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  • Wermuth, Cédric (sp/ps, AG) NR/CN
  • Fluri, Kurt (fdp/plr, SO) NR/CN

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Im Rahmen der Wintersession 2022 beschäftigte sich der Nationalrat mit der Motion von Ständerat Erich Ettlin (mitte, OW), die den Bundesrat beauftragen wollte, allgemeinverbindlich erklärte GAV zu Mindestlöhnen oder Ferienansprüchen gegenüber kantonalen Regelungen als vorrangig zu erklären. Zuvor hatte die WAK-NR mit 11 zu 10 Stimmen beantragt, die Motion anzunehmen. Einen bundesrätlichen Vorschlag auf Änderung der Motion hatte sie mit demselben Stimmverhältnis abgelehnt. In insgesamt 34 Wortmeldungen tauschten sich die Nationalrätinnen und Nationalräte in der Folge zu dieser Frage aus. Kommissionssprecher Fabio Regazzi (mitte, TI) betonte in der Debatte, dass der geografische Geltungsbereich der GAV weiter gefasst sei als derjenige der kantonalen gesetzlichen Bestimmungen – Erstere gelten für die ganze Schweiz oder für mehrere Kantone. Deswegen sollen die GAV Vorrang gegenüber kantonalen Regelungen geniessen. Eine Minderheit Wermuth (sp, ZH) beantragte die Ablehnung der Motion. Der Minderheitensprecher argumentierte, dass die kantonalen Regelungen durch direktdemokratische Entscheidungen der kantonalen Stimmbevölkerung legitimiert seien und aus diesem Grund Vorrang gegenüber den Regelungen im GAV hätten, die einen Vertrag zwischen privaten Akteuren darstellten, wie Bundesrat Guy Parmelin ergänzte. Folglich verstosse ein Vorrang der allgemeinverbindlichen GAV gegenüber den kantonalen Regelungen gegen die den Kantonen durch die Verfassung übertragenen Kompetenzen. Trotz dieses Einwandes des Bundesrates nahm der Nationalrat die Motion mit 95 zu 93 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) knapp an. Unterstützt wurde sie von der SVP-, der FDP- und der Mitte-Fraktion.

Sozialpartnerschaft vor umstrittenen Eingriffen schützen (Mo. 20.4738)
Dossier Mindestlohn: Vorrang Gesamtarbeitsverträge oder kantonale Bestimmungen

In der Wintersession 2022 begann der Nationalrat die Beratung des neuen Gesetzes für eine Tonnagesteuer für Hochseeschiffe. Kommissionssprecherin Amaudruz (svp, GE) betonte, dass die Mehrheit der WAK-NR mit diesem Gesetz ein klares Signal an die Wirtschaft senden wolle und dass man davon ausgehe, dass die Einführung einer Tonnagesteuer zu höheren Steuereinnahmen und neuen Arbeitsplätzen führe. Die Tonnagesteuer diene dazu, Hochseetransportunternehmen in der Schweiz zu halten, nachdem deren Sonderregelungen zur Besteuerung mit dem STAF abgeschafft worden waren. Diese neue Regelung sei OECD-konform und werde auch in der EU angewendet. Finanzminister Maurer betonte, dass die Vorarbeiten zu dieser Vorlage aus einer Zeit stammten, in der es der Hochseeschifffahrt überaus schlecht ging, und erinnerte an die entsprechenden Bürgschaften des Bundes. Zwar gebe es verfassungsrechtliche Gründe für und wider eine Tonnagesteuer, jedoch sei es volkswirtschaftlich wichtig, die Hochseeschifffahrt in der Schweiz mit derjenigen im Ausland gleichzustellen. «Zum Standort Schweiz, einem zuverlässigen Standort mit hohem Know-how, gehören eben auch diese Schiffe», betonte der Finanzminister.

Im Nationalrat lagen ein Antrag Bertschy (glp, BE) auf Nichteintreten sowie ein Antrag Wermuth (sp, AG) auf Rückweisung des Entwurfs an den Bundesrat vor, wobei dieser die «ökologische und soziale Verantwortung der Schifffahrtsbranche» im Entwurf hätte stärken sollen. Zudem hatte auch die FK-NR in einem Mitbericht aus finanziellen Gründen den Verzicht auf das neue Gesetz gefordert. Kathrin Bertschy brachte verschiedene Gründe für ihren Nichteintretensantrag an: Einerseits halte man die Verfassungsmässigkeit der Vorlage, insbesondere den Grundsatz der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit und der rechtsgleichen Besteuerung, nicht für gegeben. Zwei Gutachten seien diesbezüglich zu unterschiedlichen Schlüssen gekommen, was insbesondere an ihrer unterschiedlichen Einschätzung der Frage, ob die Hochseeschifffahrt in der Schweiz ohne diese Vorlage in ihrer Existenz gefährdet sei, gelegen habe. Aufgrund der guten aktuellen wirtschaftlichen Lage der entsprechenden Branche verneine die Minderheit diese existenzielle Bedrohung, die eine Voraussetzung für die Verfassungsmässigkeit darstelle. Zudem hätten sowohl der Bundesrat als auch die FK-NR in ihrem Mitbericht erklärt, die Auswirkungen der Vorlage auf den Bundeshaushalt seien unklar. Mit diesem Entwurf könnten Rohstoffunternehmen die OECD-Mindestbesteuerung unterwandern, zumal sie den Schifffahrtsunternehmen gemäss Schätzungen von Expertinnen und Experten eine Besteuerung von 6 bis 7 Prozent erlaube. Schliesslich verlangte Bertschy, dass nur Unternehmen von der Steuer profitieren dürften, die mindestens unter EU- oder EWR-Flagge fahren, damit sie auch die entsprechenden Arbeits- und Umwelterfordernisse erfüllen müssten. Eine entsprechende Regelung sei jedoch nach der Vernehmlassung aus dem Entwurf gestrichen worden. Ähnlich argumentierte auch Cédric Wermuth, der überdies auch die Besteuerung nach Tonnage als unsinnig hervorstrich. Wenn man aber eine Tonnagesteuer wolle, müsse diese so ausgestaltet sein, dass die ökologische und soziale Verantwortung der Branche gestärkt werde.
In der Folge lehnte der Nationalrat beide Minderheitsanträge ab (mit 107 zu 83 Stimmen bei 4 Enthaltungen respektive mit 103 zu 90 Stimmen bei 1 Enthaltung), wobei SP und Grüne sowie eine Minderheit der Mitte-Fraktion beide Minderheitsanträge annahmen, während die GLP geschlossen den Rückweisungsantrag, aber nur zur Hälfte den Nichteintretensantrag unterstützte.

In der Detailberatung vertrat die Kommissionsmehrheit zwei Änderungsanträge: Einerseits wollte sie auch die Kreuzfahrtschiffe ausdrücklich der Tonnagesteuer unterstellen, obwohl der Bundesrat diese in der Botschaft bereits als Teil des Personentransports erachtet hatte. Eine Minderheit Bertschy sprach sich gegen den Einbezug der Kreuzfahrtschiffe aus, zumal Kreuzfahrten einen «unsinnigen» Tourismuszweig darstellten, den man gegenüber dem Tourismus in der Schweiz nicht einseitig subventionieren solle. Der Nationalrat folgte jedoch seiner Kommissionsmehrheit.
Als zweite Änderung verlangte die Kommission, dass nur diejenigen Schiffe zur Tonnagesteuer zugelassen werden, deren «strategische[s] und kommerzielle[s] Management [...] in der Schweiz ausgeübt wird». Damit wollte man die Problematik lösen, dass die im Vernehmlassungsentwurf vom Bundesrat vorgeschlagene Beschränkung auf in der EU und im EWR zugelassene Schiffe gegen WTO-Recht verstossen würde. Dies war folglich auch die Kritik an einem Minderheitsantrag Badran (sp, ZH), welcher ebendiese Einschränkung forderte. WTO-konform wäre gemäss den Kommissionssprechenden auch der Antrag der Minderheit Ryser (gp, SG), nur Flotten zuzulassen, die zu 60 Prozent im Schweizer Schifffahrtsregister eingetragen sind. Diese Lösung erachtete Finanzminister Maurer jedoch als zu restriktiv und als «Schmälerung der Attraktivität der Schweizer Tonnagesteuer». Die Kommissionsmehrheit setzte sich in der Folge mit ihrem Alternativvorschlag gegen die Minderheitsanträge durch.

Darüber hinaus versuchten verschiedene Minderheiten die vorgeschlagenen Regelungen zu ver- oder entschärfen. So erachtete eine Minderheit Amaudruz den Vorschlag von Bundesrat und Kommissionsmehrheit als zu einschränkend und schlug mehrere Änderungen vor: Erstens sollte die Liste der mittels Tonnagesteuer besteuerten Zwecke nicht abschliessend genannt werden, was der Nationalrat jedoch ablehnte, weil es gemäss Kommissionssprecher Müller (mitte, LU) gegen das Legalitätsprinzip verstossen würde. Zweitens sollte die Regelung für Schiffe zur Errichtung und zum Unterhalt von Offshore-Bauwerken auf alle Seeschiffe mit maritimen Dienstleistungen für die Offshore-Industrie ausgedehnt werden. Zudem wollte Amaudruz die Regelung zu den Gewinnen aus Nebentätigkeiten, die ebenfalls via Tonnagesteuer besteuert werden können, ausweiten. Der Nationalrat lehnte jedoch sämtliche Anträge ab.
Eine Minderheit Wermuth schlug hingegen vor, die weitere, 30-prozentige Ermässigung des steuerbaren Reingewinns bei Erfüllung von ökologischen Anforderungen zu streichen. Beispiele aus anderen Staaten mit deutlich restriktiveren Regelungen hätten gezeigt, dass solche Belohnungen keine Wirkung auf die ökologischen Massnahmen auf den Schiffen hätten. Auch hier setzte sich die Kommissionsmehrheit jedoch durch und behielt die Ermässigung bei.

In der Gesamtabstimmung hiess der Nationalrat den Entwurf mit 99 zu 85 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) gut, wobei die ablehnenden Stimmen von der SP-, der Grünen-, fast der gesamten GLP- und einer Minderheit der Mitte-Fraktion stammten.

Bundesgesetz über die Tonnagesteuer auf Seeschiffen (BRG 22.035)

Departementsverteilung und Prognosen

Bereits nach dem Rücktritt von Ueli Maurer hatten die Medien mögliche Szenarien für Departementswechsel skizziert. Viola Amherd würde das VBS wohl gerne abgeben und allenfalls könnte Karin Keller-Sutter mit dem Finanzdepartement ihr Lieblingsdossier übernehmen, wurde etwa spekuliert. Freilich wurden auch Alain Berset und Ignazio Cassis Wechselgelüste nachgesagt. Bei entsprechenden Wechseln müsste der neue SVP-Bundesrat das in den Medien als unbeliebt geltende Verteidigungs- oder das Justizdepartement übernehmen. Das wahrscheinlichste Szenario sei aber, dass alles beim Alten bleibe, weil sich bei den Gesamterneuerungswahlen 2023 mehr Möglichkeiten für einen Wechsel ergeben würden. Die Ausgangslage und damit auch die Spekulationen änderten sich freilich, als nach dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga klar wurde, dass auch das UVEK vakant werden würde. Die möglichen Szenarien hätten sich dadurch vervielfacht, urteilte etwa Le Temps wiederum unmittelbar nach der Rücktrittsankündigung von Simonetta Sommaruga. Die Karten würden auch deshalb neu gemischt, weil das frei werdende UVEK begehrt sei – was mit zahlreichen verschiedenen Szenarien untermauert wurde. Insbesondere Albert Rösti (svp, BE) dürfte daran interessiert sein, habe allerdings als allfälliger Bundesratsneuling kaum das Recht, zu wählen.

Normalerweise wird die Diskussion zwischen den Regierungsmitgliedern um die Verteilung der Departemente nach einer Bundesratswahl oder einer -ersatzwahl für die erste offizielle Bundesratssitzung am darauffolgenden Freitag traktandiert. Um eine Situation wie 2018 zu vermeiden, als die Parteien übers Wochenende versucht hatten, Einfluss auf die Verteilung zu nehmen, nachdem man sich am an der ersten (Freitags-)Sitzung nicht hatte einigen können, beraumte Bundespräsident Ignazio Cassis die Besprechung diesmal allerdings bereits früher an. Die eigentliche im Gremium intern zu regelnde Departementsverteilung sollte keinen öffentlichen, politischen Charakter erhalten. Entsprechend traf sich der Bundesrat mit den beiden neuen Mitgliedern bereits am Tag nach den Wahlen zu einer informellen Sitzung, bei der man sich auf eine neue Verteilung einigen konnte: Karin Keller-Sutter übernahm das Finanzdepartement; Elisabeth Baume-Schneider erhielt das EJPD und Albert Rösti das von ihm bevorzugte UVEK. Alain Berset (EDI), Viola Amherd (VBS), Guy Parmelin (WBF) und Ignazio Cassis (EDA) behielten entsprechend ihre Departemente.

