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Acteurs

  • Parti libéral-radical (PLR) FDP
  • Gössi, Petra (fdp/plr, SZ) NR/CN
  • Moret, Isabelle (fdp/plr, VD) NR/CN

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Bei den kantonalen Gesamterneuerungswahlen, die im Berichtsjahr in sechs Kantonen (ZH, LU, BL, AR, AI, TI) stattfanden, testete die FDP mit sogenanntem «Door2Door» eine neue Wahlkampfstrategie: In den Kantonen Zürich, Luzern und Basel-Landschaft führte die Partei Hausbesuche durch, um in direkten Kontakt mit der Wählerschaft treten und so die Wähleranteile erhöhen zu können. Die FDP arbeitete mit einer App, die jeden Strassenzug nach sozialer Zusammensetzung sortierte. Dies sollte sichtbar machen, wo sich ein Wählerkontakt lohnte. Dieses Tool wurde im Kanton Basel-Landschaft stark kritisiert, wie die lokale Presse mitteilte. Ob die Strategie funktionierte, liess sich an den Wahlergebnisse nur bedingt ablesen. Im Kanton Zürich verlor die FDP zwei Sitze im Parlament (neu: 29 Sitze) und einen ihrer beiden Regierungsratssitze. Eine Tages-Anzeiger-Umfrage, durchgeführt vom Forschungsinstitut Sotomo, hatte bereits darauf hingedeutet, dass der zweite Regierungsratssitz der FDP auf der Kippe stehen würde. Gewählt wurde Martin Neukom von den Grünen. Der Wähleranteil des Zürcher Freisinns ging um 1.6 Prozentpunkte zurück (neu: 15.7%). Nach der Schlappe der FPD in Zürich wurden interne Kritiken am Kurs der Partei laut, wie der Tages-Anzeiger einige Tage nach den Wahlen berichtete. Kritisiert wurde vor allem die klimapolitische Kursänderung, die Parteipräsidentin Petra Gössi Mitte Februar 2019 angekündigt hatte. Mit dieser Kursänderung seien die grünen politischen Kräfte begünstigt worden. Auch im Kanton Luzern musste die FDP Verlusten einfahren. Hier verlor sie drei Sitze in der Legislative (neu: 22 Sitze), konnte aber ihren Regierungsratssitz verteidigen. In Luzern hatte sich die FDP 1.5 Prozentpunkte Zuwachs an Wähleranteil zum Ziel gesetzt; stattdessen verlor sie gut 1.5 Prozentpunkte. Im Kanton Basel-Landschaft hingegen konnte die FDP ihre Sitze in der Legislative (17 Sitze) verteidigen, verlor aber einen Sitz in der Regierung (neu: ein Sitz). Auch im Kanton Tessin kassierte die Partei eine Niederlage. Hier verlor sie einen Sitz im Parlament (neu: 23 Sitze) und der Wähleranteil ging um 1.4 Prozentpunkte zurück. Einzig im Kanton Appenzell-Ausserrhoden konnte die FDP einen Sitz im Parlament gewinnen (neu: 24 Sitze). Zusammenfassend musste die FDP somit Sitzverluste in fast allen Kantonen verzeichnen.

Erfolge und Verluste der FDP in den kantonalen Wahlen

Ca. 8 Monate vor den eidgenössischen Wahlen 2019 versuchte FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) den Kurs der FDP bezüglich der Klimafrage und des CO2-Gesetzes zu ändern und löste damit eine interne Diskussion über diese Frage aus. Ausgangspunkt der Kursänderung war die Meinungsänderung der FDP bezüglich einiger konkreter Aspekte des CO2-Gesetzes, nachdem dieses unter Opposition der Linken und der SVP in der Wintersession 2018 im erstberatenden Nationalrat abgelehnt worden war. So zum Beispiel sei die Partei nicht mehr gegen die Flugticket-Abgabe, so Gössi. Auch für ein Inlandziel, also die Festlegung eines Wertes der angibt, wie hoch die Verminderung der CO2-Emissionen in der Schweiz sein muss, könnte die FDP Hand bieten, wenn dadurch ein breiter Kompromiss geschaffen werden könne. Kurz vor dem Interview mit der FDP-Parteipräsidentin im Tages-Anzeiger hatte sich die vorberatende UREK-SR mit Unterstützung von FDP-Vertreterinnen und -Vertretern bereits für ein Inlandziel ausgesprochen. Einige FDP-Politiker, wie zum Beispiel die Ständeräte Thomas Hefti (fdp, GL) und Ruedi Noser (fdp, ZH) befürworteten den Einsatz der Partei für einen stärkeren Schutz des Klimas. So sass der Zürcher Ständerat beispielsweise im Komitee der Gletscherinitiative, während der Glarner gegenüber der NZZ betonte, dass das Klima zu schützen richtig und wichtig sei. Andere Parteimitglieder, wie zum Beispiel Christian Wasserfallen (fdp, BE) zeigten sich gegenüber einzelnen Aspekten des neuen CO2-Gesetzes, wie der Flugticketabgabe, eher skeptisch. Gössi betonte, dass die Partei bereit sei, Kompromisse bei der Revision des CO2-Gesetzes einzugehen und vor allem allgemein eine aktivere und wirksamere Klimapolitik wollte. Gegenüber dem Tages-Anzeiger betonte die Parteipräsidentin zudem, dass das vermehrte Engagement der Partei für die Klimapolitik keine Wahltaktik sei. Das Klima sei ein Thema, das die zukünftigen Generationen stark betreffe, deswegen müsse sich auch die FDP diesem Thema widmen.
Um die Meinung der Parteibasis über die Umweltpolitik einzuholen, führte die Partei eine Umfrage bei ihren Parteimitgliedern durch, in der sie unter anderem erfragten, welches Gewicht die Mitglieder dem Klimawandel im Vergleich zu Themen wie der Altersvorsorge oder den Gesundheitskosten zuschrieben, ob der Mensch einen Einfluss auf das Klima habe und ob die Befragten strengere Vorschriften beim Klimaschutz oder mehr Eigenverantwortung befürworteten. Dies sei jedoch keine Urabstimmung, betonte Parteipräsidentin Gössi, die Resultate seien somit nicht direkt bindend für die Bundeshausfraktion. Die Idee einer solche Umfrage wurde schon von Gössi gegenüber dem Tages-Anzeiger im Februar 2019 geschildert. Trotz der Einbindung der Basis äusserte die Presse unter anderem Kritik am Stil Gössis: Sie habe die Klimawende parteiintern nur im engsten Kreis abgestimmt, aber weder die Vizepräsidentinnen und -präsidenten noch die für das CO2-Gesetz zuständigen Kommissionsmitglieder konsultiert.
Die Ergebnisse der Befragung, welche der Sonntags-Blick Ende April 2019 publizierte, zeigten, dass 78 Prozent der insgesamt 14'198 Befragten der Meinung waren, die FDP solle sich künftig mehr für den Klima- und Umweltschutz engagieren. Weitere 68 Prozent der Befragten befürworteten die Förderung des CO2-freien Verkehrs auf der Strasse, 73 Prozent der Befragten sprachen sich für eine Flugticketabgabe und 59 Prozent der Befragten für die Förderung von Subventionen für erneuerbare Energien aus. Diese Resultate präzisierte die NZZ ein paar Tage später: Zwar sei der Umweltschutz für die FDP-Mitglieder ein wichtiges Thema, was bei der Berichterstattung zur Umfrage jedoch gefehlt habe, sei, dass die Parteimitglieder die Gesundheitskosten, die Altersvorsorge und die Beziehungen zur Europäischen Union als noch wichtiger einschätzten. Die FDP hätte die Umfrage nicht veröffentlichen wollen, so dass zum Schluss nur einzelne Resultate – aus dem Zusammenhang gerissen – publiziert worden seien.
Basierend auf diesen Ergebnissen und der breiten Unterstützung der Parteibasis zur Klimafrage verfassten die Begleitgruppe, die Fachkommission Umwelt und Energie inklusive der Mitglieder der UREK, der FDP-Vorstand und die Konferenz der kantonalen Parteipräsidenten (PPK) ein neues Positionspapier, das bei der Delegiertenversammlung vom Juni 2019 deutlich gutgeheissen wurde. Das Papier umfasste die neue Ausrichtung der FDP in Bezug auf Klima und Umwelt, die sich auf verschiedene freisinnige Grundsätze wie Fortschritt, Forschung und Innovation, Eigenverantwortung und Lenkungsmassnahmen stützte. Die Grundsätze wurden dann auf vier zentrale Bereiche der Gesellschaft, nämlich Natur/Landschaft, Wohnen, Arbeit/Bildung und Verkehr, angewendet, wobei pro Bereich verschiedene Massnahmen geschildert wurden. Der neue Kurs der Partei und das neue Positionspapier würden für Wasserfallen und die anderen Kritiker schwer zu verdauen sein – wie der SonntagsBlick Ende Juni 2019 schrieb. Ob die ganze Fraktion im Parlament den Beschlüssen über die Klimapolitik folgen wird, war eine offene Frage; für Fraktionschef Beat Walti verfügte die FDP jetzt zumindest über eine Grundlage und eine Legitimation, klimafreundlichere Entscheidungen auch im Parlament zu treffen.

