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  • Thurnherr, Walter (Bundeskanzler / Chancelier de la Confédération)
  • Wicki, Hans (fdp/plr, NW) SR/CE

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Jahresrückblick 2023: Parteien

Für die Parteien stand das Jahr 2023 überwiegend im Zeichen der National- und Ständeratswahlen sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats. Dies schlägt sich auch in der Medienpräsenz der Parteien nieder, die sich dem Spitzenwert aus dem letzten eidgenössischen Wahljahr 2019 annäherte und im Wahlmonat Oktober kulminierte (vgl. Abbildungen 1 und 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Die SVP lancierte ihren Wahlkampf mit einem neuen Parteiprogramm, das sich unter anderem gegen «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» wandte. Im Wahlkampf rückte die Partei mit der Asyl- und Migrationspolitik indessen zunehmend zwei ihrer klassischen Kernthemen ins Zentrum. Nebst ihren inhaltlichen Forderungen bescherten der SVP auch ein Wahlkampfsong und ein aufwändiger Wahlkampfanlass viel Aufmerksamkeit. Bei den Nationalratswahlen erzielte die Partei schliesslich das drittbeste Resultat ihrer Geschichte, im Ständerat musste sie hingegen Verluste hinnehmen. Bei den Bundesratswahlen sprach sich die SVP für ein Festhalten an der bisherigen Sitzverteilung aus, erhob jedoch – letztlich ohne Erfolg – mit einem Zweierticket Anspruch auf die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr.
Auch in diesem Jahr zeigte sich die SVP aktiv bei der Nutzung der Volksrechte. So lancierte sie ihre «Nachhaltigkeitsinitiative» und brachte – unter Rückgriff auf unübliche Methoden – das Referendum gegen das Klimagesetz zustande, an der Urne konnte sie das Gesetz aber nicht zu Fall bringen. Verschiedentlich wurde in den Medien diskutiert, ob sich die SVP genügend gegen Rechtsextremismus abgrenze. Anlass dazu boten unter anderem die in zwei Kantonen eingegangenen Listenverbindungen mit Mass-voll und Verbindungen einzelner SVP-Exponentinnen und -Exponenten zur Jungen Tat.

Die SP konnte sowohl bei den Nationalrats- als auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Eine Erklärung für den Wahlerfolg sah die Presse in der Themenlage, die der SP mit Inflation, steigenden Mieten und Krankenkassenprämien in die Hände gespielt habe. Die Partei hatte in ihrem Wahlkampf denn auch das Thema Kaufkraft an erste Stelle gesetzt. Im Rampenlicht stand die SP im Zusammenhang mit den Bundesratswahlen, bei denen sie den Sitz des zurücktretenden Alain Berset zu verteidigen hatte (vgl. Abbildung 1). Letztlich wählte die Bundesversammlung mit Beat Jans unter einigen Nebengeräuschen einen der beiden offiziellen SP-Kandidaten.
In der direktdemokratischen Arena musste die SP eine Niederlage hinnehmen, als die von ihr bekämpfte OECD-Mindeststeuer an der Urne deutlich angenommen wurde. Einen Erfolg konnte sie hingegen mit dem Zustandekommen ihrer Kita-Initiative verbuchen. Bereits vor den Wahlen hatte die SP ihr Fraktionspräsidium neu zu besetzen. Wie schon die Bundespartei wird nun auch die Fraktion von einem geschlechtergemischten Co-Präsidium geführt.

Für die FDP verliefen die National- und Ständeratswahlen enttäuschend. Im Wahlkampf hatten Diskussionen dazu, ob die grossflächigen Listenverbindungen mit der SVP für die FDP strategisch sinnvoll seien oder gemässigte Wählende abschreckten, ihre inhaltlichen Wahlkampfthemen teilweise in den Schatten gestellt. Die Vorwürfe, die FDP verkomme zur Juniorpartnerin der SVP, verstärkten sich noch, als sich die Freisinnigen vor den zweiten Ständeratswahlgängen in mehreren Kantonen zugunsten der SVP-Kandidaturen zurückzogen. Die Verluste bei den Parlamentswahlen befeuerten die Diskussion, ob die Doppelvertretung der FDP im Bundesrat noch gerechtfertigt sei; bei den Bundesratswahlen gerieten die beiden FDP-Sitze trotz eines Angriffs der Grünen aber nicht ernsthaft in Gefahr.

Die Mitte konnte bei den ersten nationalen Wahlen nach der Parteifusion den kumulierten Wählendenanteil von CVP und BDP leicht übertreffen, überholte bei den Nationalratssitzen die FDP und baute im Ständerat ihre Position als stärkste Partei aus. Parteipräsident Gerhard Pfister liess darauf verlauten, er sehe die Mitte, die sich im Wahlkampf als Anti-Polarisierungspartei profiliert hatte, künftig als Anführerin eines dritten Pols mit eigenständiger Themensetzung. Vor den Bundesratswahlen entschied sich die Mitte trotz ihres Wahlerfolgs dagegen, auf Kosten der FDP einen zweiten Bundesratssitz zu beanspruchen, da eine Abwahl wiederkandidierender Regierungsmitglieder vermieden werden solle. Bei einem FDP-Rücktritt werde eine Mitte-Kandidatur aber Thema werden. Mit unvorteilhaften Schlagzeilen war die Mitte im Frühling konfrontiert, als ehemalige Mitarbeitende der Partei Vorwürfe erhoben, im Generalsekretariat werde gemobbt.

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten 2023 ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Die Parteispitze betonte zwar, man habe das nach der «Klimawahl» 2019 zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli zum Schluss, er wolle als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt 2024 abgeben. Im Wahlkampf hatte eine millionenschwere Wahlkampfspende einer Gönnerin für einige Schlagzeilen gesorgt. Inhaltlich setzten die Grünen vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative zum Ausbau der Solarenergie.
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember erstmals in den Bundesrat einziehen und griffen mit Nationalrat Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP, nicht aber die SP-Sitze an. Nachdem Andrey bei seiner gemeinhin erwarteten Nichtwahl wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte, konnte sich Glättli aber auch für künftige Angriffe auf SP-Bundesratssitze erwärmen. Unerfreulich war für die Grünen sodann eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern.

Nach Erfolgen bei mehreren kantonalen Parlamentswahlen brachten die Nationalratswahlen für die GLP einen herben Dämpfer. Ihre Nationalratsfraktion schrumpfte – teilweise wegen Proporzpech – um mehr als einen Drittel, worüber der geglückte Wiedereinzug in den Ständerat nicht hinwegtrösten konnte. Ihre zuvor gehegten Bundesratsambitionen begruben die Grünliberalen nach dem deutlichen Verpassen ihrer Wahlziele, mit Viktor Rossi konnten sie aber immerhin den Kampf ums Bundeskanzleramt für sich entscheiden. Als neue Fraktionspräsidentin bestimmte die GLP im Dezember Corina Gredig (glp, ZH).
Nach den Wahlen gab die künftige Ausrichtung der Partei Stoff für Spekulationen: Während Parteipräsident Jürg Grossen in Interviews gewisse Avancen nach Rechts zu machen schien, schloss sich die einzige GLP-Ständerätin der Ratsgruppe der Grünen an, der grösste Spender der Partei wiederum regte öffentlich eine Fusion mit der Mitte an.

Für die kleineren Parteien hielt das Jahr 2023 Unterschiedliches bereit. Dies gilt etwa für die EVP, die in Basel-Landschaft erstmals überhaupt den Sprung in eine Kantonsregierung schaffte, bei den eidgenössischen Wahlen aber den Nationalratssitz ihrer Parteipräsidentin einbüsste. Das Mouvement Citoyens Genevois wiederum verlor seinen Regierungssitz in Genf, konnte aber den Einzug in National- und Ständerat feiern. Nicht mehr im Bundesparlament vertreten sind die PdA und Ensemble à Gauche.

Erstmals kamen bei den eidgenössischen Wahlen die neuen Transparenzregeln des Bundes für die Politikfinanzierung zur Anwendung. Auswertungen der Daten in den Medien zeigten zwar, dass solche Analysen aus verschiedenen Gründen mit nennenswerten Unschärfen verbunden bleiben. Der Hauptbefund aber, dass FDP und SVP mit deutlichem Abstand vor SP und Mitte sowie Grünen und GLP über die grössten Wahlkampfbudgets verfügten, schien unbestritten.

Jahresrückblick 2023: Parteien
Dossier: Jahresrückblick 2023

Jahresrückblick 2023: Institutionen und Volksrechte

Das im Jahr 2023 zentrale politische und sehr stark medial begleitete Ereignis im Themenbereich «Institutionen und Volksrechte» waren die eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse).

Im Nationalrat wechselten per Saldo lediglich 7.5 Prozent der 200 Sitze die Parteifarbe – wesentlich weniger als noch vor vier Jahren (14.5%) – und in zehn Kantonen kam es zu keinerlei parteipolitischen Sitzverschiebungen. Grösste Wahlsiegerin war die SVP, die netto 9 Sitze gewann (vgl. Jahresrückblick Parteien), was die Medien als «Rechtsrutsch» interpretierten. Sitze gewinnen konnten auch die SP (+2 Sitze), die Mitte und die EDU (je +1 Sitz) sowie das MCG (+ 2 Sitze), das damit erneut ins Parlament einzog. Verluste mussten auf der anderen Seite insbesondere die GLP (-6 Sitze) und die Grünen (-5 Sitze), aber auch die FDP, die EVP, die PdA und Ensemble à Gauche (je -1 Sitz) hinnehmen. Letztere zwei Parteien sind somit nicht mehr im Parlament vertreten. Gemessen an der Sitzzahl überholte die Mitte damit die FDP und wurde neu drittstärkste Partei in der grossen Kammer. Zu reden gab diesbezüglich ein Programmierfehler des Bundesamts für Statistik, das zuerst fälschlicherweise verkündet hatte, dass die Mitte auch hinsichtlich Wählendenstärke knapp vor der FDP liege.

Zu Sitzverschiebungen kam es auch im Ständerat. Die Gesamterneuerungswahlen führten in acht Kantonen zu parteipolitischen Verschiebungen und zu insgesamt 13 neuen Mitgliedern in der kleinen Kammer. Die Reihenfolge bezüglich Sitzstärke blieb freilich weitgehend dieselbe wie schon 2019: Als stärkste Partei in der kleinen Kammer konnte sich die Mitte mit dem Gewinn eines Sitzes halten, während die FDP mit einem Sitzverlust weiterhin am zweitmeisten Sitze im Stöckli besetzte. Darauf folgten die SP, die ihre zwei bei Ersatzwahlen während der Legislatur verlorenen Sitze zurückgewinnen konnte, die SVP, die einen Sitz und mit Thomas Minder ein langjähriges Fraktionsmitglied verlor, die Grünen mit zwei Sitzverlusten sowie die GLP und das MCG, die mit je einem Sitz ins Stöckli einzogen. Während im Ständerat mit vier neuen Frauen ein rekordhoher Frauenanteil von 34.8 Prozent erreicht wurde (2019: 26.1%; Herbstsession 2023: 30.4%), sank der Frauenanteil im Nationalrat wieder unter den bei den Wahlen 2019 erzielten bisherigen Rekordwert von 42 Prozent (neu: 38.5%).

Im Rahmen der im Dezember stattfindenden Bundesratserneuerungswahlen gab es aufgrund des Rücktritts von Alain Berset auch eine Ersatzwahl. Dabei sorgte das Zweierticket der SP für mediale Diskussionen über die seit einigen Jahren befolgte informelle Regel, Vorschläge einer Fraktion nicht zu desavouieren. Die Mehrheit des Parlaments hielt sich an diese Regel und entschied sich im dritten Wahlgang für Beat Jans. Erfolglos blieb der Angriff der Grünen Partei mit Gerhard Andrey auf einen FDP-Sitz; alle bisherigen Bundesratsmitglieder wurden in ihrem Amt bestätigt. Als Überraschung werteten die Medien die Departementsverteilung: Elisabeth Baume-Schneider wechselte nach nur einem Jahr im EJPD ins frei gewordene EDI. Beat Jans übernahm entsprechend die bisherigen Dossiers seiner Parteikollegin.