Auch wenn Bundespräsident Ignazio Cassis betonte, dass man eine Verteilung im Interesse des Landes gesucht und gefunden habe, sprachen die Medien von «Frustrationen», welche die Verteilung auslöse (Le Temps). Zwar machten die Medien verschiedene «grosse Verlierer» und «grosse Gewinner» aus, waren sich darin aber nicht wirklich einig. Einerseits galt Alain Berset als «grosser Verlierer» der Bundesratswahl, da ihm trotz seiner Wechselgelüste ins EDA oder ins EFD angesichts des «Powerplays» der Bürgerlichen nichts anderes übrig geblieben, als im EDI zu bleiben, meinte etwa der Blick. Andererseits wusste die Aargauer Zeitung, dass er nicht bereit gewesen sei, das «für die Gewerkschaften wichtige Innendepartement, die Gesundheits- und Sozialpolitik in bürgerliche Hände zu geben». Berset selbst zeigte sich in einem Blick-Interview «sehr glücklich» mit seinem Departement.
Als «grosser Gewinner» wurde Albert Rösti bezeichnet, da er gleich sein Wunschdepartement erhalten habe. Der Traumjob des neuen Bundesrats sei aber der Alptraum der Linken, augurten der Blick und 24Heures. Dass der «Ölbaron», vom Blick als «Ölbert» bezeichnet, das UVEK übernehme, sei nicht gut für den Umweltschutz, twitterten etwa die Grünen. Der Umstand, dass Röstis erstes grosses Geschäft das Klimaschutz-Gesetz sei, das er nun verteidigen müsse, verspreche allerdings Spannung und sei ein erster Lackmustest für die Konkordanzfähigkeit des neuen SVP-Bundesrats, waren sich die Medien einig. Ebenfalls zu den Gewinnerinnen wurde Karin Keller-Sutter gezählt, die mit dem Finanzdepartement ihr Wunschdepartement erhalten habe und die bürgerliche Sparpolitik wohl weiterverfolgen werde.
Schwierig werde der Start wohl für Elisabeth Baume-Schneider werden, die im EJPD zahlreiche Baustellen übernehmen müsse, urteilten die meisten Medien. Die Jurassierin selber gab hingegen zu Protokoll, dass sie sich als ehemalige Sozialarbeiterin auf das Departement freue. In einigen Westschweizer Medien wurde darauf hingewiesen, dass jetzt ausgerechnet eine Jurassierin den Wechsel von Moutier vom Kanton Bern in den Kanton Jura supervisiere.
Von der SP wurde die Verteilung als Machtdemonstration der Bürgerlichen kritisiert. Dass der Entscheid im Konsens gefallen sei, wie die Bundesratsmitglieder versicherten, vermochte den Zorn der SP nicht zu mindern. Das sei ein Angriff auf die Kollegialität gewesen, liess sich Cédric Wermuth (sp, AG) in der Aargauer Zeitung zitieren.

Bundesratsersatzwahlen 2022 – Nachfolge von Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Rapporteur francophone de la CEATE-CN sur le projet de révision partielle de la loi sur la chasse (LChP), Pierre-André Page (udc, FR) a commencé sa prise de parole avec des mots forts: «nous n'avons pas le droit d'attendre un drame humain pour agir», faisant référence à la présence et la proximité toujours plus accrue du loup dans l'environnement humain. Son autre préoccupation: que l'agriculture soit mise en danger par la présence du grand prédateur, alors que des ânes et des bovins se sont faits attaqués en région de plaine. La solution ficelée par la commission du Conseil des Etats permet un abattage facilité du loup, les autorités pouvant agir de manière préventive en cas de comportement problématique. Cette présente révision est également l'occasion de concrétiser l'initiative du canton de Thurgovie concernant l'indemnisation en cas de dommages provoqués par les castors. La commission du Conseil national propose, en outre, à sa chambre de mieux informer la population sur le loup. Finalement, la protection de la faune doit être renforcée selon une majorité de la commission, notamment avec l'instauration de corridor suprarégionaux destinés à la faune sauvage, comme expliqué par Stefan Müller-Altermatt (centre, SO), le rapporteur germanophone de la commission. Alors que l'entrée en matière n'a été combattue par aucune fraction, les divergences de points de vue ont été importantes quant à l'approche à adopter pour réguler le loup. Alors que la droite bourgeoise a soutenu le projet de la commission – ou aurait même voulu une régulation du loup plus permissive –, la gauche et le Parti vert'libéral ont essayé de proposer un autre paradigme sur cette question. Le groupe des Vert-e-s considèrent ainsi que le loup a un rôle important à jouer dans les écosystèmes, en régulant, par exemple, les populations d'ongulés, dont la surpopulation représente un problème pour les forêts. Pour le groupe vert'libéral, la population de loups doit être renforcée, mais aux bons endroits. Le Parti socialiste a également milité pour une protection conséquente du loup, comme l'impose la Convention de Berne. Les trois partis défendaient la minorité Jauslin (plr, AG). Ce dernier, saluant globalement le projet de la CEATE-CE, estime toutefois problématique d'avoir une loi qui prévoit l'abattage d'un certain nombre de loups par année, à l'image de ce qui est pratiqué pour la régulation des bouquetins, une espèce également protégée par la législation suisse. Avec cette logique, le risque existe que le mauvais loup soit abattu, alors que l'ordre social est particulièrement important pour les meutes. Si la matriarche ou le patriarche est tué, alors il y a un risque de déstabilisation de l'entier du groupe. Sa proposition de minorité demandait donc d'autoriser les tirs proactifs pour autant que cela ne mette pas en danger l'effectif régional. Il aurait toutefois été possible de procéder à des tirs durant toute l'année, alors qu'une période de pause de chasse est prévue dans la mouture défendue par la majorité de la commission. Sa minorité prévoyait également de ne permettre leur abattage qu'en cas de dommages importants, alors que le degré n'est pas pris en compte dans le projet de la commission. Cette proposition de minorité a, toutefois, été rejetée par 103 voix contre 91 (1 abstention), les quelques voix du Centre et du PLR qui ont rejoint la gauche et le Parti vert'libéral ne suffisant pas pour renverser la vapeur. Toutes les autres propositions de minorité pour renforcer – par exemple, permettre les tirs dans les districts francs – ou affaiblir les possibilités d'abattage ont été rejetées, parfois à quelques voix près. Les corridors faunistiques suprarégionaux ont été soutenus par 117 voix contre 77, tout comme – à quelques voix près – la proposition consistant à mieux informer la population en collaboration avec les cantons.

Au vote sur l'ensemble, le projet de révision partielle de la loi sur la chasse a trouvé le soutien de 106 parlementaires de l'UDC, du Centre et du PLR (ainsi que de la verte bernoise Christine Badertscher). 74 élu.e.s du PS, des Vert'libéraux et des Vert-e-s l'ont rejetée, tout comme 4 parlementaires des groupes du PLR et du Centre, à savoir, Doris Fiala (plr, ZH), Kurt Fluri (plr, SO), Nils Gugger (pev, ZH) et Matthias Jauslin (plr, AG).

Pour une régulation des populations de loups (Iv. pa. 21.502)
Dossier: Wie soll man nach dem Nein zum Jagdgesetz (2020) legiferieren?

2. November 2022: Der Rücktritt von Simonetta Sommaruga

Am 25. Oktober, also kurz nachdem die fünf Kandidierenden der SVP offizialisiert waren, gab Simonetta Sommaruga via den Departementssprechenden bekannt, dass sie ihre Regierungstätigkeit temporär unterbrechen müsse, da ihr Ehemann Lukas Hartmann hospitalisiert worden sei. Dies war dann auch die Ursache für die wenige Tage später sehr überraschend erfolgende Rücktrittsankündigung der amtierenden Energie- und Verkehrsministerin: Am 2. November gab Simonetta Sommaruga ihren auch für sie persönlich abrupten Rücktritt auf Ende Jahr bekannt, weil der Hirnschlag ihres Mannes für sie ein schwerer Schock gewesen sei und gezeigt habe, dass sie die Schwerpunkte in ihrem Leben anders setzen wolle. Den Tränen nahe beteuerte die Bernerin, dass sie gerne Bundesrätin gewesen sei und eigentlich geplant habe, dies auch noch eine Weile zu bleiben. So ein Schicksalsschlag stimme aber nachdenklich und verschiebe die Prioritäten. Die 2010 in den Bundesrat gewählte Simonetta Sommaruga war zuerst Justizministerin bevor sie 2019 das UVEK übernommen hatte.

In den Medien wurde die SP-Magistratin als populäre Bundesrätin gewürdigt, die allerdings häufig Abstimmungsniederlagen in Kauf habe nehmen müssen (Le Temps) – die Schlimmste darunter sei wohl das Ja zur Masseneinwanderungsinitiative der SVP gewesen. Im Zentrum ihrer Arbeit hätten stets die Menschen gestanden, urteilte der Blick. Die NZZ bezeichnete sie als «clever» und «beharrlich» mit einem «Hang zur Perfektion», der ihre Auftritte auch «angestrengt und belehrend» habe wirken lassen. Sie habe aber für eine SP-Bundesrätin auch dank «stoischer Beharrlichkeit» letztlich überraschend viele Vorlagen durch das Parlament gebracht. Die Aargauer Zeitung würdigte Simonetta Sommaruga als «Mensch gewordenes Verantwortungsgefühl», als «Bundesrätin, die niemals die Kontrolle verlieren will». Alle ausser der SVP hätten sie geliebt, titelte La Liberté. Die WoZ erinnerte angesichts der Betroffenheit, die Simonetta Sommaruga bei ihrer Rücktrittsmedienkonferenz ausgelöst hatte, daran, dass die Magistratin seit ihrer Wahl in den Bundesrat immer wieder von Teilen der Medien und der SVP angegriffen worden sei: «An der Bernerin offenbarte sich die Verunsicherung rechter Männer vor linken, machtbewussten Frauen», so die WoZ. In der Tat warf etwa Roger Köppel (svp, ZH) der Magistratin nach ihrem auch für den Bundesrat und ihre Partei überraschenden Rücktritt in der Weltwoche Parteikalkül und «Flucht» vor, weil sie schon lange «ermattet und ermüdet» sei. Dies stiess in vielen Medien freilich auf Kritik, da der Entscheid private Gründe habe und Respekt verdiene, so etwa der Tages-Anzeiger. Allerdings kommentierte die NZZ, dass der Rücktritt zwar verständlich sei, in Anbetracht der schwierigen Lage hinsichtlich Energieversorgung aber zur Unzeit komme. Ihre Nachfolgerin oder ihr Nachfolger müsse nun innert kürzester Zeit «eine der schwersten Krisen für die Schweiz seit Jahrzehnten» meistern.

Auch bei der SP begann das von den Medien in Schwung gehaltene Kandidierendenkarussell noch am Tag der Demission von Simonetta Sommaruga zu drehen. Daran beteiligte sich freilich auch aktiv die Parteispitze, die unmittelbar ankündigte, dass die SP ein reines Frauenticket präsentieren werde, wobei egal sei, aus welcher Sprachregion die Kandidatinnen stammten. Da die SP mit Alain Berset bereits einen Mann in der Bundesregierung habe und den Grundsatz der Geschlechterparität pflegen wolle, sei ein reines Frauenticket angezeigt, so die Begründung des SP-Co-Präsidiums aus Mattea Meyer (sp, ZH) und Cédric Wermuth (sp, AG). In den Medien wurden entsprechend schnell Favoritinnen ernannt: Sehr häufig fielen dabei die Namen der Ständerätin Eva Herzog (sp, BL), der Nationalrätinnen Flavia Wasserfallen (sp, BE) und Nadine Masshardt (sp, BE) sowie der Regierungsrätinnen Jacqueline Fehr (ZH, sp) oder Evi Allemann (BE, sp). Obwohl sich vor allem die Westschweizer Medien nur geringe Chancen für eine Kandidatur aus der Westschweiz ausrechneten (beispielsweise Le Temps), da in diesem Fall vier nicht deutschsprachige Personen im Bundesrat sitzen würden – zwei davon für die SP –, fielen auch die Namen der Regierungsrätinnen Rebecca Ruiz (VD, sp) und Nuria Gorrite (VD, sp) sowie der Ständerätinnen Marina Carobbio (sp, TI) und Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU). Co-Präsidentin Mattea Meyer (sp, ZH) gab hingegen sofort bekannt, nicht zur Verfügung zu stehen.

Die in den Medien als vorschnell kritisierte Ankündigung der Parteispitze, ein reines Frauenticket präsentieren zu wollen, gab Raum für weitere Spekulationen. Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) etwa wurden laut Medien schon lange Bundesratsambitionen nachgesagt. Diese würden freilich stark geschmälert, wenn eine Deutschschweizer SP-Frau Simonetta Sommaruga beerben würde, weil für eine allfällige spätere Nachfolge von Alain Berset dann wohl Westschweizer Männer im Vordergrund stehen würden. Auch Regierungsrat Beat Jans (BS, sp) und die Nationalräte Matthias Aebischer (sp, BE) oder Jon Pult (sp, GR) dürften ob der Ankündigung «frustriert» sein, mutmasste La Liberté. Für den Westschweizer Nationalrat Pierre-Yves Maillard (sp, VD) sei der Fokus auf eine (Deutschschweizer) Frau hingegen eine gute Nachricht, mutmasste der Tages-Anzeiger wiederum im Hinblick auf eine Nachfolge von Alain Berset. Zu den eigentlichen Verliererinnen der SP-Strategie gehörten neben den Deutschschweizer Männern aber auch die Westschweizer Frauen, die sich eine Kandidatur eher zweimal überlegen dürften, analysierte 24Heures. Einerseits seien die Chancen gering, dass das Parlament eine vierte romanischsprachige Person in den Bundesrat wähle, und andererseits werde wohl bei einem Rücktritt von Alain Berset dann lediglich ein Männerticket aufgestellt.

