Studie Mindestzinssatz der BVG-Altersguthaben

Angesichts der grossen Zahl von Verordnungen zum BVG wollte die GPK des Ständerates überprüfen, ob Bundesrat und Verwaltung die politischen Zielsetzungen des Parlaments befolgt haben; sie gab deshalb eine Studie in Auftrag, die einige Divergenzen feststellte. Insbesondere habe es der Bundesrat gegen den Willen des Gesetzgebers unterlassen, den Mindestzinssatz der BVG-Altersguthaben der Marktentwicklung anzupassen, wodurch die Rentnerinnen und Rentner nun weniger Geld zugute hätten. Die GPK rügte auch die Praxis des Bundes bei der Beanspruchung des Sicherheitsfonds im Fall eines Konkurses einer Pensionskasse: Ohne gesetzliche Basis seien so seit 1988 über 55 Mio. Fr. wegen Zahlungsunfähigkeit ausbezahlt worden. In seiner Stellungnahme zeigte sich der Bundesrat erfreut über die zentrale Aussage der Studie, wonach der politische Wille des Parlaments beim Vollzug des BVG insgesamt befolgt worden sei und versprach, den Anregungen der GPK bei der anstehenden BVG-Revision die nötige Aufmerksamkeit zu schenken.

Massnahmen zur Sanierung von Pensionskassen in Unterdeckung

Dossier: 1re révision de la loi fédérale sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité (LPP; 1990-2005)

Mit der in Expertenkreisen nicht ganz unerwarteten, aber – da weder mit der Eidg. BVG-Kommission noch mit den Sozialpartnern abgesprochen – doch als überstürzt empfundenen Ankündigung, wegen der anhaltend schlechten Börsenlage den Mindestzinssatz auf den BVG-Guthaben noch im laufenden Jahr von 4% auf voraussichtlich 3% senken zu wollen, entfachte der Bundesrat am 3. Juli einen Sturm der Entrüstung. Die Empörung wurde noch heftiger als bekannt wurde, dass der Entscheid nach einer direkten Intervention der Rentenanstalt bei den Bundesräten Villiger und Metzler erfolgt war, während das für die autonomen Pensionskassen zuständige EDI dafür plädiert hatte, einen allfälligen Entscheid erst vorzunehmen, wenn die vom BSV in Erhebung begriffenen Zahlen und Daten über die Vermögens-, Ertrags- und Reservenlage aller Pensionskassen und Sammelstiftungen bekannt und die Experten der Eidg. BVG-Kommission konsultiert seien. Im Parlament verlangten die SGK beider Kammern und die WAK des Nationalrates vom Bundesrat die Bereitstellung der für einen Entscheid unerlässlichen Grundlagen sowie die Konsultation der BVG-Kommission und des Parlaments. Die Fraktionen der SP und der GP forderten die umgehende Einberufung einer Sondersession. Ende August fand auf dem Bundesplatz in Bern eine von den Gewerkschaften organisierte Kundgebung statt, an der über 12'000 Teilnehmende gegen den „Rentenklau“ protestierten. Der Vorwurf des Rentenraubs wurde dadurch bestärkt, dass sich die grossen Sammelstiftungen (insbesondere die Allfinanzfirmen) beharrlich weigerten offen zu legen, wohin die grossen Börsengewinne der späten 80er und der ersten Hälfte der 90-er Jahre geflossen sind oder die Informationen nur tröpfchenweise lieferten. Zudem wurde kritisiert, dass es der Bundesrat in all den Boomjahren nie für nötig erachtet habe, den Mindestzinssatz zu erhöhen, dass er nun aber, nach zwei mageren Börsenjahren schon bereit sei, rasch und massiv zugunsten der Privatversicherer einzugreifen.

