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  • Streiff-Feller, Marianne (evp/pev, BE) NR/CN
  • Trede, Aline (gp/verts, BE) NR/CN

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Jahresrückblick 2021: Verkehr und Kommunikation

Im Jahr 2021 gab es im Themenbereich «Verkehr und Kommunikation» ganz unterschiedliche politische Entwicklungen zu beobachten, wobei keine medial oder politisch deutlich dominierte. Ein Blick in die Medienberichterstattung mithilfe der APS-Zeitungsanalyse zeigt zudem, dass die Themen Verkehr und Kommunikation im Jahr 2021 gegenüber anderen Themen an Bedeutung eingebüsst haben. Während im Jahr 2019 noch etwas über 7 Prozent aller von Année Politique Suisse archivierten Zeitungsartikel diesen Themenbereich behandelten, waren es im zweiten Pandemie-Jahr lediglich gut 4 Prozent (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang).

Den in diesem Themenbereich grössten medialen und auch politischen Schwerpunkt bildete der Schienenverkehr. So war der öffentliche Verkehr auch im aktuellen Jahr stark von der Covid-19-Krise betroffen, da ihn deutlich weniger Passagiere nutzten als vor der Krise. Im Frühling 2021 reichten die KVF-NR und die KVF-SR daher je eine gleichlautende Motion für eine finanzielle Unterstützung des öffentlichen Verkehrs, namentlich des Fernverkehrs, des touristischen Verkehrs und des Ortsverkehrs ein, welche von den Räten angenommen wurden. Dieser Forderung kam der Bundesrat nach, indem er im November 2021 – wie bereits im Vorjahr – das zweite Massnahmenpaket zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Covid-19-Krise präsentierte. Mit diesem Massnahmenpaket wurden ebenfalls zwei Vorstösse der Kommissionen für eine finanzielle Unterstützung des Schienengüterverkehrs umgesetzt. Letzterer war zudem auch unabhängig von Corona Thema im Parlament. So wurden etwa zwei Postulate angenommen, die sich der Frage nach der Zukunft des Schienengüterverkehrs und von SBB Cargo widmeten (Po. 21.3198 und Po. 21.3597).

Breiter diskutiert wurde im Schienenbereich schliesslich auch der Ausbau des Nachtzugangebots der SBB, welches ein Postulat Ammann (cvp, SG; Po. 19.3643) und eine Motion Trede (gp, BE; Mo. 19.4614) fördern wollten, die beide im Berichtsjahr angenommen wurden. Unbehandelt blieb im Gegenzug weiterhin ein Vorstoss Giezendanner (svp, AG; Po. 20.4019) aus dem Vorjahr, mit dem der Ausbau des Nachtzugangebots durch die SBB gestoppt werden sollte.

Im Bereich Strassenverkehr stand – nicht nur in den Medien sondern auch in der Politik – insbesondere die Lärmproblematik im Zentrum. Beide Kammern sprachen sich für eine Forderung der UREK-NR nach einem Massnahmenpaket zur Lärmreduzierung im Strassenverkehr – insbesondere bei den so genannten «Autoposern» und den getunten Fahrzeugen – aus. Eine Reduktion des Strassenlärms forderte überdies eine parlamentarische Initiative Suter (sp, AG; Pa.Iv. 21.441) mittels Temporeduktion auf generell 30 km/h innerorts, die jedoch in den Räten noch nicht behandelt wurde.

Im Themenbereich «Kommunikationsdienste» standen erneut das Für und Wider des Mobilfunk-Standards 5G sowie die Weiterentwicklung des Notrufsystems im Mittelpunkt. Dabei wurden drei Standesinitiativen der Kantone Genf, Jura und Neuenburg, die ein Moratorium für die 5G-Technologie in der Schweiz forderten, von der KVF-SR und vom Ständerat keine Folge gegeben. Zustimmung fand dagegen ein Postulat der KVF-SR für eine frühzeitige Sicherstellung des Informationsflusses bei allenfalls in Zukunft genutzten Frequenzen im so genannten Millimeterwellenbereich. Das Postulat soll ebenfalls dafür sorgen, dass die Kantone und die parlamentarischen Kommissionen in die Diskussionen einbezogen und die Forschungsergebnisse berücksichtigt werden. Im Gegensatz zu den Standesinitiativen forderte die FDP.Liberale-Fraktion, dass die notwendigen Rahmenbedingungen für einen raschen Aufbau des 5G-Mobilfunknetzes geschaffen werden. Damit einhergehend solle der Bundesrat auch die Bevölkerung besser über 5G informieren. In der Debatte in der grossen Kammer räumte Christian Wasserfallen (fdp, BE) ein, dass der derzeitige Strahlengrenzwert für Mobilfunkantennen beim Ausbau des 5G-Mobilfunknetzes leicht angehoben werden müsse, wobei dem Gesundheitsaspekt jedoch selbstverständlich weiterhin Rechnung zu tragen sei. Die Grünen- und die SP-Fraktion sprachen sich gegen das Anliegen aus – die Mehrheit des Nationalrates stimmte der Motion jedoch zu.

Schliesslich wurde im Jahr 2021 zudem die Forderung nach einer Weiterentwicklung des Schweizer Notrufsystems laut, nachdem es auch bereits im Vorjahr zu einigen Pannen gekommen war. Dabei nahmen beide Räte eine Motion der KVF-SR zur Systemführerschaft für die Abwicklung von Notrufen an, welche verlangte, dass eine Stelle geschaffen werden soll, welche die technische Gesamtverantwortung für alle Notrufe übernimmt. Zudem forderten Nationalrätinnen und Nationalräte aller sechs Fraktionen mittels sechs gleichlautender Motionen erfolgreich die Digitalisierung und Weiterentwicklung der Schweizer Notrufe; damit solle insbesondere ein barrierefreies Angebot für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden.

Jahresrückblick 2021: Verkehr und Kommunikation
Dossier: Jahresrückblick 2021

Weil der Ständerat die Publikation der Postadresse von Parlamentsmitgliedern beibehalten wollte, hatte er eine Differenz in der Vorlage geschaffen, mit der die Veröffentlichung zusätzlicher Staatsangehörigkeiten von Parlaments- und Regierungsmitgliedern bezweckt wurde. Marianne Streiff-Feller (evp, BE) erklärte im Namen der SPK-NR, dass diese einen Kompromiss ausgearbeitet habe. Der Ständerat habe geltend gemacht, dass Parlamentsmitglieder erreichbar sein müssten, weshalb die Veröffentlichung der Postanschrift nötig sei. Die SPK-NR habe eigentlich nur die E-Mail-Adresse veröffentlichen wollen, auch weil damit der Schutz von «Menschen, die sich öffentlich engagieren» erhöht werden könne. Als Kompromiss könne ein Parlamentsmitglied wählen, ob die Kurzbiographie mit postalischer oder elektronischer Adresse versehen werden soll. Eine Kommissionsminderheit sehe nicht ein, weshalb das ursprüngliche Anliegen der parlamentarischen Initiative von Marco Chiesa (svp, TI) erweitert werden müsse. Es bestehe heute schon die Möglichkeit, auf die Publikation der Postadresse zu verzichten. Der Minderheitensprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) ergänzte, dass man wegen dieses Details den Ständerat nicht noch einmal bemühen müsse und einfach die Version der Kantonskammer übernehmen solle. Die Mehrheit der grossen Kammer folgte allerdings der Kommissionsmehrheit und stimmte der mit dem Kompromissvorschlag ergänzten Vorlage mit 112 zu 89 Stimmen zu (2 Enthaltungen). Die Argumente der Minderheit wurde von der Mehrheit der Mitte-Fraktion und der geschlossenen SVP-Fraktion unterstützt.

Der Ständerat behandelte die Vorlage ebenfalls noch in der Wintersession 2021, wo sie für keinerlei Diskussionsbedarf sorgte und mit dem Kompromissvorschlag angenommen wurde.
Bei den Schlussabstimmungen passierte die Vorlage den Nationalrat mit 126 zu 67 Stimmen (keine Enthaltung) und den Ständerat mit 29 zu 12 Stimmen (1 Enthaltung). In beiden Kammern stimmte jeweils die Ratslinke gegen den Beschluss. Die Forderung, dass Parlamentsmitglieder ihre Staatsangehörigkeiten ausweisen müssen, war bei der Ratslinken seit Beginn der Diskussionen auf Ablehnung gestossen.

