Kurse zur selbständigen Unternehmensführung

Einen innovativen Weg zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit beschritt die Stiftung "Pro Patria". Mit Unterstützung des Bundes und unter der Leitung von alt Nationalrätin Monika Stocker (gp, ZH) bot sie Arbeitslosen – vor allem Frauen und Jugendlichen – Kurse zur selbständigen Unternehmensführung an, um so direkt individuelle Erwerbsmöglichkeiten zu schaffen. Unterstützt von privatem Sponsoring lancierte auch der Kanton Solothurn ein Starthilfe-Projekt, um aus Arbeitslosen Unternehmer zu machen.

Motion Brunner zur "permanenten Weiterbildung" (Mo. 93.3289)

Nationalrätin und SMUV-Gewerkschaftspräsidentin Brunner (sp, GE) nahm das zweite Standbein der SGB-Strategie gegen die Arbeitslosigkeit, die permanente Weiterbildung, in einer Motion auf und verlangte, im Rahmen der Revision des AVIG sei ein Solidaritäts-Weiterbildungsurlaub einzuführen. Die Weiterbildung eines fest Angestellten sollte damit während eines Jahres auf Kosten der Arbeitslosenversicherung finanziert werden, ein Arbeitsloser in der Zwischenzeit bei regulärem Lohn diesen ersetzen. Der Bundesrat war bereit, die Motion als Postulat entgegenzunehmen, doch wurde auch dieses von Allenspach (fdp, ZH) bekämpft und schliesslich – wenn auch nur knapp – abgelehnt.

Als Mittel gegen die Arbeitslosigkeit bezeichneten die Gewerkschaften auch ihre Forderung nach einer Verbesserung der beruflichen Qualifikation der Arbeitnehmenden durch einen alle zwei Jahre stattfindenden bezahlten Bildungsurlaub für alle. Finanziert würde dieses Programm paritätisch von Arbeitgebern und Arbeitnehmern mit maximal je 0,5 Lohnprozenten. Der SGB verlangte auch Intensivkurse für bildungswillige Erwachsene, insbesondere Arbeitslose, Vorkurse für bildungsschwächere Arbeitslose sowie ein von der Arbeitslosenversicherung bezahltes Nachholen der Grundausbildung für Erwachsene, die mindest zehn Jahre eine Arbeit ohne entsprechenden Berufsschulabschluss verrichtet haben. Dafür sollten primär Gelder der 1990 vom Parlament beschlossenen Weiterbildungsoffensive eingesetzt werden. Eine entsprechende Motion Brunner (sp, GE) wurde auch in der Postulatsform von Allenspach (fdp, ZH) bekämpft, weshalb deren Behandlung verschoben wurde.

Gezielte Arbeitszeitverkürzungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit

Mehrere Studien kamen aus ganz verschiedener Perspektive zum Schluss, dass gezielte Arbeitszeitverkürzungen zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit führen könnten. Postuliert wurden dabei nicht generelle, sondern konjunkturzyklische Arbeitszeitverkürzungen, die sowohl den persönlichen Wünschen der Arbeitnehmer als auch der Kostenstruktur der Unternehmungen entsprechen müssten. Unter dem Motto "solidarische Arbeitszeitverkürzung" schlug der SGB vor, in wirtschaftlich schwierigen Zeiten solle die Arbeitslosenversicherung Anreize für Arbeitszeitverkürzung schaffen, indem sie gemeinsam mit dem Arbeitgeber je 40% der damit verbundenen Kosten übernehmen würde, während auf den Arbeitnehmer 20% entfallen sollten.

Flexible Arbeitszeitgestaltung (Po.94.3212)

Mit einem Postulat wollte der Berner SP-Nationalrat Strahm den Bundesrat bitten, eine Erhebung über die Arbeitszeitwünsche der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen sowie über das Potential der wirtschaftlich teilbaren Arbeitsplätze in der Schweiz durchzuführen. Die Resultate dieser repräsentativen Erhebung sollten Grundlagen für eine solidarische und flexible Arbeitszeitgestaltung in der Zukunft liefern. Da der Vorstoss von den Nationalräten Allenspach (fdp, ZH) und Leuba (lp, VD) bekämpft wurde, musste die Diskussion verschoben werden.

