Suche zurücksetzen

Inhalte

Akteure

  • Streiff-Feller, Marianne (evp/pev, BE) NR/CN
  • Germann, Hannes (svp/udc, SH) SR/CE

Prozesse

214 Resultate
Als PDF speichern Weitere Informationen zur Suche finden Sie hier

In der Wintersession 2022 befasste sich der Ständerat mit dem Abkommen mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit. Die Genehmigung des Bundesbeschlusses war in der SGK-SR unumstritten gewesen, dementsprechend begnügte sich Kommissionssprecher Hannes Germann (svp, SH) mit einer kurzen Zusammenfassung des Abkommensinhalts. Germann wies die Ratsmitglieder darauf hin, dass das Abkommen im gegenseitigen Einverständnis bereits seit dem 1. November 2021 vorläufig angewendet werde, da das bestehende Freizügigkeitsabkommen mit der EU seit dem Brexit nicht mehr auf das Vereinigte Königreich anwendbar sei. Das vorliegende Abkommen sei im Rahmen der Mind-the-Gap-Strategie des Bundes ausgearbeitet worden und umfasse die Alters-, Hinterlassenen- und Invaliditätsvorsorge sowie die Kranken- und Unfallversicherung. Nebst einer weitgehenden Gleichbehandlung der Versicherten garantiere das Abkommen auch einen erleichterten Zugang zu den Leistungen im Bereich der sozialen Sicherheit. Dabei lehne es sich inhaltlich an das Abkommen zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU an, wodurch die Einheitlichkeit der anzuwendenden Regeln gewährleistet werde. Germann wies darauf hin, dass es im Abkommen eine Versicherungslücke bezüglich der Invalidenversicherung gebe. Personen, die sich nach ihrem Arbeitsleben im jeweils anderen Staat niederlassen, könnten ihre IV-Renten nicht exportieren. Die Kommission schloss sich aber der Meinung der Verwaltung und des Bundesrats an, dass das vorliegende Abkommen die bessere Variante sei, als gar kein Abkommen zu haben. Der Ständerat nahm den Entwurf einstimmig an.
In der Schlussabstimmung nahmen sowohl der National- wie auch der Ständerat den Bundesbeschluss einstimmig an.

Abkommen mit dem Vereinigten Königreich zur Koordinierung der sozialen Sicherheit (BRG 22.032)
Dossier: Mind the Gap-Strategie nach dem Brexit

Nachdem der Nationalrat der parlamentarischen Initiative Grüter (svp, LU) in der Frühjahrssession 2022 Folge gegeben hatte, setzte sich in der Wintersession 2022 der Ständerat mit der Frage auseinander, ob Mineralölsteuern, der Mineralölsteuerzuschlag und Importabgaben auf Treibstoffe weiterhin für die Bemessungsgrundlage der Mehrwertsteuer auf Treibstoffen berücksichtigt werden sollen. Die WAK-SR hatte zuvor mit 10 zu 1 Stimmen (bei 1 Enthaltung) beantragt, der Initiative keine Folge zu geben, da eine Konsumsteuer «auf dem ganzen Betrag geschuldet [sei], der nötig ist, um ein Konsumgut zu erwerben». So seien auch im Preis anderer Konsumgüter durch staatliche Regulierung entstehende Kosten enthalten, zudem sei eine entsprechende Änderung kaum umsetzbar und würde zu grossem administrativem Aufwand und finanziellen Einbussen führen. Im Ständerat begründete Hannes Germann (svp, SH) den Minderheitsantrag Chiesa (svp, TI) auf Folgegeben: Es sei nicht in Ordnung, dass man «Steuern auf Steuern» bezahlen müsse, damit entstünden zusätzliche Steuereinnahmen in der Höhe von CHF 300 Mio. jährlich oder von 7 Rappen pro Liter Treibstoff – was überdies die Teuerung verstärke. Zudem sei die Mehrwertsteuerberechnung in allen Bereichen sehr kompliziert, nicht nur bei den Treibstoffen. Mit 28 zu 7 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) sprach sich der Ständerat gegen Folgegeben aus, womit der Vorstoss erledigt war.

Stopp der missbräuchlichen MWST-Belastung auf Steuern und Abgaben bei Treibstoffen

In der Wintersession 2022 stand im Ständerat eine Erhöhung der Abzüge für Krankenversicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien im DBG zur Debatte. Die Kommissionsmehrheit beantragte mit 6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung, nicht auf den auf eine Motion Grin (svp, VD; Mo. 17.3171) zurückgehenden Entwurf einzutreten. Als Grund gab sie an, dass die sich «verschlechternde[...] Situation des Bundesfinanzhaushalts» zusätzliche Senkungen der Steuereinnahmen in der Höhe von jährlich CHF 315 Mio. beim Bund und CHF 85 Mio. bei den Kantonen nicht zulasse, wie Kommissionssprecher Hegglin (mitte, ZG) erläuterte. Dies hatte zuvor auch die FK-SR in einem Mitbericht befunden. Zwar sei man sich der grossen Belastung durch die Krankenkassenprämien bewusst, das Problem müsse aber durch gesundheitspolitische Beschlüsse gelöst werden, nicht durch Steuerabzüge. Minderheitensprecher Germann (svp, SH) wollte mit dem Antrag auf Eintreten «einen Teil der Glaubwürdigkeit [des] Vorgehens im Rat» retten, nachdem man die Motion Grin zuvor überwiesen hatte. Mit Nichteintreten breche man ein Versprechen, kritisierte er. Trotz stark gestiegener Prämien seien die Krankenkassenabzüge bisher aufgrund der kalten Progression nur leicht angepasst worden. Die in der Vernehmlassung geäusserten Vorbehalte gegen die Vorlage könnten nach Eintreten angegangen werden, zum Beispiel könne man den Abzug gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag reduzieren. Verschiedene Sprechende hielten in der Folge dagegen und verwiesen auch auf den Nichteintretensentscheid des Ständerates auf den Gegenvorschlag zur Prämien-Entlastungs-Initiative, weshalb es nur konsequent sei, nun auch auf diesen Entwurf nicht einzutreten. Mit 32 zu 11 Stimmen sprach sich der Ständerat in der Folge gegen Eintreten aus.

Im März 2023 entschied sich der Ständerat überdies stillschweigend auf Antrag seiner Kommission, die dem Gesetzesentwurf zugrunde liegende Motion Grin abzuschreiben.

Erhöhung der Abzüge für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien im DBG (BRG 22.053)
Dossier: Abzug der Krankenkassenprämien von den direkten Bundessteuern (seit 2002)

Im Rahmen der Bundesratswahlen 2022 kam es auch zu ausführlichen Diskussionen um die Vertretung der Regionen, die sich vorab um die sehr unterschiedliche bisherige Zahl an Bundesratsmitgliedern aus den verschiedenen Kantonen drehte. Vor den Ersatzwahlen 2022 wurde die Rangliste vom Kanton Zürich mit bisher 20 Vertreterinnen und Vertretern in der Landesregierung angeführt, gefolgt vom Kanton Waadt mit 15 und dem Kanton Bern mit 14 Vertrenden. Noch nie im Bundesrat vertreten waren bis dahin die Kantone Jura, Nidwalden, Schaffhausen, Schwyz und Uri.
Seit der entsprechenden Abstimmung im Februar 1999 spielt die Kantonsklausel allerdings keine Rolle mehr. Bis damals war es nicht möglich gewesen, dass zwei Regierungsmitglieder aus dem gleichen Kanton stammten. Unklar war hingegen seit je her, wie die Kantonszugehörigkeit genau definiert wird: durch den Wohnkanton oder den Bürgerkanton; und aus welchem Kanton stamnen verheiratete Frauen, die über mehrere Heimatrechte verfügten? So war etwa Ruth Dreifuss im Kanton Aargau heimatberechtigt, hatte aber dem Berner Stadtrat angehört und ihre Papiere kurz vor ihrer Wahl nach Genf verlegt. Bei der Diskussion um die Kantonszugehörigkeit eines Bundesratsmitglieds stellt sich überdies die Frage, ob Mitglieder der Landesregierung effektiv für «ihren» Kanton lobbyieren, wenn sie im Bundesrat sitzen. Nichtsdestotrotz war die Kantonszugehörigkeit der verschiedenen Kandidierenden recht laute mediale Begleitmusik der Bundesratsersatzwahlen 2022. Ob bei den Diskussionen um eine mögliche Nichtvertretung des Kantons Zürich bei der Kandidierendensuche der SVP, um lange Zeit untervertretene Kantone bei der Bewerbung von Heinz Tännler (ZG, svp) oder Eva Herzog (sp, VS), um Kandidierende aus Kantonen, die gar noch nie im Bundesrat vertreten waren bei den Kandidaturen von Michèle Blöchliger (NW, svp) oder Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU), um die sich verändernden Chancen der Berner-SVP-Kandidaturen nach dem Rücktritt der Berner Bundesrätin Simonetta Sommaruga: Stets wurde dem Herkunftskanton Relevanz zugesprochen.