Kursänderung der FDP bezüglich der Klimafrage und des CO2-Gesetzes
Dossier: le changement climatique en suisse

Bei den Bundesratswahlen 2019 bestätigte die FDP ihre zwei Sitze im Bundesrat: Sowohl ihre bisherige Bundesrätin Karin Keller-Sutter als auch ihr bisheriger Bundesrat Ignazio Cassis wurden wiedergewählt. Ignazio Cassis erzielte aufgrund der fehlenden Unterstützung der SP und der Grünen 145 Stimmen, womit der Coup der Grünen, den zweiten FDP-Sitz zu erobern und damit mit Regula Rytz (gp, BE) erstmals eine grüne Bundesrätin zu verzeichnen, scheiterte. Der Widerstand der links-grünen Parteien gegen Ignazio Cassis hatte sich schon früher abgezeichnet, etwa als SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) Cassis nur zwei Monaten nach dessen Wahl gemäss Medien als «Praktikanten» bezeichnet hatte.
Die Medien spekulierten nach den Bundesratswahlen über einen möglichen Departementswechsel von Ignazio Cassis, zumal der Tessiner Bundesrat von vielen Seiten für seine Verhandlungsweise mit der EU bezüglich des institutionellen Rahmenabkommens kritisiert wurde. Trotz dieser Kritik blieb Cassis weiterhin Vorsteher des EDA.
Auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter erzielte – so die NZZ – ein relativ schlechtes Ergebnis: Sie erhielt 169 Stimmen. Die Zeitung vermutete, dass hinter dieser niedrigen Stimmenzahl SVP-Vertreterinnen und -Vertreter steckten, die an ihrer Stelle den Namen von FDP-Nationalrat Marcel Dobler (fdp, SG) auf den Stimmzettel geschrieben hätten – Marcel Dobler erhielt 21 Stimmen. Seit Langem würden somit bei den Bundesratswahlen erstmals wieder «solche Spiele» gespielt, kritisierte die NZZ.
Vor den Bundesratswahlen hatte sich FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) gegenüber den Medien zu einem möglichen grünen Bundesratssitz geäussert. Demnach müssten sich die Grünen zuerst auf allen Ebenen etablieren und Beständigkeit in ihren Resultaten zeigen, bevor sie einen Bundesratssitz fordern könnten. Zudem sollten die Grünen die SP-Bundesratssitze angreifen, weil sie auf deren Kosten in den National- und Ständeratswahlen so stark zugelegt hätten. Die FDP sei zwar bereit, über andere mögliche Zusammensetzungen des Bundesrates zu diskutieren, ein Konkordanz-Gipfel, wie ihn CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) vorgeschlagen hatte, sei jedoch unnötig. Die FDP-Parteipräsidentin nannte denn auch zwei Möglichkeiten, wie eine neue Zusammensetzung des Bundesrates herbeigeführt werden könne: durch einen Verzicht auf Ersatzwahlen bei Rücktritten in der zweiten Hälfte der Legislatur sowie durch eine Verschiebung der Bundesratswahlen auf zwei Jahre nach den Parlamentswahlen, womit die Parteien mehr Zeit für die Diskussionen untereinander hätten.

Resultate der FDP bei den Bunderstaswahlen 2019

Die FDP verzeichnete in den Nationalratswahlen 2019 moderate Verluste. Die Partei verlor 1.3 Prozentpunkte beim Wähleranteil (neu: 15.1 Prozent) sowie vier Mandate (neu: 29 Sitze) und blieb trotzdem die drittstärkste Kraft im Parlament – hinter der SVP und der SP.
Eines der Hauptthemen dieser Wahlen war das Klima, was sich bereits in den kantonalen Erneuerungswahlen angekündigt hatte und wie die Erfolge der Grünen und der Grünliberalen bestätigten. Dennoch brachten die neue Positionierung der FDP in der Klimafrage und die Formulierung eines neuen entsprechenden Positionspapiers keine Erhöhung des Wähleranteils und wirkte sich gemäss den Autoren und Autorinnen des Wahlbarometerberichts sogar negativ auf den Formstand der Partei aus. Der Freisinn profitierte somit wohl nicht von ihrem Kurswechsel, den Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) laut Medien auch nicht als Wahlkampfmanöver verstanden wissen wollte. Die Relevanz anderer Themen hatte sich bereits im Juni im Wahlbarometer angekündigt; damals wollten die FDP-Sympathisantinnen und -Sympathisanten die Partei aber vor allem wegen Themen wie der Altersvorsorge und den Beziehungen zur EU wählen.

Für ihre Wahlkampagne verwendete die FDP neu den Slogan «Gemeinsam weiterkommen», was so viel bedeute, wie «wir machen Politik von Menschen für Menschen», wie Parteipräsidentin Petra Gössi Anfang Jahr im Blick erklärte. Während der Wahlkampagne griff die FDP erneut ihre schon in den kantonalen Wahlen erprobte Strategie «Door2Door» auf. Zudem lancierte sie eine spezielle Wahlkampagne auf sozialen Medien – ein Novum für die Schweiz, wie der Tages-Anzeiger berichtete. Dazu habe die FDP ihr Parteiprogramm in knackige Sätze aufgeteilt und diese auf unterschiedliche Bildmotive gepackt, wie die Zeitung erklärte. Sodann kaufte die Partei Facebook- und Instagram-Reichweite. Nachdem die Werbung eine Weile auf den Kanälen kursiert war, wertete die FDP aus, welche Bilder funktionierten. Letztlich kaufte die FDP Reichweite im grossen Stil, jedoch nicht mehr flächendeckend, sondern auf die Nutzergruppe zugeschnitten, die zuvor besonders intensiv mit der jeweiligen Werbung interagiert hatte.
In den Medien ebenfalls auf Aufmerksamkeit stiess die als historisch definierte Listenverbindung zwischen der FDP und der CVP im Kanton Tessin, da die zwei Parteien im Südkanton bisher traditionell die grössten Gegenspieler waren, wie die NZZ betonte.

Resultate der FDP bei den Nationalratswahlen 2019

Wenn man im Spätsommer der Landstrasse entlang fährt und über Kilometer hinweg eine willkürliche Aufreihung meist fremder Gesichter entdeckt, wird auch den politisch Uninteressierten bewusst, dass der nationale Wahlherbst vor der Türe stehen muss. Auch im Herbst 2019 war dieses Spektakel schweizweit deutlich zu sehen. Die Parteien und ihre Kandidatinnen und Kandidaten warben fleissig für sich und ihre Anliegen – mal originell, mal weniger, aber immer mit dem Bisschen «je ne sais quoi», das der Politik eben inhärent ist. Bisweilen schreckten einige auch nicht vor einer ordentlichen Portion Provokation zurück, so beispielsweise die SVP mit ihrem im August publizierten, wurmstichigen Apfel-Plakat oder die CVP mit ihrer Online-Kampagne, mit der sie offensichtlich gegen die anderen Parteien schoss.
Da in einem demokratisch konsolidierten Land wie der Schweiz die Meinungsäusserungsfreiheit einen hohen Stellenwert geniesst und nach Möglichkeit auch eine harte politische Auseinandersetzung über heikle Themen ermöglicht werden soll, gibt es in der Schweiz kaum rechtliche Grundlagen, die gezielt den Wahl- bzw. Abstimmungskampf regeln. Dies wurde knapp drei Wochen vor den Wahlen deutlich, als es ein prominenter Akteur, der mit Parteipolitik im eigentlichen Sinne nur wenig zu tun hat, mit einer Plakat-Aktion in die Medien schaffte: das «Egerkinger Komitee» mit seinem prominentesten Vertreter Walter Wobmann (svp, SO). In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden in verschiedenen Schweizer Städten und auf den Social-Media-Accounts des Komitees unzählige Wahlplakate aufgehängt und aufgeschaltet, auf denen jeweils das Konterfei vier prominenter FDP-Exponenten zu sehen war: Parteipräsidentin Petra Gössi (SZ), Fraktionschef Beat Walti (ZH), Nationalrätin Christa Markwalder (BE) sowie Nationalrat Christian Wasserfallen (BE). Betitelt wurde das Ganze mit dem Slogan: «Die FDP schützt radikale Islamisten in der Schweiz – Wollen Sie solche FDP-Mitläufer wirklich wählen?» Stein des Anstosses war eine nur wenige Wochen zuvor in der Herbstsession abgelehnte Motion der SVP-Fraktion zur Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams in der Schweiz, die auch dank grosser Unterstützung der FDP-Fraktion zu Fall gebracht worden war.
Die FDP-Spitze liess diesen Angriff nicht auf sich sitzen und zog die Angelegenheit einen Tag nach Bekanntwerden vor das Bezirksgericht Andelfingen (ZH), dem Sitz des Egerkinger Komitees. Dort suchte sie, wie in diversen Medien berichtet wurde, um Erlass eines Superprovisoriums (einer ohne Anhörung der Gegenpartei erlassenen vorsorglichen Massnahme) an, weil sich die anvisierten Personen in ihrer Persönlichkeit verletzt fühlten, u.a. im Recht auf das eigene Bild. Petra Gössi liess im «Blick» verlauten, sie lasse sich nicht unterstellen, radikale Islamisten zu schützen; vielmehr sei die Motion der SVP «reine Symbolpolitik, die nicht umsetzbar gewesen wäre oder gar nichts gebracht hätte», gewesen. Das Gericht bestätigte zwei Tage nach dem Ansuchen die superprovisorische Verfügung und forderte das Komitee auf, die Plakat- und Social-Media-Anzeigen innert 24 Stunden zu entfernen. Komme es dieser Aufforderung nicht nach, würden Bussen in Höhe von CHF 10'000 verhängt und auch für weitere geplante Veröffentlichungen zusätzlich erhoben werden. Wobmann und sein Komitee – oder wie es der Tages-Anzeiger betitelte: die «SVP-Kampftruppe» – ignorierten das Gerichtsurteil aber gänzlich und liessen nonchalant verlauten: «Wir entfernen die Plakate sicher nicht.» Gemäss Wobmann handle es sich bei diesem Urteil lediglich um einen politischen Entscheid; er sprach gar von «Zensur». Zudem sei die Plakat-Kampagne sowieso lediglich auf den Zeitraum einer Woche beschränkt gewesen und werde bereits am Montag nach dem Urteil enden. Des Weiteren sei das Entfernen innert 24 Stunden gar nicht möglich – was wiederum von der verantwortlichen Plakatgesellschaft Clear Channel so nicht bestätigt wurde.
In der Wochenendpresse wurde dann tatsächlich eine Wende im Plakat-Krimi kundgetan: Das Egerkinger Komitee wolle doch dem «Gericht gehorchen» und habe Clear Channel einen entsprechenden Auftrag erteilt, wie der Tages-Anzeiger informierte. Die gesetzte Frist von 24 Stunden reiche zum Entfernen der Plakate zwar nicht, liess die Plakatgesellschaft verkünden, man werde diese aber auf Kosten des Komitees frühzeitig überkleben. Weshalb es nun doch zum Umschwung kam, wollte Wobmann den Medien nicht mitteilen. Stattdessen hatte sich in der Zwischenzeit eine andere Politgrösse zur Plakataktion geäussert: SVP-Übervater Christoph Blocher. Im Gespräch auf «Teleblocher» antwortete er auf die Frage, was er denn von diesem Urteil halte, lediglich mit einem Lachen und meinte: «Da habe ich nur gelacht.» Es sei eben schon etwas «komisch», wenn das Gericht ein solches Urteil fälle, da sich die genannten Politikerinnen und Politiker doch lediglich gegen einen vermeintlichen Rufschaden wehrten, den sie durch ihr Abstimmungsverhalten grundsätzlich selbst zu verschulden hätten. In Rezitation des ehemaligen Deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, meinte er hierzu mit einem verschmitzten Unterton: «Wer den Dampf nicht erträgt, soll nicht in die Küche gehen.» Der Frage, was er denn vom Plakat selbst halte, wich er aus und betonte, dass er selbst mit dieser Kampagne nichts zu tun habe, gar erst über die Medien davon erfahren habe. Den Schritt, den das Komitee gegangen sei, empfand er jedoch als «mutig».

