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  • Vonlanthen, Beat (cvp/pdc, FR) SR/CE
  • Rickli, Natalie Simone (svp/udc, ZH) NR/CN

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In der Herbstsession 2021 verlängerte der Nationalrat die Behandlungsfrist der parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) für eine Verwahrung von rückfälligen Tätern stillschweigend um weitere zwei Jahre. Die RK-NR beantragte die Fristverlängerung ohne Gegenstimme und begründete dies damit, dass das BJ die gesetzgeberischen Arbeiten zur Erfüllung einer inhaltlich ähnlichen Kommissionsmotion (Mo. 16.3002) bereits aufgenommen habe. Die Kommission erachtete es als sinnvoll, jenen Vorentwurf abzuwarten, bevor sie einen Erlassentwurf für die parlamentarische Initiative Rickli ausarbeite.

Verwahrung bei rückfälligen Tätern (Pa.Iv. 13.463)

Im September 2021 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des Mehrwertsteuergesetzes mit dem Ziel, die Mehrwertsteuer in einer digitalisierten und globalisierten Wirtschaft weiterzuentwickeln. Mit den Änderungen in den Bereichen Steuerpflicht, Steuerabrechnung und Steuersicherung beabsichtige er eine Vereinfachung der Mehrwertsteuer für KMU, die Beseitigung von Wettbewerbsnachteilen inländischer Unternehmen, Steuersicherung sowie die Umsetzung verschiedener Motionen. Die Revision soll Mehreinnahmen «im mittleren zweistelligen Millionenbereich» mit sich bringen, insbesondere verursacht durch die Besteuerung der elektronischen Versandhandelsplattformen (ca. CHF 75 Mio.). Demnach sollen ausländische Versandhandelsunternehmen, die sogenannten «Plattformen», als Leistungserbringende eingestuft werden, wie es von einer Motion Vonlanthen (damals noch cvp, FR; Mo. 18.3540) gefordert worden war. Zwar sind diese Plattformen bereits heute ab einem Umsatz durch Kleinsendungen in der Schweiz von CHF 100'000 mehrwertsteuerpflichtig, viele erreichen jedoch diesen Wert nicht – Ende April 2020 waren nur 213 entsprechende Plattformen bei der Mehrwertsteuer registriert. Neu sollen sie deshalb als Lieferanten die Mehrwertsteuer auf alle verkauften Produkte entrichten müssen. Dabei soll die ESTV auch Möglichkeiten für administrative Massnahmen bei Zuwiderhandlung, wie ein Einfuhrverbot, die Möglichkeit zur Zerstörung der Produkte und die Schaffung einer Liste mit fehlbaren Unternehmen, erhalten. Anders als von der Motion Vonlanthen gefordert, soll jedoch nur die Besteuerung der Plattformen für Gegenstände, nicht aber diejenige für Dienstleistungen geändert werden, erklärte der Bundesrat. Letztere würden üblicherweise bereits als Leistungserbringende gelten. Hingegen sei eine Auskunftspflicht für Plattformen zu Unternehmen, die Beförderungs- oder Beherbergungsleistungen erbringen, geplant.
Zur Reduktion des Aufwands der Unternehmen soll diesen die jährliche Abrechnung der Mehrwertsteuer mit Ratenzahlungen ermöglicht werden. Die Steuersicherung soll verbessert werden, indem der Handel mit Emissionsrechten der Bezugssteuer unterstellt wird und Geschäftsführungsmitglieder juristischer Personen zur Bereitstellung von Sicherheiten verpflichtet werden können.
Daneben sollen mit der Revision zahlreiche weitere Motionen umgesetzt werden, etwa eine Motion der WAK-SR (Mo. 16.3431) für eine Streichung der Mehrwertsteuer auf subventionierte Aufgaben, die Motion Page (svp, FR; Mo. 17.3657) für eine Beseitigung der Ungleichbehandlung von Sport- und Kulturvereinen in der Mehrwertsteuer, die Motion Maire (sp, NE; Mo. 18.4205) für eine Reduktion des Mehrwertsteuersatzes für Damenhygieneartikel und eine Motion Humbel (mitte, AG; Mo. 19.3892) für eine Ausnahme der Leistungen der hausärztlich koordinierten Versorgung von der Mehrwertsteuer.

Revision des Mehrwertsteuergesetzes: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer digitalisierten und globalisierten Wirtschaft (BRG 21.019)
Dossier: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer globalisierten Wirtschaft – Das Bundesratsgeschäft (BRG 21.019) und der Weg dahin

Nach acht Jahren Bearbeitungszeit beantragte die Mehrheit der RK-NR ihrem Rat im April 2021 bereits zum dritten Mal die Abschreibung der parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) für eine staatliche Haftung bei Wiederholungstaten nach bedingten Entlassungen und Strafvollzugslockerungen. Die beiden vorangegangenen Vernehmlassungen hätten gezeigt, dass die Ablehnung der parlamentarischen Initiative nicht konkreten Umsetzungsaspekten geschuldet sei, sondern dem Anliegen selbst entspringe, so die Begründung der Kommissionsmehrheit. Sie teile zwar die Ansicht, dass schwere Verbrechen wie Mord von strafentlassenen Wiederholungstätern durch wirksame Massnahmen bekämpft werden und Opfern jede mögliche Hilfe zugesprochen werden müsse, allerdings könne sich die Kommissionsmehrheit «nicht für die Umsetzung des Initiativtextes aussprechen», erklärte Berichterstatterin Sibel Arslan (basta, BS). Nicht zuletzt hätten die Kantone, in deren Kompetenz der Strafvollzug liegt, massive Kritik am Anliegen geübt. Eine SVP-Minderheit erachtete den Handlungsbedarf jedoch weiterhin als aktuell und beantragte deshalb eine erneute Fristverlängerung. Barbara Steinemann (svp, ZH) argumentierte in deren Namen, dass es die Verantwortung der Politik, Justiz und Behörden sei, die Gefahr zu reduzieren, Opfer von Wiederholungstäterinnen oder -tätern zu werden. Gegenwärtig werde die Resozialisierung von Tätern höher gewichtet als die Sicherheit der Bevölkerung, monierte sie. Entgegen der Prognosen der Kantone würde die Umsetzung der Initiative nicht dazu führen, dass es keine Hafturlaube oder Resozialisation mehr gäbe. Vielmehr führte sie zu einer stärkeren Ausfilterung, wer überhaupt von Hafterleichterungen profitieren könne, so Steinemann. Mit 135 zu 53 Stimmen bei einer Enthaltung folgte die Volkskammer dem Mehrheitsantrag und schrieb die parlamentarische Initiative Rickli in der Sommersession 2021 schliesslich ab.