Für Diskussionen sorgte freilich auch die Vertretung der Sprachregionen. Dass es nach 1917 zum zweiten Mal in der Geschichte zu einer Mehrheit von nicht-deutschsprachigen Magistratinnen und Magistraten kommen könnte bzw. kam, wurde vor und nach den Ersatzwahlen vor allem von der FDP kritisiert. Die Freisinnigen forderten, dass dies nur für «eine kurze Übergangszeit» so bleiben dürfe. Diese Entscheidung obliege der Bundesversammlung, erwiderte SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann (sp, VD). Die Schweiz gehe nicht unter, nur weil es keine deutschsprachige Mehrheit im Bundesrat gebe.

Das am meisten und nach den Ersatzwahlen vor allem in den Deutschschweizer Medien mit einiger Heftigkeit diskutierte Thema war dann freilich die Untervertretung der «urbanen Schweiz». Der Tages-Anzeiger sprach in seiner Online-Ausgabe davon, dass «dieser Mittwoch kein guter Tag für die Schweiz» gewesen sei. 70 Prozent der Bevölkerung und die «Fortschrittsmotoren» Zürich und Basel seien nun untervertreten. Offen forderte die Zeitung den baldigen Rücktritt von Alain Berset und Guy Parmelin, damit das Parlament dies nach den eidgenössischen Wahlen 2023 wieder korrigieren könne. Darüber hinaus wurde kritisiert, dass hinsichtlich Finanzausgleich lediglich noch «Nehmerkantone» in der Regierung vertreten seien. Andrea Caroni (fdp, AR) gab dem St. Galler Tagblatt zu Protokoll, dass er Angst habe, dass die «erhebliche sprachliche und geographische Schlagseite» im Bundesrat die Bundesverfassung strapaziere. Die Aargauer Zeitung sprach von einer «Ballenberg-Schweiz», die jetzt dominiere, obwohl eine «urbane Sichtweise» nötig wäre. Die Millionen Menschen, die in städtischen Räumen lebten, seien nun ohne Stimme in der Landesregierung, die mehr «Zerrbild als Abbild» sei, kritisierte erneut der Tages-Anzeiger. In ebendieser Zeitung befürchtete Hannes Germann (svp, SH) schliesslich, dass das Parlament «ein Chaos angerichtet» habe, weil dieses «krasse Ungleichgewicht» unschweizerisch sei.
Für die WoZ stellte dies aber aus städtischer Sicht kein Problem dar, da wesentlich wichtiger sei, welche unterschiedlichen gesellschaftlichen Gruppen vertreten seien. Noch pragmatischer urteilten die Westschweizer Medien. Mauro Poggia (mcg, GE) brachte diese Haltung in La Liberté auf den Punkt: Er habe Vertrauen in die Intelligenz der Personen in der Landesregierung: «Ce n'est pas parce qu'on est d'origine paysanne qu'on ne pense pas aux villes.» Die Erfahrung, selber einmal zur Minderheit zu gehören, könne der Deutschschweiz vielleicht auch guttun, zitierte der Blick den Chefredaktor seiner Romandie-Ausgabe. Auch Alain Berset meldete sich zu Wort: Er könne kein Problem erkennen, weil die Menschen heute so mobil seien, dass sie sich nicht mehr in Schablonen wie Stadt und Land pressen liessen. Die Vernetzung sei so gross, dass die regionale Herkunft kaum mehr eine Rolle spiele.

Diskussionen um die Vertretung der Regionen im Rahmen der Bundesratswahlen 2022

Im Sommer 2022 kündigte Marianne Streiff-Feller (evp, BE) ihren Rücktritt aus dem Nationalrat an. Seit 2011 sass die Bernerin, die zudem von 2014 bis 2021 als Präsidentin der EVP amtete, in der grossen Kammer. Sie wolle mehr Zeit für ihre Familie haben, gab Streiff-Feller als Grund für ihren Rücktritt gegenüber den Medien an. Sie wolle sich zudem in Palliative Care weiterbilden.
In der Wintersession 2022 wurde Marc Jost (evp, BE) vereidigt, der für Streiff-Feller nachrutschte. Der 48-jährige Theologe war lange Zeit Grossrat im Kanton Bern und 2015/2016 Präsident des Kantonalberner Parlaments. Jost ist das 14. Mitglied im Nationalrat, das in der laufenden Legislatur nachrutschte.

Mutationen 2022
Dossier: Mutationen im nationalen Parlament

Mehr als zwei Jahren nach dessen Einreichung stimmte der Nationalrat in der Herbstsession 2022 über ein Postulat Streiff-Feller (evp, BE) zur Anerkennung der Systemrelevanz sozialer Einrichtungen in Pandemien ab. Der geforderte Bericht sollte besonders die Rolle sozialer Einrichtungen in der Covid-19-Pandemie näher beleuchten und aufzeigen, welche Auswirkungen die Einschränkungen während der Pandemie im Bereich des Kinderschutzes und bei der Betreuung von Menschen mit Behinderung hatte. Die Postulantin begründete ihre Forderung damit, dass besonders Alters- und Pflegeheime in der Pandemie im Fokus geständen hätten, während die Forderungen der Bewohnerinnen und Bewohner anderer sozialer Einrichtungen von den Behörden vernachlässigt worden seien. So gelte es aufzuzeigen, inwiefern in Zukunft in ähnlichen Situationen insbesondere den Bedürfnissen von Kindern und Jugendlichen sowie von Menschen mit Behinderung in sozialen Einrichtungen Rechnung getragen werden könne.
Während der Bundesrat die spezifischen Herausforderungen und Belastungen während der Covid-19-Pandemie für die Bewohnerinnen und Bewohner und für das Personal sozialer Einrichtungen anerkannte, verwies er darauf, dass die Aufarbeitung der Massnahmen in sozialen Institutionen durch die Erfüllung zweier Postulate (Po. 20.3721; Po. 20.3724) bereits in vollem Gange sei. Des Weiteren habe das BAG im Juli 2021 eine Analyse der Situation der Bewohnenden sozialer Institutionen veröffentlicht. So brauche es aus Sicht des Bundesrats keinen weiteren Bericht, da aufgeworfene Fragen der Postulantin im Rahmen dieser Abklärungen adressiert werden könnten. Im Nationalrat unterstützten die geschlossen stimmenden Fraktionen der SP, Grünen und Mitte den Vorstoss, welcher jedoch knapp mit 94 zu 93 Stimmen abgelehnt wurde.

Systemrelevanz sozialer Einrichtungen bei Pandemien anerkennen (Po. 20.4016)

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession 2022 der parlamentarischen Initiative von Matthias Jauslin (fdp, AG), die einen vollständigen Zugriff auf alle Kommissionsunterlagen forderte, einstimmig zugestimmt hatte, wurde sie in der darauffolgenden Herbstsession im Ständerat beraten. Die zuständige SPK-SR stand dem Geschäft skeptisch gegenüber und empfahl mit 10 zu 3 Stimmen, keine Folge zu geben. Kommissionssprecher Mathias Zopfi (gp, GL) führte die Gründe für das Nein der SPK-SR aus. Es gehe hier nicht wie im Nationalrat diskutiert um eine Digitalisierungs-, sondern um eine rechtliche Frage. Seit der Reform des Parlamentsrechts von 2019 sei geregelt, wer Zugriff auf welche Dokumente haben solle. Explizit keinen Zugriff habe man damals für Dokumente aus kommissionsinternen Geschäften gewähren wollen, die lediglich von den entsprechenden Kommissionsmitgliedern und den Fraktionssekretariaten einsehbar sein sollen. Damals wie in der heutigen Empfehlung gehe es der SPK-SR um den Schutz des Kommissionsgeheimnisses. Es müsse zudem möglich bleiben, dass Themen zuerst einmal kommissionsintern beraten würden, ohne dass zugehörige Dokumente bereits von allen Ratsmitgliedern einsehbar seien. In einem Einzelantrag plädierte Hannes Germann (svp, SH) für Folgegeben. Es könne nicht angehen, dass Parlamentsmitglieder schlechter gestellt würden als Angestellte der Fraktionssekretariate. Es sei der Arbeit eines Parlamentariers oder einer Parlamentarierin unwürdig, wenn Dokumente im Fraktionssekretariat bestellt werden müssten, wenn man sie einsehen wolle. Für das Problem mit dem Fraktionsgeheimnis würden sich bei der Umsetzung der Initiative Lösungen finden – so Germann. Man sei ja erst «in Phase eins». Mit 26 zu 18 Stimmen folgte der Ständerat allerdings seiner Kommissionsmehrheit und versenkte damit das Geschäft.