Der SP blieben für die Kandidierendensuche nur wenige Tage. Sie setzte sich als Meldeschluss den 21. November, damit die Fraktion am 26. November ein Zweierticket nominieren konnte. Der Rücktritt Simonetta Sommarugas habe die Partei auf dem falschen Fuss erwischt, beurteilte der Blick die kurze Zeitspanne. Bevor sich die ersten Kandidierenden meldeten, kam es wie zuvor schon bei der SVP auch bei der SP zu einer Reihe von medial mehr oder weniger stark begleiteten Absagen. Ausser Mattea Meyer verzichteten neben den genannten Favoritinnen Jacqueline Fehr, Nadine Masshart, Rebecca Ruiz, Nuria Gorrite und Marina Carobbio auch die Nationalrätinnen Priska Seiler Graf (sp, ZH), Barbara Gysi (sp, SG), Edith Graf-Litscher (sp, TG), Yvonne Feri (sp, AG) und die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch (ZH, sp) mit offiziellen Presseauftritten auf eine Kandidatur. Nach kurzer Bedenkzeit und grosser medialer Aufmerksamkeit verzichtete auch die ehemalige Aargauer Ständerätin Pascale Bruderer (AG, sp) auf eine Kandidatur. Sie war gar mittels Petition von mehreren Personen zu einer Kandidatur aufgefordert worden. Das habe sie sehr berührt, eine Rückkehr in die Politik sei aber für sie kein Thema. Auch die Absage von Flavia Wasserfallen war den Medien mehr als eine Kurzmeldung wert. Wie Esther Friedli (svp, SG) bei der SVP wollte sich die Bernerin auf die Ständeratswahlen 2023 konzentrieren und den Sitz des auf Ende Legislatur zurücktretenden Hans Stöckli (sp, BE) verteidigen.

Im Gegensatz zu Jon Pult, der den Entscheid der SP-Spitze für ein reines Frauenticket befürwortete und sich entsprechend nicht zur Verfügung stellte, wollte sich Daniel Jositsch nicht aus dem Rennen nehmen. Er erhielt dabei Zuspruch von bürgerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentariern, die das Vorgehen der SP-Parteileitung in den Medien als «diktatorisch» (Alfred Heer, svp, ZH) bezeichneten oder kritisierten, dass es «mit Gleichberechtigung nicht mehr viel zu tun habe» (Josef Dittli, fdp, UR). Jositsch liess verlauten, dass er sich eine Kandidatur überlege, wenn die Fraktion auch Männer zulasse. Dafür werde er sich parteiintern einsetzen, weil er ein reines Frauenticket als «diskriminierend» erachte. Es handle sich um eine Einschränkung der Wahlfreiheit, die dem Passus in den Statuten der SVP nahekomme, der jedes Mitglied automatisch ausschliesse, wenn es eine Wahl annehme, ohne von der Partei nominiert worden zu sein. Seine damit offiziell angekündigte Kandidatur brachte dem Zürcher Ständerat zahlreiche negative Kommentare ein. Der am rechten Rand der SP politisierende Daniel Jositsch fordere seine eigene Partei heraus und schaffe sich damit zahlreiche Feinde, befand LeTemps. Die «Granate Jositsch explodierte im Gesicht der SP», titelte 24Heures: «Il est vieux, blanc, mâle et riche», also alles, was die neue Garde der SP im Moment «verabscheue», so die Westschweizer Zeitung. Der Tages-Anzeiger warf Jositsch vor, mit dem «unsäglichen Theater» Frauen zu brüskieren, solange diese in den verschiedenen politischen Gremien nach wie vor nicht angemessen vertreten seien. Er sei auf einem «Egotrip», überschätze sich völlig und zeige damit nachgerade auf, dass er eben nicht geeignet sei für ein Bundesratsamt, zitierte der Blick verschiedene SP-Stimmen. Er habe Goodwill verspielt und müsse für den «Hochseilakt ohne Netz» wohl noch büssen. Die WoZ kritisierte, dass nach «173 Jahren Patriarchat [...] ein Mann auch heute noch nicht glauben [will], dass der eigene Karriereverzicht ein Akt der Gleichstellung sein kann». Auch die Weltwoche schrieb von «Selbstdemontage». Allerdings erhielt Jositsch auch Unterstützung aus der eigenen Fraktion. Sich auf ein reines Frauenticket zu konzentrieren sei «demokratisch und strategisch ungeschickt», meldete sich etwa Nationalrätin Franziska Roth (sp, SO) im Blick zu Wort. Es brauche Wettbewerb zwischen Frauen und Männern und keine Reduktion der Kandidierenden auf ihr Geschlecht. Roberto Zanetti (sp, SO) kritisierte vor allem die Parteileitung: «Ich mag es nicht, wenn man mir vorschreibt, wie ich mir meine Gedanken machen soll», so der Ständerat, der in der Folge ein Dreierticket vorschlug. Die Frage werde fraktionsintern wohl noch zu reden geben, vermutete der Blick. Die Fraktion selber versuchte etwas den Wind aus den Segeln zu nehmen, indem sie verkündete, den Vorschlag der Parteispitze für ein reines Frauenticket bzw. den Antrag von Jositsch auf ein gemischtes Ticket an ihrer Fraktionssitzung am 18. November zu diskutieren. Es sei der Verdienst von Jositsch, dass das Thema offen diskutiert werde, urteilte die NZZ. Er verdiene auch deshalb einen «fairen Prozess».

Nach der Kandidatur von Jositsch verging einige Zeit, bis die ersten Kandidatinnen ihre Bewerbung einreichten. Die erste Frau, die sich schliesslich am 10. November mit einer Kandidatur meldete, war Evi Allemann. Damit habe es die SP «geschafft, eine junge Mutter ins Rennen zu schicken [... und] mit einer Art Sanna Marin [...] für frischen Wind [zu] sorgen» (die finnische Ministerpräsidentin Sanna Marin war jüngste Ministerpräsidentin weltweit und bei ihrem Amtsantritt Mutter einer einjährigen Tochter). Die ehemalige Nationalrätin und seit 2018 Berner Regierungsrätin – und Mutter zweier Kinder im Alter von elf und sieben Jahren, wie sogleich in allen Medien berichtet wurde – habe allerdings national kaum Schlagzeilen gemacht, zudem könnte es ein Nachteil sein, dass sie seit fünf Jahren nicht mehr im nationalen Parlament sitze, mutmasste der Blick. Allemann sei nicht die Wunschkandidatin der SP gewesen, wusste 24Heures. Sie habe nicht das Charisma von Flavia Wasserfallen, die in Bundesbern wesentlich häufiger als Favoritin genannt worden sei. Die Kandidatur von Evi Allemann, die eine Bilderbuchkarriere ohne Kanten aufweise und bereits mit 20 Jahren in den Berner Grossen Rat gewählt worden war – 1998 war sie die jüngste Kantonsparlamentarierin der Schweiz – und 2003 den Sprung in den Nationalrat geschafft hatte, habe aber ein grosses «ouf de soulagement» bei der Parteileitung ausgelöst, so 24Heures weiter. Evi Allemann sei auch in bürgerlichen Kreisen beliebt und zeichne sich durch Pragmatismus aus. Sie habe zudem auf Anhieb jedes politische Mandat erhalten, das sie angestrebt habe, so der Tages-Anzeiger. Dass sie nicht mehr in Bundesbern sei, sei für die ehemalige VCS-Präsidentin allerdings ein Handicap, urteilte auch die NZZ.

Als klare Favoritin wurde in den Medien freilich Eva Herzog gehandelt, die tags darauf ihre Kandidatur bekannt gab. «Eva Herzog est la Albert Rösti du Parti socialiste» – sie sei die mit Abstand am häufigsten genannte Favoritin –, berichtete etwa Le Temps über die Kandidatur der Basler Ständerätin. Sie könne einige Trümpfe aufweisen, wie etwa ihre 19-jährige Erfahrung als Finanzvorsteherin des Kantons Basel-Stadt und ihre Ständeratskarriere seit 2019. Ihre gescheiterte Bundesratskandidatur im Jahr 2010, als sie von der Fraktion für die Nachfolge von Moritz Leuenberger nicht aufs Ticket gesetzt worden war, sei zudem ebenfalls kein Nachteil. Schliesslich sei der Kanton Basel-Stadt seit 1973 nicht mehr im Bundesrat vertreten gewesen. Dies sei auch ein Vorteil gegenüber der Bernerin Evi Allemann, waren sich die meisten Medien einig. Auch der Blick machte Eva Herzog zusammen mit Albert Rösti sogleich zum «Favoriten-Duo» und betonte «die Lust aufs Amt und den Gestaltungswillen», den die Baslerin versprühe. Als Nachteil bezeichnete 24Heures das fehlende Charisma von Eva Herzog. Sie sei «un peu cassante», wirke häufig ein wenig spröde.

Einen weiteren Tag später warf die vierte Kandidatin der SP ihren Hut in den Ring. «Elisabeth Wer?», titelte die WoZ in Anspielung auf die zumindest in der Deutschschweiz geringe Bekanntheit von Elisabeth Baume-Schneider, die ähnlich wie Eva Herzog seit 2019 im Ständerat sitzt und vorher während 13 Jahren im Kanton Jura als Regierungsrätin das Bildungsdepartement geleitet hatte. Ebendiese Unbekanntheit sei das grosse Manko der Kandidatin aus der Romandie, waren sich zahlreiche (Deutschschweizer) Medien einig. Auch wenn von der SP-Parteileitung explizit auch Frauen aus der lateinischen Schweiz zu einer Kandidatur aufgefordert worden seien, werde die Vereinigte Bundesversammlung kaum eine Mehrheit von nicht-deutschsprachigen Personen im Bundesrat goutieren, prognostizierte Le Temps – auch wenn Elisabeth Baume-Schneider bilingue ist, ihr Vater ist Deutschschweizer. Dass die Jurassierin «rien à perdre» habe, könne ihr aber auch zum Vorteil gereichen. Die Chancen seien «mince, mais pas nulles», hoffte Le Quotidien Jurassien. Es könnte sich gar für die Zukunft lohnen, den bisher noch nie im Bundesrat repräsentierten peripheren Kanton Jura bekannter zu machen, befand Le Temps mit Blick auf eine mögliche Wahl bei einem Rücktritt von Alain Berset. Für den Kanton sei dies «une belle publicité», so Le Temps. Zudem habe die ehemalige Regierungsrätin im Jura viel Rückhalt, so die Westschweizer Zeitung weiter. In der Tat gab der jurassische Regierungsrat ihre Kandidatur gar in einem Communiqué bekannt und stellte sich mit der Ankündigung, sie könne den Röstigraben verkleinern, öffentlich hinter seine ehemalige Kollegin. In den Medien wurde zudem Elisabeth Baume-Schneiders Nähe zur Landwirtschaft betont. Thema war freilich auch ihr Alter, das als «Handicap» gewertet wurde, weil sich die SP eine jüngere Frau wünsche, so der Blick. Die 58-jährige Ständerätin aus dem Kanton Jura gab zudem in Interviews zu Protokoll, dass sie sich mit 65 Jahren pensionieren lassen wolle. Sie betrachte sich deshalb als «conseillère fédérale de transition», so ihre Aussage in 24Heures. Eva Herzog bleibe aber auch deshalb Favoritin, weil die Jurassierin eher am linken Rand der SP politisiere und das Parlament deshalb weniger gut von sich überzeugen könne als die eher am rechten Rand der SP einzuschätzende Eva Herzog, so der Blick weiter. 24Heures befand zudem, dass Elisabeth Baume-Schneider das grünste Profil der SP-Kandidierenden habe, was ihr allenfalls Stimmen von den Grünen einbringen könnte. Kaum zur Sprache kam hingegen, dass die Jurassierin in ihren Jugendjahren bei der Revolutionären Marxistischen Liga politisiert hatte, galt sie doch auch in bürgerlichen Kreisen als «sehr konziliant». In Interviews gaben Ständerätinnen und Ständeräte aus allen Lagern etwa der Aargauer Zeitung zu Protokoll, sie sei «lösungsorientiert, ohne den grossen Auftritt zu suchen», «verlässlich und kollegial», «seriös, aber nicht verbissen» und sie strahle eine «positive Leichtigkeit» aus. Hingegen wurde das Thema Mutterschaft auch bei der Kandidatin aus dem Kanton Jura diskutiert: Der Blick wusste zu berichten, dass Elisabeth Baume-Schneider zwar nicht mehr das Profil der jungen Mutter habe, wie dies von der SP gewünscht werde, sie habe aber bereits im Jahr 2000 landesweit für Schlagzeilen gesorgt, weil sie damals als Parlamentspräsidentin ihr Baby an eine Sitzung im Jurassischen Parlament mitgenommen habe. Die Frage, ob ein Exekutivamt mit Kindern möglich sei, sei für Elisabeth Baume-Schneider deshalb ein «Déjà-vu». Die Sanna Marin, die die SP heute im Bundesrat haben wolle, sei die zweifache Mutter Elisabeth Baume-Schneider schon vor 20 Jahren gewesen, bemühte die Aargauer Zeitung den Vergleich mit der finnischen Präsidentin ein weiteres Mal.