Staatsangehörigkeit transparent machen (Pa.Iv. 18.406)

Auf Antrag der vorberatenden KVF-SR stimmte in der Wintersession 2021 auch der Ständerat der Motion Trede (gp, BE) zu, welche die Erarbeitung eines Konzepts zur längerfristigen Steigerung des Angebots von Verbindungen des internationalen Schienenpersonenverkehrs verlangte. Wie Kommissionssprecherin Häberli-Koller (mitte, TG) im Rat ausführte, teilte die Kommissionsmehrheit die Auffassung, dass das Angebot im internationalen Schienenpersonenverkehr ausgebaut werden solle, um die CO2-Emissionen im Mobilitätsbereich weiter zu senken.

Konzept zur längerfristigen Steigerung des Angebots von Verbindungen des internationalen Schienenpersonenverkehrs (Mo. 19.4614)
Dossier: Nachtzugverbindungen

Am 14. Oktober 2021 gab ein Komitee, unter anderem bestehend aus Personen aus dem Gesundheitsbereich, Juristinnen und Juristen, Theologinnen und Theologen sowie der EVP-Nationalrätin Marianne Streiff (evp, BE), die Lancierung eines Referendums zur Änderung des Transplantationsgesetzes bekannt. Das Komitee bekämpfte damit den indirekten Gegenvorschlag zur Organspende-Initiative, welcher eine erweiterte Widerspruchslösung bei der Entnahme von Organen vorsah. Das Referendumskomitee gab zu bedenken, dass durch dieses Gesetz vor allem die sozial Schwächsten benachteiligt würden. Zudem nehme der Druck auf die Angehörigen zu und es bestehe das Risiko, dass diese einer Organentnahme nur aufgrund der Angst, als gesellschaftlich unsolidarisch abgestempelt zu werden, zustimmen würden. Weiter sei die körperliche und geistige Unversehrtheit durch die Bundesverfassung garantiert. Durch die Widerspruchlösung müsse dieses Recht nun aber «speziell eingefordert werden». Im Januar 2022 gab der Bundesrat bekannt, dass die Abstimmung zur Gesetzesänderung am 15. Mai 2022 erfolgen soll, falls das diesbezüglich ergriffene Referendum zustande kommt.

Organspende-Initiative und indirekter Gegenvorschlag (BRG 20.090)
Dossier: Transplantation von Organen, Geweben und Zellen

Am 13. September 2021 war die Covid-19-Zertifikatspflicht ausgeweitet worden. Dieses Zertifikat galt als Nachweis dafür, dass eine Person gegen Covid-19 geimpft, davon genesen oder negativ dagegen getestet worden war. Das Vorweisen eines solchen Zertifikats war zum Beispiel Bedingung für die Teilnahme an Veranstaltungen, den Besuch von Restaurants oder Kinos oder für Reisen in andere Länder. Explizit ausgenommen von der Zertifikatspflicht waren hingegen Parlamente und Gemeindeversammlungen, damit die politischen Rechte der Bürgerinnen und Bürger nicht eingeschränkt werden.
Bereits Ende August 2021 hatten sich Gesundheitspolitikerinnen der SP dafür starkgemacht, dass auch für das eidgenössische Parlament eine Zertifikatspflicht eingeführt wird; sie stiessen allerdings sogar in der eigenen Fraktion auf Widerstand. Dies wäre zwar gesundheitspolitisch sinnvoll, rechtlich aber wohl nicht machbar, so die ziemlich einhellige Meinung in allen Parteien. Eine solche Pflicht würde nicht nur gegen den Schutz der politischen Rechte verstossen, es müsste dafür wohl gar eine Gesetzesänderung beschlossen werden.
Darauf hin folgte jedoch ein ziemlich starkes mediales Gewitter: Es sei «absurd», dass das Parlament keine Zertifikatspflicht einführen und einen «Corona-Sonderzug für Politiker» fahren wolle, wetterte etwa der Tages-Anzeiger. Die «zertifikatsfreie Zone» sei ein «verheerendes Signal». Man werde so zudem den Verdacht nicht los, dass die Zertifikatspflicht wohl doch wesentlich einschneidender sei, als der Bundesrat jeweils betone. Selbst ansonsten eher massnahmenkritische SVP-Politikerinnen und -Politiker hätten gemerkt, dass «das Politikerprivileg im Volk schlecht ankommt», analysierte die Sonntags-Zeitung. Man könne nicht Gesetze machen und von den Bürgerinnen und Bürgern verlangen, diese einzuhalten, sich selbst als Parlament dann aber nicht daran halten, zitierte der Blick etwa Alex Kuprecht (svp, SZ). In der Folge forderten sämtliche Parteipräsidentinnen und -präsidenten mit Ausnahme des Präsidenten der SVP in einem offenen Brief an die Verwaltungsdelegation, für die Herbstsession eine Covid-19-Zertifikatspflicht für den Zutritt zum Parlamentsgebäude einzuführen. Es gebe «keinen überzeugenden Grund», Parlamentsmitglieder davon auszunehmen, so der Brief.

Die SPK-SR nahm in der Folge den Ball auf und reichte eine parlamentarische Initiative für eine für die Änderung der Zugangsbedingungen nötige Revision des Parlamentsgesetzes ein. Da für den Zugang nur mindestens ein Covid-19-Test nötig sei, sei es verhältnismässig, eine Covid-19-Zertifikatspflicht auch für den Eintritt zum Bundeshauses zu verlangen, begründete die Kommission ihr Vorgehen. Damit könnten auch Maskenpflicht und Plexiglaswände aufgehoben und somit die Kommunikation zwischen Parlamentsmitgliedern verbessert werden. Da die SPK-NR lediglich einen Tag nach ihrer Einreichung der parlamentarischen Initiative Folge gab, legte die ständerätliche Kommission ein paar Tage später bereits einen dringlichen Entwurf für eine entsprechende Revision des Parlamentsgesetzes vor, der vom Bundesrat begrüsst und noch in der Herbstsession 2021 von beiden Kammern beraten wurde.

Man stehe vor einem staatspolitisch brisanten Entscheid, leitete Andrea Caroni (fdp, AR) die Debatte im Ständerat ein. Man müsse sich bewusst sein, dass man damit unter Umständen Ratsmitglieder von der Teilnahme an einer Session ausschliesse. Freilich sei auch das öffentliche Interesse gross, sei doch viel mediale Kritik auf das Parlament eingeprasselt, weil zwar für den Zugang zu zahlreichen Innenräumen, nicht aber für den Zugang zum Bundeshaus eine Zertifikatspflicht gelte. Die gesetzliche Grundlage für eine Zertifikatspflicht sei nun aber nötig, weil sie nicht nur die Handlungsfähigkeit des Parlaments verbessere, sondern weil man damit auch beweisen könne, dass die vom Parlament beschlossene Pflicht auch im Bundeshaus problemlos umgesetzt werden könne. Die Kommission empfehle die Vorlage mit 9 zu 2 Stimmen zur Annahme, so der Kommissionssprecher Caroni. Mit einem Einzelantrag warb Beat Rieder (mitte, VS) in der Folge für Nichteintreten. Statt auf «Selbstverantwortung, Solidarität und Eigenverantwortung» setze man mit der Zertifikatspflicht auf «einen staatlichen Kontrollmechanismus». All diese Massnahmen würden zudem mit einem Tempo durchgepeitscht, welches die Bevölkerung spalte. Ein Ja zur Vorlage könne zudem auch als Signal an den Bundesrat gelesen werden, ohne Grenzen «grundrechtswidrige Entscheide» treffen zu dürfen. Mit 35 zu 7 Stimmen entschied sich der Ständerat allerdings für Eintreten.
Der Entwurf der SPK-SR sah vor, dass Personen ab dem 16. Altersjahr nur dann Zutritt zum Parlamentsgebäude erhalten, wenn sie ein Covid-19-Zertifikat vorweisen. Die Kosten für notwendige Tests für die Ausstellung eines Zertifikats sollten jenen Personen vergütet werden, die zwingend Zutritt zum Parlamentsgebäude benötigten. Der Verwaltungsdelegation oblag die Definition dieser Personengruppe und die Organisation der Kontrolle. Ihr wurde auch das Entscheidungsrecht übertragen, die Zertifikatspflicht wieder aufzuheben, wenn die epidemiologische Lage dies erlaubt. Stefan Engler (mitte, GR) verlangte in der Detailberatung eine Ausnahmeregelung für Personen, die eine Maske tragen und sich für das Contact Tracing registrieren liessen. Mit 21 zu 14 Stimmen (7 Enthaltungen) hiess der Ständerat diesen Antrag gut. Mit 23 zu 18 Stimmen (2 Enthaltungen) abgelehnt wurde hingegen ein Antrag einer Kommissionsminderheit, die eine Zertifikatspflicht nicht nur für den Zugang zum Parlamentsgebäude, sondern auch zu Kommissionssitzungen und ausserparlamentarischen Aktivitäten verlangt hätte. Die Gesamtabstimmung passierte der so modifizierte Entwurf mit 36 zu 6 Stimmen (1 Enthaltung).