Im Ständerat, der als erster im Rahmen der ordentlichen Herbstsession die verlangte BVG-Sondersession abhielt, erklärte SGK-Präsident Frick (cvp, SZ), es gehe nun darum, Klarheit zu schaffen und das erschütterte Vertrauen in die 2. Säule wieder herzustellen. Die Antworten des Bundesrates auf vier parlamentarische Vorstösse (darunter drei aus der SGK) wurden als teilweise befriedigend erachtet. Kritisiert wurde aber, dass der Bundesrat mit seinem Vorgehen eine tiefe Vertrauenskrise ausgelöst und seine Oberaufsicht zu wenig wahrgenommen habe. Mehrheitlich Einigkeit herrschte im Rat darüber, dass es keine Alternative zu der vom Bundesrat vorgeschlagenen Zinssatzsenkung gebe, da die Pensionskassen nicht längerfristig mehr Zinsen ausschütten könnten, als auf dem Markt zu erzielen seien. Einzig die beiden SP-Abgeordneten Brunner (GE) und Studer (NE) setzen sich für die Beibehaltung des bisherigen Mindestzinses ein. Die kleine Kammer überwies eine Empfehlung (02.3391) betreffend der Festlegung des Mindestzinses sowie ein Postulat zur Finanzmarktaufsicht.

Der Nationalrat, der die Sondersession ebenfalls in die reguläre Herbstsession einbaute, ging mit der Regierung strenger ins Gericht als die kleine Kammer. Während rund sechs Stunden wurde über das überstürzte Handeln des Bundesrates, die Grundlagen dafür und die daraus zu ziehenden Konsequenzen diskutiert. Kritisiert wurden insbesondere die diffusen Zuständigkeiten zwischen dem im EJPD angesiedelten Bundesamt für Privatversicherungen (BPV), das wegen seiner Aufsicht über die Lebensversicherer, welche im Bereich der beruflichen Vorsorge tätig sind, besonders in die Schusslinie geriet, und dem BSV im EDI, dem attestiert wurde, seine Aufsicht im Bereich der Sammelstiftungen insgesamt korrekt ausgeübt zu haben. Angesichts der andauernden Börsenbaisse wurde die Senkung des BVG-Mindestzinssatzes von der bürgerlichen Ratsmehrheit begrüsst. Die SP und die Grünen wollten sich einer Senkung zumindest so lange widersetzen, als nicht alle bei den Lebensversichern vorhandenen Vermögenswerte der Kollektivversicherten detailliert offen gelegt sind und klar ist, wohin die CHF 18 Mrd. Gewinne geflossen sind, welche die Privatversicherer nach eigenen Angaben in den 90-er Jahren ausgeschüttet haben. In den 40 Vorstössen, die der Rat behandelte, wurden ein geregeltes Verfahren für die Festlegung des Mindestzinssatzes, die Verselbständigung der Sammelstiftungen innerhalb der Versicherungsgesellschaften, Verbesserungen bei der Aufsicht und der Oberaufsicht und vor allem vorbehaltlose Transparenz über Reserven, Renditen und Verwaltungskosten der Lebensversicherer verlangt. Der Ständerat wurde aufgefordert, die vom Nationalrat im Rahmen der 1. BVG-Revision bereits beschlossenen neuen Transparenzbestimmungen aus der Vorlage zu lösen, damit sie vorzeitig in Kraft gesetzt werden können. Diesem Ansinnen widersetzte sich allerdings die Kommission des Ständerates, die lieber auf einen raschen Abschluss der 1. BVG-Revision setzen wollte. In der Wintersession nahm der Ständerat vier der in der Sondersession verabschiedete Motionen der SGK ebenfalls an und überwies zudem ein Postulat seiner SGK für die Gleichbehandlung von Teilliquidation und Freizügigkeit.