Bevor die SP über die Nominierung entschied, stand die mit einiger Spannung erwartete Lösung der «Frage Jositsch» an. In den Medien hatte der Wind in der Zwischenzeit etwas gedreht und die SP wurde für ihr mangelndes strategisches Geschick kritisiert. Dass sofort kommuniziert worden sei, nur auf Frauen zu setzen, habe die Partei unnötigen Spannungen ausgesetzt, war in zahlreichen Medien zu lesen. In der Zwischenzeit hatte sich zudem die «Reformplattform», ein loser Zusammenschluss moderat-zentristischer Kräfte der SP, hinter Jositsch gestellt. Im Hinblick auf die eidgenössichen Wahlen 2023 habe die SP aber wohl keine andere Wahl, als mit einer Frau und einem Mann im Bundesrat vertreten zu sein, was nur ein reines Frauenticket garantiere, ergänzte der Tages-Anzeiger. Als Gleichstellungspartei sei sie sonst nicht glaubwürdig. Alles andere wäre denn auch «politisches Harakiri», urteilte auch die Republik. Denn würde Jositsch auf dem Ticket stehen, würde er «mit hoher Wahrscheinlichkeit» gewählt, was dem mächtigen «Momentum von feministischer Politik» völlig zuwiderlaufen und Proteste auslösen würde. Auch der 80-köpfige Parteirat, eine Art Parlament innerhalb der Partei, stärkte der Parteileitung den Rücken und sprach sich einstimmig für ein reines Frauenticket aus. Die diese Frage letztlich entscheidende Fraktion selber tagte dann am 18. November und sprach sich laut ihrem Chef Roger Nordmann (sp, VD) klar mit 37 zu 6 Stimmen (2 Enthaltungen) dafür aus, nur Frauen zu nominieren. Daniel Jositsch habe sich eloquent verteidigt, respektiere aber das Urteil, so Nordmann weiter. Der Vorschlag für ein Dreierticket sei mit 26 zu 19 Stimmen abgelehnt worden. In einem kurzen Statement gab Daniel Jositsch im Anschluss an die Fraktionssitzung den Medien zu Protokoll, er verstehe den Entscheid, es gebe keine innerparteilichen Konflikte und er ziehe seine Kandidatur angesichts der exzellenten Kandidatinnen zurück. Die Diskussionen seien freilich nicht so glatt verlaufen, wie dies für die Presse dargestellt worden sei, wusste der Tages-Anzeiger zu berichten. Vor allem die Parteispitze habe sich von einigen Fraktionsmitgliedern harsche Kritik anhören müssen: Dass Mattea Meyer und Cédric Wermuth unmittelbar nach dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga eigenmächtig ein Frauenticket angekündigt hätten, zeuge von schlechtem Kommunikationsstil und mangelndem Vertrauen in die Fraktion, so die interne Kritik laut Tages-Anzeiger.

Spannend blieb in der Folge also die Frage, welche beiden Kandidatinnen von der Fraktion aufs Ticket gehievt werden. Im Vorfeld der entsprechenden Fraktionsentscheidung vom 26. November hatte die SP vier von ihr so benannte «öffentliche Hearings» in Luzern, Lausanne, Zürich und Liestal geplant, in denen die drei Kandidatinnen Red und Antwort stehen – und «mit dem personellen Spektakel etwas Werbung» für die Partei machen sollten, wie die NZZ vermutete. Alle vier Hearings verliefen ohne Überraschungen. Es gebe kaum Unterschiede in den Positionen der drei Kandidatinnen war die ziemlich einhellige Meinung der Medien, was das Rennen um die Plätze auf dem Ticket freilich nur spannender mache.

Die Entscheidung der SP-Fraktion, Eva Herzog und Elisabeth Baume-Schneider auf das Ticket zu setzen, sorgte dann doch bei vielen Beobachterinnen und Beobachtern für überraschte Gesichter und einige Kritik. Der Entscheid habe etwas Zufälliges, urteilten einige Medien gestützt auf den Wahlprozess in der Fraktion, über den medial berichtet wurde. In den ersten beiden Wahlgängen waren die Unterschiede jeweils knapp, einmal verfügte Elisabeth Baume-Schneider und einmal Evi Allemann über die meisten Stimmen. Erst im dritten Wahlgang, in dem keine Zweitstimmen mehr zugelassen waren, war das Ergebnis schliesslich klar genug: 24 Stimmen für Eva Herzog, 23 für Elisabeth Baume-Schneider und lediglich noch 14 für Evi Allemann, die also für viele Fraktionsmitglieder anscheinend jeweils zweite Wahl gewesen war. Ausgerechnet die in den letzten Wochen so breit diskutierte «junge Mutter» hatte es damit nicht auf das Ticket geschafft. Dies stiess bei zahlreichen Beobachterinnen und Beobachtern auf Kritik. Die Sonntagszeitung wusste zu berichten, dass es in der Fraktion zwei Lager gegeben habe: Das eine habe auf die moderatere Eva Herzog gesetzt, während das andere vorwiegend aus Romand.e.s bestanden habe, unterstützt von Fraktionsmitgliedern, die bei der nächsten Vakanz die Wahlchancen Deutschschweizer Männer erhöhen wollten. Dieses Lager habe die eher links politisierende Westschweizer Kandidatin Elisabeth Baume-Schneider präferiert. Dies wiederum weckte Unbill bei der FDP, die sich im Vorfeld dezidiert gegen eine lateinische Mehrheit im Bundesrat ausgesprochen und bei der SP entsprechende Forderungen angemeldet hatte. Auch die SVP kritisierte die Auswahl, weil die Gefahr bestehe, dass am Schluss nur noch Kantone im Bundesrat vertreten seien, die im Finanzausgleich zu den Nehmerkantonen gehörten. Der Sonntagsblick hatte im Vorfeld der Fraktionssitzung eine Bevölkerungsbefragung durchführen lassen, bei der sich zeigte, dass die Mehrheit der Befragten ebenfalls die beiden Ständerätinnen auf das Ticket gesetzt hätte. Laut der Montagspresse änderte diese Vorauswahl allerdings wenig an der Ausgangslage: Wie bei der SVP Albert Rösti bleibe auch bei der SP Eva Herzog klare Favoritin. Die Aargauer Zeitung bezeichnete die Nomination von Elisabeth Baume-Schneider als «taktisch». Sie sei für Herzog die ungefährlichere Partnerin auf dem Ticket. Elisabeth Baume-Schneider selber war sich ihrer Outsider-Rolle bewusst, aber man könne ja nie wissen, gab sie dem Quotidien Jurassien zu Protokoll.

Bundesratsersatzwahlen 2022 – Nachfolge von Ueli Maurer und Simonetta Sommaruga
Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

Mit zwei neuen Kommunikationskanälen sorgte die SP im Herbst 2022 für einige Aufmerksamkeit. Die NZZ ortete gar eine «veritable Medienoffensive der SP». Auslöser war einerseits die Lancierung des Podcasts «Meyer:Wermuth», in dem die Co-Vorsitzenden der Partei, Mattea Meyer und Cédric Wermuth, einmal pro Woche jeweils drei aktuelle Themen diskutieren und in Kurzantworten auf ausgewählte Publikumsfragen eingehen. Damit solle die SP-Politik auf interessante Art vermittelt und die Entscheidungsfindung in der SP-Spitze besser nachvollziehbar gemacht werden, wurde Meyer in der Presse zitiert. Der neue Kanal sei nicht Teil der SP-Kommunikationsstrategie für die Wahlen 2023, sondern ein längerfristiges Vorhaben, dass sich die beiden schon bei ihrer Wahl ins Co-Präsidium 2020 vorgenommen hätten. Als zweiten Teil der SP-«Medienoffensive» nannte die NZZ das ebenfalls neue Online-Magazin «Direkt», eine Website, auf der die Partei politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Themen im In- und Ausland aus sozialdemokratischer Perspektive behandelt.

Mit ihren Bemühungen, mithilfe neuer Kommunikationsmassnahmen direkt – ohne Umweg über klassische Medien – an die Bürgerinnen und Bürger zu gelangen, war die SP indessen nicht allein. Lorenz Furrer von der PR- und Lobbyagentur Furrerhugi wies gegenüber dem Tages-Anzeiger darauf hin, dass Firmen schon seit einigen Jahren zunehmend auf eigene Newsrooms setzten. Nun werde dies «auch in der Politik [zum] Zeitgeist». Denn so könne eine Partei, eine Politikerin oder ein Politiker gezielt eigene Themen bewirtschaften und die eigenen Zielgruppen bedienen. Wie der Tages-Anzeiger festhielt, mache dies Teleblocher, «die wohl berühmteste Direkt-Politikersendung in der Schweiz», seit 2008 mit einigem Erfolg vor. Die wöchentlichen Interviews des Journalisten Markus Ackeret mit SVP-Stratege Christoph Blocher (svp, ZH) seien 2022 jeweils von mehreren 10'000 Personen angesehen worden.

Auch FDP-Vizepräsident Andri Silberschmidt, seines Zeichens der erste Bundesparlamentarier mit einer Tiktok-Präsenz, hielt die neuen, direkten Kommunikationskanäle der SP für «eine schlaue Idee»: Man könne mit solchen Mitteln Werbung in eigener Sache machen, und zwar nicht nur vor den Wahlen, sondern nachhaltig. Die FDP versuche dies mit ihrem Magazin «Freisinn» ebenfalls. Er selbst erreiche mit seinem Tiktok-Kanal momentan 13'000 Follower, mit Sessionsrückblicken in Videoformat rund 5000 Personen.

Im Allgemeinen nutze die Linke das Internet und Social Media bisher aber wesentlicher geschickter und erfolgreicher für ihre Kampagnen als die Bürgerlichen, befand die NZZ in einem weiteren Beitrag vom Herbst 2023. Zwei FDP-Politiker beklagten darin, «die Linken» hätten im Internet «hochprofessionellen Content, Videos, Bilder und eine riesige Community, die diesen Content teilt. Wer macht auf unserer Seite diese Videos,wer hat bei uns Hunderttausende Mail-Adressen?» Gegen diese professionelle Kommunikation und Kampagnenführung kämen die bürgerlichen Parteien derzeit nicht an. Die NZZ ortete im bürgerlich-liberalen Lager indessen drei jüngere Initiativen, die dies ändern sollten: Die «Liberale Aktion für Reform und Ambition (Lara)», den Nebelspalter und das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik an der Universität Luzern.
Die Lara-Aktion werde von der «Bonny-Stiftung für die Freiheit» finanziert und bringe unter der Anleitung der PR-Agentur Farner junge Influencerinnen und Influencer mit Jungfreisinnigen und Forschenden zusammen. Ziel sei der Aufbau «eine[s] liberalen Momentum[s] auf Social Media», was aber ein langwieriges Unterfangen werde.
Der Nebelspalter, der 2021 von Markus Somm übernommen und seither durch 70 Investorinnen und Investoren aus dem Umfeld der bürgerlichen Gegnerschaft des EU-Rahmenabkommens finanziert wird, habe ursprünglich eigentlich hinter einer Bezahlschranke eine liberale Community aufbauen wollen, biete seine wichtigsten Formate inzwischen aber kostenlos an: den Newsletter von Somm und den Podcast «Bern einfach» von Somm und seinem Stellvertreter Dominik Feusi.
Das ebenfalls 2021 gegründete Institut für Wirtschaftspolitik (IWP) wird vom Wirtschaftsprofessor Christoph Schaltegger und dem vormaligen NZZ-Journalisten René Scheu geführt, finanziert werden die rund zehn Vollzeitstellen von einer Stiftung. Schaltegger sagte gegenüber der NZZ, natürlich sei niemand neutral, aber das IWP sei inhaltlich unabhängig und forsche ergebnisoffen. Gemäss NZZ erhofften sich vom IWP allerdings «viele Liberale», auf dem von Bürgerlichen lange vernachlässigten Feld der Universitäten Boden gutzumachen, denn dieses spiele für die Deutungshoheit in der öffentlichen Debatte eine zentrale Rolle. Die AZ hielt es für «offensichtlich», dass die Geldgeberinnen und Geldgeber das IWP deshalb unterstützen, weil Schaltegger und Scheu für eine liberale Einstellung bekannt seien und von ihnen ein kritischer Ansatz bei der Untersuchung der Auswirkungen staatlicher Aktivitäten zu erwarten sei. Grosse Projekte des Instituts untersuchten etwa das Bürokratiewachstum, die Beschäftigung im öffentlichen Sektor, die Subventionstätigkeit des Bundes oder die Einkommensverteilung. Ein wichtiges Anliegen des IWP ist gemäss Schaltegger die öffentliche Vermittlung seiner Erkenntnisse, gerade auch an ein jüngeres Publikum – einerseits über die klassischen Medien, aber auch mit Videos, Lernplattformen, Social-Media-Beiträgen und Podcasts. Im Frühjahr 2023 verbreitete es einzelne Forschungsergebnisse zudem mit einer Plakatkampagne.