Auch im Nationalrat wurden, einen Tag nach dem ständerätlichen Entscheid, Eintreten und Detailberatung in einer einzigen Debatte durchgeführt. Wie aufgrund des oben erwähnten Briefes der Parteipräsidien zu erwarten, wurde die Einführung einer Zertifikatspflicht von allen Fraktionen ausser der SVP begrüsst. Er habe ein «ungutes Gefühl», argumentierte Gregor Rutz (svp, ZH) für seine Fraktion. Unter Zeitdruck beschlossene Gesetze seien selten gut, weil man in Krisensituationen zu «Flüchtigkeitsfehlern» neige. Dieses schlechte Gefühl nähre sich auch am Umstand, dass man hier aufgrund medialen Drucks agiere und nicht, weil es gesundheitspolitisch nötig sei. Der SVP-Fraktionssprecher erinnerte zudem an die Geschichtsbücher: 1932 seien sozialdemokratische und kommunistische Nationalratsmitglieder per Parlamentsbeschluss ausgeschlossen worden. Der Ausschluss von Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die sich weder testen noch impfen lassen wollten, komme dieser «verfassungsrechtlich höchst fragwürdigen» Aktion sehr nahe. Die Fraktion sehe aber auch, dass das Gesetz den Parlamentsbetrieb erleichtern würde. Die Mehrheit der SVP-Fraktion werde sich deshalb der Stimme enthalten.
Eintreten wurde in der Folge ohne Gegenantrag beschlossen. In der Detailberatung lagen zwei Minderheitenanträge vor. Eine Minderheit Binder (mitte, AG) beantragte die Streichung der vom Ständerat gemachten Ausnahme. Die Zertifikatspflicht sei keine Impfpflicht. Man könne von Parlamentsmitgliedern verlangen, dass sie sich testen lassen, weshalb eine Ausnahme nicht nötig sei, so die Argumentation dieser durch Marianne Streiff-Feller (evp, BE) vertretenen Minderheit. Eine zweite Minderheit Rutz wollte die Verwaltungsdelegation verpflichten, alle acht Wochen zu prüfen, ob die Massnahme noch notwendig sei. Beide Minderheiten wurden deutlich abgelehnt. Mit 146 zu 27 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) passierte der gegenüber dem Ständerat unveränderte Entwurf die Gesamtabstimmung. Sämtliche Nein-Stimmen und Enthaltungen stammten von der SVP-Fraktion (mit Ausnahme einer Enthaltung aus der grünen Fraktion). 10 SVP-Mitglieder stimmten für die Änderung des Parlamentsgesetzes.

Beide Kammern stimmten wiederum nur wenige Tage später der Dringlichkeitsklausel zu – der Ständerat mit 35 zu 4 Stimmen und der Nationalrat mit 143 zu 35 Stimmen (6 Enthaltungen). Die Stimmenverhältnisse änderten sich auch in den Schlussabstimmungen am Ende der Herbstsession nicht. Der Entwurf wurde im Ständerat mit 38 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) und im Nationalrat mit 149 zu 35 Stimmen (12 Enthaltungen) angenommen.

In der Folge setzte die Verwaltungsdelegation die Zertifikatspflicht um. Ab dem 2. Oktober 2021 – also nach der Herbstsession 2021 – mussten alle Besucherinnen und Besucher des Bundeshauses ein Covid-19-Zertifikat vorlegen. Parlamentsmitglieder und Verwaltungsangestellte, die im Parlamentsgebäude ein- und ausgehen, konnten sich einmalig registrieren lassen, woraufhin ihr Covid-19-Zertifikat auf den elektronischen Zutrittsausweisen vermerkt wurde. Ratsmitglieder, die kein Zertifikat vorwiesen, mussten eine Maske tragen. Für die Wintersession 2021 beschloss die Verwaltungsdelegation dank der Zertifikatspflicht, die Plexiglasscheiben abzubauen und die Maskenpflicht aufzuheben.

Covid-Zertifikatspflicht im Bundeshaus

Pour lutter contre l'obsolescence programmée, protéger l'environnement et favoriser le consommateur et la consommatrice, la députée Marianne Streiff-Feller (centre, BE) souhaite étendre, dans le code des obligations (CO), le délai de garantie des biens non périssables de deux à cinq années.
La motion n'a pas été accueillie favorablement par le Conseil fédéral. D'un côté, il a précisé que les pays limitrophes de la Suisse avaient un délai de deux années. Une extension mettrait donc des bâtons dans les roues des producteurs helvétiques. D'un autre côté, il a rappelé le rapport existant sur l'économie circulaire (Po. 17.3505) et les travaux en cours sur l'obsolescence programmée (Po. 18.3248).
La motion a été adoptée par la chambre du peuple par 100 voix contre 87 et 5 abstentions. L'assemblage des voix des Verts (28), du PS (38), des Vert'libéraux (15), du groupe du Centre (18) et de l'UDC (1) a fait pencher la balance.

Économie circulaire. Étendre les délais de garantie applicables aux produits afin de prolonger la durée de vie de ceux-ci (Mo. 19.4594)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»

In der Herbstession diskutierte der Nationalrat die vom Büro-NR ausgearbeitete Teilrevision des Parlamentsressourcengesetzes. Die Arbeiten gingen auf eine parlamentarische Initiative von Michael Töngi (gp, LU) zurück, die fordert, dass Parlamentsangehörige per Bahn statt mit dem Flugzeug reisen. In der Zwischenzeit hatte der Bundesrat, angeregt von einer weiteren, allerdings in den Räten abgelehnten parlamentarischen Initiative Töngi (Pa.Iv. 19.408), in einer Verordnung festgelegt, dass Bundesangestellte nur noch mit dem Flugzeug reisen dürfen, wenn die Reisezeit mit dem Zug sechs Stunden überschreitet oder eine zusätzliche Übernachtung nötig ist. Für die Revision schlug das Büro-NR eine analoge Regelung vor – wie Aline Trede (gp, BE) als Sprecherin des Büros ausführte –, obwohl ursprünglich eine Reiseobergrenze von acht Stunden gefordert worden war. Auf die entsprechenden Nachfragen von Thomas Aeschi (svp, ZG) und Hans-Peter Portmann (fdp, ZH) antwortete Aline Trede, dass Brüssel in dieser Vorlage der Knackpunkt gewesen sei, weil die Reise zum EU-Sitz etwas mehr als 6 Stunden mit dem Zug beanspruche. Es gehe aber bei der Vorlage primär darum, sich bewusst zu werden, dass nicht für alle Reisen das Flugzeug nötig sei. In der Folge doppelte Thomas Aeschi nach und rechnete vor, dass nicht nur die Reise nach Brüssel, sondern auch nach Rom, Berlin und Wien mehr als sechs Stunden dauere. Auch der Passus mit der Übernachtung zeige, dass man es mit dem Gesetz nicht wirklich ernst meine und diese Schlupflöcher letztlich Verhaltensänderungen bei den Parlamentsmitgliedern verhindern würden, weshalb nicht auf die Vorlage eingetreten werden solle. Dieser Antrag wurde in der Folge mit 114 zu 57 aus der SVP-, der FDP und der Mitte-Fraktion stammenden Stimmen abgelehnt. Etwas mehr Unterstützung, nämlich 70 Stimmen wiederum aus den gleichen Fraktionen, erhielt der Minderheitsantrag Aeschi, der eine grundsätzliche Wahlfreiheit zwischen Bahn- und Flugreisen lediglich dann vorgesehen hätte, wenn Flüge billiger sind als die entsprechende Reise mit dem Zug. Diskussionslos standen diesem Antrag allerdings 105 Stimmen gegenüber. Die darauffolgende Gesamtabstimmung passierte der Entwurf mit 114 zu 64 Stimmen (5 Enthaltungen).

