch 21 Sitze inne gehabt hatte, nicht mehr im Grand Conseil vertreten – und eine Korrektur der übergrossen bürgerlichen Mehrheit in der Legislative eingeräumt. Drei Parteien traten zum ersten Mal bei Wahlen im Kanton Genf an: die GLP, die BDP und die Piratenpartei. Die GLP schickte 25 Kandidierende ins Rennen, die vom gleichzeitig auch für die Regierung kandidierenden Kantonalpräsidenten Laurent Seydoux als Zugpferd profitieren wollten. Ein Sitzgewinn der Grünliberalen wurde als möglich betrachtet, weil sie bei den Gemeindewahlen von 2011 neun Sitze in den kommunalen Parlamenten erobert hatten. Zudem wurde vermutet, dass zahlreiche mit der Fusion zwischen FDP und LP unzufriedene, ehemalige Liberale ein potentielles Wählersegment für die GLP darstellten. Die 7%-Hürde wurde für die beiden anderen Neulinge als zu hoch betrachtet. Die Piraten stachen mit 17 Kandidierenden in See und auch auf der BDP-Liste figurierten 17 Personen. Aufgrund fehlender Unterstützung durch andere Parteien verzichtete die EVP auf eine Liste. Die hohe Zahl an Kandidierenden auf einzelnen Listen und die Vorschrift, dass alle Listen mit dem gleichen Layout versehen sein müssen, führte zu einer Polemik über die sehr kleine Schriftgrösse auf den Wahlzetteln. Die Presse empfahl den Wählern, die Listen mit einer Lupe auszufüllen, nachdem die Regierung einen Neudruck ablehnte. Als wichtigste Themen im Wahlkampf entpuppten sich die im schweizweiten Vergleich relativ hohe Arbeitslosigkeit im Kanton Genf, die bedrohlichen Finanzaussichten, die Verkehrspolitik und die hohen Mieten. Der MCG versuchte zudem mit seinem zentralen Dauerthema „Grenzgänger“ Stimmung zu machen. Darüber hinaus nutzte die Bewegung den Mordfall „Adeline“, um auf populistische Weise das Thema Sicherheit für sich zu beanspruchen. Weil jede Partei versuchte, mit ihrem Thema zu punkten, kam es relativ selten zu informativen Debatten.

Die Wahlen Anfang Oktober brachten eine Bestätigung des tripolaren Systems aus drei praktisch gleich starken Gruppen: die aus den Entente-Parteien CVP (10,6% Wähleranteil; 2009: 9,9%) und FDP (22,4%; 2009 erreichten die FDP und die LP zusammen 26,3%) bestehende Mitte, ein linker Pol aus Ensemble à Gauche (8,8%; 2009 erreichten die beiden Listen zusammen 12,2%), SP (14,4%; 2009: 12,9%) und Grünen (9,2%; 2009: 15,3%), sowie ein rechter Pol aus MCG (19,2%; 2009: 14,7%) und SVP (10,3%; 2009: 8,6%). Federn lassen mussten insbesondere die FDP (neu: 24 Sitze) und die Grünen (neu: 10 Sitze), die beide je sieben Sitze verloren. Weil Ensemble à Gauche allerdings gleich neun Sitze eroberte und die SP ihre 15 Sitze halten konnte, konnte sich der linke Pol trotz der Ohrfeige für die Grünen leicht auf insgesamt 34 Sitze verbessern. Fünf zusätzliche Sitze eroberte Rechtsaussen: die SVP konnte um 2 Sitze zulegen (neu: 11 Sitze) und der MCG, neu zweitstärkste Partei hinter der FDP, eroberte drei zusätzliche Mandate (neu: 20 Sitze). Rechts blieb damit mit total 31 Sitzen also etwas schwächer als Links. Die Sitzgewinne an den Polen gingen auf Kosten der FDP, die allerdings mit fast einem Viertel aller Sitze im Grand Conseil stärkste Partei blieb. Die Entente hielt insgesamt 35 Sitze, da die CVP ihre elf Sitze verteidigen konnte. Die GLP (3,1% Wähleranteil), die BDP (0,6% Wähleranteil) und die Piraten (1,6% Wähleranteil) verpassten das Quorum deutlich. Für die Zukunft bedeutete die Bestätigung der Dreiteilung weiterhin je nach Thema wechselnde Mehrheiten im Parlament. Allerdings wurden bei transversalen Themen, insbesondere beim Budget, auch nicht auflösbare Blockaden befürchtet. Die Stimmbeteiligung war mit 41,0% etwas höher als 2009 (39,5%). Im neuen Parlament sitzen neu 24 Frauen (24%). Der Frauenanteil war damit zum zweiten Mal hintereinander rückläufig (2005: 31%; 2009: 28%).