Wie bereits zu früheren Zeitpunkten sorgte auch die Wahl des neuen Bundeskanzlers für einige Spannung. Der zurückgetretene Walter Thurnherr wurde im zweiten Wahlgang durch den Vizekanzler Viktor Rossi ersetzt, der Mitglied der GLP ist. Zum ersten Mal in der Geschichte der Schweiz stellt somit eine Partei den Bundeskanzler, die nicht in der Regierung vertreten ist.

Neben all diesen Wahlen und Wahlgeschäften gab es im Themenbereich «Institutionen und Volksrechte» aber auch wichtige thematische Entwicklungen. So waren Regierung und Verwaltung etwa mit den Nachwehen der Covid-19-Pandemie beschäftigt. Verschiedene Berichte zu einer Verbesserung der Krisenorganisation der Exekutive forderten einen permanenten Krisenstab, mit dem die Zusammenarbeit zwischen den Departementen, aber auch zwischen Bund und Kantonen und mit der Wissenschaft im Krisenfall verbessert werden soll. Auch das Parlament erhöhte seine Handlungsfähigkeit in Krisensituationen: Künftig können ausserordentliche Sessionen rascher einberufen, virtuelle Teilnahmen an Ratssitzungen ermöglicht sowie Rats- oder Kommissionssitzungen auch digital durchgeführt werden.

2023 erliess das Parlament neue Regeln zur Digitalisierung der Verwaltung, indem es das EMBAG verabschiedete, mit dem der Einsatz von elektronischen Mitteln zur Erfüllung von Behördenaufgaben geregelt wird. Dass eine Verbesserung der digitalen Infrastruktur des Bundes dringend sei, schlossen die Medien aus verschiedenen erfolgreichen Hackerangriffen auf die Bundesverwaltung (vgl. Jahresrückblick Rechtsordnung). Der Bundesrat wurde in einem parlamentarischen Vorstoss aufgefordert, die Verwaltung besser gegen Cyberangriffe zu schützen.

Unter Dach und Fach brachte das Parlament 2023 eine verbesserte Vereinbarkeit von Mutterschaft und Parlamentsmandat. Die auf verschiedene Standesinitiativen zurückgehende Teilrevision des Erwerbsersatzgesetzes sieht vor, dass gewählte lokale, kantonale oder nationale Parlamentarierinnen ihren Anspruch auf Entschädigung nicht mehr verlieren, wenn sie während des Mutterschaftsurlaubs an Kommissions- oder Ratssitzungen teilnehmen.

Einiges zu reden gab 2023 der Teuerungsausgleich für die Löhne des Bundes. Die Anpassung der Löhne von Magistratspersonen ist per Verordnung geregelt und wurde unter medialer Kritik für das Jahr 2023 auf 2.5 Prozent angesetzt. Den rund 40'000 Verwaltungsangestellten gewährte der Bundesrat ebenfalls eine Lohnanpassung von 2.5 Prozent. Allerdings lehnte das Parlament den für die nachträgliche Erhöhung von 2.0 auf 2.5 Prozent benötigten Nachtragskredit ab. Auch für sich selber lehnte das Parlament medienwirksam einen Teuerungsausgleich ab.

Lediglich zu drei eidgenössischen Vorlagen, die auf einen einzigen Abstimmungstermin angesetzt worden waren, konnte sich die Stimmbevölkerung im Berichtsjahr äussern (Klimagesetz, 5. Covid-19-Gesetzesrevision, OECD-Mindestbesteuerung). Das im Jahresvergleich eher geringe mediale Interesse am Unterthema «Direkte Demokratie» (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse) dürfte damit zu erklären sein. Zwar stehen 2024 wieder wesentlich mehr direktdemokratische Urnenentscheide an, diese werden freilich kaum staatspolitischen Inhalt haben: Die Volksinitiativen «Volk und Stände entscheiden über dringlich erklärte Bundesgesetze!» und auch die Forderung für eine Totalrevision der Bundesverfassung scheiterten nämlich 2023 an der Unterschriftenhürde. In diesem Jahr mit der Unterschriftensammlung begann hingegen ein Begehren, das eine Bestätigungswahl für Bundesratsmitglieder durch Volk und Stände verlangt.

Auch 2023 gab es Diskussionen über eine Ausweitung des Kreises an Stimmberechtigten und über die Erleichterung der Wahrnehmung des Stimmrechts. Zum dritten Mal stimmte die grosse Kammer gegen einen Abschreibungsantrag ihrer SPK-NR, die nun eine Vorlage für Stimmrechtsalter 16 ausarbeiten muss. Zu reden geben wird diesbezüglich künftig wohl auch der bisherige Stimmrechtsausschluss von Menschen mit geistigen Behinderungen. Bei den eidgenössischen Wahlen durften zudem in drei Kantonen (BS, SG, TG) nach einiger Zeit wieder Versuche mit E-Voting durchgeführt werden.

Jahresrückblick 2023: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Jahresrückblick 2023

Die SVP im Jahr 2023: Kurzüberblick

Für die SVP stand das Jahr 2023 wie auch für die übrigen Parteien stark im Zeichen der National- und Ständeratswahlen. So lancierte sie zu Jahresbeginn ihren Wahlkampf mit einem neuen Parteiprogramm, das sich unter anderem in einem eigenen Kapitel gegen «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» wandte. Im Lauf des Wahlkampfs rückte die Partei mit der Asyl- und Migrationspolitik indessen zunehmend zwei ihrer klassischen Kernthemen ins Zentrum; dabei wurde ihre Kampagne von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR als «fremdenfeindlich und hetzerisch» taxiert, worauf die Partei von Zensur sprach. Nebst ihren inhaltlichen Forderungen bescherten der SVP auch ein Wahlkampfsong, mit dem sie womöglich Urheberrechte verletzte, und ein aufwändig inszenierter Wahlkampfanlass viel Aufmerksamkeit.

Bei den Nationalratswahlen trug der intensive Wahlkampf für die Partei reiche Früchte, indem sie sowohl beim Wählendenanteil als auch bei der Sitzzahl markant zulegte und das drittbeste Resultat ihrer Geschichte erzielte. Im Ständerat musste die SVP hingegen Verluste hinnehmen und wurde nur viertstärkste Partei. Dass sich die SVP als Polpartei bei Majorzwahlen immer wieder schwertut, hatte sich auch bei den Baselbieter Wahlen gezeigt, wo sie ihren einzigen Sitz in der Kantonsregierung an die Kleinpartei EVP verlor.

Bei den Bundesratswahlen sprach sich die SVP für ein Festhalten an der bisherigen Sitzverteilung aus, erhob jedoch Anspruch auf die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr und legte dafür ein Zweierticket vor. In der Bundesversammlung machte jedoch der GLP-Kandidat und bisherige Vizekanzler Viktor Rossi das Rennen. Die SVP muss somit weiter auf ihre erste Bundeskanzlerin oder ihren ersten Bundeskanzler warten.

Im Übrigen zeigte sich die SVP auch in diesem Jahr aktiv bei der Nutzung der Volksrechte. So lancierte sie – passend zu ihren Wahlkampfthemen – die «Nachhaltigkeitsinitiative», die mit Massnahmen im Asyl- und Migrationsbereich das Bevölkerungswachstum bremsen soll. Zu Beginn des Jahres hatte die Partei zudem das Referendum gegen das Klimagesetz zustande gebracht – und dabei intern für böses Blut gesorgt, weil nach einem harzigen Start zur Unterschriftensammlung ein Strafgeld für Fraktionsmitglieder beschlossen wurde, die nicht mindestens 150 Unterschriften beisteuerten. An der Urne drang die SVP mit ihrem Widerstand gegen das Gesetz schliesslich nicht durch, ebensowenig wie mit ihrer Nein-Parole zur fünften Revision des Covid-19-Gesetzes.

Verschiedentlich wurde in den Medien diskutiert, ob sich die SVP genügend gegen Rechtsextremismus abgrenze. Anlass dazu boten unter anderem die in zwei Kantonen eingegangenen Listenverbindungen mit Mass-voll und das Bekanntwerden von Verbindungen einzelner SVP-Exponentinnen und -Exponenten zur Jungen Tat.

Für einige Schlagzeilen sorgten im Herbst Vorwürfe an SVP-Präsident Marco Chiesa, wonach dieser bei der Führung seiner Tessiner Treuhandfirma über ein Jahr lang gegen Vorgaben des kantonalen Gesetzes verstossen habe. Chiesa wies die Vorwürfe zurück.

Die SVP im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Kurzüberblick über die Parteien im Jahr 2023

Die KVF-SR stellte sich grundsätzlich hinter die bundesrätlichen Anträge in der Botschaft zum Stand und zu Änderungen der Ausbauprogramme für die Bahninfrastruktur sowie zur Perspektive Bahn 2050. Um eine «über alle Regionen ausgewogene Weiterentwicklung des öffentlichen Verkehrs» sicherzustellen, beantragte die Kommission ihrem Rat aber, in den Ausbauschritten 2025 und 2035 verschiedene Projekte anzupassen oder neu aufzunehmen.
Die Strategie Bahn 2050 nahm die Kommission zur Kenntnis. Kommissionssprecher Wicki (fdp, NW) erläuterte, dass die Kommission den Fokus der Strategie auf kurze und mittlere Strecken grundsätzlich begrüsse, die Strecken zwischen Städten und Agglomerationen sowie der langstreckenfokussierte Güterverkehr dabei aber nicht in den Hintergrund rücken dürften. Die Kantone hätten in der Anhörung der Kommission zudem verlauten lassen, dass sie den Ausbau internationaler Verbindungen zu den grossen Städten und Tourismuszentren begrüssen würden.
Die mitberichtende FK-SR stellte keine von der bundesrätlichen Botschaft abweichenden Anträge, merkte aber an, «dass die Finanzierung der Bahninfrastruktur angesichts des Bedarfs aller Regionen eine Herausforderung bleibt».