Kantonale Volksinitiativen für die Schaffung von staatlichen Beschäftigungsprogrammen

Die von der SP und den Gewerkschaften in mehreren Kantonen eingereichten Volksinitiativen für die Schaffung von staatlichen Beschäftigungsprogrammen, welche mit Steuerzuschlägen auf mittleren und hohen Einkommen und Vermögen finanziert werden sollten, fanden an der Urne keine Zustimmung. Sowohl in St. Gallen als auch in Schaffhausen wurden sie mit deutlichen Mehrheiten (je 81%) verworfen.

Zweiter Arbeitsmarkt für dauerhaft arbeitslose und erwerbsbehinderte Personen

Der Nationalrat überwies ein Postulat Strahm (sp, BE), welches den Bundesrat beauftragte, die Möglichkeiten zur Förderung eines zweiten, ergänzenden Arbeitsmarktes für dauerhaft arbeitslose und erwerbsbehinderte Personen zu prüfen und dabei insbesondere die bessere Koordination von Arbeitslosenversicherung, Sozialhilfe und Invalidenversicherung zu prüfen.

Starthilfe zur selbständigen Erwerbsarbeit

Eine Motion Gysin (sp, BS), welche verlangte, die Starthilfe an Arbeitslose zur selbständigen Erwerbsarbeit sei auszudehnen, wurde in jenen Punkten gutgeheissen, die arbeitslosenversicherungsrechtlich relevant sind (Erhöhung der Zahl der besonderen Taggelder sowie Verlängerung der Frist für Bürgschaften). Ein Postulat Comby (fdp, VS) [97.3417], welches den Bundesrat ersuchte, zusammen mit den Sozialpartnern zu prüfen, wie mit neuen Modellen, über Steuererleichterungen oder eine Senkung der Soziallasten die Innovation gefördert und eine bessere Verteilung der Arbeit erreicht werden könnte, wurde von Hasler (svp, AG) bekämpft und so vorderhand der Beratung entzogen.

Der Ständerat überwies im Einvernehmen mit dem Bundesrat eine Motion des Nationalrates, die eine Ausdehnung der Starthilfe an Arbeitslose zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbsarbeit verlangt.

PTT Pilotprojekt Solidaritätsmodell

Die PTT führten in den Kantonen Zürich, Freiburg, Jura und Tessin ein Pilotprojekt zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nach dem sogenannten Solidaritätsmodell ein. Sie nutzten dafür die im AVIG gegebene Möglichkeit, dass Pilotprojekte zur Arbeitsbeschaffung finanziell unterstützt werden können. Nach Absolvierung eines Einführungskurses wird ein Arbeitsloser während 12-18 Monaten in eine Gruppe von drei freiwilligen Postbeamten mit gleichem Arbeitsort und -pensum integriert. Nach dem Rotationsprinzip arbeiten alle vier Personen drei Wochen und beziehen dann eine Woche Freizeit. Für Angestellte mit Betreuungspflichten reduziert sich der Lohn um 7%, für die anderen um 10%. Die Differenz bezahlt die Arbeitslosenkasse.

Erwerbslosigkeit verringern Teilzeitarbeit gleitende Pensionierung

Nach Meinung von Deutschschweizer Unternehmen können nur zwei Arbeitszeitmodelle mithelfen, die Erwerbslosigkeit zu verringern, nämlich die flexible Teilzeitarbeit sowie die vorzeitige oder gleitende Pensionierung. Negativ beurteilt wurde eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit. Dies ging aus einer Umfrage hervor, welche im Auftrag des BWA durchgeführt wurde. Die Studie zeigte, dass 70% der Unternehmen bereits flexible Arbeitszeitmodelle einsetzen, allerdings nahezu ausschliesslich die klassischen (gleitende Arbeitszeit und fix definierte Teilzeitarbeit). Zudem gelten diese neueren Arbeitszeitregelungen nur selten für alle Beschäftigten eines Unternehmens. Rund ein Viertel der befragten Unternehmen gab an, Arbeitszeitmodelle mit einem längeren Bezugszeitraum eingeführt zu haben. Darunter fallen Formen wie die flexible oder gleitende Pensionierung, sowie Jahresarbeitszeitmodelle.