Zuletzt aktualisiert: 15.08.2017, 09:04 Uhr

Dossier: 6. Revision des Bundesgesetzes über die Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende in Armee, Zivildienst und Zivilschutz (EOG, 1993-1998) Als PDF speichern

Motion zur Revision der EO (Mo. 93.3411)

Eine Motion Seiler (cvp, ZH), welche die Regierung beauftragen wollte, ohne Verzug eine Revision der EO an die Hand zu nehmen, damit diese gleichzeitig mit der Armeereform auf den 1. Januar 1995 in Kraft treten kann, wurde auf Antrag des Bundesrates lediglich als Postulat angenommen, da dieser geltend machte, dass aufgrund neu aufgetretener Probleme (Mehrbelastung in der IV, hohe Arbeitslosigkeit bei den Absolventen mehrmonatiger Militärdienste) eine sorgfältige Prüfung der in der 6. EO-Revision vorzunehmenden Änderungen angezeigt sei. Für Ende 1994 stellte er eine diesbezügliche Botschaft in Aussicht.

Mit einer Motion wollte Ständerat Seiler (svp, SH) den Bundesrat verpflichten, die EO-Revision gleichzeitig mit der Armeereform auf den 1. Januar 1995 in Kraft zu setzen und dabei die Entschädigungsarten und die Höhe der Leistungen den heutigen gesellschaftlichen Verhältnissen anzupassen. Da Bundesrätin Dreifuss auf die bereits weit gediehenen und in die Richtung der Motion zielenden Vorarbeiten verweisen konnte, den Zeithorizont 1995 hingegen als zu eng erachtete, wurde der Vorstoss im Einverständnis mit dem Motionär bloss als Postulat verabschiedet.

6. EO-Revision (BRG 98.022)

Der Entwurf für die 6. Revision des Bundesgesetzes über die Erwerbsersatzordnung (EO) wurde Ende Mai in die Vernehmlassung gegeben. Für Erwerbstätige möchte der Bundesrat einen einheitlichen Ansatz von 60% des vor der Dienstleistung erzielten Einkommens festschreiben. Rekruten sowie Armee- und Zivilschutzangehörige sollen künftig höhere Leistungen erhalten. Laut Vorschlag des Bundesrates würde die Tagesentschädigung der Rekruten (inklusive Langzeitentschädigung) auf 52 Fr. angehoben. Die Grundentschädigung soll im übrigen neu zivilstandsunabhängig ausgerichtet werden. Wer im Militär "weitermacht" wird nach den Vorschlägen des Bundesrates zwischen 82 und 155 Fr. erhalten. Dienstleistenden mit Kinderbetreuungspflichten sollen neben der Kinder- eine Erziehungszulage von 56 Fr. ausgerichtet werden. Die gesamten Mehrkosten der EO-Revision dürften sich auf jährlich knapp 140 Mio. Fr. belaufen, wobei allein die Verbesserung der Kinder- und der Erziehungszulage über 60 Mio. Fr. kosten würden. Die höheren Ansätze für die Rekruten und die Absolventen von Unteroffiziers- und Offiziersschulen wurden auf 42 Mio. Fr. veranschlagt. Trotz der Mehrkosten müsste der vom Parlament erst im Vorjahr gesenkte EO-Beitragssatz nicht erhöht werden.

Le gouvernement a mis en consultation un projet de révision de la loi sur le régime des allocations pour perte de gain. Outre une adaptation de l'ensemble des allocations au coût de la vie, le projet prévoit des améliorations sensibles pour les hommes/femmes qui ont renoncé à une activité lucrative pour s'occuper de leur enfants et qui, sous le régime actuel, ne voient pas leur travail éducatif reconnu. Selon le projet du Conseil fédéral, cette catégorie de la population militaire devrait bénéficier à l'avenir de contributions beaucoup plus importantes. Les principaux partis ainsi que les partenaires sociaux ont bien accueilli les propositions de l'exécutif.

