Pa.Iv. 83.226: Basel-Stadt. Umwandlung in einen Vollkanton

Die Frage der Aufwertung von Halbkantonen zu Kantonen wurde im Berichtsjahr erneut im Parlament behandelt. Nachdem 1979 und 1981 entsprechende Vorstösse an Bedenken über eine Gefährdung des Gleichgewichts zwischen deutsch- und französischsprachigen Kantonen gescheitert waren, hatte Ständerat Miville (sp, BS) 1983 eine neue parlamentarische Initiative eingereicht. Diese beschränkte sich auf eine Aufwertung von Baselstadt. Die kleine Kammer lehnte diesen Vorstoss mit 36:3 Stimmen deutlich ab, da es nicht angehe, einen einzelnen Halbkanton zu bevorzugen. Anzumerken ist, dass in Basel selbst in dieser Frage keine Einigkeit herrscht: Der Grosse Rat überwies gegen den Willen der Regierung einen Vorstoss, der die Streichung des Verfassungsartikels über die Wiedervereinigung mit Baselland verlangt. Erst dieser Verzicht würde es Basel erlauben, den Wunsch nach Anerkennung als Vollkanton überzeugend und ohne Vorbehalte vorzutragen.

Volksinitiative Baselland 1988

In Baselland stimmte der Souverän im Verhältnis von 3:2 einer 1985 eingereichten und von Regierung und Parlament unterstützten Volksinitiative zu, welche verlangte, dass sich die kantonalen Behörden für eine Aufwertung von einem Halb- zu einem Vollkanton einsetzen. Der mit 40% überraschend hohe Anteil der Neinstimmen erklärt sich damit, dass die Befürworter einer Wiedervereinigung mit Baselstadt die Initiative bekämpft hatten.

Pa.Iv. 92.444: Vollkanton Basel-Landschaft

Die im Herbst 1991 lancierte baselstädtische Volksinitiative für einen Anschluss von Basel-Stadt an Basel-Land konnte im Februar eingereicht werden. Ohne selbst dazu materiell Stellung zu nehmen, überwies sie das Parlament im Dezember an die Regierung zur Ausarbeitung eines Berichts. Zum dritten Mal nach 1977 und 1983 unternahm ein Basler Politiker in Bern den Versuch, die beiden nordwestschweizerischen Halbkantone zu Vollkantonen aufzuwerten. Nationalrat Gysin (fdp, BL) erwähnte in seiner im Dezember eingereichten parlamentarischen Initiative (92.444) zwar nur seinen eigenen Halbkanton, ergänzte aber mündlich, dass auch Basel-Stadt aufgewertet werden müsste. (Zur 1988 angenommenen Volksinitiative im Kanton Basel-Landschaft siehe hier.)

Die Staatspolitische Kommission des Nationalrats sprach sich mit 15 gegen 6 Stimmen dafür aus, die im Vorjahr eingereichte parlamentarische Initiative Gysin (fdp, BL) für die Aufwertung von Basel-Land zum Vollkanton zur Annahme zu empfehlen. Sie begründete ihren Entscheid namentlich auch damit, dass von einer Aufwertung der beiden Basler Halbkantone keine Gefährdung des föderalistischen Gleichgewichts zu befürchten sei.

Der im Vorjahr von der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats gefällte Beschluss, dem Plenum zu empfehlen, der parlamentarischen Initiative Gysin (fdp, BL) (92.444) für eine Aufwertung von Basel-Land zu einem Vollkanton Folge zu geben, löste bei der Regierung von Basel-Stadt Empörung aus. In einem Brief drückte sie ihren Protest darüber aus, dass sie nicht konsultiert worden sei und dass behauptet werde, der Zusammenschluss der beiden Halbkantone sei kein Thema mehr. Sie verwies dabei auf den immer noch gültigen Wiedervereinigungsartikel in der baselstädtischen Kantonsverfassung. Unbestritten ist diese Ansicht allerdings auch in Basel-Stadt nicht. Zusätzlich zu der 1992 eingereichten Volksinitiative für ein Beitrittsgesuch zu Basel-Land wurde eine neue Volksinitiative eingereicht, welche die Regierung verpflichten will, sich für die Aufwertung zu einem Vollkanton einzusetzen. Ein ähnlicher parlamentarischer Vorstoss wurde im Grossen Rat bereits abgelehnt. Zur Anschlussinitiative nahmen Regierung und Parlament ablehnend Stellung, worauf sie zurückgezogen wurde.

Obwohl eine Mehrheit der Staatspolitischen Kommission des Nationalrats empfohlen hatte, einer parlamentarischen Initiative Gysin (fdp, BL) für eine Aufwertung von Basel-Land zu einem Vollkanton Folge zu geben, zog der Initiant seinen Vorstoss zurück. Er begründete seinen Rückzieher mit der negativen Reaktion des Kantons Basel-Stadt. Solange man dort immer noch an eine Wiedervereinigung der beiden Basel glaube, sei es für eine Aufwertung zu Vollkantonen zu früh. In Basel-Stadt reichte ein Komitee eine Volksinitiative ein, welche die Behörden verpflichten will, sich für die Aufwertung zu einem Vollkanton einzusetzen. Eine analoge Bestimmung ist seit 1988 in der Verfassung von Basel-Land enthalten.

