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  • Zuberbühler, David (svp/udc, AR) NR/CN
  • Pfister, Gerhard (cvp/pdc, ZG) NR/CN

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Par 117 voix contre 67 et 4 abstentions et par 24 voix contre 21, le Conseil national et le Conseil des Etats ont accepté la motion de David Zuberbühler (udc, AR) chargeant le Conseil fédéral d'adapter la solde militaire au pouvoir d'achat et de la réévaluer régulièrement. Depuis 1987, le montant de la solde n'a plus été ajusté, alors que le pouvoir d'achat a, lui, évolué. Le Conseil fédéral proposait de rejeter la motion, arguant que la solde était une indemnisation pour les dépenses personnelles relatives au service militaire plutôt qu'une rémunération des prestations fournies. Il soulevait que le taux d'indemnisation avait régulièrement été adapté au renchérissement. La CPS-CE était, par 7 voix contre 6, favorable à l'objet. La minorité de la commission n'a pas réussi à rallier suffisamment de sénateurs et sénatrices de son côté.

Verser une solde adaptée à nos soldats (Mo 19.4599)

Weil der Ständerat auf einer Entschlackung der Legislaturplanung beharrt hatte, musste die parlamentarische Initiative von Damian Müller (fdp, LU) auch vom Nationalrat noch einmal beraten werden. Die SPK-NR empfahl freilich nach wie vor, der Initiative keine Folge zu geben. Auch die Argumente waren noch immer die gleichen: Der Vorstoss komme einer Entmachtung des Parlaments gleich. Wenn es den Bericht zur Legislaturplanung lediglich zur Kenntnis nehmen könne, komme es seiner Mitwirkungspflicht nicht nach. In der letzten Beratung der Legislaturplanung habe die neu gewählte Bundesversammlung im Bereich der Gleichstellung oder der Klimapolitik durchaus Akzente gesetzt. Eine Kommissionsminderheit aus FDP-Mitgliedern argumentierte in der Debatte während der Wintersession 2021 vergeblich, dass das aktuelle Vorgehen nicht befriedigend sei und eine neue Lösung gesucht werden sollte. Wenn das Parlament der parlamentarischen Initiative Folge gebe, könne eine solche alternative Lösung mindestens gesucht werden: «Wenn Sie heute Folge geben, können Sie am Ende des Verfahrens immer noch Nein sagen, wenn Sie wirklich denken, dass es sich um keine gute Lösung handelt», argumentierte etwa Damien Cottier (fdp, NE). Und Kurt Fluri (fdp, SO) fragte, ob denn Motionen und parlamentarische Initiativen nicht «präzisere und schärfere Waffen» seien als die Legislaturplanung. Die Entgegnung von Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG), dass man das Instrument der Legislaturplanung bei Interesse an scharfen Instrumenten eben nicht noch stumpfer machen solle, schien auch die Meinung der nationalrätlichen Mehrheit zu sein: Mit 166 zu 26 Stimmen versenkte die grosse Kammer die parlamentarische Initiative Müller definitiv. Einzig die fast geschlossen stimmende FDP.Liberalen-Fraktion unterstützt von Roger Köppel (svp, ZH) sprach sich für Folgegeben aus.

Fitnesskur für das Parlament – Entschlackung der Legislaturplanung (Pa.Iv. 20.446)
Dossier: Verfahren bei der Legislaturplanung

Er könne sich kurz halten, da es keine neuen Argumente gebe und auch in der neuerlichen Debatte keine aufgetaucht seien, gab Gerhard Pfister (mitte, ZG) in der Wintersession 2021 bei der Diskussion um die Einführung eines obligatorisches Referendums für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter für die Kommission zu Protokoll: Die Mehrheit der SPK-NR beantrage Festhalten am ursprünglichen Nichteintretensentscheid, weil sie keinen Handlungsbedarf sehe und die Vorlage zu wenig ausgereift sei. Eine erstarkte Minderheit – ursprünglich hatte die Kommission die Vorlage mit 17 zu 8 Stimmen abgelehnt, im zweiten Durchgang standen sich 13 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung gegenüber – wolle vor allem auch den Kantonen mit Berücksichtigung des Ständemehrs mehr Gewicht geben.
Die erneute Debatte war nötig geworden, weil der Ständerat auf die Vorlage eintreten wollte, obwohl die grosse Kammer zuvor schon nichts von der Idee hatte wissen wollen. Die Sprecherinnen und Sprecher der Fraktionen hatten vor dem Votum Pfisters ihre Positionen noch einmal ausgeführt. Marco Romano (mitte, TI) sprach sich im Namen der Mitte für eine Stärkung der Volksrechte, für die Zustimmung zum Beschluss des Ständerats und also für Eintreten aus. Die SP-Fraktion – vertreten durch Samira Marti (sp, BL) – war für Festhalten. Marti warf dem Ständerat vor, mit der Forderung nach dem obligatorischen Referendum die Macht der Kantone über Gebühr stärken zu wollen. Damit würden nicht nur «die Stimme der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger» und damit das «Demokratieprinzip» an und für sich geschwächt, zudem bedeute die notwendige Zustimmung der Kantone insbesondere bei Verträgen, in denen es um Grundrechte gehe, «höhere Hürden für einen effektiven Menschenrechtsschutz». Mit der Einführung des Ständemehrs würde überdies die im Moment auch im Rahmen der Covid-19-Pandemie viel diskutierte Spaltung der Gesellschaft noch weiter vorangetrieben. Gregor Rutz (svp, ZH) warb im Namen der SVP-Fraktion für Eintreten: Es gebe immer mehr Staatsverträge, die «direkt oder indirekt auf unsere Kompetenzordnung zugreifen», weshalb es notwendig sei, solche Abkommen Volk und Ständen zu unterbreiten. Nachdem Nationalratsvizepräsident Martin Candinas (mitte, GR) die Positionen der drei restlichen Fraktionen bekannt gegeben hatte – die FDP-Fraktion unterstütze die Minderheit, die GLP- und die GP-Fraktionen die Mehrheit – erklärte Kommissionssprecher Pfister den Grund für die Erstarkung der Kommissionsminderheit: Verschiedene Kommissionsmitglieder hatten entschieden, dem Ständerat entgegenzukommen. Dies wollte aber eine deutliche Mehrheit der grossen Kammer nicht: Zum zweiten Mal lehnten die SP-, GLP- und die GP-Fraktionen die Vorlage geschlossen ab. Die Mitte-Fraktion war gespalten und auch die FDP-Liberale Fraktion stimmte trotz anderslautender Fraktionsempfehlung grossmehrheitlich gegen Eintreten. Damit standen 114 Stimmen 69 Stimmen, die vor allem aus der SVP- und der Mitte-Fraktion stammten, gegenüber und versenkten die Vorlage endgültig.

Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter (BRG. 20.016)
Dossier: Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter

Im Jahr 2021 drehte sich die mediale Debatte im Energiebereich stark um die Frage, wie die Stromproduktion der Schweiz in Zukunft aussehen soll. Es kam die Befürchtung auf, dass künftig eine Strommangellage entstehen könnte. Dies war insbesondere auf drei Entwicklungen zurückzuführen: Erstens werden durch die schrittweise Ausserbetriebnahme der Schweizer Atomkraftwerke rund 40 Prozent der heutigen Schweizer Stromproduktion wegfallen, wie die NZZ schrieb. Zweitens wird durch den Ausbau der erneuerbaren Energien eine unregelmässigere Stromproduktion stattfinden, die speziell in den Wintermonaten zu einem Nachfrageüberhang führen könnte. Diese Lücke könnten womöglich zukünftig auch umliegende Länder nicht schliessen, da sich diese in einer ähnlichen Situation befinden und ihre Energieproduktion mittel- bis langfristig ebenfalls CO2-neutral gestalten möchten, erklärte die Argauer Zeitung. Drittens führte der Entscheid des Bundesrates, die Verhandlungen über ein institutionelles Rahmenabkommen abzubrechen, dazu, dass vorerst auch kein sektorielles Stromabkommen mit der EU abgeschlossen werden kann. Die EU hatte den Abschluss des Stromabkommens an das Zustandekommen des Rahmenabkommens geknüpft. Die Stromversorgungssicherheit leidet damit insofern, als die Schweiz von wichtigen Gremien und Plattformen des EU-Strombinnenmarktes ausgeschlossen wird und Stromlieferungen in die Schweiz teilweise unsicherer werden. Nach dem Scheitern des Rahmenabkommens sei deshalb klar geworden, dass die Situation schwierig werde, resümierte der Tages-Anzeiger. Die Schweizer Energiestrategie 2050 basiere auf der Annahme, dass ein Stromabkommen mit der EU bestehe, erklärte Ex-Nationalrat und heutiger ElCom-Präsident Werner Luginbühl anlässlich der jährlichen Medienkonferenz der nationalen Regulierungsbehörde. Ohne Abkommen werde es daher zunehmend schwierig, die Nachfrage jederzeit decken zu können. Auch das Bundesamt für Bevölkerungsschutz schätzte 2020 einen längeren Stromausfall als eine der derzeit grössten Gefahren für das Land ein.

Durch das Ausbleiben eines solchen bilateralen Abkommens droht der Schweiz – als erste Folge – der Ausschluss vom Regelenergiemarkt. So können kurzfristige Strom-Reservekapazitäten nicht mit den EU-Ländern gehandelt werden, was insbesondere die Stromversorgungssicherheit tangiert. Dies wiederum habe finanzielle Folgen, da die Stromkonzerne ihren Trumpf in den Alpen, die Pumpspeicherkraftwerke, nicht vollständig ausspielen können, um bei Spitzenzeiten mit abrufbarem Stromangebot mitmischen zu können, berichtete die NZZ. Gemäss dem Tages-Anzeiger warte Swissgrid seit Oktober 2020 auf ein Signal aus Brüssel, um die Handelsplattform formell nutzen zu können. Wie dieselbe Zeitung weiter schrieb, sei es aber vornehmlich der EU-Kommission ein Anliegen, die Schweiz von dieser Plattform auszuschliessen. Sie setze deshalb Druck auf Länder wie Deutschland und Frankreich auf, um die Schweiz nicht mehr an den Verhandlungstisch einzuladen. Als zweite Folge eines fehlenden bilateralen Abkommens kann Swissgrid auch nicht in wichtigen regulatorischen Gremien mit anderen Übertragungsnetzbetreibern Einsitz nehmen. Dies führe zu fehlender Koordination und ungeplanten Lastflüssen, respektive zur Situation, dass plötzlich unerwartet eine gewisse Strommenge durch die Schweiz fliesst und eine flexible und ineffiziente Ausgleichsmassnahme durch die Zuschaltung von Schweizer Wasserkraftkapazitäten nötig wird, erklärte die NZZ. BFE-Sprecherin Marianne Zünd resümierte, dass sich die Situation für alle Akteure in der Schweiz verschlechtern werde. «Trotz physischer Verbundenheit wird die Schweiz aber zunehmend zu einer Strominsel», schrieb die NZZ im April 2021.

Als Rezept gegen die drohende Strommangellage präsentierte der Bundesrat im Sommer unter der Federführung von Energieministerin Simonetta Sommaruga die Botschaft zur Revision des EnG und des StromVG. Die darin vorgesehenen Massnahmen waren in den entsprechenden Vernehmlassungen (Vernehmlassung des EnG; Vernehmlassung des StromVG) – zumindest im Falle des EnG – mehrheitlich auf positive Resonanz gestossen. Dieser Mantelerlass für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien sah nebst dem Ausbau und der Förderung der erneuerbaren Energien im Inland die Schaffung einer zusätzlichen Speicherreserve für die Wintermonate vor. Der Bundesrat wollte damit als Lösung für den Wegfall der Bandenergie aus den Atomkraftwerken die Kapazitäten im Inland stark mit erneuerbaren Energien ausbauen und eigenständig für mehr Versorgungssicherheit im Winter sorgen. Gleichzeitig gab Energieministerin Simonetta Sommaruga bekannt, den inländischen Strommarkt liberalisieren zu wollen. Der Strommarkt soll damit dank den Marktkräften effizienter werden, die erneuerbaren Energien besser integrieren, innovative Geschäftsmodelle ermöglichen und gleichzeitig den Konsumentinnen und Konsumenten bei der Stromanbieterwahl Wahlfreiheit lassen, wie der Bundesrat in einer Medienmitteilung bekannt gab.

Frischen Schub verlieh der medialen Debatte im Herbst 2021 eine Videobotschaft des Wirtschaftsministers Guy Parmelin. Darin richtete sich der Waadtländer Bundesrat an Unternehmerinnen und Unternehmer in der Schweiz mit der Bitte, sich auf allfällige Strommangellagen vorzubereiten und Konzepte auszuarbeiten, um in Notsituationen rasch stromintensive Aktivitäten kurzfristig aussetzen zu können. Konkret richtete sich diese Botschaft an rund 30'000 Unternehmen in der Schweiz, die einen jährlichen Stromverbrauch von über 100'000 kWh aufweisen. Solche Firmen könnten durch eine allfällige Anordnung des Bundesrates dazu verpflichtet werden, einen gewissen Prozentsatz am Stromverbrauch während einer Strommangellage einzusparen, erklärte der Tages-Anzeiger. Die Warnung des Wirtschaftsministers basierte auf einer Studie zur Versorgungssicherheit, die der Bundesrat in Auftrag gegeben hatte. In dieser Analyse war insbesondere ein Faktor dafür verantwortlich, dass gerade ab 2025 mit einem Engpass zu rechnen sei: Eine Vorgabe der EU, wonach ab 2025 mindestens 70 Prozent der grenzüberschreitenden Kapazitäten zwischen den EU-Staaten gehandelt werden müssen. Diese Regelung habe zur Folge, dass Exporte in Nicht-EU-Länder wie die Schweiz verringert würden und die inländische Netzstabilität hierzulande stark sinke, schlussfolgerte die Studie. Um ungeplante Lastflüsse auszugleichen, würden Wasserkraftreserven aufgebraucht werden müssen, die eigentlich für den Winter wichtig wären, um die dann anfallende Nachfrage decken zu können. In der politischen Debatte musste Energieministerin Simonetta Sommaruga viel Kritik einstecken und die Situation erklären. Sie habe sich über das alarmistische Vorpreschen ihres Amtskollegen Parmelin geärgert, folgerte beispielsweise der Tages-Anzeiger.

Nicht sehr verwunderlich präsentierten verschiedenste Politikerinnen und Politiker einen bunten Strauss an möglichen Massnahmen, um eine solche Strommangellage zu verhindern. Während die einen darauf beharrten, nun endlich mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien vorwärts zu machen, forderten andere die Wiederbelebung der totgesagten Atomkraft, wie es beispielsweise der grosse Nachbar Frankreich unter Präsident Emanuel Macron tat. Schon im Sommer, nachdem das Schweizer Stimmvolk das CO2-Gesetz in einem Referendum knapp versenkt hatte und das Stromabkommen auf den Sankt-Nimmerleins-Tag («aux calendes grecques») verschoben worden war, wie «Le Temps» witzelte, berichtete dieselbe Zeitung von einer Wiederentdeckung der Atomenergie: Einerseits würde ein Weiterbetrieb der bestehenden Anlagen die Stromversorgungsknappheit entschärfen, andererseits eine relativ CO2-neutrale Energie liefern, so das Blatt. Weiter gingen Exponentinnen und Exponenten der SVP, die den Bau von neuen Atomkraftwerken auf das politische Parkett brachten. Die Atomkraft sei plötzlich wieder «en vogue», schrieb der Tages-Anzeiger dazu. Der Berner Nationalrat Albert Rösti wollte deshalb im Rahmen der Beratungen zum bereits erwähnten Mantelerlass für eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien eine dahingehende Änderung des KEG beantragen, die das Neubauverbot für AKWs kippen würde. Auch Alt-Bundesrat Christoph Blocher weibelte in den Medien für neue AKWs, doch alle grossen Stromkonzerne in der Schweiz winkten bei der Frage nach neuen Anlagen ab; zu teuer, betriebswirtschaftlich nicht rentabel und gesellschaftlich nicht erwünscht, war der Tenor. Einen etwas anderen Ansatz wählte die Mitte-Partei: Parteipräsident Gerhard Pfister (mitte, ZG) brachte die Idee von einer Strom-Neat auf, die sich Parteikollege Beat Rieder (mitte, VS) ausgedacht habe. So könnte die EU von einer starken Stromleitung durch die Schweiz profitieren. Im Gegenzug würde die Schweiz bei wichtigen Gremien mitmachen dürfen, sodass die Versorgungssicherheit und die Netzstabilität verbessert würden, erhoffte sich Pfister von der Idee. Wie verschiedenste Medien schrieben, sei es aber fraglich, wie zentral die Schweiz als Stromdrehscheibe in Europa überhaupt noch sein werde. Derzeit sei es vor allem Italien, das ein starkes Interesse an einer funktionierenden Durchleitung durch die Schweiz habe. Mit dem Forcieren einer Starkstrom-Erdverkabelung zwischen Italien und Österreich schwinde allerdings diese Schweizer Trumpfkarte. Wichtig sei die Schweiz jedoch vorwiegend in Sachen Stromspeicherung, da dank den Pumpspeicherkraftwerken überschüssiger Strom auf dem EU-Markt gespeichert werden könnte. Eine andere Forderung, die auch schon länger in den politischen Debatten kursierte, war die Forderung für den Bau von Gaskraftwerken, die bei einer Strommangellage kurzfristig mit abrufbaren Kapazitäten einspringen könnten. Wie die Westschweizer Zeitung «24 heures» schrieb, schlage die Vereinigung Powerloop, der Fachverband für Energiefragen der Energiestrategie 2050, den Bau von rund 2000 kleinen Gaskraftwerken vor. Diese könnten einfach realisiert werden, bräuchten wenig Platz und könnten bei Bedarf einfach abgebaut werden, wenn dies die Situation verlange. Gemäss Aargauer Zeitung betrachtete auch der Bund CO2-kompensierte Gaskraftwerke als eine mögliche Übergangslösung. Allgemein stellt die Situation den Schweizer Strommarkt vor «riesige[...] Herausforderungen», prophezeite etwa die Aargauer Zeitung. Handkehrum könne die Gefahr eines Stromengpasses aber auch als Chance gesehen werden, damit sich das Land in eine nachhaltigere Energiewirtschaft bewege, sinnierte beispielsweise «Le Temps».

