Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht (BRG 13.075)

Anfang September legte der Bundesrat seine Botschaft zur Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vor. Die auf eine Motion Janiak (sp, BL) zurückgehende Änderung sieht vor, dass das Bundesgericht in Zukunft bei Beschwerden gegen Entscheide des Bundesstrafgerichtes die Feststellung des Sachverhaltes und die Beweisführung der Vorinstanz prüfen darf. Bisher war das oberste Gericht an den vom Bundesstrafgericht festgestellten Sachverhalt gebunden. In den Räten wurde der Entwurf im Berichtjahr noch nicht debattiert.

Der Ständerat wollte sich als Erstrat in der Wintersession 2014 nicht über die Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht beugen und beschloss auf Antrag seiner Kommission für Rechtsfragen (RK), die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen. Zwar würde mit der Vorlage eine Verbesserung des Rechtsschutzes angestrebt, was im Sinne der RK sei. Das Ziel des besseren Rechtsschutzes könne aber mit einer neu zu schaffenden Berufungsinstanz noch besser verfolgt werden. Weil eine solche Instanz ebenfalls eine Änderung des Bundesgesetzes über das Bundesgericht bedingt, soll der Bundesrat mit einer Überarbeitung des Entwurfs beauftragt werden. Bundesrätin Simonetta Sommaruga wies zwar darauf hin, dass der vorliegende Entwurf auf eine Motion Janiak (sp, BL) zurückgehe und eine solche Instanz dort nicht Gegenstand gewesen sei, sie zeigte sich aber mit der Rückweisung einverstanden. Im Nationalrat wurde das Geschäft 2014 nicht mehr behandelt.

In extremis - nämlich mit 92 zu 91 Stimmen bei einer Enthaltung schloss sich der Nationalrat hinsichtlich der Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht dem Ständerat an und wies dieses in seiner Sondersession im Mai an den Bundesrat zurück. Damit muss die Regierung einen neuen Entwurf erstellen, der auch die Frage nach einer eigenständigen, neu zu schaffenden Berufungskammer am Bundesstrafgericht beinhaltet. Bereits in der RK-NR war der Rückweisungsantrag - nur dieser stand hier zur Debatte - umstritten. Die knappe Mehrheit, die für eine Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit argumentierte, überstimmte die Minderheit, die erfolglos Effizienzgründe ins Feld führte: Es sei nicht zu rechtfertigen, wenn für relativ wenige Berufungsfälle eine eigene Kammer eingerichtet werde. Die bereits bestehenden Vorschläge des Bundesrates müssen somit mit diesem zusätzlichen Punkt erweitert und noch einmal vorgelegt werden.

Im Juni 2016 kam der Bundesrat der Aufforderung der beiden Kammern nach und legte eine Zusatzbotschaft zur Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht vor. Die Regierung unterbreitete zwei Vorlagen: Mit einer Änderung des Strafbehördenorganisationsgesetzes (StBOG) soll eine Berufungskammer am Bundesstrafgericht eingerichtet werden. Damit soll ermöglicht werden, dass Urteile von Vorinstanzen auch inhaltlich (tatsächlich) und nicht nur rechtlich überprüft werden können. Zudem werden mit der ersten Vorlage auch Vizepräsidien für alle Kammern des Bundesstrafgerichtes eingeführt – eine Forderung, die auf eine 2012 überwiesene parlamentarische Initiative (12.426) zurückging. Die zweite Vorlage umfasste Änderungen von Verordnungen, mit denen das StBOG umgesetzt und die erste Vorlage adaptiert werden soll. Damit folgte die Regierung dem Anliegen der Räte und insbesondere dem Vorschlag der Präsidien von Bundesstraf- und Bundesgericht. In der ständerätlichen Debatte hob Bundesrätin Simonetta Sommaruga hervor, dass mit der Vorlage das gleiche Rechtsmittelsystem geschaffen werde, wie es in den Kantonen bereits vorherrsche. Die Kantonsvertreterinnen und -vertreter hiessen die beiden Vorlagen denn auch einstimmig und ohne Enthaltungen gut. Der ursprüngliche Entwurf sowie die für die Gesetzesänderung verantwortliche Motion Janiak (sp, BL) (10.3138) wurden gleichzeitig abgeschrieben.

Die RK-NR entschloss sich mit 16 zu 9 Stimmen dem Ständerat zu folgen und empfahl, der Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht sowie der Einrichtung von Vizepräsidien in allen Kammern des Bundesstrafgerichtes zuzustimmen. Letzteres geht auf eine parlamentarische Initiative der RK-NR selber zurück. Der Schutz der Rechtssuchenden könne damit verstärkt werden. Eine Kommissionsminderheit beantragte Nichteintreten. Als Spezialgericht brauche das Bundesstrafgericht keine Berufungskammer. Mit der Einrichtung einer solchen Kammer werden bis zu zehn neue nebenamtliche Richterinnen und Richter benötigt, was zusätzlich eine Änderung der Richterverordnung bedingen würde. Hier äusserte ein Teil der Kommission Bedenken wegen fehlender juristischer Unabhängigkeit, weil sich die Berufungsrichterinnen und -richter im gleichen Gebäude befänden wie ihre erstinstanzlichen Kolleginnen und Kollegen.
Das Geschäft zur Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht kam in der Frühlingssession in Form von zwei Vorlagen in den Nationalrat. Der Antrag der SVP-Fraktion und der Kommissionsminderheit auf Nichteintreten wurde deutlich verworfen. Die SVP wollte vergeblich geltend machen, dass es keine neue Kammer brauche, weil heute schon die – günstigere – Lösung bestehe, einen Sachverhalt nachträglich neu abklären zu lassen. Dafür reiche das Bundesgericht und es brauche keine zweite Instanz im Bundesstrafgericht. Nach der Eintretensdebatte wurden beide Vorlagen in der Gesamtabstimmung deutlich und jeweils nur mit Opposition der SVP angenommen. Gleichzeitig schrieb die grosse Kammer die ursprüngliche, 2015 an den Bundesrat zurückgewiesene Vorlage ab.
Allerdings hatte die RK-NR beim neuen Bundesgesetz eine Änderung eingebaut. Sie wollte dem Präsidium der Strafkammer die Möglichkeit verschaffen Strafverfahren, die in der Kompetenz eines Einzelgerichts liegen, bei entsprechend erforderlichen rechtlichen Verhältnissen an das Kollegialgericht zu übertragen. Deshalb kam das Geschäft ein paar Tage später noch einmal zurück in den Ständerat, der diese Regelung allerdings als überflüssig erachtete und sie ablehnte: mit der Schaffung einer Berufungskammer sei diese Kompetenz nicht nötig. Der Nationalrat sah dies ein und folgte der kleinen Kammer stillschweigend.
Beide Kammern hiessen schliesslich in der Schlussabstimmung sowohl das neue Bundesgesetz als auch die Verordnung gut. Im Ständerat standen jeweils 5 Nein-Stimmen aus der SVP 40 Ja-Stimmen gegenüber und auch im Nationalrat stammten die 58 (Bundesgesetz) bzw. die 62 (Verordnung) ablehnenden Voten aus der SVP-Fraktion. Sie standen freilich gegen die 137 (Gesetz) bzw. 134 (Verordnung) Ja-Stimmen auf verlorenem Posten.

