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  • Tribunal fédéral

Acteurs

  • Parti libéral-radical (PLR) FDP

Processus

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Bereits kurz vor dem Abstimmungssonntag im November 2020 zur Konzernverantwortungsinitiative reichten die Jungfreisinnigen in fünf Kantonen (AG, BE, SG, TG, ZH) eine Stimmrechtsbeschwerde gegen die Landeskirchen und deren aktive Beteiligung am Abstimmungskampf zu Gunsten der Initiative ein. Als die Kantonsregierungen nicht darauf eintraten, da diese Frage auf nationaler Ebene geregelt werde, richtete die Jungpartei ihre Beschwerde an das Bundesgericht. Sie beschuldigte die Kirchen, gegen Artikel 34 der Bundesverfassung – welcher Sachlichkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit vorschreibt – verstossen zu haben, und verlangten, dass sich die Religionsgemeinschaften in zukünftigen Abstimmungskämpfen neutral verhalten müssten. In einer Stellungnahme an das Bundesgericht, welche in den Medien teilweise veröffentlicht wurde, teilte die Bundeskanzlei (BK) die Vorwürfe der Jungpartei und stellte fest, dass das Engagement der katholischen und reformierten Landeskirchen im Zuge des Abstimmungskampfes zur KVI «zumindest grenzwertig» gewesen sei, insbesondere da Gegenargumente keinen Eingang in ihre Argumentation gefunden hätten. Die Kirche sei eine öffentlich-rechtlich anerkannte Körperschaft, welche einen staatlichen Auftrag wahrnehme. Dafür erhalte sie gewisse Privilegien, wie etwa das Recht, Steuern erheben zu dürfen, was sie dazu verpflichte, sich an Grundrechte wie die Gewährung der Abstimmungsfreiheit zu halten. Inwiefern die Kirchen im Rahmen ihrer Werbung für die KVI gegen diese Vorgaben verstossen hätten, sei zu klären.

Im März 2021 schrieb das Bundesgericht die fünf Stimmrechtsbeschwerden der Jungfreisinnigen als gegenstandslos ab. Das aktuelle Interesse, welches nötig sei, um ein solches Leiturteil zu fällen, sei nicht gegeben, da die Initiative am Ständemehr gescheitert sei. Das Bundesgericht stimmte jedoch zu, dass ein Interesse bestehen könnte, in diesem Feld Klarheit zu schaffen – jedoch sei dies nur möglich, wenn sich die kirchlichen Interventionen im Abstimmungskampf auf das Ergebnis auswirken würden. Während die Jungfreisinnigen das Urteil bedauerten und weiterhin auf ihrer Forderung nach Neutralität der Kirchen bestanden, begrüsste das Komitee «Kirche für Konzernverantwortung», dem über 700 Kirchgemeinden und Pfarreien angehörten, das Ergebnis. Es sei selbstverständlich, dass sich die Kirche in einer Demokratie zu politischen Fragen äussere und an öffentlichen Debatten teilnehme. Gleichzeitig seien sich die Kirchen auch bewusst, dass eine Aufarbeitung angezeigt sei – eine solche versprachen in der Folge Daniel Kosch, Generalsekretär der Römisch-Katholischen Zentralkonferenz (RKZ), sowie Rita Famos, die neue Präsidentin der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz (EKS).

