Aktivere Jurapolitik des Kantons Bern

Die Berner Regierung kündigte eine aktivere Jurapolitik an und leitete dazu erste konkrete Schritte ein. Zum einen verabschiedete sie einen praxisbezogenen Massnahmenkatalog zur Förderung der Zweisprachigkeit in der Verwaltung. Zum andern legte sie dem Grossen Rat ein Impulsprogramm zur Förderung der Wirtschaft im französischsprachigen Kantonsteil vor.

Grösseres politisches Gewicht für den Berner Jura

Die Berner Regierung gab gegen Jahresende den Entwurf für ein Gesetz in die Vernehmlassung, welches die Zusammenarbeit innerhalb des Berner Juras stärken und dieser Region ein grösseres politisches Gewicht verleihen soll. Die bisherige konsultative Fédération des communes du Jura bernois soll durch zwei Organe ersetzt werden: einen Regionalrat, dem die französischsprachigen Grossräte sowie die vom Volk gewählten Regierungsstatthalter der drei jurassischen Bezirke und des sprachlich gemischten Bezirks Biel angehören und eine Konferenz der Gemeindepräsidenten. Während das erste Organ die politischen Mitwirkungsrechte ausübt, indem es bei Gesetzen, Finanzbeschlüssen etc., welche diese Region betreffen, zuhanden der Behörden Stellungnahmen abgibt und Anträge unterbreitet, soll das zweite primär der Koordination und Zusammenarbeit der Gemeinden unter sich dienen.

Der Berner Grosse Rat verabschiedete in erster Lesung die Vorschläge der Regierung für die Bildung neuer Institutionen zur Wahrung der Interessen der französischsprachigen Bezirke und Biels. Umstritten, und deshalb noch nicht bereinigt, blieb die Bestimmung, dass im Regionalrat neben den Grossräten auch die vom Volk gewählten Bezirksstatthalter Einsitz haben sollen.

Das Berner Kantonsparlament stimmte in zweiter Lesung der Schaffung von zwei neuen Körperschaften zur Vertretung der Interessen der drei französischsprachigen Bezirke und Biels zu. Es beschloss dabei, dass der Regionalrat aus den Grossräten und den vom Volk gewählten Bezirksstatthaltern gebildet werden soll.

Bericht Dominique Hänni: Die Romands im Kanton Bern

Im Auftrag der Berner Regierung hatte der Genfer alt Staatsschreiber Dominique Haenni einen Bericht über die Lage der Romands im Kanton Bern verfasst. Neben einer detaillierten Bestandesaufnahme machte der Autor auch einige Vorschläge für die Zukunft der drei französischsprachigen Bezirke. Er empfahl ihnen namentlich, in wirtschaftlichen, kulturellen und auch politischen Fragen vermehrt den grenzüberschreitenden Dialog zu suchen. Dank der daraus entstehenden regionalen Identität könnte auch eine grössere Autonomie innerhalb des Kantons Bern angestrebt werden.

Idee eines Sonderstatus für den Berner Jura

Dossier: Assemblée interjurassienne AIJ

Im Berner Jura waren einige Bestrebungen festzustellen, den in der Kantonsverfassung garantierten Sonderstatus dieser Region zu konkretisieren. Die bernische Regierung erteilte dem Regionalrat den Auftrag, entsprechende Vorschläge auszuarbeiten. Dabei gab sie dem Wunsch Ausdruck, dass auch die Gemeindepräsidenten in die Diskussion einbezogen werden sollen, von denen eher visionäre Ideen zu erwarten seien als von dem aus den Grossräten und den vier Regierungsstatthaltern zusammengesetzten Regionalrat. Die aus Personen verschiedener politischer Lager zusammengesetzte Gruppe „Avenir de notre région“ trat mit der Forderung an die Öffentlichkeit, ein in bestimmten Bereichen über Entscheidungskompetenzen verfügendes vom Volk gewähltes Parlament für den Berner Jura zu schaffen. Auch die regionale SVP formulierte im Sommer einen ähnlichen Vorschlag. Sie regte die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für die Bildung einer neuen, von Vertretern aus Politik und Wirtschaft gebildeten Institution mit Entscheidungskompetenzen an.