Kommunikationsstrategien der Parteien

Avec une initiative parlementaire visant à renforcer la contribution de la SSR au marché de la production audiovisuelle suisse, Kurt Fluri (plr, SO) revient à la charge. En effet, sa motion 16.4027 n'a pas encore été mise en œuvre par le Conseil fédéral, bien qu'elle ait été acceptée par les deux chambres en 2017. Le conseiller national soleurois propose donc cette fois-ci une modification de la loi sur la radio et la télévision (LRTV) pour donner plus de poids au secteur audiovisuel dans les négociations d'accords sectoriels avec la SSR. Selon lui, il est nécessaire de garantir des contrats fiables, équitables, et conformes aux conditions suisses aux acteurs de la branche (entreprises de production créative, fournisseurs de prestations techniques pour films, régisseurs, techniciens et comédiens suisses) afin que l'infrastructure, les capacités et le savoir-faire sur lesquels reposent la création et la production d'émissions de télévision puissent se développer en Suisse, sans être délocalisés. En outre, Kurt Fluri affirme que les entreprises indépendantes participent davantage à la flexibilité et à l'efficacité de la production des émissions de la SSR que les structures internes de cette dernière, raison pour laquelle il faut selon lui permettre à ces entreprises indépendantes de planifier leurs investissements, en leur donnant certaines garanties.
Cosignée par des membres de chaque groupe parlementaire, son initiative parlementaire a été soutenue par 17 voix contre 3 et 3 abstentions au sein de la Commissions des transports et des télécommunications du Conseil national (CTT-CN).

Participation équitable de la SSR au marché de la production audiovisuelle (Iv.pa. 22.415)

Du point de vue du député Kurt Fluri (plr, SO), la sécurité de l'approvisionnement en énergie ne doit pas être garantie au détriment de la biodiversité. Dans sa motion, il cite précisément le maintien des débits résiduels dans les cours d'eaux, définis par la loi fédérale sur la protection des eaux (LEaux). Dans cette optique, il propose un renforcement de l'énergie solaire afin de ne pas surexploiter les ressources hydrauliques.
Le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. Il a démontré les synergies entre l'énergie solaire, qui fournit un surplus d'énergie en été, et l'énergie hydraulique, qui permet le stockage d'énergie en prévision de l'hiver. De plus, il a confirmé que les critères écologiques définis dans la LEaux étaient appliqués en Suisse.
La motion a été classée. Son examen n'a pas été achevé dans le délai de deux années.

Biodiversité, Constitution fédérale et 30 fois plus de courant (Mo. 20.4154)
Dossier: Grundwasserschutz in der Schweiz

In einer langen und intensiven Debatte beschäftigte sich der Nationalrat in der Herbstsession 2022 mit der Vorlage über einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung mittels Abschaffung des Eigenmietwerts. Daniela Schneeberger (fdp, BL) und Céline Amaudruz (svp, GE) erstatteten als Sprecherinnen der WAK-NR der grossen Kammer Bericht über den umstrittenen Erlassentwurf und die von der Kommission beantragten Änderungen gegenüber der vom Ständerat verabschiedeten Version. Die Kommissionsmehrheit sei weiterhin der Ansicht, dass der Eigenmietwert als fiktiver Einkommensbestandteil störend wirke und von der Bevölkerung nicht verstanden werde, insbesondere von Personen, die ihre Liegenschaft abbezahlt hätten. Deshalb sehe die Mehrheit der WAK-NR Handlungsbedarf und unterstütze die Bestrebungen zur Abschaffung. Dabei räumten die Sprecherinnen jedoch auch ein, dass es noch einige Punkte anzupassen gebe.

In der Eintretensdebatte galt es über einen Nichteintretensantrag sowie zwei Anträge zur Rückweisung der Vorlage an die Kommission zu befinden. Der Nichteintretensantrag sowie einer der beiden Rückweisungsanträge stammten aus der Feder von Cédric Wermuth (sp, AG). Dieser liess kein gutes Haar an der Vorlage und nannte vier Gründe, nicht auf sie einzutreten. Erstens sei die Besteuerung des Eigenmietwerts steuersystematisch sinnvoll, da damit ein effektiver ökonomischer Nutzen besteuert werde. Zweitens würde die Vorlage die sowieso schon steuerlich bevorzugten Wohneigentümerinnen und -eigentümer noch zusätzlich bevorzugen. Drittens sei es schwierig, die aktuelle Situation zu ändern, ohne dabei jemanden stark zu benachteiligen, beispielsweise jüngere Menschen oder Bergregionen. Viertens führe die Vorlage auch zu gewichtigen finanziellen Ausfällen. Wermuth beantragte deshalb, nicht auf die Vorlage einzutreten. Falls der Rat doch auf sie eintrete, dann werde er sich für seinen Rückweisungsantrag einsetzen. Dieser sah vor, dass die parlamentarische Initiative der WAK-SR, auf der die Vorlage basiert, stattdessen mittels einer Härtefallregelung umgesetzt werden soll, womit insbesondere Rentnerinnen und Rentner, welche ihre selbstbewohnte Immobilie abbezahlt haben, aber nur über ein tiefes Einkommen verfügen, entlastet würden.

Der zweite Rückweisungsantrag stammte von Markus Ritter (svp, SG). Ritter sprach sich zwar für die Abschaffung des Eigenmietwerts aus, wollte die Vorlage aber zurück an die Kommission schicken, u.a. da eine Volksabstimmung bei erwarteten gesamtstaatlichen Steuerausfällen von CHF 3.8 Mrd. nicht zu gewinnen sei, betonte er auch mit Verweis auf die Abstimmungen über die Vorlagen zur Abschaffung der Stempelsteuerabgabe und der Verrechnungssteuer, die beide an der Urne gescheitert waren. Um die Mängel der Vorlage zu beheben, sei eine Rückweisung sinnvoller als eine direkte Beratung im Nationalrat. Zudem müssten erstens die Kantone enger eingebunden werden, da diese auch stark betroffen seien. Zweitens habe sich die Vorlage zu stark vom ursprünglichen Ziel des Systemwechsels entfernt und drittens störte sich Ritter daran, dass trotz der Abschaffung des Eigenmietwerts Schuldzinsabzüge bestehen bleiben sollen. Schliesslich lägen der eidgenössischen Steuerverwaltung ab Januar 2023 aktualisierte Zahlen aus vier grossen Kantonen vor, welche für die Entscheidfindung in der Kommission wichtig seien. Auch die von Wermuth verlangte Prüfung einer Härtefalllösung sei Teil seines Rückweisungsantrags, betonte Ritter.

Für Eintreten sprachen sich die Fraktionen der FDP und der SVP aus. Von der SVP weibelte unter anderem Esther Friedli (svp, SG) für die Vorlage. Die Besteuerung des Eigenmietwerts sei während des Ersten Weltkriegs provisorisch eingeführt worden und es sei nun endlich an der Zeit, sie wieder abzuschaffen. Man besteuere nämlich ein fiktives Einkommen. Ausserdem sei der Kauf von Wohneigentum ein eigenverantwortlicher Beitrag zur Altersvorsorge, der durch den Eigenmietwert massiv behindert werde. Weiter bestrafe das heutige System diejenigen, welche ihre Hypothekarschulden abbezahlen wollen, und setze so Anreize zur Verschuldung. Die Schweiz habe nicht zuletzt deshalb eine solch gefährlich hohe Privatverschuldungsquote. Schliesslich führe die heutige Lösung auch zu viel Bürokratie. Die Position der FDP-Fraktion legte unter anderem Petra Gössi (fdp, SZ) dar. Sie unterstützte den Systemwechsel und war der Meinung, der Rat habe in der Detailberatung noch genügend Möglichkeiten, über die konkrete Ausgestaltung der Vorlage zu diskutieren. Eine Rückweisung bringe hingegen nichts. Die Kantone hätten sich bisher nicht kompromissbereit gezeigt und man könne auch heute schon den Entscheid zum Systemwechsel «auf ordnerweise Material stützen».

Die Fraktionen der Grünen und der SP plädierten für Nichteintreten. Balthasar Glättli (gp, ZH) sprach beispielsweise von einem fiskalpolitischen Blindflug, der schlussendlich die «Welt ungerechter statt gerechter» machen würde. Bei der Vorlage sei nicht mehr viel zu retten. Auch Vertreterinnen und Vertreter der SP sprachen sich deutlich gegen die Vorlage aus. Jacqueline Badran (sp, ZH) befürwortete zwar einen reinen Systemwechsel, weil damit Immobilien weniger wie Anlagen und wieder mehr wie Wohnobjekte behandelt würden. Doch die jetzige Fassung der Vorlage habe nichts mehr mit einem reinen Systemwechsel zu tun, da sämtliche Abzugskosten erhalten blieben. Das Parlament habe sich hier «komplett übermarcht» und die Ausarbeitung «einmal mehr komplett unsorgfältig gemacht».

Die Fraktionen der Mitte und der GLP sprachen sich für Eintreten und für Annahme des Rückweisungsantrags Ritter aus. Kathrin Bertschy (glp, BE) gab derweil zu Protokoll, dass ihre Fraktion einen Systemwechsel grundsätzlich begrüssen würde, weil damit Verschuldungsanreize und ökologische Fehlanreize im Unterhaltskonsum reduziert und die volkswirtschaftliche Stabilität erhöht werden könnten. Allerdings forderte sie einen «umfassenden und vollständigen» Systemwechsel, also einen Wechsel, der auch Zweitwohnungen umfasst und dafür die Steuerabzüge abschafft. Deshalb unterstütze die Fraktion den Rückweisungsantrag Ritter, nicht aber den Nichteintretensantrag Wermuth, da eine Härtefalllösung einfach «eine Steuersubvention für Wohneigentümer, die mehr oder teureren Wohnraum beanspruchen, als sie benötigen oder bezahlen können», darstelle. Ähnlich argumentierte Leo Müller (mitte, LU) für die Mitte-Fraktion, welche die Abschaffung des Eigenmietwerts sowie der Steuerabzüge als «steuersystematisch richtig» und als Mittel zur Entlastung des Mittelstands erachtete.

Zuletzt äusserte sich Bundesrat Ueli Maurer zur Vorlage. Der Bundesrat befürworte einen Systemwechsel, so Maurer, damit Verschuldungsanreize abgebaut, Komplexität reduziert und Lösungen für Rentnerinnen und Rentner mit tiefem Einkommen gefunden werden können. Die Vorlage sei aber in der vorliegenden Fassung nicht finanzierbar und nicht mehrheitsfähig. Er empfahl dem Parlament deshalb, dem Antrag Ritter zuzustimmen.

In den Abstimmungen lehnte der Nationalrat zuerst den Nichteintretensantrag Wermuth mit 125 zu 68 Stimmen ab. Wermuth zog daraufhin seinen Rückweisungsantrag zurück. Der Antrag Ritter fand in der Folge mit 114 zu 77 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) eine Mehrheit im Rat. Die Fraktionen der Mitte, GLP, SP und Grünen stimmten geschlossen für den Antrag und schickten damit die Vorlage zurück an die WAK-NR.

Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung (Pa.Iv. 17.400)
Dossier: Vorstösse zur Abschaffung des Eigenmietwerts (1992-2023)

Im September 2020 reichte Christophe Clivaz (gp, VS) ein Postulat betreffend die Verunreinigung des Trinkwassers mit dem Pflanzenschutzwirkstoff Chlorothalonil ein. Clivaz reihte sich damit in eine Reihe von Vorstössen zum Thema Chlorothalonil ein (bspw. Mo. 20.3052 von Kurt Fluri (fdp, SO) und Mo. 20.3625 von Roberto Zanetti (sp, SO)). Clivaz führte in seinem Vorstoss aus, dass trotz des Verbots von Chlorothalonil noch problematische Abbauprodukte im Trinkwasser festgestellt worden seien. Die Behörden müssten nun zum Schutz der Bevölkerung die Konzentration der Abbauprodukte reduzieren, etwa indem sie Trinkwasser aus verschiedenen Quellen mischen. Wenn die Entnahme von unbelastetem Wasser nicht möglich sei, müsse ein komplexes und kostspieliges Verfahren zur Reinigung des Wassers angewandt werden. Avenir Suisse habe die Kosten, die durch den Einsatz von Pestiziden entstehen, jüngst auf ca. CHF 100 Mio. pro Jahr beziffert. Clivaz forderte den Bundesrat nun dazu auf, in einem Bericht die Fristen und die Kosten für die Sanierungsarbeiten der Trinkwasserfassungen zu veranschlagen und das Risiko zu berechnen, dass gewisse Teile der Bevölkerung bis zum Ende der Sanierungsarbeiten weiterhin belastetes Wasser konsumieren müssen. Zudem solle der Bundesrat unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips Lösungen für die Finanzierung der Arbeiten, die die Gemeinden in Angriff nehmen müssten, vorschlagen.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulats, da der geforderte Bericht nicht nötig sei: Die Fragen seien entweder schon beantwortet, befänden sich in Bearbeitung oder könnten gar nicht beantwortet werden. So sei es etwa aufgrund der stark unterschiedlichen Situationen in den Gemeinden quasi unmöglich, die Dauer und die Kosten der Sanierungsarbeiten abzuschätzen. Der Bundesrat vertrat zudem die Ansicht, dass die Lösung der Pestizidproblematik beim Grund- und Trinkwasser darin bestehe, den vorsorglichen Schutz des Grundwassers zu stärken. Dies sei bereits im Rahmen der Motion Zanetti sowie im Rahmen der parlamentarischen Initiative 19.475 vorgesehen.
Der Vorstoss gelangte in der Herbstsession 2022 in die grosse Kammer. Diese nahm das Postulat äusserst knapp, mit 95 zu 94 Stimmen an. Nebst den geschlossen stimmenden SP-, Grünen- und GLP-Fraktionen stimmten auch einzelne Mitglieder der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion für Annahme des Postulats.