Kirchenposition zur KVI

Am 17. September 2018 lancierte das Referendumskomitee seine Kampagne gegen das Gesetz über die Grundlage der Überwachung von Versicherten vor dem Hauptsitz der CSS-Krankenversicherung in Bern. Ziel dieser Aktion sei gemäss Komitee, den Fokus der Diskussion auch auf die Krankenkassen zu lenken. Da alle Bürger krankenversichert seien, könnten sie alle zukünftig einmal ins Visier der Sozialdetektive geraten, argumentierte Dimitri Rougy vom Referendumskomitee. Dass das neue Gesetz – entgegen deren Erklärungen – für die Krankenkassen wichtig sei, zeige das starke Lobbying, das sie diesbezüglich in Bern betrieben hätten. Dieser Darstellung widersprach die CSS: Observationen spielten für sie jetzt und auch zukünftig bei der Missbrauchsbekämpfung keine Rolle, erklärte CSS-Sprecherin Christina Wettstein.
Noch während der Abstimmungskampagnen präsentierte der Bundesrat seine Verordnung zur Anforderung an die mit der Überwachung betrauten Personen. Diese müssten über eine Bewilligung des BSV verfügen, in den letzten 10 Jahren nicht für ein mit der Überwachung zusammenhängendes Delikt verurteilt worden sein, über eine Polizeiausbildung oder gleichwertige Ausbildung, dazu zählt auch eine Ausbildung an einer Detektivschule, sowie über ausreichende Rechtskenntnisse verfügen und mindestens zwei Jahre Berufserfahrung in der Personenüberwachung haben. Zudem soll das BSV ein Verzeichnis über die entsprechenden Personen führen. Dies sei zwar besser als gar keine Regelung, erklärte Silvia Schenker (sp, BS) als Mitglied des Referendumskomitees, löse aber das Grundproblem der Überwachung nicht.
In der Folge versuchten die Referendumsführenden klar zu machen, dass es ihnen nicht in erster Linie darum gehe, Observationen zu verhindern. Diese dürften aber nicht willkürlich erfolgen, sondern müssten auf einer sorgfältig ausgearbeiteten gesetzlichen Grundlage beruhen. Eine solche stelle das neue Gesetz aber nicht dar, da zu viele Punkte unklar seien. Zudem gingen die Möglichkeiten, welche die Versicherungen erhielten, viel zu weit. Man würde damit «mit Kanonen auf Spatzen […] schiessen», betonte Anne Seydoux (cvp, JU). Erstere Kritik unterstützte auch ein bürgerliches Komitee, vor allem bestehend aus Jungen Grünliberalen sowie teilweise aus Jungfreisinnigen. Unterstützt wurden sie von einigen Kantonalsektionen, etwa der GLP Neuenburg oder der CVP Jura, CVP Neuenburg und CVP Genf. Offiziell bekämpft wurde die Vorlage schliesslich von SP, Grünen und Grünliberalen, Letztere entschieden sich aber mit 67 zu 61 Stimmen nur knapp und gegen den Willen des Parteivorstands gegen das Gesetz. Unterstützung in den Medien erhielten die Komitees während des Abstimmungskampfes auch von einem Teil des Verbandes Schweizerischer Polizeibeamter (VSPB): Die Hälfte der Verbandsmitglieder, die an einer entsprechenden Befragung teilgenommen hätten, lehne das neue Gesetz ebenfalls ab, weil Privatdetektive verglichen mit den Strafverfolgungsbehörden zu viele Kompetenzen erhielten, berichteten die Medien.
Auf der anderen Seite betonten die Befürworterinnen und Befürworter des neuen Gesetzes, zu dem unter anderem die SVP, FDP, CVP, BDP und EDU sowie zum Beispiel der Gewerbeverband, der Arbeitgeberverband und der Versicherungsverband zählten, dessen Wichtigkeit für die Sozialversicherungen. Einerseits sei eine konsequente Verfolgung von Missbrauch für das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Sozialversicherungen zentral, andererseits könnten so Kosten gespart werden, wodurch mehr Geld für die tatsächlich Berechtigten übrigbliebe. Um letzteren Punkt zu verdeutlichen, führten die Befürwortenden des Gesetzes an, wie viele unrechtmässig bezogenen Leistungen durch die Observationen gespart werden können. Alleine zwischen 2009 und 2016 habe die IV gemäss Zahlen des BSV wegen festgestellten Missbräuchen in etwa 2000 Fällen pro Jahr insgesamt Renten in der Höhe von CHF 1.2 Mrd. eingespart. Jährlich seien 220 Fälle mithilfe von Observationen durchgeführt worden, wobei sich der Verdacht in der Hälfte der Fälle bestätigt habe. Der momentane Überwachungsstopp erschwere den entsprechenden Stellen hingegen die Überführung von Betrügerinnen und Betrügern. So erklärte die IV-Stelle Bern, dass sie im ersten Halbjahr 2018 nur halb so viele Fälle unrechtmässig bezogener Leistungen festgestellt habe wie im ersten Halbjahr 2017. Keine entsprechende Einschätzung abgeben wollte jedoch zum Beispiel die IV-Stelle des Kantons Aargau, die SVA Aargau, da aufgrund der langen Dauer der Überwachungen zu Beginn des Untersuchungszeitraums noch Observationen eingesetzt worden seien. Auch Silvia Schenker kritisierte entsprechende Aussagen als reine Spekulation, da nicht nachgewiesen werden könne, ob die Unterschiede tatsächlich auf die fehlenden Observationen zurückzuführen seien.

Ungewohnt grosse Aufmerksamkeit erhielt im Rahmen des Abstimmungskampfes das Abstimmungsbüchlein. Das Referendumskomitee kritisierte in den Medien die Informationspolitik des Bundesrates im Abstimmungsbüchlein deutlich. Letzteres sei fehlerhaft, so dass die freie Meinungsbildung nicht mehr gewährleistet sei. Beanstandet wurde insbesondere, dass das neue Gesetz durch Aussagen, wonach dieses keine Möglichkeiten schaffe, in Wohn- und Schlafzimmern zu filmen, und wonach Richtmikrofone und Wanzen nicht erlaubt seien, verharmlost werde. Dem widersprach die Bundeskanzlei und erklärte, man habe die Grundsätze der Sachlichkeit, Transparenz und Verhältnismässigkeit eingehalten. In der Folge versuchte das Komitee, den Versand des Abstimmungsbüchlein durch eine Abstimmungsbeschwerde beim Kanton Zürich und anschliessend beim Bundesgericht zu verhindern. Das Bundesgericht wies hingegen den Antrag auf Versandstopp ab. Ein solcher sei nicht gerechtfertigt, weil auch zwei weitere Vorlagen Ende November 2018 zur Abstimmung kämen. Inhaltlich entschied es jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht.
Etwa drei Wochen vor dem Urnengang wurde schliesslich publik, dass die Zahlen des BSV zur Anzahl Observationen bei der IV nicht korrekt waren. So wäre etwa der Kanton Freiburg mit knapp 4 Prozent der Schweizer Bevölkerung für 30 Prozent aller Observationen verantwortlich gewesen; statt 70 Observationen, wie sie das BSV aufführte, hätten in demselben Zeitraum in Freiburg jedoch nur 8 Observationen stattgefunden, erklärte dann auch der Direktor der kantonalen Sozialversicherungsanstalt. Auch in Bern und in Basel-Landschaft waren die Zahlen falsch. Diese Fehler hatten Auswirkungen auf die Höhe der Einsparungen durch die Observationen, die von der Anzahl Observationen abhängt. In der Folge musste die Bundeskanzlei die im Abstimmungsbüchlein gedruckten Zahlen korrigieren: Jährlich komme es bei der IV von 2'400 Fällen, in denen Verdacht auf Sozialversicherungsbetrug bestehe, in 150 Fällen zu Observationen, nicht in 220 Fällen wie ursprünglich erklärt. Da das Abstimmungsbüchlein zu diesem Zeitpunkt bereits gedruckt und verschickt war, korrigierte der Bund die Zahlen nur in der elektronischen Fassung. Dies könne womöglich rechtliche Folgen – bis hin zur Ungültigerklärung der Abstimmung – haben, spekulierten die Medien.
Kurze Zeit später wurde ein weiterer Fehler im Abstimmungsbüchlein publik. So berichtigte die GPK-NR eine Angabe in einer Tabelle, wonach der Nachrichtendienst zum Beispiel Telefonüberwachungen zur Bekämpfung von «Terrorismus und gewalttätigem Extremismus» einsetzen könne. Dies stimme nur für Terrorismus, gegen gewalttätigen Extremismus, zum Beispiel gegen Links- oder Rechtsradikale, könne der Nachrichtendienst keine Telefonüberwachung einsetzen. Relevant war dieser Aspekt vor allem, weil die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage argumentierten, die Sozialversicherungen erhielten weitergehende Kompetenzen als Polizei oder Nachrichtendienst – was die Befürworterinnen und Befürworter bestritten.
Nicht nur das Abstimmungsbüchlein, auch die Zahlen bezüglich der Observationen, die der Schweizerische Versicherungsverband (SSV) publizierte, erwiesen sich kurz darauf als unvollständig. Der Verband sprach von 100 Fällen von Observationen pro Jahr und erklärte, das «Mittel der Observation [werde] zurückhaltend, aber effizient eingesetzt». Dabei führte er jedoch nur die Observationen zum obligatorischen Bereich der Unfallversicherung, nicht aber diejenigen von anderen Versicherungen (z.B. Zusatzversicherungen, Krankentaggeldversicherungen, Haftpflichtversicherungen) auf, bei denen Überwachungen deutlich häufiger eingesetzt werden, die jedoch das neue Gesetz nicht betraf.

