Der Rücktritt von Regierungsrätinnen und -räten bedeutet in der Regel, dass kantonale Regierungswahlen spannend werden. Nicht so 2019 im Kanton Appenzell Ausserrhoden. Zwar waren Köbi Frei (AR, svp) und Matthias Weishaupt (AR, sp) altershalber zurückgetreten – beide durften nach drei Amtsperioden nicht mehr antreten –, für die fünf bei den Wahlen 2019 zu vergebenden Regierungssitze kandidierten allerdings lediglich fünf Kandidaten. Neben den drei bisherigen Dölf Biasotto (AR, fdp), Paul Signer (AR, fdp) und Alfred Stricker (AR, parteilos) traten lediglich Yves Noël Balmer für die SP und Hansueli Reutegger für die SVP an. Beide galten in ihren Parteien als gemässigt und «dossierfest», wie die Appenzeller Zeitung festhielt. Damit waren bereits vor dem Urnengang zwei Dinge klar: Erstens würde die parteipolitische Zusammensetzung der Ausserrhoder Regierung bestehen und zweitens würde die Exekutive im Kanton nach wie vor ein reines Männergremium bleiben. Ersteres wurde im Vorfeld der Wahlen gelobt, da so «alle Bevölkerungsschichten in der Regierung vertreten» seien, wie etwa der Neo-Regierungsrat Yves Noël Balmer betonte. Zweiteres war ab und zu kritisiertes Thema bei den spärlichen medialen Diskussionen vor dem Urnengang. Seit dem Rücktritt von Marianne Koller-Bohl (AR, fdp) im Jahr 2017 sitzt keine Frau mehr in der Ausserrhoder Regierung. Unmut löste zudem die mangelnde Auswahl aus. Da die beiden amtierenden Alfred Stricker und Paul Signer aufgrund ihrer Amtsführung in der Kritik standen, wäre ein Angriff von links oder der traditionell dominanten FDP wohl nicht chancenlos gewesen. In den Medien wurde der Nichtangriffspakt mit den anstehenden nationalen Wahlen erklärt. Wollte die FDP den Nationalratssitz, den die SVP 2015 mit David Zuberbühler (svp, AR) gewonnen hatte, zurückerobern, so brauchte sie die Unterstützung der anderen Parteien, insbesondere eben auch der SP.
Ähnlich spannungsarm wie die Regierungswahlen präsentierte sich auch die Wahl des neuen Landammans. Für das Regierungspräsidium von Appenzell Ausserrhoden, das alle zwei Jahre neu besetzt werden muss, meldete sich lediglich Alfred Stricker, der damit die Nachfolge von Paul Signer anstrebte.

Die wohl «spannungslosesten Regierungswahlen seit vielen Jahren», wie der Appenzeller Volksfreund sie betitelte, gingen am 10. Februar 2019 über die Bühne. Als eher überraschend wurde gewertet, dass die im Vorfeld der Wahlen geäusserte Kritik an Alfred Stricker (10'727 Stimmen) und Paul Signer (10'699 Stimmen) die beiden kaum Stimmen kostete. Beide wurden – wie die anderen drei Kandidierenden auch – mit über 10'000 Stimmen gewählt. Knapp am meisten Stimmen erhielt Dölf Biasotto (10'829 Stimmen). Aber auch die beiden Neuen fielen hinsichtlich ihrer Stimmenzahl nicht ab: Yves Noël Balmer erhielt 10'641 Stimmen und Hansueli Reutegger deren 10'230. Dies ist nicht selbstverständlich, liegen doch Kandidierende der SVP in Ausserrhoden häufig rund 10 Prozent hinter den anderen Kandidierenden. Alfred Stricker wurde zudem mit 9'970 Stimmen zum neuen Landammann gewählt. Von den 11'816 eingelangten Wahlzetteln für die Präsidentschaftswahl blieben 870 leer oder waren ungültig und auf 976 stand ein anderer Name als jener von Stricker.
Die tiefe Wahlbeteiligung von 31.5 Prozent vermochte aufgrund der Ausgangslage kaum zu überraschen. Zum Vergleich: Bei der gleichzeitig stattfindenden nationalen Abstimmung zur Zersiedelungsinitiative nahmen 37.1 Prozent der Ausserrhoder Stimmberechtigten ihr Beteiligungsrecht wahr. Die tiefe Wahlbeteiligung wurde von den Medien auch als stiller Protest gegen die nicht vorhandene Auswahl interpretiert.

Regierungsratswahlen im Kanton Appenzell Ausserrhoden
Dossier: Elections cantonales - Appenzell Rhodes-Extérieures
Dossier: Elections des exécutifs cantonaux 2019