Für eine Aufwertung von Basel-Land zu einem Vollkanton-Volksinitiative 1994

In Basel-Stadt empfahl die Regierung die Ablehnung der 1994 eingereichten Volksinitiative für die Aufwertung zu einem Vollkanton. Sie argumentierte dabei nicht mehr wie früher, dass damit eine Wiedervereinigung mit Basel-Land verunmöglicht würde, sondern mit den geringen Erfolgschancen eines derartigen Vorstosses auf eidgenössischer Ebene.

Die im Vorjahr vom Grossen Rat von Basel-Stadt mit grosser Mehrheit zur Ablehnung empfohlene Volksinitiative für die Aufwertung zu einem Vollkanton ist von den Initianten zurückgezogen worden.

St.Iv. 01.304: Basel-Landschaft und Basel-Stadt sollen Vollkantone werden

Nachdem in der neuen Bundesverfassung der Begriff Halbkantone nicht mehr vorkommt, verlangte der Kanton Basel-Land erneut die Abschaffung der in seinen Augen diskriminierenden Bestimmung, dass Basel-Land und Basel-Stadt bei Verfassungsabstimmungen und im Ständerat nur über je eine Standesstimme verfügen. Auf Empfehlung seiner SPK lehnte der Nationalrat eine Standesinitiative von Basel-Land und eine gleichlautende parlamentarische Initiative Janiak (sp, BL) (01.403) mit 68:55 Stimmen ab. Er übernahm damit die Ansicht der Kommissionsmehrheit, wonach es sich dabei vor allem um ein emotionales Problem handelt, da die Tatsache, dass Basel-Land nur über eine Standesstimme verfügt, nicht zu einer ernsthaften Benachteiligung führe. Diese Ungleichbehandlung der ehemaligen Halbkantone im Vergleich zu den anderen Kantonen sei insbesondere zur Wahrung des Gleichgewichts zwischen den Sprachregionen in Kauf zu nehmen, da bei einer Aufwertung der beiden Basel konsequenterweise auch die beiden Appenzell und die beiden Unterwalden zusätzliche Standesstimmen erhalten müssten.

Wie im Vorjahr die grosse Kammer lehnte nun auch der Ständerat die Standesinitiative Basellands für eine Aufwertung von Basel-Landschaft und Basel-Stadt von Halb- zu Vollkantonen ab. Damit verfügen sie bei Verfassungsabstimmungen und im Ständerat weiterhin nur über je eine halbe Standesstimme resp. einen Sitz. In Basel-Stadt, wo dieser Vorstoss als eine definitive Absage an eine Wiedervereinigung angesehen worden war, hatte im Jahr 2001 der Grosse Rat die Einreichung einer analogen Standesinitiative abgelehnt. Allerdings zeichnete sich im Berichtsjahr in Basel-Stadt ein Einstellungswandel in dieser Frage ab: Der Verfassungsrat verzichtete darauf, die bisher gültige Verfassungsbestimmung, wonach eine Wiedervereinigung mit Basel-Land anzustreben sei, in den Entwurf für die neue Kantonsverfassung aufzunehmen. Anstelle einer Wiedervereinigung soll aber die Zusammenarbeit der beiden Kantone ausgebaut werden. Sehr weit in diese Richtung gehen zwei identische Volksinitiativen, welche gegen Jahresende in beiden Kantonen eingereicht wurden. Gemäss ihrem Text sollen die Bereiche Bildung, Gesundheit und Sicherheit vereinheitlicht und unter eine gemeinsame Leitung gestellt werden. Genau das Gegenteil fordert eine im Frühjahr in Basel-Land eingereichte Volksinitiative der SVP. Sie will die Beiträge, welche Basel-Land im Rahmen von Partnerschaftsabkommen für von Basel-Stadt erbrachte Leistungen (z.B. Universität, Spitäler) bezahlt, auf 30% des Ertrags der kantonalen Einkommenssteuer für natürliche Personen begrenzen (zur Zeit betragen sie etwa 27%). Die Kantonsregierung empfahl die SVP-Initiative ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung, da die Zusammenarbeit und ihr weiterer Ausbau für die effiziente Erfüllung der Staatsaufgaben unabdingbar sei.

Volksinitiative 2011: Beide Basel als Vollkantone

Ein Komitee um Nationalrat Hans Rudolf Gysin (fdp, BL) will mit einer Volksinitiative die beiden Basel zu Vollkantonen machen. Einem Kanton Nordwestschweiz, mit zusätzlichen Gebieten des Aargaus und von Solothurn wurde damit eine Absage erteilt. Die Aufwertung der beiden Basel war bereits mehrfach mit parlamentarischen Initiativen oder Standesinitiativen aus dem Kanton Basel Landschaft verlangt worden.