Haftung bei bedingten Entlassungen und Strafvollzugslockerungen (Pa.Iv. 13.430)

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Zusammenfassung
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Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes (BRG 21.019)

Mit der im September 2021 vorgelegten Teilrevision des Mehrwertsteuergesetzes beantragte der Bundesrat die Umsetzung zahlreicher Motionen und Postulate. Hauptbestandteil der Revision war die neue Besteuerung der elektronischen Versandhandelsplattformen gemäss einer Motion Vonlanthen (damals noch cvp, FR; Mo. 18.3540), darüber hinaus wurde aber etwa auch der Mehrwertsteuersatz auf Damenhygieneartikel reduziert (gemäss einer Motion Maire: sp, NE; Mo. 18.4205) oder die Ungleichbehandlung von Sport- und Kulturvereinen in der Mehrwertsteuer behoben (gemäss einer Motion Page: svp, FR; Mo. 17.3657). Das Parlament entschied sich zudem, auch die Mehrwertsteuerausnahmen im Gesundheitsbereich teilweise neu zu regeln.

Chronologie
Vernehmlassung
Botschaft
Erstrat
Zweitrat
Differenzbereinigung
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Revision des Mehrwertsteuergesetzes: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer digitalisierten und globalisierten Wirtschaft (BRG 21.019)
Dossier: Weiterentwicklung der Mehrwertsteuer in einer globalisierten Wirtschaft – Das Bundesratsgeschäft (BRG 21.019) und der Weg dahin

In der Sommersession 2021 erledigte der Ständerat die parlamentarische Initiative Rickli (svp, ZH) für eine Erhöhung des Strafmasses bei Vergewaltigungen. Anders als der Nationalrat gab ihr die Kantonskammer keine Folge. Sie folgte damit ihrer einstimmigen Rechtskommission, die das Anliegen bei der Ausarbeitung des Erlassentwurfs zum Sexualstrafrecht prüfen wollte und deshalb keinen weiteren Handlungsbedarf sah.

Erhöhung des Strafmasses bei Vergewaltigungen (Pa.Iv. 16.483)
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Nachdem der Bundesrat die beiden gleichlautenden Postulate Caroni (fdp, AR) und Rickli (svp, ZH) betreffend die Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe für besonders schwere Straftaten mit einem Bericht erfüllt hatte, schrieben die eidgenössischen Räte die beiden Vorstösse in der Sommersession 2021 ab.

Reform der «lebenslangen» Freiheitsstrafe für besonders schwere Straftaten (Po. 18.3530 und 18.3531)

In der Sommersession 2021 wurden die beiden gleichlautenden Postulate Jositsch (sp, ZH; Po. 16.3644) und Rickli (svp, ZH; Po. 16.3637) zur Prävention pädosexueller Straftaten vom jeweils zuständigen Rat abgeschrieben, da der Bundesrat deren Anliegen mit einem Bericht erfüllt hatte.

Präventionsprojekt «Kein Täter werden» für die Schweiz (Po. 16.3637 und 16.3644)

Im Rahmen der Beratungen zum Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2020 schrieb der Nationalrat in der Sommersession 2021 ein Postulat Rickli (svp, ZH) als erfüllt ab, das einen Bericht über Massnahmen gegen die weibliche Genitalverstümmelung gefordert hatte. Ein entsprechender Bericht war im November 2020 erschienen.

Massnahmen gegen Mädchenbeschneidung (Po. 18.3551)

In der Sommersession 2021 stimmte die kleine Kammer der Abschreibung des Postulates «Die Chancen der Kreislaufwirtschaft nutzen. Prüfung steuerlicher Anreize und weiterer Massnahmen» des ehemaligen Ständerates Beat Vonlanthen (cvp, FR) zu. Der Bundesrat hatte den Bericht in Erfüllung des Postulates im Juni 2020 publiziert.

Stimuler l'économie circulaire (Po. 17.3505)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»
Dossier: Geplante Obsoleszenz und Bestrebungen zur Kreislaufwirtschaft

Ende November 2020 publizierte der Bundesrat in Erfüllung eines Postulats Rickli (svp, ZH) einen Bericht über die Massnahmen gegen die weibliche Genitalverstümmelung. In diesem Bericht wird unter anderem hervorgehoben, dass es unklar sei, ob und in welchem Ausmass weibliche Genitalverstümmelung in der Schweiz stattfindet. Die Forderung nach einer diesbezüglichen Verschärfung des Strafrechts lehnte die Regierung ab. Während sie die Wichtigkeit des expliziten Straftatbestandes der weiblichen Genitalverstümmelung (Art. 124 StGB) aus dem Jahre 2012 hervorhob, betonte sie, dass ein erhöhtes Mass an strafrechtlicher Verfolgung gesundheitliche Konsequenzen für Betroffene mit sich ziehen könne. Denn diese nähmen unter Umständen aus Angst vor Strafen keine medizinische Versorgung in Anspruch. Des Weiteren verfüge die Schweiz bereits über eine hinreichende Strafverfolgung bei weiblicher Genitalverstümmelung, welche gar weiter gehe als bei anderen europäischen Migrationszielstaaten. Zudem betonte der Bundesrat, dass die weibliche Genitalverstümmelung oftmals eng an ein entsprechendes Wertesystem gekoppelt sei und deshalb eine Revision des Strafrechts alleine nicht zu einem Umdenken der Betroffenen führen könne.
Stattdessen empfahl er, sich vermehrt auf die Präventionsarbeit innerhalb betroffener Migrationsgruppen zu fokussieren. Dies sehe unter anderem die Sensibilisierung bestimmter Berufsgruppen vor, die mit potenziell bedrohten Frauen und Mädchen in Kontakt kommen, und verlange insbesondere nach interdisziplinärer Zusammenarbeit der Behörden. Des Weiteren sah der Bundesrat eine «bedarfsgerechte medizinische Versorgung der betroffenen Mädchen und Frauen» in Form von Folgebehandlungen nach einer Genitalverstümmelung vor.

Ende April 2021 beriet die RK-NR die Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043) zu Ende und befürwortete die Revision in der Gesamtabstimmung mit 16 zu 7 Stimmen (1 Enthaltung). Während den Beratungen kam die Kommissionsmehrheit unter Kenntnisnahme des Berichts des Bundesrats zum Schluss, dass der bestehende Tatbestand der weiblichen Genitalverstümmelung momentan keiner Veränderung bedarf.

