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  • Varone, Christian (VS, fdp/plr)

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Ein Ereignis, das die Gesamterneuerungswahlen für den Walliser Staatsrat mit beeinflusste, hatte bereits 2012 seinen Anfang genommen. Der damalige Polizeikommandant und aussichtsreiche Kandidat der FDP, Christian Varone, war in der Türkei des versuchten Diebstahls und Schmuggels von antiken Kulturgütern angeklagt worden. Er hatte zugegeben, einen Stein von einer Kulturstätte als Souvenir nach Hause genommen zu haben, wäre sich aber der Bedeutung nicht bewusst gewesen. Die Walliser FDP hielt trotz der vehementen Warnungen von alt Bundesrat Pascal Couchepin an ihrem Kandidaten fest, obwohl das Gerichtsverfahren in der Türkei zuerst auf Ende Februar angesetzt war, die Wahlen aber bereits Anfang März stattfanden. Die „Stein-Affäre“ wurde im Walliser Wahlkampf abgesehen von ein paar ironischen Seitenhieben praktisch nicht bemüht. Die Geschichte wurde aber vor allem von den ausserkantonalen Medien dankbar aufgenommen. Das zweite beherrschende Thema des Wahlkampfes war die Kandidatur von SVP-Nationalrat Oskar Freysinger. Pikanterweise stammen Fresyinger wie Varone aus Savièse. Weil laut kantonaler Verfassung nur ein Staatsrat pro Wahlkreis gewählt werden kann, wurde die Bewerbung Freysingers von den Medien zu einem Duell Varone vs. Freysinger hochstilisiert. Dieses versprach zusätzlich Spannung, weil beide Kandidierenden mit ihrer rechtskonservativen, auf Sicherheit, Recht und Ordnung bedachten Politik ähnliche Wählerschichten ansprachen. Der auf nationaler Ebene als pointiert wahrgenommene Freysinger trat zudem im kantonalen Wahlkampf überaus konziliant auf. Ob dieser medial stark bearbeiteten Ausgangslage ging der eigentliche Wahlkampf fast unter. Weil vier der fünf Bisherigen – Jean-Michel Cina, Jacques Melly und Maurice Tornay von der CVP und Esther Waeber-Kalbermatten von der SP – wieder antraten, wurde allgemein erwartet, dass es bei der bisherigen Zusammensetzung (3 CVP, 1 FDP, 1 SP) bleiben würde. Einzig Claude Roch (fdp) war zurückgetreten. Diesen Sitz sollte Varone verteidigen. Neben den vier Bisherigen, Varone und Freysinger wurde Christoph Clivaz von den Grünen ins Rennen geschickt, dem aber – auch weil er ebenfalls im Bezirk Sitten antrat – kaum Chancen eingeräumt wurden. Die drei CVP-Kandidierenden fielen mit einer eigentlichen Ochsentour mit zahlreichen Wahlveranstaltungen auf. Dies trotz der für sie relativ sicheren Ausgangslage, weil anders als noch 2009 die Christlichsozialen aus dem Oberwallis (die so genannten „Gelben“) keinen Herausforderer stellten, sondern mit den „Schwarzen“ der CVP einen Schulterschluss vollzogen hatten. Die CVP und die SP betonten die bisherige gute Zusammenarbeit und setzten beide auf Varone. Bei der SP war dies durchaus mit Hintergedanken verbunden, da bei einem möglichen zweiten Wahlgang ihr Oberwalliser Sitz von einem neuen FDP-Kandidierenden angegriffen werden könnte, sollte Varone gegen Freysinger nicht punkten. Sachpolitik spielte im Wahlkampf eine eher untergeordnete Rolle, obwohl die Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative und die anstehende Revision des Raumplanungsgesetzes, die zudem zeitgleich mit den Walliser Wahlen an die Urne kam, insbesondere für den Kanton Wallis starke Auswirkungen hatten. Zu reden gab dafür die Veröffentlichung eines Videos, auf dem der Einsatz der Walliser Polizei nach einem tragischen Verkehrsunfall mit einem belgischen Reisecar zu sehen war. Angeblich war das Video ins Internet gestellt worden, um die Kritik der belgischen Eltern am zu langsamen Polizeieinsatz zu entkräften. Die Veröffentlichung geschah allerdings ohne das Wissen der Polizeidirektorin Waeber-Kalbermatten und wurde in den Medien als Werbung für den Polizeikommandanten – Christian Varone – verstanden. Für Kritik insbesondere bei der CVP und der FDP sorgte die Ankündigung Freysingers, bei einer allfälligen Wahl das Nationalratsmandat weiterhin ausüben zu wollen.