Wahl der Mitglieder der neuen Berufungskammer

Mit der Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht war auch die Schaffung einer Berufungskammer am Bundesstrafgericht (BStGer) beschlossen worden, die mit zwei ordentlichen und maximal zehn nebenamtlichen Richterinnen und Richtern besetzt werden soll. Ebendiese Neubesetzung stand mit der Wahl der Mitglieder der neuen Berufungskammer in der Sommersession 2018 auf der Traktandenliste der Vereinigten Bundesversammlung. Die GK erachtete es nach Rücksprache mit dem BStGer als sinnvoll, die ordentlichen Richterstellen mit drei Teilzeitpensen zu besetzen, um garantieren zu können, dass alle drei Amtssprachen vertreten sind. Allerdings fanden sich unter den 62 Bewerbungen (davon waren 24 von Frauen) nur deutsch- bzw. italienischsprachige Kandidierende, die sich für die ordentlichen Richterstellen als geeignet erwiesen. Die GK empfahl deshalb Andrea Blum (svp) als deutschsprachige, mit einem 80-Prozent-Pensum ausgestattete sowie Claudia Solcà (cvp) als italienischsprachige, mit einem 50-Prozent-Pensum ausgestattete ordentliche Richterin. Die Stelle für ein französischsprachiges ordentliches Gerichtsmitglied blieb vakant und wurde mit einem 60- bis 70-Prozent-Pensum erneut ausgeschrieben. Die prozentuale Begrenzung ergab sich aus dem Umstand, dass insgesamt nicht mehr als zwei Vollzeitstellen besetzt werden durften. Auf die Sprachverteilung wurde auch bei der Auswahl der nebenamtlichen Richterinnen und Richter geachtet: Die GK empfahl fünf deutschsprachige (Tom Frischknecht, sp; Beatrice Kolvodouris Janett, fdp; Barbara Loppacher, sp; Marcia Stucki, svp und Petra Venetz, cvp), drei französischsprachige (Frédérique Bütikofer Repond, cvp; Jean-Paul Ros, sp und Jean-Marc Verniory, cvp) und ein italienischsprachiges (Rosa Maria Cappa, fdp) nebenamtliches Gerichtsmitglied.
Die beiden ordentlichen Richterinnen erhielten 192 (Blum) bzw. 187 (Solcà) von 199 gültigen Stimmen. Bei den nebenamtlichen Richterinnen und Richtern, die gemeinsam gewählt wurden, erhielten die SP-Mitglieder etwas weniger Stimmen (187 bis 189) als die restlichen Kandidatinnen und Kandidaten (192 bis 199 Stimmen), übersprangen aber das absolute Mehr (101 Stimmen) ebenfalls problemlos.

Voranschlag 2019 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2020-2022 (BRG 18.041)

Dossier: Aperçu des finances fédérales 2019: Budget et comptes d'Etat
Dossier: Budget (2000 jusqu'à - )

In seinem Bericht zum Voranschlag 2019 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2020-2022 rechnete der Bundesrat im Lichte der Staatsrechnung 2017 mit einem Überschuss von CHF 1.3 Mrd. für das Jahr 2019. Diesen Überschuss führte er auf die momentan nur spärlich zurückgeforderte Verrechnungssteuer sowie auf die vom Volk abgelehnten Grossprojekte zurück. Deren bereits in der Finanzplanung aus früheren Jahren enthaltene Kosten könnten folglich vorläufig noch eingespart werden, argumentiert er. In Anbetracht der seit 2018 überdurchschnittlichen inländischen Wirtschaftsleistung, die für die Schuldenbremse einen konjunkturellen Überschuss von CHF 300 Mio. nötig macht, wurde somit ein struktureller Überschuss von CHF 1 Mrd. budgetiert.
Im Voranschlag 2019 rechnete der Bundesrat gegenüber dem Voranschlag 2018 mit um 3.1 Prozent gestiegenen Einnahmen, die er vor allem auf die positiven Folgen der wachstumsstarken Jahre 2018 und vermutlich auch 2019 – insbesondere auf die direkten Bundessteuern, die Mehrwertsteuer und die Verrechnungssteuer – zurückführte. Demgegenüber wuchsen die Ausgaben im Vergleich zum Vorjahr um 1.8 Prozent, besonders stark nahmen sie in den Bereichen Sicherheit (7.1%) und Bildung und Forschung (2.4%) zu. Die Bruttoschulden konnten aufgrund des letztjährigen Überschusses um CHF 3 Mrd. auf CHF 96 Mrd. reduziert werden.
Für das Jahr 2020 schränkte der Bundesrat die positiven Aussichten bereits wieder ein und betonte stattdessen den begrenzten finanziellen Handlungsspielraum des Bundes: Unter anderem aufgrund der STAF und der Beseitigung der Heiratsstrafe erwartete er eine deutlich weniger komfortable finanzielle Lage in den Finanzplanjahren (2020: CHF -0.4 Mrd.; 2021: CHF 0.1 Mrd.; 2022: CHF 1.0 Mrd.).