Massnahmen gegen Mädchenbeschneidung (Po. 18.3551)

Im Februar 2021 stellte sich die RK-SR gegen eine parlamentarische Initiative Rickli (svp, ZH), der ihre Schwesterkommission im Vorjahr noch Folge gegeben hatte, mit der Ehen mit Minderjährigen für ungültig erklärt werden sollten. Dabei anerkannte sie zwar den Handlungsbedarf in diesem Bereich, wollte aber den im Sommer erwarteten Vernehmlassungsentwurf des Bundesrates abwarten, weswegen sie der parlamentarischen Initiative mit 7 zu 4 Stimmen (1 Enthaltung) keine Folge gab. Aus dem gleichen Grund sistierte die Kommission auch eine Motion der RK-NR (Mo. 20.3011).

Keine Anerkennung von Kinder- und Minderjährigenehen in der Schweiz (Pa. Iv. 18.467)

Nachdem sich der Ständerat im Sommer 2020 dafür ausgesprochen hatte, die Normen des Sexualstrafrechts aus der Vorlage zur Strafrahmenharmonisierung zu streichen und in einem separaten Entwurf zu behandeln, beauftragte die RK-SR die Verwaltung, eine Vernehmlassungsvorlage zum Sexualstrafrecht auszuarbeiten. Am 1. Februar 2021 eröffnete die Kommission das Vernehmlassungsverfahren. In ihrem Bericht führte die Kommission aus, das Ziel der Vorlage sei keine grundlegende Neugestaltung des Sexualstrafrechts; vielmehr würden punktuelle Änderungen vorgeschlagen. So soll ein neuer Artikel 187a ins Strafgesetzbuch eingefügt werden, um «den entgegenstehenden Willen von sexuell mündigen Opfern zu schützen», wie die Kommission den Grundgedanken des neuen Tatbestands des sexuellen Übergriffs in der Medienmitteilung erläuterte. Die neue Bestimmung soll Fälle abdecken, in denen jemand eine sexuelle Handlung gegen den Willen des Opfers vornimmt oder vornehmen lässt, aber ohne das Opfer zu nötigen oder eine Notlage oder Abhängigkeit auszunützen, wie es bisher für die Strafbarkeit verlangt wird. Zur Anwendung kommen soll der neue Artikel beispielsweise, wenn sich der Täter oder die Täterin vorsätzlich über den geäusserten Willen des Opfers hinwegsetzt, eine sexuelle Handlung überraschend vornimmt oder eine solche bei der Ausübung einer Tätigkeit im Gesundheitsbereich vornimmt oder vornehmen lässt, indem der Irrtum des Opfers über den Charakter der Handlung ausgenutzt wird. Ein sexueller Übergriff soll mit maximal drei Jahren Freiheitsstrafe geahndet werden.
Weiter soll in Umsetzung einer Genfer Standesinitiative (Kt.Iv. 14.311) die Definition der Vergewaltigung, die unverändert mit bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe bedroht wird, dahingehend ausgedehnt werden, dass nicht mehr nur der Beischlaf, sondern auch beischlafsähnliche Handlungen darunterfallen und auch männliche Opfer erfasst werden können. Weiterhin soll jedoch eine Art von Zwang, also Nötigung durch Gewalt, Druck oder Drohung, Voraussetzung für eine Vergewaltigung sein; die in der Öffentlichkeit als Zustimmungslösung («nur ja heisst ja») diskutierte Variante war im Vorentwurf nicht enthalten. Wie die Medienberichterstattung vermuten liess, dürfte es hierzu noch eine lebhafte Debatte geben, regte sich doch von verschiedenen Seiten, u.a. von den Grünen oder von Amnesty International Schweiz, bereits Widerstand gegen den Vorschlag.
Wie von einer parlamentarischen Initiative Amherd (cvp, VS; Pa.Iv. 18.434) gefordert, soll zudem das Anbahnen sexueller Kontakte mit Kindern, das sogenannte Cybergrooming, künftig unter Strafe gestellt werden. Für sexuelle Handlungen mit Kindern unter 12 Jahren sind neu generell schärfere Strafen vorgesehen. Demgegenüber sollen Jugendliche nicht unnötig kriminalisiert werden, wenn sie pornografisches Material von sich selber oder von Gleichaltrigen mit deren Einverständnis herstellen, weiterleiten oder besitzen, indem dies unter gewissen Umständen straflos bleiben kann. Nicht in den Vorentwurf aufgenommen wurde indessen das Anliegen einer Motion Rickli (svp, ZH; Mo. 14.3022), einen Straftatbestand zu Posing-Bildern von Kindern zu schaffen. Die Vernehmlassungsfrist endet am 10. Mai 2021.

Harmonisierung der Strafrahmen (BRG 18.043)
Dossier: Revision des Strafgesetzbuches (2008– )
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Die gesamte Bundesverwaltung soll mit Hilfe eines zentralen Daten-Hubs eine zukunftsfähige Daten-Infrastruktur und Daten-Governance erhalten; der digitale Austausch zwischen Behörden aller Staatsebenen aber auch zwischen Behörden und Wirtschaft sowie Zivilgesellschaft soll mittels sogenannter «Open Access-Echtzeit-Schnittstellen (API)» verbessert werden. Nichts weniger forderte eine Motion der Finanzkommission des Nationalrats, die nicht einmal zwei Monate nach ihrer Einreichung vom Nationalrat in der Wintersession 2020 überwiesen wurde. Die FK-NR begründete ihren Vorstoss und den damit verbundenen Auftrag an den Bundesrat damit, mittels jährlichem Bericht aufzuzeigen, wie gross der Anteil an via diesem Hub erreichbaren und genutzten Daten ist, mit dem Ziel der Verbesserung der Beziehungen zwischen Staat und Unternehmen bzw. Bürgerinnen und Bürgern. Das «Once-Only-Prinzip» müsse umgesetzt werden: Standardinformationen sollen von der Zivilgesellschaft und der Wirtschaft allen Behörden lediglich einmal mitgeteilt werden müssen. Die FK-NR wollte ihre Motion als Ergänzung zu den bereits angenommenen gleichlautenden Motionen Vonlanthen (cvp, FR; Mo. 18.4276) und Grüter (svp, LU; Mo. 18.4238) verstanden wissen, die die Einführung von elektronischen Schnittstellen in der Bundesverwaltung fordern. Der Bundesrat hatte die Annahme der Motion beantragt und im Nationalrat wurde sie ohne Diskussion durchgewinkt.