Die Pläne des Bundesrates lösten in der Vernehmlassung ein positives Echo aus. Die vier Bundesratsparteien waren sich darüber einig, dass diese Revision den geänderten gesellschaftlichen Lebensbedingungen und dem Gleichstellungsgrundsatz Rechnung trage und damit den richtigen Weg beschreite. Dieser Ansicht war auch eine Mehrheit der Kantone sowie der Gewerkschaftsbund und der Gewerbeverband. Am meisten Kritik erntete die Höhe der Leistungen. Den einheitlichen Ansatz von 60% des vor der Dienstleistung erzielten Einkommens hielt die SVP für ungenügend, weshalb sie verlangte, dieser sei auf ein mit den anderen Sozialversicherungen vergleichbares Niveau (von ca. 80%) zu erhöhen. Diese Forderung erhob auch der Gewerbeverband, während die SP und der SGB mit 70% zufrieden wären.

Der Bundesrat leitete dem Parlament seine Botschaft für eine Revision des Bundesgesetzes über die Erwerbsersatzordnung für Dienstleistende in Armee, Zivildienst und Zivilschutz zu. Mit der Gesetzesänderung sollen die seit längerer Zeit sich manifestierenden Anliegen sozial-, familien- und gleichstellungspolitischer Art erfüllt werden. Insbesondere schlug die Landesregierung eine zivilstandsunabhängige Vereinheitlichung der Entschädigungsgrundsätze bei 60% des vordienstlichen Einkommens vor, die Erhöhung der Ansätze für Rekruten sowie eine Erziehungszulage für Dienstleistende mit Betreuungspflichten. Nicht aufgenommen wurde wegen der angespannten Lage in anderen Bereichen der Sozialwerke die in der Vernehmlassung noch vorgesehene Einführung einer Langzeitzulage für lange Dienstleistungen.

Als Erstrat behandelte die kleine Kammer die Vorlage. Obgleich der Rat die Vorschläge des Bundesrates generell begrüsste, fielen in der Eintretensdebatte doch Voten, wonach das System der EO grundsätzlich überdacht werden müsse, insbesondere deren Finanzierung durch Lohnprozente. Zudem sei eine Vereinfachung und Harmonisierung notwendig. Dies bestätigte auch Bundesrätin Dreifuss, meinte aber, wegen der Dringlichkeit der angestrebten Verbesserungen sei diese Überprüfung auf später zu verschieben. Im Detail wurde beschlossen, dass der Anspruch auf Erziehungszulagen nur bestehen soll, wenn tatsächliche Mehrkosten nachgewiesen werden können. Die Diskussionen drehten sich vor allem um die Höhe der Grundentschädigung. Bei Beförderungsdiensten wurde der Entschädigungssatz diskussionslos auf 65% des durchschnittlichen vordienstlichen Erwerbseinkommens angehoben (Bundesrat 60%). Damit sollte sichergestellt werden, dass die EO-Entschädigungen in jedem Fall mindestens das Niveau der Arbeitslosenversicherung erreichen. Ein Minderheitsantrag Seiler (svp, SH), den Ansatz für die Rekruten von 20 auf 25% des Höchstbetrages der Gesamtentschädigung anzuheben, wurde hingegen knapp mit 19 zu 18 Stimmen abgelehnt.