Noch bevor sich der Bundesrat zum Mindestzinssatz geäussert hatte, prellte die Winterthur-Versicherung, einer der grössten Versicherer im Bereich der Sammelstiftungen, im Juni mit einem vom BSV und dem Bundesamt für Privatversicherungen (BPV) bereits abgesegneten neuen Modell vor, das eine gewisse Teilautonomie der ihr angeschlossenen Pensionskassen vorsieht, bei dem die Risiken vermehrt auf die Kunden abgeschoben werden. Ab 2004 garantiert die Winterthur sowohl im obligatorischen wie im überobligatorischen Bereich nur noch einen Zins von 2% (Garantieprämie). Sind die Erträge höher, sollen sie an die Sammelstiftungen weitergegeben werden. Fallen sie jedoch tiefer aus, müssen die Vorsorgeeinrichtungen selber einspringen, beispielsweise durch eine Erhöhung der Arbeitnehmer- und Arbeitgeberbeiträge. Im überobligatorischen Bereich wird der bis zum Inkrafttreten der 1. BVG-Revision geltende Umwandlungssatz (Prozentsatz, mit dem bei der Pensionierung das Vorsorgekapital in die jährliche Rente umgewandelt wird) von 7,2% auf 5,835% für Männer und 5,454% für Frauen gesenkt, also deutlich unter die vom Parlament zur Kompensation der Längerlebigkeit beschlossenen 6,8%. Zwei Tage später kündigte die Zürich sämtliche Ende Jahr auslaufenden BVG-Verträge; den Gekündigten bot sie neue Versicherungsverträge an, welche mit Ausnahme des Umwandlungssatzes im Überobligatorium, bei dem für Männer und Frauen 5,8% gelten, praktisch identisch waren mit dem Winterthur-Modell. Gleichzeitig beantragte sie beim BPV eine massive Anhebung der Prämien zur Absicherung des Invaliditätsrisikos sowie den Übergang zur Garantieprämie. Diese wurden der Rentenanstalt/Swiss Life vom BPV für den überobligatorischen Teil, nicht aber fürs Obligatorium bewilligt. Im Laufe des Juli reichten weitere Versicherungsgesellschaften (Genfer, Patria) ähnliche Genehmigungsgesuche ein, denen vom BPV teilweise stattgegeben wurde.

Die Gewerkschaften protestierten umgehend gegen das Winterthur-Modell. Damit trage die Versicherungsgesellschaft kein Risiko mehr, sondern schöpfe nur noch allfällige Gewinne ab. Sämtliche Kosten und das Risiko würden dagegen auf die Versicherten abgewälzt. Sie rechneten vor, dass die Senkung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich für die Frauen zu lebenslänglichen Renteneinbussen von 24% und für die Männer von 19% führen würden. Arbeitgeberverband und Gewerbeverband signalisierten hingegen Sympathien für das neue Modell, welches den Realitäten Rechnung trage. Aber auch unter den bürgerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentariern der für das BVG verantwortlichen Kommissionen (SGK) regte sich Unmut über das undurchsichtige Vorgehen der Versicherer, und es wurde die Vermutung geäussert, die Versicherungsgesellschaften wollten noch rasch vor Inkraftsetzung der 1. BVG-Revision deren Bestimmungen zu Transparenz und paritätischer Mitwirkung unterlaufen. Kritik wurde auch an der raschen Genehmigung durch BSV und BPV laut. Nachdem die SGK des Nationalrats an ihrer Juli-Sitzung die beiden involvierten Bundesämter mit einem umfassenden Fragenkatalog eingedeckt hatte, befasste sich die SGK des Ständerates in ihrer Augustsitzung mit dem Ansinnen der Versicherungsgesellschaften. Sie befand zwar, dass der in der 1. BVG-Revision festgeschriebene Umwandlungssatz von 6,8% zu hoch sei, wollte den „Schock in der Öffentlichkeit“, der die Gefahr einer Rezession erhöhe, indessen vermeiden, weshalb sie das Bundesamt für Justiz beauftragte, eine Sistierung der Genehmigung zu überprüfen; im September befand sie dann aber, die Genehmigung sei rechtens gewesen, und sie stellte ihre Opposition ein. Die SGK-NR reichte dagegen mit 15 gegen 9 Stimmen ein Postulat ein (Po. 03.3437), das den Bundesrat auffordert, auf die Genehmigung des Modells der Winterthur zurückzukommen.