Zugriff auf Kommissionsunterlagen (Pa.Iv. 20.461)

Nachdem der Nationalrat eine Motion Silberschmidt (fdp, ZH) mit dem Titel «Einführung einer digitalen Patientenadministration» in der Wintersession 2021 stillschweigend angenommen hatte, tat es ihm der Ständerat in der Herbstsession 2022 gleich. Kommissionssprecher Hannes Germann (svp, SH) hatte zuvor erklärt, dass die SGK-SR der Ansicht sei, dass es sich bei der digitalen Patientenadministration um eine essentielle Grundlage für die interinstitutionelle Zusammenarbeit zwischen den Leistungserbringenden handle, und das Geschäft daher zur Annahme empfehle. Gesundheitsminister Berset hatte der Motion die bundesrätliche Unterstützung ebenfalls zugesichert.

Einführung einer digitalen Patientenadministration (Mo. 21.4374)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

In der Herbstsession 2022 kam eine Motion Silberschmidt (fdp, ZH), welche die Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators zum Ziel hatte, in den Ständerat. Hannes Germann (svp, SH) beantragte im Namen der SGK-SR die Annahme des Geschäfts, da die eindeutige Identifikation als Basis für die Digitalisierung im Gesundheitswesen diene. Gesundheitsminister Berset sprach sich ebenfalls für die Motion aus, erinnerte allerdings daran, dass der Bund nicht über die Kompetenz verfüge, alle Bereiche des Vorstosses zu regeln, und es daher einer Zusammenarbeit mit den Kantonen bedürfe. Stillschweigend nahm die kleine Kammer die Motion an.

Einführung eines eindeutigen Patientenidentifikators (Mo. 21.4373)
Dossier: Digitalisierung im Gesundheitswesen

In der Herbstsession 2022 behandelte der Ständerat das Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit. Eintreten war unbestritten. Diskutiert wurde jedoch insbesondere über die vom Nationalrat eingefügte Unterscheidung zwischen internen und externen Vermittelnden bei der Ausbildung und der Einschränkung der Entlöhnung. Die SGK-SR hatte mit 6 zu 5 Stimmen empfohlen, dem nationalrätlichen Vorschlag zu folgen und die Regelung der Ausbildung und Entlöhnung von Personen, die mit einem Arbeitsvertrag an eine Versicherung gebunden sind, nicht einzuschränken. Für die Kommissionsmehrheit erklärte Erich Ettlin (mitte, OW), dass eine Unterscheidung zwischen internen Vermittlerinnen und Vermittlern, die Akquise machen, und solchen, die bestehende Kundinnen und Kunden beraten, schwierig sei. Eine Minderheit Stöckli (sp, BE) verlangte, die entsprechenden Regelungen sowohl für externe wie interne Vermittelnde zu erlassen. Minderheitensprecher Stöckli kritisierte den Mehrheitsantrag denn auch deutlich: Diese Unterscheidung stelle ein «Schlupfloch» für die Versicherungen dar, zumal mehrere Krankenkassen in den letzten Monaten damit begonnen hätten, solche bisher externen Vermittlerunternehmen zu kaufen und «in die Versicherungsgruppe [zu] integrier[en]». Über solche Käufe hatten zuvor auch verschiedene Zeitungen berichtet. Hinzu komme, dass durch eine solche Regelung Ungleichheiten zwischen den grossen und kleineren Versicherungen geschaffen würden, da Letztere keine finanziellen Möglichkeiten für solche Käufe hätten. Schliesslich bestehe bereits eine umfassende Definition der Vermittelnden im VAG; dort sei als Vermittlerin oder Vermittler eingestuft, «wer Kontakt hat zu Leuten, die eine Versicherung abschliessen wollen». Und auch in der KVAV sei keine entsprechende Unterscheidung zwischen internen und externen Personen gemacht worden, ergänzte später auch Gesundheitsminister Berset. Schliesslich sei es für die Bevölkerung irrelevant, ob die entsprechenden Telefonate von internen oder externen Vermittelnden durchgeführt würden.
Damian Müller (fdp, LU) wies hingegen darauf hin, dass die Branchenvereinbarung bisher nur für externe Vermittelnde gelte und diese Definition folglich nicht erweitert werden solle. Mit 21 zu 19 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) setzte sich die Minderheit knapp durch und der Ständerat verzichtete auf die Schaffung dieser Unterscheidung.

Daneben wurde darüber diskutiert, ob – wie es die Kommissionsmehrheit beabsichtigte – eine Regelung geschaffen werden soll, wonach der Bundesrat die Versicherungen vor der Allgemeinverbindlichkeitserklärung der Branchenvereinbarungen anhören muss. Man wolle diese «Zusatzschlaufe», die gemäss Verwaltung «keine grosse Sache» sei, einführen, bevor der Bundesrat eine «so einschneidende [...] Erklärung» vornehmen könne, begründete Kommissionssprecher Ettlin den Antrag. Eine Minderheit Carobbio Guscetti (sp, TI) sowie der Gesundheitsminister plädierten dafür, auf diese neue Regelung zu verzichten, zumal bereits gemäss Vernehmlassungsgesetz entsprechende Anhörungen nötig seien. Mit 26 zu 12 Stimmen (bei 1 Enthaltung) stimmte der Ständerat jedoch der neuen Regelung zu.

Schliesslich stellte sich die Frage, ob die neuen Regelungen nur im KVAG, also nur in der Grundversicherung, oder auch im VAG und somit in den Zusatzversicherungen verankert werden sollen. Hier plädierte die Kommissionsmehrheit dafür, auch gleich den Zusatzversicherungsbereich zu regeln, eine Minderheit Germann (svp, SH) bevorzugte die Einschränkung der Regelung auf den Krankenkassenbereich. Erich Ettlin erachtete eine umfassende Lösung als nötig, weil die Prämienzahlenden keinen Unterschied darin machen würden, ob sie Anrufe von Krankenkassen oder Zusatzversicherungen erhielten. Bundesrat Berset erinnerte überdies daran, dass die Versicherungen selbst zugunsten der Transparenz und Kohärenz eine einheitliche Regelung wünschten. Minderheitensprecher Germann verwies hingegen auf die unterschiedlichen Wettbewerbssituationen der beiden Bereiche, welche unterschiedliche Regelungen bedingen würden. Da die Branche zudem bereits grosse Fortschritte gemacht habe, brauche es die Regelung im VAG nicht. Schliesslich habe die WEKO den Einbezug der Zusatzversicherungen im Rahmen der ursprünglichen Motion gerügt und man habe bei Annahme der Motion versprochen, deren Situation nochmals zu überprüfen. Mit 25 zu 19 Stimmen folgte der Ständerat der Kommissionsmehrheit, gemäss welcher also beide Bereiche geregelt werden sollten.

In der darauf folgenden Gesamtabstimmung nahm der Ständerat den Entwurf zum Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit mit 32 zu 11 Stimmen (bei 1 Enthaltung) an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der FDP.Liberalen-, der SVP- und der Mitte-Fraktion.

Bundesgesetz über die Regulierung der Versicherungsvermittlertätigkeit (BRG 21.043)

In der Herbstsession 2022 stimmte der Nationalrat nach Abänderung durch den Ständerat erneut über eine Motion Streiff-Feller (evp, BE) zur Erarbeitung eines Konzepts für ein Frauenmuseum ab. Während sich die Kommissionsmehrheit der WBK-NR in der Vorberatung für die Annahme des abgeänderten Vorstosses ausgesprochen hatte, stellte eine Minderheit Tuena (svp, ZH) die Notwendigkeit und den Nutzen des vom Ständerat vorgeschlagenen Netzwerks in Frage, da «diese Hürden [in Zeiten der Gleichberechtigung] eigentlich überwunden sein» sollten. Zudem störte sich der Minderheitensprecher an den hohen Mehrkosten des Vorstosses, zumal man im Moment mit Ausgaben zurückhaltend sein müsse. Bundesrat Berset äusserte in der parlamentarischen Debatte den Wunsch, die Geschichte der Frauen in der Schweiz lieber an vielen unterschiedlichen Orten zur Schau zu stellen statt in einer speziell dafür konzipierten Institution. Entgegen des Antrags des Bundesrats und der Kommissionsminderheit nahm der Nationalrat den Vorstoss mit 119 zu 68 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Einzig die geschlossen stimmende SVP-, eine knappe Minderheit der FDP.Liberalen- und ein Mitglied der Mitte-Fraktion lehnten die Motion in der grossen Kammer ab.