Parlamentsangehörige sollen per Bahn statt mit dem Flugzeug reisen (Pa.Iv. 19.407)

Das einzige Mittel, das gegen «korrupte Politik» helfe, sei ein Verbot von Lobbyismus, eröffnete Lukas Reimann (svp, SG) die Verteidigung seiner Motion bei der Ratsdebatte während der Herbstsession 2021. Politikerinnen und Politiker müssten das Gemeinwohl fördern und es dürfe nicht zugelassen werden, dass sie «mit eigenen Lobbybüros, die allenfalls als Kommunikationsbüros getarnt sind, Gewinnmaximierung betreiben». Wer sein Mandat zum privaten Nutzen missbrauche, müsse bestraft werden können, forderte der St. Galler in seiner Motion.
Das für das Anliegen zuständige Büro-NR listete nicht weniger als 17 Vorstösse zum Thema auf, die in den letzten Jahren diskutiert worden seien. Es forderte Reimann auf, seine Idee im Rahmen der parlamentarischen Initiative Rieder (mitte, VS; Pa.Iv. 19.414) zum Thema Lobbying und Kommissionsarbeit einzubringen oder eine parlamentarische Initiative dazu einzureichen. Folglich empfahl es die Motion mit 8 zu 1 Stimmen bei 3 Enthaltungen zur Ablehnung. Dieser Empfehlung folgte die Mehrheit der grossen Kammer und sprach sich mit 170 zu 11 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) gegen den Vorstoss aus. Unterstützung erhielt Reimann einzig von Teilen seiner Fraktion und von Marianne Streiff-Feller (evp, BE).

Verbot entgeltlicher Lobbyarbeit (Mo. 21.3949)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Im März 2021 reichte Aline Trede (gp, BE) ein Postulat ein, mit dem sie den Bundesrat zur Ausarbeitung einer geschlechterspezifischen Budgetanalyse von J+S auffordern wollte. Die aktuellsten Zahlen stammten aus dem Jahr 2000. Damals sei eine ungleiche Verteilung der Gelder feststellbar gewesen. So hätten 2000 beispielsweise die Subventionen für J+S-Angebote für Mädchen und Frauen CHF 18 Mio. betragen, diejenige für Jungen und Männer hingegen CHF 30 Mio. In der Vergangenheit sei damit argumentiert worden, dass Jungen mehr Sport trieben als Mädchen. Die Situation habe sich jedoch geändert, seien Frauen und Männer heutzutage doch quasi gleich stark sportlich aktiv. Eine gerechte Verteilung sei daher von Bedeutung. Das Postulat wurde von Diana Gutjahr (svp, TG) bekämpft, weshalb es in der Herbstsession 2022 vom Nationalrat behandelt wurde. In diesem Rahmen zeigte sich Gutjahr davon überzeugt, dass die Ausarbeitung eines entsprechenden Berichts keinen Mehrwert bringen würde. Nicht die geschlechtsspezifische Budgetverteilung stehe im Zentrum, «sondern die Tatsache, dass sich Jugendliche – unabhängig von ihrem Geschlecht – mehr bewegen und aktiver sein sollten». Sportministerin Viola Amherd hingegen empfahl im Namen des Bundesrats die Annahme des Postulats. Die Entrichtung der Subventionen erfolgten geschlechtsneutral pro Teilnahmestunde respektive Teilnahmetag an einem J+S-Programm. In den vergangenen Jahren habe der Anteil des weiblichen Geschlechts an den Programmen kontinuierlich zugenommen und komme heute bei gut 40 Prozent zu liegen. Dennoch gebe es in den einzelnen Sportarten grosse Unterschiede bezüglich der Geschlechterverteilung. Da der Regierung die Chancengleichheit und Gleichstellung am Herzen lägen, erkläre sie sich nicht nur zur geforderten Budgetanalyse bereit, sondern auch dazu, im Rahmen des auszuarbeitenden Berichts einen allenfalls gegebenen Handlungsbedarf zur Steigerung des Frauen- und Mädchenanteils aufzuzeigen. Mit 83 zu 80 Stimmen nahm der Nationalrat das Postulat an. Dabei stimmten die Fraktionen der SP, Grünen und GLP geschlossen für das Geschäft, die Mitte-Fraktion zeigte sich gespalten und die SVP- und FDP-Fraktionen sprachen sich einstimmig respektive mit einer Ja-Stimme dagegen aus.

Aktuelle geschlechtsspezifische Budgetanalyse der Abteilung "Jugend und Sport" im BASPO (Po. 21.3078)

Die Delegierten der EVP Schweiz wählten im Juni 2021 die Aargauer Nationalrätin Lilian Studer zu ihrer neuen Parteipräsidentin. Studer trat als einzige Kandidatin an, ihre Wahl erfolgte einstimmig. Als Vizepräsidenten wurden die Bisherigen Nik Gugger (ZH) und François Bachmann (VD) wiedergewählt.
Lilian Studer folgte als Präsidentin auf die Berner Nationalrätin Marianne Streiff-Feller, die von den Delegierten nach siebenjähriger Amtszeit mit stehenden Ovationen verabschiedet wurde. Der Parteivorsitz kehrte damit in die Familie Studer zurück: Vorgänger von Streiff war Heiner Studer, der Vater von Lilian Studer, gewesen. Lilian Studers politische Karriere hatte 2002 im Aargauer Grossen Rat begonnen, dem sie bis zu ihrer Wahl in den Nationalrat 2019 angehörte. 2004 war sie Mitgründerin und Gründungspräsidentin der Jungen EVP Schweiz gewesen.
In ihrer Antritts­rede vor den Delegierten stellte Lilian Studer die Wertegrundlage der EVP ins Zentrum: Diese umfasse die Werte der Nachhaltigkeit, der Gerechtigkeit sowie der Menschenwürde, sei «unvergänglich» und auch auf die grossen Herausforderungen der aktuellen Schweizer Politik anwendbar. Diese Herausforderungen ortete sie vor allem bei den lang­fris­ti­gen Fol­gen der Covid-19-Pan­de­mie, dem Kli­ma­schutz, dem Dia­log mit der EU und einer gene­ra­tio­nen­ge­rech­ten Sanie­rung der Sozi­al­werke.
In einem Interview mit der Aargauer Zeitung äusserte sich Studer zu ihren Zielen für die Partei: Dank einer besseren Kommunikation solle die EVP sichtbarer werden und stärker wahrgenommen werden. Konkrete Wachstumsziele formulierte Studer aber nicht, auch wenn sie den «Wunsch» habe, den Wählendenanteil zu steigern und etwa in den katholisch geprägten Kantonen, wo die traditionell reformierte EVP bisher kaum eine Rolle spielte, stärker zu werden. Die Geschichte mache dies aber schwierig. Zur Bundesratspartei solle die EVP unter ihr jedenfalls nicht werden. Die Rolle als «Nischenpartei» habe auch Vorteile, weil sie der EVP mehr Spielraum als den grossen Parteien biete, «um uns selbst zu sein und unsere Werte zu vertreten». Weil die Partei mit ihren Werten nicht immer ins klassische Links-rechts-Schema passe, könne sie auch die Rolle einer Brückenbauerpartei übernehmen.