Der erste Wahlgang brachte ein eigentliches Erdbeben. Nicht die drei Bisherigen der CVP, sondern der Herausforderer der SVP, Oskar Freysinger, erzielte die meisten Stimmen. Mit 53'178 Zählern distanzierte er den ebenfalls neu angetretenen Christian Varone (32'422 Stimmen) um über 20'000 Stimmen. Dies kam einer veritablen Ohrfeige für die FDP gleich. Jean-Michel Cina (50'256 Stimmen), Jacques Melly (47'589 Stimmen) und Maurice Tornay (46'728 Stimmen) blieben zudem nur die Ränge zwei bis vier. Esther Waeber-Kalbermatten folgte mit 35'491 Stimmen auf dem fünften Rang. Abgeschlagen war Christophe Clivaz, der 15'856 Stimmen erhielt. Dass Varone in Savièse doppelt so viele Stimmen holte wie Freysinger war ein schwacher Trost für die FDP. Bei einer wohl auch aufgrund der gleichzeitig stattfindenden Abstimmung zur Revision des Raumplanungsgesetz sehr hohen Wahlbeteiligung von 68,1% (2009: 54,6%) erreichte allerdings keiner der Kandidierenden das absolute Mehr (67'870 Stimmen). Der Erfolg von Freysinger und die Niederlage von Varone wurden in einigen Medien als Folge der Stein-Affäre interpretiert. Im Kanton Wallis selber wurde hingegen eher vermutet, dass Freysinger als eigentlicher „Politstar“ mehr Wahlberechtigte von sich überzeugen konnte als alle anderen Kandidierenden. Das Resultat wurde denn auch als Zeichen eines Protestes gegen verkrustete Strukturen gewertet. Die CVP begründete ihr unerwartet schwaches Abschneiden mit der gleichzeitigen Abstimmung zur Raumplanungsrevision und der entsprechenden Ja-Parole der nationalen CVP.

Noch am Montag nach den Wahlen gab Varone bekannt, nicht für einen zweiten Umgang zur Verfügung zu stehen. Ebenso zog sich Christoph Clivaz (gp) zurück. Die FDP nominierte mit ihrem Kantonalpräsidenten Léonard Bender einen Ersatzkandidaten und sorgte damit dafür, dass ein zweiter Wahlgang angesetzt werden musste. Bender trat im Wahlkreis Martigny an und bedrohte damit keinen der restlichen fünf Kandidierenden direkt. Ein Aufruf für die Abwahl eines CVP-Kandidierenden, um eine neue Walliser Zauberformel und eine adäquatere Vertretung der Parteien in der Regierung einzuläuten, fruchtete trotz ganzseitigem Inserat im Blick nichts: Der zweite Umgang wurde zwei Wochen nach dem ersten nicht nur zu einem Triumph für Oskar Freysinger, sondern besiegelte auch die Verdrängung der FDP aus dem Walliser Staatsrat nach 76 Jahren Regierungsbeteiligung. Bei einer erneut hohen Stimmbeteiligung von 64,8% setzte sich Freysinger mit 56'913 Stimmen erneut deutlich an die Spitze. Erstmals zog die SVP damit in die Walliser Regierung ein. Überraschend auf Platz zwei folgte Esther Waeber-Kalbermatten mit 48'602 Stimmen. Das CVP-Trio mit Jean-Michel Cina (46'469 Stimmen), Jacques Melly (42'862 Stimmen) und Maurice Tornay (41'792 Stimmen) lag deutlich vor Léonard Bender, der für die FDP 29'874 Stimmen holte. Freysingers Doppelmandat stiess nach den Wahlen weiterhin auf Kritik und es wurde erwartet, dass der neu gewählte Regierungsrat mit einer starken Opposition im Parlament rechnen muss. Der neu gekürte SVP-Staatsrat konnte zudem nicht das von ihm gewünschte Departement für Sicherheit übernehmen (es verblieb bei Waeber-Kalbermatten) sondern musste mit dem Departement für Erziehung Vorlieb nehmen, wo einige einschneidende Reformen anstanden. Kurz nach den Wahlen wurde das Urteil aus der Türkei gegen Varone publik. Varone war wegen versuchten Diebstahls von Kulturgut zu einem Jahr und 15 Tagen Gefängnis unter Aufschub verurteilt worden. Das Urteil hatte somit keine strafrechtlichen Folgen und Varone wurde wieder als Polizeikommandant eingesetzt.