Ein nationales Frauenmuseum für die Geschichte der Frauen in der Schweiz (Mo. 19.3627)

Nachdem die WAK-SR Ende März 2022 mit 8 zu 4 Stimmen (bei 1 Enthaltung) empfohlen hatte, nicht auf die Änderung des EntsG einzutreten, debattierte der Ständerat im Rahmen der Sommersession 2022 diese Frage. Kommissionssprecher Hannes Germann (svp, SH) betonte dabei, dass die Änderung des EntsG zu einer Ungleichbehandlung zwischen Arbeitnehmenden aus EFTA- und EU-Staaten führen würde. Zudem könnten die Kantone selbst für den Vollzug ihrer Mindestlöhne sorgen. Somit solle der Rat nicht auf die Vorlage eintreten. Paul Rechsteiner (sp, SG) führte hingegen Argumente für Eintreten an: Erstens habe der Ständerat mit Annahme der Motion Abate (fdp, TI; Mo. 18.3473) ursprünglich die Gesetzesänderung angestossen, zudem hätten sich 23 Kantone bei der Vernehmlassung für die Änderung ausgesprochen. Die Ausnahme der Entsendebetriebe von den kantonalen Mindestlöhnen sei eine «Einladung zu Lohndumping» und damit vor allem für den Kanton Tessin ein grosses Problem. Schliesslich werde mit der Revision auch eine Plattform für die digitale Kommunikation im Entsendebereich geschaffen, die bei Nichteintreten ebenfalls nicht zustandekomme. Marina Carobbio (sp, TI) präzisierte, dass nur der Bund, nicht aber die Kantone in der Lage seien, Mindestlöhne einzuführen, die auf alle im Kanton tätigen Personen (auch aus der EU und EFTA) gelten, weil die entsendeten Arbeitnehmenden lediglich Bundesgesetzen unterstünden. Am Ende der Debatte betonte auch Bundesrat Guy Parmelin (svp, VD) noch einmal die Wichtigkeit dieser Anpassung. Dennoch sprach sich der Ständerat in der Folge mit 26 zu 19 Stimmen erneut für Nichteintreten aus, womit das Geschäft erledigt war.

Révision partielle de la loi sur les travailleurs détachés (MCF 21.032)
Dossier: Vorschläge zur Änderung des Entsendegesetzes (EntsG)

In der Sommersession 2022 folgte der Ständerat dem Nationalrat und nahm sechs gleichlautende Motionen für eine «vertrauenswürdige staatliche E-ID» an. Gerhard Andrey (gp, FR; Mo. 21.3124), Franz Grüter (svp, LU; Mo. 21.3125), Min Li Marti (sp, ZH; Mo. 21.3126), Jörg Mäder (glp, ZH; Mo. 21.3127), Simon Stadler (mitte, UR; Mo. 21.3128) sowie die FDP-Liberale-Fraktion (Mo. 21.3129) argumentierten übereinstimmend, dass die Volksabstimmung vom 7. März 2021 über die E-ID den Bedarf an einer staatlichen Lösung aufgezeigt habe. Auch die einstimmige RK-SR und der Bundesrat empfahlen die Motionen zur Annahme. Karin Keller-Sutter verwies überdies auf die schnelle Wiederaufnahme des Themas durch das EJPD nach dem Volks-Nein und stellte in Aussicht, dass noch im Sommer 2022 die Vernehmlassung zu einem neuen E-ID-Gesetz eröffnet werde. Ebenso sprach sich SGV-Präsident Hannes Germann (svp, SH) für eine staatliche Lösung aus, da es diese in Zusammenarbeit mit den Kantonen und Gemeinden ermögliche, die wichtigsten Behördendienstleistungen rund um die Uhr digital anzubieten. Medial äusserte sich beispielsweise auch Patrick Stähli, Präsident des Vereins Digitale Gesellschaft Schweiz, positiv und betonte, die Schweiz dürfe in diesem Bereich nicht abgehängt werden. Die Motionen wurden daraufhin stillschweigend überwiesen.

Vertrauenswürdige, staatliche E-ID (Mo. 21.3124, 21.3125, 21.3126, 21.3127, 21.3128 und 21.3129)
Dossier: Elektronische Identität

In der Sommersession 2022 stimmte der Ständerat der Abschreibung eines Postulates Germann (svp, SH) zur Digitalisierung naturwissenschaftlicher Sammlungen zu. Die Räte hatten 2020 mit der Zustimmung zum Bundesbeschluss über die Kredite für Institutionen der Forschungsförderung in den Jahren 2021–2024 (BBl, 2020 8573) einen Beitrag von maximal CHF 12.4 Mio. als Anstossfinanzierung für die Digitalisierung naturwissenschaftlicher Sammlungen gesprochen.

Digitalisierung naturwissenschaftlicher Sammlungen (Po. 19.3593)

Nachdem der Nationalrat in der Sommersession 2021 über das neue Bundesgesetz über den Jugendschutz in den Bereichen Film und Videospiele befunden hatte, kam der Gesetzesentwurf im August 2021 an die vorberatende WBK-SR. Diese entschied anfänglich, weitere Auskünfte von der Verwaltung einzuholen. Im November 2021 trat sie dann mit 10 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) auf den Entwurf ein. Die Mehrheit sei jedoch der Meinung gewesen, dass die Regelungsdichte in Anbetracht dessen, dass sich Anbietende von Streamingdiensten und Videospielen teilweise bereits selbstdefinierten Regeln zum Jugendschutz unterworfen hätten, zu hoch sei. Deshalb beauftragte die Kommission die Verwaltung damit, konzeptionelle Änderungsvorschläge auszuarbeiten, um das Gesetz zu entschlacken, wie aus einer Medienmitteilung der WBK-SR hervorging. Im April 2022 fanden die Vorberatungen ein Ende und der Gesetzesentwurf wurde mit diversen Änderungsanträgen an den Ständerat weitergereicht, welcher sich in der Sommersession 2022 zuerst mit Eintreten auf die Vorlage beschäftigte.
Grundsätzlich teile die WBK-SR das Ziel des Bundesrates, Kinder und Jugendliche ausreichend vor Inhalten in den Bereichen Film und Video, die nicht für sie geeignet sind, zu schützen, eröffnete Matthias Michel (fdp, ZG) als Kommissionssprecher die Eintretensdebatte im Ständerat. Insbesondere die Koregulierung, gemäss der die Akteurinnen und Akteure der verschiedenen Branchen sich zusammen mit Expertinnen und Experten des Jugendschutzes auf Regelungen verständigen sollen, sehe die WBK-SR als äusserst wichtig an, da damit auf den bereits existierenden Selbstregulierungsinitiativen einzelner Branchen aufgebaut werden könne. Da die Regelungsdichte genau hier am grössten sei und gemäss der Verwaltung eine Entschlackung dieses Teils die Lücken im Jugendschutz nicht mehr genügend decken würde, verzichte die Kommission auf die ursprünglich von ihr angeforderten konzeptionellen Änderungen, wie Michel erklärte. Da kein Antrag auf Nichteintreten gestellt worden war, folgte der Ständerat stillschweigend seiner Kommission und trat auf den Gesetzesentwurf ein.