Strommangellage ab 2025
Dossier: Stromabkommen mit der EU

In Erfüllung einer Motion von Gerhard Pfister (cvp, ZG) vom Februar 2017, veröffentlichte das SEM im August 2021 die Ergebnisse der zweiteiligen Evaluation von Prozessqualität, Entscheidqualität und Rechtsschutz im Rahmen der Umsetzung des revidierten Asylgesetzes (PERU). Im Zuge der Revision des Asylgesetzes (AsylG), welche am 1. März 2019 in Kraft getreten war, war das beschleunigte Asylverfahren eingeführt worden.
Im Auftrag des SEM evaluierten die Arbeitsgemeinschaften Egger, Dreher und Partner AG und die Ecoplan AG die Prozesse im Asylbereich während der ersten beiden Jahren seit der Einführung der beschleunigten Verfahren. Aus dem entsprechenden Bericht ging hervor, dass die Asylverfahren seit dieser Änderung bis zum erstinstanzlichen Entscheid insgesamt durchschnittlich nur noch 55 Tage dauerten – 49 Tage betrug im Schnitt die Vorbereitungsphase, was deutlich über den angestrebten 21 Tagen lag, und 6 Tage das Asylverfahren, womit die Vorgabe von 8 Tagen in allen Asylregionen eingehalten werden konnte. Das Verfahren könne aber noch weiter optimiert und effizienter gestaltet werden, beschied der Bericht, weshalb einige Handlungsempfehlungen vorgelegt wurden. Zur Zeit gäbe es beispielsweise oft Terminkollisionen, weil die einzelnen Verfahrensbeteiligten keine Einsicht in die anderen Termine in Zusammenhang mit dem Asylverfahren hätten. Dem könne man mit einem gemeinsamen Planungstool entgegenwirken.
In einem weiteren Bericht hatte das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte (SKMR) im Auftrag des SEM die Qualität der Asylentscheide sowie den Rechtsschutz im beschleunigten Verfahren untersucht. Beide Bereiche wurden grundlegend positiv bewertet, wobei bei beiden noch Optimierungspotential festgestellt wurde, etwa beim Umgang mit den Stellungnahmen der Rechtsvertreterinnen und Rechtsvertreter zum Entscheidentwurf des SEM zum Asylantrag. Heute komme es immer wieder vor, dass die Stellungnahme der Rechtsvertretung entweder gar nicht mit der asylsuchenden Person besprochen werde oder dass bei einem Verzicht auf eine Stellungnahme das Einverständnis der betroffenen Person nicht eingeholt werde. Da dies laut des SKMR jedoch ein wichtiger Bestandteil des rechtlichen Gehörs sei und zum Mitwirkungsrecht gehöre, sollten die betroffenen Personen bei beiden Punkten zukünftig besser eingebunden werden.

Einige der vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen aus beiden Berichten seien laut einer Medienmitteilung des SEM bereits umgesetzt worden und hätten schon Wirkung gezeigt. So habe eine Analyse gezeigt, dass im Jahr 2020 rund 96 Prozent der Entscheide entweder von den Betroffenen ohne Einsprache akzeptiert oder vom Bundesverwaltungsgericht bestätigt wurden. Parallel zur Evaluation habe das SEM auch ein umfassendes Qualitätsmanagementsystem für den Asylbereich aufgebaut.

Evaluation der beschleunigten Asylverfahren

Es handle sich um eine «sehr simple, aber doch wirksame Anpassung» des Parlamentsgesetzes, gab Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) bei der Debatte zum Differenzbereinigungsverfahren bei Motionen im Nationalrat zu Protokoll. Die Kommission habe sich – nachdem sie dieser parlamentarischen Initiative von Beat Rieder (mitte. VS) bereits vor zwei Jahren zugestimmt habe – mit dem Entwurf der ständerätlichen Kommission nicht mehr ausführlich auseinandergesetzt. Die vorliegende Lösung, mit der der Erstrat eine durch den Zweitrat veränderte Motion entweder verändert übernehmen könne, auf der ursprünglichen Version beharren könne (dies war bisher nicht möglich) oder aber die Motion gänzlich ablehnen könne, sei von einer 19 zu 4-Stimmenmehrheit der SPK-NR aber als «gut, schlank und effizient» erachtet worden. Der Nationalrat müsse an dieser Lösung auch deshalb interessiert sein, weil er im Vergleich zur kleinen Kammer wesentlich mehr Vorstösse einreiche: Pfister vermutete gar, dass sich die Chancen der zahlreicheren nationalrätlichen Vorstösse mit dem neuen Verfahren erhöhen würden, weil die Zusammenarbeit zwischen den Räten damit insgesamt verbessert werde.
Eine Kommissionsminderheit – vertreten durch Damien Cottier (fdp, NE) – beantragte allerdings Nichteintreten. Die vorgesehene Lösung würde zu einer Verlängerung des Prozesses führen und damit die Arbeitslast des Parlaments noch weiter erhöhen. Zudem sei dieses Differenzbereinigungsverfahren nicht geeignet, um eine bessere Kommunikation zwischen den beiden Kammern zu etablieren, weil es keine Möglichkeit eines Kompromisses eröffne, sondern nach wie vor nur ein «Entweder-oder» zulasse. Zudem würden insgesamt nur etwa 10 Prozent aller Motionen modifiziert, was zeige, dass eine neue Regelung nicht notwendig sei. Das Ratsplenum war anderer Meinung und trat nicht nur mit 146 zu 28 Stimmen (1 Enthaltung) auf die Vorlage ein – die Gegenstimmen stammten aus der geschlossenen FDP-Fraktion –, sondern hiess sie anschliessend ohne Diskussion in der Gesamtabstimmung mit 150 zu 27 Stimmen (2 Enthaltungen) gut.
Die Opposition der FDP zeigte sich auch in den Schlussabstimmungen noch: Der Nationalrat nahm die Revision des Parlamentsgesetzes mit 165 zu 28 Stimmen (2 Enthaltungen) an, der Ständerat sprach sich mit 44 zu 0 Stimmen (keine Enthaltung) einstimmig dafür aus.

Differenzbereinigung bei Motionen (Pa.Iv. 18.458)

Im Rahmen der Beratung zum Bericht über Motionen und Postulate der gesetzgebenden Räte im Jahr 2020 schrieb der Nationalrat in der Sommersession 2021 ein Postulat Pfister (cvp, ZG) als erfüllt ab, das einen Bericht zur Frage gefordert hatte, wie man die Arbeitsmarktintegration von anerkannten Flüchtlingen und vorläufig Aufgenommenen verbessern könnte. Der Bundesrat hatte die Abschreibung des Postulats beantragt mit dem Vermerk, dass dem Anliegen mit dem Bericht zur Integrationsagenda aus dem Jahr 2018 und dem im Jahr darauf folgenden bundesrätlichen Entscheid zur Umsetzung der Agenda sowie zur Erhöhung der Integrationspauschale bereits Rechnung getragen worden sei. Pfister hatte ebenfalls gefordert, dass Asylsuchende sogleich nach Verteilung auf die Kantone einer Arbeit nachgehen können sollen. Diesbezüglich hatte der Bundesrat darauf hingewiesen, dass die Restrukturierung des Asylsystems mit den beschleunigten Asylverfahren hier bereits entgegenwirke, da seither eine geringere Anzahl an Asylsuchenden überhaupt an die Kantone zugewiesen und Entscheide früher getroffen würden. Ferner sei mit besagter Asylgesetzrevision auch das während des ersten halben Jahrs nach Einreise bestehende Arbeitsverbot aufgehoben worden.

Améliorer l'intégration sur le marché du travail des refugiés reconnus et des étrangers admis provisoirement

Obwohl der Gegenvorschlag zur Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)» auf gutem Wege war und das Initiativkomitee bereits den Rückzug seines Initiativbegehrens angekündigt hatte, falls sich die Räte auf die noch ausstehenden Differenzen einigen könnten, liess es sich der Nationalrat nicht nehmen, in der Sommersession 2021 über besagtes Volksbegehren zu debattieren. In nicht weniger als 59 Wortmeldungen wurde gestritten, ob es mehr Transparenz in der Politikfinanzierung brauche, um das Vertrauen in die Politik zu erhöhen, oder ob die Offenlegungspflichten mit den Besonderheiten des politischen Systems der Schweiz unvereinbar seien, weil das Milizsystem auf Grund der fehlenden staatlichen Parteienfinanzierung auf Spenden angewiesen sei. Hinterfragt wurden zudem die Machbarkeit von Kontrollen und die Definition von Zuwendungen.
Für mehr Transparenz argumentierte die Ratslinke: Nadine Masshardt (sp, BE), Mitglied des Initiativkomitees, argumentierte, dass die Idee durchaus mit dem Milizsystem vereinbar sei, weil lediglich Grossspenden offengelegt werden müssten: «Meine Grossmutter, die meine Wahlkampagne mit 100 Franken unterstützt, oder auch der Bäcker im Dorf, der 500 Franken an eine Abstimmungskampagne bezahlt, werden nicht entblösst.» Samira Marti (sp, BL) ergänzte, dass Bürgerinnen und Bürger wissen müssten, wer bei Wahlen und Abstimmungen mit grossen Geldsummen Einfluss auf die Politik nehmen wolle. In die gleiche Kerbe schlug Irene Kälin (gp, AG), die zudem daran erinnerte, dass die Schweiz aufgrund der mangelnden Transparenz in der Politikfinanzierung immer wieder gerügt worden sei. Es seien «mutmasslich ausländische Grosskonzerne wie Shell und BP, die über die Erdölvereinigung Avenergy Suisse den Abstimmungskampf gegen das CO2-Gesetz massgeblich mitfinanzieren» würden, erörterte Céline Widmer (sp, ZH) ein aktuelles Beispiel. Weil die Kampagnenfinanzierung aber bisher geheim sei, könne man darüber nur spekulieren. Gerade in Abstimmungskampagnen müsse aber Transparenz darüber herrschen, woher Grossspenden stammten.
Die Ratsrechte echauffierte sich hingegen etwa in der Person von Gregor Rutz (svp, ZH), mehr Transparenz bringe nicht mehr Vertrauen, sondern im Gegenteil mehr Misstrauen, weil hinter jeder Grossspende Korruption vermutet werde. Es gehe den Initianten letztlich um die Einführung eines Berufsparlaments und einer staatlichen Parteienfinanzierung. Es gebe keine Probleme, die mit mehr Transparenz gelöst werden müssten, fand auch Thomas Burgherr (svp, AG). Hier würden «Probleme anderer Länder auf unser eigenes übertragen». Eigenverantwortung und Vertrauen in der Bevölkerung gehe verloren, wenn Politik nicht mehr anonym unterstützt werden könne und eine «Amerikanisierung» der Politik verstärkt werde. Schliesslich stärke die durch eine solche Regelung notwendige Kontrolle der Transparenzregeln nur die Bürokratie. Kurt Fluri (fdp, SO) fragte rhetorisch, ob die Kenntnis der Spenden überhaupt aufschlussreich sei: Es sei doch kaum zu erwarten, dass Grossspender entgegen ihren eigenen Interessen Geld in Kampagnen steckten. Es gebe zudem vielfältige Umgehungsmöglichkeiten, wie Sachleistungen, Zerstückelung von Beträgen oder das Zwischenschalten von Vereinen oder Stiftungen, «die Parteispenden auf wunderbare Art und Weise neutralisieren können». Forderung nach mehr Transparenz entspreche deshalb keinem echten Problem, sondern einem «opportunistischen Zeitgeist». Auch Andri Silberschmidt (fdp, ZH) gab zu Protokoll, dass er nicht davon ausgehe, dass die Diskussionen um Transparenz in der Politikfinanzierung bald ein Ende nehmen würden. Es sei unlängst bekannt geworden, dass die SVP und die SP «Finanzierungsgefässe in Form von Stiftungen» geschaffen hätten, mit denen die Transparenzvorschriften wahrscheinlich umgangen werden könnten, wodurch dann wieder neue Regeln nötig würden.
Die Ratsmitte, etwa in Person von Gerhard Pfister (mitte, ZG), bedauerte, dass weder mit der Initiative noch mit dem Gegenvorschlag vollständige Transparenz geschaffen werde: Die «indirekte Parteienunterstützung», die etwa durch die Anstellung von Parlamentsmitgliedern bei Interessenorganisationen oder NGOs erfolge, beeinflusse die Politik wesentlich stärker als Parteispenden. Weitere Vorstösse würden deshalb wohl folgen, die letztlich die Parteien weiter unter Druck setzen würden. Wollten die Parteien ihrer vor allem aufgrund der direkten Demokratie wichtigen, aber aufwändigen Arbeit weiter nachkommen, so müsse wohl irgendwann «staatliche finanzielle Unterstützung» gefordert werden. Jörg Mäder (glp, ZH) bat darum, die Sache nicht zu stark zu dramatisieren: «Wenn Sie also in Zukunft dank der neuen Regelung oder anderweitig erfahren, dass der Velohändler Ihres Vertrauens einer anderen Partei gespendet hat oder ein Wahlplakat eines anderen Kandidaten ins Schaufenster gehängt hat, machen Sie doch bitte kein Drama daraus». Die Politik funktioniere in der Schweiz vor allem auch deshalb gut, weil sie auf Zusammenarbeit und Vertrauen beruhe. Information könne dies noch weiter fördern.
Auch weil der Gegenvorschlag auf gutem Wege sei, bat die Sprecherin der SPK-NR, Marianne Binder-Keller (mitte, AG), den Rat, die Initiative zur Ablehnung zu empfehlen, was dieser schliesslich mit 110 zu 73 Stimmen auch tat. Entsprechend der Debatte stimmten die geschlossenen Fraktionen der SP und der Grünen – unterstützt von 5 Angehörigen der Mitte-Fraktion – für eine Empfehlung auf Annahme der Initiative.

In den Schlussabstimmungen am Ende der Sommersession 2021 empfahl der Nationalrat die Initiative mit 121 zu 73 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) und der Ständerat mit 29 zu 14 (bei 1 Enthaltung) zur Ablehnung. Auch in der kleinen Kammer, die das Begehren bereits in der Wintersession 2019 debattiert hatte, hatten sich die links-grünen Parteien für eine Unterstützung der Volksinitiative ausgesprochen.

Eidgenössische Volksinitiative «Für mehr Transparenz in der Politikfinanzierung (Transparenz-Initiative)»
Dossier: Finanzierung der Politik
Dossier: Transparenzinitiative und Gegenvorschlag - Änderung des Bundesgesetzes über die politischen Rechte

Der Nationalrat beugte sich in seiner Sondersession im Mai 2021 über den Vorschlag des Bundesrats für ein obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter. Im Gegensatz zum Ständerat wollte eine 18 zu 7-Mehrheit der SPK-NR nicht auf die Vorlage eintreten. Kommissionssprecherin Greta Gysin (gp, TI) und Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) machten geltend, dass es keine befriedigende Definition geben könne, mit der festgelegt wird, wann ein Staatsvertrag dem obligatorischen Referendum unterstellt werden soll und wann nicht. Pfister pflichtete jedoch Andrea Caroni (fdp, AR), auf dessen Motion (Mo. 15.3557) der Vorschlag zurückging, bei, dass es nicht befriedigend sei, wenn einzig das Parlament bestimme, ob und wann ein Staatsvertrag dem obligatorischen Referendum unterstellt werden solle. In der Tat stehe ja das obligatorische Staatsvertragsreferendum seit 1977 in der Verfassung, sei aber erst einmal – beim Beitritt der Schweiz zur UNO 1986 – zur Anwendung gekommen. Selbst die EWR-Abstimmung von 1992 hätte die Bedingungen nicht erfüllt und sei vom Parlament selbst «sui generis» zum obligatorischen Referendum bestimmt worden. Mit der Volksinitiative «Staatsverträge vors Volk!» und dem Gegenvorschlag, auf den das Parlament freilich nicht eingetreten sei, sei vergeblich versucht worden, Präzisierungen festzulegen, mit denen bestimmt werden könne, wann ein Staatsvertrag genug wichtig für ein obligatorisches Referendum sei – so Pfister in seinen Ausführungen. Die Mehrheit der Kommission sei zum Schluss gekommen, dass diese Präzisierung auch mit der vorliegenden Vorlage nicht gelungen sei – weder in der bundesrätlichen Botschaft, noch in den ständerätlichen Präzisierungen. Deshalb beantrage sie, nicht auf die Vorlage einzutreten.
Eine aus SVP-Mitgliedern bestehende Kommissionsminderheit stellte hingegen einen Eintretensantrag. Die Mitspracherechte für die Bevölkerung und die Kantone müssten gestärkt werden, führte Gregor Rutz (svp, ZH) für diese Minderheit aus. Heute habe eine Mehrheit der bundesrätlichen Bestimmungen ihren Ursprung in internationalen Verträgen, zu denen die Bevölkerung aber nichts zu sagen habe. Nicht einverstanden mit dieser Argumentation war Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der in einem schriftlichen Antrag mit einer anderen Begründung ebenfalls für Nichteintreten warb: Würden Staatsverträge mittels obligatorischem Referendum gutgeheissen, erhielten sie in der Verfassung eine zu starke Position, wodurch ein Vorrang von Verfassungsrecht durch Staatsverträge «gegenüber dem rein schweizerischen Verfassungsrecht» geschaffen würde.
Die Mehrheit der Fraktionssprecherinnen und -sprecher, die sich in der Folge zu Wort meldeten, argumentierte, dass es stets ein politischer Entscheid bleibe, ob ein Staatsvertrag dem obligatorischen Referendum unterstellt werden müsse oder nicht. Dies lasse sich mit juristischen Bestimmungen nicht klären. Zudem sei der Handlungsbedarf – wie ja auch die Geschichte zeige – eher klein. Am Schluss der Debatte verteidigte Justizministerin Karin Keller-Sutter den Handlungsbedarf und versuchte die vorgeschlagenen Neuerungen zu erklären. Mit geltendem Recht unterstünden Staatsverträge einzig dann dem obligatorischen Referendum, wenn sie den Beitritt zu Organisationen für kollektive Sicherheit oder zu supranationalen Gemeinschaften vorsehen. Neu solle hingegen über alle völkerrechtlichen Verträge obligatorisch abgestimmt werden, die «Bestimmungen von Verfassungsrang» haben. Was konkret «Verfassungsrang» bedeute, sei in der Tat eine komplexe Auslegungssache. Die für eine Konkretisierung vorgeschlagenen Elemente «Grundrechte», «Bürgerrechte», «politische Rechte», «Verhältnis von Bund und Kantonen» sowie «Zuständigkeit des Bundes» und – wie vom Ständerat vorgeschlagen – «Zuständigkeit der Kantone» seien aber genügend präzise und würden kaum zu zahlreichen Abstimmungen, aber eben zu mehr Klarheit führen. Sie habe Verständnis, dass das Parlament diesen politischen Entscheid selber fällen wolle und der Status Quo, also ein Referendum «sui generis», durchaus eine pragmatische Lösung sein könne. Allerdings sollten die «demokratischen Mitwirkungsrechte von Volk und Ständen nicht dem Ermessen des Parlamentes überlassen» werden, so die Bundesrätin abschliessend. Ihre Werbung für Eintreten auf die Vorlage verhallte allerdings fast ungehört. Wie aus den einzelnen Fraktionsvoten nicht anders zu erwarten gewesen war, stimmten lediglich 49 Mitglieder der SVP-Fraktion, unterstützt von Hans-Peter Portmann (fdp, ZH), für Eintreten. Die 140 restlichen anwesenden Nationalratsmitglieder – inklusive Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), Thomas Hurter (svp, SH) und Lars Guggisberg (svp, BE), die ebenfalls entgegen ihrer Fraktion stimmten – folgten hingegen der Kommissionsmehrheit.

Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter (BRG. 20.016)
Dossier: Obligatorisches Referendum für völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter

Die von der SPK-NR entworfene Vorlage zur Regelung der Kaderlöhne in Bundes- und bundesnahen Unternehmen wurde in der Frühjahrssession 2021 vom Nationalrat behandelt. Eintreten war umstritten, weil eine Kommissionsminderheit die Vorlage als «sachlich falsch und in sich widersprüchlich» beurteilte, wie sich deren Sprecher Kurt Fluri (fdp, SO) äusserte. Die auf eine parlamentarische Initiative von Susanne Leutenegger Oberholzer (sp, BL) zurückgehende Vorlage bewirtschafte Empörung und bedinge die Änderung von zahlreichen Gesetzen. Zudem sei nicht das Parlament zuständig für die Regelung der Löhne der Verwaltung, sondern der Bundesrat. Mit der Festlegung einer Obergrenze werde den Unterschieden zwischen den Unternehmen nicht Rechnung getragen, was nicht nur inkohärent, sondern auch widersprüchlich sei. So gälten etwa für die Swisscom als börsenkotiertes Unternehmen oder für die SRG als privatrechtlich organisierten Verein andere Gesetzesgrundlagen als für die Post oder die SBB, so der Solothurner Freisinnige. Auch der Bundesrat, vertreten durch Ueli Maurer, sah keine Notwendigkeit für eine Gesetzesänderung, da es in der Verwaltung keine «Lohnexzesse» gebe, wie dies mit dem Titel der parlamentarischen Initiative suggeriert werde. Mit 147 zu 34 Stimmen (2 Enthaltungen) wollte die grosse Mehrheit der Volksvertreterinnen und -vertreter allerdings auf die «Abzocker-Initiative für die bundesnahen Betriebe» eintreten, wie Barbara Steinemann (svp, ZH) in ihrem Votum die Vorlage betitelt hatte. Lediglich die geschlossen stimmende FDP-Fraktion und eine Minderheit der Mitte-Fraktion stimmten gegen Eintreten.
In der Detailberatung standen vier Minderheitenanträge zur Debatte. Eine Minderheit Samira Marti (sp, BL) wurde mit 98 zu 89 Stimmen angenommen. Damit soll festgeschrieben werden, dass die Lohnobergrenzen nicht nur für die bundesnahen Betriebe, sondern für die gesamte Verwaltung gelten sollen. Dadurch würde nicht nur eine Revision der Spezialgesetze für die einzelnen Unternehmen, sondern auch eine Änderung des Bundespersonalgesetzes nötig. Die geschlossenen Fraktionen der SP und der GP wurden bei diesem Antrag erfolgreich unterstützt von einer Mehrheit der SVP-Fraktion. Erfolglos blieb hingegen eine Minderheit Nadine Masshardt (sp, BE), die quasi durch die Hintertüre einen Gleichstellungsartikel ins Bundespersonalgesetz einbringen und nicht nur eine ausgewogene Vertretung der Sprachgemeinschaften, sondern auch der Geschlechter in den obersten Leitungsorganen der Unternehmen festschreiben wollte. Dies entspreche nicht dem Kernanliegen der Vorlage, bemängelte Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) und fand mit diesem Argument eine Mehrheit von 104 zu 84 Stimmen (1 Enthaltung). Links-Grün, unterstützt von der GLP-Fraktion, stand hier erfolglos einer bürgerlichen Nein-Mehrheit gegenüber. Ebenfalls abgelehnt wurden zwei auch vom Bundesrat unterstützte Minderheitenanträge, die von Kurt Fluri (fdp, SO) angeführt wurden: Der Vorschlag, auf eine Regelung von Abgangsentschädigungen zu verzichten, wurde mit 128 zu 61 Stimmen (3 Enthaltungen) abgelehnt und der Vorschlag, die Swisscom als börsenkotiertes Unternehmen von den Regelungen auszunehmen, wurde mit 128 zu 53 Stimmen (3 Enthaltungen) versenkt. In beiden Fällen reichte die Unterstützung der geschlossen stimmenden Fraktionen der GLP und der FDP, unterstützt von wenigen Abweichlerinnen und Abweichlern der SVP- und der Mitte-Fraktion nicht für eine Annahme. Die Gesamtabstimmung passierte der Entwurf schliesslich mit 139 zu 44 Stimmen. Erneut kam der Widerstand von der geschlossen stimmenden FDP-Fraktion, unterstützt von Teilen der Mitte- und der SVP-Fraktion.

Kaderlöhne bei Bundes- und bundesnahen Unternehmen (Pa.Iv. 16.438)
Dossier: Kaderlöhne bei Bundes- und bundesnahen Unternehmen

Mit Beratung einer entsprechenden Änderung des Ausländer- und Integrationsgesetzes schrieb das Parlament im Frühjahr 2021 eine Motion Pfister (cvp, ZG) ab, die vorläufig aufgenommenen Personen die Reise in ihr Heimatland verbieten wollte.

Pas de voyage dans le pays d'origine pour les personnes admises à titre provisoire (Mo. 15.3953)
Dossier: Ausländer- und Integrationsgesetz. Änderung (vorläufig Aufgenommene)

Der Begriff «Legislativer Fussabdruck» steht für Transparenz im gesamten Gesetzgebungsprozess. Mit diesem Fussabdruck soll nachgewiesen werden können, wer in welcher Phase dieses Prozesses wie Einfluss genommen hat. Zwar sei in der Regel in der vorparlamentarischen Phase bekannt, welche Expertinnen- und Expertengruppen und welche Vernehmlassende angehört wurden, der Einfluss von Lobbyorganisationen auf die Gesetzgebung in der parlamentarischen Phase könne aber kaum nachgezeichnet werden, argumentierte Regula Rytz (gp, BE), die mit einer parlamentarischen Initiative transparente Information darüber verlangte, wer wo einen solchen legislativen Fussabdruck hinterlasse. Für das Parlament sei zudem wichtig, dass die Verwaltung zu mehr Transparenz verpflichtet werde. Nicht zuletzt könne man so das politische Vertrauen der Bevölkerung stärken.
Die SPK-NR wollte dem Anliegen mit 16 zu 7 Stimmen allerdings keine Folge geben. Gerhard Pfister (mitte, ZG), der als Kommissionssprecher amtete, führte vier Argumente gegen die Initiative auf: Erstens wäre für mehr Transparenz ein zu hoher bürokratischer Aufwand nötig; zweitens trage die Bundesverwaltung eine «Teilschuld», da sie ab und zu selber aktiv lobbyiere, «um dann ihre Vorlagen (...) in ihrem Sinne durchzudrücken». Dieses Problem würde mit dieser Initiative aber nicht gelöst. Drittens sei die wichtigste Art der Einflussnahme, nämlich das Vernehmlassungsverfahren durchaus bereits transparent. Schliesslich müsse jedes Parlamentsmitglied durch Selbstverantwortung den Einfluss von Lobbyisten in Grenzen halten. Diese Argumente schienen auch im Rat zu verfangen, wurde doch der Initiative mit 122 zu 68 Stimmen keine Folge gegeben. Sie fand lediglich bei den geschlossenen Fraktionen der SP und der GP Unterstützung.

Legislativer Fussabdruck (Pa. Iv. 19.491)

Der Nationalrat behandelte die zweite Revision des Covid-19-Gesetzes in einer Open-End-Sitzung, an deren Ende er gar noch den Nachtrag I zum Voranschlag 2021 anhängte. Mit einer Dauer von 10 Stunden und 10 Minuten (von 14:30 Uhr bis 00:40 Uhr) sei dies die längste Debatte der jüngeren Parlamentsgeschichte gewesen, wie die Parlamentsdienste auf Medienanfrage bestätigten. In dieser «Monsterdebatte» (SRF Online) hatte die grosse Kammer neben der Grundsatzdebatte und unzähligen Mehrheitsanträgen auch 54 Minderheitsanträge und 25 Einzelanträge zu behandeln. Die Relevanz dieser Debatte zeigte sich auch daran, dass drei Mitglieder des Bundesrates zugegen waren: Neben Finanzminister Maurer, der auch die erste Revision sowie die Debatte im Ständerat begleitet hatte, begründete Gesundheitsminister Berset die bundesrätlichen Positionen zum umstrittensten ersten Block der Vorlage und Wirtschaftsminister Parmelin diejenigen im vierten Block zum Thema der Arbeitslosenversicherung. Dabei schuf der Nationalrat zahlreiche Differenzen zum Ständerat, insbesondere im Bereich der Härtefallhilfen, verzichtete aber auf die umstrittensten Anträge der Kommissionsmehrheit.

Eintreten war unbestritten. Insbesondere der erste Block hatte es in der Folge aber in sich, wurde hier doch die zuvor medial stark diskutierte Frage des Endes der Corona-bedingten Schliessungen in verschiedenen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen behandelt. Bereits in der Grundsatzdebatte wiesen Esther Friedli (svp, SG) und Fabio Regazzi (mitte, TI) für die Kommission auf die Unzufriedenheit der Mehrheit der WAK-NR mit den jüngsten Handlungen des Bundesrat hin: Die Kommission habe den Bundesrat brieflich darauf hingewiesen, dass sie «eine Schliessung der Läden als nicht zielführend erachte […]; dies, weil neben den gesundheitlichen auch die wirtschaftlichen Folgen im Auge behalten werden müssen», und eine umfassende Öffnung gefordert. Trotz dieser Forderung der WAK-NR sowie weiterer Kommissionen hatte sich der Bundesrat bisher gegen kurzfristige Öffnungen entschieden, hatte aber auf den 1. März 2021 einen ersten kleineren Öffnungsschritt vorgenommen. Folglich versuchte die Kommissionsmehrheit ihre Anliegen mithilfe des Covid-19-Gesetzes durchzusetzen.
Das zentrale Anliegen der Kommissionsmehrheit stellte die Öffnung der Restaurationsbetriebe sowie der öffentlich zugänglichen Einrichtungen und Betriebe in den Bereichen Kultur, Unterhaltung, Freizeit und Sport auf den 22. März 2021 – den Tag nach den Schlussabstimmungen zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes – dar. Diese Öffnungen sollten entsprechend ins Covid-19-Gesetz aufgenommen werden. Die WAK-NR hatte sich zuvor knapp mit 12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung zu diesem medial vieldiskutierten und -kritisierten Entscheid durchgerungen. Der Öffnungsplan des Bundesrates sei der Kommissionsmehrheit zu zaghaft, betonte Friedli. Die epidemiologische Lage erlaube die Öffnung der Betriebe. Die Schutzkonzepte, Massentests und Impfungen zeigten Wirkung und die Spitäler seien weniger ausgelastet; folglich seien die Schliessungen «nicht mehr verhältnismässig». Eine Minderheit I Burgherr beantragte sogar, den Öffnungstermin auf den 1. März 2021 zu legen, womit der Antragssteller zwar keine rückwirkende, jedoch eine sofortige Öffnung erreichen wollte. Alle Indikatoren zeigten – «unabhängig von den harten Massnahmen» von Dezember 2020 und Januar 2021 – eine Verbesserung der Situation an, gleichzeitig stiegen die staatlichen Ausgaben stündlich um CHF 6 Mio., ergänzte Burgherr die Argumente der Kommission. Damit zerstöre man den Schweizer Wohlstand, die Wirtschaft, die Existenzen von Menschen sowie deren Gesundheit. Es sei zwar «irgendwie verrückt, dass wir die Termine in dieses Gesetz schreiben müssen, aber leider ist das inzwischen nötig geworden». Dies sahen eine Minderheit II Grossen (glp, BE; Art. 8a) und eine Minderheit II Rytz (gp, BE; Art. 8b) anders: Sie beantragten, auf die Aufnahme dieser zwei Bestimmungen ins Covid-19-Gesetz zu verzichten. Jürg Grossen bezeichnete ein fixes Öffnungsdatum als «unverantwortlich». Er hatte in den Tagen zuvor die Schaffung einer Erklärung des Nationalrats, in welcher dieser eine Öffnung auf den 22. März 2021 forderte, initiiert, eine Verpflichtung zur Öffnung ging ihm aber zu weit. Auch er wünsche sich den Normalzustand zurück, dieser müsse aber «auch langfristig Bestand haben. Wir haben es hier aber eben mit einem Virus zu tun, das nicht das macht, was wir uns wünschen oder was wir ins Gesetz schreiben». Auch Gesundheitsminister Berset sprach sich gegen die entsprechende Regelung aus: Der Bundesrat gehe in dieselbe Richtung, in die die Kommission gehen wolle, nehme aber eine risikobasierte Öffnung vor. Der Unterschied liege entsprechend in der Geschwindigkeit. Er wolle nicht das Risiko eingehen, «dass es wieder explodiert, mit allen Konsequenzen auch für die Spitäler, für die Intensivpflegestationen». Folglich forderte er weiterhin die Möglichkeit für den Bundesrat, «in Abhängigkeit von der Situation» über eine Weiterführung der verschiedenen Massnahmen entscheiden zu können. Der Nationalrat bevorzugte in der Folge in beiden Fragen den Öffnungstermin des 22. März 2021 gegenüber einer Öffnung auf den 1. März 2021, sprach sich jedoch anschliessend für die beiden Minderheitsanträge Grossen und Rytz aus und verzichtete auf die Festschreibung fixer Öffnungstermine (121 zu 69 Stimmen bei 4 Enthaltungen respektive 122 zu 70 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Die Position der Kommissionsmehrheit fand in der SVP fast vollständig Anklang und wurde überdies von Minderheiten der FDP.Liberalen- sowie der Mitte-Fraktion unterstützt.
Neben diesen zwei Hauptartikeln hatte die Kommissionsmehrheit in diesem Block noch zwei weitere Änderungen vorgeschlagen, nämlich einerseits eine Wiedereröffnung von Schiessständen mit Schutzkonzepten auf den 22. März 2021, die eine Minderheit Birrer-Heimo (sp, LU) ablehnte. Die Minderheitensprecherin zeigte sich genervt darüber, dass «Schiessstände […] noch einen separaten Passus [im Covid-19-Gesetz] erhalten» sollten. Auch dieser Mehrheitsantrag fand im Plenum nur bei der SVP-Fraktion und einzelnen FDP.Liberalen- und Mitte-Mitgliedern Zustimmung. Als allgemeinere Regelung wollte die Kommission andererseits festhalten, dass der Bundesrat einen Lockdown und eine Homeoffice-Pflicht nur noch «in begründeten Ausnahmefällen» und maximal für 90 Tage erlassen können sollte. Da diese Regelung rückwirkend auf den 1. Dezember 2020 in Kraft treten sollte, wäre die maximale Dauer für Lockdown und Homeoffice-Pflicht bereits am 28. Februar 2020 abgelaufen – die aktuellen Einschränkungen hätten folglich auch hier sofort aufgehoben werden müssen. Fabio Regazzi begründete diesen Entscheid der Kommissionsmehrheit damit, dass ein Lockdown und eine Homeoffice-Pflicht so weitreichende Massnahmen seien, dass man einerseits eine rechtliche Grundlage dafür schaffen, diese aber andererseits auch zeitlich begrenzen wolle. Auch diesen Vorschlag der Kommissionsmehrheit lehnte der Nationalrat jedoch ab; Zustimmung fand er bei der Mehrheit der SVP- sowie bei Minderheiten der FDP.Liberalen- und der Mitte-Fraktion.
Schliesslich beantragte die WAK-NR auch eine vom Ständerat eingefügte Bestimmung, wonach Kantonen mit guter epidemiologischer Lage und geeigneten Massnahmen Erleichterungen bezüglich des Lockdowns gewährt werden sollten, zur Annahme. Mit dieser «Lex Grischun», wie sie der Finanzminister im Rahmen der ständerätlichen Debatte bezeichnet hatte, sollte die Massentest-Strategie des Kantons Graubünden gewürdigt werden. Prisca Birrer-Heimo lehnte diesen Antrag ab und erinnerte an den «Beizen- und Einkaufstourismus in den Kantonen […], gefolgt vom Virustourismus» im Herbst 2020, als kantonal unterschiedliche Lösungen vorgelegen hatten. Damals sei bald eine national einheitliche Regelung gefordert worden, weshalb die Kantone gemäss Schreiben der GDK in dieser Frage mehrheitlich einheitliche Regeln befürworteten. Hier setzte sich jedoch die Kommissionsmehrheit, unterstützt von der SVP, den FDP.Liberalen und einer Mehrheit der Mitte-Fraktion, durch.
Darüber hinaus lagen zahlreiche weitere Öffnungsanträge von Kommissionsminderheiten oder Einzelpersonen vor. Eine Minderheit Friedli forderte ein Ende der Homeoffice-Pflicht auf den 22. März 2021 und ein Einzelantrag Aeschi (svp, ZG) die Wiedereröffnung der Aussenbereiche von Restaurants. In fünf Einzelanträgen forderte Jean-Luc Addor (svp, VS) ein Ende der Einschränkungen bei politischen Versammlungen, Versammlungen im Familien- und Freundeskreis oder im öffentlichen Raum, bei Präsenzveranstaltungen in Bildungseinrichtungen oder bei Gottesdiensten. Sämtliche Anträge blieben erfolglos und fanden nur bei der SVP-Fraktion sowie teilweise bei Minderheiten der FDP.Liberalen- und/oder der Mitte-Fraktion Zustimmung. Hingegen sprach sich der Nationalrat für eine Regelung aus einem Einzelantrag Rüegger (svp, OW) aus, die es Berufsleuten aus der Landwirtschaft, dem Bausektor sowie Handwerkerinnen und Handwerkern auf Montage erlaubt, sich in Gastrobetrieben zu verpflegen. Dies hatte zuvor auch die Petition «Beizen für Büezer» gefordert.