Verunreinigung des Trinkwassers mit Chlorothalonil. Wie reagieren und wie die nötigen Sanierungen finanzieren? (Po. 20.4087)
Dossier: Pestizidbelastung in Fliessgewässern

In der Herbstsession 2022 folgte der Nationalrat mit 103 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen dem Antrag des Bundesrates und stimmte der Abschreibung der Motion Regazzi (mitte, TI) für eine «Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht», zu. Die vorberatende SPK-NR hatte ihrem Rat mit 14 zu 9 Stimmen empfohlen, dem Antrag des Bundesrates stattzugeben. Neben der im bundesrätlichen Bericht ausführlich dargelegten rechtlichen Unmöglichkeit, die Motion umzusetzen, betonte die Kommissionsmehrheit, beim Grundrechtsschutz dürfe nicht mit zweierlei Mass gemessen werden: «Ein wahrer Rechtsstaat muss auch seine Feindinnen und Feinde rechtskonform und gemäss seinen Werten behandeln», schrieb sie in der Medienmitteilung. Im Ratsplenum erklärte Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO), der Bundesrat habe sich darüber hinaus bereit erklärt, im Umgang mit verurteilten Terroristinnen und Terroristen, die aufgrund des Non-Refoulement-Gebots nicht ausgeschafft werden können, alle rechtlich zulässigen Mittel zur Wahrung der Sicherheit der Schweiz auszuschöpfen. Justizministerin Karin Keller-Sutter ergänzte, man prüfe im Einzelfall, ob vom Herkunftsstaat die diplomatische Zusicherung erlangt werden kann, dass die betroffene Person weder gefoltert noch unmenschlich behandelt wird, sodass eine völkerrechtskonforme Ausschaffung dennoch möglich ist. Zudem werde auch jeweils geprüft, ob die Person in einen anderen Staat als ihren Herkunftsstaat weggewiesen werden kann. Gleichzeitig betonte sie, die Schweiz habe in letzter Zeit mit dem Nachrichtendienstgesetz, den Strafbestimmungen gegen Terrorismus und den präventiv-polizeilichen Massnahmen ein besseres Instrumentarium erhalten, um «mit den Personen, die wir in der Schweiz behalten müssen, umgehen zu können». Momentan handle es sich um fünf Personen, die die Schweiz aufgrund des Non-Refoulement-Gebots nicht ausschaffen könne, so die Bundesrätin.
Eine Minderheit um SVP-Nationalrat Gregor Rutz (ZH) wollte die Motion trotzdem nicht abschreiben. Es könne nicht sein, dass verurteilte Terroristinnen und Terroristen in der Schweiz blieben, und er sei nicht zufrieden damit, «dass der Bundesrat uns sagt, das ginge nicht», so Rutz. Es sei «eine Frage des gesunden Menschenverstandes», dass «wir [...] doch nicht mit unserer Rechtsordnung Leute schützen [können], die diese Rechtsordnung missbrauchen, um sie zu zerstören». Der Bundesrat müsse «noch einmal über die Bücher», denn es gebe «Möglichkeiten, wie man dieses Anliegen umsetzen kann». Einen Vorschlag, wie eine solche Umsetzung aussehen könnte, lieferte der Minderheitsvertreter dem Ratsplenum jedoch nicht. Seine Ansicht teilten die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die grosse Mehrheit der Mitte-Fraktion sowie FDP-Vertreterin Jacqueline de Quattro (VD), was in der grossen Kammer aber nicht zu einer Mehrheit reichte.

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Im Sommer 2022 wurde bekannt, dass die drei grossen Unternehmerinnen- und Unternehmerverbände Economiesuisse, Gewerbeverband und Arbeitgeberverband zusammen mit dem Bauernverband eine strategische Allianz eingegangen waren. Gemäss einem internen Papier, aus dem die «NZZ am Sonntag» zitierte, wollten die vier Verbände künftig «gemeinsam für eine wirtschafts- und agrarfreundliche Politik kämpfen» und etwa in Abstimmungskämpfen vermehrt zusammenspannen, um ihre Durchschlagskraft zu erhöhen. Auch im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen 2023 sei eine Zusammenarbeit geplant. Ziel sei die grundsätzliche Stärkung des bürgerlichen Lagers in der nationalen Politik. SGV-Präsident Fabio Regazzi (mitte, TI) liess verlauten, es gehe um «ein Gegengewicht zum rot-grünen Lager».
Das Bekenntnis zur verstärkten und langfristigen Zusammenarbeit erfolgte vor dem Hintergrund, dass die Wirtschaftsverbände bei Volksabstimmungen zuletzt immer wieder Schwierigkeiten gehabt hatten, eine Mehrheit der Stimmberechtigten von ihrer Position zu überzeugen. Nach einigen Reibereien zwischen dem SAV sowie Economiesuisse einerseits und dem SGV andererseits hatten sich diese drei Verbände schon Ende 2021 im Schulterschluss geübt. Mit dem SBV wurde diese Allianz nun noch erweitert.
Zum ersten Anwendungsfall der neuen Allianz wurde der Abstimmungskampf für den Urnengang vom 25. September 2022, bei dem eine Vorlage mit landwirtschaftlichem Fokus (Massentierhaltungsinitiative) und drei mit Wirtschaftsfokus (Verrechnungssteuerreform und AHV 21) zur Abstimmung kamen. Die vier Verbände demonstrierten an einer gemeinsamen Medienkonferenz Einigkeit, und der SBV forderte alle seine Mitglieder auf, auf ihren Feldern und Höfen nebst Plakaten gegen die Massentierhaltungsinitiative auch solche für die AHV 21 und für die Teilabschaffung der Verrechnungssteuer aufzuhängen. Die «NZZ am Sonntag» wertete diese «flächendeckende Präsenz» in der ländlichen Schweiz als «unbezahlbaren Vorteil im Abstimmungskampf».
Der Boden für die Partnerschaft war gemäss Recherchen der «NZZ am Sonntag» indessen schon länger gelegt worden, als Architekt habe der Zürcher FDP-Ständerat Ruedi Noser gewirkt. Er habe «den grossen Kuhhandel» von 2020 eingefädelt, als der SBV die Wirtschaftsverbände beim Kampf gegen die Konzernverantwortungsinitiative unterstützte und diese im Gegenzug mithalfen, dass das Parlament die Agrarpolitik 22+ sistierte. Auch im Abstimmungskampf gegen die Trinkwasser- und die Pestizid-Initiative im Sommer 2021 konnte der SBV wieder auf die Unterstützung der Wirtschaftsverbände zählen. All dies habe dafür gesorgt, dass das Verhältnis zwischen SBV und Wirtschaftsverbänden wieder enger geworden sei, nachdem es aufgrund von Differenzen in der Freihandels- und Agrarzollpolitik lange ramponiert gewesen war, berichtete die «NZZ am Sonntag». Politgeograf Michael Hermann äusserte die Vermutung, dass der gestiegene Druck ökologischer Kreise auf die Landwirtschaft etwa beim Trinkwasserschutz für den Schulterschluss verantwortlich sei: «Sie haben mit ihren Angriffen auf die Bauern übermarcht und sie in die Hände der Wirtschaft getrieben.»
Ökologische und linke Stimmen äusserten sich denn auch wenig erfreut über die neue Allianz. Die Grünliberale Kathrin Bertschy (glp, BE) bedauerte, dass Economiesuisse nun mit dem «agrarprotektionistischen Lager» zusammenspanne, statt sich wie früher für einen «Abbau der überdimensionierten Giesskannensubventionen» in der Landwirtschaft einzusetzen. SP-Co-Präsident Cédric Wermuth (sp, AG) seinerseits fand, mit dem Pakt würden «die Interessen der Bauern an die Wirtschaft verkauft»; die neue Allianz sei vor allem ein Zeichen dafür, wie nervös man bei den Wirtschaftsverbänden sei.

Allianz von Bauernverband und Wirtschaftsverbänden

In der Sommersession 2022 verabschiedete das Parlament die Flexibilisierung der Besteuerung von Leibrenten. Für die WAK-NR präsentierten Daniela Schneeberger (fdp, BL) und Céline Amaudruz (svp, GE) dem Nationalrat die Vorlage; Schneeberger lobte die vorliegende Lösung als «flexibel» und «angemessen», da die Besteuerung der Leibrenten bei einem Zinsanstieg ebenfalls erhöht werde. Eine Minderheit Wermuth (sp, AG) beantragte hingegen Nichteintreten, da es bei dieser Vorlage «um eine doch sehr marginale Frage» gehe, von der überdies nur vermögende Personen profitieren würden – gleichzeitig blieben Probleme, deren Lösung allen Personen zugute käme, weiterhin ungelöst. Zudem komme der Wegfall der Pauschalbesteuerung in Anbetracht der steigenden Zinsen zum falschen Zeitpunkt, da man damit ein falsches Signal sende. Dies überzeugte jedoch neben der SP-Fraktion lediglich Stefania Prezioso (egsols, GE). Folglich trat der Nationalrat mit 131 zu 37 Stimmen auf das Geschäft ein und nahm dieses in der Folge ohne weitere Diskussionen mit 148 zu 37 Stimmen an.
Die Schlussabstimmungen passierte die Vorlage mit 156 zu 37 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) und 43 zu 0 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) problemlos. Somit werden Leibrenten zukünftig nicht mehr pauschal, sondern entsprechend der Anlagemöglichkeiten besteuert.

Flexibilisierung der Besteuerung von Leibrenten (BRG 21.077)

Das von Balthasar Glättli (gp, ZH) mittels parlamentarischer Initiative geforderte Obligatorium für die freie Rede bei Ratsdebatten löste in der Sommersession 2022 im Nationalrat ein von einiger Heiterkeit begleitetes Frage-Antwort-Spiel aus. Der Initiant legte dar, dass es zu Beginn des Parlamentsbetriebs, also vor 172 Jahren, verboten gewesen sei, eine Rede abzulesen. Er glaube, dass frei gesprochene Reden nicht nur spannendere, sondern auch verständlichere Debatten nach sich ziehen würden, was «der Demokratie guttäte». Wer frei spreche, habe sich mit dem Thema besser auseinandergesetzt, als wer einfach ablese. Er fordere kein Verbot von Unterlagen, aber er wolle verhindern, dass eine Rede lediglich abgelesen werde. Auf die Frage von Roger Nordmann (sp, VD), ob sich Glättli bewusst sei, dass es sprachliche und rhetorisch nicht so begabte Minderheiten gebe, für die die freie Rede nicht so einfach sei – ein Punkt, den auch das Büro-NR in seinem Bericht gegen die parlamentarische Initiative vorgebracht hatte –, erwiderte der Initiant, dass es in der Tat nicht gut sei, dass man einander nicht verstehe, dies aber mit der freien Rede nichts zu tun habe. Beat Flach (glp, AG) wollte von Glättli wissen, ob er mit einem Verbot nicht überschiesse. Hier brachte der Initiant das Beispiel Grossbritanniens vor, wo man ebenfalls ein Ableseverbot kenne, das freilich mit Augenmass umgesetzt werde: «Aber es gibt dann im britischen Parlament auch den Moment, wo es aus den Reihen schallt ‹He is reading!›, weil man merkt, dass jemand nicht mehr bei der Sache ist, sondern nur noch am Papier klebt. Das will ich verhindern.». Ob denn die freie Rede nicht einfach «in zielloses, polemisches Geschwafel» ausarte, wollte Kurt Fluri (fdp, SO) wissen. Man müsse hierfür wohl zuerst Erfahrungen sammeln und dann allenfalls korrigieren, verteidigte sich Glättli. Es brauche keine Kontrolle, sondern individuelle Abwägung, wie viel man von einem Spickzettel ablesen wolle, antwortete Glättli eine Frage von Lorenz Hess (mitte, BE) und auch die Frage von Benjamin Roduit (mitte, VS), ob denn mit freier Rede nicht die Gefahr eines Überziehens der Zeit bestehe, konterte Glättli: Auch diese Regel müsste eigentlich überdacht werden und auch hier könnte man eine gewisse «souplesse» oder Flexibilität walten lassen.
Das Büro hatte zuvor mit 10 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) entschieden, dem Vorstoss keine Folge zu geben. Neben den in den Fragen angesprochenen Kritikpunkten (Überforderung von Minderheiten, schwierige Kontrolle, Bedeutung der «Legiferierung» statt Debattenkultur in der Schweiz) fügte das Büro im Bericht auch noch das Argument der nötigen Präzision von Reden an: Komplexe Geschäfte sowie die Berichterstattung von Kommissionsdiskussionen bedingten eine möglichst präzise und doch möglichst knappe Sprache. Dies sei in freier Rede kaum möglich. Mit Ausnahme der GLP- und der FDP-Fraktion fanden sich aus allen Fraktionen Unterstützerinnen und Unterstützer des Antrags. Die insgesamt 30 befürwortenden Stimmen reichten allerdings gegen die 129 Stimmen, die der Initiative keine Folge geben wollten, nicht aus. Ins Auge fielen die 32 Enthaltungen, die wiederum mit Ausnahme der FDP-Fraktion aus allen parlamentarischen Gruppen stammten. Damit ist die parlamentarische Initiative erledigt.