Grossratswahlen Genf 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Genf

Drei neue Kandidierende traten in Zürich an, um den durch den Rücktritt von Markus Notter (sp) frei gewordenen Regierungsratssitz zu erobern: Die SP schickte Nationalrat Mario Fehr ins Rennen, mit dem sie ihren Sitz verteidigen wollte. Die EVP trat mit Nationalrätin Maja Ingold an und die Grünen kandidierten mit dem Stadtpräsidenten von Illnau-Effretikon, Martin Graf. Graf war bereits vor vier Jahren angetreten und hatte sogar das absolute Mehr geschafft, musste damals jedoch als Überzähliger in den sauren Apfel beissen. Die Grünen wollten mit ihm den vor vier Jahren an die CVP verlorenen Sitz wieder zurückgewinnen. Die restlichen sechs Bisherigen – Hans Hollenstein (cvp), Regine Aeppli (sp), Ursula Gut (fdp), Thomas Heiniger (fdp), Ernst Stocker (svp) und Markus Kägi (svp) – traten wieder an. Die BDP unterstützte die Kandidaten der bürgerlichen Parteien, inklusive der SVP. Umfragen wiesen auf eine Wahl von Fehr hin, Sitzverschiebungen zeichneten sich in diesen Vorwahlbefragungen hingegen nicht ab. Einzig für die SVP bzw. deren Regierungsrat Kägi wurde vermutet, dass die Atomkatastrophe in Japan Auswirkungen haben könnte. Graf lag nämlich in diesen Befragungen jeweils nur knapp hinter dem amtierenden SVP-Regierungsrat. In der NZZ wurden diese Umfragen, die bei Personenwahlen in der Regel nicht sehr aussagekräftig seien, allerdings kritisiert.

Die Wahlen am 3. April hielten einige Überraschungen bereit. Am wenigsten erwartet worden war wohl die Abwahl von Hans Hollenstein (cvp). Tatsächlich hatte Martin Graf (gp) erneut das absolute Mehr geschafft. Dieses Mal lag er aber auf Rang sieben und mit 120'815 Stimmen knapp vor Hollenstein (cvp, 118'487 Stimmen), der zwar ebenfalls das absolute Mehr erreichte, aber diesmal als Überzähliger ausschied. Vor vier Jahren hatte der CVP-Politiker noch das zweitbeste Resultat erzielt. Bei den Umfragen vor den Wahlen war er immer unter den ersten drei gelegen. Die Abwahl eines amtierenden Regierungsrates ist in Zürich eine Seltenheit, die letztmals 1963 eingetreten war. Die Wahl von Fehr war allgemein erwartet worden, überraschend war allerdings das er als Neuer auf Anhieb die meisten Stimmen gewann: Mit 137'035 Stimmen distanzierte er den zweitplatzierten Heiniger (fdp, 134'061 Stimmen) um fast 3'000 Stimmen. Dahinter folgten Stocker (svp, 129'943 Stimmen), Gut (fdp, 129'349 Stimmen) und Kägi (svp, 123'159 Stimmen), der entgegen der Vorwahlbefragungen sogar noch Aeppli (sp, 121'144 Stimmen) hinter sich liess. Maja Ingold (evp) erreichte als einzige mit 68'996 Stimmen das absolute Mehr nicht. Der Ausgang der Wahlen und der Erfolg von Graf und Fehr wurde in den Medien weniger als Fukushima-Effekt interpretiert, sondern vielmehr mit der Bekanntheit der beiden langjährigen Politiker erklärt. Fehr schien Stimmen bis weit ins bürgerliche Lager hinein gemacht zu haben. Die Abwahl von Hollenstein wurde mit der in Zürich traditionell schwachen CVP-Basis, aber auch mit dem Fehlen von Stimmen aus dem linken Lager gedeutet: Hollensteins Hardlinerpolitik, insbesondere im Migrationsbereich, sei ihm auf linker Seite wohl übel genommen worden. Zudem wurde vermutet, dass die Umfrageresultate vor den Wahlen, aufgrund derer mit einer deutlichen Wiederwahl Hollensteins gerechnet wurde, dem CVP-Regierungsrat zum Verhängnis geworden seien. Trotz der Stärkung von links-grün blieb der Zürcher Regierungsrat mit je zwei Vertretern von FDP und SVP allerdings in bürgerlicher Hand. Auch der Frauenanteil blieb gleich: Nach wie vor sitzen zwei Frauen in der Zürcher Regierung. Die Wahlbeteiligung lag bei 35,5%.

Regierungsratswahlen Zürich 2011
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2011