Stopp der Ausbreitung des radikalen Islams in der Schweiz! - Plakataktion des Egerkinger-Komitees
Dossier: Halte à l'expansion de l'islam radical en Suisse!
Dossier: Interventions et mesures luttant contre les tendances à la radicalisation islamiste

Im Konkordanzsystem Schweiz mangelt es – anders etwa als in einem System mit einem Präsidenten – an Köpfen, mit denen man aufgrund der zunehmenden Personalisierung Medienberichte besser verkaufen kann. Es verwundert deshalb nicht, dass sich die Medien für einzelne Exekutivmitglieder interessieren sowie gerne und häufig auch Spekulationen über Rücktritte und mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger amtierender Bundesrätinnen und Bundesräte anstellen. Dies taten sie auch bereits kurz nach der Wahl des neuen Bundesrates Cassis: Schliesslich ist nach der Wahl auch für das Regierungskollegium immer auch vor der Wahl.
In der Tat hatte Doris Leuthard ja bereits im Sommer 2017 ihren Rücktritt auf spätestens Ende der Legislatur im Herbst 2019 angekündigt. Dies war eine Steilvorlage für die Medien, die insbesondere den Umstand thematisierten, dass mit dem Rücktritt der Aargauerin nur noch eine Frau, nämlich Simonetta Sommaruga, in der Regierung sässe und die CVP deshalb gut daran täte, Frauen als mögliche Kandidatinnen aufzubauen – häufig genannt wurden die Ambitionen von Viola Amherd (cvp, VS). Freilich standen bei den Christdemokraten auch einige Männer in den Startlöchern: In den Medien kursierten insbesondere die Namen von Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG), der Ständeräte Konrad Graber (cvp, LU) und Pirmin Bischof (cvp, SO), aber auch Benedikt Würth (SG, cvp), Regierungsrat des Kantons St. Gallen, und Bundeskanzler Walter Thurnherr wurden als Kandidaten gehandelt. Der Bundeskanzler winkte jedoch relativ rasch ab und auch Parteipräsident Pfister zog sich mit dem Argument zurück, einen Austausch im Präsidium kurz vor den Wahlen vermeiden zu wollen. Auch Konrad Graber nahm sich mit seiner Ende August gemachten Ankündigung, bei den eidgenössischen Wahlen 2019 nicht mehr antreten zu wollen, aus dem Rennen.
Ende April 2018 gab dann auch Johann Schneider-Ammann bekannt, dass er keine weitere Legislatur mehr anstrebe. Neben der Forderung, dass auch die FDP nun ein Frauenticket aufstellen müsse, wurde mit der Ankündigung des Berner Magistraten auch die Diskussion um einen konzertierten Doppel- (zusammen mit Leuthard) oder gar Dreierrücktritt (zusammen mit Ueli Maurer) angestossen. Das Parlament müsse eine möglichst grosse Auswahl haben, damit eine genügend grosse Frauenvertretung gesichert sei, lautete der Tenor in den Medien. Auch das Kandidatenkarussell für die Nachfolge des Berner Magistraten begann sich rasch zu drehen. Neben Karin Keller-Sutter (fdp, SG), die bei der Wahl Schneider-Ammanns 2010 noch unterlegen war, brachten die Medien Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ), die Ständeräte Andrea Caroni (fdp, AR), Martin Schmid (fdp, GR) und Ruedi Noser (fdp, ZH) sowie Nationalrat Beat Walti (fdp, ZH) ins Spiel. Auch beim Freisinn zogen sich einige potenzielle Papabili allerdings bereits vor dem definitiven Rücktritt Schneider-Ammans zurück. So gab Petra Gössi etwa zu Protokoll, ihrer Partei eine Kandidatur nicht zumuten zu wollen. Mit dem Namen Keller-Sutter wurde in den Medien häufig auch der Anspruch der Zentral- und Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zur Sprache gebracht.
Rücktrittspotenzial sahen die Medien schliesslich auch bei Ueli Maurer, bei dem sie vermuteten, dass er mit 67 Jahren und nach zehn Jahren im Amt bald genug haben könnte. Von verschiedener Seite wurde Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) als mögliche Nachfolgerin ins Spiel gebracht, die in mehreren Interviews ihre Bereitschaft signalisierte. Hierfür kam aber wenig später ein Dementi von der SVP-Spitze – Vater Christoph Blocher gab zu Protokoll, dass er seine Tochter nicht in das «Gefängnis» Landesregierung stecken wolle. Maurer selber gab in einem Interview zu Protokoll, dass er auf das Ende einer Legislatur zurücktreten werde – ob 2023, 2027 oder 2031 sei noch offen.
Ein vorläufiges Ende nahm zumindest ein Teil der Spekulationen Mitte September, als sowohl Johann Schneider-Ammann als auch Doris Leuthard ihren Rücktritt auf Ende 2018 bekannt gaben. In der Tat gilt die Herbstsession ein Jahr vor den Wahlen als idealer Zeitpunkt für einen Rücktritt vor Ende einer Legislatur, weil so Ersatzwahlen noch vor Ende eines Jahres stattfinden können. Rücktritte in einem Wahljahr selber gelten eher als unschicklich. Freilich war laut Aussage von Doris Leuthard der Doppelrücktritt vorher nicht abgesprochen worden; Schneider-Ammann habe immer davon gesprochen, erst auf Ende Legislatur 2019 zurückzutreten. In den Medien wurde das Vorpreschen des FDP-Bundesrats – er hatte seinen Rücktritt zwei Tage vor Doris Leuthard der Presse verkündet – als geplanter Mediencoup gewertet.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte nach der Wahl von Cassis

Zwischen der Behandlung der Initiative im Parlament im September 2017 und der Volksabstimmung im März 2018 riss die Berichterstattung und die Debatte über die Initiative zur Abschaffung der Billag-Gebühren nicht mehr ab. Insbesondere nachdem Medienministerin Doris Leuthard im Oktober 2017 die neue Radio- und Fernsehabgabe von 365 Franken pro Jahr präsentiert hatte, gab es für die Medien kein Halten mehr. Diskutiert wurden in der Folge alle möglichen Aspekte der Vorlage. Relativ schnell beschrieben war der Inhalt der Initiative: Die Empfangsgebühr für Radio und Fernsehen soll abgeschafft werden und der Bund soll in Friedenszeiten keine Radio- und Fernsehstationen betreiben oder subventionieren dürfen. Stattdessen soll er entsprechende Konzessionen versteigern. Welche Auswirkungen eine solche Änderung hätte, wer sie befürwortete oder bekämpfte und wer wie davon betroffen wäre, sorgte in der Folge in Medien und Gesellschaft für viel Gesprächsstoff und wurde in über 7'000 Presseartikeln und 68'000 Tweets, Letztere gemäss (Fög) alleine zwischen anfangs Januar und Mitte Februar 2018, diskutiert.