Die Medien publizierten während des Abstimmungskampfes mehrmals Geschichten, welche unrechtmässige Bezüge von Sozialversicherungsgeldern thematisierten. So veröffentlichte etwa das Bundesgericht Mitte Oktober 2018 ein Urteil zu einer Person, die wegen Sozialversicherungsbetrugs ihren Rentenanspruch verlor (9C_221/2018). Auch ein Bericht in der «Rundschau» sowie Überwachungsvideos von Betrügern, die der Präsident der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen, Andreas Dummermuth, veröffentlichte, wurden von den Medien aufgenommenen. Andererseits kamen auch Personen zu Wort, welche zu Unrecht observiert worden waren, und im Zusammenhang damit wurden auch die Folgen von solchen Überwachungen beleuchtet. So könnten diese bei den Überwachten seelische Spuren bis hin zu psychischen Beschwerden und dem Gefühl des Überwachtwerdens hinterlassen und bestehende psychische Erkrankungen noch verstärken, erklärte die Psychiaterin Maria Cerletti gegenüber dem Blick. Dabei wirke nicht nur die Überwachung selbst schädlich, sondern bereits das Wissen, dass man überwacht werden könnte.

Deutliche Vorzeichen für den Abstimmungssonntag lieferten die Vorumfragen. Die verschiedenen Wellen der Tamedia-Umfrage zeigten konstant einen Ja-Stimmenanteil von ungefähr zwei Dritteln der Stimmen (1. Welle: 67% Jastimmen, 30% Neinstimmen, 2. Welle: 68% Jastimmen, 30% Neinstimmen, 3. Welle: 67% Jastimmen, 32% Neinstimmen), die zwei Wellen der SRG-Umfrage durch gfs.bern machten Ja-Mehrheiten von 57 respektive 59 Prozent aus. Ob der relativ klaren Ausgangslage begannen sich die Medien gegen Ende des Abstimmungskampfes für die Frage zu interessieren, was bei einer Bestätigung des Gesetzes durch das Volk geschehe. So bestehe durchaus die Möglichkeit, dass der EGMR in Strassburg auch das neue Gesetz beanstande, weil dieses verschiedene Anforderungen des Urteils von 2016 nicht erfülle. Zum Beispiel seien die Regelungen bezüglich der anordnenden, durchführenden und überwachenden Einheiten sowie die Art und Weise der Überwachung zu unpräzise formuliert, erklärte etwa Kurt Pärli, Professor für Soziales Privatrecht der Universität Basel, ebenfalls gegenüber dem Blick.

Am 25. November 2018 fiel das Abstimmungsergebnis ähnlich deutlich aus, wie die Umfragen zuvor angekündigt hatten. Mit 64.7 Prozent bei einer Stimmbeteiligung von 48.4 Prozent sprachen sich die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger für das Gesetz zur Überwachung der Versicherten aus. Am höchsten lag die Zustimmung in den Kantonen Appenzell-Innerrhoden (81.2%), Nidwalden (78.0%), Obwalden (76.4%) und Schwyz (76.4%), abgelehnt wurde es in den Kantonen Jura (48.6%) und Genf (41.4%). Neben deutlichen sprachregionalen Unterschieden – in der Deutschschweiz lag die Zustimmung gemäss einer Auswertung des BFS durchschnittlich um fast 18 Prozentpunkte höher als in der Romandie, aber um etwa 2 Prozentpunkte tiefer als in der italienischsprachigen Schweiz – zeigten sich auch grosse Differenzen zwischen städtischen und ländlichen Regionen: Hier betrugen die Differenzen 15.7 Prozentpunkte in der Deutschschweiz und 11.3 Prozentpunkte in der Romandie. Lediglich in der italienischsprachigen Schweiz stimmten die Stadt- und die Landbevölkerung ähnlich (2.4 Prozentpunkte Unterschied). Unterschiede zeigten sich gemäss der Nachabstimmungsbefragung Voto auch zwischen den Altersgruppen: Personen zwischen 18 und 29 Jahren stimmten der Vorlage nur zu 42 Prozent zu, alle übrigen Altersgruppen wiesen Zustimmungsraten zwischen 60 und 76 Prozent auf. Ähnlich wie zuvor die Tamedia-Nachbefragung zeigte auch Voto auf, dass die Sympathisantinnen und Sympathisanten der Grünen (Voto: 24%, Tamedia: 22%) dem neuen Gesetz deutlich kritischer gegenüberstanden als diejenigen der SP (Voto: 42%, Tamedia: 38%). Die Befürworterinnen und Befürworter zielten gemäss Voto in erster Linie auf eine effektive Missbrauchsbekämpfung bei den Sozialversicherungen ab, die Gegnerinnen und Gegner bezogen sich in ihrer Argumentation insbesondere auf die Probleme der Vorlage bezüglich der Rechtsstaatlichkeit.