Ein weiteres medial stark diskutiertes Thema betraf die Rolle der Covid-19-Task Force. Die Kommissionsmehrheit wollte die Mitglieder der Task Force im Covid-19-Gesetz zur Wahrung ihres Rahmenmandats verpflichten. Demnach sollte die nach aussen gerichtete Kommunikation der Task Force nur noch durch deren Präsidentinnen oder Präsidenten erfolgen, während die übrigen Mitglieder bei öffentlicher Kommunikation deklarieren müssten, dass dies ausserhalb ihres Mandats geschehe. Dies sei gemäss Kommissionssprecher Regazzi nötig, zumal die Task Force ihr Mandat überschreite oder gar missbrauche, wenn sie den Bundesrat öffentlich belehre oder das Parlament kritisiere. Eine Minderheit Rytz, welche die Streichung dieser Regelung beantragte, fürchtete den Glaubwürdigkeitsverlust einer «aufgeklärte[n], liberale[n] Demokratie […], wenn sie der Wissenschaft einen Maulkorb umhängen will und naturwissenschaftliche Tatsachen ignoriert». Balthasar Glättli (gp, ZH) stellte zudem den Nutzen davon, die bisherige kritisierte Regelung telquel ins Covid-19-Gesetz aufzunehmen, in Frage. Mit 116 zu 78 Stimmen (bei 1 Enthaltung) setzten sich SP, GPS, GLP und eine Mehrheit der Mitte-Fraktion durch und lehnten die entsprechende Bestimmung der Kommissionsmehrheit ab. Erfolglos blieb auch eine ergänzende Forderung von David Zuberbühler (svp, AR), den Zugang zu den bundesrätlichen Medienkonferenzen in der Corona-Thematik allen Schweizer Medien, also auch den im Bundeshaus nicht akkreditierten kantonalen, regionalen oder lokalen Medien, zu eröffnen. Den Kantonen komme eine wichtige Rolle zu, weshalb auch die entsprechenden Medien die Möglichkeiten für direkte Rückfragen haben müssten.

Nicht nur an der Kommunikation durch die Task Force, auch an der Berechnung der Covid-19-Zahlen störte sich die Kommissionsmehrheit. Entsprechend forderte sie, dass in die Berechnung der Positivitätsrate neu auch die Resultate von Massentests in Unternehmen einfliessen sollten. Bisher waren diese nicht integriert worden, weil man gemäss Bundesrat Berset die administrativen Hürden für die Unternehmen nicht habe vergrössern wollen. Zudem solle über rückwirkende Korrekturen der Covid-19-Kennzahlen «offen und transparent» informiert werden. Damit solle die Sicherheit und die Sichtbarkeit der vorhandenen Informationen gewährleistet werden, argumentierte Regazzi. Zudem wollte ein Einzelantrag Humbel (cvp, AG) zur Berechnung der Positivitätsrate ausschliesslich auf PCR-Tests setzen. Eine Minderheit Gysi (sp, SG) tat diese Anträge der Kommissionsmehrheit und von Ruth Humbel jedoch als Mikromanagement ab und setzte sich mit dieser Ansicht auch durch.
Darüber hinaus störten sich die Kommission sowie Thomas Aeschi, Thomas Burgherr und Nicolo Paganini (mitte, SG) auch allgemein an den Masszahlen, auf denen der Bundesrat seine Entscheidungen basierte. Die WAK-NR schlug deshalb vor, die zu berücksichtigenden Masszahlen im Gesetz festzuhalten und dem Bundesrat die Verwendung eines Ampelsystems mit Grenzwerten, welche eine Verschärfung oder Lockerung der Massnahmen anzeigen sollten, festzuschreiben. Diese Liste von Masszahlen der Kommission wollten die Minderheiten- und Einzelanträge weiter einschränken. Gesundheitsminister Berset wehrte sich insbesondere gegen das Ampelsystem, zumal der Bundesrat anfänglich Automatismen ausprobiert habe, aber schnell festgestellt habe, dass er Flexibilität brauche. Stattdessen setze man auf Richtwerte als Entscheidungshilfen, aber nicht als automatische Entscheidungsgrundlagen. Zudem seien eben – wie zum Beispiel Thomas Aeschi seine Forderung, auf die Berücksichtigung der Positivitätsrate zu verzichten, begründet hatte – die Zahlen nicht immer korrekt; entsprechend brauche es einen «Strauss von unterschiedlichen Kriterien, und dann braucht es einfach gesunden Menschenverstand [...], um zu versuchen, einen Entscheid zu fällen». Sowohl der Mehrheitsantrag als auch sämtliche Minderheits- und Einzelanträge zu diesem Thema wurden abgelehnt, womit es bei der bundesrätlichen Fassung blieb.
In eine ähnliche Richtung ging die Idee der Kommissionsmehrheit, dem Bundesrat Massnahmen wie Contact Tracing, ein tägliches Monitoring als Entscheidungsgrundlage, Orientierung an nationalen und internationalen Erfahrungen, die Erstellung eines Impfplans oder Möglichkeiten für Quarantänelockerungen vorzuschreiben. Trotz Ablehnungsantrag des Bundesrates stimmte die grosse Kammer dieser Regelung zu. Eine Minderheit Martullo-Blocher (svp, GR) und ein Einzelantrag Addor wollten darüber hinaus den Bundesrat bei der Ergreifung weiterer Massnahmen mit bedeutenden volkswirtschaftlichen Auswirkungen dazu zwingen, vorgängig die Zustimmung der zuständigen parlamentarischen Kommissionen einzuholen. Als Alternative schlug Philipp-Mathias Bregy (cvpo, VS) in Übereinstimmung mit den parlamentarischen Initiativen 20.418 und 20.414 vor, eine neue gemeinsame Kommission beider Räte zu schaffen, die Empfehlungen an den Bundesrat ausspricht, die Sachkommissionen informiert und die bundesrätlichen Massnahmen evaluiert. Die «politische Eskalation» verdeutliche die Notwendigkeit einer «zusätzliche[n] legislative[n] Institution». Der Nationalrat lehnte den Minderheitsantrag Martullo-Blocher sowie den Einzelantrag Addor ab, während Philipp-Mathias Bregy seinen Antrag zurückzog. Stattdessen folgte der Nationalrat einem Vorschlag des Ständerates, wonach neu nicht mehr «die Kantone», also faktisch die KdK/GDK, sondern die einzelnen Kantonsregierungen in die Entscheidungen einbezogen werden müssen. Dagegen hatte sich der Bundesrat gewehrt, zumal es ihm wichtig sei, eine konsolidierte Meinung der Kantone anzutreffen.

Daneben beschäftige den Rat insbesondere auch die Frage der Impfungen, respektive der Folgen für die Geimpften und Ungeimpften. Der Ständerat wollte bei mit zugelassenen Covid-19-Impfstoffen Geimpften auf Quarantänemassnahmen verzichten, was die Kommissionsmehrheit jedoch streichen wollte, zumal nicht alle Impfstoffe gleich wirksam seien und die Regelung Ungleichheiten schaffe. Eine Minderheit Aeschi, die dem Ständerat beipflichten wollte, setzte sich äusserst knapp mit 96 zu 96 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) und Stichentscheid von Präsident Aebi (svp, BE) durch. Mit Minderheits- und Einzelanträgen wollten Thomas Aeschi und Jean-Luc Addor zudem sicherstellen, dass niemand zu einer Impfung gezwungen oder aufgrund einer fehlenden Impfung diskriminiert werden darf und die entsprechenden Impfdaten ausschliesslich für medizinische Zwecke genutzt werden dürfen. Für die Kommission sprach sich Esther Friedli gegen eine solche Einschränkung aus, zumal diesbezüglich zuerst noch viele offene Fragen geklärt werden müssten. Die grosse Kammer lehnte beide Anträge ab und sprach sich stattdessen für zwei Anträge von Regine Sauter (fdp, ZH) und Lorenz Hess (bdp, BE) aus, wonach der Bundesrat ein international kompatibles Covid-19-Zertifikat – einen Impf- und Testnachweis (Sauter) – respektive die rechtlichen Grundlagen für ein solches Zertifikat (Hess) erstellen sollte.

Auch eine Ausweitung des vereinfachten Verfahrens zur Unterschriftenbeglaubigung auf Volksinitiativen hiess der Nationalrat gut. Schliesslich war auch ein Minderheitsantrag Glättli auf Verpflichtung der Kantone zu Contact Tracing und auf Gewährung von Bundesgeldern zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Contact Tracing-Systems erfolgreich.
Im medial viel diskutierten ersten Block waren somit nur sehr wenige Anträge erfolgreich: In den meisten Fällen folgte der Nationalrat hier dem Ständerat. Erfolglos blieben sämtliche Kommissionsanträge, welche die Handlungsfreiheit des Bundesrates einschränken wollten.

Im zweiten Block, dem gemäss Finanzminister Maurer «teuersten Teil der Vorlage», beschäftigte sich der Nationalrat mit den Härtefall-Massnahmen für Unternehmen und den Verpflichtungskrediten. Dabei bereiteten die Anträge der Kommissionsmehrheit dem Finanzminister ziemlich sicher Kopfzerbrechen, beantragte sie doch Mehrausgaben von insgesamt CHF 9 Mrd. Wie bereits in früheren Debatten zum Covid-19-Gesetz verwies Finanzminister Maurer nochmals darauf, dass der Bund nicht sämtliche entgangenen Einnahmen, sondern lediglich Härtefälle abgelten könne – die hier gestellten Anträge würden aber weit über eine Härtefallabgeltung hinausgehen. Überdies prophezeite er mögliche Rechtsstreitigkeiten in anderen Bereichen, die weniger grosszügig behandelt würden, zum Beispiel bei den KAE, Studierenden oder Lernenden. Dabei kritisierte er auch das Vorgehen der Kommission, die teilweise «wirklich faktenfrei» gehandelt habe, indem sie Entscheidungen getroffen habe, ohne deren Kosten zu kennen. Nun seien die Kosten aber bekannt, weshalb die Entscheidungen korrigiert werden müssten. Schliesslich verwies er auf die Beteiligung der Kantone an diesen Entscheidungen und auf deren starke Belastung durch die Mehrausgaben. Neben dem Finanzminister störte sich auch die SVP an diesen Zusatzausgaben und forderte in mehreren Minderheitsanträgen einen Verzicht auf eine Aufstockung der Härtefallmassnahmen. Er begreife nicht, «dass man auf der einen Seite, bei den gesundheitspolitischen Massnahmen, dem Bundesrat vollumfänglich vertraut und daran nichts ändern will, während man auf der anderen Seite den finanzpolitisch austarierten Stützungsmassnahmen dann derart misstraut», fasste Albert Rösti (svp, BE) den Unmut der SVP zusammen. Im Gegenzug verwies Esther Friedli für die Kommissionsmehrheit auf die Probleme bei den Härtefallprogrammen. Diese habe man nun erkannt und müsse sie folglich beheben.
Die folgende Beratung des zweiten Blocks wurde dann in der Tat zum Albtraum des Finanzministers. In einem ersten Schritt beschloss der Nationalrat, Härtefallhilfen unabhängig vom Gründungsdatum der Unternehmen zu sprechen. Der Bundesrat hatte, unterstützt vom Ständerat, vorgeschlagen, Unternehmen, die nach dem 1. Oktober 2020 gegründet worden waren, nicht zu unterstützen, weil diese mit einem Anstieg der Covid-19-Erkrankungen hätten rechnen müssen. Der Finanzminister beschilderte diese Zusatzausgabe der Kommissionsmehrheit mit CHF 300 Mio.
Darüber hinaus entschied sich der Nationalrat, Härtefallhilfen neu auch Unternehmen, deren Umsatz während der Covid-19-Pandemie 75 statt 60 Prozent des durchschnittlichen Umsatzes beträgt, zukommen zu lassen. Gleichzeitig sollten nicht mehr die gesamte Vermögens- und Kapitalsituation der Unternehmen, sondern nur noch ihre ungedeckten Fixkosten berücksichtigt werden. In der Praxis sei festgestellt worden, dass auch Unternehmen mit einem Umsatz leicht unter 75 Prozent des früheren Umsatzes grosse Probleme hätten und ebenfalls Härtefallunterstützung benötigten, um überleben zu können. Die Konzentration auf die nicht gedeckten Fixkosten begründete die Kommissionsmehrheit damit, dass aufgrund der Berücksichtigung der Vermögens- und Kapitallage «vor der Krise gesunde Unternehmen faktisch erst unterstützt werden, wenn sie schon fast in Konkurs sind». Dieser Entscheid des Nationalrats koste CHF 3.5 Mrd., rechnete der Finanzminister vor, damit würden 17'000 zusätzliche Betriebe berücksichtigt.
Etwa CHF 500 Mio. würde der Antrag der Kommissionsmehrheit kosten, die vom Ständerat geschaffene Pflicht zu streichen, wonach sich Eignerinnen und Eigner von Unternehmen an den Härtefallleistungen beteiligen müssen, wenn diese CHF 5 Mio. übersteigen. «Wer ein Härtefall ist, hat ja wohl kaum noch Möglichkeiten, Eigenmittel einzubringen», argumentierte Esther Friedli für die Kommission und verwies auf die Ungleichbehandlung gegenüber Unternehmen mit tieferem Jahresumsatz. Auch diesen Vorschlag der Kommissionsmehrheit nahm der Nationalrat an.
Eine Gewinnbeteiligung des Bundes bei denjenigen Unternehmen mit Jahresumsatz von über CHF 5 Mio., die A-Fonds-perdu-Beiträge erhalten hatten, hatte der Ständerat tags zuvor eingeführt. Im Geschäftsjahr der entsprechenden Härtefallhilfe sollen die Unternehmen in der Folge ihren gesamten Gewinn (maximal jedoch den Betrag, den sie vom Bund erhalten hatten minus CHF 1 Mio.) dem Bund abgeben müssen. Dagegen wehrte sich eine Minderheit Badran (sp, ZH), die auf die Definition von «A Fonds perdu» hinwies, die entsprechenden Leistungen als «Abgeltung für unverschuldeten Schaden» verstand und sich dagegen wehrte, Unternehmen, die fleissig arbeiteten, dafür zu bestrafen. Damit würge man Investitionen in die Zukunft ab. Finanzminister Maurer zeigte gewisses Verständnis für die Argumentation von Badran, sorgte sich jedoch insbesondere um die Akzeptanz dieser Massnahmen in der Bevölkerung. Auch hier zeigte sich der Nationalrat grosszügig und folgte dem Antrag Badran, der die entsprechenden Rückzahlungen auf Unternehmen ab einem Jahresumsatz von CHF 250 Mio. beschränken wollte.
Überdies folgte die Mehrheit des Nationalrats dem Ständerat auch bezüglich der Erhöhung der Höchstbeiträge bei den Härtefallhilfen für Unternehmen mit einem Umsatzrückgang von über 70 Prozent – eine Minderheit Aeschi hatte 80 Prozent gefordert. Finanzminister Maurer hatte die Zusatzkosten der beiden Anträge auf CHF 540 Mio. (Mehrheit) und CHF 470 Mio. (Aeschi) beziffert und deren Ablehnung beantragt.
Damit hatte der Nationalrat in wenigen Geschäften Zusatzausgaben in Milliardenhöhe geschaffen. Der Finanzminister sprach einige Tage später davon, dass sich der Nationalrat «in einen Ausgabenrausch gesteigert» habe – zum Ende der Beratung des Covid-19-Gesetzes durch den Nationalrat beliefen sich die Zusatzausgaben auf fast CHF 10 Mrd.