Zu Beginn des Abstimmungskampfes besonders interessant war die Frage nach den Initianten und Befürwortern der Vorlage. Diese stellten gemäss Le Temps eine «alliance de circonstance» zwischen verschiedenen Akteuren vor allem aus der Deutschschweiz dar: neoliberale Rechte insbesondere aus der Zürcher SVP; junge Libertäre, die dadurch ihre Vision einer ultraliberalen Welt verbreiten wollten, sowie private Verleger, die sich Vorteile aus der Initiative erhofften. Die Hauptakteure der No-Billag-Komitees kamen folglich mit Olivier Kessler, Co-Initiator der Initiative und einstigem Präsidenten der Jungen SVP Schwyz, mit Thomas Juch, No-Billag-Co-Präsident und Vizepräsident der Jungfreisinnigen, mit Andreas Kleeb, Kommunikationsstratege und ehemaligem Parteipräsidenten der FDP Zug, und mit den Präsidenten der Unterstützerkomitees der Romandie, dem Jungfreisinnigen Nicolas Jutzet, und des Tessins, dem SVP-Gemeinderat von Lugano, Alain Bühler, aus dem Umfeld junger Libertärer. Deren Bewegung erlangte in der Folge durch Zeitungsinterviews und Auftritte in Diskussionsrunden einige mediale Aufmerksamkeit.
Anfangs sprach sich neben den Initianten kaum jemand für die Initiative aus; unterstützt wurde sie lediglich von der Zürcher SVP und vom Gewerbeverband, die beide relativ früh die Ja-Parole beschlossen hatten. Auch die Aktion Medienfreiheit, eine Gruppe privater Verleger präsidiert von Natalie Rickli (svp, ZH), sprach sich für die Vorlage aus, da ihr die Aktivitäten der SRG zu weit gingen. Lange fragten sich die Medien, was die SVP machen werde: Es seien bei ihr zwar schon immer Sympathien für die Initiative zu spüren gewesen, aber die Partei sei diesbezüglich gespalten. Eine Halbierung der Gebühr, wie es ihr Gegenvorschlag vorgesehen hatte, wäre von den meisten Exponentinnen und Exponenten bevorzugt worden, war zu lesen. Ebendiese Forderung anstelle der radikaleren Nullforderung hatte Nationalrätin Rickli den Initianten bereits vor Lancierung des Volksbegehrens nahegelegt. Die Medien erklärten die Zurückhaltung der SVP damit, dass es sich beim Thema der Initiative nicht um ein Kernanliegen der SVP handle und die im Januar 2018 lancierte Begrenzungsinitiative viele Ressourcen binde. Im Laufe der Kampagne sprachen sich jedoch immer mehr Mitglieder der SVP für die Initiative aus, unter ihnen auch alt-Bundesrat Christoph Blocher und Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR). Kurz vor der Abstimmung empfahl die SVP schliesslich mit 242 zu 17 Stimmen ein Ja zur Initiative. Zudem fassten die EDU und die Unabhängigkeitspartei up! die Ja-Parole.
Da zu Beginn der Kampagne noch unklar war, ob sich die SVP oder der Gewerbeverband finanziell beteiligen würden, setzten die Befürworter der Initiative auf Crowdfunding. Dieses sorgte für Aufmerksamkeit, nachdem der Betreiber der Crowdfunding-Seite erklärt hatte, die Sammelaktion für die Initiative zu stoppen und die bereits erhaltenen Gelder zurückzubezahlen. Die No-Billag-Initiative sei schlecht für die Kohäsion der Schweiz und als privates Unternehmen habe man das Recht, den Auftrag zu verweigern, erklärte die Geschäftsleitung. Olivier Kessler wertete dies als Sabotage und Affront gegen die Leute, die bereits insgesamt CHF 11‘500 für die Initiative gespendet hätten. Knapp 24 Stunden später startete das Crowdfunding auf einer privaten Seite erneut und erzielte nun – aufgrund von Solidaritätsbekundungen oder Gratiswerbung – mehr Spendengelder als zuvor: In den ersten 48 Stunden erhielten die Befürworter Spenden über CHF 22‘000, bis Ende Dezember 2017 nahmen sie insgesamt CHF 86‘000 mittels Crowdfunding ein.

Das Lager der Initiativgegner war relativ breit aufgestellt. Von den Parteien gaben die SP, die Grünen, die CVP, die BDP, die GLP, die EVP und die CSP die Nein-Parole heraus, genauso wie zum Beispiel Operation Libero, die Schweizerische Bischofskonferenz, die KdK und die Westschweizer Regierungskonferenz. Zögerlicher zeigten sich Economiesuisse und FDP. Die Freisinnigen fassten zwar mit 204 zu 82 Stimmen klar die Nein-Parole, machten aber an der Delegiertenversammlung ihrem Unmut gegenüber der SRG Luft. FDP-Präsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) fasste die Position der Partei entsprechend zusammen: «Es braucht Anpassungen, aber keine Revolution.» Auf deutliche Ablehnung stiess die Initiative hingegen bei der CVP, von den Medien häufig als «SRG-Partei» bezeichnet. Mit 50 zu 0 Stimmen beschloss der Parteivorstand die Nein-Parole entsprechend deutlich; die CVP übernahm zudem die Leitung der Kampagne. Trotz ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Volksbegehren geizten zahlreiche Initiativgegner nicht mit Kritik an der SRG und betonten, dass sie für den Gegenvorschlag gestimmt hätten, wenn dieser zustande gekommen wäre.
In Übereinstimmung mit der breiten Gegnerschaft der Initiative entstanden zahlreiche verschiedene Contra-Komitees. Dazu gehörten ein überparteiliches Komitee «Nein zu No Billag», dem sich über 140 nationale Parlamentarierinnen und Parlamentarier anschlossen, der Verein «Nein zum Sendeschluss», dem verschiedene zivilgesellschaftliche Akteure, darunter der Schriftsteller Pedro Lenz, der Direktor der Schweizer Journalistenschule und ehemalige SRF-Chefredaktor Diego Yanez sowie die Co-Präsidentin von Operation Libero Laura Zimmermann, angehörten. Operation Libero engagierte sich auch in einer eigenen Kampagne und erhoffte sich, mit Crowdfunding CHF 280‘000 zu erhalten, was dem Betrag entspricht, den die Bewegung bereits für ihre Kampagne gegen die Durchsetzungsinitiative auf dieselbe Weise erzielen konnte. Dieses Ziel erreichte Operation Libero im Dezember 2017 nach lediglich einer Woche Sammelaktion: Nachdem eine Vorumfrage der Sonntagszeitung einen deutlichen Vorsprung der Befürworter gezeigt hatte, schossen die Spenden durch die Decke. Zudem setzten sich das Komitee «NEIN zu No-Billag», bestehend aus engagierten Personen aus der Zivilgesellschaft, das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) mit der Kampagne «Made in Switzerland», Kulturschaffende mit dem «Aufruf der Kulturschaffenden gegen No-Billag» und der «Verein für die Rettung meiner Lieblingssendung», der eigens für diese Kampagne ins Leben gerufen worden war, gegen die Initiative ein. Zudem entstanden verschiedene Regionalkomitees in der Romandie, dem Tessin und im Bündnerland.