Zukunftsfähige Daten-Infrastruktur und Daten-Governance in der Bundesverwaltung (Mo. 20.4260)
Dossier: E-Government
Dossier: Flexible Arbeitsformen in der Bundesverwaltung – Diskussionen seit der Covid-19-Krise

Im Nachgang des Vierfachmords von Rupperswil 2015 und des anschliessenden, aufsehenerregenden Strafverfahrens hatten die eidgenössischen Räte mit der Überweisung zweier Postulate Caroni (fdp, AR; Po. 18.3530) und Rickli (svp, ZH; Po. 18.3531) verlangt, dass der Bundesrat prüft, wie die lebenslange Freiheitsstrafe reformiert werden könnte. In Erfüllung dieser beiden Postulate legte der Bundesrat im November 2020 einen Bericht über die Reform der lebenslangen Freiheitsstrafe für besonders schwere Straftaten vor. Er kommt darin zum Schluss, dass bei der lebenslangen Freiheitsstrafe kein dringender Handlungsbedarf, aber Verbesserungspotenzial bestehe. Die beiden gleichlautenden Postulate hatten drei konkrete Ansatzpunkte vorgeschlagen, die der Bundesrat aus unterschiedlichen Gründen ablehnte. Den ersten Vorschlag, eine bedingte Entlassung erst nach 25 oder 30 Jahren – anstatt wie heute nach 15 Jahren – zuzulassen, erachtete er als eine zu drastische Verschärfung, die nicht mehr in einem sinnvollen Verhältnis zu den übrigen Strafdrohungen stünde, weshalb sehr weitreichende Anpassungen im Strafrecht notwendig würden, um dieses Verhältnis wiederherzustellen. Eine moderate Erhöhung des unbedingt zu vollziehenden Strafteils hielt die Regierung jedoch für prüfenswert, um die lebenslange Strafe besser von der höchsten zeitigen Freiheitsstrafe von 20 Jahren (Prüfung einer bedingten Entlassung nach 13,3 Jahren) abzugrenzen. Den zweiten Vorschlag, die bedingte Entlassung bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe völlig auszuschliessen, lehnte der Bundesrat als verfassungswidrig ab, weil die regelmässige Überprüfung des Freiheitsentzugs grundrechtlich garantiert sei. Vom dritten Vorschlag, der Abschaffung der lebenslangen Freiheitsstrafe zugunsten längerer zeitiger Strafen, wollte der Bundesrat ebenfalls absehen, weil er darin keine überwiegenden Vorteile erkennen konnte. Stattdessen zeigte er sich bereit, das Verhältnis von lebenslanger Freiheitsstrafe und Verwahrung zu vereinfachen und die ausserordentliche bedingte Entlassung, die bei einer lebenslangen Freiheitsstrafe bereits nach 10 Jahren möglich wäre, der in der Praxis aber ohnehin keine Bedeutung zukomme, abzuschaffen.

Reform der «lebenslangen» Freiheitsstrafe für besonders schwere Straftaten (Po. 18.3530 und 18.3531)

In der Herbstsession 2020 beendete der Nationalrat die Diskussionen um die Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier, indem er mit 106 zu 81 Stimmen (2 Enthaltungen) beschloss, nicht auf das Geschäft einzutreten. Damit folgte die grosse Kammer ihrer SPK-NR, die zuvor mit 13 zu 11 Stimmen Nicht-Eintreten empfohlen hatte. Ursprünglich hatte die Kommission entsprechend der ursprünglichen Forderung einer parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) vorgesehen, diese finanzielle Hilfe für ehemalige Parlamentsmitglieder gänzlich abzuschaffen. Nachdem der Nationalrat die Vorlage abgeschwächt hatte – neu sollten nur noch abgewählte, nicht aber freiwillig zurücktretende Parlamentsmitglieder von einer finanziellen Überbrückung profitieren –, war der Ständerat in der Sommersession 2020 gar nicht erst auf die Vorlage eingetreten.
Es sei eine lange Geschichte, die sich im Kreis drehe, fasste Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) zusammen. Eine Minderheit kritisiere dabei – «vielleicht auch zurecht» –, wie der Ständerat mit der Vorlage umgehe: «Wenn dem Ständerat etwas nicht passt, wird es vom Tisch gewischt». Allerdings sei damit zu rechnen, dass die kleine Kammer auch ein zweites Mal nicht eintreten werde, selbst wenn sich der Nationalrat nun mit der Vorlage beschäftigen würde, mahnte Jauslin. Es gelte deshalb, der Sache ein Ende zu bereiten. Für besagte Minderheit wiederholte Gregor Rutz (svp, ZH) noch einmal die bereits bekannten Argumente: Ratsmitglieder, die neben der Arbeitslosenversicherung als Milizparlamentarierinnen und -parlamentarier nach einem geplanten Rücktritt auch noch Einkommen erzielten, sollten nicht in den Genuss staatlich finanzierter Überbrückungshilfe kommen. Der Ständerat brauche ab und zu ein paar Monate mehr; auch er werde aber die Wichtigkeit der Angelegenheit noch erkennen. Die rhetorische Frage von Ada Marra (sp, VD), ob es niemand seltsam finde, dass die Kommissionsminderheit von einem Fraktionsmitglied jener Partei angeführt werde, die nichts dagegen einzuwenden habe, dass Christoph Blocher, AHV-Bezüger und reich, ebenfalls eine Art von Überbrückungshilfe beanspruche, blieb unbeantwortet – die Vaudoise spielte auf die Forderung des alt-Bundesrats an, sein Ruhegehalt nachträglich beziehen zu können. In der Folge warb Marianne Streiff-Feller (evp, BE) im Namen der Mitte-Fraktion für die 2019 gefundene Kompromisslösung und entsprechend für Eintreten und Kurt Fluri (fdp, SO) gab bekannt, dass die FDP-Fraktion auch aus finanziellen Überlegungen für Nicht-Eintreten stimmen werde: Auch mit der abgeschwächten Lösung würden nur unwesentliche Einsparungen der pro Jahr im Schnitt rund CHF 100'000 betragenden Überbrückungshilfen gemacht. Entsprechend stammten die Stimmen, die das Geschäft – erfolglos – gerne noch einmal an die kleine Kammer geschickt hätten, aus der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion, aus der Mitte-Fraktion (28 befürwortende, 1 Gegenstimme) und aus der FDP-Fraktion (4 abweichende, befürwortende Stimmen).