Doch nicht nur aus monetären Gründen lehnte der Bundesrat verschiedene von der Kommissionsmehrheit in diesem Block vorgeschlagene Anträge ab. So störte sich beispielsweise der Finanzminister bezüglich der von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen Präzisierung des Dividendenverbots weniger an deren Kosten als daran, dass damit im Vollzug Rechtsunsicherheit geschaffen würde – Maurer sprach gar von einem «Gummiparagrafen». So sollten zwar die Ausschüttung von Dividenden und die Rückerstattung von Kapitaleinlagen verboten bleiben, aber Ausschüttungen mit Finanzierungscharakter, für Nachfolgelösungen oder an nicht-mitarbeitende Familienangehörige, Darlehen oder Lohnvorschüsse erlaubt bleiben. Die aktuelle Regelung war vor weniger als drei Monaten beschlossen worden, dennoch sprach sich die Mehrheit des Nationalrats gegen den Widerstand von SVP und FDP für die Änderung aus.
Eine weitere Änderung an Massnahmen, die erst gerade in der letzten Session beschlossen worden waren, schlug die Kommissionsmehrheit beim Handlungsspielraum der Kantone vor. So hatte das Parlament im Dezember entschieden, dass die Kantone bei den Härtefallmassnahmen nur Mindestanforderungen des Bundes einhalten müssen. Nun sollte jedoch eine Pflicht für den Bund zu einer koordinierten Umsetzung der Massnahmen und für Mindeststandards der Leistungen geschaffen werden. Darüber zeigte sich der Finanzminister ziemlich verärgert: «Meiner Meinung nach ist dieser Absatz so ziemlich das Dümmste, was Sie jetzt noch machen können». Der Bund sei seit dem 1. Dezember 2020 gemeinsam mit den Kantonen dabei, die entsprechenden Massnahmen auszuarbeiten – das Vorgehen erfolge somit bereits koordiniert. Es habe lange gedauert, nun sei man aber soweit; folglich mache es keinen Sinn, die Kantone zu zwingen, jetzt noch einmal von vorne zu beginnen. Die Kommissionsmehrheit störte sich jedoch an den unterschiedlichen kantonalen Regelungen und setzte sich mit ihrer Forderung im Nationalrat gegen die SVP, fast die ganze Mitte-Fraktion und einzelne Mitglieder der FDP-Fraktion durch.
Abgelehnt wurden hingegen zahlreiche Minderheitsanträge in diesem Block, etwa eine Minderheit Grossen für eine Erleichterung der Anspruchsvoraussetzungen für Unternehmen mit sehr hohen Umsatzausfällen, einer Minderheit Regazzi für eine neue Unterstützungsmassnahme in Form von A-Fonds-perdu-Beiträgen für Betriebe, die aufgrund von behördlichen Anordnungen geschlossen worden waren, oder eine weitere Minderheit Grossen für eine Wiederaufnahme des Solidarbürgschaftsprogramms.
Einsparungen konnte der Finanzminister schliesslich aufgrund eines Einzelantrags Markwalder (fdp, BE) verzeichnen: Darin wurde gefordert, dass die A-Fonds-perdu-Beiträge maximal den belegten ungedeckten Fixkosten entsprechen dürfen, bei Unternehmen mit über CHF 250 Mio. Jahresumsatz maximal 30 Prozent der ungedeckten Fixkosten. Damit sollten die Härtefallhilfen auf KMU fokussiert werden, da diese auch besonders stark von den Restriktionen betroffen seien. Zudem sollte eine staatliche «Überentschädigungen» verhindert werden. Gegen den Willen von SP, GLP und GP nahm der Rat diesen Antrag an.
Nicht umstritten war in diesem Block hingegen die Frage zu den Härtefallmassnahmen: Diesbezüglich schlug der Bundesrat vor, die finanzielle Beteiligung des Bundes an den Härtefallmassnahmen nicht mehr im Rahmen des Covid-19-Gesetzes, sondern neu in einem separaten Bundesbeschluss über die Finanzierung der Härtefallmassnahmen zu regeln. Mit diesem sollte ein Verpflichtungskredit von CHF 8.2 Mrd. genehmigt werden, wobei CHF 4.2 Mrd. für Unternehmen mit einem Jahresumsatz bis CHF 5 Mio., CHF 3 Mrd. für grössere Unternehmen und CHF 1 Mrd. als Bundesratsreserve eingesetzt werden sollten. Mit 192 zu 4 Stimmen nahm der Nationalrat den neuen Bundesbeschluss deutlich an. Die ablehnenden Stimmen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion.

In einem dritten Block zum Thema «Arbeitslosenversicherung» vertrat Wirtschaftsminister Parmelin die Position des Bundesrates. Bei den Bestimmungen im Bereich der ALV lagen verschiedene Änderungsanträge vor. Der Bundesrat hatte vorgeschlagen, die Höchstdauer für Kurzarbeitsentschädigung zu erhöhen, zumal Unternehmen, die seit März 2020 ohne Unterbrechung auf KAE angewiesen waren, die bisherige Höchstdauer Ende August 2021 erreichen würden. Nach dem Ständerat sprach sich auch der Nationalrat für die Erhöhung aus. Überdies schlug der Bundesrat eine Streichung der Voranmeldefrist für KAE und rückwirkende Anmeldungsmöglichkeiten ab dem 18. Dezember 2020 vor, die WAK-NR wollte diese Rückwirkung bereits ab dem 1. September 2020 ermöglichen und gleichzeitig bis Ende April 2021 beschränken. Die Unternehmen seien im Dezember 2020 von den schnellen Schliessungen «überrumpelt» worden, betonte Bundesrat Parmelin, nun sollten sie die verpassten Anmeldungen nachholen können. Um die kantonalen Ämter zu schonen, begrenzte der Bundesrat die Rückwirkung aber stärker als die Kommissionsmehrheit, die sich in dieser Frage jedoch durchsetzte.
Bezüglich der ordentlichen Leistungen der ALV wollte die Kommissionsmehrheit in Übereinstimmung mit dem Bundesrat und dem Ständerat 66 zusätzliche ALV-Taggelder für die Monate März bis Mai 2021 schaffen, um der schwierigen Arbeitsmarktsituation Rechnung zu tragen. Eine Minderheit Ryser (gp, SG) wollte jedoch auch die Monate Januar und Februar in diese Bestimmung aufnehmen und die zusätzliche Anzahl Taggelder auf 107 erhöhen. Damit würden auch Personen unterstützt, die im Januar ausgesteuert wurden, zumal diese in der Folge kaum Stellen im Detailhandel oder im Gastgewerbe hätten finden können. «Wären [diese Personen] erst im März ausgesteuert worden, würden sie von einer Verlängerung profitieren», begründete Ryser den Antrag. Bundesrat Parmelin und mit ihm auch die Mehrheit des Nationalrats lehnten diese rückwirkende Massnahme aus Rücksicht auf die ohnehin schon überlasteten Durchführungsstellen und auf die zusätzlichen Kosten von CHF 1.3 Mrd. ab. Die Kommissionsmehrheit setzte sich diesbezüglich durch.
Neben diesen Änderungsvorschlägen des Bundesrates lagen erneut zahlreiche Anträge links-grüner Minderheiten auf einen Ausbau der KAE vor. Im Zentrum stand diesbezüglich die Aufstockung der KAE auf 100 Prozent für Einkommen bis CHF 3'470, wie sie im Dezember 2020 temporär bis Ende März 2021 geschaffen worden war. Eine Minderheit Ryser verlangte in Übereinstimmung mit mehreren Motionen, die Grenze für einen 100-prozentigen Anspruch auf CHF 4'000 zu erhöhen. Es habe sich gezeigt, dass die bisherige Grenze gerade für Familien zu tief liege, «das zieht eine Familie unter die Armutsgrenze». Ein Einzelantrag von Flavia Wasserfallen (sp, BE) verlangte gar 100-prozentige KAE für Einkommen bis CHF 4'412, dem Medianlohn im Gastgewerbe. Der Bundesrat verwies hingegen auf die wachsende Ungleichheit bei der Entschädigung von Arbeitslosen und Personen mit KAE und lehnte nicht nur die Erhöhung des entsprechenden Grenzbetrags, sondern auch die Verlängerung dieser Erhöhung bis Ende Dezember 2021 ab. Thomas Aeschi verwies in der Begründung seines Minderheitsantrags, mit dem er die entsprechende Regelung im März 2021 auslaufen lassen wollte, erneut auf die Öffnung der Gastronomie, welche eine solche Lösung überflüssig mache. Für die Kommission betonte Esther Friedli, dass noch immer viele Arbeitnehmende von Kurzarbeit betroffen seien und diese Massnahme folglich bis Ende Juni 2021, nicht aber bis Ende 2021 weiterlaufen soll. Diesem Votum pflichtete der Nationalrat bei und verlängerte die Dauer der bisherigen Lösung auf Ende Juni 2021. Sämtliche Minderheitsanträge lehnte er folglich ab.
Stattdessen sah eine Minderheit Bendahan (sp, VD) ein Dividendenverbot für den Zeitraum des Bezugs von KAE vor: Solange ein Unternehmen von öffentlichen Geldern profitiere, sollten die Aktionärinnen und Aktionäre keine Dividende erhalten, argumentierte er. Bisher bestand ein Dividendenverbot bereits beim Bezug von Härtefallhilfe. Bundesrat Parmelin verwies denn auch darauf, dass KAE keine Subvention, sondern eine Versicherungsleistung seien. Da damit insbesondere die Arbeitsplätze erhalten werden sollen, wäre eine Regelung, gemäss der ein Unternehmen zwischen Kurzarbeit und Dividendenzahlungen wählen muss, kontraproduktiv. Zudem müssten die Unternehmen gerade jetzt Investoren anlocken können. Wie bereits der Ständerat bei der Schaffung des Covid-19-Gesetzes sprach sich nun auch der Nationalrat gegen eine solche Regelung aus, die von der SP, der GP und zwei Mitgliedern der GLP unterstützt wurde.
Auf grossen Widerstand stiess schliesslich der Vorschlag der Kommissionsmehrheit, zur Stärkung des Detailhandels an 12 zusätzlichen Terminen Sonntagsverkäufe durchführen zu können. Deutliche Worte fand die Sprecherin des Minderheitsantrags, Prisca Birrer-Heimo, die den Antrag als «zynisch» und als «Missbrauch der Covid-19-Gesetzgebung» bezeichnete. Das Verkaufspersonal, das unter normalen Bedingungen sehr viel leiste, habe während der Pandemie «noch einen zusätzlichen Effort für die Versorgung mit Grundnahrungsmitteln geleistet». Dafür seien sie in der ersten Welle beklatscht worden, während man nun von ihnen verlange, noch verstärkt am Sonntag zu arbeiten. Und dies ohne dass die Sozialpartner konsultiert worden seien. Auch Wirtschaftsminister Parmelin verwies auf den starken Widerstand gegen Sonntagsarbeit in Teilen der Bevölkerung und empfahl den Verzicht auf eine solche Regelung. Knapp setzten sich die Minderheit und der Bundesrat mit 96 zu 93 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) durch, womit der Nationalrat zusätzliche Sonntagsverkäufe ablehnte.
In der Folge sprach sich der Nationalrat mit 139 zu 54 Stimmen (bei 1 Enthaltung) dafür aus, dem ALV-Ausgleichsfonds CHF 6 Mrd. zur Deckung der Kosten für KAE für die Jahre 2020 und 2021 zukommen zu lassen und die entsprechende Ausgabenbremse zu lösen. Damit sollte verhindert werden, dass sich der ALV-Fonds überschuldet und die automatische Schuldenbremse in Kraft tritt. Einzig die Mitglieder der SVP lehnten die entsprechende Regelung ab respektive enthielten sich der Stimme.

In einem vierten Block behandelte der Nationalrat sämtliche übrigen im Covid-19-Gesetz geregelten Aspekte der Pandemie.
Bei den Geschäftsmieten etwa beantragte eine Minderheit Badran, die Kündigungsfristen bei Mietzinsrückständen auf 90 Tage und bei Pachtzinsrückständen auf 120 Tage zu verlängern. Im Dezember 2020 sei das Parlament davon ausgegangen, dass Vermietende und Mietende eine Lösung finden würden, was eine gesetzliche Regelung unnötig gemacht hätte – dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Insbesondere grosse Vermietende hätten sich in der Folge «darauf berufen, dass das Parlament hier offensichtlich keine Einigung wünsche», und den Mietenden bei Verzug mit Kündigung gedroht. Man müsse nun die Mietenden «bis zum Eintreffen der Härtefallgelder» vor Kündigungen schützen. Finanzminister Maurer erachtete diese Regelung als mit dem Covid-19-Gesetz nicht kompatibel, zumal entsprechende Härtefälle in der Härtefallverordnung geregelt seien – das Anliegen solle folglich dort aufgenommen werden. Die Minderheit setzte sich jedoch mit 98 zu 90 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) durch.

Daneben beantragte die Kommissionsmehrheit, die Übernahme von Betriebsstätten durch ausländische Käuferinnen und Käufer erneut einer Bewilligung zu unterstellen. Damit solle verhindert werden, dass ausländische Personen die Notverkäufe von Betrieben während der Pandemie nutzten und dadurch viele Objekte in der Schweiz in fremde Hände gerieten. Bundesrat Maurer lehnte eine solche Regelung im Covid-19-Gesetz ab, nicht zuletzt, weil diese Regelung nur bis zum 31. Dezember 2021 in Kraft sein würde – anschliessend tritt das Gesetz ausser Kraft. Zudem könne eine solch gravierende materielle Änderung nicht ohne Vernehmlassung und breite Abstützung ins Gesetz aufgenommen werden. Schliesslich verwies er auf die parlamentarische Initiative 21.400, der die RK-NR bereits Folge gegeben hatte. Einen Minderheitsantrag Leo Müller (mitte, LU) auf Streichung der Massnahme war anfangs erfolgreich, nach einem Ordnungsantrag und einer Wiederholung der Abstimmung sprach sich der Nationalrat mit 113 zu 80 Stimmen (bei 1 Enthaltung) jedoch für die von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Regelung aus.

Im Kulturbereich wollte die Kommissionsmehrheit dem Ständerat beipflichten, der die bisher geltende Beschränkung der Höhe der Kulturleistungen aufheben wollte. Man brauche hier analog zu den Härtefallhilfen Flexibilität, argumentierte Esther Friedli. Finanzminister Maurer fürchtete sich jedoch davor, mit dieser Ausweitung «Tür und Tor für Forderungen» zu öffnen. Die Mehrheit setzte sich aber gegen einen Minderheitsantrag Aeschi, der bei der bisherigen Regelung bleiben wollte, durch und strich die Beschränkung für Härtefallhilfen im Kulturbereich. Zudem beantragte die Kommissionsmehrheit, bei der Hilfe für Kulturschaffende die Freischaffenden ausdrücklich zu erwähnen, was eine weitere Minderheit Aeschi ablehnte. Der Finanzminister verwies auf die schwierige Definition von «freischaffende[n] Angestellte[n]» und betonte, dass die selbständigerwerbenden Freischaffenden bereits Anspruch auf den Corona-Erwerbsersatz, Ausfallentschädigung und Notfallhilfe hätten. Auch hier setzte sich die Kommissionsmehrheit jedoch durch.
Darüber hinaus schuf der Nationalrat einen von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagenen Paragraphen, der eine Ausfallentschädigung für abgesagte oder verschobene Veranstaltungen, Messen, Gewerbeausstellungen und Jahrmärkte zwischen dem 1. Juni 2021 und dem 30. April 2022 vorsah. Damit wollte die Kommissionsmehrheit einen «Schutzschirm für die Veranstaltungsbranche», wie es Esther Friedli nannte, schaffen. Dies sollte Kulturunternehmen zur Planung neuer Veranstaltungen motivieren. Der Finanzminister bekundete zwar seine Sympathie für die Idee, verwies aber erfolglos auf die daraus resultierenden Vollzugsprobleme.
Angenommen wurde überdies ein Verbot finanzieller Beiträge an kantonale Grundeinkommen, womit die Kommission insbesondere die Bundesfinanzierung des Zürcher Modells der Ausfallentschädigung für Kulturschaffende verhindern wollte. Jedoch entsprächen weder das Zürcher noch das Basler Modell einem Grundeinkommen, betonte Prisca Birrer-Heimo, die diesen Artikel wieder streichen wollte. Durch die Annahme eines befristeten Pauschalbetrags solle lediglich eine administrative Erleichterung geschaffen werden. Zudem widerspreche der in diesem Artikel ebenfalls vorgeschriebene detaillierte Nachweis der finanziellen Einbussen der bisherigen Praxis, wonach finanzielle Einbussen nur plausibilisiert werden müssen. Knapp setzte sich die Kommissionsmehrheit mit 100 zu 92 Stimmen (bei 1 Enthaltung) durch.
Einig waren sich Kommissionsmehrheit und Bundesrat schliesslich bei der Frage der Rückwirkung im Kulturbereich: Hier gäbe es eine Lücke in der bisherigen Gesetzgebung, die durch eine Rückwirkungsklausel geschlossen werden müsse, erklärte der Bundesrat und der Nationalrat stimmte ihm zu.

Bei den Härtefallmassnahmen für Sportklubs hatte sich der Ständerat zuvor entschieden, auf die für den Erhalt von A-Fonds-perdu-Beiträgen nötigen Einkommensreduktionen bei den Sportklubs zu verzichten. Dieses Vorgehen unterstützte eine Minderheit Regazzi gegen den Willen der Kommissionsmehrheit, welche die Einkommensreduktionen beibehalten wollte. Regazzi verwies auf die Probleme von Klubs mit geringerem Budget. Diese müssten Verträge mit ihren Topspielern auflösen, welche den Klub in der Folge ablösefrei verlassen könnten, wodurch diesem Transfereinnahmen entgingen und er an Wettbewerbsfähigkeit verliere. Deshalb hätten auch kaum Super League-Klubs entsprechende Anträge gestellt. Mit 130 zu 48 Stimmen blieb der Nationalrat zwar deutlich bei der im Dezember 2020 getroffenen Regelung, der Minderheitsantrag fand jedoch in allen Fraktionen Zustimmung.

Im Medienbereich hatte der Ständerat zuvor eine Möglichkeit zur Unterstützung für private Radio- und Fernsehunternehmen geschaffen, welche auch in der Kommission nicht umstritten war. Jedoch verlangte eine Minderheit I Rytz statt einer Kann-Formulierung eine Verpflichtung, während eine Minderheit II Birrer-Heimo die entsprechenden Zahlungen nicht aus der RTVG-Abgabe tätigen wollte. Regula Rytz verwies insbesondere auf die Corona-bedingt fehlenden Werbeeinnahmen der Medienunternehmen, deren Einnahmen trotz zunehmender Mediennachfrage sänken. Prisca Birrer-Heimo wehrte sich dagegen, dass die privaten Haushalte die Medienunterstützung durch eine Erhöhung der RTVG-Abgabe finanzieren müssten. Der Nationalrat lehnte die Änderungsvorschläge von Rytz und Birrer-Heimo indes ab und folgte damit dem Ständerat.

Neu hinzugekommen war im Covid-19-Gesetz eine Regelung für Kitas. So schlug der Bundesrat in Übereinstimmung mit der angenommenen Motion 20.3917 Finanzhilfen für Kantone vor, welche die entgangenen Betreuungsbeiträge von öffentlich geführten Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung übernommen hatten. Eine Minderheit Aeschi lehnte die neue Finanzhilfe ab, scheiterte damit jedoch.