Eintreten auf die Vorlage war auch im Nationalrat unbestritten. Einzelne Redner aus dem rechtsbürgerlichen Lager meinten allerdings sowohl hier wie in der Detailberatung, die Erhöhung der Ansätze hätte durchaus substantieller ausfallen dürfen. Der EO-Fonds sei für die IV geplündert worden und werde nun erneut für die vorläufige Finanzierung der Mutterschaftsversicherung zur Kasse gebeten. Es sei empörend, dass man im Gegenzug bei den wirklich Berechtigten sparen wolle. Die vom Ständerat vorgenommene Erhöhung des Maximalansatzes für Beförderungsdienste auf 65% des vordienstlichen Einkommens passierte ohne Widerspruch; ein Antrag Borer (svp, SO), auf eine weitere Anhebung auf 70% wurde angesichts der hohen Kosten ganz knapp abgelehnt. Darüber hinaus stellte Borer eine Reihe von Minderheitsanträgen für die Heraufsetzung weiterer Entschädigungssätze. Der Antrag auf eine Erhöhung der Grundentschädigung für Rekruten von 20 auf 25% wurde abgelehnt, jene auf eine Anhebung der Mindestsätze für Beförderungsdienste auf 45% und für die übrigen Dienste auf 25% hingegen angenommen. Verworfen mit 89 zu 36 Stimmen wurde ein Antrag Bortoluzzi (svp, ZH), die neuen Betreuungszulagen seien aus allgemeinen Bundesmitteln zu finanzieren; er begründete sein Ansinnen damit, dass es dem Grundgedanken der EO widerspreche, den Verzicht auf einen Erwerb zu finanzieren.

Im Ständerat beantragte die Kommission Festhalten an den ursprünglichen Beschlüssen. Bei der Untergrenze der Entschädigung für allgemeine Dienste setzte sie sich diskussionslos durch. Beim Mindestsatz für Beförderungsdienste obsiegte hingegen mit 23 zu 10 Stimmen der Antrag einzelner Vertreter von LP, FDP und CVP, in diesem Punkt dem Nationalrat zu folgen. Als Sprecher der Minderheit argumentierte Rochat (lp, VD), hier handle es sich vor allem um junge Leute am Ende ihrer Ausbildung, die fürs ”Weitermachen” möglicherweise auf eine erste Arbeitsstelle verzichten, weshalb sie nicht für ihr Engagement zugunsten der Armee bestraft werden dürften. Angesichts des klaren Votums der kleinen Kammer kam auch der Nationalrat auf die zuvor beschlossene Anhebung des Mindestsatzes für allgemeine Dienste zurück und stimmte dem Ständerat zu.

Dienstleistende sollen mindestens den Arbeitslosenbetrag erhalten (Pa.Iv. 94.413)

Diskussionslos gab der Nationalrat einer parlamentarische Initiative Allenspach (fdp, ZH) Folge, welche verlangt dass das Bundesgesetz über die EO dahingehend geändert wird, dass die Entschädigungen an jeden Dienstleistenden mindestens jenem Betrag entsprechen, den er im Falle von Arbeitslosigkeit erhielte. Kommission und Plenum anerkannten zwar, dass die Arbeiten der Verwaltung zur 6. EO-Revision bereits weit fortgeschritten sind und in die von Allenspach anvisierte Richtung deuten, wollte sich aber mit der Annahme der parlamentarischen Initiative die Möglichkeit offenhalten, bei allfälligen Verzögerungen selber legislatorisch tätig werden zu können.

Erneute Forderung einer Teilrevision der Erwerbsersatzordnung (Mo. 97.3229)

Der Bundesrat befasste sich im Juni gleichzeitig mit der 4. IV-Revision, der Einführung einer Mutterschaftsversicherung und der geplanten 6. EO-Revision. Angesichts der angespannten Wirtschafts- und Finanzlage beschloss er, vorläufig auf sozialpolitisch zwar wünschbare, aber nicht qualifiziert begründete Ausbauschritte bei der EO zu verzichten, auch wenn eine Mehrheit der Vernehmlassungsteilnehmer die Revision grundsätzlich befürwortet hatte. Druck auf die Landesregierung zu einer umgehenden Revision machte dann aber eine in der Herbstsession überwiesene Motion Seiler (svp, SH) im Ständerat. Entgegen seiner zögerlichen Haltung vom Juni erklärte sich der Bundesrat nun einverstanden, mit der EO-Revision rasch vorwärts zu machen.