Breit diskutiert wurden in den Medien auch die Argumente der Befürworter und Gegner der Initiative. Die Initianten argumentierten, durch die Abschaffung der sogenannten «Zwangsgebühren» könne die Bevormundung der Bürger durch den Staat zumindest im Medienbereich gestoppt werden. Die Bürger sollten die Freiheit haben, zu wählen, was sie sehen und bezahlen wollen, erklärte Nicolas Jutzet. Dies betreffe insbesondere die jüngere Generation, die kaum noch lineares Fernsehen nutze: Untersuchungen des Fög sowie von Mediapulse und Vimentis verdeutlichten, dass nur noch 14 Prozent der 18- bis 24-Jährigen Fernsehen als Hauptinformationsquelle nutzen, die Marktanteile insbesondere von SRF 1 in dieser Altersgruppe deutlich niedriger liegen als für ältere Gruppen und Junge unzufriedener sind mit der SRG als ältere Personen.
Überdies würden die Gebühren einen fairen Wettbewerb und damit die Entstehung eines «vielseitigen und qualitativ hochstehenden Fernsehmarktes in der Schweiz» verhindern, argumentierte Mitinitiant Sebastian Frehner (svp, BS). Eines der prominentesten Argumente der Befürworter bezog sich demnach auf die Rolle der SRG. Die Befürworter der Initiative erachteten die No-Billag-Initiative als Möglichkeit, die Übermachtstellung der SRG zu brechen und dadurch die privaten Medienunternehmen zu stärken. Die SRG ruiniere mit ihren Gebührenmilliarden und einer aggressiven Wettbewerbsstrategie die privaten Medienhäuser, da sie durch den Startvorteil der Gebührenfinanzierung die Privaten am Werbemarkt unter Preisdruck setze und einfacher in neue Geschäftsfelder vorstossen könne, wurde argumentiert. Mit dieser Meinung standen die Initiativbefürworter nicht alleine da. Bis weit ins gegnerische Lager pflichtete man den Initianten bei, dass die SRG die Presse und die privaten Sender konkurriere, obwohl sie dies rechtlich nicht dürfe. Eine finanzielle Unterstützung der SRG sei nötig, erklärten hingegen die übrigen Initiativgegner. Dass bei den Medien der freie Markt, den die Initianten forderten, nicht spiele, könne man am Beispiel der Zeitungen sehen, erklärte Martin Candinas (cvp, GR). Daher bedürfe es bei Produktion und Verteilung von politischen und kulturellen Inhalten eines staatlichen Eingriffs, war in Le Temps zu lesen. Ohne staatliche Unterstützung könnten die Kosten zur Bereitstellung dieser Informationen nicht gedeckt werden. Da es sich für die grossen Medienunternehmen nicht lohnen würde, sich an der Versteigerung der Konzessionen zu beteiligen, käme eine Ersteigerung einzig für Milliardäre in Frage, betonte Roger Nordmann (sp, VD) zudem. Folglich käme es bei Annahme der Initiative zu einer sogenannten «Berlusconisierung» der Medienlandschaft: Einzelne finanzstarke Personen oder Unternehmen würden zukünftig den Medienmarkt und damit die Meinungsbildung dominieren.
Welche direkten Folgen eine Annahme der Initiative für die SRG hätte, war sehr umstritten und entwickelte sich immer mehr zur Glaubensfrage. Während Medienministerin Leuthard sowie mehrere Exponenten der SRG betonten, dass eine Annahme der Initiative das Ende der SRG bedeuten würde, bezweifelten dies die Initianten. Leuthard erklärte, dass die Initiative so klar formuliert sei, dass der Bundesrat sie per Verordnung umsetzen würde – das entsprechende Gesetz könne wohl kaum rechtzeitig erarbeitet werden. Man würde daher die Gebühren innerhalb eines Jahres zurückfahren. Auch SRG-Präsident Jean-Michel Cina, SRG-Generaldirektor Gilles Marchand sowie SRF-Direktor Ruedi Matter betonten, dass es bei einer Annahme zu einem Lichterlöschen bei der SRG und zu einer sukzessiven Entlassung der 6'000 Mitarbeitenden kommen würde. Insbesondere da bei Annahme der Initiative ein Grossteil der Bürger sofort aufhören würde, Gebühren zu bezahlen, wodurch die SRG in kürzester Zeit Liquidationsprobleme bekäme. Danach gäbe es in der Schweiz nur noch hoch kommerzielles Fernsehen mit viel Werbung. Dieser Darstellung widersprachen die Initianten: Sendungen mit hohen Einschaltquoten liessen sich über den Werbemarkt weiterhin finanzieren, betonte zum Beispiel Andreas Kleeb. Die SRG würde durch die Initiative zu einem gewöhnlichen Medienunternehmen, das sich am Markt bewähren müsste, erklärte auch Christoph J. Walther, Fachjournalist für Medien. Die Weltwoche rechnete aus, dass die SRG CHF 310 Mio. einnehmen könnte, wenn nur ein Viertel aller heutigen SRG-Nutzerinnen und -Nutzer die SRG-Programme zukünftig abonnieren würde. Da man bezüglich Werbung freier wäre, könnte man den Zuschauerrückgang durch längere Werbefenster sowie Werbung in Internet und Radio kompensieren. Auch der emeritierte Rechtsprofessor Rainer J. Schweizer hielt die Darstellung eines abrupten Endes der SRG für übertrieben. Er erklärte, die SRG würde vorläufig ihren Programmauftrag behalten und könnte weiter existieren, bis das Parlament das RTVG angepasst habe, weil dieses eine stärkere rechtliche Wirkung habe als die Ausführungsbestimmungen der Initiative. Um die Diskussionen zur Zukunft der SRG bei Annahme der Initiative auf eine solidere Basis zu stellen, hatte die KVF-NR bereits im April 2017 einen Bericht des BAKOM zu zwei Budgetvarianten der SRG gefordert, der im Juni 2017 erschien.
Nicht nur die SRG, auch die 21 respektive 13 regionalen Radio- und Fernsehstationen würde eine Annahme der Initiative vor grosse Probleme stellen, gaben Letztere zu bedenken. Diese erhalten ebenfalls CHF 68 Mio., zukünftig sogar CHF 81 Mio., aus dem Gebührentopf und sind zu etwa 50 Prozent gebührenfinanziert. Ohne diese Unterstützung könnten sie somit kaum überleben. Silvio Lebrument, Geschäftsführer der Somedia, erklärte, auch für den Radio- und Fernsehsender Südostschweiz würde eine Annahme der Initiative das Aus bedeuten. Folglich kritisierte auch der Verband der Schweizer Regionalfernseher Telesuisse die Initiative stark.
Eine Annahme der Initiative hätte schliesslich gemäss den Initiativgegnern auch negative Konsequenzen für die (Sprach-)Minderheiten. So erklärte Medienministerin Leuthard im Dezember, dass die Initiative diese deutlich stärker treffen würde als die Deutschschweiz. Heute fände eine Quersubventionierung der französisch- und italienischsprachigen Sender durch die Deutschschweizer Gebührenzahlenden statt: RSI zum Beispiel erhält 20.5 Prozent der Gebühreneinnahmen für 8.1 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner. Ohne diese Umverteilung könnten Radio- und Fernsehsender in anderen Sprachregionen kaum produziert werden, da die Märkte zu klein seien, erklärte Pascal Crittin, Direktor von RTS. Ausschliesslich werbefinanziert liesse sich hochwertiges Fernsehen nicht produzieren, bei einem Ja müsse RTS daher schliessen. Entsprechend kritisch zeigten sich die Medien und Akteure in der Romandie bezüglich der Initiative. Relativ lange war die Diskussion zur Initiative in den Westschweizer Medien deutlich weniger virulent als in der Deutschschweiz, die Initiative galt als chancenlos. Zudem sei das Westschweizer Fernsehen gemäss Peter Rothenbühler, langjährigem Chefredaktor von Le Matin, dank verschiedener hervorragender Informationssendungen in der Bevölkerung fest verankert. Aufgrund ausgewogener Informationsveranstaltungen und kontroverser Diskussionen sei auch der Vorwurf, die Sender seien politisiert, nie aufgekommen. Diese positive Einstellung zur SRG zeigte sich auch in der von Année Politique Suisse untersuchten Inseratekampagne: Im Vergleich zu früheren Vorlagen wurden in den französischsprachigen oder zweisprachigen Kantonen überdurchschnittlich viele Contra-Inserate publiziert, jedoch beinahe keine Pro-Inserate.
Speziell war die Lage für den Kanton Tessin, wo RSI mit 1100 Stellen, 500 Stellen bei Zulieferern und einer Wertschöpfung von CHF 213 Mio. gemäss einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Basel einer der grössten Arbeitgeber des Kantons ist. RSI-Direktor Maurizio Canetta betonte entsprechend die Gefahr der Vorlage für den Südkanton. Da das Tessin aktuell dreimal mehr Geld aus dem Gebührentopf erhalte, als es einzahle, würden bei Annahme der Initiative nur noch kommerzielle Gewinne zählen, die Regionalität ginge verloren. Mittelfristig müsse RSI schliessen, dann könnten nur noch italienische Sender empfangen werden. Trotz oder gerade wegen der starken Lage von RSI entwickelte sich im Tessin eine überaus starke Befürworterkampagne zur Initiative. Mit fast 60 Inseraten im untersuchten Zeitraum und den untersuchten Zeitungen – von denen jedoch mehr als die Hälfte in der Lega-nahen Zeitung «Il Mattino della Domenica» erschienen waren – legten sich die Befürworter mächtig ins Zeug, wie die Auswertung von Année Politique Suisse zeigte. Hauptsächlich kritisierten sie darin die Grösse der SRG und die staatliche Kontrolle des Fernsehens.
Ebenfalls besonders stark betroffen war der Kanton Graubünden als einziger dreisprachiger Kanton. Martin Candinas erklärte, die Vorlage sei ein Frontalangriff auf das rätoromanische Radio- und Fernsehangebot und ein Kahlschlag für den Medienplatz Schweiz. Der Kanton Graubünden würde bei einer Annahme der Initiative aus den Medien verschwinden, berichtet werden würde nur noch über Naturkatastrophen, ergänzte Nationalrätin Silva Semadeni (sp, GR). Die Initiative müsse klar abgelehnt werden, damit ein deutliches Signal für eine starke SRG gesendet werden könne, die in der Lage wäre, Minderheitensprachen, Berggebiete und periphere Regionen zu berücksichtigen. Im Laufe der Kampagne wurden die Initiativgegner immer deutlicher, Ständerat Stefan Engler (cvp, GR) etwa sprach vom Verlust eines Stückes Identität der Rätoromanen und von «einer Katastrophe für den Kanton Graubünden». Entsprechend aktiv zeigten sich die Bündner Initiativgegner auch in der Kampagnenphase – in keinem anderen Kanton zählte Année Politique Suisse mehr Contra-Inserate.
Das Argument der Sprachminderheiten war jedoch auch in der Deutschschweiz relevant. Hier sahen die Initiativgegner nicht nur die Schweizer Medienlandschaft, sondern mit ihr gar die nationale Kohäsion gefährdet. Diese beruhe nämlich gemäss NZZ unter anderem auf der Bereitschaft, die kleineren Sprachregionen mit Nachrichten und Unterhaltung zu bedienen und die kulturelle Vielfalt zu fördern. Durch die Initiative würde «einer der letzten Stützpfeiler unseres gemeinsamen Schweizer Dachs» verloren gehen, erklärte Nationalrat Christoph Eymann (lpd, BS).
Gegen eine solche «Überhöhung» der SRG wehrten sich wiederum die Befürworter der No-Billag-Initiative: Die Initiativgegner würden die SRG zur Rettung der vierten Gewalt und die No-Billag-Abstimmung zur Schicksalsfrage für die Schweiz hochstilisieren, kritisierte Nationalrat Lukas Reimann. Dabei hätten Umfragen gezeigt, dass selbst von den Initiativgegnern eine Mehrheit nicht glaube, dass die SRG mit Annahme der Initiative untergehen würde. Schliesslich bestritten die Befürworter der Initiative nicht nur die Darstellung der Medienministerin und der SRG-Verantwortlichen, wonach die SRG bei Annahme der Initiative nicht überleben könne, sie kritisierten insbesondere auch deren Weigerung, einen Plan B vorzulegen. Die SRG-Führung habe die Pflicht, den Fortbestand des Unternehmens sowie die Fortbeschäftigung der Mitarbeitenden unter allen Umständen zu sichern, erklärte unter anderem Nationalrat Gregor Rutz (svp, ZH). Dies veranlasste Andreas Kleeb, aber auch den Verleger der AZ Medien, Peter Wanner, zu Spekulationen, wonach die SRG über einen Plan B verfüge, diesen aber aus taktischen Gründen nicht kommuniziere.