Freie Rede einführen (Pa.Iv. 21.500)

In schöner Regelmässigkeit (1986, 2004, 2009, 2013) werden Vorstösse deponiert, die die Einführung einer Gesetzesinitiative fordern. Die Urheberinnen und Urheber stammten dabei bereits aus allen politischen Lagern. Im März 2021 kam die Forderung aus dem linken Lager: Gabriela Suter (sp, AG) wollte mit der Einführung des in allen Kantonen verankerten Volksrechts ein «Demokratiemanko beseitigen», wie sie ihren Vorstoss betitelte. Mehr als die Hälfte der eidgenössischen Volksinitiativen hätten den Charakter von Gesetzesinitiativen, da sie Regelungen vorschlügen, die nicht auf Verfassungs-, sondern auf Gesetzesstufe angesiedelt werden müssten. Dies führe dann etwa mit Verweis auf die «Burka-Initiative» dazu, dass die Verfassung «Kleidervorschriften» beinhalte. Die Gesetzesinitiative funktioniere auf kantonaler Ebene seit mehr als 100 Jahren. Freilich müsste diskutiert werden, wie dieses neue direktdemokratische Instrument auf Bundesebene übertragen werden solle, ob also beispielsweise das Ständemehr gelten solle oder nicht. In dieser Phase der parlamentarischen Initiative gehe es aber zuerst einmal darum, den Handlungsbedarf zu bestätigen und den Willen für einen Ausbau der Beteiligungsrechte zu signalisieren, so Suter in der Debatte während der Sommersession 2022.
Die SPK-NR hatte den Vorstoss vor der Session mit 13 zu 9 Stimmen (1 Enthaltung) zur Ablehnung empfohlen. Weil ihm eine starke linke Kommissionsminderheit aber Folge geben wollte, war eine Debatte im Nationalrat nötig geworden. Minderheitssprecherin Samira Marti (sp, BL) betonte, sie könne nicht nachvollziehen, dass die Mehrheit der SPK-NR keinen Handlungsbedarf sehe: Gerade in den letzten Jahren seien so viele Volksinitiativen wie noch nie mit konkreten Regelungen angenommen worden, die «eigentlich nichts in der Verfassung verloren» hätten. Weil die Stimmberechtigten gar keine Möglichkeit hätten, konkrete und konstruktive Ideen einzubringen, aber Reformbedarf bestehe, würden wohl in den nächsten Jahren vermehrt als Volksinitiativen verpackte Gesetzesinitiativen eingereicht werden. Die ablehnende Kommissionsmehrheit wurde von Jean-Luc Addor (svp, VS) und Kurt Fluri (fdp, SO) vertreten. Eine Gesetzesinitiative würde das politische System ziemlich umkrempeln, warnte Addor. Der Stimmbevölkerung obliege die Nachkontrolle von Gesetzen, nicht aber die unmittelbare Gesetzgebung. Fluri zählte mögliche Probleme auf, die sich mit der Einführung dieses neuen Volksrechtes ergäben. So bräuchte es ein Kontrollorgan, das die Verfassungsmässigkeit und die Vereinbarkeit eines Vorschlags mit dem Völkerrecht kontrolliere. Dies sei – wie man bereits bei Volksinitiativen sehe – kein leichtes Unterfangen. Zudem müsste abgeklärt werden, ob ein Vorschlag dem Föderalismusartikel entspreche, ob es sich also tatsächlich um Bundeskompetenzen handeln würde. Die Frage, ob das Ständemehr gelten müsse oder nicht, sei ebenfalls nicht einfach zu beantworten. Die fehlende Verfassungsgerichtsbarkeit, die Rücksichtnahme auf den Föderalismus und die Frage nach dem Ständemehr stellten sich auf kantonaler Ebene nicht, weshalb es eben nicht zulässig sei, die Kantone als Vorbild für eine nationale Gesetzesinitiative ins Feld zu führen.
Mit 119 zu 70 Stimmen (1 Enthaltung) gab die Ratsmehrheit der parlamentarischen Initiative keine Folge. Damit ereilte den Vorstoss das gleiche Schicksal wie seine Vorgänger in den letzten rund 40 Jahren. Nur die geschlossen stimmenden Fraktionen von GP und SP sowie die drei EVP-Mitglieder aus der Mitte-EVP-Fraktion sahen diesbezüglich zum gegebenen Zeitpunkt Handlungsbedarf.

Einführung der Gesetzesinitiative (Pa.Iv. 21.423)
Dossier: Vorstösse für eine Einführung der Gesetzesinitiative

Weil die SPK-NR trotz anderslautender Empfehlung ihrer ständerätlichen Schwesterkommission an ihrer Unterstützung für die Parlamentarische Initiative von Jürg Grossen (glp, BE) festhalten wollte, musste das Anliegen im Nationalrat beraten werden. Grossen verlangt gesetzliche Grundlagen, mit denen überprüft werden kann, ob Titel von Gesetzen mit deren Inhalt übereinstimmen. In der Ratsdebatte machte der Initiant einige Beispiele: Beim Bau der «zweiten Gotthardröhre» habe die Abstimmungsfrage gelautet: «Wollen Sie die Änderung vom 26. September 2014 des Bundesgesetzes über den Strassentransitverkehr im Alpengebiet (Sanierung Gotthard-Strassentunnel) annehmen?». Dass es um eine zweite Röhre gegangen sei, sei aufgrund des Titels nicht klar gewesen. Häufig würden zudem Titel ohne weitere Präzisierungen gewählt, wie etwa «Luftfahrtgesetz. Änderung» oder «Strassenverkehrsgesetz. Änderung». Aus Gesetzestiteln müsse klar werden, worum es gehe, damit «die Bevölkerung die Politik [nicht] als unverständliches Buch mit sieben Siegeln» wahrnehme. Eine Kommissionsminderheit, angeführt von Kurt Fluri (fdp, SO), sah dies anders und argumentierte, dass das Problem nicht auf Gesetzesebene gelöst werden solle. Zudem könne ein Titel wohl gar nicht alle Aspekte umfassen, die wichtig seien. Man müsse von den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern erwarten können, dass sie nicht nur die Überschrift, sondern auch den Inhalt einer Vorlage betrachteten. Die Kommissionsmehrheit wurde in der Ratsdebatte der Sommersession 2022 von Corina Gredig (glp, ZH) vertreten, die für mehr Transparenz und eine «bürgernahe Gesetzgebung» warb, welche verständliche Abstimmungstitel voraussetzten. Die Ratsmehrheit folgte der Kommissionsmehrheit. Mit 132 zu 52 Stimmen (1 Enthaltung) beschloss der Nationalrat Folgegeben. Die geschlossene FDP.Liberale Fraktion und die grosse Mehrheit der Mitte-Fraktion unterstützten die Kommissionsminderheit.

Titel von Gesetzen müssen mit dem Inhalt übereinstimmen (Pa.Iv. 20.462)
Dossier: Stimmzettel als Informationsträger?

Die parlamentarische Initiative der grünen Fraktion für ein qualifiziertes Ständemehr bei Doppelmehrabstimmungen wurde vom Nationalrat in der Sommersession 2022 behandelt. Zugunsten der Initiative äusserten sich Balthasar Glättli (gp, ZH) als Vertreter der Initiantinnen und Initianten und Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) für die aus Grünen, SP und GLP bestehende Minderheit der vorberatenden SPK-NR). Sie betonten, dass sie nicht etwa die Abschaffung des Ständemehrs forderten, sondern lediglich dessen Anpassung. Es gelte – wie es Glättli formulierte –, «das Gleichgewicht im tragenden Gebälk der Schweizer Demokratie» wiederherzustellen, konkret das Gleichgewicht zwischen Volks- und Ständemehr. Das bestehende System benachteilige namentlich auch die lateinischen Kantone.
Gegen die Initiative stellten sich für die Kommissionsmehrheit Kurt Fluri (fdp, SO) und Piero Marchesi (svp, TI). Sie argumentierten, dass das heutige Ständemehr zum Föderalismus gehöre. Zwar müsse heute nicht mehr wie bei der Einführung des Ständemehrs 1848 ein Ausgleich zwischen katholischen und protestantischen Regionen geschaffen werden, aber nach wie vor brauche es einen Schutz der kleinen Kantone vor einem Übergewicht der bevölkerungsstarken Kantone. Im Übrigen bestehe ohnehin kein Handlungsbedarf, weil das Volksmehr seit 1848 erst in zehn Abstimmungen durch das Ständemehr blockiert worden sei. Mit 105 zu 77 Stimmen bei 4 Enthaltungen entschied der Nationalrat schliesslich, der parlamentarischen Initiative keine Folge zu gegeben. Diese wurde somit vom selben Schicksal ereilt wie eine Reihe früherer Vorstösse, die ebenso erfolglos eine Reformierung des Ständemehrs gefordert hatten.

Qualifiziertes Ständemehr bei Doppelmehr-Abstimmungen (Pa.Iv. 20.484)
Dossier: Vorstösse zur Abschwächung des klassischen Ständemehrs

In Form eines Postulats forderte Cédric Wermuth (sp, AG) im Juni 2020 den Bundesrat dazu auf, in einem Bericht die Möglichkeiten für die Strukturförderung der schweizerischen Musikwirtschaft abzuklären. Die Musikwirtschaft der Schweiz sei in den letzten Jahren stark gewachsen, was zu einem grossen Teil kleinen und mittleren Unternehmen und Organisationen, wie Labels oder Musikverlage, zu verdanken sei. Diese trügen aber ein grosses unternehmerisches Risiko, welchem der Bund mit einer Strukturförderung Abhilfe schaffen könnte. Der Bundesrat hielt in seiner Stellungnahme dagegen, dass sich der Musiksektor in viele Teilmärkte aufteile und sehr dynamisch sei, weshalb eine Strukturförderung nicht das richtige Mittel darstelle. Zielführender sei es, sich auf Inhalte zu konzentrieren, was der Bundesrat beispielsweise bereits via Pro Helvetia anstrebe: Die Kulturstiftung fördere die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Musikschaffenden im Ausland. Der Nationalrat lehnte die Vorlage in der Sommersession 2021 diskussionslos mit 117 zu 69 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) ab. Die geschlossen stimmenden befürwortenden Fraktionen der SP und der Grünen standen den geschlossen stimmenden Fraktionen der GLP, SVP und FDP.Liberalen sowie einer deutlichen Mehrheit der Mitte-Fraktion gegenüber.

Möglichkeiten für die Strukturförderung der schweizerischen Musikwirtschaft abklären (Po. 20.3685)

Zweieinhalb Jahre nach den eidgenössischen Wahlen 2019 hatten insgesamt sechzehn Kantone ihre Parlamente und Regierungen neu bestellt, im März 2022 waren auch die grossen Kantone Bern und Waadt dazugekommen. In der Presse wurde dies zum Anlass genommen, um eine Zwischenbilanz über die seit 2019 in den Kantonen eingefahrenen Gewinne und Verluste der einzelnen Parteien zu ziehen und daraus eine Formkurve der Parteien abzuleiten sowie ihre Aussichten für die eidgenössischen Wahlen 2023 zu diskutieren.
Als Haupttrend machten die Medien die Fortsetzung der «grünen Welle» aus: Diese sei nach den nationalen Wahlen 2019 auch durch praktisch alle Kantone gerollt, indem die Grünliberalen und die Grünen fast überall Zugewinne erzielten, vielerorts auch in einem für Schweizer Verhältnisse recht beträchtlichen Ausmass. Ihre Erfolge führten die Medien vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie zurück, bei der GLP zudem auf die konsequent europafreundliche Linie der Partei. Insgesamt kamen die Grünen damit Ende März 2022 auf 264 Sitze in den kantonalen Parlamenten (+48 Sitze und +2,7% Wählendenanteil seit 2019), die GLP auf 144 (+46 und +2,9%). Mit der FDP (neu 526 Sitze, –28 und –1,1%), der SVP (522, –22 und –1,1%), der Mitte (447, –20 und –1.1%) und der SP (432, –45 und –2,4%) hatten demgegenüber die vier Bundesratsparteien allesamt verloren, am stärksten die SP.
Obwohl also der Aufwärtstrend der Grünen anhielt, wies er nicht mehr dasselbe Ausmass auf wie bei den nationalen Wahlen und den ersten darauffolgenden kantonalen Urnengängen. In der Konsequenz bedeutete dies erstens, dass nunmehr die GLP vor den Grünen die am stärksten zulegende Partei war, und zweitens, dass das linke Lager insgesamt nun nicht mehr wie seit 2019 wuchs, sondern schrumpfte: Die Zugewinne der Grünen reichten zuletzt nicht mehr aus, um die Verluste der SP zu (über)kompensieren.
Mit Bezug auf die SP stellten die NZZ und der Tages-Anzeiger fest, dass sich die Wahlresultate nochmals verschlechtert hatten, seitdem Cédric Wermuth (sp, AG) und Mattea Meyer (sp, ZH) im Oktober 2020 das Co-Präsidium übernommen hatten. Die SP habe seither weder die sozial- und wirtschaftspolitische Krisenlage im Zuge der Covid-19-Pandemie noch Abstimmungssiege etwa im von ihr angeführten Referendum gegen die Stempelsteuer-Abschaffung in Wahlerfolge ummünzen können. Im Tages-Anzeiger wurden zwei mögliche Erklärungen für das Formtief der SP genannt: die parteiinternen Konflikte in der Europapolitik und eine «ideologische Verengung», durch die der sozialliberale Parteiflügel nur noch wenig wahrgenommen werde und die entsprechenden Wählendengruppen nicht mehr abgeholt werden könnten.
Die Mitte wiederum schien an den Wahlurnen nicht nennenswert vom neuen Parteinamen und der Fusion zwischen CVP und BDP profitieren zu können, sondern befand sich in einem unverminderten Abwärtstrend – zuletzt auch in der einstigen BDP-Hochburg Bern.
Was die Rückschlüsse auf die nationalen Wahlen 2023 betrifft, relativierten sowohl die AZ als auch die NZZ: Die Ergebnisse der kantonalen Wahlen liessen sich nicht einfach auf die nationale Ebene übertragen. So seien die FDP und die Mitte in den Kantonen traditionell stärker, während die Parteien an den politischen Polen bei nationalen Wahlen besser mobilisieren könnten. Ohnehin könne sich die Grosswetterlage bis im Oktober 2023 noch ändern, etwa als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine; je nach dessen weiterem Verlauf könnte beispielsweise die SVP mit ihren Kernthemen Flüchtlingspolitik, Neutralität und Europa wieder auf mehr Resonanz stossen.