Der Nationalrat behandelte den Voranschlag 2019 in der Wintersession 2018 als Erstrat. Die Mehrheit der FK-NR hatte entschieden, die Ausgaben im Voranschlag gegenüber dem bundesrätlichen Vorschlag um 60 Mio. zu reduzieren. Den grössten Teil dieser Differenz wollte die Kommission durch Kürzungen in der Höhe von CHF 45 Mio. bei der Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge erzielen; diese Einsparungen könnten erreicht werden, wenn die aktuelle, sinkende Zahl an Asylgesuchen berücksichtigt werde, erklärte die Kommission. Zusätzliche Finanzierung sah die Kommission für das Grenzwachtkorps vor, das mit CHF 2.8 Mio. 44 neue Stellen finanzieren sollte; dieser Betrag sollte jedoch departementsübergreifend beim Personal kompensiert werden.
Daneben lagen 54 Minderheitsanträge vor, von denen die meisten von der SVP- und der SP-Fraktion stammten und nur vereinzelte erfolgreich waren. Die Stossrichtung dieser Anträge widerspiegelt sich deutlich in den Voten der Fraktionssprechenden in der allgemeinen Debatte: Während Franz Grüter (svp, LU) für die SVP «zur Vorsicht im Umgang mit den Staatsfinanzen» mahnte und wie zahlreiche weitere Votantinnen und Votanten der bürgerlichen Parteien den begrenzten finanziellen Handlungsspielraum des Bundes hervorhob, erachtete Samuel Bendahan (sp, VD) als Vertreter der SP-Fraktion die aktuelle Situation als Chance für Investitionen in die Zukunft.
Der Nationalrat behandelte den Voranschlag 2019 in sechs Blöcken. Die SVP bemühte sich mit ihren Minderheitsanträgen zum Beispiel um Kürzungen oder zumindest um einen Verzicht auf Erhöhungen bei den Personalkosten, bei Beratung und Auftragsforschung über alle Departemente hinweg, beim Bundesamt für Energie, beim Generalsekretariat des VBS, beim Bundesamt für Kultur oder beim BFS. Nach dem starken Anstieg in den letzten Jahren brauche es zudem eine «massvolle Dämpfung» durch eine Plafonierung der Ausgaben für die internationale Zusammenarbeit, beim EDA und bei der Entwicklungshilfe, erklärte Peter Keller (svp, NW). Zudem wurde eine vollständige Streichung des Aufwands des Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann gefordert. Alle aufgezählten Anträge wurden abgelehnt.
Die Mitglieder der SP-Fraktion beantragten in ihren Minderheitsanträgen, auf die Querschnittskürzungen beim Sach- und Betriebsaufwand, welche die Mehrheit der FK-NR vorgeschlagen hatte, zu verzichten. Weitere Anträge auf zusätzliche Finanzierung oder auf einen Verzicht auf Reduktion wurden unter anderem im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, beim Funktionsaufwand des Gleichstellungsbüros, beim BSV-Globalbudget oder beim Verteidigungsbudget gestellt. Philipp Hadorn (sp, SO) beantragte, die Zahlen für die Sozialhilfe für Asylsuchende und vorläufig Aufgenommene auf die neue Formel des SEM zu stützten, anstatt die aktuellen Zahlen des laufenden Jahres zu verwenden. Bereits in der Debatte zum Voranschlag 2017 hatte die FK-NR darauf verzichtet, die neu entwickelten Kennzahlen zu verwenden. Schliesslich beantragte eine Minderheit Meyer (sp, ZH), die zusätzlichen Stellen für das Grenzwachtkorps ohne Kürzungen bei anderen Departementen zu verwirklichen. Auch diese Anträge scheiterten allesamt. Erfolgreich waren die Anträge der SP hingegen bezüglich Bildung und Forschung. Hier reichte die SP-Fraktion acht Anträge ein, mit denen das Budget in Übereinstimmung mit dem Mitbericht der WBK-NR wieder dem Niveau der BFI-Botschaft 2017-2020 angepasst werden sollte. Umstritten war dabei vor allem die Frage, ob diese neuen Beträge in Übereinstimmung mit der Motion Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) teuerungsbereinigt seien, wie Ursula Schneider Schüttel (sp, FR) argumentierte, oder ob dadurch die Teuerungsbereinigung, die departementsübergreifend vorgenommen worden war, im Bildungsbereich wieder rückgängig gemacht werde, wie Finanzminister Maurer beteuerte. Bis auf einen wurden alle Anträge betreffend das WBF angenommen.
Anträge erfolgten auch durch Mitglieder der übrigen Fraktionen, auch sie waren jedoch grösstenteils erfolglos. Angenommen wurde jedoch ein Minderheitsantrag Bigler (fdp, ZH), der den Funktionsaufwand der Eidgenössischen Finanzkontrolle (EFK) verglichen mit dem bundesrätlichen Vorschlag um CHF 1.97 Mio. kürzen wollte. Der Bundesrat hatte den Funktionsaufwand um 10 Prozent aufgestockt, damit die EFK ihren Personalbestand um 10 Vollzeitstellen ausbauen kann. Die EFK ist laut Finanzkontrollgesetz das oberste Aufsichtsorgan des Bundes und überwacht unter anderem die finanzielle Führung der Bundesverwaltung. Sie sei mit den Untersuchungen und Prüfungen unter anderem bezüglich der Bürgschaften für Hochseeschiffe, der Ruag und dem Mandat der Finanzdelegation zur Governance der Arbeitslosenversicherung überlastet, hatte die EFK erklärt. Der Antragssteller warf diesbezüglich jedoch die Frage auf, ob man wirklich eine «eigentliche Überwachungsbehörde» wolle. Mit dem bisherigen Personalbestand sei ein «priorisiertes Controlling» durchaus möglich, zumal es der EFK – mit Verweis auf die Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III und zur Debatte zu den Waffenexporten – bereits jetzt möglich sei, «kaum gesetzeskonforme Stellungnahmen zu politischen Geschäften abzugeben». Albert Vitali (fdp, LU) betonte als Vizepräsident der Finanzdelegation (FinDel) die einstimmige Unterstützung Letzterer für den Antrag der Eidgenössischen Finanzkontrolle auf mehr Ressourcen für ihre Kontrolltätigkeit. Diskussionen zum Rollenverständnis und zur Kommunikation der EFK seien nicht im Rahmen der Budgetdebatte vorzunehmen; die FinDel werde dies mit der EFK in Kürze diskutieren. Mit 111 zu 77 Stimmen setzten sich die SVP-Fraktion, Mehrheiten der FDP- und der CVP-Fraktion sowie ein Mitglied der BDP-Fraktion durch und verwarfen die Erhöhung.
Erfolgreich war auch ein Antrag Gschwind (cvp, JU) für eine Erhöhung des Bundesbeitrags für das Alpine Museum Schweiz 2019 sowie in den Finanzplanjahren. In der Antwort auf die Interpellation Engler (cvp, GR; Ip. 18.3543) habe der Bundesrat die Bedeutung des Museums anerkannt, argumentierte Gschwind. Nun solle die Vernetzungsarbeit nicht nur mit CHF 250'000, sondern zusätzlich mit CHF 530'000 unterstützt werden.