Die Kampagnen zur No-Billag-Initiative konzentrierten sich stark auf Onlinekommentare und soziale Medien. Die Twitter-Aktivitäten zu No-Billag starteten anfangs Oktober und stiegen bis Ende Februar stetig an. Das Fög zählte von Januar bis Mitte Februar 2018 insgesamt 68'000 Tweets. Die Untersuchung des Fög bestätigte auch die oftmals geäusserte Vermutung, dass es bei den Twitter-Aktivitäten zu einer Bildung von Informations-Filterblasen komme: Grösstenteils bekamen die Nutzer nur Inhalte zu Gesicht, die mit ihren eigenen Ansichten übereinstimmten. Ausserordentlich stark tobte der Abstimmungskampf auch in den Medien. Das Fög bezeichnete die No-Billag-Initiative als «Sonderfall», da die Initiative über die ganze Kampagnendauer überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit in den Medien erzielt hatte. Das Fög zählte in den 14 Wochen vor der Abstimmung in den untersuchten Zeitungen 1049 inhaltliche Artikel zur Vorlage – insgesamt war die Rede von über 7000 Artikeln –, deutlich mehr als bei anderen vielbeachteten Vorlagen wie der Unternehmenssteuerreform III, der Durchsetzungsinitiative, der Masseneinwanderungsinitiative oder gar beim RTVG. Die Tonalität bezüglich der Initiative war in beinahe allen untersuchten Medien negativ, einzig die Weltwoche berichtete mehrheitlich positiv darüber. Vergleichsweise gut schnitt die Initiative auch bei der Aargauer Zeitung, 20 Minuten, der BaZ und der Sonntagszeitung ab. Überdurchschnittlich viel Resonanz erhielten gemäss dem Fög die Pro-Akteure jedoch neben der Weltwoche auch in den untersuchten Programmen der SRG. Während die Kampagne somit im inhaltlichen Teil der Zeitungen überdurchschnittlich stark vertreten war, zeigte sich in den Inseratespalten kein auffälliges Bild: Die Komitees schalteten im Vergleich mit Abstimmungen der vergangenen vier Jahre nur durchschnittlich viele Zeitungsinserate.

Am häufigsten porträtiert wurde die Position von Vertretern der Zivilgesellschaft, wie die Studie des Fög zeigte. Diese gehörten gemäss Fög überdies zu den grössten Kritikern der Initiative. So meldeten sich im Laufe der Kampagne zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen zu Wort; Diego Yanez, Vorstandsmitglied des Komitees «Nein zum Sendeschluss», sprach von einem «Ruck, der durch die Zivilgesellschaft» ging. Bekämpft wurde die Vorlage von vielen Seiten: Der Gehörlosenbund zum Beispiel sprach sich gegen die Initiative aus, da man auf Sendungen mit Untertiteln oder in Gebärdensprache angewiesen sei. Bereits das heutige Angebot sei ungenügend, eine Annahme der Initiative würde aber die Situation noch verschlechtern, erklärte Corinne Parrat, die gehörlose Miss-Handicap 2009. Auch die Sportfans und -organisatoren meldeten sich zu Wort. Sie sorgten sich, dass nach Annahme der Initiative kaum noch Sportübertragungen im Free TV zu sehen sein würden. Seit Beginn der Erhebung 2013 waren die zehn meistgeschauten Sendungen im SRF Sportübertragungen, von den Top 100 beinhaltete fast jede zweite Sendung Sport. Insbesondere Anhänger von Nischensportarten waren besorgt: Private würden wohl kaum Berichte zu über 100 verschiedenen Sportarten ausstrahlen, wie es die SRG tue, war zu vernehmen. Auch Swiss Olympic beteiligte sich an der Diskussion: Die SRG sei einer «der wichtigsten Sportförderer der Schweiz», sowohl für Elite- als auch für Breitensport. Ein Ja wäre daher das Ende von mehr als nur der SRG.
Auch von kultureller Seite wurde Kritik an der Initiative laut. Die Interessengemeinschaft Volkskultur, der 33 Verbände und 400‘000 Aktivmitglieder angehören, fasste einstimmig die Nein-Parole. Präsident Albert Vitali (fdp, LU) erklärte, bei Annahme der Initiative sei zum Beispiel die Übertragung von Schwing- und Jodelfesten in Gefahr, weil Private die Kosten der Übertragung nicht stemmen könnten. Die Nein-Parole erliessen auch der Blasmusikerverband sowie der Eidgenössische Jodelverband. «Für die Freunde der Volkskultur ist die Initiative ein Affront», betonte die Präsidentin des Jodelverbands Kathrin Niederberger. Für Brauchtumsfeste sei die SRG ein unverzichtbarer Partner.
Anders sah es hingegen lange Zeit bei der Schweizer Musikbranche aus. Noch im November 2017 kritisierte die Sonntagszeitung, dass sich diese nicht zur Vorlage äusserte, obwohl die SRG die Karrieren der Schweizer Musiker entscheidend gefördert habe. So würden jährlich CHF 300 Mio. von der SRG zu den Künstlern fliessen, was für einige mehr als 40 Prozent des Einkommens ausmache. Da Privatradios einen deutlich niedrigeren Anteil an Schweizer Musik spielten als die SRG-Kanäle, seien die Musiker auf Letztere angewiesen. Ähnlich sehe es bei der Filmbranche aus, betonten die Medien. Die SRG habe in den letzten 30 Jahren CHF 300 Mio. in die Filmförderung investiert und unterstütze zudem jährlich Schweizer Filme mit CHF 30 Mio. bis 40 Mio. Dieser Aufruf zeigte Ende 2017 Wirkung, als unter dem Motto «Nein zum Blackout – Nein zu No Billag» Werbespots mit zahlreichen verschiedenen Schauspielerinnen und Schauspieler ausgestrahlt wurden. Finanziert wurden diese vom Dachverband der Schweizer Film- und Audiovisionsbranche Cinésuisse, der darauf hinweisen wollte, dass zahlreiche Filme wie «Die Schweizermacher» oder «Heidi» ohne die enge Partnerschaft mit der SRG nicht hätten realisiert werden können.
Diese Solidaritätsbekundungen lösten jedoch nicht nur Begeisterung aus. Die Weltwoche sah sich in ihrer Kritik bestätigt: Durch die Initiative würden die Verflechtungen der SRG sichtbar; diese mache sich die Abhängigkeiten zahlreicher Akteure für ihre Zwecke zu Nutze. Dabei kritisierte die Weltwoche insbesondere die Printmedien, welche die SRG über die Jahre abhängig gemacht habe. Zum Beispiel zahle sie jährlich mehrere Millionen Schweizerfranken an die Somedia, die NZZ-Gruppe sowie die AZ-Medien und insgesamt flössen jährlich CHF 67.5 Mio. an private Radio- und Fernsehstationen. Das erkläre auch, warum von dieser Seite nur leichte Kritik an der SRG geäussert würde. Diejenigen, die auf diese Weise von der SRG profitierten, hätten sich nun auch gegen die Initiative ausgesprochen, erklärte die Weltwoche. Allgemein blieb die Haltung der Zeitungen zur Initiative jedoch unklar. Der Verlegerverband (VSM) mochte anfangs keine klare Ja- oder Nein-Parole fassen, empfahl schliesslich aber trotz bestehender Differenzen die Ablehnung der Initiative. Zwar sei man für die Gebührenfinanzierung, mache aber die Stärke des Engagements von den Zugeständnissen der SRG abhängig, erklärte Geschäftsführer Andreas Häuptli. Die SRG solle demnach langfristig ohne Werbung und Sponsoring auskommen und die Kommerzialisierung des Angebots reduzieren, wurde gefordert. Auch der Westschweizer Verband Médias Suisses sprach sich gegen die Initiative aus, wollte aber die Contra-Kampagne nur unterstützen, wenn die SRG auf zielgerichtete Werbung verzichte und aus der Admeira austrete.