In diesem vierten Block behandelte der Nationalrat auch das Thema des Erwerbsersatzes. Im Dezember hatte das Parlament die Zugangsgrenze zu EO von Umsatzeinbussen von 55 Prozent auf 40 Prozent reduziert, nun wollte die WAK-NR einen Schritt weitergehen und Selbständigerwerbstätigen ab Umsatzeinbussen von 20 Prozent Erwerbsersatz bezahlen. Eine Minderheit Mettler (glp, BE) forderte überdies, die Geltungsdauer des Erwerbsersatzes von Ende Juni 2021 bis Ende Dezember 2021 zu verlängern. Einmal mehr verwies Minderheitensprecher Aeschi auf die Kosten von «mehrere[n] hundert Millionen Franken» – CHF 200 Mio. bis Ende Juni 2021, gar zwischen CHF 600 Mio. und CHF 1 Mrd. bis Ende 2021, wie der Finanzminister daraufhin auswies. Die Kommissionsmehrheit setzte sich jedoch mit dem Argument durch, dass auch Personen mit Erwerbsausfall bis 20 Prozent «in ihrer Erwerbstätigkeit als massgeblich eingeschränkt gelten». Erfolglos blieb hingegen der Antrag auf eine zeitliche Verlängerung der Massnahme.
Für Diskussionen sorgte auch der Antrag, den im Dezember 2020 geschaffenen Anspruch auf Überbrückungsleistungen für Personen, die ab dem 1. Januar 2021 ausgesteuert würden (statt erst ab dem 1. Juli 2021), wieder zu streichen. Stattdessen wollte die Kommissionsmehrheit erreichen, dass diese Personen nicht ausgesteuert werden, bis sie Anfang Juli 2021 ÜL beziehen können. Eine Minderheit Aeschi beantragte hingegen, sowohl die im Dezember geschaffene Lösung zu streichen als auch auf die neue Lösung der Kommission zu verzichten. So seien die für einen rückwirkenden Anspruch auf ÜL nötigen Strukturen gemäss der Verwaltung noch nicht vorhanden, unterstützte Daniela Schneeberger (fdp, BL) die Minderheit. Dennoch hiess der Nationalrat den Antrag der Kommissionsmehrheit gut.
Eine Regelung für verschiedene Bereiche – KAE, EO, Härtefall, sektorielle Unterstützung – schlug schliesslich die Kommissionsmehrheit in Übereinstimmung mit einem Antrag der SGK-NR vor: Neu sollte ein Anspruch auf unverzügliche Vorschüsse geschaffen werden, wenn Gesuche nicht innert 30 Tagen bearbeitet werden. Bundesrat Parmelin verwies auf das bereits bestehende beschleunigte, summarische Verfahren bei den KAE und betonte, eine verzögerte Auszahlung von KAE liege häufig daran, dass die von den Unternehmen zur Verfügung gestellten Unterlagen nicht vollständig seien. Er unterstrich zudem die Schwierigkeit, später allfällige zu Unrecht bezahlte Leistungen wieder zurückzufordern. Der Nationalrat folgte hier dem Antrag der Kommissionsmehrheit und lehnte einen Antrag Aeschi auf Streichung ab.

Nach über 10-stündiger Debatte schritt der Nationalrat schliesslich zur Gesamtabstimmung zur zweiten Revision des Covid-19-Gesetzes, das in der grossen Kammer auf deutliche Zustimmung stiess: Mit 143 zu 35 Stimmen (bei 17 Enthaltungen) nahm der Nationalrat den Entwurf an. Sämtliche Enthaltungen und ablehnenden Stimmen stammten aus der SVP-Fraktion, von der nur zwei Personen für den Entwurf stimmten. Als weniger kritisch erachtete die SVP-Fraktion in den Gesamtabstimmungen den Bundesbeschluss über die Finanzierung der Härtefallmassnahmen nach dem Covid-19-Gesetz sowie das Bundesgesetz über die obligatorische ALV und die Insolvenzentschädigung, mit dem der ausserordentliche Beitrag 2021 an den Ausgleichsfonds geregelt wurde: Diesen Vorlagen stimmten erneut die Mitglieder aller anderen Fraktionen sowie 11 respektive 25 Mitglieder der SVP-Fraktion zu (150 zu 26 Stimmen (bei 16 Enthaltungen) respektive 165 zu 23 Stimmen (bei 6 Enthaltungen)).

Zweite Revision des Covid-19-Gesetzes (Änderung und Zusatzkredit; BRG 21.016)
Dossier: Covid-19-Gesetz und Revisionen

Jahresrückblick 2020: Öffentliche Finanzen

Im Jahr 2020 wurde in den Medien im Verhältnis zu anderen Themen deutlich weniger über den Themenbereich «Öffentliche Finanzen» berichtet als in den Jahren 2017 bis 2019. Dies lag jedoch nicht am Unterthema «Finanzlage», im Gegenteil: 2020 wurde häufiger über das Budget, die Staatsrechnung oder die öffentlichen Finanzen diskutiert als im Vorjahr. Grund dafür war die Corona-Pandemie, die bei den Medien das Interesse an der Frage weckte, wie es ob der Pandemie um die Bundesfinanzen stehe. Diese Frage war durchaus berechtigt, zumal die Massnahmen zur Bekämpfung der Pandemie sowohl einnahmen- als auch ausgabenseitig grosse Konsequenzen nach sich zogen. Die hohen Ausgaben kündigten sich bereits im März 2020 an, als der Bundesrat dem Parlament in zwei Nachmeldungen zum ersten Nachtragskredit CHF 41.9 Mrd. als Verpflichtungskredite für die Corona-Soforthilfe für Unternehmen sowie CHF 15.3 Mrd. als Nachtragskredite beantragte. Hinzu kamen im zweiten Nachtragskredit im Mai 2020 noch einmal CHF 14.9 Mrd., womit der Bundesrat mehr als CHF 30 Mrd. zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Auswirkungen einzusetzen plante.
Auch die Einnahmen des Bundes litten mehrfach unter Corona: Der Wirtschaftseinbruch führte zu einer Reduktion des Konsums und dadurch zu einem Mehrwertsteuerausfall, die steigende Arbeitslosigkeit sowie die Lohnreduktion durch Kurzarbeit führten zu einer Reduktion der Erträge der Einkommenssteuer, tiefere Gewinne und Konkurse von Unternehmen führten zu tieferen Unternehmenssteuern und die Möglichkeit, Steuerzahlungen im Jahr 2020 zinslos aufzuschieben, führte in mehreren Bereichen zu Steuerausfällen. Zwar war unklar, wie hoch diese Steuerausfälle schlussendlich sein würden, die FK-NR rechnete aber während des ersten Lockdowns mit Ausfällen in der Höhe von CHF 6 bis 8 Mrd. Zusammengenommen ergaben die höheren Ausgaben und tieferen Einnahmen ein erwartetes Defizit von CHF 30 bis 40 Mrd. Zum Vergleich: Im Jahr 2019 hatte der Bund einen Überschuss von CHF 3 Mrd. erwirtschaftet. Die Gesamtleistung des Bundes im Rahmen der Corona-Krise über die nächsten Jahre hinweg schätzte Finanzminister Maurer im April 2020 gar auf CHF 70 bis CHF 80 Mrd. – sie entspräche damit ungefähr den Bundesausgaben eines Jahres.
Zwar gab es Mitte August 2020 eine zeitweise Entwarnung, als der Bundesrat im Nachtrag IIb ankündigte, dass ein Teil der bereits veranschlagten CHF 31 Mrd. nicht ausgeschöpft werden müsse: Insgesamt fielen «nur» ausserordentliche Ausgaben von CHF 17.8 Mrd. an. Jedoch zeigte sich zu demselben Zeitpunkt auch, dass die Fiskaleinnahmen im ersten Halbjahr 2020 um fast 1.3 Mrd. tiefer lagen als im gleichen Zeitraum 2019. In der Folge gelang es dem Bundesrat aber, die erwarteten Corona-bedingten Mehrkosten für das Jahr 2021 im ordentlichen Voranschlag unterzubringen, ohne dabei die Schuldenbremse auszureizen. Wie Bundesrat Maurer aber bereits zu diesem Zeitpunkt betont hatte, waren diese positiven Meldungen unter anderem von der weiteren Entwicklung der Pandemie abhängig, und so machte die zweite Welle dem Finanzminister noch einmal einen Strich durch die Rechnung: Im September 2020 beantragte der Bundesrat dem Parlament in einer Nachmeldung zum Voranschlag 2021 noch einmal CHF 1.4 Mrd. zur Bekämpfung der Auswirkungen der Pandemie, bewegte sich aber auch damit noch immer im Rahmen des von der Schuldenbremse Erlaubten.
Dass die Schweiz 2020 ein Defizit machen würde, stand ob der grossen Hilfspakete des Bundesrates ausser Frage. Diskutiert wurde in den Medien aber die Frage, wie dieses Defizit verbucht und anschliessend abgebaut werden soll. Sollten die ausserordentlichen Corona-Ausgaben auf das Amortisationskonto der Schuldenbremse gebucht werden oder sollten sie an der Schuldenbremse vorbeigeschleust werden, wie eine 19-zu-5-Mehrheit der FK-NR (Mo. 20.3470) forderte? Einig war man sich mehrheitlich, dass eine Kompensation in den nächsten sechs Jahren, wie es die aktuelle Regelung bei einer Buchung auf das Amortisationskonto verlangen würde, kaum möglich wäre. Stattdessen wurde darüber diskutiert, ob die Schulden innert 10, 20 oder 30 Jahren oder gar ohne zeitliche Zielvorgabe zurückgezahlt werden sollen. Vorgeschlagen wurde auch, den Schuldenabbau durch zusätzliche Einnahmen, zum Beispiel durch die fixe Zuweisung des Gewinnanteils des Bundes an den Einnahmen der SNB, zu beschleunigen (Motion der WAK-NR: Mo. 20.3450).

Abgesehen von Corona lief 2020 insbesondere im Bereich der «Direkten Steuern» einiges. Dass der Themenbereich verglichen mit den Jahren 2017 bis 2019 deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit generierte, liegt an den Abstimmungen über die sehr umstrittenen Revisionen der Unternehmenssteuern in den vergangenen Jahren (2017: USR III, 2019: STAF). Im Jahr 2020 stand hingegen zu den direkten Bundessteuern «nur» das Referendum gegen die steuerliche Berücksichtigung der Kinderdrittbetreuungskosten an, das deutlich weniger Aufmerksamkeit generierte. Hier hatte das Parlament das ursprüngliche Anliegen der Vorlage, den Drittbetreuungsabzug von CH 10'000 auf CHF 25'000 zu erhöhen, um eine Erhöhung des Kinderabzugs von CHF 6'500 auf CHF 10'000 ergänzt. Dagegen hatten SP und Grüne das Referendum ergriffen, weil sie die hohen Kosten dieser Massnahme, das fehlende Geld für andere Projekte und den einseitigen Nutzen der Erhöhung des Kinderabzugs für die Gutverdienenden kritisierten. Die Befürworterinnen und Befürworter der Änderung warben hingegen damit, dass die Vorlage Mittelstand und Familien entlaste. Mit 63.2 Prozent Nein-Stimmen lehnten die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger die Änderung eher überraschend ab.
Daneben wurde im Themenbereich «Direkte Steuern» einmal mehr über die Abschaffung der Heiratsstrafe und damit verbunden über die Volksinitiative «Für Ehe und Familie – gegen die Heiratsstrafe» der CVP diskutiert. Nachdem das Bundesgericht die Abstimmung zur CVP-Initiative im April 2019 annulliert hatte, reichte das Initiativkomitee im Februar 2020 – auch auf Anraten von CVP-Präsident Gerhard Pfister – die von 14 der 15 Mitgliedern unterzeichnete Rückzugserklärung bei der Bundeskanzlei ein. Eine Beschwerde des Vereins Human Life, der sich mit Verweis auf ein Rechtsgutachten gegen den Rückzug wehrte, lehnte das Bundesgericht im Oktober 2020 ab.
Darüber hinaus bereinigte das Parlament das Bundesgesetz über die steuerliche Behandlung finanzieller Sanktionen, welches entsprechend einer Motion Luginbühl (bdp, BE; Mo.14.3450) die Steuerabzüge von Bussen mit Strafzweck sowie von Bestechungszahlungen an Private und Aufwendungen zur Ermöglichung von Straftaten streichen wollte. Das Parlament entschied sich jedoch, vom Ausland verhängte Bussen weiterhin steuerlich abzugsfähig zu machen, sofern die Sanktionen gegen den schweizerischen Ordre public verstossen oder wenn das Unternehmen glaubhaft darlegen kann, dass es «alles Zumutbare unternommen hat, um sich [nach ausländischem Recht] rechtskonform zu verhalten».

Nicht zuletzt präsentierte der Bundesrat verschiedene neue Reformprojekte, unter anderem das Bundesgesetz über administrative Erleichterungen und die Entlastung des Bundeshaushalts, dessen Ziel die Entlastung des Bundeshaushalts durch verschiedene strukturelle Reformen in der Bundesverwaltung ist. Bereits ein erstes Mal im Parlament behandelt wurden das Bundesgesetz über elektronische Verfahren im Steuerbereich sowie die Botschaft zur Volksinitiative «Löhne entlasten, Kapital gerecht besteuern» der SP, welche der Bundesrat zuvor zur Ablehnung empfohlen hatte. Anträge auf Erarbeitung eines direkten Gegenentwurfs sowie auf Annahme der Initiative wurden abgelehnt. Auch im Bereich indirekte Steuern sorgte ein neues Initiativprojekt für einiges mediales Aufsehen, nämlich die Volksinitiative «Mikrosteuer auf dem bargeldlosen Zahlungsverkehr». Die Initiative will jede Belastung und Gutschrift des bargeldlosen Zahlungsverkehrs anfänglich mit 0.05 Promille belasten und dafür die Mehrwertsteuer, die direkte Bundessteuer sowie die Stempelabgabe abschaffen. Das Komitee begann im Februar 2020 mit der Unterschriftensammlung.

Ein Novum bei den Voranschlägen gab es Corona-bedingt im Jahr 2020 ebenfalls: Im November erarbeitete die FK-NR aufgrund einer parlamentarischen Initiative (Pa.Iv. 20.481) einen Übergangs- oder Notvoranschlag für das Jahr 2021. Dieser stützte sich auf die bundesrätliche Botschaft und die Mehrheitsentscheide der Kommissionen und sollte zur Anwendung kommen, falls das Parlament bis Ende Jahr kein Budget verabschieden konnte. Soweit kam es jedoch nicht: Nach langwierigen Debatten verabschiedeten National- und Ständerat Mitte Dezember den ordentlichen Voranschlag 2021.

Jahresrückblick 2020: Öffentliche Finanzen
Dossier: Jahresrückblick 2020

In der Wintersession 2020 befasste sich der Nationalrat mit der Motion von Nationalrätin Seiler Graf (sp, ZH), die den Stopp aller Kriegsmaterialexporte an die Jemen-Kriegsallianz gefordert hatte. Die Motionärin bekräftige in der grossen Kammer ihre Forderung nach einem Ausfuhrverbot und sparte dabei nicht an Kritik am Bundesrat. Einerseits schade diese Art der Aussenpolitik der Schweiz in ihrer Rolle als humanitärer Akteurin, andererseits seien die Ausreden, dass das gelieferte Kriegsmaterial nicht im Jemen eingesetzt würde, «unglaubwürdig». Sie beschuldigte den Gesamtbundesrat, dass dieser mit seinem «Kuscheln und Weiterliefern» den Auftrag des Verfassungsartikels 54, Abs. 2 – demzufolge die Schweiz mit ihrer Aussenpolitik zur Achtung der Menschenrechte und dem friedlichen Zusammenleben der Völker beitragen soll – nicht erfülle. Der anwesende Bundesrat Guy Parmelin wiederholte fast wortgleich die gedruckte Begründung des Bundesrats und forderte den Nationalrat dazu auf, die Motion abzulehnen. Diesem Aufruf folgte der Rat jedoch nicht; er nahm die Motion mit 97 zu 95 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) knapp an. Die SVP- und FDP.Liberale-Fraktionen stimmten dabei fast geschlossen dagegen. Kurz darauf stellte Andreas Glarner (svp, AG) jedoch einen Ordnungsantrag und beantragte die Wiederholung der Abstimmung mit der Begründung, dass die SVP «einen falschen Knopf gedrückt habe». Offenbar war Neo-Nationalrat Huber (svp, AG) versehentlich von der Parteilinie abgewichen. Dem Ordnungsantrag wurde mit 150 zu 28 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) stattgegeben, am Resultat änderte die Wiederholung jedoch wenig. Die Motion wurde im zweiten Versuch gar mit 98 zu 94 Stimmen (bei 1 Enthaltung) angenommen, was einerseits mit Abwesenheiten bei der ersten oder zweiten Abstimmung zu tun hatte, andererseits aber auch mit Änderungen des Abstimmungsverhaltens – Huber und Ritter (cvp, SG) wechselten ins Gegnerlager, Pfister (cvp, ZG) ins Befürworterlager und Gschwind (cvp, JU) enthielt sich neu der Stimme, während Weichelt-Picard (al, ZG) und Gysi (sp, SG) bei der ersten und Quadri (lega, TI) bei der zweiten Abstimmung abwesend waren.