«Mit dem Budget werden die Finanzen gesteuert», betonte Heinz Siegenthaler (bdp, BE) im Rahmen der Budgetdebatte. Dass dies nicht ausschliesslich der Fall ist, liegt am neuen Führungsmodell für die Bundesverwaltung (NFB), das die Steuerung der Verwaltungseinheiten durch eine Kombination aus Globalbudgets und Leistungsinformationen im Rahmen des Voranschlags und des Finanzplans erlaubt. So erfreuten sich die Sollwerte, die im Rahmen der Planungsgrössen im Voranschlag festgelegt werden können, in betreffendem Jahr grosser Beliebtheit. Die Mehrheit der Finanzkommission schlug vor, als neues Ziel für die Bundeskanzlei eine Überprüfung der ausserparlamentarischen Kommissionen festzulegen. Die Bundeskanzlei solle diese Kommissionen anhand der Kriterien «ausgewiesene Notwendigkeit» und «effektiv nachgewiesene Subsidiarität» beurteilen und ihre Anzahl im nächsten Jahr um mindestens 10 Prozent reduzieren. Allgemein kritisierte Heinz Siegenthaler dieses Vorgehen deutlich: Verwaltungsakte seien nicht Aufgabe der Finanzpolitik, erklärte er. In diesem Falle komme hinzu, dass die Bundeskanzlei – wie auch Finanzminister Maurer betonte – diesbezüglich gar keine Entscheidungskompetenz habe und dieses Ziel daher gar nicht erreichen könne. Dennoch folgte der Nationalrat dem Mehrheitsantrag und stimmte der Sollgrösse mit 106 zu 88 Stimmen gegen den Widerstand von SP, Grünen, BDP und der Mehrheit der CVP zu.
Ebenso umstritten war die Frage, ob die durchgeführten Personalbeurteilungen in der Bundesverwaltung zukünftig als Sollwert einer Normalverteilung folgen müssen, wie es die FK-NR forderte. Thomas Weibel (glp, ZH) erklärte das Anliegen zwar für unterstützungswürdig, kritisierte aber die «Hauruck-Übung» der Kommission. Barbara Gysi (sp, SG) kritisierte die «komische Forderung», gemäss der man gleich viele schlechte wie gute Mitarbeitende haben müsse. Auch hier waren die Proteste jedoch nicht von Erfolg gekrönt, mit 118 zu 76 Stimmen stimmte der Nationalrat dem Mehrheitsantrag der Kommission zu.
Schliesslich schlug die Finanzkommission mit 16 zu 8 Stimmen (bei 1 Enthaltung) vor, es dem SEM als Ziel aufzuerlegen, bis zum 31. Dezember 2020 ein Rückübernahmeabkommen mit Eritrea abzuschliessen. Während Kommissionssprecher Thomas Müller (svp, SG) die Meinung vertrat, man müsse – wie im Fussball – mit einer «klaren Zielsetzung in den Match gehen», um zu gewinnen, hielt Alois Gmür (cvp, SZ) im Namen der Minderheit fest, dass dieses Ziel «völlig aus der Luft gegriffen» sei. Eritrea habe noch mit keinem Land ein solches Abkommen abgeschlossen. Zudem sei nicht klar, welche Konsequenzen ein Nichterreichen des Ziels habe. Mit 99 zu 92 Stimmen setzten sich die geschlossen stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen mit Unterstützung je eines Mitglieds der CVP und der BDP auch hier durch.
Doch nicht nur die bürgerliche Mehrheit der FK-NR, auch Mitglieder der SP-Fraktion beabsichtigten die Nutzung des Instruments der Sollwerte: Eine Minderheit Kiener Nellen (sp, BE) wollte die eidgenössische Steuerverwaltung über die Planungsgrössen in zwei Anträgen dazu verpflichten, sowohl für die Verrechnungssteuer als auch für die Mehrwertsteuer mehr Steuerinspektionen vor Ort vorzunehmen. Beide Anträge fanden jedoch nur bei den Mitgliedern der SP, der Grünen und der EVP Unterstützung.