Das Ergebnis zeige, dass ohne schlagkräftige Organisation im Rücken zwar eine Abstimmung erzwungen, nicht aber gewonnen werden könne, urteilten die Medien. Mit «Die Grenzen der Bürgerbewegung» fasste das St. Galler Tagblatt die Vorlage zusammen. Auch die Initianten betonten, dass ihnen im Hinblick auf die «millionenschwere Kampagne der Versicherungsbranche» das notwendige Geld für einen Vollerfolg gefehlt habe. Einen Teil ihres Ziels hätten sie jedoch dadurch erreicht, dass durch verschiedene im Abstimmungskampf gemachte Äusserungen der Befürworterinnen und Befürworter persönlichkeitsrechtliche Aspekte hätten geklärt werden können, zum Beispiel die Frage von Filmaufnahmen aus Schlafzimmern. Daran müsse sich die Justiz orientieren, auch wenn diese nicht direkt in die Gesetzesauslegung einfliessen würden, betonte zum Beispiel Daniel Gerny in der NZZ.


Abstimmung vom 25. November 2018

Beteiligung: 48.4%
Ja: 1'667'849' (64.7%), Stände: 21
Nein: 909'172 (35.3%), Stände: 2

Parolen:
– Ja: BDP, CVP, EDU, FDP, SVP, Arbeitgeberverband, Gewerbeverband, Versicherungsverband
– Nein: GPS, GLP, PdA, SD, SP, Dachverband der Behindertenorganisationen, Gewerkschaftsbund, Pro Infirmis, Travailsuisse
– Stimmfreigabe: EVP
* in Klammern die Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Parlament schafft eine gesetzliche Grundlage für die Überwachung von Versicherten (Pa. Iv. 16.479)
Dossier: Surveillance des assurés

Im Jahr 2018 ging es mit der zweiten Etappe der RPG-Teilrevision trotz negativer Vorzeichen voran: Auch die Ergebnisse der ergänzenden Vernehmlassung, die das ARE im August 2018 in Form des Ergebnisberichtes publizierte, waren – wie bereits den Medienberichten des Vorjahres zu entnehmen war – kritisch bis überwiegend ablehnend ausgefallen, wobei insbesondere der Planungs- und Kompensationsansatz in der Kritik stand. Ziel dieses Instrumentes ist, dass für Mehrnutzungen ausserhalb der Bauzonen andernorts ein Ausgleich geschaffen wird, damit der Gebäudebestand ausserhalb der Bauzonen stabilisiert werden kann. Gemäss aktuellen Zahlen des Bundes befinden sich in der Schweiz 590'000 Gebäude ausserhalb der Bauzonen, wovon 190'000 als Wohnraum genutzt werden. Neben zahlreichen weiteren Akteuren hatte auch die BPUK die in der ergänzenden Vernehmlassungsvorlage vorgeschlagene Ausgestaltung des Planungs- und Kompensationsansatzes als noch nicht reif erachtet und das Bundesgericht, das ebenfalls eine Vernehmlassungsantwort eingereicht hatte, wies darauf hin, dass gemäss geltendem Recht die Ausnahmen bezüglich Bauen ausserhalb der Bauzonen alle im Raumplanungsgesetz definiert seien und das Gericht so vollständig über Auslegung und Anwendung dieser Bestimmungen urteilen kann. Die geplanten Bestimmungen zur Planungs- und Kompensationslösung würden demgegenüber nur teilweise auf Bundesrecht beruhen und das Bundesgericht habe nicht die Befugnis, über die gesamte Bundesrechtskonformität kantonaler Regelungen zu befinden. Auch bliebe unklar, ob die Verbandsbeschwerde bei massgeblich auf kantonalem Recht beruhenden Regelungen zur Anwendung kommen könnte.

Als Reaktion auf die grossmehrheitlich negativen Stellungnahmen setzte das ARE im Frühjahr 2018 eine Arbeitsgruppe aus Vertreterinnen und Vertretern diverser Kantone und der BPUK ein mit dem Ziel, den Planungs- und Kompensationsansatz zu konkretisieren und mögliche Ausgestaltungen auf ihre Machbarkeit zu überprüfen. Die Ergebnisse dieses Prozesses wurden in der Folge mit diversen weiteren Akteuren aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt und Landschaftsplanung sowie mit Vertreterinnen und Vertretern des Städte- und des Gemeindeverbandes sowie des Bundesgerichts diskutiert. Gemäss bundesrätlicher Botschaft, die Ende Oktober 2018 vorgelegt wurde, attestierten die Beteiligten den Ergebnissen einen «hohen Reifegrad».