In der Wintersession 2023 stand die Beratung des Geschäfts auf der Traktandenliste des Ständerats. In der Eintretensdebatte wurden Fragen bezüglich der langfristigen Planung der Bahnentwicklung sowie der Auswahl der Projekte laut. Stefan Engler (mitte, GR) beispielsweise bemängelte die seines Erachtens geringe parlamentarische und demokratische Legitimation der Projektauswahl, die Stossrichtung der räumlichen Entwicklung der Bahn und die Ausgestaltung der Angebotskonzepte. Er stellte zudem die Frage, warum der Marktanteil der Bahn trotz grosser Investitionen in die Infrastruktur stagniere. Auch müsse in der Planung auf das nationale Zusammenspiel der verschiedenen Planungsregionen geachtet werden, wie Benedikt Würth (mitte, SG) ergänzte. Bundesrat Rösti erläuterte in Anbetracht dieser Fragen, dass die vorliegende Strategie Bahn 2050 eine erste Stossrichtung vorgebe. Eine Konkretisierung des angestrebten Bahnausbaus und des Angebotskonzepts sowie die Möglichkeit, diese im Parlament zu beraten, stellte er für die Botschaft 2026 in Aussicht.
Eintreten wurde in der Folge ohne Gegenantrag beschlossen.
In der Detailberatung gab der erste Teil der Vorlage bezüglich Anpassungen an den Ausbauschritten 2025 und 2035 Anlass zur Debatte. Die KVF-SR beantragte ihrem Rat beim Ausbauschritt 2025, am bisherigen Beschlusstext festzuhalten und die Entflechtung in Pratteln weiterzuführen, da deren Notwendigkeit unbestritten sei. Dafür beantragte sie eine Krediterhöhung um CHF 25 Mio. Laut Kommissionssprecher Wicki sei die Verwaltung der Meinung, dass im Projekt bereits genügend Mittel zur Verfügung stehen, um die Entflechtung weiterzuführen. Die Kommission habe sich jedoch einstimmig für die Krediterhöhung ausgesprochen, «damit das Projekt ernst genommen wird». Die kleine Kammer stellte sich stillschweigend hinter den Antrag der Kommission.
Beim Ausbauschritt 2035 empfahl die KVF-SR, der vom Bundesrat beantragten Aufnahme des Vollausbaus des Lötschberg-Basistunnels, der Projektierung des multifunktionalen Grimseltunnels und dem Bau des Tunnels Morges-Perroy zuzustimmen, was der Ständerat diskussionslos genehmigte.
Zusätzlich beantragte die Kommissionsmehrheit die Aufnahme von weiteren (Teil-)Projekten. Im Projekt zur Kapazitätserweiterung auf der Strecke Luzern-Zug-Zürich schlug die Kommission vor, vier Gleise des Bahnhofs Ebikon zu verlängern. Dies werde mit dem Bau des Durchgangsbahnhofs Luzern früher oder später ohnehin notwendig und mit der frühen Aufnahme des Ausbaus könnten längere Bautätigkeiten vermieden werden. Der Kreditrahmen sollte entsprechend um CHF 100 Mio. erhöht werden. Weiter sollte im Raum Basel die S-Bahn-Haltestelle Morgartenring realisiert werden. Bei der Strecke Zürich-Chur empfahl die KVF-SR, den bisher einspurigen Streckenabschnitt Tiefenwinkel auf zwei Spuren auszubauen. Der Ständerat sprach sich diskussionslos für diese drei Projektierungen aus.
Zudem beantragte die KVF-SR ihrem Rat zwei Änderungen im Raum Westschweiz. Erstens sollten Vorstudien bzw. Projektierungen für die Projekte Arc-Express und Bypass Bussigny erstellt werden, was die kleine Kammer stillschweigend guthiess. Zweitens sollten CHF 100 Mio. bereitgestellt werden, um «Verschlechterungen in der Westschweiz im Kontext des Fahrplanwechsels aufzufangen». Kommissionssprecher Wicki sprach von einer grossen Notwendigkeit und erklärte, dass sich die Kommission mit 6 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung für diesen Antrag ausgesprochen habe. Bundesrat Rösti stellte sich gegen die Bereitstellung dieser Mittel, da keine konkreten Projekte vorliegen würden. Rösti führte zudem aus, dass – sollten konkrete Massnahmen nötig sein – entsprechende Gelder auf dem ordentlichen Weg beantragt werden könnten. Der Ständerat stellte sich jedoch hinter die Meinung seiner Kommission und sprach sich mit 40 zu 2 Stimmen bei einer Enthaltung für die Sprechung der Mittel aus.
Auch ein Minderheitsantrag lag zum Ausbauschritt 2035 vor. Minderheitssprecher Mathias Zopfi forderte, dass im Rahmen des Ausbaus des Zimmerberg-Basistunnels II eine Abzweigung für den angedachten Meilibachtunnel gebaut wird. Der Ausbau des Meilibachtunnels sei einerseits von zentraler Bedeutung für die Kantone Zürich, St. Gallen, Graubünden, Glarus und Schwyz sowie auch für die internationalen Zugverbindungen. Andererseits könnte die Sperrung des Zimmerberg-Basistunnels, welche ohne die Vorinvestition in die Abzweigung nötig wäre, massive Engpässe im Bahnverkehr verursachen. Kommissionssprecher Wicki ergänzte dazu, dass sich der Bau des Zimmerberg-Basistunnels leicht verzögern und Mehrkosten von CHF 100 Mio. anfallen würden, wenn die Abzweigung in den Ausbauschritt aufgenommen würde. Die Kommissionsmehrheit sei aber der Ansicht, dass die Vorinvestition mit finanziellen Risiken behaftet sei. Da bisher keine konkrete Projektierung für den Meilibachtunnel vorliege, bestehe die Gefahr, dass die investierten Mittel bei einer Projektänderung verloren gingen. Dies sei bereits beim Lötschberg-Basistunnel der Fall gewesen, als eine Abzweigung an der falschen Stelle und im falschen Winkel realisiert wurde. Die kleine Kammer sprach sich – nachdem Bundesrat Rösti versichert hatte, dass der Ausbau der Abzweigung keine «epische» zeitliche Verzögerung mit sich bringen würde – mit 40 zu 3 Stimmen bei 2 Enthaltungen für den Minderheitsantrag aus und nahm die Vorinvestition in den Ausbauschritt 2035 auf.
In der Gesamtabstimmung stellte sich die kleine Kammer einstimmig hinter diesen ersten Teil der Vorlage.
Die drei weiteren Teile der bundesrätlichen Vorlage waren unumstritten. Der Ständerat genehmigte stillschweigend die Anpassung der ZEB sowie die Verpflichtungskredite für die Ausbauschritte 2025 und 2035, welche entsprechend den vorher genehmigten Projekten erhöht wurden. In den Gesamtabstimmungen herrschte Einstimmigkeit über die Annahme der drei Beschlüsse. Somit ging die Vorlage mit den Ergänzungen in beiden Ausbauschritten zur Beratung an den Nationalrat.

Der Ständerat genehmigte zudem die Abschreibung eines Postulats und einer Motion der KVF-SR. Den Antrag auf Abschreibung für ein drittes Postulat zog Bundesrat Rösti zurück, nach dem Johanna Gapany (fdp, FR) einen entsprechenden Antrag gestellt hatte. Gapany hatte argumentiert, dass in der vorliegenden Fassung der Strategie Bahn 2050 zwar ein Fokus auf einigen lokalen Projekten bestehe, ein umfassender Masterplan bezüglich der schweizweiten Vision des Eisenbahnnetzes aber noch nicht vorliege.

Stand und Änderungen bei Ausbauprogrammen der Bahninfrastruktur und neue Langfriststrategie «Perspektive Bahn 2050» (BRG 23.055)

In der Wintersession 2023 beriet der Ständerat eine letzte Differenz im vierten Programm des Agglomerationsverkehrs. Diese betraf den Strassentunnel Moscia-Acapulco. Der Nationalrat hatte in der Herbstsession an der Aufnahme des Tunnels in die vierte Generation des Programms festgehalten. Die KVF-SR beantragte ihrem Rat nun, dem Entscheid des Nationalrats zuzustimmen und das Projekt im Rahmen des Programms Agglomerationsverkehr in einer separaten Botschaft erarbeiten zu lassen. Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) führte aus, dass sich die Mehrheit der Kommission angesichts der grossen Notwendigkeit des Projekts für den vorgeschlagenen Kompromiss mit der separaten Botschaft ausgesprochen hatte, auch wenn in der Kommission noch immer Bedenken bestanden hätten, dass mit der nachträglichen Aufnahme des Projekts möglicherweise ein Präjudiz geschaffen werde. Auch Bundesrat Albert Rösti beantragte um der Effizienz willen, auf den Vorschlag des Nationalrats einzutreten. Er betonte aber, dass die ordentlichen Vorgänge und die an die Aufnahme des Strassentunnels geknüpften Bedingungen eingehalten werden müssten.
Der Ständerat stellte sich schlussendlich stillschweigend hinter den Nationalrat und bereinigte die letzte Differenz, womit das Geschäft erledigt war.

Agglomerationsprogramme der vierten Generation (BRG 23.033)
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

Im September 2023 befasste sich der Ständerat als Erstrat mit der bundesrätlichen Botschaft zur Genehmigung des Strassburger Übereinkommens von 2012 über die Beschränkung der Haftung in der Binnenschifffahrt (CLNI) und zur Genehmigung des Übereinkommens über Abfälle in der Rhein- und Binnenschifffahrt (CDNI).
Der erste Teil der Vorlage, welcher eine Änderung des Bundesgesetzes über die Seeschifffahrt unter Schweizer Flagge vorsah, hat sich laut Hans Wicki (fdp, NW), dem Sprecher der KVF-SR, in den Staaten, die das CLNI bereits ratifiziert haben, bewährt. Es seien klare Verantwortlichkeiten definiert, die Rechtssicherheit erhöht und die Sicherheit im Bereich der Binnenschifffahrt verbessert worden. Die Anpassung der Haftungshöchstgrenze komme den Passagieren zugute und der Bundesrat erwarte bei einer Übernahme durch die Schweiz keinen finanziellen oder personellen Mehraufwand.
Auch den zweiten Teil der Vorlage, welcher die Genehmigung der Änderung des CDNI umfasste, unterstütze die KVF-SR laut Wicki. Der potenziell umweltschädlichen Praxis des Entgasens von Tankschiffen solle mit der Ratifizierung entgegenwirkt und die Kostentragpflicht entsprechend dem Verursacherprinzip bei den Befrachtenden angesiedelt werden. Das Abkommen sei bereits von Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Deutschland und Belgien ratifiziert worden, könne aber erst in Kraft treten, wenn auch die Schweiz ihre Gesetzgebung anpasse. Auch hier sehe der Bundesrat laut Wicki keinen finanziellen oder personellen Mehraufwand.
Wicki führte zudem aus, dass die Kommission die Ratifizierung der beiden Übereinkommen als «klassische völkerrechtliche Verträge» einschätze, die nicht direkt mit der EU in Verbindung stehen. Die Schweiz habe innerhalb des Vertragswerks volles Mitspracherecht. Die Kommission habe zudem die Frage nach dem Geltungsbereich im Bodensee diskutiert und sei zum Schluss gekommen, dass im Bereich des CLNI separate Abkommen zwischen Deutschland, der Schweiz und Österreich bestehen und die vom CDNI betroffenen Tankschiffe kaum auf dem Bodensee verkehren würden. Die KVF-SR beantragte ihrem Rat vorbehaltlos, dem bundesrätlichen Entwurf zuzustimmen.
Nachdem der Ständerat Eintreten ohne Gegenantrag beschlossen hatte, folgte er auch dem Antrag seiner Kommission ohne Diskussion. Die Gesamtabstimmung fiel einstimmig zugunsten des bundesrätlichen Entwurfs aus, womit das Geschäft an den Nationalrat geht.

Übereinkommen über die Rhein- und Binnenschifffahrt (BRG 23.036)

Lors de la session d'automne, le Conseil des Etats a rejeté tacitement une motion visant à lancer des projets numériques phares d'intérêt public pour faire avancer la Suisse. Cette décision fait suite à l'adoption du projet par le Conseil national en mars 2022. Avec sa proposition, le conseiller national Lars Guggisberg (udc, BE) souhaite créer des bases juridiques permettant de soutenir des projets numériques d'intérêt public en Suisse en leur fournissant un financement initial, qu'ils soient privés ou issus de partenariats public-privé.
Lors des délibérations, le conseiller aux Etats Benedikt Würth (centre, SG) a détaillé la situation au nom de la Commission de la science, de l'éducation et de la culture du Conseil des États (CSEC-CE). Cette dernière a proposé de rejeter la motion par 7 voix contre 0 et 2 abstentions. Dans son rapport, elle a souligné que le Conseil fédéral avait déjà exprimé sa volonté de créer une base juridique pour soutenir de tels projets, mais en veillant à ne pas empiéter sur d'autres instruments d'encouragement existants, et en vérifiant que les exigences constitutionnelles soient respectées. La commission considère également que l'objectif de la motion a déjà été atteint grâce à la loi sur l'utilisation des moyens électroniques pour l'exécution des tâches des autorités (LMETA), adoptée entre-temps et qui entrera en vigueur en 2024. Au nom du Conseil fédéral, le chancelier de la Confédération, Walter Thurnherr, s'est rallié à la proposition de la commission, soulignant que le but de la motion était déjà rempli.