EVP mit neuer Präsidentin

Während der Grossteil des Bundesgesetzes über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts bereits in der Frühjahrssession 2021 bereinigt worden war, beschäftigte sich der Nationalrat in der Sommersession 2021 mit der «Anpassung der gesetzlichen Grundlage zur Nutzung der Daten im Verarbeitungssystem des Dienstes ÜPF». Diesen Aspekt hatte die KVF-NR, welcher der Nationalrat diesen zweiten Erlass zugewiesen hatte, in der Zwischenzeit beraten und dabei unter anderem auch den EDÖB Adrian Lobsiger sowie die Kripo-Chefin der Kantonspolizei Zürich, Lentjes Meili, angehört. Kommissionssprecher Fluri (fdp, SO) präsentierte dem Rat den Entwurf. Wie bereits in der Kommissionsberatung drehte sich die anschliessende Diskussion um die Frage, was genau das Ziel dieser Gesetzesänderung sei. Kurt Fluri erachtete den vorliegenden Entwurf als «gesetzliche Grundlage für die Visualisierungsfunktion des Datenverarbeitungssystems des Dienstes ÜPF». Damit soll eine bisher nur in der Verordnung geregelte Analysefunktion gesetzlich verankert werden, die es den Strafverfolgungsbehörden der Kantone ermögliche, «Schlüsse zu Personennetzwerken sowie zu Kommunikations- und Bewegungsgewohnheiten» zu ziehen, ohne ein eigenes Analysesystem aufbauen zu müssen. Entsprechend erachte die Kommissionsmehrheit diese Vorlage als «Verbesserung der Rechtsgrundlage, nicht aber [als] Ausweitung der Datensammlungen». Der EDÖB befürworte gemäss Fluri die Schaffung der gesetzlichen Grundlage, habe aber betont, dass sie nicht «im Sinne einer Zweckänderung oder -erweiterung» ausgelegt werden dürfe. Eine Minderheit Pult (sp, GR) bezweifelte hingegen die Darstellung der Verwaltung, dass «die Analysefunktion [...] in der Praxis eine reine Visualisierungsfunktion» sei, zumal eine Analyse weiter gehe als eine Visualisierung. So habe der Datenschutzbeauftragte in der Kommissionssitzung erklärt, dass es neben einer Visualisierung auch um Alarmierung und Sprechendenerkennung gehe. Davon sei bisher aber noch nie die Rede gewesen. Da somit unklar sei, was genau denn nun das Ziel dieses Entwurfs sei, müsse der Bundesrat in einem Zusatzbericht den Zweck des Gesetzes erläutern. Folglich verlangte die Minderheit Pult eine Rückweisung dieser zweiten Vorlage an den Bundesrat. Vor der Abstimmung verdeutlichte Bundesrätin Karin Keller-Sutter die Möglichkeiten dieser Analysefunktion: Damit könnten die Strafverfolgungsbehörden «Schlüsse aus Personennetzwerken sowie Kommunikations- und Bewegungsgewohnheiten» ziehen, Gespräche mithören, nachhören oder verschriften, Vorgänge kommentieren, eine Alarmfunktion programmieren, wenn eine Person einen bestimmten Perimeter betritt, sowie eine IP-Analyse oder eine Spracherkennung durchführen. Dabei würden aber nur Daten verwendet, deren Sammlung ein Zwangsmassnahmengericht genehmigt habe. Keine dieser Funktionen sei zudem neu, alle würden jetzt bereits durch die entsprechende Verordnung geregelt, betonte sie überdies. In der Folge sprach sich der Nationalrat mit 104 zu 70 Stimmen gegen den Rückweisungsantrag Pult aus; Unterstützung fand dieser bei der SP, den Grünen und der GLP. Auch zwei Minderheitenanträge Trede (gp, BE) auf Streichung der entsprechenden Bestimmungen fanden im Rat keine Mehrheit. Mit 105 zu 80 Stimmen (bei 1 Enthaltung) hiess der Nationalrat den Entwurf in der Gesamtabstimmung gut. Neben den ablehnenden Fraktionen der SP, der Grünen und der Grünliberalen sprach sich auch Lukas Reimann (svp, SG) gegen den Entwurf aus.

Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts (BRG 20.067)

Im Dezember 2019 forderte Aline Trede (gp, BE) ein Konzept zur längerfristigen Steigerung des Angebots von Verbindungen des internationalen Personenverkehrs auf der Schiene. Trede argumentierte, dass die SBB den Ausbau aus Gründen des Klimaschutzes vorantreiben müssten. Der geforderte Plan solle insbesondere zu den Direktverbindungen in die umliegenden europäischen Städte, zu den Nachtzügen sowie zur Erschliessung der grenznahen Agglomerationen Auskunft geben. Der Bundesrat beantragte die Annahme der Motion. Er zeigte sich bereit, ein entsprechendes Konzept vorzulegen, und wollte dabei auch aufzeigen, wie sich eine allfällige Marktöffnung im internationalen Schienenpersonenverkehr auswirken würde. Nachdem Thomas Hurter (svp, SH) die Motion bekämpft hatte, wurde sie in der Sommersession 2021 im Nationalrat behandelt. Dort argumentierte Hurter, dass die Motion überholt sei, da die SBB bereits im Rahmen der strategischen Ziele 2019-2022 die Zielvorgabe erhalten hätten, den internationalen Personenverkehr auszubauen. Zudem sei auch nicht klar, wer diesen Ausbau, der nicht kostendeckend sei, bezahlen solle. Der Nationalrat folgte Hurters Argumentation indessen nicht und nahm die Motion mit 107 zu 77 bei 7 Enthaltungen an. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion, von der Mehrheit der FDP.Liberalen-Fraktion sowie von einigen wenigen Mitgliedern der Mitte-Fraktion.

Konzept zur längerfristigen Steigerung des Angebots von Verbindungen des internationalen Schienenpersonenverkehrs (Mo. 19.4614)
Dossier: Nachtzugverbindungen

Bei der Abstimmung über die parlamentarische Initiative von Doris Fiala (fdp, ZH), die ein Suppleantensystem im Nationalrat forderte, widerspiegelte sich das knappe Ergebnis in der SPK-NR, die empfohlen hatte, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Die 87 Stimmen aus den geschlossenen Fraktionen der SP und der GP, unterstützt von einer grossen Mehrheit der GLP, einer 10-stimmigen Minderheit der FDP und einer Stimme aus der SVP-Fraktion (Magdalena Martullo-Blocher, svp GR) reichten aber gegen die 96 Gegenstimmen nicht aus. In der Ratsdebatte hatte Doris Fiala vergeblich mit dem Beispiel des Kantons Wallis für ihr Anliegen geworben. Das dortige Stellvertretersystem – neben den Amtsträgerinnen und Amtsträgern werden auf separaten Listen auch Suppleantinnen und Suppleanten gewählt – würde auch auf nationaler Ebene den «Dreiklang ermöglichen: Beruf, Familie, Politik stärken». Damit könnte auch das Milizsystem gerettet werden. Kaum jemand in der grossen Kammer bringe nämlich mehr alles unter einen Hut. Auch Irène Kälin (gp, AG) hatte sich vergeblich ins Zeug gelegt und darauf aufmerksam gemacht, dass es Absenzen gebe, die sich nicht vermeiden liessen – etwa die Geburt eines Kindes oder längere Krankheiten. Mit der Wahl sei aber ein Auftrag verbunden, bei Sitzungen anwesend zu sein. Mit einem Suppleantenystem könnte dieser Auftrag trotz solcher Absenzen erfüllt werden. Für die Kommission hatte Marianne Streiff-Feller (evp, BE) hingegen geltend gemacht, dass ein Stellvertretungssystem «die Repräsentativität des Parlamentes [...] verringern und die politische Verantwortung [...] verwässern» würde, da es praktisch eine Verdoppelung der Ratsmitglieder zur Folge hätte. Dieses Argument wird freilich von der Forschung hinterfragt, da es von einem spezifischen Repräsentationsverständnis ausgeht, aber gemäss der politischen Philosophie auch andere Repräsentationsverständnisse herangezogen werden könnten (Frick 2021). Ein weiterer Kritikpunkt stellt der Vorwurf dar, dass der Ratsbetrieb – sollten auch Stellvertretende die Möglichkeit für Vorstösse haben – noch schwerfälliger würde. Nicht verständlich sei laut Kommission zudem, warum das System lediglich für den Nationalrat, nicht aber für den Ständerat eingeführt werden solle. Schliesslich resümierte die Kommission, dass die Ratsmitglieder statt Suppleantinnen und Suppleanten mehr Unterstützung benötigten, um die wachsende politische Arbeitsbelastung bewältigen zu können.

Suppleantensystem im Nationalrat (Pa.Iv. 19.492)

Gemäss des Kundgebungsreglements der Stadt Bern gilt während Sessionen des eidgenössischen Parlaments auf dem Bundesplatz ein Demonstrationsverbot. Weil dieses Verbot nicht haltbar sei – insbesondere während Sessionen sollten die Bürgerinnen und Bürger die Möglichkeit haben, ihre Volksvertreterinnen und -vertreter auf ihre Sorgen aufmerksam zu machen – müsse sich der Bund bei der Gemeinde Bern für eine Aufhebung dieses Passus im Kundgebungsreglement einsetzen. Dies forderte Aline Trede (gp, BE) in ihrer Motion, mit der sie Aktionen und Demonstrationen auf dem Bundesplatz auch während Sessionen ermöglichen wollte, wie sie ihren Vorstoss betitelte. In der Nationalratsdebatte in der Sommersession 2021 erklärte die Bernerin, dass es ein Bewilligungsverfahren geben solle und Aktionen, die den Sessionsbetrieb zu stark störten oder gar die Sicherheit bedrohten, weiterhin nicht zugelassen werden dürften. Für das Büro-NR, das die Motion ablehnte, ergriff Roland Rino Büchel (svp, SG) das Wort. Das Kundgebungsverbot bestehe seit 1925 und gebe immer wieder Anlass zu Diskussionen. Man habe aber mit der Stadt Bern seit 2016 ein «Memorandum of Understanding», das Kleinstkundgebungen ohne Lärmemissionen erlaube. Die Zusammenarbeit mit der Stadt funktioniere gut. Die unbewilligte Klimademonstration während der letzten Woche der Herbstsession 2020 habe aber eben gezeigt, dass Störungen nicht nur wegen Lärm, sondern auch wegen der Blockierung der Zugänge zum Parlamentsgebäude auftreten können. Bereits früher habe der Nationalrat ähnliche Vorstösse abgelehnt und das Büro bringe nach wie vor dieselben Gegenargumente vor: Das Parlament müsse seine Arbeit «sicher, ordnungsgemäss und störungsfrei» ausführen können und die Stadt Bern sei verpflichtet, dies zu garantieren. Dies sah auch die Ratsmehrheit so und versenkte den Vorstoss mit 117 zu 67 Stimmen. Lediglich die SP- und die GP-Fraktion stimmten geschlossen für eine Öffnung des Demonstrationsverbots.