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

In Erfüllung zweier Postulate Rickli (svp, ZH; Po. 16.3637) und Jositsch (sp, ZH; Po. 16.3644) präsentierte der Bundesrat im September 2020 seinen Bericht über Präventionsangebote für Personen mit sexuellen Interessen an Kindern. Darin wies er darauf hin, dass bisher keine gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Wirksamkeit von Präventionsangeboten beratender oder therapeutischer Art im Sinne einer Reduktion oder Verhinderung von sexuellen Übergriffen auf Kinder vorlägen. Ein solcher Nachweis sei denn auch methodisch schwierig zu erbringen. Befragungen unter Personen, die bestehende Präventionsangebote nutzten, zeigten jedoch positive Effekte: Sie könnten etwa die psychische Belastung von Personen mit pädophilen Neigungen mindern und ihnen Strategien zur besseren Bewältigung von problematischen Alltagssituationen aufzeigen.
Das bestehende Angebot in der Schweiz beschränke sich bisher auf untereinander nicht vernetzte und grösstenteils wenig bekannte Einzelinitiativen. Therapieangebote seien primär in der Straftäterbehandlung angesiedelt, wodurch die Zugangshürde für nicht straffällige Betroffene hoch sei. Ausserdem sei die Anonymität nur gewährleistet, wenn die betroffene Person die Kosten der Therapie selber trage. Reine Beratungsangebote ohne Behandlungsoption – wie das Westschweizer Projekt «Dis No» – seien noch wenig verbreitet; insbesondere in der Deutschschweiz fehle ein solches gänzlich. Beratungsstellen hätten überdies Schwierigkeiten, behandlungswillige Personen an geeignete Therapeutinnen und Therapeuten weiterzuleiten, weil nur wenige bereit seien, Personen mit sexuellen Interessen an Kindern zu behandeln.
Die vom Bundesrat eingesetzte Expertengruppe, die die Grundlagen des Berichts erarbeitet hatte, erachtete es als angezeigt, in der ganzen Schweiz ein spezialisiertes Präventionsangebot, bestehend aus Beratungs- und Behandlungsmöglichkeiten, für Personen mit sexuellen Interessen an Kindern aufzubauen. Sie empfahl zudem, das Thema verstärkt in die Aus- und Weiterbildung von Fachpersonen des Gesundheitswesens zu integrieren. Weiter sollen die Präventionsangebote evaluiert und mittels einer Öffentlichkeitskampagne bekannt gemacht werden.
Der Bundesrat befürwortete diese Massnahmenvorschläge der Expertengruppe und zeigte sich bereit, ein nationales oder mehrere sprachregionale Beratungsangebote sowie deren gesamtschweizerische Koordination finanziell zu unterstützen. Ebenfalls wolle er in Zusammenarbeit mit den für die Weiter- und Fortbildung zuständigen Berufsverbänden prüfen, wie die pädophile Neigung, die Stigmatisierung der Betroffenen und die Prävention von sexuellen Handlungen mit Kindern noch stärker in die Weiterbildung von Ärztinnen und Ärzten sowie Psychologinnen und Psychologen integriert werden kann. Die Bereitstellung von Behandlungsangeboten, d.h. von Therapien, liege dagegen alleine in der Kompetenz der Kantone, die für das Gesundheitswesen zuständig seien.

Präventionsprojekt «Kein Täter werden» für die Schweiz (Po. 16.3637 und 16.3644)

Im Juni 2020 publizierte der Bundesrat den Bericht «Steuerliche und weitere Massnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft» in Erfüllung des Postulats Vonlanthen (cvp, FR). Im Bericht wurden verschiedene Massnahmen vorgestellt und diskutiert, die ein gewisses Potential aufweisen könnten, damit Produkte länger genutzt oder besser repariert werden können. Dabei haben sich drei Massnahmen heraus kristallisiert, die der Bundesrat weiter verfolgen möchte, indem er sie einer vertieften Analyse der volkswirtschaftlichen Auswirkungen unterzieht und dabei die Vereinbarkeit mit den internationalen Verpflichtungen der Schweiz berücksichtigt: Es handelt sich dabei um Deklarationspflichten, Verlängerung der Gewährleistungsfrist inklusive Reparaturoptionen und Registerlösungen zur Eigentumssicherung.
Die Resultate dieser Analyse sollen in das Massnahmenpaket zur Ressourcenschonung und Kreislaufwirtschaft einfliessen, welches die Verwaltung dem Bundesrat infolge des Auftrags aus der Berichterstattung «Grüne Wirtschaft» bis spätestens Ende 2022 vorschlagen soll.

Stimuler l'économie circulaire (Po. 17.3505)
Dossier: Vorstösse zur Kreislaufwirtschaft seit Ablehnung der Volksinitiative «Grüne Wirtschaft»
Dossier: Geplante Obsoleszenz und Bestrebungen zur Kreislaufwirtschaft

Die Bekämpfung der Motion von Martina Munz (sp, SH), mit der die Schaffhauser Sozialdemokratin geschlechtergerechte Namen für Fachkommissionen gefordert hätte, führte Mitte Juni 2020 zur Abschreibung der Motion, weil sie während zweier Jahre nicht behandelt worden war. Der Bundesrat hätte den Vorstoss eigentlich zur Annahme empfohlen – eine Qualifikation, die normalerweise zu einer stillschweigenden Annahme in den Räten führt. Da das Begehren aber bekämpft worden war, hätte eigentlich eine Diskussion darüber stattfinden müssen. Dies geschah aber auch deshalb nicht, weil Natalie Rickli (svp, ZH), die die Motion ursprünglich bekämpft hatte, in der Zwischenzeit aus dem Rat ausgeschieden war, aber Christian Wasserfallen (fdp, BE) und Verena Herzog (svp, TG) die Bekämpfung übernommen hatten.

Geschlechtergerechte Namen für Fachkommissionen (Mo. 18.3119)

Im Zusammenhang mit der Beratung der «BFI-Botschaft 2021-2024» wurde das Postulat Vonlanthen (mitte, FR) zur digitalen Wirtschaft und dem Arbeitsmarkt im Juni 2020 vom Ständerat abgeschrieben.