Digitale Leuchtturmprojekte mit öffentlichem Interesse anschieben (Mo. 21.4490)
Dossier: Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG)

Die vom Nationalrat im Sommer 2022 angenommene Motion von Marcel Dobler (fdp, SG), die eine nutzenorientierte Digitalisierungsoffensive der Schweizer Verwaltung forderte, wurde vom Ständerat in der Herbstsession 2023 stillschweigend abgelehnt. Kommissionssprecher Benedikt Würth (mitte, SG) sowie Bundeskanzler Walter Thurnherr hatten zuvor die Empfehlung der Ablehnung seitens der WBK-SR sowie des Bundesrats damit begründet, dass zwei der drei Forderungen des Vorstosses mit dem neuen Bundesgesetz über den Einsatz elektronischer Mittel zur Erfüllung von Behördenaufgaben (EMBAG) bereits erfüllt seien: die Forderung nach «digital first», sowie die Regelungen von Ausnahmen. Die dritte Forderung – beim Vollzug auch die Kantone zu verpflichten – sei bei den Beratungen zum EMBAG hingegen explizit abgelehnt worden. Die Motion war damit erledigt.

Nutzenorientierte Digitalisierungsoffensive der Schweizer Verwaltung (Mo. 22.3122)

Wie bereits ihre Schwesterkommissionen im Nationalrat sprachen sich auch die KVF-SR und die FK-SR für das vierte Programm des Agglomerationsverkehrs aus. Während die FK-SR der Vorlage des Bundesrats vorbehaltlos zustimmte, gab es in der KVF-SR aber Uneinigkeiten bezüglich der Aufnahme des Strassentunnels Moscia-Acapulco in das Programm und bezüglich des Abzugs von fünf Prozent auf dem Beitragssatz für Projekte, welche ihre Eingaben in den vorherigen Programmen des Agglomerationsverkehrs ungenügend umgesetzt hatten. Die Kommission empfahl ihrem Rat, den Strassentunnel nicht in das Programm aufzunehmen und den Malus beizubehalten.

Im Ständerat wurde Eintreten auf das Geschäft ohne Gegenantrag beschlossen. In der Detailberatung zeichneten sich jedoch dieselben Debatten ab wie bereits in der Vorberatung der KVF-SR. Gegen den Abzug von fünf Prozent auf dem Beitragssatz für zuvor unzureichend umgesetzte Projekte meldete sich Lisa Mazzone (gps, GE) als Sprecherin der Kommissionsminderheit zu Wort. Sie erachtete es nicht als angemessen, aktuelle Projekte für Umsetzungsprobleme in der Vergangenheit abzustrafen. Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) hingegen erachtete den Strafabzug als angemessen. In früheren Projekten habe es etliche selbstverschuldete Verzögerungen gegeben, welchen so entgegengewirkt werden solle. Bundesrat Albert Rösti ergänzte, dass das Parlament einen Anreiz für die beschleunigte Umsetzung der Projekte gewünscht habe, welcher nun in Form des Strafabzugs gesetzt werden solle. Der Ständerat sprach sich schliesslich mit 22 zu 17 Stimmen für Beibehalten des Strafabzugs aus.
Weiter gab auch die Aufnahme des Strassentunnels Moscia-Acapulco als Bestandteil des Agglomerationsprogramms «Locarnese» Anlass zu Diskussionen. Wie Hans Wicki für die KVF-SR verlauten liess, sei das Projekt nicht von der entsprechenden Agglomeration eingereicht worden, zudem könne eine nachträgliche Aufnahme ausserhalb der Projektausschreibung ein gefährliches Präjudiz schaffen. Für die Aufnahme des Strassentunnels lagen zwei Einzelanträge vor. Marco Chiesa (svp, TI) forderte, dass der Tunnel gemäss dem Vorschlag des Nationalrats in das Programm aufgenommen wird. Der Tunnel sei für die Gewährleistung der Verkehrssicherheit sowie für den Pendler- und Transitverkehr unerlässlich. Auch Eva Herzog (sp, BS) betonte die Wichtigkeit des Strassentunnels. Angelehnt an die nachträgliche Aufnahme der Umfahrung Oberburg in die dritte Generation des Programms Agglomerationsverkehr knüpfte Herzog die Aufnahme des Strassentunnels in ihrem Einzelantrag daran, dass der Bundesrat eine entsprechende Botschaft ausarbeitet und diese nachträglich dem Parlament vorlegt. Bundesrat Rösti anerkannte zwar die Notwendigkeit des Strassentunnels, beantragte jedoch die Ablehnung der Einzelanträge, um die festgelegten Prozesse einzuhalten. Er erklärte sich aber bereit, das Projekt in die fünfte Generation des Programms Agglomerationsverkehr von 2028 aufzunehmen. Mit 23 zu 18 Stimmen folgte der Ständerat zwar erst dem Antrag Chiesa anstelle des Antrags Herzog, lehnte Ersteren jedoch in der Folge mit 21 zu 19 Stimmen zugunsten des Antrags der Kommission ab. Somit ging das Geschäft zur Differenzbereinigung zurück an den Nationalrat.

Agglomerationsprogramme der vierten Generation (BRG 23.033)
Dossier: Programme Agglomerationsverkehr

Lors de la session d'automne, le Conseil des Etats a approuvé un budget de CHF 646 millions de francs pour la promotion économique pour la période 2024-2027. L'objectif de ce budget est de renforcer la compétitivité des petites et moyennes entreprises (PME) ainsi que des régions. Les crédits relatifs à la promotion des exportations (CHF 99 millions), à la promotion de la place économique (CHF 18,5 millions), au développement de la cyberadministration (CHF 32,8 millions) et à l'encouragement de l'innovation (CHF 45,4 millions) ont été approuvés. Le Parlement a également donné son aval à un arrêté fédéral lié à l'établissement du programme pluriannuel de la Confédération pour la période 2024-2031, qui est associé à la mise en œuvre de la Nouvelle politique régionale (NPR).
Toutefois, des divergences persistaient encore entre les deux chambres. Celles-ci portent sur le financement de Suisse Tourisme pour la période 2024-2027 et les contributions supplémentaires au Fonds de développement régional (FDR). Lors des débats, Hans Wicki (plr, NW), au nom de la Commission de l'économie et des redevances du Conseil des États (CER-CE), a métaphoriquement comparé sa position à celle d'un violoniste sur le Titanic, soulignant la difficulté de parvenir à un accord. Malgré deux divergences majeures pendant la session estivale (le Conseil fédéral proposait CHF 233 millions pour Suisse Tourisme, tandis que le Conseil des États a demandé CHF 13 millions de plus lors de la session d'été ; le gouvernement prévoyait CHF 217,3 millions pour le Fonds de développement régional, mais la chambre des cantons souhaitait CHF 12,7 millions de plus), le Conseil national n'a pas suivi les recommandations du Conseil des Etats. La commission a souligné que les prévisions budgétaires actuelles du gouvernement appuyaient la viabilité des montants proposés. En réponse, le ministre de l'économie Guy Parmelin a souligné que «la politique, c'est l'art du possible» et a encouragé à suivre les décisions du Conseil national et du Conseil fédéral afin d'éliminer les divergences. Le vaudois a justifié les CHF 233 millions de francs proposés en mettant en avant l'amélioration de la situation financière de la Confédération depuis la crise du COVID-19. Les résolutions ont été finalement adoptées par la chambre haute.

Standortförderung 2024-2027 (BRG 23.028)

Im Rahmen der Herbstsession 2023 beschäftigte sich der Ständerat mit der Motion Feller (fdp, VD) zur Bildung von Arbeitsbeschaffungsreserven seitens der Unternehmen. Gemäss Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) habe die WAK-SR die Motion einstimmig zur Ablehnung empfohlen, da sich das 2015 aufgehobene Bundesgesetz über die Bildung steuerbegünstigter Arbeitsbeschaffungsreserven (ABRG) nicht als wirkungsvolles Instrument erwiesen habe und deswegen nicht wieder eingeführt werden solle. Den Unternehmen stünden andere Instrumente zur Verfügung, um ihre Resilienz zu stärken, zum Beispiel die Kurzarbeit oder die freiwillige Reservebildung. Der Ständerat lehnte die Motion stillschweigend ab.

Unternehmen ermutigen, Arbeitsbeschaffungsreserven zu bilden (Mo. 21.3036)

Mitte August gab der amtierende Bundeskanzler Walter Thurnherr seinen Rücktritt auf Ende 2023 bekannt. Es sei «Zeit, den Stab weiterzureichen» gab der 60-Jährige, der seit 2016 der Bundeskanzlei vorstand, den Medien zu Protokoll. Die vergangenen Jahre seien «intensiv und anspruchsvoll» gewesen – in La Liberté sprach er in Bezug auf die sich zur Ende neigenden 51. Legislatur von «la pire législature depuis la Seconde Guerre mondiale» – und er wolle sein Amt abgeben, solange er noch «auf der Höhe der Anforderungen» sei.
In den Medien wurde Thurnherr als intelligenter Kopf gewürdigt, der nicht nur brillante Reden gehalten habe, sondern auch von der Seitenlinie den Bundesrat kritisiert habe, so die Aargauer Zeitung. Der «Napoléon de l'ombre» (Le Temps) habe als «klügster Kopf in der Regierung» in schwierigen Situationen beratend eingegriffen und bei Konflikten vermittelt, lobte die NZZ. Er habe sich nie als achten Bundesrat gesehen, aber durchaus konstruktive Ideen eingebracht. Die Aargauer Zeitung bezeichnete den gebürtigen Aargauer als «institutionelles Gewissen des Bundesrats» und die Mitte lobte ihn in einer Medienmitteilung als «Staatsdiener par excellence», der dafür gesorgt habe, dass die Institutionen handlungsfähig blieben. Der Erfolg von E-Voting, das Thurnherr stets voran getrieben hatte, seien eher durchzogen, kritisierte hingegen die Liberté. Und die Weltwoche argwöhnte, der «saloppe Abgang» sei eine «Frühpensionierung auf Kosten der Steuerzahler», da Thurnherr nach zwei vollen Legislaturen Anspruch auf ein lebenslanges jährliches Ruhegehalt in der Höhe von CHF 191'000 habe. Der scheidende Bundeskanzler selber schaute ebenfalls nicht unkritisch auf sein Wirken zurück. Er habe sicher Einfluss gehabt, es sei ihm aber beispielsweise nicht gelungen, das «Silodenken in den Departementen» zu überwinden. Probleme könnten aber nur überdepartemental gelöst werden.
Der Rücktritt kam für die meisten Medien zwar überraschend, sie versprachen sich aber viel Spannung bei der Neubesetzung eines der «spannendsten Posten [...], den die Schweizer Politik zu bieten hat», so die NZZ. Dabei schwang die Überlegung mit, dass die Parteizugehörigkeit der künftigen Bundeskanzlerin oder des künftigen Bundeskanzlers eine wichtige Rolle bei der Diskussion um die Zusammensetzung des Bundesrats nach den anstehenden eidgenössischen Wahlen spielen werde.