Bei der Detailberatung schuf die kleine Kammer mehrere Differenzen zum Nationalrat, sowohl auf Anraten der Kommissionsmehrheit als auch auf Anträge von Kommissionsminderheiten.
So entschied der Ständerat etwa entsprechend einer Kommissionsmehrheit, die strengere Zielformulierung für Streamingdienste an jene für Plattformen wie Youtube anzugleichen und sie somit zu lockern (28 zu 13 Stimmen). Laut Kommissionssprecher Michel soll damit eine Gleichbehandlung dieser beiden Akteure erreicht werden. Eine erfolglose Minderheit, angeführt von Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU), wollte an der bundesrätlichen Version festhalten, die gemäss ihrer Ansicht den Wünschen von vielen Eltern besser entsprochen hätte.
Einer unbestrittenen Kommissionsmehrheit folgend entschied der Ständerat ferner stillschweigend, die vom Nationalrat beschlossenen Massnahmen zur Bekämpfung des Suchtpotenzials durch Mikrotransaktionen aus der Gesetzesvorlage zu streichen. Für die Kommission hatte Michel argumentiert, dass dieser Aspekt in einem anderen Gesetz umfassender geregelt werden könne.
Als weitere Differenz strich der Ständerat auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit den Absatz, dass für jene Medien, welche bei Inkrafttreten des neuen Gesetzes bereits auf dem Markt gewesen waren, Regeln für die Alterskennzeichnung gefunden werden müssten (26 zu 19 Stimmen). Die Branche habe bereits genügend Anreize, Alterskennzeichnungen von sich aus einzuführen, da die Medien sonst automatisch in die höchste Altersstufe fallen würden, so Michel. Dies mache die verlangte Regelung überflüssig. Eine Minderheit, erneut angeführt von Baume-Schneider, wollte hier der Fassung des Bundesrates und des Nationalrats folgen.
Seiner Kommissionsminderheit folgend beschloss der Ständerat sodann weiter mit 23 zu 19 Stimmen, die vom Bundesrat vorgeschlagene Klausel, dass das Mindestalter prinzipiell nicht mehr als zwei Jahren unterschritten werden dürfe – egal wie alt die Begleitperson ist –, zu streichen. Für Veranstaltende, die Filme oder Videospiele an öffentlichen Anlässen zugänglich machen, sei die Kontrolle des Mindestalters nicht umsetzbar und damit könne auch nicht vermieden werden, dass Medien online und potentiell ohne jegliche Kontrolle konsumiert würden, wie Hannes Germann (svp, SH) für die Kommissionsminderheit erfolgreich ausführte. Kulturminister Alain Berset argumentierte erfolglos dagegen: Auch wenn es Zuhause zu Missachtungen der gesetzlichen Altersgrenze kommen könne, ändere dies nichts an der Verantwortung der Wirtschaft, dafür zu sorgen, dass dies in der Öffentlichkeit nicht möglich sei.
Als weitere grössere Differenz zum Nationalrat strich der Ständerat einer weiteren Kommissionsminderheit folgend den von der grossen Kammer eingefügten Passus, wonach der Bund die Medienkompetenz und Prävention bei Kindern und Jugendlichen fördern solle (24 zu 18 Stimmen). Solche Regelungen hätten in einem «Marktregulierungsgesetz» wie dem vorliegenden laut Minderheitensprecher Jakob Stark (svp, TG) nichts verloren. Baume-Schneider hielt im Namen der Kommissionsmehrheit fruchtlos dagegen, dass es ein wichtiger Bestandteil dieses Gesetzes sei, den Jugendlichen beizubringen, wie sie verantwortungsvoll mit den Medien umgehen können.
Mit weiteren kleineren Anpassungen, hauptsächlich bezüglich der verwendeten Begriffe, wurde die Gesamtfassung sodann im Ständerat einstimmig mit 42 zu 0 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) angenommen. Damit wurde der Gesetzesentwurf für die Differenzbereinigung zurück an den Nationalrat geschickt.

Bundesgesetz über den Jugendschutz bei Filmen und Videospielen (BRG 20.069)

In der Sommersession 2022 stimmte der Ständerat stillschweigend einer Motion Marti (sp, ZH) zu, die eine Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbständigerwerbenden einführen will. Durch die Betriebszulage für Selbständigerwerbende bei Mutterschaft analog der Betriebszulage bei Militärdienstleistenden soll eine Ungleichbehandlung der Geschlechter behoben werden, die gemäss Kommissionssprecherin Häberli-Koller (mitte, TG) das Resultat eines historischen Kompromisses ist, der nicht mehr zeitgemäss sei. Damit wird es auch selbständig erwerbstätigen Frauen in Zukunft möglich sein, einen Teil der laufenden Betriebskosten während des Mutterschaftsurlaubs zu decken. Seinen Willen zur Einführung einer solchen Betriebszulage hatte der Ständerat bereits im Jahr 2019 durch Annahme einer Motion Maury Pasquier (sp, GE; Mo. 19.4270) bekundet. Die Arbeiten zur Umsetzung dieses Anliegens seien übrigens bereits angelaufen, versicherte Kommissionsmitglied Hannes Germann (svp, SH) im Rat.

Zeitgleich lehnte der Ständerat mit Stichentscheid des Präsidenten eine Motion Kiener Nellen (sp, BE; Mo. 19.3373) ab, die den gleichen Höchstbetrag der EO-Gesamtentschädigung bei Mutterschaft und Militärdienst forderte. Somit blieb ein Teil des historischen Kompromisses, nämlich die Ungleichbehandlung von Dienstleistenden und Müttern bei den EO-Entschädigungen bestehen: Die Kinderzulage und die Kinderbetreuungszulage werden nach wie vor ausschliesslich an Militärdienstleistende entrichtet.

Betriebszulage bei Mutterschaftsentschädigung von Selbstständigerwerbenden

Dans le cadre légal actuel, les non-professionnels peuvent utiliser certains produits phytosanitaires particulièrement dangereux pour les humains, l'environnement ou encore les abeilles. Il existe quelques 380 de ces pesticides accessibles à toutes et tous sur le marché. Bien que les autorités souhaitent renforcer les critères d'homologation dans le cadre du Plan d'action produits phytosanitaires et que des restrictions ont été édictées dans ce domaine en 2020, Maya Graf (verts, BL) estime qu'une interdiction complète pour les amateurs d'accès aux produits particulièrement dangereux se justifie, au vue des quantités répandues. 10 pour cent de l'ensemble des produits phytosanitaires utilisés en Suisse le seraient par des non-professionnel.le.s. Selon l'élue bâloise, la manipulation de tels produits ne devrait être possible que pour les personnes ayant fait une formation professionnelle, le niveau d'information nécessaire à une utilisation correcte étant sinon lacunaire. Elle a donc lancé une motion à cet effet. Le texte prévoit également l'établissement d'une liste positive, répertoriant les produits pouvant être utilisés par les non-professionnel.le.s, et de faire en sorte que ces produits soient vendus dans des petits contenants prêts à l'emploi.
En chambre, le Conseil des Etats a, dans un premier temps, décidé de renvoyer ce texte en commission, suivant ainsi une motion d'ordre de Werner Salzmann (udc, BE) qui estimait que certains points méritaient d'être clarifiés.
C'est à une courte majorité (5 voix contre 4 et 3 abstentions) que la CER-CE a décidé d'apporter son soutien aux propositions de Maya Graf, arguant de la nécessité de poursuivre les efforts en matière de réduction des risques liés aux produits phytosanitaires. Une minorité s'y est opposée, voyant dans les efforts déjà entrepris et les mesures prévues par les autorités une action suffisante dans ce domaine. Lors du deuxième passage en chambre Adèle Thorens Goumaz (verts, VD) a défendu le texte de sa collègue de parti en soulignant que cela permettrait d'accompagner et d'encourager le Conseil fédéral dans les mesures qu'il prévoit de mettre en œuvre. Hannes Germann (udc, SH) a, lui, estimé que les problèmes posés par les produits phytosanitaires étaient d'ores et déjà bien considérés par les autorités, défendant ainsi la minorité. Cette position est également partagée par le collège gouvernemental, comme rappelé par Alain Berset. Au vote, la motion a été soutenue par une majorité de 20 parlementaires contre 15 (2 abstentions), alors que 8 membres de la chambre haute, majoritairement de droite, n'y ont pas pris part. Bien que le texte ait été accepté par une coalition hétéroclite de politicien.ne.s, ces absences ont certainement pesé dans la balance.

Ne plus permettre aux non professionels d'utiliser certains pesticides trop toxiques (Mo. 20.4579)
Dossier: Reduzierung und Verbot des Pestizideinsatzes

In der Sommersession 2022 nahm auch der Ständerat eine Motion Streiff-Feller (evp, BE) an, die gefordert hatte, ein Konzept für ein Frauenmuseum zu erarbeiten. Dennoch blieb unklar, ob es nun bald ein solches «Haus der Frauengeschichte» geben wird, denn der Ständerat stimmte der Motion mit einer wesentlichen Änderung zu: Auf Antrag seiner einstimmigen WBK beschloss der Ständerat diskussionslos, die Motion so abzuändern, dass der Bundesrat durch deren Annahme verpflichtet wäre, zur Wahrung des kulturellen Erbes ein «Konzept für ein Netzwerk Dritter über die Geschichte der Gleichstellung von Mann und Frau in der Schweiz» zu erarbeiten und dieses Netzwerk finanziell zu unterstützen. Die Schaffung eines solchen Netzwerkes im Unterschied zur Einrichtung eines nationalen Frauenmuseums erachtete die Kommission als nachhaltiger sowie «wesentlich dynamischer und zukunftsgerichteter». Die abgeänderte Motion geht somit zurück an den Nationalrat.

Ein nationales Frauenmuseum für die Geschichte der Frauen in der Schweiz (Mo. 19.3627)

A l'image du Conseil national, la motion Schneider (verts, ZH) visant à rendre obligatoire l'anesthésie des moutons lors du raccourcissement de leur queue a été acceptée à l'unanimité par la chambre haute. Le rapporteur de la CSEC-CE, Hannes Germann (udc, SH) a précisé que la pratique consistant à raccourcir la queue des moutons était autorisée pour ces animaux – contrairement aux chiens, cochons, vaches ou chevaux – pour des raisons d'hygiène et de risques d'infections. Alors que la Loi sur la protection des animaux (LPA) interdit toute pratique générant de la souffrance, une exception était jusqu'à présent accordée à ce genre d'opération sans anesthésie avant le septième jour de vie des animaux. Il était alors considéré, lors de l'édiction de cette exception, que les jeunes animaux avaient une plus grande tolérance à la souffrance; un point de vue déjà réfuté lors des débats sur la castration des porcelets. Apportant son soutien au texte, le Conseil fédéral est maintenant chargé de le mettre en application en interdisant la coupe des queues de mouton pratiquée sans anesthésie.