Im Kanton Zürich fand eine Ersatzwahl für den Sitz der zurückgetretenen Rita Fuhrer (svp) statt. Es kam zu einer spannenden Nominationsphase. Angesichts der Sitzverteilung 2 SP, 2 FDP, 2 SVP, 1 CVP waren neben einer SVP-Kandidatur vor allem Kandidaturen der Grünen und der Grünliberalen naheliegend. Jedoch war klar, dass nur eine dieser Parteien antreten konnte, wenn eine Chance zum Wahlsieg bestehen sollte. Bei den Grünliberalen zeigte Martin Bäumle Interesse an einer Kandidatur. Die Grünen diskutierten die Möglichkeit, Bäumle unter der Bedingung zu unterstützen, dass dieser im Falle einer Niederlage in der Ersatzwahl bei den Gesamterneuerungswahlen 2011 nicht mehr antreten und damit eine grüne Kandidatur 2011 nicht konkurrenzieren würde. Sie beschlossen letztlich, nicht anzutreten, Bäumle (glp) aber auch nicht offiziell zu unterstützen. Die SP hatte von den Grünen eine Kandidatur gefordert. Nach dem Verzicht der Grünen sprachen sich die SP-Delegierten für eine eigene Kandidatur aus, obwohl die Sozialdemokraten bereits ihrem Wähleranteil entsprechend in der Regierung vertreten waren. Als Reaktion darauf zog sich Martin Bäumle (glp) aus dem Rennen zurück. So kam es zu einem Zweikampf SVP gegen SP. Die SP nominierte Nationalrat Daniel Jositsch. Die SVP trat mit Ernst Stocker, Stadtpräsident von Wädenswil, an. Stocker hatte SVP, FDP, CVP, EVP und EDU hinter sich, Jositsch die SP und die Grünen. Die Grünliberalen beschlossen Stimmfreigabe. Stocker (svp) schaffte die Wahl deutlich mit 173'816 Stimmen, Jositsch erzielte mit 143'089 Stimmen jedoch ein gutes Resultat. In den Städten Zürich und Winterthur lag er vor Stocker, in allen anderen Gemeinden siegte der SVP-Kandidat. Mit 45'028 war die Anzahl der Leerstimmen hoch, was darauf hinweist, dass ein Teil der Wählerschaft mit der Kandidatenauswahl unzufrieden war.

Ersatzwahl Regierungsrat Zürich 2009
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2009
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich

Bei den Zürcher Regierungsratswahlen vom 15. April traten 5 der 7 Bisherigen noch einmal an: Ursula Gut (fdp), Rita Fuhrer (svp), Markus Notter (sp), Regine Aeppli (sp) und Hans Hollenstein (cvp). Die Sitze von Verena Diener (glp) und Ruedi Jeker (fdp) wurden frei. FDP und SVP bildeten zusammen ein Viererticket mit dem Namen „4 gewinnt“, dies mit dem Ziel, den Sitz von Diener zur SVP zu holen und damit gemeinsam die Mehrheit im Regierungsrat zu erringen. Die Kandidaten von SVP und FDP waren neben den bisherigen Regierungsrätinnen Fuhrer (svp) und Gut (fdp) Markus Kägi (svp) und Thomas Heiniger (fdp). Hans Hollenstein (cvp) wurde von FDP und SVP nicht unterstützt, weil er sich nicht zur Forderung nach Steuersenkungen bekennen wollte. Allerdings sympathisierten zahlreiche FDP-Kantonsräte mit Hollenstein und gehörten teilweise sogar dessen Unterstützungskomitee an, was zu einem Zwist mit der SVP führte. Hans Hollenstein (cvp) erhielt auch Unterstützung aus den Reihen der SP. Die SP beschränkte sich darauf, die Sitze ihrer beiden bisherigen Regierungsräte zu verteidigen und führte keinen starken Wahlkampf. Die Grünliberalen traten mit Martin Bäumle als Ersatz für Verena Diener an, die Grünen nominierten Martin Graf, Stadtpräsident von Illnau-Effretikon. Beide Kandidaten mussten viele Stimmen aus der bürgerlichen Mitte holen, um sich gegen Kägi (svp) oder Heiniger (fdp) durchsetzen zu können. Zudem konkurrenzierten sich Graf (gp) und Bäumle (glp) gegenseitig. Trotzdem schien das Rennen um die zwei freien Sitze im Regierungsrat lange relativ offen. Als chancenlos galten nur die Kandidaturen von Johannes Zollinger (evp) und Markus Alder (sd). Bei den Wahlen im April verfehlten Martin Graf (gp) und Martin Bäumle (glp) den Einzug in den Regierungsrat dann aber deutlich. Graf lag leicht vor Bäumle, beide erreichten das absolute Mehr, schieden aber als überzählig aus. Die fünf Bisherigen und die neuen Kandidaten von SVP und FDP, Markus Kägi (svp) und Thomas Heiniger (fdp), wurden gewählt. FDP und SVP erreichten damit ihr Ziel, die Mehrheit im Regierungsrat. Die Freisinnige Ursula Gut erzielte bei den Wahlen das beste Ergebnis vor Hans Hollenstein (cvp), dem die fehlende offizielle Unterstützung durch SVP und FDP nicht schadete. Am schlechtesten schnitt Rita Fuhrer (svp) ab. Die SP-Regierungsräte Markus Notter und Regine Aeppli wurden komfortabel gewählt. Dass Fuhrer (svp) und Kägi (svp) wesentlich schlechtere Resultate als ihre Kollegen aus der FDP erzielten, wies darauf hin, dass die SVP-Wähler die FDP-Kandidaten stärker unterstützt hatten als umgekehrt. Da als Ersatz für Verena Diener (glp) ein Mann gewählt wurde, stellen die Frauen mit einer Dreiervertretung nicht mehr die Mehrheit im Zürcher Regierungsrat.

Regierungsratswahlen Zürich 2007
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2007
Dossier: Kantonale Wahlen - Zürich