Wahl einer neuen Bundeskanzlerin oder eines neuen Bundeskanzlers

Lors de la session d'été, le Conseil des États s'est penché sur une enveloppe de CHF 672 millions de francs dans le cadre de la promotion économique de la Confédération pour la période 2024 à 2027. Cette initiative vise à renforcer la compétitivité des PME et des régions du pays. Les cinq principaux objectifs du projet sont l'amélioration des conditions-cadres des PME, le renforcement des régions, la contribution au développement durable, la valorisation des opportunités du numérique et le renforcement de l'attractivité de la place économique et touristique suisse.
Le ministre de l'Économie, Guy Parmelin, a souligné la nécessité de développer des instruments performants dans le contexte post-Covid et des événements tels que la guerre en Ukraine, soulignant l'impact sur les exportations et le tourisme. Ce secteur a été particulièrement discuté, avec une enveloppe prévue de CHF 233 millions de francs pour Suisse Tourisme. Les débats ont été animés, notamment avec les interventions d'Isabelle Chassot (centre, FR), qui a plaidé pour un montant suffisant pour relever les défis post-pandémiques et demeurer concurrentiel à l'internationale. Erich Ettlin (centre, OW) a demandé une augmentation de 25 millions, tandis que la Fribourgeoise a suggéré 13 millions supplémentaires. Son compromis a été accepté par 22 voix contre 20 et 1 abstention, malgré des opinions divergentes au sein des partis.
Dans le domaine de la cyberadministration, un montant de CHF 32.8 millions a été alloué, avec un accent particulier mis sur le développement de la plateforme EasyGov.swiss. Guy Parmelin a souligné que cette initiative contribuerait à réduire les charges administratives des entreprises. Sur ce point, Hans Wicki (plr, NW) a noté que cela représente une plus-value pour les PME, soulignant la nécessité d'une administration publique moderne et efficace. En outre, les sénateurs ont approuvé d'autres crédits, notamment pour l'encouragement de l'innovation (CHF 45.4 millions), la promotion des exportations (CHF 99 millions) et la promotion de la place économique (CHF 18.5 millions). Enfin, la Chambre des cantons a également donné son approbation à un arrêté fédéral relatif à l'établissement du programme pluriannuel de la Confédération pour la période 2024 à 2031 concernant la mise en œuvre de la Nouvelle politique régionale (NPR). Au tour du Conseil national de se pencher sur le projet.

Standortförderung 2024-2027 (BRG 23.028)

Im April 2023 befasste sich die zuständige KVF-SR mit der Änderung des Eisenbahngesetzes zur Umsetzung der technischen Säule des 4. EU-Eisenbahnpakets. Oppositionslos trat die Kommission auf die Vorlage des Bundesrates ein und begrüsste ein einheitliches europäisches Zulassungsverfahren für neues Rollmaterial. Knackpunkt war einzig die Einhaltung des BehiG und des Beschwerderechts für Verbände. Eine von Hans Stöckli (sp, BE) angeführte Minderheit war der Ansicht, dass das Verbandsbeschwerderecht von Behindertenorganisationen nach EU-Recht eingeschränkt werde und forderte deshalb, dass das BAV weiterhin für die Überwachung der Einhaltung des BehiG zuständig bleibt. Die Kommissionsmehrheit entgegnete, dass auch im EU-Verfahren Beschwerde betreffend die Rechte von Behinderten eingereicht werden könne, wenn eine solche Beschwerde von Einzelpersonen ausgehe. Verbände könnten in der Folge diese Personen unterstützen oder vertreten.

In der Sommersession 2023 stand der Entwurf im Ständerat zur Debatte. Dieser trat stillschweigend auf die Vorlage ein. Für Diskussionen sorgte wiederum die Frage der Zuständigkeiten des BAV bei der Berücksichtigung des BehiG. Die Minderheit Stöckli scheiterte mit dem Antrag, dass das BAV im Vorfeld einer Zulassung durch die ERA eine Vorprüfung nach BehiG vornimmt. Mit diesem «Swiss Finish» hätte sichergestellt werden sollen, dass Verbände Beschwerde einreichen könnten, falls die Autonomie von Menschen mit Behinderung im ÖV nicht gewährleistet ist. Mit 29 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung lehnte der Ständerat diesen Zusatz jedoch ab. Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) bezeichnete die Forderung als «nicht realistisch», da die ERA damit Schweizer Recht hätte übernehmen müssen, dafür aber keine rechtliche Grundlage besitze. Zudem wären damit faktisch wieder zwei parallele Prüfungen nötig geworden, was dem Ziel der Vorlage zuwiderlaufe. Bundesrat Albert Rösti fügte des Weiteren an, dass die ERA weiterhin dazu angehalten sei, nationale technische Vorschriften – inklusive Vorgaben zum Behindertengleichstellungsgesetz – zu beachten, weshalb die Ergänzung nicht erforderlich sei. In der Gesamtabstimmung stimmte die kleine Kammer der Harmonisierung im Bahnsektor schliesslich einstimmig zu.

Eisenbahngesetz. Änderung (Umsetzung technischen Säule des 4. EU-Eisenbahnpakets) (BRG 23.024)

In der Sommersession 2023 beriet der Ständerat den bundesrätlichen Entwurf für ein neues Unternehmensentlastungsgesetz als Erstrat in einer eineinhalbstündigen Debatte. Nachdem die kleine Kammer stillschweigend auf die Detailberatung eingetreten war, folgte sie durchwegs den Anträgen ihrer Kommission.

Kommissionssprecher Stefan Engler (mitte, GR) erläuterte zu Beginn der Debatte, dass der Bundesrat mit der Vorlage einerseits die Regulierungsbelastung für Unternehmen reduzieren und andererseits die Digitalisierung von Behördenleistungen stärken möchte. Erstens sollten dazu Regulierungsgrundsätze festgelegt werden, die als Leitlinien für die Evaluation von bestehenden und neuen Normen herangezogen werden sollen. Zweitens sollten Prüfpflichten für Vereinfachungen bei der Erarbeitung neuer Erlasse definiert werden, drittens Vorgaben zur Schätzung der Regulierungskosten gemacht und viertens ein Monitoring für die Belastung erstellt werden. Des Weiteren sollen fünftens mit Studien und periodischen Berichten Entlastungsvorschläge vorgelegt werden. Schliesslich sollten als sechstes Element, im Sinne der Digitalisierung, Behördendienstleistungen – insbesondere über die Plattform EasyGov – vereinfacht werden. Wirtschaftsminister Guy Parmelin hob hervor, dass das Gesetz zentral sei, um attraktive wirtschaftsfreundliche Rahmenbedingungen setzen zu können und sowohl bestehende als auch neue Gesetze auf ihr Entlastungspotential hin zu prüfen. Die Schweiz sei zwar international gesehen sehr innovativ, die Regulierungslast sei aber hoch und die Digitalisierung in diesem Bereich noch tief.

Der Ständerat befasste sich in der Folge mit je zwei Mehr- und Minderheitsanträgen aus der Kommission sowie einem Einzelantrag Minder (parteilos, SH). Letzterer verlangte eine Anpassung des Gesetzestitels zu «Regulierungsevaluationsgesetz», da er dieses nicht als Kostenentlastung für die Unternehmen, sondern als Aufblähung der Verwaltung erachtete. Das kleine «Regulierungsmonster», das gemäss Botschaft Kosten in der Höhe von CHF 1.5 Mio. bis CHF 4.3 Mio. verursache, zeige die paradoxe Situation auf, dass nicht einmal die Kosten für diese neue Verwaltungsaufgabe geschätzt werden könnten. Der Rat lehnte jedoch die Anpassung des Titels mit 28 zu 11 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.
Während eine Kommissionsmehrheit forderte, dass bei der Ausarbeitung neuer Gesetze im Sinne von volkswirtschaftlichen Kosten auch die Folgen für Private einbezogen werden, sprach sich eine Minderheit Germann (svp, SH) gegen diesen Zusatz aus, da dadurch das Gesetz verwässert werde und der Arbeitsaufwand zunehmen würde. Pirmin Bischof (mitte, SO) betonte hingegen, dass Gesetze in erster Linie «für die Menschen in diesem Lande» geschrieben würden, weshalb diese Ergänzung angebracht sei. Mit 27 zu 17 Stimmen folgte die kleine Kammer der Kommissionsmehrheit und dehnte damit den Radius für Folgekostenschätzungen aus.
Schliesslich befasste sich der Rat mit einem Minderheitsantrag Wicki (fdp, NW) zur Schaffung einer verwaltungsunabhängigen Prüfstelle für die Plausibilität der Regulierungskostenschätzungen der Bundesverwaltung, da ein Vieraugenprinzip die Schätzungen verbessere. Ein solcher «Preisüberwacher für Regulierungen», wie Kommissionssprecher Engler die geforderte Behörde im Rat bezeichnete, erachtete die Kommissionsmehrheit nicht als nötig, da die Verwaltung jederzeit zusätzlich Expertinnen und Experten für adäquate Schätzungen beiziehen könne. Mit 14 zu 30 Stimmen folgte der Ständerat auch hier seiner Kommissionsmehrheit und lehnte das zusätzliche Kontrollorgan ab.

In der Gesamtabstimmung nahm der Ständerat das Gesetzespaket mit 28 zu 9 Stimmen bei 4 Enthaltungen an, wobei die ablehnenden Stimmen und Enthaltungen von Ständerätinnen und Ständeraten verschiedenster Fraktionen stammten. Gleichzeitig schrieb der Rat die dazugehörige Motion Sollberger (svp, BL; Mo. 16.3388) ab. Die modifizierte Vorlage mit dem Zusatz der erweiterten Prüfung für Private ging damit an den Nationalrat.

Unternehmen von Regulierungskosten entlasten – Unternehmensentlastungsgesetz UEG (BRG 22.082)
Dossier: Effektivere Berücksichtigung von Regulierungskosten bei der Gesetzgebung
Dossier: Unternehmensentlastungsgesetz und Regulierungsbremse: Umsetzung der Motionen 16.3388 und 16.3360

Im Mai 2023 präsentierte der Bundesrat die Botschaft zur Teilrevision des Kartellgesetzes. Mit der Vorlage wollte die Landesregierung die Wirksamkeit des Kartellgesetzes verbessern, indem erstens die Zusammenschlusskontrolle als Kernelement der Revision modernisiert, zweitens das Kartellzivilrecht gestärkt und drittens eine Verbesserung im Widerspruchsverfahren vorgenommen werden. Mit der Revision sollten schliesslich drei Motionen (Fournier (cvp, VS; Mo. 16.4094), Français (fdp, VD; Mo. 18.4282), Wicki (fdp, NW; Mo. 21.4189)) umgesetzt werden. In der Vernehmlassung, welche von November 2021 bis März 2022 stattgefunden hatte, waren 79 Stellungnahmen eingegangen. Eine Mehrheit habe die Vorlage in ihren Grundzügen begrüsst, konstatierte der Bundesrat. Klare Ablehnung hatten neun Teilnehmende geäussert, darunter die FDP und der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse. Beide forderten die Rückweisung der Vorlage an den Bundesrat. Sie verlangten weitreichendere Reformen, insbesondere im Bereich der Institutionen, sowie die Berücksichtigung von Compliance-Programmen. Es sollten nicht nur die unumstrittenen Anpassungen vorgenommen werden, vielmehr sollte eine Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung einer neuen, umfassenderen Revisionsvorlage eingesetzt werden. Der Bundesrat gab indes bekannt, die geforderte Reform der WEKO, wie sie auch von anderen Vernehmlassungsteilnehmenden gefordert worden war, in einer separaten Vorlage anzugehen. In der letzten Vorlage zur Revision des Kartellgesetzes aus dem Jahr 2012 sei eine solche zwar auch vorgesehen, jedoch stark umstritten gewesen und habe deshalb zum Absturz der gesamten Revision beigetragen.