Obligation d'anesthésie pour couper la queue des moutons (Mo. 21.3403)

Im Mai 2022 fand die eidgenössische Abstimmung über die Änderung des Transplantationsgesetzes statt, mit der die erweiterte Widerspruchslösung eingeführt werden sollte.

Die Gegnerinnen und Gegner der erweiterten Widerspruchslösung waren breit zusammengewürfelt und liessen sich nicht klar auf dem politischen Spektrum verorten. Angeführt wurde das Komitee «Nein zur Organspende ohne explizite Zustimmung» von einem pensionierten Arzt und einer Hebamme. Der Arzt, Alex Frei, war ebenfalls Vorsitzender der Ärzte und Pflegefachpersonen gegen Organspende am Lebensende (ÄPOL) – einer Vereinigung, die sich grundsätzlich gegen Organspende an für tot erklärte Personen stellte. Die Hebamme, Susanne Clauss, ihres Zeichens Co-Präsidentin der SP Biel, wehrte sich lediglich gegen die Organentnahme an verstorbenen Personen, sofern von diesen keine explizite Einwilligung vorliegt. Unterstützung erhielten die beiden Personen von Philosophie-, Rechts- und Theologieprofessorinnen und -professoren sowie von bekannten Köpfen verschiedenster Parteien. So etwa von der Thurgauer SVP-Nationalrätin Verena Herzog, der Berner EVP-Nationalrätin Marianne Streiff-Feller, dem Urner FDP-Ständerat Josef Dittli sowie von den ehemaligen Parlamentarierinnen Verena Diener (glp, ZH) und Gret Haller (sp, BE). Nein-Parolen beschlossen schliesslich die EVP, die SVP und die EDU. Als Hauptargument gegen die Widerspruchslösung führten die Gegnerinnen und Gegner ins Feld, dass es immer Leute geben werde, die nicht wissen, dass ihnen auch ohne ihre explizite Zustimmung Organe entnommen werden können. Dies verletze deren Recht auf Selbstbestimmung und körperliche Unversehrtheit und sei unethisch. Zudem würden dadurch bei Nichtvorliegen des Willens der verstorbenen Person die Angehörigen unter Druck gesetzt, da deren Ablehnung als unsolidarisches Verhalten aufgefasst werden könnte.

Gerade anderer Ansicht waren die Befürworterinnen und Befürworter der erweiterten Widerspruchslösung. Sie erachteten die neue Regelung gar als Entlastung für die Angehörigen, gab etwa Reto Stocker, ein ehemaliger Leiter der chirurgischen Intensivstation des Universitätsspitals Zürich dem Tages-Anzeiger zu Protokoll. Zudem soll mit einer grossen und regelmässigen Informationskampagne sichergestellt werden, dass die Bevölkerung über die neue Regelung informiert wird und niemand wider Willen zum Organspender oder zur Organspenderin wird, versicherte Bundesrat Alain Berset an einer Medienkonferenz zur Abstimmungsvorlage. Zur Umsetzung der Vorlage werde der Bund ein neues sicheres und datenschutzkonformes Register schaffen, wo jede Person ihren Willen zur Organspende festhalten und laufend aktualisieren kann, so der Bundesrat. Mit der beschlossenen Regelung folge man vielen europäischen Ländern, die eine Widerspruchslösung mit oder ohne Einbezug von Angehörigen kennen und die im Schnitt eine höhere Organspenderate aufwiesen als Länder mit einer Zustimmungslösung, so der Bundesrat weiter. Von den Parteien gaben die SP, die Grünen, die Mitte, die GLP und die FDP die Ja-Parole aus.

Jedoch waren sich die Parteien intern nicht immer einig, was sich auch in abweichenden Kantonalsektionen zeigte. Während bei den Grünen und der SP fünf Kantonalsektionen die Nein-Parole oder Stimmfreigabe erteilten und sich die Mitte-Sektion des Kantons Schaffhausen gegen die Gesetzesänderung stellte, beschlossen die Junge EVP und die SVP Freiburg Stimmfreigabe und die SVP Jura gar die Ja-Parole. Dies stimmte auch mit der Einschätzung der Co-Leiterin des Contra-Komitees, Susanne Clauss, überein, welche Organspende denn auch als «en aucun cas [...] une question fondamentaliste ni de politique gauche-droite, mais [...] une question purement personnelle et éthique» erachtete. Insgesamt waren die Parteien im Abstimmungskampf denn auch weder auf der gegnerischen noch auf der befürwortenden Seite effektiv sichtbar.

Im Vorfeld der Abstimmung rezitierten die Medien häufig Zahlen zur Organspende in der Schweiz. Ende 2021 hätten 1'434 Personen auf ein Organ gewartet; jährlich würden ungefähr 450 Personen eines erhalten. Lediglich 16 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer besässen eine Karte, auf der ihr Wille für oder gegen die Organspende ausgewiesen sei, dabei gingen gewisse Umfragen von einer Spendebereitschaft in der Bevölkerung von 80 Prozent aus. Diese Umfragen seien jedoch durch Swisstransplant in Auftrag gegeben worden, wurde die Gegnerschaft in den Medien zitiert. Eine im Auftrag des BFS durchgeführte Umfrage, die nicht nur nach der Entnahme von Organen, sondern auch nach derjenigen von Gewebe fragte, komme hingegen auf konservativere Ergebnisse, wonach sich lediglich etwa die Hälfte der Bevölkerung für oder eher für eine Spende aussprechen würde. Ebenfalls zweifelten die Gegnerinnen und Gegner daran, dass sich die Widerspruchslösung direkt und positiv auf die Organspenderate auswirken werde, wobei sie sich auf Aussagen der Nationalen Ethikkommission aus dem Jahr 2019 stützten. Dass die Organspenderate bei Ländern mit Widerspruchslösung nur in der Tendenz höher sei und es bei beiden Modellen Ausreisser gebe, bestätigten indes auch Bundesrat Alain Berset und die ehemalige Nationalrätin Yvonne Gilli (gp, SG) als Präsidentin des Dachverbands der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH), der den Wechsel zur Widerspruchslösung ebenfalls unterstützte. Auch weitere Faktoren wie etwa die Ressourcen in den Spitälern oder die Ausbildung des Fachpersonals beeinflussten die Organspendebereitschaft, war schliesslich auch im Abstimmungsbüchlein nachzulesen. Vereinzelt klärten Medienberichte auch über den Hirntot auf und erläuterten den Ablauf bei der Organentnahme. Häufiger liessen sie indes Organempfängerinnen und -empfänger, Personen auf der Warteliste für ein Organ oder Angehörige von Spendenden zu Wort kommen. Auch prominente Gegnerinnen und Gegner der Gesetzesrevision konnten überdies ihre Position darlegen. In seinem Abstimmungsmonitoring kam das fög denn auch zum Schluss, dass die Medienberichterstattung in der Tonalität erstaunlich ambivalent ausfiel, denn für gewöhnlich generierten dem fakultativen Referendum unterstellte Vorlagen ein positiveres Echo in den Medien. Ganz grundsätzlich war die Medienresonanz zur Abstimmungsvorlage gemäss fög gering – ebenso wie zu den beiden anderen zur Abstimmung stehenden Vorlagen (Frontex und Filmgesetz). Inserate für oder gegen die Änderung des Transplantationsgesetzes suchte man in den Printmedien mit wenigen Ausnahmen vergebens. Generell schienen die Meinungen zur Organspende auch bereits von Anfang an gemacht, denn die verschiedenen Wellen der Tamedia-Vorabstimmungsbefragungen registrierten kaum merkliche Verschiebungen beim Ja-Anteil, der zwischen 61 und 62 Prozent lag.