Economie numérique et marché du travail (Po. 16.3706)
Dossier: Die Digitalisierung im Arbeitsmarkt

Nachdem die RK-SR im Januar 2019 der parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) betreffend die Erhöhung des Strafmasses für Vergewaltigungen keine Folge gegeben hatte, weil sie die Frage stattdessen im Zuge der Harmonisierung der Strafrahmen klären wollte, beschloss sie – im Einvernehmen mit EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter –, eine materielle Revision des Sexualstrafrechts anzupacken. Dafür wollte sie einen separaten Entwurf ausarbeiten, der dann auch Gegenstand einer regulären Vernehmlassung sein sollte. Im Februar 2020 lenkte auch die Mehrheit der RK-NR auf die Position ihrer Schwesterkommission ein und beantragte ihrem Rat mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung, der Initiative Rickli keine Folge zu geben. Eine Minderheit aus SVP und FDP bestand jedoch auf Folgegeben: Sie wolle damit ein Signal senden, dass sie die vorgeschlagenen Änderungen in der Strafrahmenharmonisierung auch wirklich berücksichtigt sehen möchte.
In der Sommersession 2020 forderte Minderheitsvertreterin Andrea Geissbühler (svp, BE) den Nationalrat auf, der Initiative Folge zu geben, da man die Revision des Sexualstrafrechts nun schon zu lange – seit 2008 – vor sich her schiebe und eine von der Harmonisierung der Strafrahmen getrennte Vorlage diesen Prozess noch einmal verlängern würde. Tatsächlich vermochte diese Argumentation eine Mehrheit des Nationalrates zu überzeugen und so gab die grosse Kammer – entgegen der Empfehlung ihrer Kommissionsmehrheit – der Initiative knapp mit 77 zu 72 Stimmen bei 14 Enthaltungen Folge. Möglich wurde dieses Resultat, weil neben der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion auch die Fraktionen der Mitteparteien und der FDP grossmehrheitlich für Folgegeben stimmten und sich gleichzeitig mehrere Vertreterinnen und Vertreter aus dem links-grünen Lager enthielten (5 SP, 4 GP und 2 GLP).

Erhöhung des Strafmasses bei Vergewaltigungen (Pa.Iv. 16.483)
Dossier: Harmonisierung der Strafrahmen (Besonderer Teil des Strafgesetzbuches)

Die ständerätliche Skepsis gegenüber der Abschaffung der Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier, die sich bereits im Hin und Her beim Folgegeben der parlamentarischen Initiative von Natalie Rickli (svp, ZH) bemerkbar gemacht hatte, zeigte sich auch bei der ständerätlichen Beratung der vom Nationalrat in der Wintersession 2019 abgeänderten Vorlage der SPK-NR. Auf Empfehlung ihrer SPK-SR entschied die kleine Kammer, nicht auf den Entwurf einzutreten.
Thomas Hefti (fdp, GL) führte in der Debatte in der ständerätlichen Sommersession 2020 die wichtigsten Gründe für die Empfehlung seiner Kommission aus. Die Inanspruchnahme von Überbrückungshilfen müsse mit Einreichung eines Auszugs des Steuerausweises beantragt werden. Das mache man nicht einfach so, sondern nur dann, wenn man die finanzielle Hilfe wirklich brauche. Es gebe – das könne er auch als Mitglied der Verwaltungsdelegation bestätigen – keinen Missbrauch. Das von den Befürworterinnen und Befürwortern der Abschaffung ins Feld geführte Argument, dass auch abgewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier einfach stempeln und Arbeitslosengelder beziehen könnten, wie jede Person, die arbeitslos werde, hinke, weil Parlamentsmitglieder ja eben keine Angestellten mit Arbeitsvertrag seien. Er kenne Kollegen, die nach einer Nichtwiederwahl auch in ein finanzielles Loch gefallen seien. Für sie bestehe heute die Überbrückungshilfe. Zwischen 2004 und 2019 seien total CHF 950'000 an 28 Personen ausbezahlt worden, also nicht einmal CHF 100'000 pro Jahr. Thomas Minder (parteilos, SH), der die Minderheitsposition vertrat, hob einen in seinen Augen «gravierenden Mangel» der Überbrückungshilfe hervor: Überbrückungshilfe erhalte auch, wer eigentlich über Vermögen verfüge. Die Vermögensseite werde – anders etwa als bei der Gewährung von Sozialhilfe bei Bürgerinnen und Bürger – nicht überprüft, was eine klare Besserstellung von Ratsmitgliedern gegenüber Bürgerinnen und Bürgern bedeute. Im Gegensatz zur Arbeitswelt, wo man aufgrund von Wirtschaftskrisen unverschuldet arbeitslos werde, sei ein Ratsmitglied zudem selber für seine Nichtwiederwahl verantwortlich. Geld zu erhalten für eine Nichtwiederwahl sei «demokratisch betrachtet falsch»; man wisse, dass Wahlen auch immer die Gefahr beinhalteten, nicht bestätigt zu werden und man müsste sich entsprechend auch finanziell darauf vorbereiten. Stossend sei zudem, dass auch freiwillig aus dem Rat ausscheidende Parlamentarierinnen und Parlamentarier Überbrückungshilfe beantragen könnten. Wer dies tue, wisse man freilich nicht, da die Namen der Bezügerinnen und Bezüger nicht bekannt gemacht würden. Minder machte sich zudem für den Entscheid des Nationalrats stark, der die Überbrückungshilfe ja nicht gänzlich abschaffen, sondern wenigstens von zwei Jahren auf sechs Monate beschränken wollte. Hefti ergriff noch einmal das Wort, um richtigzustellen, dass auch die Vermögenssituation betrachtet würde. Zudem handle es sich «in aller Regel» um Parlamentsmitglieder, die nicht wiedergewählt wurden. Dies lasse sich daraus schliessen, dass die Hilfe jeweils in den Jahren nach eidgenössischen Wahlen gesprochen worden sei. Die Ständerätinnen und Ständeräte liessen sich von diesen Argumenten überzeugen und stimmten mit 31 zu 6 Stimmen (3 Enthaltungen) gegen Eintreten, womit das Geschäft zurück an den Nationalrat ging.