Im September leitete der Bundesrat dem Parlament seine Botschaft über Massnahmen zur Behebung von Unterdeckungen in der beruflichen Vorsorge zu. Da sich zu diesem Zeitpunkt die finanzielle Lage vieler Pensionskassen bereits leicht entspannt hatte, beantragte er nicht mehr, wie ursprünglich vorgesehen, die Gesetzesänderungen im beschleunigten Verfahren zu behandeln. Um den Handlungsspielraum der Vorsorgeeinrichtungen mit Deckungslücken vor allem im obligatorischen Bereich zeitlich und materiell zu erweitern, soll vom gesetzlichen Erfordernis der jederzeitigen 100-prozentigen Deckung sämtlicher Verpflichtungen unter gewissen Bedingungen abgewichen werden können und der Katalog von Massnahmen, die zur Behebung einer Unterdeckung ergriffen werden können, erweitert werden. Die Einführung dieser zusätzlichen Massnahmen soll wie bisher im Entscheidungs- und Verantwortungsbereich der Vorsorgeeinrichtungen liegen und deren Kompetenz zur freien Gestaltung der Finanzierung ihrer Leistungen nicht einschränken. Der Massnahmenkatalog sieht insbesondere folgende Möglichkeiten vor, die alle auf den Zeitraum der Unterdeckung beschränkt sind: Erhebung zusätzlicher Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträge, Verzinsung der Altersguthaben unter dem gesetzlichen Minimum und Erhebung eines Beitrags von den Rentnerinnen und Rentnern unter Verrechnung mit den laufenden Renten.

Ende September nahm der Bundesrat Stellung. Er weigerte sich, die Genehmigung rückgängig zu machen. Die Entkoppelung von Vorsorge- und Versicherungsverhältnis respektiere die gesetzlichen Vorschriften, weshalb sie zu Recht vom BSV bewilligt worden sei. Auch die drastische Kürzung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich habe vom BPV genehmigt werden müssen. Denn massgebend sei einzig, dass die Tarife weder die Solvenz der Versicherer gefährdeten, noch missbräuchlich seien. Hingegen sehe das Gesetz nicht vor, dass die „soziale Angemessenheit“ eines solchen Modells bewertet werde. Der Bundesrat habe ursprünglich eine derartige Überprüfung im BVG vorgeschlagen, sei aber im Parlament damit gescheitert.

Der Ständerat genehmigte in der Wintersession die vorgeschlagenen Sanierungsmassnahmen ohne grosse Diskussionen einstimmig. Er schränkte aber die Kompetenz zur Erhebung von Sanierungsbeiträgen bei den Rentnerinnen und Rentnern etwas ein. Seiner Auffassung nach dürfen sie nur auf jenem Teil der Renten erhoben werden, der in den letzten zehn Jahren durch Verbesserungen entstanden ist, die über die gesetzlichen und reglementarischen Bestimmungen hinausgehen; Leistungsverbesserungen, die mehr als zehn Jahre zurückliegen, sollen nicht zu Abzügen führen dürfen. Zwei Minderheitsanträge aus der SP (Brunner, GE und Studer, NE), gänzlich auf das „Rentneropfer“ zu verzichten, wurden mit 30 gegen 9 Stimmen klar verworfen. Gegen den Willen des Bundesrates, der Umwandlung in ein Postulat beantragte, überwies die kleine Kammer anschliessend eine Motion ihrer SGK (Mo. 03.3578), die vom Bundesrat einen Gesetzesentwurf zu Sanierungsmassnahmen auch bei den öffentlichen Kassen verlangt.

Bei den gesetzlichen Vorschlägen zur Sanierung von Pensionskassen in Unterdeckung schloss sich der Nationalrat in den wesentlichen Punkten dem Ständerat an. Er sprach sich aber mit 89 (SP, GP, Mehrheit der CVP und einzelne Mitglieder der FDP) zu 85 Stimmen knapp dagegen aus, dass die angeschlagenen Pensionskassen die obligatorisch versicherten Altersguthaben tiefer als zum jeweils geltenden Mindestzinssatz verzinsen dürfen; nicht bestritten war, dass die Pensionskassen im überobligatorischen Bereich diesbezüglich frei sind. Ein Antrag der CVP, den Rentnerinnen und Rentnern Einsitz im Stiftungsrat der Vorsorgeeinrichtung zu gewähren, damit sie sich auch an den Entscheiden über Sanierungsbeiträge beteiligen können, wurde mit 158 zu 15 Stimmen abgelehnt. Grundsätzlich wurde aber eine verstärkte Mitsprache der bereits Pensionierten mit 120 zu 5 Stimmen gutgeheissen.