Staatsratswahlen Wallis 2013
Dossier: Kantonale Regierungswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Wallis

Im Kanton Wallis traten in den 14 Wahlbezirken insgesamt 249 Kandidierende an. Die zentrale Frage war, ob die CVP und die CSP ihre bisherige Mehrheit im 130-köpfigen Grossen Rat würden halten können. Die Nationalratswahlen 2011 hatten gezeigt, dass die Christdemokraten im Kanton Wallis sowohl von links als auch von rechts bedrängt werden. Die C-Parteien verfügten vor den Wahlen zusammen über 68 Sitze, wobei die CVP 54 Mandatsträger nach Sion schickte und in allen 14 Wahlbezirken mit insgesamt 67 Kandidierenden antrat. Die CVP hatte insbesondere im Oberwallis viele Zurückgetretene zu ersetzen. Die CSP (bisher 14 Sitze) trat in sechs Bezirken alleine an. Dort schickte sie 19 Kandidierende ins Rennen. Die FDP trat in neun Wahlkreisen mit 37 Personen an, um ihre 28 Sitze zu verteidigen; im Gegensatz zu 2009 kandidierte der Freisinn im Oberwallis allerdings nur noch im Wahlkreis Visp. Insbesondere die SVP plante einen Angriff auf die Hegemonie der C-Parteien mit dem Ziel, die seit 1999 sukzessive eroberten 12 Sitze weiter auszubauen. Ausser in zwei Kleinstbezirken trat die Volkspartei im ganzen Kanton – in vier Wahlkreisen zusammen mit den „Freien Wählern“ – mit dem insgesamt grössten Kandidatenensemble von 70 Personen an. Die SVP konnte dabei auf ihr für den Regierungsrat antretendes Zugpferd Oskar Freysinger setzen (siehe unten). Die Linke wollte die insgesamt 22 Mandate mit unterschiedlichen Listen in den verschiedenen Wahlkreisen ausbauen. Die SP trat in drei Bezirken (Conthey, Hérens und Monthey) alleine, in Visp mit ihrer Jungpartei und Gewerkschaften, in Brig zusätzlich mit den Grünen und in Leuk mit Unabhängigen an. In Sion und St. Maurice kandidierte eine „Alliance“ aus SP und CSP. Insgesamt wurden in diesen sieben Bezirken 29 Personen mit Bezug zur SP gelistet. Die Sozialdemokraten traten in Martigny und Sierre zudem auch unter dem Label Alliance de Gauche (AdG) zusammen mit der CSP und der GP an. 14 Personen warben auf diesen Listen um die Gunst der Wählerschaft. Die Grünen verbanden sich nicht überall mit der SP, sondern traten in drei Bezirken (Conthey, Monthey und Sion) alleine mit 8 Kandidierenden an. Vor vier Jahren war die GP lediglich in einem Bezirk alleine angetreten. Eine ebenfalls dem linken Lager zuzuordnende parochiale Vereinigung unter dem Namen Entremont Autrement schickte im Bezirk Entremont fünf Kandidierende ins Rennen. Im Gegensatz zu 2009 traten die Piratenpartei und die alternative Linke nicht mehr an. Im gleichen Wahlkreis kam es vor, dass mehrere Kandidierende mit gleichem Namen (also gleichem Vor- und Nachnamen) antraten. Die Wählerschaft war deshalb aufgefordert worden, die Listennummer und/oder den Beruf der gewählten Politiker/innen ebenfalls auf dem Wahlzettel zu vermerken. Die Grossratswahlen standen deutlich im Schatten der Regierungswahlen, die zu einem Zweikampf zwischen Christian Varone (fdp) und Oskar Freysinger (svp) hochstilisiert wurden (siehe unten). Darüber hinaus fand am 3. März die für den Kanton Wallis bedeutende Abstimmung zum revidierten Raumplanungsgesetz (RPG) statt. Der Wahlkampf für den Grossen Rat war deshalb unaufgeregt.

