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  • Tennenbaum, Ruth (BE, parteilos/sans parti)

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Insgesamt wollte bei den Wahlen in den Berner Grossrat 2018 eine rekordhohe Zahl von 2'110 Kandidierenden (2014: 1'905), darunter 730 Frauen (34.5%; 2014: 33.3%), einen der 160 Sitze erobern. In den neun Wahlkreisen füllten die Anwärterinnen und Anwärter total 146 Listen, mit denen insgesamt 34 Listenverbindungen erstellt wurden. 137 amtierende Grossrätinnen und Grossräte traten als Bisherige an.
Die Berner Zeitung hatte ausgerechnet, dass die Wahlchancen im französischsprachigen Wahlkreis «Jura Bernois», der 12 garantierte Sitze hat, fast doppelt so gross seien (9 Kandidierende pro Sitz) wie im Wahlkreis «Stadt Bern» (20 Sitze; 17 Kandidierende pro Sitz). Neben der repräsentativen Untervertretung der Frauen im Kandidierendenfeld rechnete die Zeitung zudem eine starke Übervertretung der unter 40-jährigen Bevölkerung, aber eine deutliche Untervertretung der über 65-Jährigen unter den Kandidierenden aus.
Die Medien berichteten auch über die Situationen der einzelnen Parteien. Erklärtes Ziel der SVP war es, ihren Wähleranteil auszubauen und damit die 49 Grossratssitze mindestens zu verteidigen. Zudem müsse die bürgerliche Regierungsmehrheit verteidigt werden, betonte Parteipräsident Werner Salzmann (svp, BE). Allerdings musste die Volkspartei gleich 16 Rücktritte ersetzen, darunter etwa alt Nationalrat Thomas Fuchs (BE, svp), der aufgrund einer parteiinternen Amtszeitbeschränkung nicht mehr antrat. Die SVP schickte 55 Frauen und 189 Männer ins Rennen und weitete ihre Kampagne erstmals auch auf Telefonanrufe aus.
Mit dem Motto «Zukunft statt Abbau» stieg die SP in den kantonalen Wahlkampf. Man wolle sich gegen die Sparmassnahmen wehren, gab Parteipräsidentin Ursula Marti (BE, sp) zu Protokoll. Mit einem angestrebten Wähleranteil von 22 Prozent wollte die SP zwei bis vier Sitze zu den bestehenden 33 hinzugewinnen. Dies sollte mit einem Wahlkampfbudget von CHF 350'000 und der erprobten Telefonkampagne erreicht werden, mit der Unentschlossene mobilisiert werden sollten. Die SP ging in den meisten Wahlkreisen Listenverbindungen mit den Grünen ein.
Die FDP (2014: 17 Sitze) verband ihre Liste in sechs Wahlkreisen mit derjenigen der SVP. Diese Listenverbindungen und der positive Trend, der sich in den letzten Jahren bei mehreren kantonalen Wahlen für die FDP gezeigt hatte, liessen die Freisinnigen auf erfolgreiche Wahlen hoffen.
Für die Grünen bzw. die Grüne Freie Liste und das Grüne Bündnis, die für die kantonalen Wahlen unter dem Namen «Grüne» gemeinsam auftraten, trat unter anderem Aline Trede (BE, gp) an, die bei den eidgenössischen Wahlen 2015 aus dem Nationalrat ausgeschieden war. In der Presse wurde spekuliert, ob die ehemalige Nationalrätin allenfalls nicht ins kantonale, sondern wieder ins nationale Parlament wechseln könnte: Wenn die amtierende Nationalrätin Christine Häsler (gp. BE) in den Regierungsrat gewählt würde, würde Trede ins nationale Parlament nachrutschen. Ziel der Grünen war der Gewinn von zwei Sitzen (bisher: 15 Sitze).