Sehr unterschiedliche Interpretationen lieferten die Medien zur elektoralen Entwicklung der politischen Lager: Die WOZ fand, es sei weiterhin ein «Linksrutsch» festzustellen, weil das rot-grüne Lager seit 2019 immer noch im Plus liege. Die Aargauer Zeitung betonte dagegen, dass es zwischen dem linken, dem rechten und dem Zentrums-Lager über alle Kantone hinweg insgesamt nur geringe Verschiebungen gebe; die wesentlichen Umwälzungen spielten sich vielmehr innerhalb der «Blöcke» ab (im Zentrum eine Stärkung der GLP und eine Schwächung der Mitte, im linken Lager eine Stärkung der Grünen und eine Schwächung der SP). Die NZZ und der im Tages-Anzeiger zitierte Politologe Claude Longchamp wiederum stellten in den Vordergrund, dass das rot-grüne Lager zuletzt und das nationalkonservative Lager mit der SVP schon seit Längerem gewisse Verluste verbucht hätten, während das politische Zentrum dank der GLP unter dem Strich zulege. Damit sahen sie einen lang anhaltenden Trend in der Schweizer Politik – das Wachstum der beiden politischen Pole auf Kosten des Zentrums – vorerst gebrochen.

Bilanzen über Gewinne und Verluste der Parteien in kantonalen Wahlen

Im März 2020 reichte Kurt Fluri (fdp, SO) eine Motion zur Thematik des Trinkwasserschutzes ein. Motionär Fluri forderte eine verursacherorientierte Finanzierung der zusätzlichen Trinkwasseraufbereitungsanlagen, die infolge strengerer Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel und Düngerprodukte notwendig würden. Diese Kosten würden dabei vor allem auf den Bau neuer Transportleitungen oder zusätzlicher Aufbereitungsanlagen entfallen. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion. Er bevorzugte den vorsorglichen Schutz des Grundwassers vor schädlichen Eintragungen. Entsprechend forderte er eine konsequentere Ausscheidung/Festlegung der Zuströmbereiche von Trinkwasserfassungen, damit diese Zonen besser geschützt werden können. Aus diesem Grund behielt sich der Bundesrat vor, bei einer Annahme der Motion durch den Nationalrat im Ständerat diesbezüglich Änderungen des Wortlauts der Motion zu beantragen.
In der Frühjahressession 2022 kam der Vorstoss in den Nationalrat. Kurt Fluri pochte darauf, dass für die Verunreinigungen, die bereits im Trinkwasser sind und die eliminiert werden sollen, eine Lösung gefunden werden müsse. Hierbei genüge die Bestimmung der Zuströmbereiche, die mit der Motion Zanetti (sp, SO; Mo. 20.3625) beschlossen wurde, nicht. Umweltministerin Sommaruga entgegnete, dass die Anlagen, die Fluri vorgesehen habe, nur für die grossen Wasserversorgungsunternehmen eine Option darstellten und es nur wenige Verfahren gebe, welche beispielsweise mit Chlorothalonil verunreinigtes Wasser effizient reinigen könnten. In der anschliessenden Abstimmung zeigte sich ein eher ungewöhnliches Abstimmungsverhalten. Während die Grünen-, die GLP- und die FDP.Liberale-Fraktion geschlossen für die Motion stimmten, lehnten sie die fast geschlossen stimmende SVP- und etwa die Hälfte der Mitte-Fraktion ab. Zahlreiche Mitglieder der SP-Fraktion enthielten sich der Stimme. Insgesamt sprachen sich 90 Mitglieder der grossen Kammer für die Motion aus, 63 dagegen und 33 enthielten sich der Stimme.

Verursacherorientierte Finanzierung der zusätzlichen Trinkwasseraufbereitungsanlagen infolge strengerer Grenzwerte für Pflanzenschutzmittel (Mo. 20.3052)
Dossier: Pestizidbelastung in Fliessgewässern

Der Nationalrat befasste sich in der Frühjahrssession 2022 als Erstrat mit den drei Entwürfen, die seine SPK zur Regelung des Arbeitsverhältnisses der oder des EDÖB ausgearbeitet hatte. Diskussionsbedarf gab es bei zwei Punkten: Erstens hatte die Mehrheit der SPK-NR ursprünglich eine Änderung im neuen Datenschutzgesetz vorgesehen, die eine Entschädigung für den oder die EDÖB nach Auflösung des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich ausschliesst. Eine Minderheit Widmer (sp, ZH) wollte hingegen dem oder der EDÖB eine Abgangsentschädigung zugestehen, wie sie auch der Bundesanwalt bzw. die Bundesanwältin und die erstinstanzlichen Bundesrichterinnen und -richter erhalten. Auch der Bundesrat hatte sich in seiner Stellungnahme für die Abgangsentschädigung ausgesprochen, weil das Fehlen einer solchen die Unabhängigkeit des oder der EDÖB insofern beeinträchtigen könne, als mit einer Nichtwiederwahl finanzielle Konsequenzen verbunden sind. Die Kommissionsmehrheit schwenkte daraufhin auf die Linie des Bundesrates um und beantragte dem Rat, dem nunmehr einzigen Vorschlag Widmer zuzustimmen, was die grosse Kammer dann auch stillschweigend tat. Zweitens wollte die Kommissionsmehrheit den oder die EDÖB mit einer Änderung im Informationssicherheitsgesetz von der Personensicherheitsprüfung ausnehmen, wie das auch für andere Magistratspersonen üblich sei. Wie Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO) erklärte, sehe die Kommissionsmehrheit die öffentliche Wahl – neu wird der oder die EDÖB vom Parlament gewählt – «gewissermassen als Substitut für die Personensicherheitsprüfung». Eine Minderheit Addor (svp, VS) sprach sich indessen gegen eine solche Ausnahme aus. Angesichts der extrem sensiblen Daten, auf die der oder die EDÖB Zugriff habe, erscheine eine solche Überprüfung als notwendig. Der Nationalrat folgte entgegen der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion seiner Kommissionsmehrheit und nahm den oder die EDÖB von der Personensicherheitsprüfung aus. In der Gesamtabstimmung nahm die Volkskammer die beiden Gesetzesentwürfe zur Änderung des neuen Datenschutzgesetzes und zur Änderung des Informationssicherheitsgesetzes mit einer Gegenstimme (Andrea Geissbühler; svp, BE) an. Der «Verordnung über das Arbeitsverhältnis der Leiterin oder des Leiters des EDÖB» stimmte der Nationalrat einhellig zu.

Verordnung über das Arbeitsverhältnis der Leiterin oder des Leiters des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (Pa.Iv. 21.443)

Le Conseil des États avait suivi l'avis de sa commission en donnant suite à l'initiative parlementaire Lombardi (pdc, TI), reprise par Beat Rieder (centre, VS). Le Conseil national a fait de même en rejetant l'objet par 84 voix contre 76 et 31 abstentions, comme proposé par la majorité de la commission des transports et des télécommunications (CTT-CN). Les fractions UDC et PLR ont fait pencher la balance, alors que la majorité des socialistes se sont abstenu.e.s. L'initiative parlementaire, qui avait pour but de modifier l'article 93 de la Constitution fédérale, est donc liquidée. Kurt Fluri (plr, SO), pour la commission, a notamment souligné l'incohérence d'adopter un nouvel article stipulant que «la législation sur les médias relève de la compétence de la Confédération», alors même que des discussions fleurissent ça et là pour un soutien cantonal à la presse à la suite du refus populaire du paquet d'aide aux médias le 13 février 2022.

Medien in die Bundesverfassung (Pa.Iv. 18.473)

Der Nationalrat beschloss in der Wintersession 2021, die Frist für die Behandlung einer parlamentarischen Initiative Rutz (svp, ZH) betreffend eine Lockerung des Schutzes von Ortsbildern nationaler Bedeutung zugunsten der Förderung der Siedlungsentwicklung nach innen um zwei Jahre bis zur Wintersession 2023 zu verlängern. Der Beschluss kam auf Antrag der nationalrätlichen UREK zustande. Die Kommission begründete ihren Entscheid damit, dass sie erst noch einen vom Bundesrat in Auftrag gegebenen Bericht mit Empfehlungen bezüglich der Behandlung von Verdichtung und Ortsbildschutz im Rahmen der Interessenabwägung abwarten wolle. Die Arbeitsgruppe war vom EDI und vom UVEK im Nachgang zu einem Bericht in Erfüllung eines Postulates Fluri (fdp, SO; Po. 16.4028) zusammengestellt worden.

Verdichtung ermöglichen. Widersprüche und Zielkonflikte aufgrund des Isos ausschliessen (Pa.Iv. 17.525, 17.526)

Obwohl der Ständerat nicht auf die Vorlage der SPK-NR für Kaderlöhne in Bundes- und bundesnahen Unternehmen eintreten wollte, folgte eine deutliche Mehrheit des Nationalrats in der Wintersession 2021 ihrer Kommission und hielt mit 151 zu 39 Stimmen an Eintreten auf die Vorlage fest. Die Minderheit aus der geschlossen stimmenden FDP-Liberalen Fraktion und einem Teil der Mitte-Fraktion stand auf verlorenem Posten. Kurt Fluri (fdp, SO), der für die FDP-Liberale Fraktion das Wort ergriffen hatte, hatte vergeblich argumentiert, dass sich seit 2016 – also seit dem Jahr, in dem die parlamentarische Initiative von Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) eingereicht worden war – einiges getan habe und «starre, undifferenzierte» Lohnobergrenzen nicht mehr zeitgemäss seien. Auch Andri Silberschmidt (fdp, ZH) ergriff für seine Fraktion das Wort. Der Bundesrat sei zuständig für die Lohngestaltung, die er aber für jedes Unternehmen separat und ohne starre Lohnvorgaben durchführen können müsse. Damit war etwa die SP-Fraktion nicht einverstanden. Es sei in der Tat etwas ruhiger geworden um die Diskussion über Exzesse bei der Lohnpolitik; dies sei aber kein Grund, die Sache als erledigt zu betrachten, argumentierte Nadine Masshardt (sp, BE) für ihre Fraktion. Eine Obergrenze von CHF 1 Mio. biete noch genügend Marge, pflichtete Delphine Klopfenstein Broggini (gp, GE) bei und Barbara Steinemann (svp, ZH) erinnerte an die Abzockerinitiative, die von der Stimmbevölkerung angenommen worden war. Die SVP-Fraktion finde zudem, dass die Kaderlöhne von öffentlichen Unternehmungen «in keinem Verhältnis mehr zur Leistung» dieser Kader stünden. Auch das Plädoyer von Finanzminister Ueli Maurer, der darauf hinwies, dass hier ganz verschiedene Unternehmenskulturen in einen Topf geworfen würden und dass ein Gesetz in Zukunft unnötig einengen werde, wenn es darum gehe, gute Kader zu finden, verhallte letztlich ungehört.

Kaderlöhne bei Bundes- und bundesnahen Unternehmen (Pa.Iv. 16.438)
Dossier: Kaderlöhne bei Bundes- und bundesnahen Unternehmen

Die parlamentarische Initiative Suter (sp, AG) für ein Tempolimit von 30 km/h innerorts stand in der Wintersession 2021 auf der Traktandenliste des Nationalrats. Gabriela Suter bewarb ihr Anliegen mit dem Argument, dass ein generelles Tempolimit von 30 km/h anstelle der heute geltenden 50 km/h innerorts für mehr Sicherheit und weniger Lärm sorgen werde. Zudem würde in den Quartieren die Wohn- und Aufenthaltsqualität gesteigert.
Kommissionssprecher Kurt Fluri (fdp, SO) erläuterte, dass die Mehrheit der KVF-NR der Initiative keine Folge geben wolle, da es primär Aufgabe der Kantone und Gemeinden sei, zu entscheiden, in welchen Gebieten sie Tempo 30 einführen möchten und wo nicht. Zudem würde die generelle Temporeduktion bauliche Massnahmen und somit hohe Kosten für die Kantone und Gemeinden mit sich bringen. Die baulichen Massnahmen seien nötig, um die Verkehrsteilnehmenden dazu zu bringen, sich auch wirklich an das Tempolimit zu halten. Im Anschluss an diese Diskussion gab der Nationalrat der Initiative mit 105 zu 79 Stimmen bei 2 Enthaltungen keine Folge, womit diese erledigt ist.

Für mehr Sicherheit, weniger Lärm und mehr Lebensqualität. Tempo 30 innerorts soll die Regel, Tempo 50 die Ausnahme sein (Pa.Iv. 21.441)