Konkret enthält die Botschaft des Bundesrates betreffend Planungs- und Kompensationsansatz folgende zentrale Bestimmungen: Grundsätzlich soll den Kantonen bei der Ausgestaltung des Planungs- und Kompensationsansatzes mehr Spielraum eingeräumt werden, damit diese auf ihre spezifischen räumlichen Bedürfnisse Rücksicht nehmen können. Die daran geknüpfte Bedingung, die der Bundesrat in seiner Botschaft aufführt, ist, dass die Kompensations- und Ausgleichsmassnahmen auf eine Verbesserung der räumlichen Gesamtsituation abzielen. Planungs- und Kompensationsansätze der Kantone müssten im Richtplan festgehalten und infolgedessen vom Bund genehmigt werden. Weiter plante der Bundesrat die Einführung einer Beseitigungspflicht, gemäss welcher neue zonenkonforme (etwa: landwirtschaftlich genutzte Bauten) und standortgebundene Bauten und Anlagen (etwa: Kiesgruben, Skilifte, Wanderwege) entfernt werden müssten, sobald diese nicht mehr für den ursprünglichen Zweck genutzt werden. Betreffend die nicht zonenkonformen Vorhaben (etwa: Umnutzung ehemaliger Ställe für hobbymässige Tierhaltung) beabsichtigte der Bundesrat neuerdings von bundesrechtlichen Regelungen abzusehen und die Regelung von Ausnahmen den Kantonen zu überlassen, wobei lediglich der Rahmen der einzelnen Ausnahmen im Raumplanungsgesetz festgelegt werden soll.

Doch auch der der ergänzenden Vernehmlassung nachgelagerte konsultative Prozess konnte nicht alle Kritiker besänftigen. So etwa hinterfragten Wirtschaftsverbände nach wie vor die Notwendigkeit dieser Vorlage und Umwelt- und Naturschutzverbände erachteten die getroffenen Massnahmen zum Bauen ausserhalb der Bauzonen als nicht griffig genug. Letztere waren es denn auch, welche die Lancierung einer Volksinitiative zu Beginn des Jahres 2019 ankündigten. Von einem Gesetzesreferendum hingegen wollten die Umwelt- und Naturschutzkreise absehen, da dies lediglich den ebenfalls kritisierten Status quo festigen würde. Mit der Initiative soll eine klare Trennung von Bau- und Nichtbaugebiet sichergestellt und die zahlen- und flächenmässige Ausdehnung von Gebäuden ausserhalb der Bauzonen verhindert werden. Gemäss AZ plante die Verbände-Allianz zeitgleich die Lancierung einer zweiten Volksinitiative mit dem Ziel, wertvolle Landschaften und Ortsbilder besser zu schützen. Letzteres Begehren versteht sich unter anderem als Reaktion auf eine parlamentarische Initiative Eder (fdp, ZG) aus dem Jahr 2012, welche die Rolle der Eidgenössischen Natur- und Heimatschutzkommission (ENHK) als Gutachterin einschränken möchte.

2. Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (BRG 18.077)
Dossier: Deuxième étape de la révision de la loi sur l’aménagement du territoire (LAT 2) et des interventions parlementaires à classer
Dossier: Révision de la loi fédérale sur l’aménagement du territoire LAT
Dossier: Construction hors zone à bâtir

Lors de la consultation de l'avant-projet pour l'autonomie cantonale en matière d'organisation et de procédures électorales, 13 cantons (BE, LU, UR, SZ, OW, ZG, SO, AR, AI, GR, AG, TI, VS) ont statué en faveur de la proposition de la majorité de la CIP-CE. Quatre autres cantons (ZH, SG, VD, GE) ont préféré ancrer la pratique du Tribunal fédéral dans la Constitution fédérale, selon le souhait de la minorité de la commission. Neuchâtel s'est positionné plutôt en défaveur de l'avant-projet. Les autres cantons (BS, GL, FR, TH, SH, NW, JU, BL) se sont opposés à celui-ci, et donc à une modification constitutionnelle. Au niveau des partis nationaux, le PDC et l'UDC se sont prononcés en faveur de l'avant-projet. Le premier soutenait la variante de la majorité, le second celle de la minorité. Le PLR, le PS, le PEV, les Verts et le PVL étaient contre une modification constitutionnelle. Les sections cantonales grisonnes des Verts, de l'UDC et du PS étaient contre l'avant-projet. Les partis socialistes uranais et st-gallois partageaient également cette position. Les associations qui se sont exprimées, ont plutôt émis des avis positifs. L'Union suisse des arts et métiers (USAM), l'Union suisse des paysans (USP), le Centre patronal et economiesuisse ont approuvé la proposition de la majorité de la CIP-CE. L'Union suisse des villes (USV) et le particulier s'étant exprimé, se sont positionnés contre l'avant-projet. L'Organisation des suisses de l'étranger (OSE) a saisi l'occasion pour rappeler que tous les cantons ne permettaient pas aux Suisses de l'étranger de participer aux élections du Conseil des Etats.
Dans les prises de positions favorables à la proposition de la majorité, des arguments liés au respect du fédéralisme, de l'autonomie cantonale et de la légitimité des systèmes électoraux cantonaux ont été avancés. Le manque de cohérence et de clarté de la jurisprudence y relative du Tribunal fédéral a également été soulevé. Pour les partisans de la variante de la minorité, la proposition en question aurait permis de limiter la jurisprudence du Tribunal fédéral. Outre l'amélioration de la sécurité juridique, elle aurait également favorisé le respect des intérêts cantonaux et des principes constitutionnels. Du côté des opposants à l'avant-projet, l'interprétation du Tribunal fédéral n'aurait pas entravé la souveraineté cantonale. Le principe d'équivalence d'influence sur le résultat est important et l'avant-projet n'aurait pas amélioré la sécurité juridique.
A l'appui des résultats de la procédure de consultation, par 7 voix contre 5, la CIP-CE a décidé de maintenir la teneur de la modification soumise à consultation. Par 7 voix contre 3 et 2 abstentions, les membres de la Commission ont choisi de transmettre au Conseil des Etats le projet reposant sur la variante de la majorité. Au Conseil fédéral de formuler son avis.