Die BDP (2014: 14 Sitze) wollte es bei diesen Wahlen besser machen als vor 4 Jahren, als sie nicht weniger als elf Sitze verloren hatte. Da die Verluste 2014 zum Teil auf fehlende Listenverbindungen zurückgeführt worden waren, versuchte die Partei 2018 ihre Listen in allen Wahlkreisen zu verbinden. Dies gelang ihr ausser im Emmental und im Oberaargau auch; in den meisten Wahlkreisen mit den Mitteparteien (GLP, EVP, CVP) und/oder der FDP (in Thun und Biel-Seeland), im Wahlkreis Mittelland-Nord allerdings nur mit der Piratenpartei. Im Berner Jura trat sie nicht an. In den Medien war man sich einig, dass diese Berner Wahlen zehn Jahr nach ihrer Gründung einen Stresstest für die BDP darstellten und die Partei auf Schadensbegrenzung hoffen müsse.
Die EVP, die im Kanton Bern mit 12 Sitzen im Grossen Rat schweizweit am stärksten vertreten ist, wollte an ihre Erfolge von 2006 anknüpfen und wieder 7 Prozent der Wählerinnen und Wähler hinter sich scharen. Damit könnte sie einen Sitz zulegen. Insbesondere in den Regionen Thun und Langenthal erhoffte man sich einen Zuwachs.
Die GLP (2014: 11 Sitze) korrigierte ihr Ziel für die Grossratswahlen Anfang Februar nach oben. Aufgrund der grossen Nachfrage nach Listenplätzen, aber auch wegen der positiven nationalen Trends sei in der Partei eine Aufbruchstimmung zu spüren, die nicht nur zu einem, sondern zu zwei zusätzlichen Sitzen verhelfen solle, gaben die Grünliberalen bekannt.
Für die EDU (5 Sitze), die PSA (3 Sitze) und die Grün alternative Partei (GaP; 1 Sitz), die ehemalige Grüne Partei Bern - Demokratische Alternative (GPB-DA), ging es vor allem um Besitzstandswahrung. Zudem traten zahlreiche weitere, im Grossrat aktuell nicht vertretene Parteien mit eigenen Listen an, darunter auch die im Kanton Bern seit der Loslösung des Kantons Jura und des Laufenthals praktisch unbedeutende CVP, die seit 2014 auch kein Grossratsmandat mehr hatte. Ein in den Medien beachtetes Comeback gab zudem Jürg Scherrer (BE, fps): Der ehemalige Nationalrat und Gemeinderat von Biel und letzter gewählter Vertreter der Autopartei kandidierte auf der «Freien Liste» im Wahlkreis Biel-Seeland. Auch die Pnos, die insbesondere im Oberaargau über einige Mitglieder verfügt, trat zu den Wahlen an. Zu reden gab allerdings vor allem ein SVP-Kandidat mit Pnos-Vergangenheit. Schliesslich trat die Bieler Bürgerbewegung «Passerelle» mit der Liste «loswahl.ch» an. Auf dieser Liste figurierte mit Ruth Tennenbaum (BE, parteilos) eine Kandidatin, die im Falle ihrer Wahl sofort zugunsten einer aus einem Topf von Freiwilligen auszulosenden Person zurücktreten würde. Die Diskussionen um ein Losverfahren in der Demokratie erhielten damit eine zumindest kantonale mediale Plattform. Mit von der Partie waren zudem die Piraten, die Schweizer Demokraten, die PdA und die Alternative Linke Bern (AL).