Unter besonderer Beobachtung standen auch während der Kampagnenphase die SRG und ihre Mitarbeitenden: Vielfach wurde befürchtet, dass sie aufgrund der für sie weitreichenden Konsequenzen der Initiative nicht würden neutral bleiben können. Mitte Oktober definierte die SRG interne Leitlinien, die es ihren Mitarbeitenden erlaubten, ihre Position über soziale Netzwerke zu vertreten und das Programmangebot und die Werte der SRG proaktiv zu betonen. Die Mitarbeitenden durften hingegen keine direkten Abstimmungsempfehlungen abgeben. In ihren Sendungen nahm die SRG gemäss Fög eine klar kritische Haltung zu der Initiative ein, die negative Tonalität von SRF und RTS entsprachen jedoch der durchschnittlichen Haltung der Medien, erklärte das Fög weiter. Überdurchschnittlich grosse Resonanz erhielten jedoch die Statements der Befürworter bei der SRG. Diese zeigten sich jedoch mit dem Verhalten der SRG und ihrer Mitarbeitenden im Rahmen des Abstimmungskampfes nicht zufrieden und kritisierten deren «breit angelegte Informationskampagne», wie es der Bote der Urschweiz formulierte. Insbesondere Sendungen zur Initiative selbst, vor allem die Arena respektive ihr Moderator Jonas Projer wurden kritisiert. Olivier Kessler beschuldigte Projer als SRG-Angestellten und «Zwangsgebühren-Profiteur» zu wenig unabhängig zu sein, um die Sendung zur No-Billag-Initiative fair zu leiten. Er habe die Sendung einseitig moderiert und die Initiativbefürworter deutlich häufiger unterbrochen als die Gegner, ergänzte Kessler auf seinem Blog. Auf diese Anschuldigungen entgegnete Projer, dass die wichtigsten Themen beider Seiten angesprochen worden seien und die Redezeit ausgeglichen gewesen sei – man habe dies absichtlich gemessen. Unterstützung erhielt Projer im Nachhinein von SRG-Ombudsmann Roger Blum, der die Sendung aufgrund zahlreicher Beschwerden überprüfte. Demnach habe Projer Kessler deutlich weniger kritische und mehr unkritische Fragen gestellt als Bundesrätin Leuthard, habe diese aber nie, Kessler sowie Joachim Eder als Vertreter der Initiativgegner aber gleich häufig unterbrochen. Insgesamt seien die Befürworter zwar deutlich häufiger unterbrochen worden, eine «förmliche Diskriminierung» habe der Ombudsmann aber nicht festgestellt. Das hatten einige Zuschauer freilich anders wahrgenommen, in den sozialen Medien gingen die Wogen hoch. In einer Twitter-Nachricht wurden Projer und seine Kinder gar mit dem Tod bedroht, worauf dieser Strafanzeige einreichte.
Die SRG wurde jedoch nicht nur wegen dem Inhalt ihrer Sendungen, sondern auch wegen deren Kampagnenfinanzierung kritisiert. Die Initiativbefürworter befürchteten, die SRG setze Gebührengelder für den Abstimmungskampf ein, was zum Beispiel Stefan Ammann, Präsident der Jungfreisinnigen, als Beeinflussung wertete. Entsprechende Anfragen von Sylvia Flückiger-Bäni (A. 17.5446) und Lukas Reimann (A. 17.5455) im Parlament ergaben, dass die SRG zwar nicht über ein Budget für die Abstimmungsdebatte verfügte, wohl aber Geld für Medienanfragen aus dem Budgetposten «Public Affairs» bereitgestellt hatte. Dieser betrug fürs Jahr 2016 CHF 400‘000. Der Bundesrat erklärte diesbezüglich, die Trägerschaft der SRG habe das Recht und die Pflicht, Diskussionen über den Service public zu führen, jedoch müssten die Auftritte sachlich und transparent sein. Gemäss den Initiativ-Befürwortern war hingegen auch das äusserst heikel, da dadurch Arbeitszeit von Personen mit gebührenfinanzierten Löhnen in Anspruch genommen werde. Ferner brauche die SRG keine Plakate mehr zu finanzieren, weil sie stattdessen auf bereits bekannte Gesichter setzen könne.

Volksinitiative "Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren" (No Billag-Initiative)

Am 14. Oktober 2017 trat ProTell, die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht, in den Fokus der Öffentlichkeit, weil bekannt wurde, dass Bundesratskandidat Ignazio Cassis (fdp, TI) im September 2017, rund eine Woche vor seiner Wahl in den Bundesrat, dem Verein beigetreten war. ProTell hatte die drei FDP-Bundesratskandidaten Pierre Maudet (GE, fdp), Isabelle Moret (fdp, VD) und Ignazio Cassis vor der Bundesratswahl zu ihrer Haltung zum Waffenrecht befragt und sie eingeladen, Vereinsmitglied zu werden. Cassis hatte dem Verein mitgeteilt, dass er gerne Mitglied werde, und war ProTell am 11. September 2017 beigetreten, wie der Generalsekretär von ProTell, Robin Udry, der Nachrichtenagentur SDA mitteilte. Brisant war diese Meldung, weil ProTell vehement die Übernahme der verschärften EU-Waffenrichtlinie bekämpft und bei deren Nicht-Übernahme ein Ausschluss der Schweiz aus dem Schengen-Raum drohen würde. Bisher hatte sich Cassis jedoch stets für die bilateralen Verträge mit der EU und das Schengen-Abkommen ausgesprochen. Politiker jeglicher Couleur reagierten prompt. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) etwa zeigte sich „erstaunt“, dass Cassis ProTell so kurz vor der Bundesratswahl beigetreten war. Als Aussenminister müsse Cassis die Bilateralen vertreten, dazu gehöre auch Schengen, sagte Pfister im St. Galler Tagblatt und schlussfolgerte: „Eine Mitgliedschaft bei ProTell ist mit dem Amt eines Bundesrates nicht kompatibel.“ Die FDP bemühte sich derweil, die Wogen zu glätten: Die Partei stehe weiterhin zu Schengen, versicherte FDP-Präsidentin Petra Gössi im gleichen Artikel.
Nur wenige Tage nach dem öffentlichen Bekanntwerden seiner ProTell-Mitgliedschaft kündigte Cassis diese am 17. Oktober 2017 wieder. „Angesichts der laufenden öffentlichen Diskussion und der Instrumentalisierung seines damaligen Beitritts hat Bundesrat Cassis seine Mitgliedschaft bei ProTell und Libertà e valori (Freiheit und Werte, das Tessiner Pendant zu ProTell; Anmerkung des Autors) aufgegeben“, liess Cassis über die Bundeskanzlei ausrichten. Es folgte erneut Kritik von Medien und Politikern: Die Zeitung Nordwestschweiz und der Tages-Anzeiger warfen Cassis Opportunismus vor, Beat Arnold (svp, UR) äusserte Zweifel an Cassis' Rückgrat, weil er im Vorfeld der Wahl „den Rechten“ habe gefallen wollen und jetzt „den Linken“. Silvia Schenker (sp, BS) verglich Cassis mit einer „Fahne im Wind“. Nur Cassis' Parteikollegen zeigten Verständnis: Der Beitritt und Austritt bei ProTell sei ein „Lapsus, der aufgrund der enormen Drucksituation während des Wahlkampfs verzeihbar ist“, so Joachim Eder (fdp, ZG) in der „Nordwestschweiz“. Auch ProTell wollte die Kündigung ihres prominentesten Mitglieds nicht überbewerten. ProTell-Vizepräsident Jean-Luc Addor (svp, VS) sagte gegenüber dem St. Galler Tagblatt, dass Cassis aufgrund seines langjährigen Engagements für Libertà e valori echte Überzeugungen für ein liberales Waffenrecht habe. Es gebe keinen Grund zu glauben, dass sich das ändern werde, so Addor.

Pro Tell und Cassis

Ziemlich überraschend – sogar für seine eigene Partei – gab Didier Burkhalter Mitte Juni 2017 seinen Rücktritt bekannt. Nach acht Jahren im Bundesrat – zwei Jahre als Innen- und sechs Jahre als Aussenminister – und vorher sechs Jahren im Nationalrat habe er das Bedürfnis, etwas anderes zu machen: „J'ai ressenti le besoin de changer de vie”. In den Medien war Burkhalter seit einiger Zeit zwar als etwas amtsmüde dargestellt worden – insbesondere seine häufige Absenz in Bundesbern und der Umstand, dass er lieber von Neuenburg aus arbeite, wurden moniert –, zudem habe er zunehmend den Rückhalt für das Europadossier verloren, der Rücktritt war aber doch nicht erwartet worden. Insbesondere auch, weil er wenige Tage vor einer EU-Standortbestimmung im Bundesrat erfolgte. Der Zeitpunkt des Rücktritts wurde denn auch als äusserst ungünstig bezeichnet, weil die Regierung dadurch aussenpolitisch während Monaten gelähmt sei, so etwa die Reaktion von CVP-Präsident Gerhard Pfister.
Die Bilanz zu Burkhalters Wirken, die in den Medien im Anschluss an die Rücktrittserklärung gezogen wurde, war gemischt. Burkhalter sei ein guter Bundesrat gewesen, „weltoffen und weltfremd zugleich” so etwa die BaZ. Zwar habe Burkhalter auf dem internationalen Parkett brilliert – von praktisch allen Medienbeiträgen erwähnt wurde immer wieder seine Rolle als Vorsitzender der OSZE in der Ukraine-Krise –, in der Innen- bzw. Europapolitik habe er sich aber immer wieder selbst ins Abseits gestellt. Die Erwartungen, die man in ihn gesetzt habe, etwa als Gegenspieler von Christoph Blocher das Rahmenabkommen mit der EU abzuschliessen, habe er nicht erfüllt. Dass das EU-Dossier an einem toten Punkt angelangt sei, sei „le gros point noir de son bilan”, schlussfolgerte die Tribune de Genève. Darüber hinaus habe er sich von seiner Partei immer mehr distanziert. Als Westschweizer Liberaler habe er eine Mitte-Links-Politik priorisiert, was ihm in der Partei angekreidet worden sei, so die NZZ. Als Indiz für das schlechte Verhältnis zwischen Partei und Magistrat wurde der Umstand gedeutet, dass die FDP erst rund zwei Stunden vor der Ankündigung vom Rücktritt in Kenntnis gesetzt worden sei. Vor allem von rechtsbürgerlicher Seite wurde der Vorwurf immer lauter, dass Burkhalter daran schuld sei, dass sich die SVP-FDP-Mehrheit in der Exekutive nicht deutlicher zeige.