Anschliessend an seine Beratungen überwies der Nationalrat mit grossem Mehr eine Motion des Ständerats, die den Bundesrat verpflichtet, einen Gesetzesentwurf zu Sanierungsmassnahmen auch bei den öffentlichen Kassen vorzulegen (Mo. 03.3578).

Der Ständerat blieb in der Differenzbereinigung im Grundsatz bei seinem Entscheid, milderte die Rentenkürzungen allerdings etwas ab und entschied mit 22 zu 19 Stimmen, dass Pensionskassen während höchstens fünf Jahren den jeweils geltenden Mindestzinssatz unterschreiten dürfen, wenn die anderen Sanierungsmassnahmen nicht genügen, um die Unterdeckung zu beheben. Von einem verstärkten Mitspracherecht der Rentnerinnen und Rentner wollte er erneut nichts wissen. Der Nationalrat liess sich nicht umstimmen und hielt mit 95 zu 87 resp. 97 zu 83 Stimmen in beiden Punkten an seiner Haltung fest. In der zweiten Runde der Differenzbereinigung schloss sich der Nationalrat beim Mitspracherecht der Pensionierten der kleinen Kammer an, beharrte aber mit 76 zu 74 Stimmen auf seinem Entscheid beim Mindestzinssatz. Die Einigungskonferenz schlug als Brücke eine zusätzliche Bestimmung vor, wonach die fünfjährige Unterschreitung maximal 0,5 Prozentpunkte betragen darf. Diesen Kompromiss hiessen beide Kammern diskussionslos gut. In der Schlussabstimmung wurden die Sanierungsmassnahmen sowohl im Stände- wie im Nationalrat einstimmig angenommen. Die neuen Gesetzesbestimmungen treten auf den 1.1.2005 in Kraft.

Keine Einführung einer versicherungsmathematisch berechneten Formel für die Festlegung des Mindestzinssatzes (Mo. 05.3467)

Eine Motion der SGK-NR für die Einführung einer versicherungsmathematisch berechneten Formel für die Festlegung des Mindestzinssatzes wurde auf Antrag des Bundesrates mit 95 zu 83 Stimmen abgelehnt.

Herauslösung der technischen Parameter aus dem BVG

Im März 2012 reichte Toni Bortoluzzi (svp, ZH) eine parlamentarische Initiative zur Streichung des Mindestumwandlungssatzes und des Mindestzinssatzes aus dem BVG ein. Da das BVG überreglementiert sei und die Regeln zur zweiten Säule zu rigide ausgestaltet seien, sollten technische Grössen wie der Mindestumwandlungssatz oder der Mindestzinssatz zukünftig nicht mehr im Gesetz geregelt werden. Dadurch könne auch der Wettbewerb zwischen den Anbietern von Vorsorgelösungen verstärkt werden.
Im April 2013 beschloss die SGK-NR mit 14 zu 8 Stimmen, der Initiative aufgrund des grossen Handlungsbedarfs Folge zu geben: Wegen dieser gesetzlichen Bestimmungen müssten die Pensionskassen bisher ungedeckte Leistungen ausrichten, wurde argumentiert. Im August 2013 sistierte jedoch die SGK-SR die Vorlage einstimmig, da die Thematik des Mindestumwandlungssatzes und Mindestzinssatzes im Rahmen der Altersvorsorge 2020 anzugehen sei. Nach ihrer Erstberatung der Altersvorsorge 2020 beschloss die SGK-SR anfangs September 2015, der Initiative keine Folge zu geben. Die AHV-Reform solle nicht durch weitere Elemente überladen werden, erklärte die Kommission.
Im Januar 2017 befasste sich die SGK-NR erneut mit dem nach dem Ausscheiden von Toni Bortoluzzi aus dem Nationalrat von Thomas de Courten (svp, BL) übernommenen Vorstoss und beschloss, die Initiative zu sistieren. Stattdessen wurde eine Motion 16.3350 eingereicht, die dasselbe Ziel verfolgte, jedoch leicht anders formuliert war.