Nicht wenige Kommentare nach den Wahlen liessen vermuten, dass besagte Abstimmung zum RPG mitverantwortlich war für den Wahlausgang und die ausserordentlich hohe Wahlbeteiligung von 68,2% (2009: 54,6%). Der Verlust der CVP von fünf Sitzen wurde denn auch darauf zurückgeführt, dass sich die CVP-Bundesrätin Doris Leuthard stark für die Revision des RPG eingesetzt hatte. Allerdings büsste auch die CSP zwei Sitze ein. Mit neu noch 61 Sitzen verfügten die C-Parteien damit zwar nach 150 Jahren erstmals nicht mehr über eine absolute Mehrheit im Grossen Rat, blieben aber nach wie vor mit Abstand stärkste Kraft. Insgesamt erhielten sie 41,6% der Wählerstimmen (2009: 48,5%). Von den Verlusten der CVP (neu 49 Sitze) und der CSP (neu 12 Sitze) profitierte die SVP, die gleich um neun Sitze (neu 21 Sitze) und um fast sechs Prozentpunkte an Wählerstärke zulegte (neu: 17,2%; 2009: 11,5%). Die FDP konnte ihre 28 Mandate verteidigen und an Wählerstärke sogar leicht zulegen (neu: 24,6%; 2009: 22,3%). Die Linke hingegen büsste insgesamt zwei Sitze ein: die AdG musste drei Sitze abgeben, während die Entremont Autrement neu einen Vertreter in den grossen Rat schicken konnte. Dort wo SP (4 Sitze) und Grüne (2 Sitze) alleine antraten, konnten sie ihre Besitzstände wahren. Insgesamt verfügte die Linke damit insgesamt über weniger Rückhalt in der Wählerschaft (16,6%) als noch vor vier Jahren (17,7%). Trotz Bruch mit der CVP-CSP-Hegemonie, wurden keine grossen politischen Veränderungen erwartet. Kommentatoren interpretierten die (verloren gegangene) absolute Mehrheit der C-Parteien als lediglich symbolisch, weil zahlreiche Geschäfte sowieso von einer erdrückenden bürgerlichen Mehrheit unterstützt werden würden. Bedeutender seien im Parlament von je her die regionalpolitischen Unterschiede, die sich nicht selten quer durch die Fraktionen zeigen. Insgesamt hatte der Grosse Rat einen leichten Rechtsrutsch zu verzeichnen. Darüber hinaus wies das Parlament auch ein höheres Durchschnittsalter als vor vier Jahren auf. Waren die Gewählten 2009 im Schnitt noch 43 Jahre alt gewesen, wiesen die 2013 neu bestellten Mandatsträger ein mittleres Alter von 48 Jahren auf. Der Frauenanteil nahm hingegen deutlich ab. Waren 2009 noch 28 Sitze von Frauen besetzt (21,5%) nahmen ab 2013 lediglich noch 20 Frauen Einsitz im kantonalen Parlament (15,3%). Ein weiterer augenfälliger Unterschied zu den Wahlen 2009 zeigte sich hinsichtlich der Fluktuation. Waren 2009 nicht weniger als 53% der Gewählten neu im Parlament, betrug dieser Anteil 2013 noch 29%.

Grossratswahlen Wallis 2013
Dossier: Kantonale Parlamentswahlen 2013
Dossier: Kantonale Wahlen - Wallis

Für einen Eklat sorgte die Nomination des Polizeikommandanten Christian Varone im Kanton Wallis. Varone war in die Schlagzeilen geraten, weil er in seinem Urlaub in der Türkei festgenommen wurde. Grund für die Festnahme war ein Stein in seinem Gepäck, den er in der Nähe einer archäologischen Stätte gefunden habe. Varone erklärte Anfang September bei der Nominationsversammlung der FDP, für die Regierungsratswahlen von 2013 trotz Anklage wegen versuchten Diebstahls von Kulturgut für die FDP antreten zu wollen, was ihm prompt eine Schelte von alt-Bundesrat Pascal Couchepin einbrachte. Dieser forderte Varone auf, sich bei einer Verurteilung von der Kandidatur zurückzuziehen. Couchepin wurde in der Folge ausgebuht und Varone mit grosser Mehrheit im ersten Wahlgang zum offiziellen Regierungskandidaten nominiert. Das Urteil gegen Varone aus der Türkei stand Ende Berichtjahr noch aus.

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