Nach dreitägiger Debatte verabschiedete die grosse Kammer den Voranschlag 2019 mit 126 zu 60 Stimmen (bei 7 Enthaltungen). Wie bereits im Jahr zuvor lehnte die Mehrheit der SVP-Fraktion das Budget ab. Der Voranschlag beinhaltete in dieser Version einen Überschuss von CHF 1.209 Mrd. und einen strukturellen Überschuss von 915 Mio., wies also um CHF 54 Mio. höhere Ausgaben auf als die Version des Bundesrates und um CHF 121 Mio. höhere als die Version der FK-NR.

Im Vergleich zum Nationalrat bereinigte der Ständerat den Voranschlag 2019 in deutlich kürzerer Zeit und deutlich einhelliger: In den meisten Kommissionsanträgen folgte der Ständerat stillschweigend ohne Gegenantrag dem Entwurf des Bundesrates und schuf so einige Differenzen zum Erstrat. Diskussionslos und stillschweigend sprach sich der Ständerat auch für die vom Bundesrat beantragte und vom Nationalrat abgelehnte Aufstockung des Funktionsaufwands der EFK aus.
Länger diskutiert wurde hingegen über die Berufungskammer des Bundesstrafgerichts. Hier hatte die FK-SR keine Änderung zum bundesrätlichen Vorschlag vorgesehen. Beat Rieder (cvp, VS) erklärte jedoch dem Rat im Rahmen seines Antrags die Problematik des Bundesstrafgerichts ausführlich: Mitte 2017 hatte man eine neue Berufungskammer für das Bundesstrafgericht geschaffen, die sowohl den Sachverhalt als auch die Rechtsanwendung mit voller Kognition von Urteilen überprüfen soll. Aus der geringen Anzahl Fälle, mit denen gerechnet worden war, wurden alleine im Jahr 2017 über 70 Urteile, wofür die auf 300 Stellenprozente erhöhte Personalausstattung nicht ausreichte. Deshalb entschied der Nationalrat stillschweigend, für die Berufungskammer eine eigene Budgetposition zu schaffen und diese um CHF 1 Mio. auf CHF 2.9 Mio. aufzustocken. Mit seinem Einzelantrag beabsichtigte Rieder, diesbezüglich dem Nationalrat zu folgen. Ulrich Meyer, Präsident des Bundesgerichtes, begrüsste im Namen des Bundesgerichts die Änderung des Nationalrats. In der Folge beantragte Hannes Germann (svp, SH) als Präsident der FK-SR den Rückzug des Mehrheitsantrags, wogegen die übrigen Kommissionsmitglieder keine Einwände äusserten und wodurch der Antrag Rieder angenommen wurde.
Die andere grössere Debatte drehte sich um die Frage, welche Beträge zu den verschiedenen WBF-Positionen genau «Dittli-konform» (Anita Fetz, sp, BS) sind, also mit der Motion von Josef Dittli (fdp, UR; Mo. 16.3705) übereinstimmen, gemäss der die Teuerung nur ausgeglichen werden soll, wenn sie anfällt. Finanzminister Maurer bat den Rat diesbezüglich, auf die vorgeschlagenen Erhöhungen der Beträge – die FK-SR schlug in zwei Fällen einen Mittelweg zwischen Bundesrat und Nationalrat vor und sprach sich ansonsten für die von der grossen Kammer vorgenommenen Korrekturen aus – zu verzichten. Man habe die Teuerung bei der ganzen Verwaltung entsprechend der Motion Dittli herausgerechnet; es sei daher nicht fair, hier die Beträge wieder um die Teuerung zu erhöhen. Dem widersprach jedoch Anita Fetz: Ein rückwirkender Teuerungsausgleich, wie ihn der Bundesrat vorgenommen habe, sei nicht Teil der Motion Dittli. Jedoch habe man im Vergleich zum Nationalrat die aktuelle Teuerung herausgerechnet, wodurch die teilweise unterschiedlichen Anträge zur grossen Kammer zu erklären seien. Trotz der Beteuerungen des Finanzministers, dass die Teuerung bei allen Budgetpositionen gleichermassen berücksichtigt worden sei, nahm der Ständerat sämtliche Mehrheitsanträge der Finanzkommission zum WBF an und schuf dadurch auch einige Differenzen zum Nationalrat.
Kurios mutete schliesslich ein Antrag Hösli (svp, GL) an: Ebenso wie ein im Nationalrat unterlegener Minderheitsantrag Gmür (cvp, SZ) forderte dieser den Verzicht auf die Aufstockung des Grenzwachtkorps, obwohl die SVP-Fraktion im Nationalrat die von der FK-NR vorgeschlagene Aufstockung klar befürwortet hatte. Werner Hösli begründete den Antrag damit, dass die Standesinitiativen mit Forderung einer Aufstockung des Grenzwachtkorps aus dem Jahr 2015 stammten, «als sich unsere Grenzbevölkerung zu Recht in ihrer Sicherheit gefährdet sah». Dies sei jetzt aber nicht mehr der Fall und da durch die Zusammenlegung der operativen Einheiten von Grenzwachtkorps und Zoll und der Einführung von DAZIT im administrativen Bereich Personal gespart werden könne, brauche es diese Aufstockung nicht. Dem stimmte auch Finanzminister Maurer zu und staunte über die «verkehrte Welt»: «Normalerweise wollen Sie uns Stellen, die wir Ihnen beantragen, streichen. Hier wollen Sie uns Stellen geben, die wir eigentlich nicht brauchen.» Der Ständerat sprach sich jedoch in Übereinstimmung mit dem Nationalrat ebenfalls für die Finanzierung der 44 neuen Stellen aus, tat dies mit 21 zu 20 Stimmen bei 1 Enthaltung jedoch deutlich knapper als die grosse Kammer.
Ansonsten stimmte der Ständerat dem Erstrat bei zahlreichen Budgetpositionen zu. Unter anderem stimmte er für die Aufstockung der Budgets des Alpinen Museums Schweiz, der internationalen Sportanlässe zur Durchführung der Rad-WM in Aigle sowie der Sicherheitsuntersuchungsstelle, deren Erhöhung der Bundesrat in einer Nachmeldung aufgrund des Unfalls der Ju-Air beantragt hatte. Differenzen schuf er unter anderem bezüglich des BAG, der Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge, des Zivildienstes und des Sach- und Betriebsaufwands, bei denen der Ständerat entsprechend dem bundesrätlichen Vorschlag mehr Geld sprechen wollte als der Nationalrat. Bei der Landwirtschaft und diversen Bildungspositionen hatte sich der Nationalrat grosszügiger gezeigt als die Ständekammer.
Einstimmig mit 42 zu 0 respektive 43 zu 0 Stimmen nahm der Ständerat sämtliche zum Budget gehörigen Bundesbeschlüsse an.