Im Februar 2018 beriet die SGK-NR die parlamentarische Initiative zur Streichung des Mindestumwandlungssatzes und des Mindestzinssatzes aus dem BVG erneut, nun hatten sich jedoch die Vorzeichen geändert: Inzwischen hatte das Volk die Altersvorsorge 2020 abgelehnt und der Bundesrat hatte entschieden, zwei separate Vorlagen zur AHV und der beruflichen Vorsorge auszuarbeiten. Da die Kommission bezüglich Mindestumwandlungssatz und Mindestzinssatz von den Sozialpartnern keine Reformvorschläge erwarte und es sich dabei um technische Variablen handle, sollten diese aus dem BVG herausgelöst werden, erklärte die Kommission in einer Medienmitteilung. Dagegen wehrte sich jedoch eine Minderheit Heim (sp, SO).
In der Sommersession 2018 behandelte der Nationalrat die parlamentarische Initiative zusammen mit einer Motion der SGK-NR. Thomas de Courten (svp, BL) argumentierte, dass diese technischen Parameter mit politischen Beurteilungen nichts zu tun hätten und es daher zukünftig den Pensionskassen überlassen werden solle, zu entscheiden, wie sie die Mindestziele erreichen. Minderheitssprecherin Barbara Gysi (sp, SG) betonte jedoch, dass es eben nicht um technische Daten, sondern um eine hochpolitische Frage, nämlich um die Höhe der Renten der zweiten Säule, gehe. Trotz dieser Einwände gab der Nationalrat der parlamentarischen Initiative mit 127 zu 59 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) Folge.

Wie bereits der Nationalrat in der Sommersession 2018 behandelte auch der Ständerat die parlamentarische Initiative Bortoluzzi (svp, ZH) für eine Herauslösung der technischen Parameter aus dem BVG zusammen mit der Frage nach einer Sistierung der Motion der SGK-NR für eine Entpolitisierung der technischen Parameter im BVG (Mo. 16.3350). Diskussionslos folgte der Ständerat dem Antrag der SGK-SR, der Initiative keine Folge zu geben. Konrad Graber (cvp, LU) erklärte, dass die Diskussion um die technischen Parameter in der neusten Revision der beruflichen Vorsorge geführt werden müsse und es keinen Sinn mache, hier «auf zwei Gleisen zu fahren».

Entpolitisierung des Mindestzinssatzes und des Mindestumwandlungssatzes

Der Nationalrat behandelte in der Herbstsession zwei Motionen (11.3778, 11.3779) der FDP-Liberalen Fraktion zur Entpolitisierung des Mindestzinssatzes und des Mindestumwandlungssatzes in der beruflichen Vorsorge. Die Vorstösse verlangen, dass der Mindestzinssatz in Zukunft automatisch mittels einer transparenten Formel der realen Situation an den Finanzmärkten angepasst wird. Der Mindestumwandlungssatz soll an der tatsächlichen Leistungsfähigkeit unter Berücksichtigung der Lebenserwartung, des angesparten Kapitals und der erzielbaren Renditen bemessen werden. Sowohl Mindestzins- als auch Mindestumwandlungssatz sollen damit nicht mehr politischen Entscheiden unterstehen. Politischer Druck, so die Argumentation, habe in der Vergangenheit zum einen zu überhöhten Mindestzinssätzen geführt, was die Vorsorgeeinrichtungen zu riskanten Anlagen gezwungen habe. Zum anderen würden durch die politisch festgelegten hohen Mindestumwandlungssätze die Renditen nicht mehr zur Zahlung der Renten ausreichen, weshalb die Kassen auf ihre Aktiven zurückgreifen oder Beiträge von Arbeitnehmenden umlegen müssten. Beides habe die zweite Säule destabilisiert. Der Bundesrat wehrte sich gegen die Vorstösse. Der mittels der aktuellen, indikativ verwendeten Formel festgelegte Mindestzinssatz sei grundsätzlich erreichbar. Eine fixe Formel, wie sie die Motion verlangt, könne dagegen im Fall von unvorhergesehenen Marktschwankungen zu inädequaten Resultaten mit entsprechenden Folgen für Versicherte, Versicherer und Arbeitgeber führen. Beim Mindestumwandlungssatz bestehe tatsächlich Handlungsbedarf, auch wenn das Stimmvolk eine Änderung im März 2010 klar abgelehnt habe. Auch hier wies die Regierung jedoch darauf hin, dass eine starre Formel nicht wünschenswert sei. Zudem würde eine jährliche Anpassung des Umwandlungssatzes mittels starrer Anwendung einer Formel jeweils die Beiträge und auch die Renten verändern, was zu grosser Unsicherheit führen könnte. Sowohl beim Mindestzinssatz als auch beim Mindestumwandlungssatz wäre die Festlegung einer Formel zudem nicht ohne längere politische Auseinandersetzungen machbar, so der Bundesrat. Der Nationalrat zeigte sich von diesen Befürchtungen wenig beeindruckt und nahm die Motionen ohne Debatte mit 120 zu 52 Stimmen (Mindestzinssatz) und 125 zu 55 Stimmen (Mindestumwandlungssatz) an, wobei die Ratslinke von den Mitteparteien und der SVP überstimmt wurde. Damit besteht die Möglichkeit, dass die bürgerlichen Parteien insbesondere in Bezug auf den Mindestumwandlungssatz Änderungen des BVG erreichen können, welche im direkten Gegensatz zu der von Bundesrat Berset geplanten Rentenreform stehen. Die ständerätliche Beratung der Geschäfte stand im Berichtsjahr noch aus.