Inhaltlich sah der Bundesrat in einem ersten Teil zur Modernisierung der schweizerischen Zusammenschlusskontrolle eine Angleichung an internationale Standards vor. Statt des bisherigen qualifizierten Marktbeherrschungstests sollte neu der «Significant Impediment to Effective Competition Test (SIEC-Test)» Anwendung finden, wie er auch in der EU Standard ist. Auch dieser Test soll bei einem Zusammenschluss zweier Unternehmen den Wettbewerb auf dem Markt sicherstellen, weist aber einerseits eine niedrigere Eingriffshürde auf als der in der Schweiz bisher angewandte qualifizierte Marktbeherrschungstest und berücksichtigt andererseits neu auch Effizienzgewinne von Zusammenschlüssen. Gleichzeitig sollten mit der Vorlage administrative Prozesse, etwa zur Meldepflicht bei Zusammenschlüssen und für Fristverlängerungen beim Prüfverfahren, geregelt werden. In der Vernehmlassung war dieser Teil der Vorlage «wenig umstritten» ausgefallen, wie der Bundesrat festhielt. Ablehnung hatte diese Anpassung in der Vernehmlassung durch die SVP erfahren, jedoch vorerst ohne weitere Begründung.
Mit dem zweiten Teil der Vorlage, der Stärkung des Kartellzivilrechts, sollte die sogenannte Aktivlegitimation auf Konsumentinnen und Konsumenten sowie auf die öffentliche Hand ausgeweitet werden. Sämtliche von einer Wettbewerbsbeschränkung betroffenen Akteure sollen demnach auf Schadenersatz klagen dürfen, bisher konnten eine solche Klage nur Betroffene vornehmen, die wegen der unzulässigen Handlung in der Ausübung oder Aufnahme des Wettbewerbs behindert waren. Diese Massnahme ermögliche eine «effektive Durchsetzung des Wettbewerbsrechts im Allgemeinen», wie der Bundesrat in seiner Botschaft festhielt. Die Anpassung beinhaltete zudem die Einführung neuer Regelungen zur Verjährungshemmung sowie zur Möglichkeit, freiwillige Wiedergutmachungen nachträglich belastungsmindernd zu berücksichtigen. Auch dieser Teil der Vorlage war in der Vernehmlassung «wenig umstritten». Kritik kam aber auch hier wiederum von der SVP, die die «Gefahr eines prozessualen Paradigmenwechsels und einer Ausweitung der Verbandsklage» befürchtete.
Als drittes Element wollte der Bundesrat das sogenannte Widerspruchsverfahren praxistauglicher ausgestalten, indem dessen gesetzliche Frist von fünf auf zwei Monate verkürzt wird und das direkte Sanktionsrisiko bezüglich des gemeldeten Verhaltens für die im Verdacht stehenden Unternehmen erlischt, sofern die WEKO nicht innert der Widerspruchsfrist eine Untersuchung eröffnet. Dank des Widerspruchsverfahrens können Unternehmen geplante Verhaltensweisen, die potenziell als wettbewerbsrechtlich unzulässig eingestuft werden könnten, bereits im Voraus den Wettbewerbsbehörden melden, wobei diese innert Widerspruchsfrist darauf reagieren können. Während das Anliegen des Widerspruchsverfahrens in der Vernehmlassung als unbestritten galt, monierten verschiedenste Teilnehmende, dass die konkret vorgesehenen Anpassungen unzureichend seien.
Zur Umsetzung der Motion Français sah der Bundesrat vor, erstens Vereinbarungen über Arbeitsgemeinschaften grundsätzlich nicht als Wettbewerbsabrede zu klassifizieren, zweitens bei einem Verfahren zur Beurteilung einer Abrede sowohl qualitative als auch quantitative Aspekte zu berücksichtigen und drittens die Möglichkeit zu schaffen, dass die WEKO bei einem leichten Verstoss von wettbewerbsrechtlichen Normen auf eine Untersuchung im Sinne des Opportunitätsprinzips verzichten kann. In der Vernehmlassung war vor allem die Formulierung zur Berücksichtigung von qualitativen und quantitativen Kriterien zur Beurteilung der Erheblichkeit kritisiert worden. Gemäss NZZ torpedierte vor allem auch die WEKO selbst diese Anpassung, da sie mehr Aufwand und eine Schwächung der Bekämpfung von Kartellen befürchtete. Andere Teilnehmende verlangten indes eine Umsetzung, die sich stärker am Motionstext orientiert. Im Sinne der Umsetzung der Motion Wicki sollten schliesslich auch Regeln zum Untersuchungsgrundsatz aufgenommen werden. Auch diese Anpassung dürfte gemäss NZZ noch für Diskussionen sorgen. Die Motion Fournier zog schliesslich weitere verfahrensrechtliche Anpassungen zum Beispiel bezüglich Ordnungsfrist und Parteientschädigungen für die Kosten der Verwaltungsverfahren mit sich.

Teilrevision des Kartellgesetzes [2022] (BRG 23.047)
Dossier: Revision Kartellrecht
Dossier: Kartellgesetz

Die bundesrätliche Botschaft zur Standortförderung für die Vierjahresperiode 2024–2027 kam in der vorberatenden WAK-NR gut an. Die Botschaft beinhaltete sechs Finanzierungsbeschlüsse (zwei Verpflichtungskredite und vier Zahlungsrahmen) für die Standortpromotion, für die Exportförderung, für Innotour, für E-Government-Aktivitäten im Sinne von KMU-Entlastungen, für Finanzhilfen an Schweiz Tourismus und für die Einlage in den Fonds für Regionalentwicklung. Zudem soll als siebtes Element die Umsetzung der Neuen Regionalpolitik mit dem Mehrjahresprogramm 2021–2031 festgelegt werden. Während die mitberichtende FK-SR Anträge zur Kürzung der Beiträge in der Höhe von CHF 30.83 Mio. stellte, forderten diverse Minderheiten in der WAK-NR höhere Beiträge für die genannten Bereiche. Die Kommissionsmehrheit beantragte ihrem Rat jedoch, die Beiträge weder zu kürzen noch zu erhöhen und damit den bundesrätlichen Plänen in der Höhe von CHF 646.13 Mio. zu folgen.

In der Sommersession 2023 beriet der Ständerat als Erstrat das Paket zur Standortförderung 2024–2027. WAK-Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) erläuterte zu Beginn, dass die sieben Entwürfe von grosser Tragweite seien, um die touristische Förderung weiterzuführen und auszudehnen. Für verschiedenste Landesteile sei der Tourismus eine systemrelevante Branche und aufgrund vieler Herausforderungen brauche es gezielte Massnahmen zur Standortförderung. Stillschweigend trat die kleine Kammer auf die Beratungen ein. Vier von insgesamt sieben Bundesbeschlüssen stimmte das Stöckli in seiner hundert-minütigen Debatte jeweils einstimmig mit 43 zu 0 Stimmen zu (namentlich den Bundesbeschlüssen über die Finanzierung der E-Government Aktivitäten zugunsten von KMU 2024–2027, über die Finanzierung von Innotour 2024–2027, über die Festlegung des Mehrjahresprogramms des Bundes 2023–2031 zur Umsetzung der Neuen Regionalpolitik sowie zur Standortpromotion 2024–2027). Für mehr Diskussionen sorgten hingegen die übrigen drei Teile der Vorlage.
Eine Anpassung am bundesrätlichen Entwurf nahm der Ständerat erstens bei der Höhe der Finanzhilfen an Schweiz Tourismus vor. Während der Bundesrat und die Kommissionsmehrheit für die Jahre 2024–2027 einen Betrag von CHF 233 Mio. sprechen wollten, der ungefähr dem Betrag aus der Vorperiode entsprach, entschied sich der Ständerat für eine leichte Erhöhung auf CHF 246 Mio. und gab damit einem Antrag Chassot (mitte, FR) grünes Licht. Abgelehnt hatte der Rat hingegen einen Minderheitsantrag Wicki, den Beitrag gar auf CHF 258 Mio. zu erhöhen. Während die Minderheit Wicki mit den zusätzlichen CHF 25 Mio. den Teuerungsausgleich, den hohen Koordinationsaufwand sowie diverse Zusatzaufgaben finanzieren wollte, erachtete Isabelle Chassot nur den Teuerungsausgleich und eine Förderung des nachhaltigen Marketings zur Verhinderung von Overtourism als nötig. Diese Meinung teilte der Ständerat mit 22 zu 20 Stimmen bei 1 Enthaltung.
Eine zweite Anpassung, die ebenfalls die Höhe der finanziellen Mittel betraf, nahm der Ständerat zweitens beim Bundesbeschluss über weitere Einlagen in den Fonds für die Regionalentwicklung vor. Anstatt den Zahlungsrahmen für die Jahre 2024–2031 bei CHF 217.3 Mio. festzusetzen, erhöhte der Rat diesen Betrag einer Minderheit Engler (fdp, GR) folgend auf CHF 230 Mio. Der neue Zahlungsrahmen stimmte damit mit demjenigen der vorangehenden Periode überein. Während die Kommissionsmehrheit die vom Bundesrat vorgesehenen rund CHF 217 Mio. als ausreichend erachteten, warnte Engler davor, das «Tafelsilber der Regionalpolitik» mit Beitragskürzungen zu verscherbeln. Mit 23 zu 20 Stimmen votierte das Stöckli für den Minderheitsantrag.
Drittens hiess der Ständerat mit 30 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung im Rahmen der Beratungen für den Bundesbeschluss über die Finanzierung der Exportförderung für die Jahre 2024–2027 einen Einzelantrag Würth (mitte, SG) gut. Mit der Ergänzung soll der Bund die Exportfördermassnahmen auch dem ersten Sektor zugutekommen lassen. Keinen Anklang fand hingegen eine Minderheit Hegglin (mitte, ZG), welche den Zahlungsrahmen bei der Exportförderung nicht bei CHF 99 Mio., sondern bei den bisherigen rund CHF 95 Mio. ansetzen wollte.

In beinahe allen Gesamtabstimmungen der sieben Teilbereiche herrschte jeweils Einstimmigkeit. Der Ständerat erhöhte somit den bundesrätlichen Gesamtförderbetrag von gut CHF 646 Mio. auf CHF 670 Mio. Als Zweitrat wird sich in der Folge der Nationalrat mit den sieben Teilvorlagen beschäftigen.

Standortförderung 2024-2027 (BRG 23.028)

Nach dem Nationalrat befasste sich in der Frühjahrssession 2023 der Ständerat mit der Motion der KVF-NR zur Realisierung und Vollendung des «Verkehrskreuzes Schweiz». Die Motion verlangt, dass sich der Bundesrat im Rahmen der «Perspektive Bahn 2050» verstärkt auf den Fernverkehr von Grenze zu Grenze zwischen Nord und Süd sowie zwischen West und Ost konzentrieren soll.
Während sich mit 7 zu 2 Stimmen bei 3 Enthaltungen eine Mehrheit der KVF-SR für die Motion aussprach, kritisierte eine Minderheit diesen Fokus auf den Fernverkehr. Mathias Zopfi (gp, GL) monierte, dass dadurch der Regional- und Agglomerationsverkehr – also der Verkehr auf kurzen und mittleren Distanzen – vernachlässigt werde und zu viele Mittel in den Fernverkehr fliessen würden. Er verwies dabei auf das benachbarte Frankreich, in dem die Fernverkehrsverbindungen sehr gut seien, der «ÖV in der Provinz [jedoch] ziemlich dürftig» ausfalle. Vor allem der Ausbau im Regional- und Agglomerationsverkehr könne den ÖV-Anteil am Gesamtverkehr steigern, während der Fernverkehrsausbau nur zu Mehrverkehr führe.
Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) vertrat im Rat hingegen die Meinung, dass der Fokus nicht zu stark auf den Agglomerationsverkehr gesetzt werden, sondern auch die «Attraktivität des gesamten Netzes nicht aus den Augen verloren gehen» dürfe. Projekte müssten zwischen den Regionen aufeinander abgestimmt werden und die Verlagerung des Personenverkehrs auf die Schiene auf internationaler Ebene durch die Steigerung der Attraktivität des Fernverkehrsnetzes sei anzustreben. Die Kommission unterstütze deshalb diese «Gesamtvision» durch eine Weiterentwicklung des Fernverkehrsnetzes.
Der neu im Amt stehende Verkehrsminister Albert Rösti versicherte, dass der Bundesrat mit seiner Strategie den Fernverkehr nicht vernachlässigen und auch die 37 Agglomerationsprogramme nicht gegeneinander ausspielen möchte. Geplant sei vielmehr, den Fernverkehr auf jenen Strecken auszubauen, in welchen die Bahn gegenüber dem Individualverkehr noch zu wenig konkurrenzfähig sei – etwa auf den Strecken Bern-Lausanne oder Winterthur-St.Gallen. In der Vernehmlassung zur Perspektive Bahn 2050 habe sich gezeigt, dass der Fokus primär auf die kurzen und mittleren Strecken gelegt werden sollte. Der Bundesrat beantrage deshalb eine Ablehnung der Motion, er werde aber sowieso den «Fernverkehr nicht einfach ausser Acht lassen», wie er abschliessend erklärte. Die Differenzen seien deshalb nicht sehr gross.
Mit 28 zu 10 Stimmen stimmte der Ständerat der Motion schliesslich deutlich zu und überwies diese damit an den Bundesrat, welcher den Auftrag im Zuge der Botschaft zu den Bahnperspektiven 2050 umzusetzen plant.