Im Differenzbereinigungsverfahren zum Voranschlag 2019 gelang es den beiden Räten, bis auf eine Position alle Differenzen zu bereinigen. Der Nationalrat kam bis zum Schluss des Differenzbereinigungsverfahrens dem Ständerat bei den Differenzen zur Landwirtschaft, zum Eidgenössischen Hochschulinstitut für Berufsbildung, beim Zivildienst und beim Sach- und Betriebsaufwand in den Finanzplanjahren entgegen – bezüglich des Sach- und Betriebsaufwands im budgetierten Jahr hatte zuvor der Ständerat eingelenkt. Auch sämtliche beabsichtigten Änderungen der Sollwerte gab der Nationalrat auf. Der Ständerat folgte seinerseits dem Nationalrat bei den von der grossen Kammer vorgeschlagenen Kürzungen bei der Sozialhilfe für Asylsuchende, vorläufig Aufgenommene und Flüchtlinge und bei der Erhöhung der Beiträge an Forschungseinrichtungen von nationaler Bedeutung. Beim BAG wollte der Nationalrat den Funktionsaufwand, mit dem der Beizug von externen Sachverständigen finanziert wird, um CHF 1.4 Mio. oder 9 Prozent des gesamten Funktionsaufwandes kürzen. Trotz verschiedenster Wortmeldungen gegen diese Änderung – unter anderem auch durch den Finanzminister, der die Aufstockung der Position durch den Bundesrat als «Quittung für Hunderte von Vorstössen und Programmen zur Überwachung, die Sie fordern» bezeichnet hatte –, lenkte der Ständerat diesbezüglich ein. Das BAG erhielt folglich CHF 1.4 Mio. weniger, als vom Bundesrat veranschlagt.
Nicht einig wurden sich die Räte einzig bezüglich der beantragten Aufstockung des Globalbudgets der Finanzkontrolle. Während der Ständerat mit Verweis auf ihre ausgewiesene Notwendigkeit einstimmig auf der Aufstockung beharrte, wurde das Thema im Nationalrat mehrfach diskutiert. Insbesondere Barbara Kiener Nellen (sp, BE) und Heinz Siegenthaler (bdp, BE) machten sich im Namen der Minderheit für eine Aufstockung stark: Der Mehraufwand der EFK sei erwiesen, die EFK reduziere gleichzeitig ihren Sach- und Betriebsaufwand um CHF 240'400 und die Stellenaufstockung werde sich selber finanzieren, argumentierten sie. Als wahren Grund für die Ablehnung der Aufstockung vermuteten sie jedoch eine «Trötzelei» (Siegenthaler), «Retourkutsche» (Kiener Nellen) oder «Strafaktion» (beide) gegen unliebsame Botschaften der EFK. Dem widersprachen verschiedene Mitglieder der SVP- und der FDP-Fraktion: Franz Grüter (svp, LU) erklärte für die SVP, die 108 Vollzeitstellen reichten für die EFK aus. Albert Vitali (fdp, LU) hingegen schloss eine Aufstockung nicht gänzlich aus. Er argumentierte, dass die FDP Aufstockungen erst zustimmen würde, nachdem das Rollenverständnis der EFK geklärt sei.
In der Folge wurde für diese letzte Differenz eine Einigungskonferenz einberufen. Darin setzte sich der Ständerat mit seiner Absicht durch, den Aufwand wie vom Bundesrat beantragt um CHF 1.97 Mio. zu erhöhen. Im Nationalrat wies Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) noch einmal darauf hin, dass seine Minderheit keinen Ausbau wolle, es aber in erster Linie nicht um den Betrag gehe, sondern um die «Grundsatzfrage, welche Art von Finanzkontrolle wir wollen und welche Art von Finanzkontrolle wir nicht wollen».
Mit 113 zu 64 Stimmen (9 Enthaltungen) liess sich die grosse Kammer auch in der Abstimmung zum Vorschlag der Einigungskonferenz nicht von ihrer ursprünglichen Meinung abbringen und lehnte den Vorschlag ab. Die ablehnenden Stimmen stammten von der geschlossen stimmenden SVP-Fraktion sowie von den fast geschlossen stimmenden FDP- und CVP/EVP-Fraktionen. Der Ständerat nahm den Vorschlag der Einigungskonferenz mit 33 zu 2 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an. Damit erhielten die von beiden Räten vor der Einigungskonferenz gefundenen Kompromisse Gültigkeit; da bei den in der Einigungskonferenz abgelehnten Positionen aber der tiefere Wert verwendet wird, wurde das Globalbudget der EFK zumindest vorläufig nicht aufgestockt.