Somit war die Annahme des Transplantationsgesetzes an der Urne denn auch nicht überraschend. Bei einer tiefen Wahlbeteiligung von 40.3 Prozent sprach sich die Stimmbevölkerung am 15. Mai 2022 mit 60.2 Prozent Ja-Stimmen für die erweiterte Widerspruchslösung aus. Lediglich die Stimmenden der beiden Appenzell, von Schaffhausen und Schwyz lehnten die Änderung knapp ab. Weitaus die höchsten Ja-Anteile fanden sich in den Westschweizer Kantonen (durchschnittlich 76.4%) gefolgt vom Tessin (65.5%) – der Sprachgraben zeigte sich bei dieser Vorlage überaus deutlich (Durchschnitt Deutschschweizer Kantone: 53.3%). Der am deutlichsten befürwortende Deutschschweizer Kanton, Basel-Stadt (60.9% Ja), sagte noch immer mit mehr als 10 Prozentpunkten weniger deutlich Ja als der am wenigsten stark zustimmende Kanton der Romandie (Wallis: 72.4% Ja). Somit sprachen sich auch die katholischen Kantone Freiburg, Jura und Wallis klar für die Gesetzesänderung aus, obwohl sich die katholische Kirche für ein Nein eingesetzt hatte. Nicht der Katholizismus, sondern das unterschiedliche Verhältnis der Sprachregionen zum Staat hätten also die Meinungen beeinflusst, folgerte der Tages-Anzeiger kurz nach der Abstimmung. Auf der anderen Seite des Zustimmungsspektrums führte der Vorsteher des Ausserrhodener Gesundheitsdepartementes das Nein in seinem Kanton auf eine besonders ausgeprägte Naturverbundenheit seiner Einwohnerinnen und Einwohner zurück, die sich auch in einer Präferenz für Naturheilkunde gegenüber gewissen schulmedizinischen Angeboten äussere. Tatsächlich bestätigte die VOX-Nachbefragung, dass die Frage, wie stark jemand der Schulmedizin, dem Spitalpersonal, der Wissenschaft und dem BAG vertraut, mit der Zustimmung zur Revision zusammenhängt. Ebenso sprachen sich Personen mit hohem Vertrauen in Freikirchen besonders häufig gegen die Gesetzesänderung aus. Und obwohl der Abstimmungskampf in Abwesenheit der Parteien geführt worden war, erwies sich die politisch-ideologische Selbsteinstufung einer Person durchaus als relevant für deren Stimmentscheid. So legten links stehende Personen besonders häufig ein Ja ein, während sich der Ja-Anteil mit zunehmender Ausrichtung auf die rechte Seite des politischen Spektrums verringerte. Insgesamt folgten jedoch alle Parteisympathisierenden mehrheitlich der Parole ihrer Partei. Das Recht auf einen unversehrten Körper sei zentral und der Staat solle sich nicht in die Organspende einmischen, lauteten gemäss VOX-Umfrage die zentralen Argumente für ein Nein. Auf der anderen Seite zeigten sich die Befürwortenden überzeugt, dass es in der Schweiz momentan zu wenig Organspenden gebe und sich mit dieser staatlich geförderten Regelung Leben retten liessen. Zudem entlaste sie Angehörige, da diese nicht mehr stellvertretend für die verstorbene Person entscheiden müssten.


Abstimmung vom 15. Mai 2022

Änderung des Bundesgesetzes über die Transplantation von Organen, Geweben und Zellen (Transplantationsgesetz)
Beteiligung: 40.3%
Ja: 1'319'276 Stimmen (60.2%)
Nein: 872'119 Stimmen (39.8%)

Parolen:
-Ja: SP (2*), FDP, Grüne (3*), GLP, Mitte (1*); Konsumentenforum, FMH
-Nein: EDU, EVP, SVP (2*); Schweizerische Bischofskonferenz, NZZ
* in Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Sogleich nach dem Urnengang stellten die Medien die Frage, wie es nun weitergehe. So informierten etwa die Zeitungen am Tag nach der Abstimmung darüber, was man tun müsse, wenn man sich dazu entschliesse, (keine) Organe spenden zu wollen, wann die Umstellung auf die erweiterte Widerspruchslösung erfolge und was dazu noch erforderlich sei. Einiges, meinte etwa der Tages-Anzeiger zu letzterer Frage, denn für ein neues und sicheres Spenderegister sei «eine elektronische Identität [nötig], die es in der Schweiz noch nicht gibt. Zudem müssen sechs Millionen Erwachsene informiert werden.» Im Vorfeld der Abstimmung war nicht zuletzt auch das bestehende Register von Swisstransplant in Kritik geraten; wegen einer durch die SRF-Sendung «Kassensturz» Anfang Jahr bekannt gewordenen Sicherheitslücke hatte eine beliebige Drittperson eine andere als Organspender oder Organspenderin erfassen können. Da sich dieser Fehler nicht so rasch beheben liess, war eine Neuregistrierung für oder gegen die Organspende im bestehenden Register von Swisstransplant gerade während des Abstimmungskampfes, als sich vermutlich einige Menschen mit der Frage der eigenen Organspendebereitschaft befassten, nicht möglich. Mit einer E-ID gebe es keine solche Sicherheitslücke, kommentierten IT-Experten gegenüber dem Tages-Anzeiger. Der Bundesrat hingegen liess zum Zeitpunkt der Abstimmung noch offen, ob die von ihm zu präsentierende Lösung eine E-ID erfordere. Nur ein Jahr zuvor hatte die Bevölkerung eine Gesetzesvorlage zur Einführung einer elektronischen Identität an der Urne wuchtig verworfen. Obwohl der Bundesrat daraufhin ein neues E-ID-Gesetz vorzulegen plante, prüfe man zum Zeitpunkt auch andere sichere und datenschutzkonforme Eintragungsarten, so der Bundesrat. Sowohl ablehnende als auch befürwortende Politikerinnen und Politiker forderten vom Bundesrat nach dem Abstimmungsausgang eine umfassende Informationskampagne auf verschiedenen Kanälen. So müsse sichergestellt werden, dass auch Personen ohne ausreichende Sprach- und Lesekenntnisse ausführlich über die Widerspruchslösung informiert würden, forderte etwa SVP-Nationalrätin Verena Herzog als Mitglied des Nein-Komitees. Flavia Wasserfallen (sp, BE), Co-Präsidentin de Unterstützungskomitees, gab darüber hinaus zu bedenken, dass die digitalen Fähigkeiten innerhalb der Bevölkerung variierten und somit sowohl die Information der Behörden als auch ein Eintrag ins Spenderegister über den Postweg möglich sein müssten. Beim BAG sah man dies hingegen anders: Es werde lediglich ein Online-Register geben, allerdings soll es möglich sein, die Eintragung via Vertretungsvollmacht etwa vom Hausarzt oder der Hausärztin vornehmen zu lassen. Ebenfalls klar schien bereits, dass Swisstransplant einen Leistungsauftrag erhalten werde, um das Register des Bundes zu führen, worüber sich die Gegnerschaft der Gesetzesänderung nicht erfreut zeigte. Gemäss Aussagen des BAG kurz nach der Abstimmung werde die Umstellung frühestens Mitte 2024 erfolgen.

Im Oktober 2022 gab Swisstransplant bekannt, dass das eigene Spenderegister wegen der Sicherheitsbedenken per sofort eingestellt werde. Die Spitäler kritisierten diesen Entscheid. Für sie verkomplizierten sich dadurch die Abklärungen bis zum neuen Bundesregister. Unterdessen hatte der Bund den Zeitplan zu dessen Inbetriebnahme bereits etwas nach hinten verschoben: Das eigene Register werde «frühestens ab 2025 eingeführt», so das BAG.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

In der Frühjahrssession 2022 beriet der Ständerat die Motion Burkart (fdp, AG) für eine Änderung der Berechnungsmethode für die Höhe des Zinsabzuges auf dem investierten Eigenkapital für die Abrechnung der AHV, welche sie zwei Jahre zuvor der SGK-NR zur Vorberatung zugewiesen hatte. Die Mehrheit der Kommission beantragte die Motion zur Ablehnung, weil «eine neue Ungleichbehandlung geschaffen» würde. Der Zinssatz entspreche «der üblichen Rendite», liege also momentan aufgrund des generellen Tiefzinsumfeldes bei 0 Prozent. Minderheitensprecher Hannes Germann (svp, SH) betonte hingegen, dass ein Eigenkapitalabzug von 0 Prozent unrealistisch und unfair sei und daher korrigiert werden müsse. Mit 22 zu 18 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) nahm der Ständerat die Motion an und folgte damit der Minderheit Germann.

Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit im AHVG. Zinsabzug auf dem investierten Eigenkapital richtig bewerten (Mo. 20.3078)

Le Conseil des Etats a tacitement suivi la chambre basse en acceptant le compromis qui charge le Conseil fédéral d'élaborer. d'ici à 2024, un projet d'acte concernant les nouvelles techniques de sélection génétique. Pour la Commission de la science, de l'éducation et de la culture du Conseil des Etats CSEC-CE), cette solution permettra, d'une part, de mener une procédure de consultation en bonne et due forme et, d'autre part, de prendre en compte une décision de l'Union européenne (UE) encore en suspens à ce sujet – en Europe, les nouveaux procédés sont à l'heure actuelle inscrits dans la loi sur les OGM –, comme précisé par Hannes Germann (udc, SH). Pour le Conseil fédéral, Simonetta Sommaruga s'est également exprimée en faveur d'une acceptation de la proposition du Conseil national, un travail de l'Administration fédérale étant de toute manière prévue d'ici à 2024 sur ces questions.
Au vote final, tant le Conseil des Etats que le Conseil national ont accepté à l'unanimité le projet de loi modifié. Toutefois, 69 élu.e.s se sont abstenu.e.s au Conseil national et 3 au Conseil des Etats. Les membres des groupes socialistes et verts ont constitué la majorité des abstentionnistes, celles et ceux-ci étant en faveur d'une prolongation du moratoire mais critiquant l'ouverture faite aux nouvelles techniques de sélection.