Der Ständerat behandelte in der Herbstsession 2015 als Zweitrat zwei Motionen (11.3778; 11.3779) der FDP-Liberalen Fraktion zur Entpolitisierung des Mindestumwandlungssatzes und des Mindestzinssatzes in der beruflichen Vorsorge. Zwei Jahre zuvor hatte der Nationalrat beide Motionen angenommen. Die ständerätliche Kommission empfahl ihrem Rat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat, die beiden Vorstösse abzulehnen. Es gelte angesichts der Arbeiten an der Reform Altersvorsorge 2020, die Neuausrichtung der ersten und zweiten Säule nicht noch stärker zu überladen, so die Kommissionssprecherin. Die kleine Kammer folgte diesem Argument ohne weitere Debatte und lehnte die beiden Motionen ab.

Entpolitisierung der technischen Parameter im BVG

Eine Motion der Kommission für Gesundheit und soziale Sicherheit des Nationalrats verlangte die Entpolitisierung der technischen Parameter im BVG. Der Mindestzins- und Mindestumwandlungssatz in der beruflichen Vorsorge solle nicht länger auf politischem Weg festgelegt werden, sondern mittels einer mathematischen Formel. Der Bundesrat empfahl die Ablehnung der Motion und verwies auf noch hängige oder bereits abgelehnte Vorstösse mit demselben Anliegen (12.414, 12.3778, 12.3779) und auf seine Botschaft zur Reform der Altersvorsorge 2020, in der er ebenfalls auf eine Entpolitisierung der technischen Parameter verzichtet hatte. Eine Minderheit der SGK-NR lehnte die Kommissionsmotion ab. Ihre Position war in der Herbstsession 2016 bereits im Rahmen der Eintretensdebatte zur Altersvorsorgereform begründet worden, weshalb der Rat bei seiner Behandlung der Motion am selben Tag direkt zur Abstimmung schritt. Mit 138 zu 56 Stimmen ohne Enthaltungen nahm er den Vorstoss an. Dieser ging somit zur Behandlung an den Ständerat.

In der Wintersession beschloss der Ständerat auf Antrag der SGK-SR, nach Ablehnung der Altersvorsorge 2020 an der Urne die Behandlung der Motion zur Entpolitisierung der technischen Parameter im BVG – und mit ihr sämtliche Vorstösse, welche eine neue Reform betreffen – zu sistieren. In der Ausarbeitungsphase einer neuen Reform sollten der Regierung keine „einengenden politischen Vorgaben” gemacht werden, erklärte die SGK-SR.