Überbrückungshilfe für Parlamentarierinnen und Parlamentarier (Pa. Iv. 16.460)

Die im Februar 2020 von der RK-NR eingereichte Motion «Kinder- und Minderjährigenehen nicht tolerieren» forderte vom Bundesrat, das ZGB dahingehend anzupassen, dass eine Eheschliessung für ungültig erklärt wird, wenn «zur Zeit der Eheschliessung einer der Ehegatten minderjährig war». Zwar gelte in der Schweiz seit 1996 ohne «Wenn und Aber 18 als das Ehefähigkeitsalter», mit der von der RK-NR vorgesehenen Änderung soll zusätzlich das gesetzliche Mindestalter auch auf ausländische Minderjährigenehen angewendet werden können, wie dies neu auch in Deutschland und den Niederlanden gehandhabt werde.
Wie zudem die Kommission per Medienmitteilung kommunizierte, gab sie zeitgleich einer im Dezember 2018 eingereichten parlamentarischen Initiative Rickli (svp, ZH) (18.467) Folge, welche dieselben Absichten verfolgte. Mit ihrer Motion wolle die Kommission zusätzlich den Druck auf den Bundesrat erhöhen, damit dieser entsprechende Regelungen bereits bei der laufenden Revision des ZGB berücksichtigte.
Der Bundesrat beantragte in seiner Stellungnahme im Mai die Ablehnung der Motion: Mit dem Bericht in Erfüllung des Postulats Arslan (16.3897) habe man bereits Handlungsbedarf erkannt und das EJPD damit beauftragt, bis Ende Jahr eine «Vernehmlassungsvorlage im Sinne des darin skizzierten Lösungsvorschlags auszuarbeiten». Ferner ging die Motion dem Bundesrat zu weit, da bei deren Annahme rückwirkend zahlreiche, bereits jahrelang bestehende Ehen für ungültig erklärt werden müssten, bei denen zum Zeitpunkt des Eheschlusses ein Ehegatte minderjährig war.
In der nationalrätlichen Debatte zur Motion während der Sommersession 2020 führte Justizministerin Keller-Sutter aus, die allfälligen Ungültigkeitserklärungen hätten auch erbrechtliche Konsequenzen zur Folge, die man vermeiden wolle. Der Bundesrat sah deshalb vor, dass Ehen, bei denen die Beteiligten zwar bei Eheschluss minderjährig waren, unterdessen aber erwachsen seien, in Einzelfällen geheilt und damit für gültig erklärt werden können. Trotz diesen Einwänden und der angekündigten Vernehmlassungsvorlage wurde die Motion im Nationalrat mit grosser Mehrheit (150 zu 4 Stimmen bei 6 Enthaltungen) angenommen.

Kinder- und Minderjährigenehen nicht tolerieren (Mo. 20.3011)

Im März 2020 gab der Bundesrat ein Massnahmenpaket zur Verbesserung der Sicherheit im Straf- und Massnahmenvollzug in die Vernehmlassung, das zwei Vorlagen zu Änderungen im Strafgesetzbuch und im Jugendstrafgesetz beinhaltete. Gemäss Tages-Anzeiger sollten die vorgeschlagenen «Mindeststandards im Umgang mit hochgefährlichen Straftätern» den «Wildwuchs im kantonalen Strafvollzug» eindämmen. Dieser sei in den vergangenen Jahren immer wieder öffentlich angeprangert worden, nachdem Täterinnen und Täter während des Urlaubs oder auf Bewährung Verbrechen begangen hätten. Mit den Anpassungen im Strafgesetzbuch beabsichtigte der Bundesrat, die Motionen Rickli (svp, ZH; Mo. 11.3767), Guhl (bdp, AG; Mo. 17.3572) und der RK-NR (Mo. 16.3002) umzusetzen. So sollen verwahrte Straftäterinnen und Straftäter nur noch in Begleitung von Sicherheitspersonal in gesetzlich vorgesehene Urlaube entlassen werden und die Weiterführung der Verwahrung nur noch alle drei Jahre – statt wie bisher jedes Jahr – von Amtes wegen überprüft werden, wenn die bedingte Entlassung zuvor dreimal in Folge abgelehnt wurde. Zudem sollen die Zuständigkeiten bei der Aufhebung, Änderung oder Verlängerung einer therapeutischen Massnahme schweizweit vereinheitlicht und die Rolle der Fachkommission zur Beurteilung der Gefährlichkeit von Straftäterinnen und Straftätern gestärkt werden. Gewalt- und Sexualstraftäterinnen und -täter, die nach Verbüssung der Strafe oder stationären Therapie immer noch als gefährlich gelten, sollen in Freiheit enger betreut und kontrolliert werden können. Dazu sollen neu auch elektronische Fussfesseln eingesetzt werden können. Im Jugendstrafrecht sah die Regierung vor, dass bei gefährlichen jugendlichen Straftäterinnen und Straftätern im Anschluss an die jugendstrafrechtliche Sanktion künftig eine Massnahme des Erwachsenenstrafrechts angeordnet werden kann, wie es eine Motion Caroni (fdp, AR; Mo. 16.3142) gefordert hatte. Damit soll verhindert werden, dass sie bei Erreichen der Altersobergrenze des Jugendstrafrechts trotz Gefährlichkeit in die Freiheit entlassen werden müssen.

Massnahmenpaket Sanktionenvollzug (BRG 22.071)
Dossier: Massnahmenpaket Sanktionenvollzug

Mit der im Dezember 2018 eingereichten parlamentarischen Initiative «Keine Anerkennung von Kinder- und Minderjährigenehen in der Schweiz» verlangte Natalie Rickli (svp, ZH), das Zivilgesetz dahingehend anzupassen, dass eine Ehe für ungültig zu erklären sei, wenn einer der Ehegatten bei der Eheschliessung minderjährig war, auch wenn eine Weiterführung der Ehe unterdessen den Interessen des betroffenen Ehegatten entspreche. Nur so könnten Opfer von Zwangsheirat effektiv geschützt werden, denn mit der momentanen Gesetzeslage sei es möglich, dass Minderjährigenehen durch das Erreichen der Volljährigkeit weitergeführt werden können und sodann legitimiert würden, argumentierte die Zürcher Nationalrätin. Rickli, welche ihr Anliegen per Motion (16.3916) erfolglos im Parlament durchzusetzen versucht hatte – die Motion wurde wegen Nichtbehandlung abgeschrieben –, begründete die Initiative auch damit, dass Minderjährigenehen in der Schweiz zugenommen hätten. Insgesamt seien laut der Fachstelle für Zwangsheirat, auf deren Zahlen sich Rickli berief, 2017 mehr als einhundert Fälle gemeldet worden.
Unterstützung erhielt das Anliegen, das nach der Wahl Ricklis in die Zürcher Regierung von Gregor Rutz (svp, ZH) übernommen worden war, im Februar 2020 von der RK-NR, welche der parlamentarischen Initiative einstimmig Folge gab und zeitgleich eine dieselben Absichten verfolgende Motion (20.3011) einreichte, um laut Medienmitteilung dem Anliegen Nachdruck zu verleihen.