Stopp aller Kriegsmaterialexporte an die Jemen-Kriegsallianz

Mittels Postulat forderte CVP-Nationalrat Gerhard Pfister (ZG) den Bundesrat auf zu prüfen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Betätigungsverbot für die Hisbollah in der Schweiz eingeführt werden könnte. Die schiitische Organisation, welche die «gewaltsame Vernichtung Israels» zum Ziel habe, müsse auf die Terrorliste gesetzt und dadurch in der Schweiz besser überwacht werden, argumentierte Pfister. Die Umsetzung, so der Postulant, solle nach dem Vorbild Deutschlands geschehen. Das Nachbarland hatte bereits früher im Jahr ein Aktivitätsverbot verhängt mit der Begründung, die Hisbollah sei für zahlreiche Anschläge verantwortlich, deshalb als terroristische Organisation einzustufen und stelle auch eine Bedrohung für Europa dar. Ein Verbot solle zum Beispiel Versammlungen von Aktivistinnen und Aktivisten sowie das Zeigen von Symbolen in der Öffentlichkeit, in Propagandafilmen und Schriftstücken umfassen und die Grundlage schaffen, um das Vermögen von Vereinen, welche im Zusammenhang mit der Hisbollah stehen, einziehen zu können, so der Vorschlag des Postulanten. Gemäss Aargauer Zeitung sei auch denkbar, das Verbot der Al-Kaida und des Islamischen Staats auf die Hisbollah auszuweiten. Der Bundesrat hatte sich in seiner Stellungnahme dazu bereit erklärt, das Anliegen Pfisters zusammen mit dem Postulat seiner Parteikollegin Marianne Binder-Keller (cvp, AG; Po. 20.3650) in einem Bericht aufzuarbeiten. In der Herbstsession 2020 nahm der Nationalrat den Vorstoss stillschweigend an.

Betätigungsverbot der Hisbollah in der Schweiz (Po. 20.3824)

Die in der Regel als relativ unbestritten geltenden Gesamterneuerungswahlen des Bundesgerichts wurden 2020 zur Vorlage für eine fast epische Diskussion um die Gewaltenteilung. Den Wahlen für die Amtsperiode 2021-2026 war nämlich die medial virulent diskutierte Ankündigung der SVP vorausgegangen, Yves Donzallaz, einen der SVP angehörenden Bundesrichter, nicht wiederzuwählen.
Ursprung der Weigerung der SVP war unter anderem ein Entscheid des Bundesgerichtes im Sommer 2019, einem Amtshilfegesuch Frankreichs zuzustimmen, das die Auslieferung von Bankkundendaten verlangte. In diesem Urteil hatte besagter Donzallaz laut Blick «das Zünglein an der Waage» gespielt, zum Unverständnis seiner Partei. In der Folge stellten SVP-Politiker in den Medien offen die Frage, «ob wir Bundesrichter unserer Partei wiederwählen wollen, wenn sie in keiner Weise unser Gedankengut vertreten» – so etwa Fraktionschef Thomas Aeschi (svp, ZG) in der Sonntagszeitung. Pirmin Schwander (svp, SZ) forderte in der gleichen Zeitung gar ein Amtsenthebungsverfahren gegen den eigenen Bundesrichter. Thomas Matter (svp, ZH) wiederum kündigte in der Liberté an, dass er den Namen dieses Richters bei dessen Wiederwahl sicher nicht vergessen werde. Donzallaz war laut der Basler Zeitung bereits 2015 von der Weltwoche als «Abweichler» bezeichnet worden, weil er mitentschieden hatte, dass das Freizügigkeitsabkommen mit der EU Vorrang vor der Masseneinwanderungsinitiative der SVP habe.
Gegen die Reaktion der SVP wurde in den Medien rasch Kritik laut. Sie wurde von vielen Kommentatorinnen und Kommentatoren als Angriff auf die Unabhängigkeit der Judikative oder als Respektlosigkeit gegenüber der Gewaltenteilung verurteilt. Diskutiert wurde in der Folge auch, ob Parteipolitik überhaupt einen Einfluss auf die Rechtsprechung haben dürfe – eine Frage, die auch mit der Justizinitiative einer Antwort harrt, die im Tages-Anzeiger als «grösste Profiteurin der Querelen» bezeichnet wurde. Auch die Weltwoche kritisierte einen Angriff auf die Gewaltenteilung, allerdings aus alternativer Perspektive: Die Judikative setze sich beim Urteil über die Herausgabe der Bankkundendaten im Verbund mit der Exekutive über die Legislative und den Souverän hinweg. Zu reden gab schliesslich auch der unmittelbar nach der SVP-Kritik gefällte Entscheid des SVP-Fraktionschefs Thomas Aeschi, in der Gerichtskommission Einsitz zu nehmen. Die SVP mache «die Richterwahlen zur Chefsache», urteilte die Aargauer Zeitung.

Kurz nach der Entscheidung des Bundesgerichtes im Herbst 2019 ebbte die entsprechende Diksussion zwar wieder ab, allerdings nur um rund ein Jahr später bei der Vorbereitung der Wiederwahl der Richterinnen und Richter des Bundesgerichts wieder sehr laut zu werden. Der Sonntagsblick berichtete rund drei Wochen vor der für die Herbstsession 2020 angesetzten Wahl von mehreren Quellen, die bestätigten, dass die SVP in der vorberatenden GK beantragt habe, Yves Donzallaz nicht mehr als Vertreter der SVP zu behandeln und ihn nicht mehr zur Wiederwahl zu empfehlen. Die Kommissionsmehrheit habe jedoch nicht auf die Forderungen eingehen wollen. In der NZZ gab Donzallaz zu Protokoll, dass die SVP seit Jahren versuche, die Justiz zu instrumentalisieren. Den Versuchen, das Recht einer politischen Ideologie zu unterwerfen, müsse aber entschieden entgegengetreten werden. Er sei nicht verpflichtet, gegenüber einer Partei Entscheidungen zu rechtfertigen. Zwar sei es legitim, die Rechtsprechung zu kritisieren, nicht aber Richterinnen und Richter persönlich anzugreifen. Donzallaz berichtete auch, dass er von keinen Druckversuchen durch andere Parteien wisse. «Ganz ehrlich glaube ich, es handelt sich dabei um ein spezifisches Problem der SVP», betonte er. In der Aargauer Zeitung bestätigte ein ehemaliger SVP-Bundesrichter, der jedoch nicht namentlich genannt werden wollte, dass Druckversuche der Volkspartei schon in den 1990er Jahren vorgekommen seien. Man habe sich aber stets auf den Standpunkt gestellt, dass man nicht auf das Parteibuch vereidigt worden sei.

Einige Wellen warf auch, dass Donzallaz von seiner eigenen Partei vor dem Wahlgeschäft zu einem Hearing eingeladen wurde. Der Bundesrichter selber sprach von einer «Gewissensprüfung». Er habe während der Diskussion vor der Fraktion ausgeschlossen, dass er beim Urteilen ein Parteiprogramm anwenden könne, da er nur Verfassung und Gesetz verpflichtet sei. Für die SVP-Fraktion argumentierte hingegen Gregor Rutz (svp, ZH), dass jede Richterin und jeder Richter eine politische Grundhaltung habe, die das eigene Urteil beeinflussen würde. Der Parteienproporz sei dazu da, dies zu berücksichtigen und auszugleichen. Wenn nun aber ein Richter die Grundhaltung «seiner Partei» nicht mehr teile, dann müsse Letztere korrigierend eingreifen. Laut Tages-Anzeiger machte die SVP ihrem Richter das Angebot, aus der Partei auszutreten. Als Parteiloser würde er auch von der SVP wiedergewählt, sei ihm beschieden worden.

Die politische Kritik am Verhalten der SVP wurde in der Folge lauter. Dass die Volkspartei die Institutionen nicht mehr respektiere, müsse Konsequenzen haben, forderte CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) im Tages-Anzeiger. SP-Präsident Christian Levrat (sp, FR) forderte ein Nachdenken über ein neues Wahlsystem, wenn sich die SVP aus dem Konsens über einen freiwilligen Parteienproporz und die Unabhängigkeit der eigenen Richterinnen und Richter verabschiede. Diskutiert wurde etwa eine Wahl auf Lebenszeit, um Unabhängigkeit nach einer gewissen pluralistisch garantierten Wahl zu garantieren. Kritisiert wurden auch die Mandatssteuern, mit denen Richter zu stark an die eigene Partei gebunden würden. Zudem müsste auch eine Anzahl parteiloser Richter gewählt werden, vorgeschlagen etwa von einer unabhängigen Fachkommission. Freilich gab CVP-Bundesrichterin Julia Hänni im Blick zu bedenken, dass die Unabhängigkeit der Judikative in jedem System vor allem auch vom Respekt der Politik vor dieser Unabhängigkeit abhänge.

Am 9. September 2020 entschied die GK, alle wieder antretenden Bundesrichterinnen und Bundesrichter zur Wiederwahl zu empfehlen. Tags darauf gaben die Parteispitzen der CVP, FDP und SP bekannt, den eigentlich für die anstehende Herbstsession geplanten «Konkordanzgipfel», bei dem das Verfahren für die Besetzung des Bundesrats beziehungsweise die Suche nach einer neuen Zauberformel hätten diskutiert werden sollen, nicht durchführen zu wollen. Man könne mit einer Partei, welche die Institutionen geringschätze, nicht über Konkordanz diskutieren – so die Begründung. Die NZZ schlussfolgerte daraus, dass die SVP nicht nur die Unabhängigkeit der Justiz gefährde, sondern auch ihre eigene Position – auf dem Spiel stünden gar die eigenen Bundesratssitze. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi wehrte sich gegen den Vorwurf, die Partei halte nichts von der Gewaltentrennung. Bei den Gesprächen mit Donzallaz habe sich gezeigt, dass dieser die Werte der SVP nicht mehr vertrete. Die Partei könne deshalb die Verantwortung für dessen Wahl nicht mittragen. Seine Weigerung, aus der Partei auszutreten, zeuge zudem von «Charakterschwäche». Über Konkordanz werde man so oder so wieder reden; die Absage des Gipfels sei wohl eher dem Umstand geschuldet, dass man dafür keinen geeigneten Termin gefunden habe.

Noch mehr Öl ins Feuer goss dann die SP mit der Forderung, die Richterwahlen zu verschieben. Fraktionschef Roger Nordmann (sp, VD) wollte einen entsprechenden Ordnungsantrag einreichen. Es sei vor der Wahl abzuklären, wie unabhängig die Richterinnen und Richter der SVP seien. Sollte dieser Antrag nicht durchkommen, drohte Christian Levrat im Sonntagsblick, würde er gegen die Wiederwahl aller SVP-Richterinnen und -Richter stimmen. Auch dies provozierte Kritik: So äusserte sich etwa der Grüne Ständerat Matthias Zopfi (gp, GL) im Tages-Anzeiger, dass die anderen Parteien die Richterwahlen nicht noch mehr «verpolitisieren» sollten. Für GLP-Präsident Jürg Grossen (glp, BE) wäre eine kollektive Nichtwahl eine weitere Schwächung der Institution. Man habe ja kein Problem mit dem Gericht, sondern mit der SVP.

Wie so vieles in der Schweizer Politik wurde dann auch die Wahl der Bundesrichterinnen und Bundesrichter parlamentarisch wesentlich weniger heiss gegessen als es im Vorfeld medial aufgekocht wurde. Freilich wurden am 23. September 2020 in der Vereinigten Bundesversammlung im Rahmen des Ordnungsantrags der SP-Fraktion nochmals die parteipolitischen Klingen gekreuzt. Daniel Jositsch (sp, ZH) führte für seine Partei aus, dass die SVP «den politischen Kampf aus dem Parlament hinaus ins Bundesgericht tragen» wolle. Die Abwahlempfehlung eines eigenen Bundesrichters werfe die Frage auf, ob andere SVP-Richterinnen und -Richter noch unabhängig urteilen würden, wenn sie eine Abwahl befürchten müssten. Die Frage nach der Unabhängigkeit der SVP-Richterinnen und -Richter müsse die GK ab sofort vor jeder Wiederwahl prüfen, weshalb die Wahlen auf die Wintersession verschoben werden sollten. Andrea Caroni (fdp, AR) fasste als Sprecher der GK das Prozedere zusammen: Weil bei keiner der 37 wieder kandidierenden Personen Hinweise auf Amtspflichtverletzung gefunden worden seien, würden auch alle zur Wiederwahl empfohlen – diese Überprüfung sei nota bene die einzige Aufgabe der GK. Alle Fraktionen hätten den Entscheid, alle Richterinnen und Richter zur Wiederwahl zu empfehlen, unterstützt – mit Ausnahme der SVP, die die Wiederwahl von Bundesrichter Yves Donzallaz nicht unterstütze. Man habe in der GK auch über eine Verschiebung der Wahl und eine Art Gewissensprüfung diskutiert, dies aber verworfen, eben gerade weil die Unabhängigkeit der Judikative geschützt werden müsse. Mit einer Verschiebung würden alle 37 Kandidierenden dem Generalverdacht ausgesetzt, «Parteisoldaten» zu sein. Andererseits sei kaum zu erwarten, dass sich aufgrund einer Gewissensprüfung jemand als «fremdgesteuerten Parteisoldat» bezeichnen werde.
In der Folge legte Thomas Aeschi für die SVP auch im Parlament noch einmal dar, weshalb sie ihren Bundesrichter nicht zur Wiederwahl empfehlen könne. «Nicht die SVP politisiert die Justiz; die Justiz hat begonnen zu politisieren», führte der Fraktionschef aus. Da dürfe es nicht verwundern, dass die Zusammensetzung des Bundesgerichtes zum Thema werde. Man befürchte insbesondere, dass EU-Recht über Schweizer Recht gestellt werde, wogegen sich die SVP vehement wehre. Wenn nun aber ein eigener Richter die Werthaltungen seiner Partei nicht mehr teile, dann könne die SVP die Verantwortung für ihn nicht mehr tragen. «Wenn Sie, die anderen Fraktionen, Yves Donzallaz wiederwählen, sind Sie verantwortlich für sein künftiges richterliches Wirken: Dann ist er Ihr Richter, dann ist es Ihre Verantwortung», so Aeschi zum Schluss.

In der Folge wurde der Ordnungsantrag der SP-Fraktion mit 42 zu 190 Stimmen (6 Enthaltungen) abgelehnt – Zustimmung fand er ausschliesslich bei den Mitgliedern der SP-Fraktion. Anschliessend wurden alle 37 Kandidierenden wiedergewählt. Da auf den Wahlzetteln alle 37 Namen standen und lediglich gestrichen werden konnten, interessierten natürlich die individuellen Resultate. Am wenigsten von den 239 möglichen Stimmen erhielt wie erwartet Yves Donzallaz. Seine 177 Stimmen lagen aber klar über den nötigen 120 (absolutes Mehr). Die restlichen Kandidierenden erhielten zwischen 197 (Andreas Zünd, SP) und 236 Stimmen (Luca Marazzi, FDP; Thomas Stadelmann, CVP).
Auch die zur Wiederwahl stehenden 12 nebenamtlichen Bundesrichterinnen und -richter schafften die erneute Wahl problemlos (mit zwischen 220 und 236 von 240 möglichen Stimmen). Für den zurücktretenden Ulrich Meyer (SP) wurde Christoph Hurni (GLP) zum ordentlichen Richter gewählt (mit 232 von 241 Stimmen; 9 Wahlzettel blieben leer). Und schliesslich barg auch die Ergänzungswahl von sechs nebenamtlichen Richterinnen und Richtern keine Überraschungen mehr. Auch hier erhielten alle mehr als 200 von 239 möglichen Stimmen.

Freilich – so schloss die NZZ bereits am Tag vor der Wahl – stand das Schweizer Justizsystem bei diesen Wiederwahlen auf dem Prüfstand, auch wenn der Wahltag selbst ohne Überraschung endete. Eine Justizreform sei unumgänglich, folgerte auch der Tages-Anzeiger. Der Angriff der SVP sei zwar gescheitert und ein «Psychodrama» sei verhindert worden – so auch Le Temps, Tribune de Genève und Liberté –, die Justiz stehe nun aber unter Spannung. Dafür, dass die Diskussionen um die Wahl von Richterinnen und Richtern nicht versandet, wird auf jeden Fall die Justiz-Initiative sorgen.

Bundesgericht. Gesamterneuerungswahlen für die Amtsperiode 2021-2026
Dossier: Unabhängigkeit der Judikative

Einstimmig und unverändert nahm der Nationalrat in der Herbstsession das totalrevidierte Bundesgesetz über die Bearbeitung von Personendaten durch das EDA an. Das Gesetz enthalte keine neuen Datenbearbeitungen oder neue Kompetenzen für das EDA, hielt Kommissionssprecher Gerhard Pfister (cvp, ZG) im Ratsplenum fest. Der Entwurf bilde aber im Hinblick auf die neuen technologischen Möglichkeiten und Herausforderungen im Bereich der Datenbearbeitung einen klareren Rechtsrahmen als bisher und nehme einige Tätigkeiten des EDA, die bis anhin in einer Verordnung geregelt waren, ins formelle Gesetz auf. Bundesrat Ignazio Cassis betonte, in einer Demokratie sei es wichtig, dass sich das Regierungshandeln auf klare und transparente Rechtsgrundlagen abstütze. Das neue Gesetz, das mit der laufenden Totalrevision des Datenschutzgesetzes vereinbar sei, verbessere die Vorhersehbarkeit der Datenverarbeitung für aussenpolitische Zwecke und verleihe ihr die demokratische Legitimität und parlamentarische Kontrolle, die sie verdiene.

Bundesgesetz über die Bearbeitung von Personendaten durch das EDA (BRG 20.005)

Gerhard Pfister (pdc, ZG) a pointé du doigt les accords verticaux dans le secteur automobile. De son point de vue, les recommandations liées à la libre concurrence dans le secteur automobile, publiées par la Commission de la concurrence (COMCO), ne sont pas appliquées par les tribunaux civils. Ces entraves à la libre concurrence pénalisent les PME, et les consommateurs et consommatrices helvétiques. Il propose donc la création d'une ordonnance, basée sur l'Art. 6 de la loi sur les cartels (LCart), spécifique au secteur automobile.
De son côté, le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. A l'inverse du député zougois, il estime que les communications de la COMCO sont prises en compte par les tribunaux civils. De plus, il précise que la LCart n'a pas pour objectif d'imposer des réglementations spécifiques à des secteurs.
Lors du vote au Conseil national, la motion a été adoptée par 133 voix contre 56 et 2 abstentions. L'alliance atypique de 28 député-e-s Verts, 25 député-e-s PLR et 3 UDC n'a pas fait le poids.