Perspektive Bahn 2050. Einen Fokus auch auf die Realisierung und Vollendung des "Verkehrskreuzes Schweiz" (Mo. 22.4258)

Im März 2023 stand die Standesinitiative des Kantons Jura zur Verbesserung des Poststellennetzes erneut auf der Traktandenliste des Ständerats. Stillschweigend verlängerte die kleine Kammer die Frist für die Ausarbeitung einer Vorlage zur Erfüllung der Initiative um weitere zwei Jahre bis zur Frühjahrssession 2025. Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) erläuterte im Rat, dass das UVEK und das BAKOM derzeit an der Ausarbeitung zweier Berichte zur Weiterentwicklung der postalischen Grundversorgung arbeiteten. Zudem verwies der Freisinnige auf den Bericht der Fachgruppe Egerszegi, welcher sich mit derselben Thematik beschäftige. Für eine «korrekte Behandlung der Kantonsinitiative» wolle die Kommission deshalb die «richtungsgebenden Entscheide betreffend die Weiterentwicklung der postalischen Grundversorgung abwarten», wie sie in ihrem Bericht vom Januar 2023 schrieb.

Verbesserung des Poststellennetzes (Kt.Iv. 17.314)
Dossier: Poststellennetz und strategische Ausrichtung der Post

Im Rahmen der Frühlingssession 2023 beschäftigte sich der Ständerat mit dem Gesetzesentwurf zur Änderung des Entsendegesetzes, das eine gesetzliche Grundlage für die Plattform zur elektronischen Kommunikation zwischen Vollzugsorganen der flankierenden Massnahmen schaffen sollte. Die kleine Kammer beschloss, ohne Gegenantrag auf den Entwurf einzutreten. Der Kommissionssprecher der WAK-SR, Hans Wicki (fdp, NW), betonte, dass die Kommission nicht nur Eintreten, sondern auch die Annahme des Gesetzentwurfs ohne Änderungen einstimmig beantrage, zumal die Vorlage bereits im Rahmen der gescheiterten letzten Revision des Entsendegesetzes beraten worden sei. Überdies erachte es die Kommission auch nicht als problematisch, dass die Plattform bereits seit Dezember 2022 in Betrieb sei. Einstimmig, mit 36 zu 0 Stimmen, sprach sich der Ständerat in der folgenden Gesamtabstimmung für Annahme des Entwurfs aus.

Plattform zur elektronischen Kommunikation zwischen Vollzugsorganen der flankierenden Massnahmen (BRG 22.080)

Der Ständerat machte kurzen Prozess mit der Motion von Marcel Dobler (fdp, SG), die Kostentransparenz bei der Erfüllung von Postulaten forderte. Der Nationalrat hatte die leicht veränderte Motion noch ohne Diskussion an die kleine Kammer weitergeleitet, mit 33 zu 0 Stimmen (4 Enthaltungen) wollte Letztere aber nichts von dieser Forderung wissen. Die Position der Kommission, welche die Motion mit 8 zu 2 Stimmen (2 Enthaltungen) zur Ablehnung empfohlen hatte, wurde von Heidi Z'graggen (mitte, UR) erläutert: Die veränderte Motion wolle, dass die Kosten für die Erstellung eines Postulatsberichts in diesem Bericht erwähnt werden. Es sei zwar löblich, etwas gegen die Zunahme an Vorstössen unternehmen zu wollen, so Z'graggen; die SPK-SR befürchte aber, dass diese Kostentransparenz zu einer Einschränkung des Parlamentsmandats führen könnte. Wenn man damit rechnen müsse, «in allfälligen Rankings als teuerstes Ratsmitglied zu gelten», würde man sich selber zensieren. Demokratie sei aber nicht gratis und aus Kostengründen auf ein wichtiges Instrument zu verzichten, sei nicht zielführend. Die Prüfung auch komplexer Fragen dürfe ihren Preis haben. Würden zudem nur die Kosten von Postulaten ausgewiesen, sei damit zu rechnen, dass andere Instrumente – etwa die Interpellation, die auch Kosten verursache – häufiger genutzt würden. Bundeskanzler Walter Thurnherr hieb in dieselbe Kerbe. Für den Bundesrat sollten Postulate eigentlich nach ihrem Nutzen hinsichtlich der Lösung eines Problems beurteilt werden. Der Ausweis der Kosten eines Berichts nach Erfüllung eines Postulats könne nach Einschätzung der Regierung allerdings durchaus zu einer «Verbesserung der Kostentransparenz» beitragen. Es werde ja immer wieder diskutiert, wie viel ein Vorstoss durchschnittlich koste. Dennoch lehnte der Ständerat die Motion deutlich ab.

Kostentransparenz bei Erfüllung von Postulaten (Mo. 21.4327)
Dossier: Massnahmen gegen zu viele parlamentarische Vorstösse

Einstimmig trat der Ständerat in der Frühjahrssession 2023 auf die vom Bundesrat vorgeschlagenen Änderungen des Schwerverkehrsabgabegesetzes ein.
Nach dem Nationalrat sprach schliesslich auch die kleine Kammer einen Kredit von CHF 515 Mio. für einen Zeitraum von zehn Jahren, um die LSVA-Abgabenerhebung zu modernisieren. Das bestehende Erhebungssystem zur Berechnung der LSVA, welches mittels eines durch das BAZG herausgegebenen und nur in der Schweiz und Liechtenstein zulässigen Geräts funktioniert, soll durch eine an EU-Standards angepasste Lösung ersetzt werden. Das bestehende Erhebungssystem LSVA II hätte 2024 sein technisches Ende erreicht und einer Nachfolgelösung bedurft, erklärte der Bundesrat. Das neue und satellitengestützte System der LSVA III soll zudem – analog zur EU – von privaten Anbietern, welche vom Bundesrat eine Zulassung erhalten, angeboten werden. Die Daten sammeln und auswerten werde aber weiterhin das BAZG. Wie Kommissionssprecher Hans Wicki (fdp, NW) erläuterte, senke das neue System der LSVA III die «betrieblichen Aufwände für alle Beteiligten» und nutze die «Vorteile der modernen digitalen Technologien».
Für Diskussionen sorgte im Rat – wie zuvor auch schon im Nationalrat – hauptsächlich die Frage der Bemessungsgrundlage der Abgabe für Anhänger. Während Bundesrat und Nationalrat sowie eine Mehrheit der KVF-SR beim bestehenden System der Bemessung gemäss dem höchstzulässigen Gesamtgewicht sowie den gefahrenen Kilometern bleiben wollten, beantragte eine Minderheit Mazzone (gp, GE), welche von Mathias Zopfi (gp, GL) übernommen wurde, zu einer Bemessung gemäss der Anzahl Achsen des Anhängers zu wechseln. Der Bundesrat könne dabei zur Berechnung des Gesamtgewichts die Anzahl Achsen herbeiziehen und das zu verwendende Gewicht pro Achse festlegen, wie es in der EU üblich sei. Nach Ansicht der Minderheit könnten damit beim Bund in der 10-jährigen Berechnungsperiode dank Reduktionen bei der Kontrollinfrastruktur (spezielle Kameras) und bei der Auswertung der Daten total rund CHF 50 Mio. eingespart werden, weshalb sie auch den genannten Kredit von CHF 515 Mio. um diesen Betrag senken wollte. Minderheitsbefürworter Olivier Français (fdp, VD) erklärte im Rat, dass der Minderheitsantrag eine Kann-Formulierung vorsehe, die dem Bundesrat das Recht einräume, zu gegebener Zeit die Berechnungsgrundlage anzupassen. Dem entgegnete Finanzministerin Karin Keller-Sutter, dass eine solche Kann-Formulierung Rechtsunsicherheit in der Branche schaffe, und sie erinnerte daran, dass ebendiese Änderung in der Vernehmlassung «dezidiert abgelehnt» worden sei. Eine Mehrheit des Rates war schliesslich auch der Ansicht, dass ein Systemwechsel zu hohen Kosten bei den Unternehmen führen würde, da diese ihre Fuhrparks wieder anpassen müssten. Mit 31 zu 11 Stimmen verwarf die kleine Kammer diesen Antrag und sprach in der Folge – analog zum Nationalrat – den höheren Kredit. In der Gesamtabstimmung hiess der Ständerat das Gesetzespaket einstimmig gut.

Die LSVA III und der dazu notwendige Kredit von CHF 515 Mio. passierten die Schlussabstimmungen ohne Probleme: Beide Kammern nahmen die Anpassungen in der Frühlingssession 2023 einstimmig an (eine Enthaltung im Ständerat). Die Schweizer Schwerverkehrsabgabe werde dadurch Europa angepasst, titelte der «Blick».

Schwerverkehrsabgabegesetz. Änderung (BRG 22.059)

Da die heute freistehende, aber einer Revision bedürftige Hochspannungsleitung über den Grimsel gemäss den Plänen der Swissgrid in eine Tunnelröhre verlegt werden soll, kam die Idee auf, parallel dazu gleich einen 23 Kilometer langen Grimseltunnel zu realisieren, der eine einspurige Bahnverbindung zwischen Innertkirchen (BE) und Oberwald (VS) ermöglichen würde. Durch die dadurch entstehende Verbindung der Zentralbahn und der Matterhorn Gotthard Bahn könnten in Zukunft etwa Schmalspur-Direktverbindungen zwischen Montreux (VD) und St. Moritz (GR) oder zwischen Luzern und Zermatt (VS) angeboten werden, wie später im Rat aufgezeigt wurde. Das Parlament beriet zwei unterschiedliche Motionen zu diesem Thema, wobei die erste schon jetzt eine definitive Finanzierung des Projekts vorsah, während die zweite die Möglichkeit zur Realisierung des Projekts aufrechterhalten, jedoch das Projekt zuerst nochmals prüfen wollte.