Die Berner Wahlen gelten eineinhalb Jahre vor den eidgenössischen Wahlen vielen Medien als Gradmesser für die Form der Parteien, so dass den Resultaten der Wahl viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Dabei interessierte insbesondere das Abschneiden der BDP, die mit Beatrice Simon (BE, bdp) bei den Regierungswahlen das beste Resultat einfahren konnte und im Parlament lediglich einen ihrer 14 Sitze (neu: 13 Sitze; 9.0%; 2014: 11.2%) abgeben musste. In den Medien wurde kommentiert, dass die BDP damit ihren Testlauf für die nationalen Wahlen knapp bestanden habe. Insgesamt kam es zu Verschiebungen in den Lagern. Die drei Sitzgewinne der FDP (neu: 20 Sitze; 11.6%; 2014: 10.7%) gingen wohl auch auf Kosten der SVP, die allerdings mit 46 Sitzen und einem Anteil an Wählern und Wählerinnen von 26.8 Prozent (2014: 29.0%) deutlich die stärkste Partei blieb. Da die Bürgerlichen damit insgesamt einen Sitz verloren – die GLP konnte ihre 11 Sitze (6.9%; 2014: 6.7%) und die EDU ihre 5 Sitze halten (3.6%; 2014: 4.1%) – sprachen einige Medien von einem leichten Linksrutsch. In der Tat konnte die SP gleich um 5 Sitze (neu: 38 Sitze) und um mehr als 3 Prozentpunkte zulegen (22.2%; 2014: 19.1%). Diese Gewinne gingen teilweise auf Kosten der Grünen (neu: 14 Sitze; 9.9%; 2014: 9.8%) und der PSA (neu: 2 Sitze; 0.7%; 2014: 0.7%), die je einen Sitz verloren, aber wohl auch auf Kosten der EVP (neu: 10 Sitze; 6.2%; 2014: 6.4%), die zwei Sitze einbüsste. Zu einer Verschiebung kam es auch im extrem-linken Parteienspektrum: Die GaP (0.3%; 2014: 0.3%) wurde von der AL (0.5%; 2014: 0.4%) im Wahlkreis Bern überholt und musste ihren einzigen Sitz zugunsten eben dieser Alternativen Linken räumen. Die restlichen Parteien gingen leer aus; darunter auch die CVP, bei der sich einige Berner Medien fragten, ob sie bei den Wahlen 2018 vielleicht zum letzten Mal angetreten sei. Insgesamt blieb das Parlament damit deutlich bürgerlich geprägt. SVP, FDP, BDP und EDU hielten 84 von 160 Sitzen, die Mitte aus EVP und GLP hatte noch 21 Mandate inne und Links-Grün kam auf 55 Sitze.
Einige mediale Aufmerksamkeit erhielt schliesslich auch Erich Hess (BE, svp), der mit seiner Wahl in den Grossrat nun in den drei Legislativen aller föderalen Stufen sitzt. Hess war von 2005 bis 2010 und seit 2013 bereits Berner Stadtrat und seit 2015 Nationalrat. Als enttäuschend wurde die Wahlbeteiligung gewertet. Nur 2002 nahmen noch weniger als die aktuellen 30.5 Prozent der Bernerinnen und Berner ihr Wahlrecht wahr. Die Wahlbeteiligung wurde sowohl für die Verluste der SVP als auch für die Gewinne der SP verantwortlich gemacht. Es sei vor allem eine Frage der Mobilisierung gewesen, kommentierte etwa SVP-Kantonalpräsident Werner Salzmann das schlechte Abschneiden seiner Partei. Der Frauenanteil im Grossen Rat betrug neu 35.6 Prozent (2014: 31.9%). Von den 33 neu gewählten Parlamentsmitgliedern waren 17 Frauen.

Wahlen in den Berner Grossrat 2018
Dossier: Kantonale Wahlen - Bern
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2018

Die Bieler Exekutivwahlen verhiessen Spannung, weil die 2010 beschlossenen Änderungen der Organisation des Gemeinderates (Exekutive) auf 2013 in Kraft traten. Das bisherige System mit vier haupt- und vier nebenamtlichen Gemeinderäten wurde durch eine fünfköpfige, ständige Behörde ersetzt. Die vollamtlichen Gemeinderäte wurden neu Vorsteher von fünf Departementen (Präsidium; Finanzen; Soziales und Sicherheit; Bildung, Kultur und Sport; Bau, Energie und Umwelt). Von den acht Bisherigen traten drei wieder an: der amtierende Stadtpräsident Erich Fehr (sp) und die amtierende Sicherheitsdirektorin Barbara Schwickert (gp) – beide hauptamtliche Gemeinderäte – sowie die nebenamtliche Silvia Steidle (fdp). Die bisherigen hauptamtlichen Gemeinderäte Hubert Klopfenstein (fdp) und Pierre-Yves Moeschler (sp) sowie die drei