Appliquer la loi sur les cartels de manière effective dans le secteur automobile (Mo. 18.3898)

Angesichts der doch recht knappen Ablehnung (12 zu 11 Stimmen bei 1 Enthaltung) der parlamentarischen Initiative von Nadine Masshardt (sp, BE), die mehr Transparenz bei Lobbyreisen gefordert hätte, durch die SPK-NR, fiel die Abstimmung in der grossen Kammer dann doch recht deutlich aus: Mit 107 zu 73 Stimmen sprach sich der Nationalrat gegen Folgegeben aus.
Nadine Masshardt betonte in ihrem Plädoyer zwar, dass ihre Forderung mit sehr wenig Aufwand umgesetzt werden könnte. Amtliche Reisen müssten bereits in ein öffentliches Register eingetragen werden. Dies müsse zukünftig also auch für «Reisen auf Einladung schweizerischer, ausländischer oder internationaler Behörden oder Interessengruppen» ganz einfach möglich sein. Für die Bürgerinnen und Bürger sei es wichtig, zu wissen, wer welche Reisen von Parlamentarierinnen und Parlamentariern bezahle. Der Kommissionssprecher Gerhard Pfister (cvp, ZG) wies jedoch darauf hin, dass man nun zuerst die bestehende Regelung für die Registrierung amtlicher Reisen analysieren müsse, bevor etwas Neues und Zusätzliches eingeführt werde. Für nicht-amtliche Reisen auf Einladung gebe es Empfehlungen, die Reisekosten selber zu übernehmen. Wer nicht wolle, dass eine bezahlte Reise öffentlich und dann allenfalls kritisiert werde, der oder die solle besser darauf verzichten. Dies sei eine Erwägung, die jedes Ratsmitglied für sich selbst treffen müsse. «Dabei hilft auch ein Registereintrag nicht», so Pfister. Man baue hier besser auf die Selbstverantwortung der Ratsmitglieder. Zu den geschlossenen Fraktionen der SP und der GP gesellten sich insgesamt sechs Abweichlerinnen und Abweichler aus den Fraktionen der SVP, der Mitte und der FDP, was freilich zu wenig Unterstützung für das Anliegen bedeutete.

Transparenz bei Lobbyreisen (Pa.Iv. 18.492)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus

Als «unnötiges Sommertheater» bezeichnete die Sonntagszeitung das in den Medien lautstark begleitete Hin und Her um die Forderung von alt-Bundesrat Christoph Blocher, sein Ruhegehalt nachträglich beziehen zu wollen. Der ehemalige Magistrat – Blocher war von 2003 bis 2007 Justizminister – hatte im Juni 2020 CHF 2.7 Mio. an Rückzahlungen gefordert. Zwar waren Besoldung und Ruhestandsgehälter der Bundesrätinnen und Bundesräte immer wieder mal Gegenstand parlamentarischer Vorstösse und medialer Berichterstattung, die Forderung Blochers, die Anfang Juli publik geworden war, löste aber eine mittlere Lawine aus. In den Medien wurden «Erstaunen» (Blick) und «Empörung» (Tages-Anzeiger) geäussert. Erstaunen über den Umstand, dass einer der reichsten Schweizer eine solche Forderung überhaupt stellte. Die Aargauer Zeitung vermutete, dass Blocher zwar reich, aber nicht genügend liquide sei. Empörung wurde in den Medien laut, weil Blocher nach seiner Nichtwiederwahl selber lautstark auf die Rente verzichtet habe – was von der Weltwoche und einigen SVP-Exponenten allerdings bestritten wurde – und selber zu den stärksten Kritikern der Ruhestandsregel gehört habe. Mit seinem Verzicht habe er sich nach seiner Abwahl gebrüstet, erinnerte sich der Tages-Anzeiger. Zudem stiess vielen Kommentierenden der Zeitpunkt der Forderung sauer auf. Angesichts der Corona-Krise sei die Forderung «an Dreistigkeit kaum zu überbieten» (Tages-Anzeiger). Blocher selber verteidigte seinen Anspruch. Dieser stehe ihm gesetzlich zu. Der jährliche Nichtbezug sei sogar zum Vorteil des Staates gewesen, da das Geld in der Kasse geblieben sei. Allerdings wäre es ein Geschenk an den Staat, wenn er die Rente jetzt nicht beziehen würde. Und wie der Staat momentan verfahre, dürfe man ihm keine Geschenke machen.

Die Forderung Blochers wurde aus verschiedenen Gründen zum Politikum – zu einem «acte politique», wie Le Temps titelte. Zum einen reagierten verschiedene politische Exponenten recht heftig. Es sei nur schwer nachzuvollziehen gab Cédric Wermuth (sp, AG) zu Protokoll, dass ein Multimilliardär mitten in einer Krise Geld beziehe, dass er nicht nötig habe. Gerhard Pfister (cvp, ZG) wurde im Tages-Anzeiger folgendermassen zitiert: «Es ist jedem selber überlassen, wie er die Differenzierung zwischen legal und legitim für sich formulieren will.» In verschiedenen Kommentaren wurde vermutet, dass die Sache der SVP nicht gerade dienlich sei – auch im Hinblick auf die anstehende Abstimmung über die Begrenzungsinitiative. Blocher spiele seinen Gegnern in die Hände und schade seinem Ansehen, urteilte die Sonntagszeitung. SVP-nahe Kreise wiederholten im Gegensatz dazu das Narrativ, dass Blocher «das Geld besser einzusetzen» wisse «als die aktuelle Staatselite» – so z.B. SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (svp, ZG) in der Sonntagszeitung. Die Weltwoche warf den Journalisten, die Blocher Schamlosigkeit unterstellten, ihrerseits Charaktermangel vor.
Zum anderen musste der Bundesrat über die Gewährung der Forderung entscheiden und auch die FinDel sollte sich als übergeordnete Instanz der Sache noch annehmen. Die aktuelle Regelung sieht vor, dass eine Magistratsperson bei Rücktritt oder Abwahl ein Ruhegehalt von einem halben Jahreslohn pro Jahr erhält, was aktuell rund CHF 225'000 pro Jahr entspricht. Sind die ehemaligen Bundesrätinnen und Bundesräte nach Ausscheiden aus dem Amt arbeitstätig, wird das Ruhegehalt gekürzt oder ganz gestrichen, wenn die Einnahmen durch die berufliche Tätigkeit die CHF 225'000 übersteigen – nicht einberechnet wird dabei freilich das Vermögen der Magistratspersonen. Wer wie viel Ruhegehalt bezieht, wird nicht bekanntgegeben, die Bundeskanzlei weist jeweils nur die Gesamtsumme an Ruhegehältern aus – 2019 betrug dieser Betrag rund CHF 4.5 Mio., die von 19 Personen (darunter zwei ex-Bundeskanzler) beansprucht worden seien, wie der «Blick» zu berichten wusste. Nicht geregelt war bisher allerdings, ob und wie Ruhegehälter rückwirkend ausbezahlt werden. Die NZZ erhoffte sich als Folge der Geschichte denn auch Reformen des «relativ feudalen» Ruhegehalts, die dann vermutlich «Christoph Blocher zu verdanken» wären.

Der Bundesrat entschied am 1. Juli 2020, dass er der Forderung Blochers Folge leisten und ihm CHF 2.7 Mio. auszahlen wolle, beauftragte aber die Bundeskanzlei und das EJPD, die gesetzliche Lage abzuklären und eine Regelung zu prüfen, mit der ein rückwirkender Bezug zukünftig verunmöglicht werde. Zudem solle die FinDel noch die Frage klären, ob Ansprüche allenfalls nach fünf Jahren verjähren würden. In diesem Fall erhielte Blocher statt CHF 2.7 Mio. noch rund CHF 1.1. Mio.

Alt-Bundesrat Christoph Blocher fordert rückwirkend Bundesratsruhegehalt
Dossier: Ruhestandsgehälter von Magistratspersonen

Le conseiller national David Zuberbühler (udc, AR) demande au Conseil fédéral une comparaison internationale des coûts des formations militaires de protection. Au regard de l'importance relevée – comme cité dans le rapport Avenir des forces terrestres du DDPS – des missions de protection et de sûreté pour la défense, Zuberbühler juge l'effectif de l'armée pour les missions de protection à long terme «plutôt limité». De plus, même avec les mesures prévues dans le cadre du Développement de l'armée (DEVA), les 17 bataillons d'infanterie ne pourront pas être suffisamment équipés.
Plusieurs pays – notamment la France, l'Allemagne, la Suède et la Pologne – ont renforcé leurs forces armées régulières avec des gardes ou des troupes nationales afin de disposer rapidement de personnel supplémentaire sur une période prolongée pour assurer la sécurité. Avec l'obligation de servir et le principe de milice, la Suisse pourrait disposer facilement de formations de protection à moindre coût. Pour réduire l'écart actuel en matière de sécurité entre la police et l'armée, il préconise alors de s'intéresser aux solutions déployées à l'étranger. Le Conseil national et le Conseil fédéral ont soutenu sa requête.

Comparaison internationale des coûts des formations militaires de protection (Po. 20.3043)

In der Sommersession 2020 beugte sich der Nationalrat, nachdem er bei seiner ersten Beratung im Frühling 2018 nicht auf das Geschäft eingetreten war, zum zweiten Mal über den Entwurf zum Informationssicherheitsgesetz (ISG). Die SiK-NR hatte in der Zwischenzeit die angeforderten Verbesserungsvorschläge vom VBS bezüglich der Kosten für öffentliche und private Unternehmen, zur verstärkten Kontrolle des Parlaments bei der Anwendung und Überwachung des Gesetzes, zur Abstimmung des ISG auf die Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken sowie zur Möglichkeit, den Bereich Personensicherheitsüberprüfung in einen separaten Erlass auszulagern, erhalten und diskutiert. Sie beantragte ihrem Rat nun, auf die Vorlage einzutreten. Vertreterinnen und Vertreter sämtlicher Fraktionen ausser der SVP – deren Sprecher David Zuberbühler (svp, AR) das Gesetz als «umfangreiches und komplexes Bürokratiemonster» bezeichnete und die hohen Umsetzungskosten kritisierte – betonten unisono die dringende Notwendigkeit des Gesetzes im Zeitalter der Digitalisierung und sahen die Kosten angesichts des hohen Schadenspotenzials bei Cyberangriffen als verhältnismässig an. Auch Bundesrätin Viola Amherd hob hervor, dass die Kosten zur Umsetzung des ISG «im Verhältnis zu dessen Nutzen gering und gerechtfertigt» seien, denn das ISG werde «zahlreiche wesentliche Sicherheitslücken schliessen, Einheitlichkeit schaffen und gleichzeitig die Effizienz und Wirksamkeit der bestehenden Sicherheitsmassnahmen erhöhen». Nicht zuletzt sei auch die international tätige Wirtschaft auf das Gesetz angewiesen, da sich die entsprechenden Unternehmen sonst nicht mehr zertifizieren lassen und keine Aufträge im sicherheitsrelevanten Bereich mehr ausführen könnten; «das wäre dann der Schaden für die Wirtschaft, nicht die etwas vermehrten Kosten, die sich durch dieses Gesetz ergeben», so die VBS-Chefin weiter. So trat der Nationalrat diesmal ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein.
In der Detailberatung schuf die grosse Kammer zwei Differenzen zum Ständerat. Erstens ergänzte sie auf Antrag ihrer Kommission einen Absatz, wonach der Bundesrat seine Ziele und die Kosten für die Informationssicherheit den sicherheitspolitischen Kommissionen vorlegen muss. Damit sollen diese auf jeden Fall zu einem allfällig geplanten Wechsel des Sicherheits-Ambitionsniveaus, das vom Bundesrat festgelegt wird, konsultiert werden, weil der Wechsel auf eine höhere Sicherheitsstufe beträchtliche Mehrkosten nach sich ziehen würde. Der Bundesrat hatte diese Änderung abgelehnt, weil sie angesichts der ohnehin umfassenden Kontrollrechte des Parlaments über den Bundesrat und die Verwaltung in seinen Augen überflüssig sei, unterlag mit diesem Antrag jedoch deutlich. Zweitens schloss sich der Nationalrat in der Frage der Verwendung der AHV-Nummer als Personenidentifikator wieder dem Entwurf des Bundesrats an, nachdem der Ständerat hier weiter gegangen war und die systematische Verwendung der AHV-Nummer hatte erlauben wollen. In der bundesrätlichen Version, für die sich die Kommissionsmehrheit stark gemacht hatte, darf die AHV-Nummer einmalig zur Personenidentifikation verwendet werden, muss nach der Erzeugung einer nicht zurückrechenbaren Personennummer aber gelöscht werden. Eine Minderheit Keller-Inhelder (svp, SG), die gar keine Verwendung der AHV-Nummer erlauben wollte, und eine Minderheit Flach (glp, AG), die den ständerätlichen Beschluss stützte, blieben chancenlos – letztere sogar, obwohl sich der Bundesrat mittlerweile ebenso für die systematische Verwendung der AHV-Nummer aussprach, weil diese mit einer Revision des AHV-Gesetzes sowieso eingeführt werden sollte. Mit diesen zwei inhaltlichen Änderungen sowie einigen redaktionellen Anpassungen übergab der Nationalrat die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 131 zu 53 Stimmen bei einer Enthaltung – sämtliche Opposition aus der SVP-Fraktion – wieder an den Ständerat.

Informationssicherheitsgesetz (BRG 17.028)

Der kurz vor den Bundesratsgesamterneuerungswahlen 2019 von CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (ZG) angekündigte Konkordanzgipfel fand am 12. März 2020 statt. Wie erwartet war das Thema Regierungszusammensetzung nach den Bundesratswahlen, bei denen der Angriff der Grünen abgewehrt und der Status Quo bestätigt worden war, von der politischen Agenda verschwunden. Diese «Grabesstille» sei verständlich, da sich jetzt mit den Regeln der Regierungswahlen 2023 zu beschäftigen «dem Einkauf von Christbäumen im Frühling» gleichkomme, argwöhnte Wolf Linder in der NZZ. Der Konkordanzgipfel sei aber sinnvoll, so der emeritierte Politikwissenschafter weiter, da man Regeln besser vor dem Spiel ändere, wenn man noch nicht wisse, wer Gewinner oder Verlierer sein werde.
Der Einladung der CVP folgten die Spitzen aller Fraktionen im Parlament. Die NZZ wusste zu berichten, dass sich die Parteipräsidien, die Fraktionschefs sowie die Parteigeneralsekretäre in einem Sitzungszimmer im Bundeshaus treffen wollten. Wo genau, sei allerdings geheim, da niemand den Medien Red und Antwort stehen wollte. Das «klandestine Treffen» sei nichts weiter als eine erste Auslegeordnung, gaben denn auch die Parteipräsidentinnen und -präsidenten der NZZ zu Protokoll. Gerhard Pfister hoffte allerdings, dass bis im Sommer 2021 eine Einigung für mögliche Regeln zur Zusammensetzung des Bundesrats gefunden werden könnte. Danach würden die Parteien wohl in den Wahlkampfmodus schalten. Immerhin schien man sich beim ersten Treffen auf weitere Gespräche geeinigt zu haben.

Reformideen im Nachgang der Bundesratswahlen 2019

Den Europarat als Vorbild nehmen wollte Regula Rytz (gp, BE) mit ihrer parlamentarischen Initiative, mit der sie die Deklaration von Einkünften aus Mandaten bei Interessenorganisationen forderte. Die Offenlegung der Interessenbindungen der Parlamentarierinnen und Parlamentarier sei noch immer mangelhaft geregelt, begründete die Bernerin in der Ratsdebatte, die nötig geworden war, weil die SPK-NR dem Anliegen mit 14 zu 9 Stimmen bei einer Enthaltung keine Folge geben wollte. Mängel gebe es einerseits hinsichtlich Kontrolle der Einträge ins Register der Interessenbindungen, die die Parlamentsmitglieder vornehmen müssen, so Rytz weiter. Es werde nicht überprüft, ob diese Einträge vollständig und richtig seien. Andererseits fehlten jegliche Angaben zu Einkünften, die mit diesen Mandaten erzielt würden. Diese Intransparenz werde immer wieder von internationalen Gremien wie der Greco oder Transparency International kritisiert. Es sei aber – so zeige eben das Beispiel Europarat – ganz einfach, hier Transparenz zu schaffen und diese Einnahmen offenzulegen.
Kommissionssprecher Gerhard Pfister (mitte, ZG) eröffnete sein im Namen der SPK-NR vorgetragenes Plädoyer gegen den Vorstoss damit, dass nichts dagegen spreche, dass Forderungen immer wieder neu gestellt würden. In der Tat waren in den vergangenen Jahren gleich zwei ähnliche parlamentarische Initiativen abgelehnt worden: Sowohl der Initiative Berberat (sp, NE; Pa.Iv. 15.438) als auch der Initiative Reynard (sp, VS; Pa.Iv. 18.476) war keine Folge gegeben worden. Allerdings müsse man im Falle wiederholter Vorstösse auch damit rechnen, dass die Gegenargumente die immer gleichen seien, setzte Pfister fort. Im Europarat habe man die Regelungen wegen gravierender Korruptionsfälle eingeführt. Dies sei ebensowenig auf die Schweiz übertragbar, wie die Kritik der Greco, die auf ein Berufs-, nicht aber auf ein Milizparlament passen würde. Wenn ein Parlamentsmandat nicht vollberuflich ausgeübt werde, mache die Offenlegung von Nebeneinkünften keinen Sinn, da ja damit keine Offenlegung der hauptberuflichen Tätigkeit einhergehe. Man müsse nun die Abstimmung zur Transparenzinitiative abwarten und schauen, wie die Bevölkerung zu mehr Offenlegung stehe. Je nachdem müssten dann die verschiedenen Vorstösse neu beurteilt werden, schloss Pfister.
Ohne weitere Diskussion folgte der Nationalrat mit 100 zu 80 Stimmen seiner Kommissionsmehrheit und gab auch dieser Initiative keine Folge. Die Befürworterinnen und Befürworter fanden sich in den Fraktionen der SP, der Grünen und dem Grossteil der GLP. Mit Lukas Reimann (svp, SG) und Barbara Steinemann (svp, ZH) fand das Anliegen für mehr Transparenz auch Unterstützung bei zwei SVP-Ratsmitgliedern.

Europarat als Vorbild. Deklaration von Einkünften aus Mandaten (Pa. Iv. 19.473)
Dossier: Lobbyismus im Bundeshaus