Aktionen und Demonstrationen auf dem Bundesplatz (Mo. 20.4244)

Mit Blick auf das 50-jährige Bestehen des Frauenstimmrechts forderte Marianne Streiff-Feller (evp, BE) den Bundesrat in einer Motion dazu auf, ein Konzept für ein Frauenmuseum ausarbeiten zu lassen. Schon vor Erlangen des Frauenstimmrechts seien Frauen in der Wirtschaft sowie politisch und kulturell erfolgreich tätig gewesen, ihre Errungenschaften würden aber nicht ausreichend gewürdigt. In der Ausführung dieses Projektes sollen sowohl die vielfältige Geschichte der Frauen als auch die Veränderung der Rollenverständnisse in der Schweiz dargestellt werden. Ebenso sollte ein solches «Haus der Frauen» den Blick in die Zukunft richten und etwa fragen, wohin die Schweiz gehen müsste, um eine vollständig gleichberechtigte Gesellschaft zu werden.
Der Bundesrat anerkannte die Wichtigkeit der Gleichstellung von Frauen und Männern und wies auf verschiedene bestehende oder geplante Ausstellungen zu Schweizer Frauen im Bereich der Kirche und Kultur sowie auf eine anlässlich des nahenden 50-jährigen Bestehens des Frauenstimmrechts geplante Sonderausstellung im Schweizerischen Nationalmuseum hin. Für eine Revision des Museums- und Sammlungsgesetzes, die zur Erfüllung des Anliegens der Motionärin nötig wäre, zeigte er sich indessen nicht bereit.
Anders urteilte der Nationalrat in der Sommersession 2021 nach einem Votum der EVP-Nationalrätin. Diese zeigte sich mit der Antwort des Bundesrates nicht zufrieden. Die in der Stellungnahme erwähnten Projekte würden der Rolle der Frauen in der Kirche nicht gerecht – nicht etwa das Wirken von Frauen in Klöstern werde dadurch sichtbar, sondern lediglich deren Kleider. Gleichzeitig rühmte sie die Ausstellung des Nationalmuseums anlässlich des Frauenstimmrechts-Jubiläums, wollte jedoch nicht einsehen, weshalb die dort gezeigte Geschichte nur temporär als Sonderausstellung sichtbar sein sollte. Mit 94 zu 81 Stimmen (7 Enthaltungen) nahm der Nationalrat die Motion als Erstrat an. Zum Erfolg verhalfen ihr die geschlossen dafür stimmenden Fraktionen der SP, GLP und der Grünen sowie eine grosse Mehrheit der Mitte-Fraktion.

Ein nationales Frauenmuseum für die Geschichte der Frauen in der Schweiz (Mo. 19.3627)

In der Sommersession 2021 beugte sich der Nationalrat als Erstrat über den Zusatzkredit zur Umfahrung Oberburg. Hierzu lagen ein Antrag der Kommissionsmehrheit auf Eintreten sowie ein Minderheitsantrag Trede (gp, BE) auf Nichteintreten vor. Die Sprecherin der KVF-NR, Nadja Pieren (svp, BE), stellte das Projekt kurz vor und strich hervor, dass die Umfahrung notwendig sei, um die Verkehrssituation im Emmental umfassend zu verbessern. Das Projekt werde zudem von der lokalen Bevölkerung breit getragen und sei für den Wirtschaftsstandort Emmental von immenser Bedeutung. Aline Trede widersprach insbesondere der Aussage zur Notwendigkeit dieses Projekts vehement. Das Projekt werde bloss realisiert, weil noch Geld aus den vorangehenden Agglomerationsprogrammen übrig sei. Das Projekt sei sehr teuer, bringe kaum einen wirtschaftlichen Nutzen mit sich und sei insgesamt ein «schlechtes Projekt», wie auch das ARE bestätigt habe. Zudem führe es zu einer Zunahme des Verkehrs und damit zu mehr CO2-Emissionen und es stelle einen grossen Eingriff in die lokale Landschaft und Natur dar. Schliesslich sei der Tunnelbau auch eine Gefahr für das Grundwasser in Oberburg. Diese Ausführungen bezüglich des grösseren Verkehrsaufkommens wollte Kurt Fluri (fdp, SO) als Befürworter der Umfahrung nicht so stehen lassen. Es sei in der Botschaft ausgeführt worden, dass der Kanton Bern und die Trägerschaft des Agglomerationsprogramms Burgdorf dafür zu sorgen haben, dass unerwünschte Nebenwirkungen, wozu auch der Mehrverkehr zähle, angegangen würden. Nachdem Verkehrsministerin Sommaruga darum gebeten hatte, der Kommissionsmehrheit zu folgen und dem Zusatzkredit zuzustimmen, sprachen sich 110 Nationalrätinnen und Nationalräte in der Gesamtabstimmung für den Bundesbeschluss aus, 81 waren dagegen und 2 Personen enthielten sich der Stimme. Die ablehnenden Stimmen stammten von den geschlossen stimmenden Grünen- und GLP-Fraktionen, von der grossen Mehrheit der SP-Fraktion und von vereinzelten Stimmen der Mitte-Fraktion.

Umfahrung Oberburg (BRG 21.025)
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

In der Sommersession 2021 lehnte der Nationalrat eine Motion Gysi (sp, SG) ab, die einheitliche Prämien für Frauen und Männer in der Taggeldversicherung forderte. Das KVG schreibe gleiche Prämien für Frauen und Männer vor, wobei die unterschiedlichen Kosten im Rahmen des Risikoausgleichs ausgeglichen würden. Bei den Krankentaggeldversicherungen gebe es aber noch immer höhere Prämien für Frauen, was sowohl Frauen als auch Unternehmen mit vielen angestellten Frauen diskriminiere, argumentierte Gysi. Der Bundesrat empfahl die Motion zur Ablehnung, da es sich bei der Taggeldversicherung um eine freiwillige Versicherung handle, bei der weder Einzelpersonen und Unternehmen noch Versicherungen gezwungen werden könnten, einen Vertrag einzugehen. Folglich bestehe die Gefahr, dass «Betriebe mit überdurchschnittlich hohen Belegschaftsabsenzen» nach einem Eingriff des Bundesrates keine Versicherungsdeckung mehr finden könnten. Zudem seien nur Unterschiede in den Prämien, die auf «relevanten versicherungstechnischen und statistischen Daten» beruhen, zulässig, nicht aber willkürliche Unterschiede. Mit 98 zu 82 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) lehnte der Nationalrat die Motion ab, Unterstützung fand sie bei der SP-, der Grünen- und der GLP-Fraktion sowie bei den Mitgliedern der EVP. Kurz zuvor hatte Aline Trede (gp, BE; Mo. 19.3616) ihre Motion zurückgezogen, welche ein Ende der finanziellen Diskriminierung der Frauen insgesamt forderte und damit implizit auch das Anliegen von Gysi aufnahm.

Schluss mit der Diskriminierung der Frauen in der Krankentaggeldversicherung. Einheitliche Prämien für Frauen und Männer

Nachdem das Büro-NR die beiden parlamentarischen Initiativen der Grünen (20.403) und der SP-Fraktion (20.404) für die Einsetzung einer PUK zur Aufarbeitung der Crypto-Affäre im November 2020 mit 8 zu 5 Stimmen abgelehnt hatte, befasste sich in der Frühjahrssession 2021 der Nationalrat damit. Neben dem ablehnenden Antrag der Mehrheit lagen ihm auch zwei Minderheitsanträge für die Annahme der beiden Initiativen vor. Die Vertreterinnen und Vertreter der SP und der Grünen, die im Ratsplenum für Folgegeben plädierten, attestierten der GPDel zwar gute Arbeit, sahen in deren Bericht aber einige Fragen unbeantwortet, insbesondere jene, ob die Schweiz mit dem Vorgehen im Fall Crypto AG die Neutralität verletzt habe. Im «vielleicht grössten aussenpolitischen Skandal der jüngeren Schweizer Geschichte», wie Roger Nordmann (sp, VD) die Crypto-Affäre bezeichnete, habe die Öffentlichkeit Transparenz verdient, so Aline Trede (gp, BE). Es sei wichtig für die Glaubwürdigkeit der Schweiz, «dass das Parlament alles getan hat, um den Sachverhalt aufzuklären», ergänzte Edith Graf-Litscher (sp, TG). Demgegenüber argumentierte die Mehrheit des Büros, eine PUK würde keine neuen Erkenntnisse bringen, weil alle Dokumente und Akten bereits von der GPDel aufgearbeitet worden seien. Der Nationalrat folgte mit 123 zu 66 bzw. 122 zu 67 Stimmen dem Mehrheitsantrag und gab den beiden Initiativen keine Folge. Die Minderheiten hatten – mit Ausnahme von Pirmin Schwander (svp, SZ), der der SP-Initiative zustimmte – ausserhalb der initiierenden Fraktionen kein Gehör gefunden. Damit ist die Forderung nach einer PUK zur Crypto-Affäre vom Tisch.