Berufungskammer des Bundesstrafgerichts – mehr Stellen schaffen (Pa.Iv. 18.464)

Nicht einmal ein ganzer Monat verstrich zwischen der Einreichung der parlamentarischen Initiative der RK-NR im November 2018 und der positiven Schlussabstimmung der beiden Kammern zur entsprechenden Verordnung. Die nationalrätliche Kommission hatte mit ihrem Vorstoss eine Erhöhung der Vollzeitstellen für ordentliche Richterinnen und Richter, von zwei auf drei Stellen, in der Mitte 2017 neu geschaffenen Berufungskammer des Bundesstrafgerichts gefordert. Diese Erhöhung drängte sich aus zwei Gründen auf: Erstens war abzusehen, dass die 200 Stellenprozente nicht ausreichen werden, um die drohende Geschäftslast zu bewältigen; zweitens schienen die Teilzeitstellen zu wenig attraktiv zu sein. Um auf die unterschiedlichen Landessprachen Rücksicht zu nehmen, hatte man nämlich zwei Vollzeitstellen à drei Teilzeitpensen vorgesehen, wobei die deutschsprachige Richterstelle mit 80 Prozent und die italienischsprachige mit 50 Prozent besetzt werden konnten. Allein für die französischsprachige 70 Prozent-Stelle konnte auch nach mehrmaliger Ausschreibung – bei der dritten Ausschreibungsrunde wurde sogar auf die Vorgabe der Parteizugehörigkeit verzichtet – keine valable Kandidatur gefunden werden. Um die Stelle attraktiver zu machen und französischsprachige Bewerber «nach Bellinzona zu locken», wie sich die RK-NR in ihrem Bericht ausdrückte, sollte also eine 100 Prozent-Stelle geschaffen und die anderen beiden Stellen ebenfalls auf 100 Prozent aufgestockt werden.
Da sich die RK-SR elf Tage nach dem Einreichen der parlamentarischen Initiative einstimmig für Folge geben aussprach, konnte die RK-NR innerhalb weniger Tage den entsprechenden Entwurf ausarbeiten und beiden Kammern noch in der Wintersession unterbreiten. Beide hiessen den Entwurf diskussionslos gut und nahmen ihn in der Schlussabstimmung mit 189 zu 1 Stimme bzw. 43 zu 0 Stimmen (jeweils ohne Enthaltungen) an. Damit war die wohl schnellste parlamentarische Initiative erledigt. Selbst Didier Berberat (sp, NE) – insgesamt doch schon seit über 23 Jahren im Parlament – bemerkte: «Je n'ai jamais vu, durant ma carrière politique, une initiative parlementaire être traitée aussi vite.» Freilich rechtfertigte sich die Eile damit, dass die Berufungskammer auf Anfang 2019 ihre Arbeit aufnehmen sollte.

Wahlen ans Bundesstrafgericht

Mit der Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht hatte das Parlament im März 2017 eine Berufungskammer am Bundesstrafgericht geschaffen. Da sich gezeigt hatte, dass die zwei Vollzeitstellen, die mittels Teilpensen dreier Richterinnen oder Richtern mit Muttersprache deutsch, französisch und italienisch besetzt werden sollten, nicht ausreichten bzw. die französischsprachige Stelle Mangels geeigneter Bewerbungen gar nicht besetzt werden konnte, hatten die Räte in der wohl am schnellsten erledigten parlamentarischen Initiative aller Zeiten in der Wintersession 2018 eine weitere Vollzeitstelle geschaffen. Damit war der Weg frei für die Besetzung der Berufungskammer durch ein französischsprachiges Mitglied. Diesmal gingen immerhin fünf Bewerbungen ein, von denen sich die GK für Olivier Thormann (fdp) entschied. Die Kommission begründete ihre Wahl mit der fachlichen und sprachlichen Eignung Thormanns sowie seinem Geschlecht, seiner Herkunft und seiner Parteizugehörigkeit. Das Dreiergremium bestehe nun aus einem Westschweizer FDP-Mann, einer SVP-Vertreterin aus dem Kanton Luzern (Andrea Blum) sowie einer Tessiner CVP-Vertreterin (Claudia Solcà). In der Presse fand die Wahl Thormanns Erwähnung, weil er als Chef der Abteilung Wirtschaftskriminalität bei der Bundesanwaltschaft Ende 2018 freigestellt worden war. Der Vorwurf der Amtsgeheimnisverletzung wurde damals zwar entkräftet, Thormann kehrte allerdings nicht mehr in seine Funktion zurück. Dieser Umstand könnte eine Erklärung für die 36 leeren Wahlzettel sein, die bei dieser Wahl ans Bundesstrafgericht neben den 164 gültigen – alle mit einem Thormann-Votum – eingelegt wurden.