bisherigen nebenamtlichen Exekutivmitglieder François Contini (gp), René Schlauri (fp) und Teres Liechti Gertsch (sp), wollten sich von der Stadtpolitik zurückziehen. Insgesamt traten 17 Kandidierende auf fünf Listen zur im Proporzverfahren durchgeführten Gemeinderatswahl an: auf der gemeinsamen Liste von SP und Grünen (Bienne solidaire) kandidierten neben Fehr und Schwickert auch Cédric Némitz (sp), Salome Strobel (sp) und Niels Arnold (sp). Die bürgerliche Seite stellte zwei Bündnislisten. Die FDP, die CVP, die BDP, die EVP, die EDU und die Bieler Volkspartei (BVP) schickten unter dem Namen „Bürgerliche Motivation“ neben Silvia Steidle Leonhard Cadetg (fdp), Patrick Calegari (BVP) und Christian Löffel (evp) ins Rennen. Die SVP nominierte zusammen mit den Eidgenossen (Eid.), ein Überbleibsel der in Biel starken Auto- bzw. Freiheitspartei, Beat Feurer (svp), der bereits zwei Jahre zuvor bei Ersatzwahlen die traditionelle SP-Präsidentschaft herausgefordert hatte, Hugo Rindlisbacher (eid.), Martin Scherrer (svp) und Adrian Dillier (svp). Die Bürgerbewegung Passarelle kandidierte mit drei Personen (Roland Gurtner, Ruth Tennenbaum und Noël Tshibangu) und auch der bereits mehrmals erfolglos angetretene parteilose Antonio Cataldo meldete eine Einerliste an. Eine Besonderheit stellt in Biel die Wahl des Stadtpräsidiums dar: mit einem separaten Wahlzettel kann eine der 17 Kandidaturen zum Stadtpräsidenten oder zur Stadtpräsidentin gewählt werden. Offiziell kandidierten allerdings lediglich der amtierende Erich Fehr (sp) und Beat Feurer (svp) für das Amt. Bei den Wahlen Ende September zeigte sich, dass der Systemwechsel an den Kräfteverhältnissen nichts zu ändern vermochte: Die links-grüne Mehrheit – im alten System hielten die SP und die GP fünf der acht Sitze – blieb bestehen: gewählt wurden Erich Fehr (5'892 Stimmen), Barbara Schwickert (5'490 Stimmen) und Cédric Némitz (5'031 Stimmen); sie erhielten am meisten Stimmen auf ihrer Liste, die insgesamt von 53% der Bielerinnen und Bieler eingelegt wurde. 23% der Stimmen erhielt die Bürgerliche Motivation: mit 2'968 Stimmen schaffte Silvia Steidle den Einzug in den Gemeinderat. Die 21% für die SVP/Eidgenossen-Liste waren deshalb bemerkenswert, weil sich 2010 die ehemaligen SVP-Mandatsträger vom Kurs ihrer Partei abgewendet und die Bieler Volkspartei gegründet hatten. Ihr Kandidat Patrick Calegari erhielt allerdings weit weniger Stimmen als der neu in den Gemeinderat gewählte SVP-Vertreter Beat Feurer (4'375 Stimmen). Keine Chancen hatte die Passarelle (2% Wählerstimmenanteil) und die Liste Cataldo (1% Wählerstimmenanteil). Die Befürchtung, dass der Systemwechsel zu einer Benachteiligung der französischsprachigen Minderheit führen könnte, bewahrheitete sich nicht. Mit Cédric Némitz und Silvia Steidle waren zwei der fünf Gemeinderatsmitglieder französischer Muttersprache. Die beiden Frauen in der Exekutive sorgten zudem zumindest näherungsweise für ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis. Keine Überraschungen gab es bei der Wahl ins Stadtpräsidium. Erich Fehr wurde mit 65% der Stimmen deutlich bestätigt. Feurer erhielt die Zustimmung von 25% der Bieler Wahlberechtigten. Die Wahlbeteiligung für das Präsidium lag bei 32,9% und damit leicht höher als die Beteiligung für die Gemeinderatswahlen (32,6%). Der Systemwechsel scheint sich damit positiv auf die Partizipation ausgewirkt zu haben, nahmen doch vier Jahre zuvor nur gerade 28,4% der Bielerinnen und Bieler ihr Wahlrecht wahr. Für Freude sorgte das Wahlergebnis auch bei der Schwulenorganisation Pink Cross, leben doch drei der fünf Gemeinderätinnen und –räte in einer gleichgeschlechtlichen Beziehung: die Gay Community erhoffe sich von der homosexuellen Mehrheit in der Stadtbieler Exekutive mehr Gehör für die eigenen Anliegen.

Kommunale Wahlen Biel 2012
Dossier: Kommunale Wahlen 2012