Die Gruppe „Avenir“ legte, nach einer dreijährigen Diskussionsphase, ihre Vorschläge für eine Lösung des Jurakonflikts vor. Die vom SVP-Grossrat Alain-Claude Voiblet präsidierte Gruppe hatte sich zum Ziel gesetzt, Personen aus dem berntreuen und dem ehemals separatistischen Lager zusammenzuführen, welche an einer konstruktiven Weiterentwicklung der Situation im Berner Jura interessiert sind. Ihr Projekt sieht vor, dass die drei frankophonen Bezirke des Kantons Bern zu einer teilautonomen Region zusammengelegt werden. Diese Region soll über eine Exekutive und ein Parlament verfügen, welche beide vom Volk gewählt werden. Die Region würde zwar vollständig in den Kanton Bern integriert bleiben, aber in bestimmten Bereichen wie etwa Bildung, Sport, Strassenunterhalt oder Wirtschaftsförderung Entscheidkompetenz und auch eigene finanzielle Mittel erhalten.
Der Regionalrat des Berner Juras, der 1998 von der Berner Regierung den Auftrag zur Ausarbeitung eines Projekts zur Konkretisierung der in der neuen Verfassung garantierten Autonomierechte erhalten hatte, präsentierte seinerseits ein sehr ähnliches Konzept. Der Hauptunterschied liegt im Wahlmodus für das Regionalparlament. Es sieht vor, dass dieses Gremium aus den zwölf Grossräten der drei Bezirke (dies entspricht dem bestehenden Regionalrat ohne die drei Amtsstatthalter und ohne die Vertretung der Welschbieler) und aus achtzehn ebenfalls vom Volk gewählten Vertretern gebildet wird. Die Wahl dieser Regionalräte soll dabei am gleichen Tag stattfinden wie die Grossratswahlen. Als Exekutive würde zudem vom Volk eine fünf Personen umfassende Kommission gewählt. Die Kompetenzen dieser neuen Institution wären hingegen ähnlich wie im Vorschlag der Gruppe Avenir. (Die Gruppe Avenir kritisierte die vom Regionalrat vorgeschlagene Wahlprozedur als undemokratisch, da durch die separate Volkswahl von einerseits 12 Grossräten und andererseits 18 zusätzlichen Ratsmitgliedern das natürliche Quorum erhöht und damit die Wahlchancen der kleinen Parteien reduziert würden.)
Gegen Jahresende legte schliesslich auch noch die Assemblée Interjurassienne (AIJ) ihr Konzept vor. Sie postulierte, dass in einer ersten Phase von zwei Jahren der Berner Jura mit einem Autonomiestatut mit eigenen Organen und Entscheidkompetenzen ausgestattet werden soll. In einer anschliessenden Phase von vier Jahren könnte die Region damit Erfahrungen sammeln und dabei auch die Zusammenarbeit mit dem Kanton Jura ausbauen. Nach diesen insgesamt sechs Jahren soll dann Bilanz gezogen werden und insbesondere über eine dauerhafte Lösung (d.h. vor allem auch über die Kantonszugehörigkeit) entschieden werden. Andere Lösungen als dieses Phasenmodell, wie etwa die Gründung eines alle sechs Bezirke umfassenden neuen Kantons Jura oder den Einbezug des Kantons Neuenburg in eine territoriale Neustrukturierung der Region, wurden von der Assemblée verworfen. Das eine Konzept (neuer Kanton Jura) sei zur Zeit im Berner Jura nicht mehrheitsfähig und das andere (Einbezug von Neuenburg) sei nicht realisierbar, da weder im Kanton Jura noch in Neuenburg dafür ernsthaftes Interesse bestehe.