Keine Anerkennung von Kinder- und Minderjährigenehen in der Schweiz (Pa. Iv. 18.467)

Die Baisse zu Beginn der 50. Legislatur (2015 bis 2019) bezüglich der Anzahl eingereichter Vorstösse schien in Anbetracht der Zahlen für das Jahr 2019 lediglich ein kurzes Intermezzo gewesen zu sein (vgl. Vorstösse und Arbeitsbelastung 2015). In der Tat entsprachen die total 2'527 von Parlamentsmitgliedern eingereichten Ideen und Anfragen einem neuen Rekord und übertrafen nicht nur die Zahl des Vorjahres (2'352), sondern auch den langjährigen Durchschnitt (1'820 von 2000 bis 2019) bei weitem. Ein erneut sehr starkes Wachstum verzeichnete dabei die Zahl der eingereichten Interpellationen (855), die sich innert 20 Jahren mehr als verdreifacht hatte (2000: 280). Aber auch die Zahl der Motionen (552; 2018: 463) und Postulate (235; 2018: 183) erreichte Spitzenwerte. Nur 2009 wurden mehr Motionen eingereicht (614) als 2019 und auch die Anzahl Postulate kam fast an den Spitzenwert von 2012 (250 Postulate) heran. Die 111 eingereichten parlamentarischen Initiativen lagen hingegen näher beim langjährigen Schnitt (98), wenn auch ihre Zahl im Vergleich zu 2018 (93) zugenommen hatte. Die neue Rekordzahl von 10.3 Vorstössen pro Parlamentsmitglied kam 2019 zustande, obwohl die Zahl der Anfragen (70; 2018: 99) und der Fragen für die Fragestunde (704; 2018: 750) abgenommen hatten.

«Der Vorstoss-Berg – ein Schreckhorn der Bürokratie», sei noch gewaltiger als die Alpenkette, die man vom Balkon des Bundeshauses aus bestaunen könne, urteilte die Basler Zeitung und machte die «parlamentarische Hyperaktivität» dafür verantwortlich. Die Möglichkeit, sich mit einer Anfrage oder Interpellation zu inszenieren, sei «allzu verlockend für die meisten Parlamentarier». Die Aargauer Zeitung erstellte aufgrund der während der gesamten Legislatur eingereichten Vorstösse eine Rangliste. Jean-Luc Addor (svp, VS) führte die Liste mit 169 Vorstössen an. Mit Carlo Sommaruga (sp, GE), Claude Béglé (cvp, VD), Mathias Reynard (sp, VS) und Lisa Mazzone (gp, GE), die von der Zeitung auf den Folgerängen platziert wurden (ohne freilich die Anzahl Vorstösse auszuweisen), seien es vor allem Parlamentsmitglieder aus der Romandie, die mit Aktivität glänzten. Es sei nicht verwunderlich, dass die fünf Spitzenplätze von der grossen Kammer – und hier insbesondere von Mitgliedern der Polparteien SP und SVP – besetzt seien, so die Zeitung gestützt auf eine Studie der Universität Bern. Die Ständeratsmitglieder zeigten sich hingegen wesentlich zurückhaltender: In der Tat liege der «vorstossfreudigste Kantonsvertreter» Beat Vonlanthen (cvp, FR) «mit 36 Interventionen erst auf Rang 79».
Neben den reinen parlamentarischen Vorstössen nahmen die 2019 ausserhalb des Parlaments lancierten Aufträge im Vergleich zum Vorjahr tendenziell ab. Dies galt sowohl für die Bundesratsgeschäfte (76; 2018: 87), die Standesinitiativen (22; 2018: 26) und die Wahlgeschäfte (30; 2018: 34), nicht aber für die Petitionen, deren Zahl leicht zugenommen hatte (35; 2018: 30).

Eine Folge der immer stärkeren Zunahme der Geschäftslast war die Zunahme der Betriebsamkeit gemessen an der Zahl erledigter Vorstösse und Geschäfte. Auch hier war das Jahr 2019 mit total 2'604 erledigten Vorstössen ein Rekordjahr. Die Arbeitslast lag dabei nicht nur wie im Vorjahr primär bei der Verwaltung. Diese musste zwar erneut eine Rekordzahl von 873 Interpellationen beantworten, dafür etwas weniger Anfragen (90; 2018: 92) und Fragen für die Fragestunde (703; 2018: 750) bearbeiten als im Vorjahr. Aber auch das Parlament erledigte 2019 mit 331 Postulaten (2018: 273), 483 Motionen (2018: 360) und 124 parlamentarischen Initiativen (2018: 101) mehr Vorstösse als in früheren Jahren. Hinzu kamen 2019 auch mehr erledigte Bundesratsgeschäfte (77; 2018: 62), Standesinitiativen (24; 2018: 17), Wahlgeschäfte (32; 2018: 28) und Petitionen (22; 2018: 20) als im Vorjahr.

Hinter der Kategorie «erledigt» versteckt sich freilich unterschiedlich viel Aufwand. So gelten etwa Motionen oder Postulate, die zurückgezogen oder aufgrund ihres Alters – wenn sie nicht innert zwei Jahren nach Einreichung behandelt werden, werden Vorstösse automatisch abgeschrieben – oder des Ausscheidens ihrer Urheberschaft aus dem Rat abgeschrieben werden, genauso als «erledigt» wie die tatsächlich in den Räten diskutierten Vorstösse, die für die Parlamentsmitglieder mehr Aufwand bedeuten. In der Tat lag der Anteil abgeschriebener Motionen im Jahr 2019 (30.4%) über dem langjährigen Schnitt (2000–2018: 29.1%) und auch die abgeschriebenen Postulate (20.5%) kamen nahe an diesen Mittelwert heran (21.6%). Von den 483 im Jahr 2019 erledigten Motionen wurden aber immerhin über 300 beraten. Von Letzteren wurden 145 von beiden Räten gutgeheissenen, was über alle erledigten Motionen betrachtet einer Erfolgsquote von 30 Prozent entspricht (Schnitt 2000–2018: 22.2%). Die 60.7 prozentige Erfolgsquote bei den Postulaten lag für 2019 ebenfalls höher als im langjährigen Mittel (50.4%): Von den 331 erledigten Postulaten – über 248 davon wurde in den Räten abgestimmt – wurden 201 angenommen.

In den Medien wurde die Frage aufgeworfen, wie ernst die Regierung die Aufträge des Parlaments überhaupt nehme, ob also angenommene Motionen und Postulate überhaupt erfüllt würden. Diese Frage stellte sich vor allem auch die GPK-SR und bestellte bei der PVK einen Bericht mit einer Analyse zur Erfüllung von angenommenen Motionen und Postulaten.

Arbeitsbelastung 2019
Dossier: Geschäftsstatistik der Bundesversammlung