Im Februar 2018 entschied die SGK-NR mit 17 zu 7 Stimmen, dem Entscheid des Ständerats auf Sistierung der Motion zur Entpolitisierung der technischen Parameter im BVG nicht zuzustimmen. So sei nicht zu erwarten, dass die Sozialpartner bezüglich dieser technischen Variablen Vorschläge machen würden – dieses Argument hatte die SGK-SR für die Sistierung vorgebracht. Deshalb solle diese Reformidee unabhängig vom Reformpaket des Bundesrates vorangetrieben werden, wurde im Kommissionsbericht erklärt. Eine Minderheit Gysi (sp, GS) beantragte dennoch eine Sistierung, «da das Parlament ohnehin bald wieder über die Frage des Umwandlungssatzes beraten werde».
In der Sommersession 2018 behandelte der Nationalrat die Motion zusammen mit der von Thomas de Courten (svp, BL) übernommenen parlamentarischen Initiative Bortoluzzi (svp, ZH, Pa. Iv. 12.414), die eine Streichung der Regelungen zum Mindestumwandlungssatz und zum Mindestzinssatz aus dem BVG beabsichtigte. In der Parlamentsdebatte argumentierte de Courten, dass man bei der Aufnahme des Umwandlungssatzes ins Gesetz im Rahmen der ersten BVG-Revision – zuvor war dieser in der entsprechenden Verordnung geregelt gewesen – die dadurch entstehenden Schwierigkeiten nicht vorhergesehen habe. Heute läge das Hauptproblem des BVG «objektiverweise» darin, dass Umwandlungssatz und Mindestzinssatz im Gesetz geregelt sind. Das Volk habe eine Senkung des Umwandlungssatzes nun mehrmals abgelehnt und «man muss nicht immer wieder den gleichen Fehler machen und mit dem gleichen Vorschlag nochmals vor die Bevölkerung treten.» Man solle daher «eine etwas andere Lösung anstreben». Diese technischen Parameter hätten zudem mit politischen Beurteilungen nichts zu tun, da sie von zwischen den Kassen stark schwankenden Werten abhingen. Zukünftig solle es daher den Pensionskassen überlassen werden, zu entscheiden, wie sie die Mindestziele erreichen – weiterhin sei eine Ersatzquote von 60 Prozent durch die erste und zweite Säule zu gewährleisten, erklärte de Courten. Diesen Überlegungen widersprach Minderheitssprecherin Gysi heftig: Durch die Vorstösse «soll dem Volk das Recht genommen werden, in dieser doch so wichtigen Frage mitzusprechen». Es gehe eben nicht um technische Daten, sondern um eine hochpolitische Frage, nämlich um die Höhe der Renten der zweiten Säule. Auch Gesundheitsminister Berset erachtete die Frage eindeutig als politisch. Zudem seien die Aufnahme des Umwandlungssatzes ins Gesetz sowie seine Senkung von 7.2 auf 6.8 Prozent vom Parlament beschlossen und von den Stimmbürgern nicht widerrufen worden – insofern gebe es diesbezüglich also bereits (Volks-)Entscheide. Daher mache es keinen Sinn, den Umwandlungssatz plötzlich aus dem Gesetz zu nehmen. Trotz dieser Einwände nahm der Nationalrat die Motion mit 127 zu 55 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) an und stimmte mit 127 zu 59 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) zu, der parlamentarischen Initiative Bortoluzzi Folge zu geben.

Wie bereits der Nationalrat in der Sommersession 2018 behandelte auch der Ständerat die Sistierung der Motion der SGK-NR für eine Entpolitisierung der technischen Parameter im BVG zusammen mit der parlamentarischen Initiative Bortoluzzi (svp, ZH; Pa.Iv. 12.414) für eine Herauslösung der technischen Parameter aus dem BVG. Einstimmig hatte sich die SGK-SR zuvor erneut für eine Sistierung der Motion ausgesprochen. Dies begründete Konrad Graber (cvp, LU) damit, dass die Diskussion um die technischen Parameter in der neusten Revision der beruflichen Vorsorge geführt werden müsse und eine parallele Behandlung hier keinen Mehrwert bringe. Stillschweigend sprach sich der Ständerat in der Folge für die Sistierung aus.