Crypto-Affäre

Aline Trede (verts, BE) aurait souhaité une obligation de déclaration de la technique du «mulesing» pour la laine mérinos. Cette technique consiste en l'amputation de bouts de peau des agneaux afin de gagner en efficacité dans les processus de production de la laine mérinos. Selon la motionnaire, des labels internationaux existent et permettraient aux distributeurs suisses de s'adapter à une déclaration obligatoire de cette technique ou de ne se fournir qu'en laine n'ayant pas impliqué ce genre de pratiques cruelles. L'élue verte étant absente de la chambre basse, aucune discussion n'a eu lieu. Par 102 voix contre 89 (1 abstention), les parlementaires ont refusé de donner suite à cette motion. Le Conseil fédéral n'y était pas favorable, estimant que les travaux en cours permettraient d'aborder cette question.

Obligation de déclaration de la technique du «mulesing» pour la laine mérinos (Mo. 19.3390)
Dossier: Deklaration von Herstellungsmethoden, die den Schweizer Standards nicht entsprechen

Nachdem der Ständerat in der Wintersession 2020 auf dem indirekten Gegenvorschlag seiner SPK-SR zur Transparenzinitiative beharrt hatte, musste sich die Volkskammer noch einmal über das Geschäft beugen, mit dem mehr Transparenz bei der Politikfinanzierung hergestellt werden soll. Die SPK-NR wollte der Idee eine zweite Chance geben, beantragte mit 14 zu 10 Stimmen Eintreten und schlug drei Ergänzungen zum Entwurf des Ständerats vor: Parteien sollen auch die Beträge offenlegen müssen, die sie von ihren Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern erhalten, auch Ständeratsmitglieder sollten ihr Wahlkampfbudget offenlegen müssen und die Dokumente, auf denen die verschiedenen Beträge ausgewiesen werden müssen, sollten stichprobenartig kontrolliert werden. Zudem schlug die SPK-NR bei den Schwellenwerten vor, die Vorschläge des Ständerats zu übernehmen: Kampagnenbudgets sollten ab einer Höhe von CHF 50'000 und Spenden ab CHF 25'000 offengelegt werden müssen.
Zur Diskussion standen in der Frühjahrssession 2021 auch einige Minderheitsanträge. Zuerst forderte eine von SVP-Mitgliedern angeführte Kommissionsminderheit, nicht auf die Vorlage einzutreten. Mit dem Gegenvorschlag wie auch mit der Initiative selber würde höchstens «Scheintransparenz» geschaffen und «der Bevölkerung Sand in die Augen» gestreut, argumentierte Martina Bircher (svp, AG) für diese Minderheit. Mit dem «administrativen Monster», das etwa durch Stückelung von Spenden einfach umgangen werden könne, werde über kurz oder lang eine staatliche Parteienfinanzierung eingeführt und das «bewährte Milizsystem zu Grabe» getragen. Die links-grünen Votantinnen (Nadine Masshardt, sp, BE; Ada Marra, sp, VD und Irène Kälin, gp, AG) hoben hingegen im Namen ihrer Fraktionen hervor, dass Transparenz nicht nur immer stärker von der Bevölkerung gefordert werde, sondern auch ein zentrales Element der Demokratie sei, um verlorenes Vertrauen wiederherzustellen. Auch die FDP votierte – gemäss ihrem Sprecher Andri Silberschmidt (fdp, ZH) – für Eintreten, auch wenn volle Transparenz nicht möglich sei und das Vertrauen der Bevölkerung auch heute nach wie vor hoch sei. Auch die GLP sprach sich für einen Gegenvorschlag aus: Niemand könne heute ernsthaft gegen mehr Transparenz eintreten, argumentierte Michel Matter (glp, GE). Gegen Eintreten stimmten dann neben der fast geschlossenen SVP-Fraktion – nur Lukas Reimann (svp, SG) wich von der Fraktionslinie ab und Mike Egger (svp SG) enthielt sich der Stimme – lediglich noch 17 Angehörige der Mitte-Fraktion und vier Freisinnige (5 enthielten sich der Stimme). Die gesamthaft 70 Gegenstimmen waren aber gegen die 115 Stimmen, die für Eintreten votierten, chancenlos.
Eine von Marianne Streiff-Feller (evp, BE) angeführte Minderheit forderte für Spenden einen Mindestbetrag von CHF 10'000 und eine von Andri Silberschmidt angeführte Minderheit wollte diesen Betrag als Kompromissvorschlag bei CHF 15'000 ansetzen. Die Initiative selber sah hier CHF 10'000 vor und der Ständerat hatte sich für CHF 25'000 ausgesprochen. Nachdem die Minderheit Streiff-Feller zugunsten des Kompromissvorschlags zurückgezogen worden war, wurde dieser mit 118 zu 76 Stimmen angenommen, wobei die Gegenstimmen aus der SVP- und der Mitte-Fraktion stammten.
Eine SVP-Minderheit, angeführt von Michael Buffat (svp, VD), beantragte, den Vorschlag der SPK-NR für die Offenlegungspflicht der Beiträge von Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern abzulehnen. Der Vaudois machte geltend, dass das Gesetz mit Aufnahme dieser Offenlegungspflicht noch weiter verkompliziert werde, weil Mandatsbeiträge ja an unterschiedliche Parteistufen (national, kantonal, kommunal) ausbezahlt würden. Auch hier unterlag eine SVP-Mitte-Koalition aus 77 Stimmen einer 117-Stimmen-Mehrheit, die sich für Beibehalten des neuen Vorschlags entschied.
Die gleiche SVP-Minderheit Buffat wollte auch vom Vorschlag der Kommission, Transparenz auch bei Kampagnen zu Ständeratswahlen herzustellen, nichts wissen. Michael Buffat argumentierte, dass es sich bei Ständeratswahlen um eine kantonale Angelegenheit handle und dass der Schwellenwert von CHF 50'000 ungerecht sei, weil dieser zwar bei grossen, aber wohl nicht bei kleinen Kantonen erreicht würde. Auch diese Minderheit scheiterte allerdings und der Nationalrat hiess die neue Regelung mit 139 zu 55 Stimmen gut. Erneut fand sich die SVP-Fraktion in der Minderheit, diesmal allerdings ohne Unterstützung der Mitte-Fraktion.
Eine weitere Minderheit, angeführt von Marianne Binder-Keller (mitte, AG), griff schliesslich auch den dritten Vorschlag der SPK-NR an, der stichprobenweise Kontrollen vorsah. Aufwand und Ertrag stünden hier in keinem Verhältnis, argumentierte die Aargauerin, die in ihrem Votum auch bekannt gab, dass die Mitte-Fraktion sowohl die Initiative als auch den Gegenvorschlag ablehne. Was nämlich bei beiden vergessen ginge, sei die Transparenz bei den «indirekten» Spenden. Eigentlich müssten alle Organisationen, also auch die Gewerkschaften, Wirtschaftsverbände und NGOs ihre Budgets offenlegen, damit wirklich Transparenz in der Politik herrschen könne. Mit 112 zu 82 Stimmen wurde erneut der Vorschlag der SPK-NR unterstützt.
Auch von der linken Ratsseite wurden Minderheitsanträge gestellt. Eine von Irène Kälin (gp, AG) angeführte Minderheit wollte auf einen im Ständerat abgelehnten Vorschlag der SPK-SR zurückkommen und eine Busse von CHF 20'000 für Zuwiderhandlung gegen die Transparenzregeln einführen. Der von den Grünen und der SP-Fraktion unterstützte Vorschlag kam auf 68 Stimmen (unterstützt von den drei EVP-Mitgliedern), wurde aber von den 125 Voten aus den anderen Fraktionen überstimmt.
Zu reden gab schliesslich auch ein kurzfristig schriftlich eingereichter Antrag von Thomas Aeschi (svp, ZG), der die von Marianne Binder geäusserte Kritik aufnahm und Transparenz für «alle politischen Organisationen» forderte. Verbände hätten viel grössere Beträge zur Verfügung als Parteien, weshalb sie ebenfalls in die Pflicht genommen werden müssten, war die schriftliche Begründung des Antrags. Hier schaltete sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter in die Diskussion ein und argumentierte, dass es wohl zu «rechtlich kaum lösbaren Abgrenzungsschwierigkeiten» kommen würde, wenn dieser Antrag gutgeheissen würde. Die Argumentation der Justizministerin schien zu verfangen, wurde der Antrag Aeschi doch mit 121 Stimmen abgelehnt. Die 69 Stimmen, die ihn gutgeheissen hätten, stammten aus der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion und einer Mehrheit der Mitte-Fraktion.
In der Gesamtabstimmung standen 113 befürwortende 78 ablehnenden Stimmen gegenüber (3 Enthaltungen). Der Wind hatte damit gedreht, wie die Presse kommentierte: Im Gegensatz zur Gesamtabstimmung in der Herbstsession 2020 stimmten diesmal nicht nur die FDP, sondern auch die SP, die GP und die GLP für den Entwurf. Skepsis weckte er nach wie vor bei der SVP-Fraktion, die ihn mit 51 zu 2 Stimmen ablehnte, und bei der Mitte-Fraktion, bei der sich allerdings von 29 Stimmenden immerhin sieben für die Vorlage aussprachen. Der Ständerat wird sich in der Folge mit den drei neu geschaffenen Differenzen auseinandersetzen müssen.