Modification de la loi sur le génie génétique (MCF 21.049)
Dossier: Gentechnisch veränderte Organismen (GVO) in der Schweiz

In der Frühjahrssession 2022 war es am Ständerat, über das Schicksal der auf eine parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL) zurückgehenden Vorlage für eine Obergrenze für Kaderlöhne in Bundes- und bundesnahen Unternehmen zu entscheiden. Die SPK-SR empfahl, am ursprünglichen Entscheid festzuhalten, nicht auf die Vorlage einzutreten und die Idee damit zu begraben. Stefan Engler (mitte, GR) begründete für die Kommission, dass mit der vom Nationalrat gutgeheissenen Vorlage zwei Ziele verfolgt würden, die sich nicht vereinen liessen. Es könnten nicht angemessene Löhne bezahlt werden und gleichzeitig Lohnexzesse gestoppt werden, weil die Unternehmen, auf die sich die Vorlage beziehe, nicht vergleichbar seien. Angemessene Bezüge müssten je nach Unternehmen unterschiedlich bemessen und könnten deshalb nicht mit einer Obergrenze gedeckelt werden. Für die Minderheit, die für Eintreten plädierte, wehrte sich Daniel Jositsch (sp, ZH). Die Bevölkerung verstehe nicht, dass ein Bundesrat, mit «454'581 Franken plus eine Spesenpauschale von jährlich 30'000 Franken» lediglich die Hälfte verdiene wie ein Angestellter eines Bundesbetriebes. Das Argument, dass solche Löhne bezahlt werden müssten, um mit der Privatwirtschaft konkurrieren zu können, würde nur gelten, wenn ein Beruf lediglich des Lohnes wegen ausgeübt werde. In diesem Falle würde es ja auch kaum jeweils so viele Anwärterinnen und Anwärter auf ein Bundesratsmandat geben. Die Vorlage könne zudem in der Detailberatung noch verbessert werden, wenn auf sie eingetreten werde. Das gleiche Argument brachte neben Hannes Germann (svp, SH) auch Thomas Minder (parteilos, SH) vor, der die Löhne einiger CEO bundesnaher Betriebe aufzählte, die er als «stossend und verwerflich» bezeichnete. Auch er empfahl deshalb, der Minderheit zu folgen. Daniel Fässler (mitte, AI) wiederum warnte vor falschen Signalen, weil eine Obergrenze ja immer auch ein Anreiz sei, diese auszureizen. Auch Finanzminister Ueli Maurer plädierte für Nichteintreten. Der Bundesrat teile die Meinung, dass eine Entlohnung von CHF 1 Mio. die Obergrenze darstellen müsse. Wenn man zum Lohn eines aktiven Bundesratsmitglieds auch noch dessen Altersrente hinzunehme, dann käme der bundesrätliche Jahreslohn auch auf etwa CHF 1 Mio. zu liegen und es sei richtig, dass Bundesangestellte nicht mehr verdienen sollten als ein Regierungsmitglied. Diese Obergrenze werde freilich aktuell auch überall eingehalten. Nicht nur deshalb brauche es keine Regelung, sondern auch, weil diese zu starr sei und bei der Gestaltung der Löhne in den sehr unterschiedlichen Betrieben keinen Spielraum lasse. Insgesamt finde der Bundesrat, dass der Auftrag bereits erfüllt sei. Er befürchte schliesslich, dass auch eine Detailberatung keine Verbesserung der Vorlage bringen würde. Seiner Bitte, nicht auf die Vorlage einzutreten und am ursprünglichen Entscheid festzuhalten, kam dann eine Mehrheit von 27 zu 13 Stimmen (bei 1 Enthaltung) nach. Damit war die Vorlage, fast sechs Jahre nach ihrer Einreichung, endgültig vom Tisch.

Kaderlöhne bei Bundes- und bundesnahen Unternehmen (Pa.Iv. 16.438)
Dossier: Kaderlöhne bei Bundes- und bundesnahen Unternehmen

«Ausbeuterische Arbeitsverhältnisse sind in einigen Branchen zur geduldeten und lukrativen Realität geworden», konstatierte Nationalrätin Marianne Streiff-Feller (evp, BE). Sie begründete damit ihre im Sommer 2020 eingereichte Motion zur Ergänzung des Strafgesetzbuchs um einen Tatbestand der Arbeitsausbeutung. Viele Ausbeutungssituationen würden von den geltenden rechtlichen Instrumenten nicht erfasst, argumentierte sie, da etwa der Tatbestand des Menschenhandels nicht greife, wenn Menschen aus wirtschaftlicher Not heraus «freiwillig» – und nicht weil sie dazu gezwungen werden – unter prekären Arbeitsbedingungen arbeiteten. Nach Ansicht des Bundesrates erfasse das geltende Strafrecht die Arbeitsausbeutung jedoch hinreichend, weshalb er die Ablehnung der Motion beantragte. So könnten neben dem Menschenhandel je nach Fall auch die Straftatbestände der Körperverletzung, der Gefährdung des Lebens, der Drohung, der Nötigung oder Freiheitsberaubung, des Betrugs und des Wuchers sowie Schutzbestimmungen für Arbeitnehmende aus dem Arbeitsgesetz und dem Entsendegesetz anwendbar sein, erläuterte Bundesrätin Karin Keller-Sutter in der Frühjahrssession 2022 im Nationalratsplenum. Sie wies weiter darauf hin, dass der Nachfolge-NAP nach der Auswertung des zweiten Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel einen Fokus auf die Ausbeutung der Arbeitskraft legen werde. Mit 101 zu 80 Stimmen bei 8 Enthaltungen nahm der Erstrat die Motion gegen die Opposition aus den Fraktionen der SVP- und der FDP-Fraktion an.

Arbeitsausbeutung als Straftatbestand (Mo. 20.3630)

Weil der Ständerat die Publikation der Postadresse von Parlamentsmitgliedern beibehalten wollte, hatte er eine Differenz in der Vorlage geschaffen, mit der die Veröffentlichung zusätzlicher Staatsangehörigkeiten von Parlaments- und Regierungsmitgliedern bezweckt wurde. Marianne Streiff-Feller (evp, BE) erklärte im Namen der SPK-NR, dass diese einen Kompromiss ausgearbeitet habe. Der Ständerat habe geltend gemacht, dass Parlamentsmitglieder erreichbar sein müssten, weshalb die Veröffentlichung der Postanschrift nötig sei. Die SPK-NR habe eigentlich nur die E-Mail-Adresse veröffentlichen wollen, auch weil damit der Schutz von «Menschen, die sich öffentlich engagieren» erhöht werden könne. Als Kompromiss könne ein Parlamentsmitglied wählen, ob die Kurzbiographie mit postalischer oder elektronischer Adresse versehen werden soll. Eine Kommissionsminderheit sehe nicht ein, weshalb das ursprüngliche Anliegen der parlamentarischen Initiative von Marco Chiesa (svp, TI) erweitert werden müsse. Es bestehe heute schon die Möglichkeit, auf die Publikation der Postadresse zu verzichten. Der Minderheitensprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) ergänzte, dass man wegen dieses Details den Ständerat nicht noch einmal bemühen müsse und einfach die Version der Kantonskammer übernehmen solle. Die Mehrheit der grossen Kammer folgte allerdings der Kommissionsmehrheit und stimmte der mit dem Kompromissvorschlag ergänzten Vorlage mit 112 zu 89 Stimmen zu (2 Enthaltungen). Die Argumente der Minderheit wurde von der Mehrheit der Mitte-Fraktion und der geschlossenen SVP-Fraktion unterstützt.

Der Ständerat behandelte die Vorlage ebenfalls noch in der Wintersession 2021, wo sie für keinerlei Diskussionsbedarf sorgte und mit dem Kompromissvorschlag angenommen wurde.
Bei den Schlussabstimmungen passierte die Vorlage den Nationalrat mit 126 zu 67 Stimmen (keine Enthaltung) und den Ständerat mit 29 zu 12 Stimmen (1 Enthaltung). In beiden Kammern stimmte jeweils die Ratslinke gegen den Beschluss. Die Forderung, dass Parlamentsmitglieder ihre Staatsangehörigkeiten ausweisen müssen, war bei der Ratslinken seit Beginn der Diskussionen auf Ablehnung gestossen.

Staatsangehörigkeit transparent machen (Pa.Iv. 18.406)