Wahlverfahren Kantonalwahlen
Dossier: Elections des législatifs cantonaux 2014

Die Vernehmlassung zur Totalrevision des Datenschutzgesetzes (DSG) und zur Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz umfasste neben diesem Hauptentwurf auch einen Entwurf für einen Bundesbeschluss betreffend die Genehmigung und Umsetzung des Notenaustausches zwischen der Schweiz und der EU zur Übernahme der Richtlinie (EU) 2016/680 sowie einen Entwurf für die Revision des Übereinkommens SEV 108 des Europarates zum Schutz des Menschen bei der automatischen Verarbeitung personenbezogener Daten. Im Zentrum des Gesetzgebungsprojektes stehen die Verbesserung der Transparenz von Datenbearbeitungen, die Förderung der Selbstregulierung bei den Verantwortlichen in Form von Empfehlungen der guten Praxis sowie die Stärkung der Position und Unabhängigkeit des EDÖB. Im Einklang mit den europäischen Datenschutzbestimmungen soll darüber hinaus der Schutz von Daten juristischer Personen aufgehoben werden, um insbesondere den Datenaustausch mit dem Ausland zu erleichtern. Einige Anforderungen der EU-Richtlinie 2016/680 erfordern ausserdem Anpassungen im Strafgesetzbuch, in der Strafprozessordnung, im Rechtshilfegesetz und im Schengen-Informationsaustauschgesetz.
Unter den insgesamt 222 Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern befanden sich alle Kantone, acht politische Parteien (BDP, CVP, FDP, GLP, GP, SP, SVP, PP), drei eidgenössische Gerichte (Bundesgericht, Bundespatentgericht, Bundesverwaltungsgericht) sowie zahlreiche weitere Organisationen aus den betroffenen Kreisen. Während die Übernahme der EU-Richtlinie 2016/680 sowie der Anforderungen im SEV 108 unumstritten waren, wurde die Revision des DSG und weiterer Erlasse zum Datenschutz von der Mehrheit der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser im Grundsatz ebenfalls begrüsst. Vielerseits gelobt wurde beispielsweise das Vorhaben, das schweizerische Datenschutzrecht so weit an die europäischen Vorgaben anzupassen, dass die Schweiz von der EU weiterhin als Drittstaat mit angemessenem Datenschutzniveau anerkannt wird. Vorbehalte bestanden jedoch gegenüber dem – insbesondere für KMU – grossen Verwaltungsaufwand sowie gegenüber dem «Swiss Finish»: Rund die Hälfte der Teilnehmenden bemängelte, dass der Entwurf unnötigerweise über die europäischen Anforderungen hinaus gehe. Demgegenüber ging er rund einem Fünftel der Teilnehmenden – hauptsächlich aus Konsumentenschutzkreisen – zu wenig weit. Auf harsche Kritik von verschiedensten Seiten stiess das vorgesehene Sanktionensystem. Laut Bericht wünschten sich «sehr viele Teilnehmer» dessen «vollständige Überarbeitung», darunter BDP, CVP, FDP, GP und SP, 18 Kantone sowie Economiesuisse, der Verein Unternehmens-Datenschutz, die FRC, Privatim und die Stiftung für Konsumentenschutz. Hauptsächlich wurde kritisiert, dass keine direkte Strafbarkeit für Unternehmen vorgesehen ist, sondern strafrechtliche Sanktionen, die in erster Linie auf natürliche Personen ausgerichtet sind. In diesem Zusammenhang herrschte die Befürchtung, es könnten einfache Angestellte ohne Entscheidungs- und Vertretungsbefugnis verurteilt werden. Dies wiederum erschwere es den Unternehmen, qualifiziertes und motiviertes Personal – insbesondere Datenschutzverantwortliche – zu rekrutieren. Der häufigste Änderungsvorschlag zielte daher auf ein Modell mit Verwaltungssanktionen anstatt Strafverfahren, die direkt gegen die Unternehmen und nicht gegen Privatpersonen verhängt werden könnten. Verwaltungssanktionen, so die Hoffnung, hätten eine grössere Wirksamkeit als das bislang für die Strafbestimmungen im DSG nur selten angewandte Strafverfahren. Weitere umstrittene Punkte waren auch die Höhe der Bussen – welche einerseits als zu hoch und andererseits als zu niedrig kritisiert wurde – sowie der Katalog der strafbaren Verhaltensweisen, welcher ebenfalls wahlweise als unvollständig bzw. zu umfangreich bezeichnet wurde. Kritisiert wurden des Weiteren auch die mangelhafte Regulierungsfolgeabschätzung und die fehlenden Ausführungen zum Verhältnis zwischen dem Datenschutzrecht des Bundes und jenem auf kantonaler Ebene. Hierzu äusserten auch die Kantone Glarus, Solothurn und Zürich Bedenken, dass die Frist für die Anpassung des kantonalen Rechts zu kurz bemessen sei. Die SVP, die Kantone Schwyz und Waadt sowie einige betroffene Kreise – darunter der AGVS, Auto Schweiz, die FER, PharmaSuisse, Santésuisse sowie der VSV – lehnten den Vorentwurf in der vorliegenden Form ausdrücklich ab, befanden sich damit jedoch klar in der Minderheit aller Vernehmlassungsteilnehmenden.