Transparenz in der Politikfinanzierung (Pa. Iv. 19.400)
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Im Februar 2021 befasste sich die KVF-SR mit vier parlamentarischen Initiativen, welche vergünstigte Tageskarten für Schulklassen forderten (Pa.Iv. 19.504 Munz (sp, SH); Pa.Iv. 19.505 Roduit (cvp, VS); Pa.Iv. 19.506 Eymann (lpd, BS); Pa.Iv. 19.507 Trede (gp, BE)). Wie bereits in der KVF-NR stiessen die Initiativen auch bei der Schwesterkommission auf Zustimmung; sie begrüsste die finanzielle Unterstützung von schulischen Aktivitäten, die ausserhalb des Klassenzimmers stattfinden. Die Kommission wies darauf hin, dass die Branchenorganisation des öffentlichen Verkehrs Alliance SwissPass für die Tarifregelung zuständig sei. Daher solle diese einen Tarifvorschlag im Sinne der Initiativen ausarbeiten. Erst danach solle geprüft werden, ob eine Änderung gesetzlicher Grundlagen nötig sei. Eine Kommissionsminderheit beantragte, den Initiativen keine Folge zu geben, da die Kompetenz in Bildungsfragen bei den Kantonen und Gemeinden liege.

Vier parlamentarische Initiativen zu vergünstigten Tageskarten für Schulklassen (Pa.Iv. 19.504; Pa.Iv. 19.505; Pa.Iv. 19.506; Pa.Iv. 19.507)

Le Conseil national a rejeté, pendant la session d'hiver 2020, un postulat Streiff-Feller sur le délit de solidarité . Des initiatives similaires avaient déjà échoué auparavant. S'appuyant sur deux affaires récentes, celle d'une femme vaudoise ayant sous-loué un appartement à un requérant d'asile débouté ainsi que sur le procès du pasteur Norbert Valley qui avait mis à disposition sa cure, elle demande un examen sur la nécessité d'adapter la LEI afin que de tels actes désintéressés ne soient plus punissables.

Fournir en toute transparence un logement à un demandeur d'asile débouté ne doit pas être assimilé à un crime (Po. 20.4015)
Dossier: Kriminalisierung der Solidarität

Die grosse Kammer befasste sich in der Wintersession 2020 mit einem Vorstoss von Ständerat Schmid (fdp, GR) zur Anpassung der gesetzlichen Grundlage für das E-Bike. Die Mehrheit der vorberatenden KVF-NR hatte sich zuvor für Annahme der Motion ausgesprochen. Wie Nationalrätin Schaffner (glp, ZH) erläuterte, unterstütze die Kommission das Anliegen, dass Jugendliche ab 12 Jahren ein langsames E-Bike ohne Fahrausweis benützen dürfen. Die Kommissionsmehrheit möchte damit weitergehen als die in derselben Session überwiesene Motion Nantermod (fdp, VS; Mo. 20.3080). Diese sieht vor, dass Kinder unter 14 Jahren langsame E-Bikes benützen dürfen, wenn sie von einer erwachsenen Person begleitet werden. Eine starke Kommissionsminderheit, bestehend aus SVP-, Grüne- und SP-Vertreterinnen und -Vertretern beantragte die Ablehnung der Motion Schmid. Die verminderte Verkehrssicherheit stand dabei im Zentrum der Überlegungen, wie Aline Trede (gp, BE) erklärte. Die Minderheit bevorzuge die Umsetzung der Motion Nantermod. Auch Bundesrätin Simonetta Sommaruga sprach sich für die Ablehnung der Motion Schmid und für die Umsetzung der Motion Nantermod aus.
Die grosse Kammer liess sich von der Argumentation der Kommissionsminderheit und von Bundesrätin Sommaruga überzeugen und lehnte die Motion mit 112 zu 67 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) ab. Die ablehnenden Stimmen stammten von den geschlossen stimmenden SP- und Grünen-Fraktionen, von grossen Teilen der SVP-Fraktion und von einzelnen Mitgliedern der Mitte-Fraktion.

Anpassung der gesetzlichen Grundlage für das E-Bike

Der Bund müsse den Kantonen umgehend die finanziellen Mittel zur Verfügung stellen, damit diese im Rahmen des Nationalen Aktionsplans gegen Menschenhandel 2017–2020 die benötigten Ressourcen für einen effektiven Kampf gegen den Menschenhandel aufbauen können, so die Forderung einer Motion Streiff-Feller (evp, BE), die in der Wintersession 2020 vom Nationalrat angenommen wurde. Der NAP sehe unter anderem eine verstärkte Strafverfolgung vor, damit die Abschreckung glaubwürdig werde und sich die Ausbeutung von Menschen nicht mehr lohne. Diese Strafverfolgung sei jedoch komplex und ressourcenintensiv, weshalb sie gerade Kantone mit einem kleinen Polizeikorps nicht ohne Unterstützung des Bundes effektiv betreiben könnten, begründete die Motionärin ihren Vorstoss. Der Bundesrat hatte die Ablehnung der Motion beantragt, weil die Kantone bereits die Möglichkeit hätten, den Bund um personelle, materielle, fachliche oder technische Unterstützung für die Strafverfolgung in Menschenhandelsfällen zu ersuchen, unterlag damit im Nationalrat jedoch mit 108 zu 76 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Damit geht die Motion an den Ständerat.

Ressourcen für einen effektiven Kampf gegen den Menschenhandel (Mo. 19.3265)

Im Dezember 2019 reichten Vertreterinnen und Vertreter der SP-, Grünen-, Mitte- sowie der FDP.Liberale-Fraktion vier gleichlautende parlamentarische Initiativen ein (Pa.Iv. 19.504 Munz (sp, SH); Pa.Iv. 19.505 Roduit (cvp, VS); Pa.Iv. 19.506 Eymann (lpd, BS); Pa.Iv. 19.507 Trede (gp, BE)). Mit diesen Vorstössen wurde der Bundesrat aufgefordert, für vergünstigte Tarife im öffentlichen Verkehr für Schulklassen zu sorgen. Exkursionen von Schulklassen erfüllten wichtige pädagogische, soziale und kulturelle Funktionen für die Kinder und Jugendlichen und sollten entsprechend gefördert werden, so die Initiantinnen und Initianten.
Die zuständige KVF-NR befasste sich im Oktober 2020 mit den Initiativen und gab dem Vorhaben mehrheitlich Folge (15 zu 10 Stimmen). Die Kommission vertrat die Ansicht, dass ausserschulische Aktivitäten für die Bildung der Kinder und Jugendlichen wichtig seien. Eine Minderheit war hingegen der Auffassung, dass damit in die Kompetenz der Kantone und Gemeinden eingegriffen würde, die für Bildungsfragen zuständig seien.

Vier parlamentarische Initiativen zu vergünstigten Tageskarten für Schulklassen (Pa.Iv. 19.504; Pa.Iv. 19.505; Pa.Iv. 19.506; Pa.Iv. 19.507)