Geschäftsbericht 2018 des Bundesgerichtes

Dossier: Rapport de gestion du Tribunal fédéral

In der Sommersession 2019 nahmen die Räte den Geschäftsbericht des Bundesgerichtes 2018 zur Kenntnis und stimmten dem entsprechenden Bundesbeschluss stillschweigend zu. Die Berichterstatterin und die beiden Berichterstatter der Subkommissionen Gerichte/Bundesanwaltschaft der GPK beider Räte – Corina Eichenberger-Walther (fdp, AG) und Philippe Nantermod (fdp, VS) für den Nationalrat sowie Beat Rieder (cvp, VS) für den Ständerat – hoben die wichtigsten Kennzahlen aus dem Bericht hervor.
38 Bundesrichterinnen und Bundesrichter, 153 Bundesgerichtsschreiberinnen und -schreiber sowie das Gerichtspersonal hätten am Bundesgericht im Jahr 2018 den neuen Rekord von total 8'040 Fällen erledigt (2017: 8'029). Erfreulich sei, dass die Zahl der erledigten Fälle die Zahl der neuen Fälle übersteige. Ende 2018 harrten noch 2'761 Geschäfte ihrer Erledigung. Im Schnitt nahm die Erledigung eines Falls 145 Tage in Anspruch (2017: 144 Tage). Von Bedeutung sei 2018 das Bundesgerichtsgesetz sowie das Projekt «elektronisches Gerichtsdossier» gewesen. Mit dem «Gever» für die Gerichtsverwaltung, dem «E-Dossier» für die Gerichtspersonen im Bundesgericht sowie mit «Justitia 4.0» für die Gerichte der ganzen Schweiz werden elektronische Zugriffe auf Gerichtsakten geschaffen, womit die Arbeit erleichtert und effizienter werde. Die Zusammenarbeit des BGer mit den erstinstanzlichen Gerichten verlaufe gut. Auch über diese erstinstanzlichen Gerichte, über die das BGer die Oberaufsicht ausübt, wurde berichtet:
Im Bundesstrafgericht waren im Berichtjahr total 789 Fälle erledigt worden und 776 neu eingegangen. Im Schnitt dauerte die Erledigung eines Falls 173 Tage in der Straf- und 98 Tage in der Beschwerdekammer. Probleme bereiteten dem BStGer die unregelmässigen Eingänge in den verschiedenen Landessprachen. Die Arbeiten für die neu geschaffene Berufungskammer seien zudem stark unterschätzt worden. Die Aufstockung der Ressourcen in der Wintersession, die in einer eigentlichen Hauruck-Übung gesprochen worden war, habe nur einen Teil des Problems gelöst. In einer Aussprache mit den Verantwortlichen habe sich das Jahr 2023 als frühstmöglicher Termin für den Bezug der Räumlichkeiten für die Berufungskammer ergeben. Hier müsse also dringend eine Übergangslösung gefunden werden – ein Punkt, der in der kleinen Kammer zu Diskussionen Anlass gab. Didier Berberat (sp, NE), Mitglied der GK, wies darauf hin, dass der Kanton Tessin hier endlich seine Hausaufgaben machen müsse.
Auch im Bundesverwaltungsgericht konnten mehr Fälle erledigt werden (7'603; 2017: 7'385) als neu eingegangen waren (7'468; 2017: 7’365). Im Schnitt nahm die Erledigung eines Falls 284 Tage in Anspruch; leider nehme diese Zahl kontinuierlich zu und sei von 212 Tagen im Jahr 2016 innert zwei Jahren um über 70 Tage gestiegen, berichtete Beat Rieder im Ständerat. Auffällig sei die höhere Zahl an Eingängen im Kartellrecht, die umfangreiche und komplexe Verfahren nach sich zögen. Auch die Asylfälle seien aufwändiger geworden, was die längere Dauer zu erklären vermöge.
Das Bundespatentgericht schliesslich erledigte gleich viele Fälle (29; 2017: 24), wie neu eingegangen waren (29; 2017: 34). Mit den 3.6 Richterstellen dauert die Erledigung eines Falles 143 (summarische Verfahren) bzw. 438 Tage (ordentliche Verfahren), wobei die Dauer bei den ordentlichen Verfahren stark gesenkt werden konnte (2017: 541 Tage).
Ulrich Meyer, der Präsident des Bundesgerichts, ergänzte die Kommissionsangaben im Nationalrat mit dem Hinweis, dass er zwar stolz sei, einen Bericht mit schwarzen Zahlen abliefern zu können, dass aber rund 80 Prozent der 8'000 erwähnten Fälle die Tatsachen- und nicht die Rechtsebene betreffen. Die eidgenössischen Gerichte seien zur «Urteilsfabrik» geworden, was kein idealer Zustand sei. Er hoffe deshalb auf die laufende Revision des Bundesgerichtsgesetzes.

GPK-Untersuchung zur Berufungskammer des Bundesstrafgerichts

Dossier: Indépendance du pouvoir judiciaire

Im Rahmen der Revision des Bundesgesetzes über das Bundesgericht hatte das Parlament 2017 die Schaffung einer Berufungskammer beschlossen, um den Rechtsschutz zu stärken und Beschwerden gegen den Sachverhalt von Urteilen des Bundesstrafgerichts zu ermöglichen. Die Berufungskammer geriet allerdings noch vor Aufnahme des Betriebs in die Schlagzeilen, weil das Parlament 2018 in rekordverdächtiger Geschwindigkeit die Zahl der Stellen für Richterinnen oder Richter erhöhen musste, was wiederum Folgen für die Planung des Raumbedarfs hatte. In der Folge hatten sich die GPK beider Räte eingeschaltet und untersucht, was bei der Planung der neuen Gerichtsinstanz schiefgelaufen war.

Ende September 2022 lag der Bericht über die entsprechende Untersuchung zur Berufungskammer des Bundesstrafgerichts vor. Die Fallzahlen und die benötigte Zahl an Gerichtspersonen seien «von Anfang an deutlich unterschätzt» worden, beschied der Bericht. Es sei ursprünglich von elf Berufungen pro Jahr ausgegangen worden; im Schnitt habe es aber zwischen 2019 und 2021 fast 30 Berufungen und über 20 Revisionen gegeben. Darüber hinaus habe man aufgrund des fälschlicherweise als gering geplanten Personalbedarfs die Berufungskammer im Gebäude des Bundesstrafgerichts untergebracht, was im Sinne der Unabhängigkeit von Anfang an zurecht auch kritisiert worden sei.
Als ursächlich für die Fehlplanung machten die GPK in ihrem Bericht ein fehlendes Projektmanagement aus. Darüber hinaus habe die Verwaltungskommission des Bundesgerichts (VK BGer) – die aus drei Bundesrichterinnen oder Bundesrichtern bestehende Aufsichtsbehörde über das Bundesstrafgericht – «ihre Aufgabe ungenügend wahrgenommen». Schliesslich wurde den Verantwortlichen im Bericht gar «politisches Kalkül» vorgeworfen: Aus Angst, das Parlament könnte lediglich einer Minimalvariante der Berufungskammer zustimmen, seien die Zahlen bewusst tief gehalten worden.
Als Konsequenz empfahl die GPK, dass die beiden Rechtskommissionen (RK-NR und RK-SR) eine Gesetzesrevision an die Hand nehmen, damit ein «unabhängiges Berufungs- oder Rechtsmittelgericht als zweite Instanz» geschaffen werden kann.