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2ème révision de la loi fédérale sur la protection des données (LPD)

Um den komplexer und dynamischer werdenden Bedrohungen für die Informationsgesellschaft Rechnung zu tragen, beabsichtigte der Bundesrat, ein Bundesgesetz über die Informationssicherheit (ISG) zu schaffen. Angriffe auf Informationssysteme des Bundes hätten wiederholt gezeigt, dass der Schutz von Informationen Lücken aufweise, welche unter anderem auf unzeitgemässe und inkohärente Rechtsgrundlagen zurückzuführen seien. Mit dem neuen Gesetz sollen einheitliche gesetzliche Grundlagen für das Management der Informationssicherheit beim Bund geschaffen und somit Schwachstellen des geltenden Rechts behoben werden. Den Begriff der Informationssicherheit definierte der Bundesrat im erläuternden Bericht als «sämtliche Anforderungen und Massnahmen, die zum Schutz der Vertraulichkeit, Verfügbarkeit, Integrität und Nachvollziehbarkeit von Informationen dienen, und zwar unabhängig davon, ob die Informationen elektronisch, mündlich oder in Papierform bearbeitet werden.» Die im bestehenden System sektoriell angelegten Rechtsgrundlagen und organisatorischen Zuständigkeiten seien nicht effizient und sollten daher durch eine einheitliche Regelung ersetzt werden.

Bei der im Jahr 2014 durchgeführten Vernehmlassung waren überwiegend positive Rückmeldungen eingegangen. Von den insgesamt 55 Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern standen unter anderen 17 Kantone, die CVP und die SP, Economiesuisse sowie die Bundesanwaltschaft und ihre Aufsichtsbehörde dem Entwurf grundsätzlich positiv gegenüber, brachten jedoch einige Änderungsvorschläge an. Diese bezogen sich vor allem auf die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen, die Präzisierung von im Gesetzestext verwendeten Begriffen sowie auf die Schnittstellen zwischen Informationssicherheit, Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip. Sieben Kantone, die FDP sowie drei weitere Teilnehmende, darunter das Bundesgericht, sprachen ihre vorbehaltlose Zustimmung zur Vorlage aus. Vollumfänglich ablehnend äusserte sich einzig die SVP, die im neuen Gesetz keinen Mehrwert gegenüber gezielten Verbesserungen am heutigen System sah. Von den drei Teilnehmenden, die dem Entwurf grundsätzlich skeptisch gegenüberstanden, würde der Kanton Bern dem Entwurf nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass die kantonalen und kommunalen Behörden bei der Anwendung des ISG auf die im Gesetz vorgesehenen Fachstellen des Bundes zurückgreifen können und sie diese nicht selber aufbauen müssen. Der SGV kritisierte indessen den «irreführenden Titel» sowie die mangelhafte Qualität der erläuternden Materialien. Nach seinem Vorschlag sollte das Gesetz besser «Bundesgesetz über die Informationssicherheit in Bundesbehörden und ähnlichen Organisationen» genannt werden, da es sich nicht um ein gesamtgesellschaftliches Regelwerk zu Information und Informationssicherheit handle. Im Ergebnisbericht des Vernehmlassungsverfahrens folgerte das Generalsekretariat des VBS, dass die überwiegende Mehrheit der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser die Schaffung eines Informationssicherheitsgesetzes begrüsst.

Informationssicherheitsgesetz (BRG 17.028)