Die erste Motion stammte vom Walliser Standesvertreter Beat Rieder (Mo. 22.4121) und forderte, dass der Bundesrat dem Parlament bis spätestens im Jahr 2023 einen Finanzierungsbeschluss für einen solchen multifunktionalen Grimseltunnel vorlegt. Der Ständerat wies das Begehren im Dezember 2022 vorerst oppositionslos der zuständigen Kommission zur Vorberatung zu, um insbesondere Unterlagen zur Machbarkeit des Projekts seriös zu prüfen. Im Februar 2023 beantragte die zuständige KVF-SR ihrem Rat knapp mit 5 zu 5 Stimmen bei 3 Enthaltungen und Stichentscheid des Präsidenten Hans Wicki (fdp, NW), die Motion anzunehmen. Die Kommissionsmehrheit war der Ansicht, dass mit dem Bündelungsprojekt «ein neues Kapitel der Schweizer Bahngeschichte im Alpenraum» geschrieben und Innovation, Kosteneffizienz und Tourismusförderung in einem Projekt vereint werden könnten. Eine knappe Minderheit war hingegen der Ansicht, dass das Projekt im Rahmen regulärer Ausbauschritte für die Bahn – etwa der Botschaft 2026 – behandelt werden sollte. Gleichentags beschloss die Kommission ohne Gegenstimme, diesbezüglich eine eigene, zweite Motion (Mo. 23.3010) einzureichen. Im Unterschied zur Motion Rieder verlangte diese, die Realisierung des multifunktionalen Grimseltunnels in die ordentlichen Ausbauprogramme der Bahninfrastruktur aufzunehmen und das Projekt vorerst eingehend zu prüfen, bevor ein definitiver Entscheid gefällt wird. Die entsprechenden Kredite zur Projektierung sollten bereitgestellt und das allfällige Bahntunnelprojekt zeitlich mit der Erdverkabelung durch die Swissgrid gebündelt werden, schlug die Kommission vor. «Ständeräte wollen Grimsel-Tunnel subito», schrieb der «Blick» als Reaktion auf die beschriebenen Kommissionsentscheide.

Einen kritischen Medienbericht zum Bahntunnelbauprojekt veröffentlichte wenige Tage vor der Abstimmung im Ständerat die «NZZ am Sonntag»: «Heikles Lobbying für Millionen-Loch», titelte das Sonntagsblatt. Die Medien deckten auf, dass die Lobbyisten für das Grimseltunnelprojekt gleich die Parlamentsmitglieder selber seien – Motionär Beat Rieder als Mitglied des Verwaltungsrats der Grimselbahn AG und Kommissionspräsident Hans Wicki als Verwaltungsratspräsident ebendieser AG. Gemäss Sitzungsprotokoll der Kommission, das der NZZ am Sonntag vorlag, habe der Direktor des BAV, Peter Füglistaler, eine entsprechende Bemerkung zu Interessenkonflikten und Ausstandsregeln gemacht, welche aber nicht weiter beachtet worden sei. Wicki habe zudem nicht nur den Stichentscheid gefällt, sondern auch seinen Kollegen Rieder, der nicht Teil der Kommission sei, in die Sitzung eingeladen, um «das Projekt im entscheidenden Moment wortreich verteidigen» zu können, wie die Zeitung schrieb. Die Zeitung zog zudem die von den Befürwortenden genannten Baukosten von CHF 660 Mio. – das BAV gehe eher von rund CHF 1 Mrd. aus – sowie die tatsächliche Nutzung des Tunnels in Zweifel und zitierte Ueli Stückelberger vom Verband öffentlicher Verkehr, der befürchtete, dass das Geld dann für andere, wichtigere Bahnprojekte fehlen werde.

Realisierung des multifunktionalen Grimseltunnels (Mo. 23.3010 und 22.4121)

Trotz unterschiedlicher Standpunkte arbeiteten die sieben Bundesratsmitglieder gut zusammen und setzten sich für die Schweiz ein. Dies war die Botschaft, die der amtierende Bundespräsident Alain Berset mit dem neuen Bundesratsfoto 2023 laut offizieller Medienmitteilung vermitteln wollte. Die in eher klassisch dunklen Oberteilen gekleidete neu zusammengesetzte Regierung ist zusammen mit dem Bundeskanzler um einen gossen Konferenztisch angeordnet, in Gruppen miteinander diskutierend. Vor den acht Personen steht jeweils ein Weinglas gefüllt mit Wasser. Auf dem Tisch liegen zudem ein Kompass, eine Karte und die Bundesverfassung. Über den Köpfen der Bundesrätinnen und Bundesräte schweben einzelne Papierseiten und durch die mit weissen Tüllgardinen bevorhangten Fenster ist eine Landschaft sichtbar. Die Verfassung auf dem Tisch stehe für das sich im kommenden Jahr zum 175. Mal jährende Bestehen der Schweiz. Auf den Papierseiten, die das zunehmende Chaos auf der Welt symbolisieren würden, sei ein Gedicht von Charles-Ferdinand Ramuz abgedruckt. Die im Hintergrund sichtbare Landschaft wiederum verweise auf die Verbindung zwischen Bundesrat und Volk, so die Medienmitteilung.

Noch selten habe ein Bundesratsfoto so viele Fragen aufgeworfen, betonte die Sonntagszeitung, der der Veröffentlichung des Bundesratsfotos jeweils folgenden medialen Parodie frönend. Man frage sich, ob die schwebenden Papierseiten wohl ein Zeichen dafür seien, dass schon vor dem offiziellen Antritt der beiden neuen Mitglieder, Elisabeth Baume-Schneider und Albert Rösti, die Fetzen geflogen seien, oder ob der Kompass darauf hinweise, dass der Bundesrat orientierungslos sei. Das Bild erinnere zudem stark an Leonardo Da Vincis «Abendmahl», wobei sich der in der Mitte sitzende Bundespräsident wohl «endgültig als göttliche Lichtgestalt» sehe. Es frage sich in diesem Fall allerdings, wer denn Judas sei, der ihn ans Messer liefere – eine Frage, die sich tags darauf auch der Blick stellte. Auch den Sonntags-Blick erinnerte das Foto an das Fresko von Leonardo Da Vinci. Wer das Sakrale nicht möge, dürfe sich aber auch «an eine dezente Firmenfeier» erinnert fühlen. Mit Verweis auf die Departementsverteilung, die nach den Bundesratsersatzwahlen vom Dezember 2022 nötig geworden war und bei der die Medien vermutet hatten, dass Alain Berset gerne das Finanzdepartement übernommen hätte, witzelte der Sonntags-Blick zudem, dass es der Bundespräsident nun doch in sein Lieblingsdepartement geschafft habe. Das Foto wurde nämlich im Bernerhof, dem Sitz des Finanzministeriums, geschossen. Der NZZ am Sonntag fiel hingegen auf, dass die «Bundesräte aus der lateinischen Schweiz sitzen, jene aus der Deutschschweiz stehen». Die Zeitung fragte sich, ob die Deutschschweizer dynamischer oder dominanter seien oder als «neue Minderheit» nicht einmal mehr Platz nehmen dürften.

Das jährliche Bundesratsfoto

Die Ankündigung der ersten von insgesamt vier von-Wattenwyl-Gesprächen im Jahr 2022 im Februar 2022 glich derjenigen des Vorjahres. Nicht nur der Ort war aufgrund der Covid-19-Pandemie noch immer nicht das namengebende Von-Wattenwyl-Haus, sondern erneut der Bernerhof, sondern auch die hauptsächlichen Traktanden der Gespräche zwischen den Parteispitzen und einer Bundesratsdelegation – im Februar bestehend aus dem frisch gekürten Bundespräsidenten und Aussenminister Ignazio Cassis, Gesundheitsminister Alain Berset und Energieministerin Simonetta Sommaruga sowie dem Bundeskanzler Walter Thurnherr – waren gleich wie im Vorjahr. Diskutiert wurde nämlich über die sich langsam entspannende gesundheitspolitische Lage sowie das in seiner neuen Stossrichtung formulierte Ziel der Regierung, die bilateralen Beziehungen zur EU zu stabilisieren. Einen weiteren aussenpolitischen Diskussionspunkt stellte der geplante Sitz der Schweiz im UNO-Sicherheitsrat (2023–2024) dar. Simonetta Sommaruga informierte über die geplanten Vorhaben zur Senkung der Treibhausgasemissionen auf Netto-Null bis 2050 (Revision des CO2-Gesetzes und Schaffung des Bundesgesetzes über sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien).
Im Mai 2022 fanden die Gespräche nach über zwei Jahren wieder im Von-Wattenwyl-Haus statt. Und auch die Themen hatten sich innert Monaten aufgrund der aktuellen weltpolitischen Lage mit dem Ausbruch des Ukraine-Kriegs stark verschoben. Bundespräsident Ignazio Cassis, Simonetta Sommaruga, Guy Parmelin sowie Walter Thurnherr diskutierten mit den Vertretungen der Bundesratsparteien über die aussenpolitischen, wirtschaftlichen und energiepolitischen Auswirkungen des Konflikts. Konkrete Diskussionsgegenstände waren die neutralitätspolitische Ausrichtung der Schweiz, die Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine in Lugano, der weltweite Teuerungsdruck und die Energieversorgungssicherheit – neben dem bereits im Februar diskutierten Stromversorgungsgesetz, dessen Umsetzung beschleunigt werden sollte, informierte die Energieministerin dabei über die geplanten Massnahmen zur Gasversorgungssicherheit.
Wie vor der Covid-19-Pandemie üblich traf sich die Landesregierung für die Von-Wattenwyl-Gespräche im Herbst in corpore und in Klausur mit den Parteispitzen. Neben dem Krieg und seinen Auswirkungen standen die Versorgungssicherheit, die Finanzplanung, wirtschaftspolitische Folgen der Inflation, die gesundheitspolitische Lage sowie einmal mehr die Europapolitik auf der Traktandenliste. In der bundesrätlichen Bilanz zu sechs Monaten Krieg nahm Justizministerin Karin Keller-Sutter Stellung zu den Migrationsbewegungen und dem Schutzstatus S, der rund 62'000 Personen gewährt worden sei; Verteidigungsministerin Viola Amherd betonte ihrerseits den Wandel der «europäischen Sicherheitsarchitektur» und die Bedeutung multilateraler Organisationen auch für die Schweiz; Aussenminister Ignazio Cassis berichtete über die Lugano-Konferenz. Die energetische Versorgungssicherheit wurde von Energieministerin Simonetta Sommaruga erörtert. Massnahmen seien etwa eine Wasserkraftreserve, Einrichtung von Reservekraftwerken und Plänen zur Bewältigung einer möglichen Gasmangellage; die Stromversorgung sei momentan aber sichergestellt. Wirtschaftsminister Guy Parmelin erklärte die steigenden Energiepreise zur Hauptursache für die ansteigende Inflation, die zwar mit 3.4 Prozent unter dem europäischen Mittel liege, aber auch in der Schweiz auf die Kaufkraft drücke. Über die schwierige Lage der Bundesfinanzen, denen ab 2024 strukturelle Defizite in Milliardenhöhe drohten, berichtete Finanzminister Ueli Maurer. Auch in der sich momentan beruhigenden Situation in der Covid-19-Pandemie gehe es weiterhin darum, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu verhindern, gab Gesundheitsminister Alain Berset zu bedenken. Schliesslich informierte Aussenminister Ignazio Cassis auch über die Sondierungsgespräche mit der EU: Es bestünden weiterhin erhebliche Differenzen.
Die vierte Gesprächsrunde der Von-Wattenwyl-Gespräche fand am 11. November statt. Die Bundesratsparteispitzen liessen sich dabei über die Reise von Bundespräsident Ignazio Cassis in die Ukraine und die Weiterführung des Schutzstatus S informieren. Erneut wurde auch über die Massnahmen zur Verhinderung einer Strommangellage diskutiert, darunter etwa das Reservekraftwerk in Birr oder der Rettungsschirm für systemkritische Stromunternehmungen, aber auch über den Verzicht, Unternehmen oder Private aufgrund der hohen Energiepreise oder der Inflation zu unterstützen. Auch die laufenden Sondierungsgespräche mit der EU, die «besorgniserregende Haushaltsentwicklung» und die nach wie vor angespannte gesundheitspolitische Lage waren wie schon im Herbst Gegenstand der Diskussionen.

Von-Wattenwyl-Gespräche seit 2013