Die politischen Kampagnen zur Abstimmung über die Volksinitiative „Für eine öffentliche Krankenkasse“ vom 28. September 2014 begannen schon bald nach der parlamentarischen Beratung in der Frühjahrsession und zogen sich mit grosser Intensität bis zum Abstimmungstermin hin. Die Argumentationslinien verliefen entlang denen in den Räten, wobei sich medial die häufige Beschäftigung der Bevölkerung mit dem Thema in ihrem Alltagsleben und gleichzeitig ein grosser Bedarf nach Faktenwissen abzeichneten. Zahllose Politikerinnen, Gesundheitsexperten, Kadermitglieder der Kassen und Journalistinnen äusserten sich in Interviews, Podien und Kolumnen. Auffallend stark mobilisierte das Thema in der Romandie, die sich bei Volksinitiativen mit ähnlichen Forderungen in der Vergangenheit bereits offener für einen Systemwechsel gezeigt hatte als die Deutschschweiz. Verschiedene Details gaben Anlass zu Diskussionen. So ortete zu Beginn der Kampagne das Gutachten eines St. Galler Rechtsprofessors, in Auftrag gegeben von der Initiativgegnerschaft, einen Fehler im Initiativtext: Da der Text kantonal einheitliche Prämien verlange, wären in Zukunft keine Rabatte für junge Erwachsene und insbesondere keine Kinderprämien mehr möglich. Auch Rabatte bei Hausarzt- oder Telemedizin-Modellen und bei hohen Franchisen wären laut dem Gutachten nicht mehr erlaubt. Die Initianten widersprachen: Es sei zu einer Unklarheit aufgrund ungenauer Übersetzung des ursprünglich in französischer Sprache eingereichten Initiativtexts durch die Bundeskanzlei gekommen. Bei genauer Übersetzung müsse es heissen: „Für jeden Kanton wird eine Prämie festgelegt“, während in der geltenden Übersetzung von einer „einheitlichen" Prämie die Rede ist. Auch die Höhe der durch die öffentliche Kasse realisierbaren Einsparungen sorgte für Diskussionsstoff. Während die Befürworter von einer Milliarde – mittel- bis langfristig gar von drei Milliarden – sprachen, hielten die Gegner dagegen, man könne höchstens von CHF 350 Mio. an Einsparungen im administrativen Bereich ausgehen, viel wahrscheinlicher jedoch von nur CHF 100 Mio. Bereits im Frühling 2013 hatte sich das Gegner-Komitee „Alliance Santé“ konstituiert, dem rund 100 Parlamentsmitglieder, Vertreter der Leistungserbringer, die beiden grossen Krankenversichererverbände Santésuisse und Curafutura, Patienten- und Konsumentenschutzverbände, der Versicherungs-, der Gewerbe- und der Bauernverband sowie der Pharmaverband Interpharma angehörten. Zwischen Juni und August 2014 formten sich zudem diverse kantonale Komitees. Die Ärzteschaft, der in Abstimmungen zum Gesundheitswesen ein grosser Einfluss zugeschrieben wird, bildete einen Spezialfall: Einige Verbände, unter ihnen der Verband der Assistenz- und Oberärztinnen und -ärzte, schlossen sich dem Ja-Komitee an, da sie sich von der Einheitskasse eine Minderung des eigenen administrativen Aufwands, mehr Zeit für die Patientinnen und Patienten und eine bessere Koordination der Behandlungen erhofften. Andere, darunter der Spitalverband H+, befürchteten ein Staatsmonopol in der Medizin mit allfälliger Leistungsrationierung und schlossen sich dem Nein-Lager an. Der Dachverband FMH beschloss aufgrund der internen Divergenzen schliesslich Stimmfreigabe. Seitens der Parteien beschlossen nebst der SP die Grünen, die EVP und die CSP die Ja-Parole, alle anderen grossen Parteien sprachen sich für ein Nein aus. Travail.Suisse schloss sich dem Ja-Lager an.
Einige Aufmerksamkeit erhielt die schwierige Rolle des Gesundheitsministers Berset, der im Abstimmungskampf das Nein des Bundesrates zur Initiative seiner eigenen Partei vertreten musste – eine Rolle, die er dem allgemeinen Tenor nach gut erfüllte. Deutlich umstrittener war die Rolle der Krankenversicherer im Abstimmungskampf. Durch ihre Verbände waren sie im Nein-Komitee vertreten und steuerten drei der fünf Millionen Franken zum Kampagnenbudget bei, viele engagierten sich aber auch direkt gegen die Volksinitiative. Bereits früh publizierten diverse Kassen in ihren auflagenstarken Kundenmagazinen Artikel gegen die öffentliche Krankenkasse oder boten in Interviews prominenten Mitgliedern des Nein-Lagers eine Plattform. Vom Initiativkomitee ernteten die Kassen damit umgehend Kritik: Sie würden das Gebot der objektiven, verhältnismässigen und zurückhaltenden Information krass verletzen, das für sie als mit öffentlichen Bundesaufgaben betraute Organe in gleicher Weise wie für staatliche Behörden gelte. Die Kassen hielten dagegen, sie würden auch befürwortenden Stimmen Platz in ihren Publikationen einräumen; zudem würden sie das Geschäft durch und durch kennen und hätten damit die Pflicht, über die Konsequenzen der Initiative zu informieren. Im Juli wurde im Kanton Bern eine Abstimmungsbeschwerde gegen sieben Kassen beim Regierungsrat eingereicht; diese hätten durch ihre nicht objektive und unsachliche Information in ihren Publikationen die Abstimmungsfreiheit verletzt. Der Beschwerdeführer wurde von der SP juristisch unterstützt. Wenige Tage darauf folgten Abstimmungsbeschwerden in den Kantonen Waadt, Genf, Basel-Stadt und Tessin. Allerdings stellte sich schnell heraus, dass die kantonalen Behörden nicht zuständig sind: Da die Beanstandungen kantonsübergreifende Aspekte betreffen, führe der Rechtsmittelweg direkt ans Bundesgericht, so die jeweiligen Antworten. Das daraufhin mit zwei Stimmrechtsbeschwerden angerufene oberste Gericht stellte knapp drei Wochen vor der Abstimmung fest, die Krankenkassen seien bei der vorliegenden Abstimmung nicht zur sonst erforderlichen Neutralität verpflichtet, da die Vorlage sie in qualifizierter Weise betreffe. Eine sachliche Argumentation und Zurückhaltung beim Einsatz von Werbemitteln und finanziellen Ressourcen könnten dennoch erwartet werden. Das Gericht zweifelte diese Sachlichkeit bei einzelnen Publikationen zwar an. Es führte aber aus, da der Abstimmungskampf intensiv geführt werde und auch das Ja-Lager ausreichend zu Wort käme, würden die Äusserungen der Krankenkassen das Abstimmungsergebnis nicht wesentlich beeinflussen. Auf diverse Punkte der Beschwerden war das Gericht gar nicht eingetreten, da diese als nicht ausreichend begründet angesehen wurden.

Volksinitiative „für eine öffentliche Krankenkasse“ (BRG 13.079)
Dossier: Interventions pour des caisses-maladie uniques (depuis 1998)

Die bernische Regierung reichte beim Bundesgericht staatsrechtliche Klage gegen die Gutheissung der Volksinitiative "Unir" durch das jurassische Parlament und gegen die staatlichen Beiträge an den "Wiedervereinigungsfonds" ein. Sie sieht darin einen Verstoss gegen die in der Bundesverfassung verankerte Garantie des kantonalen Territoriums, welcher noch gravierender sei, als der 1977 von der Bundesversammlung gestrichene Wiedervereinigungsartikel der jurassischen Kantonsverfassung. Bereits vorher war die bernische Exekutive vom Grossen Rat mit einer von SVP, SP und FDP unterstützten Motion Houriet (fdp) aufgefordert worden, sich mit konkreten Massnahmen gegen die Gebietsansprüche des Kantons Jura zu widersetzen. Ebenfalls mit einer Motion hatte ein anderer Berner Jurassier (Benoit, svp) verlangt, dass als Gegengewicht zum jurassischen Wiedervereinigungsfonds ein bernischer Fonds zur Verteidigung der territorialen Integrität zu gründen sei. Auf Antrag der Regierung, welche auf die schlechten Erfahrungen mit staatlichen Propagandafonds hinwies, lehnte der Grosse Rat diesen Vorstoss ab.

Volksinitiative "Unir" (1988-1992)
Dossier: Moutier et le conflit jurassien
Dossier: Rassemblement jurassien (RJ) après la fondation du canton du Jura