Bereits am Tag der Rücktrittsmeldung stellten die Medien Spekulationen bezüglich potenzieller Nachfolger an. Gute Karten habe vor allem Ignazio Cassis, der aktuelle Fraktionspräsident der FDP, da der Anspruch des Kantons Tessin, nach 1999 wieder einen Sitz in der Regierung zu haben, kaum mehr umgangen werden könne und die Westschweiz auch mit nur noch zwei Magistraten adäquat vertreten sei. Werde der Sitz jetzt nicht dem Tessin zugesprochen, würden wohl weitere 10 Jahre vergehen, bis es eine neue Chance gäbe, rechnete Ex-FDP-Präsident Fulvio Pelli vor. Neben Cassis wurden auch dem Tessiner Staatsrat Christian Vitta und der ehemaligen National- und Staatsrätin Laura Sadis sowie Karin Keller-Sutter und Martin Schmid als Vertreterin oder Vertreter der Ostschweiz, die ebenfalls seit längerem Anspruch auf einen Bundesratssitz erhebt, gute Chancen eingeräumt. Die Romandie sei aber nicht zum Vornherein auszuschliessen, weil die Freisinnig-Liberalen in der Westschweiz deutlich auf dem Vormarsch seien. Den verlorenen Sitz werde die französische Schweiz wohl nicht kampflos preisgeben, war in den Medien zu lesen. Aus der Westschweiz fielen denn auch rasch die Namen des Genfer Regierungsrats Pierre Maudet und des Nationalrats Christian Lüscher. Die beiden Waadtländer Staatsräte Jacqueline de Quattro und Pascal Broulis, aber auch Nationalrätin Isabelle Moret und Ständerat Olivier Français wurden trotz ihres Handicaps, wie bereits Guy Parmelin aus dem Kanton Waadt zu stammen, ebenfalls als valable Kandidatinnen und Kandidaten auf das sich drehende Karussell gesetzt. Auch der Name Raphaël Comte wurde für den Kanton Neuenburg ins Spiel gebracht.

Dass die FDP einen Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz hat, war kaum umstritten. Die Parteileitung machte rasch klar, dass es sich beim Nachfolger von Burkhalter um einen „Lateiner” handeln soll – ob Tessiner oder Romand liess man bewusst offen. Die FDP-Frauen, die seit 1989 keine Vertretung mehr in der Landesregierung gehabt hatten, forderten per Kommuniqué bei dieser oder spätestens der nächsten Vakanz eine Bundesrätin. Auch die Grünen verlangten, dass die FDP eine Frau portiere. Die SVP forderte einen Kandidaten mit klar bürgerlichem Profil. Die Mitte-Rechts-Mehrheit müsse jetzt endlich auch im Bundesrat durchgesetzt werden. Die FDP machte früh deutlich, dass man sicher kein Einerticket präsentieren wolle. Bis Mitte August hatten die Kantonalsektionen Zeit, Vorschläge zu machen. Die Fraktion wollte sich dann Anfang September entscheiden.

Die Tessiner Kantonalsektion portierte – nach langer Diskussion, ob man ein Einer- oder ein Zweierticket präsentieren wolle – am 1. August einzig Ignazio Cassis. Sowohl Sadis als auch Vitta sagten Cassis ihre Unterstützung zu. Obwohl Sadis sowohl die Ansprüche aus dem Tessin, als auch der Frauenvertretung hätte erfüllen können, wurde sie nicht berücksichtigt. Vor allem ihre (zu) lange Absenz von der (nationalen) Politik dürfte hierfür mitentscheidend gewesen sein. Mit nur einem Kandidaten aus dem Tessin würde zudem das Risiko von Stimmenaufteilung minimiert, so die kantonale Parteileitung. Das Einerticket wurde auch als Referenz an die Romandie interpretiert; der Weg sei jetzt offen, um eine Frau aus der Romandie zu portieren. Die Frauenfrage wurde auch deshalb noch virulenter, weil Doris Leuthard ebenfalls am 1. August ihren Rücktritt ankündigte. Als Kandidatinnen aus der Romandie gerieten insbesondere Isabelle Moret und Jacqueline de Quattro in den Fokus. Der zweite offizielle Kandidat war dann allerdings doch wieder ein Mann: Am 8. August wurde Pierre Maudet von der Genfer Kantonalsektion einstimmig auf den Schild gehoben. Der Genfer Regierungsrat rechnete sich zwar nur geringe Chancen aus, wollte aber mit Jugend, Modernität und Urbanität punkten. Der zweite, lange ebenfalls als Kandidat gehandelte Genfer, Christian Lüscher, hatte sich kurz zuvor aus persönlichen Gründen selber aus dem Rennen genommen und eine Lanze für seinen jüngeren Genfer Parteikollegen gebrochen. Komplizierter gestaltete sich die offizielle Nominierung der dritten potenziellen Kandidatin. In der Presse wurde ein parteiinterner Zwist über und zwischen den drei Papabili der FDP-Sektion Waadt vermutet. Jacqueline de Quattro und Olivier Français zogen sich dann allerdings zurück, um den Platz für Isabelle Moret frei zu machen, die sich zwar erst spät – und später als die beide anderen – für eine Kandidatur entschieden hatte, am 10. August von ihrer Kantonalsektion aber als einzige Kandidatin aufgestellt wurde.

Nach Ablauf der Meldefrist standen also drei Kandidierende aus drei Kantonen fest. Sofort gingen die Spekulationen los, ob die FDP ein Zweierticket oder ein Dreierticket aufstellen würde. Dabei schien klar, dass Cassis gesetzt war, folglich entweder nur gegen Moret oder aber gegen Moret und Maudet antreten würde. Der Umstand, dass Moret zwar aus dem Kanton Waadt kommt, die FDP aber nicht auf eine mögliche Frauenvertretung verzichten konnte, sowie der umtriebige „Wahlkampf” von Maudet – der Blick sprach von schlechten Karten, die der Genfer aber brillant spiele – waren wohl die Hauptgründe für das Dreierticket, das die FDP-Fraktion offiziell am 1. September aufstellte. Das „tricket” (LT), das in der Fraktion knapp mit 22 zu 19 Stimmen beschlossen worden sei, stosse niemanden vor den Kopf, sei aber auch der Weg des geringsten Widerstands (NZZ) und ein klarer Etappensieg für Maudet (BaZ). Das Dreierticket wurde auch als gute Kunde für den Favoriten Cassis gewertet, dessen Chancen sich dadurch noch weiter erhöhten, weil sich die Stimmen seiner Gegner aufteilen dürften.

Die Kandidatin und die beiden Kandidaten wurden in der Presse unterschiedlich porträtiert. Cassis galt von Anfang an als eigentlicher Kronfavorit. Einziges Manko des in Bundesbern bestens vernetzten Tessiner Arztes sei seine mit der Präsidentschaft beim Krankenkassenverband Curafutura verbundene Nähe zu den Krankenkassen. Insbesondere der Lega, aber auch der SP, war dieses Amt von „Krankencassis” (SGT, So-Bli, TA, WW) ein Dorn im Auge. Ausführlich diskutiert wurde zudem die politische Position des Tessiners. Das Parlamentarierrating der NZZ zeigte, dass er seit seinem Amtsantritt als Fraktionspräsident der FDP vom linken Rand der Partei leicht in die Mitte gerückt war. Insbesondere die SVP betrachtete Cassis freilich als den ihr am nächsten stehenden der drei Kandidierenden. Letztlich gab es aber kaum etwas, was die „occasione d'oro per il Ticino” (CdT) behindert hätte. Die zahlreichen giftigen Angriffe auf die Gesundheitspolitik von Cassis konnten ihm scheinbar nichts anhaben. Auch seine doppelte Nationalität bzw. der Umstand, dass er seinen italienischen Pass abgab und damit zwar Applaus von rechts, aber auch Kritik von links erhielt und eher unfreiwillig eine Debatte um die doppelte Nationalität von Mitgliedern von Bundesbehörden lancierte – diskutiert wurde sogar die Frage, ob man als Doppelbürger loyal sein könne –, schadete dem Südschweizer nicht.
Der grosse Trumpf von Isabelle Moret sei, dass sie eine Frau sei, war den Medien zu vernehmen. Die dezidiert bürgerlich politisierende 46-Jährige spreche drei Landessprachen fliessend, sei gut vernetzt, in den über 10 Jahren im Nationalrat aber kaum aufgefallen. Dies beinhalte immerhin auch, dass sie bisher keine Fehler gemacht habe (TA). Moret selber betonte von Anfang an, dass „Frausein” kein politisches Argument sei. Sie wolle lieber mit ihrer Dynamik punkten und frischen Wind ins Europadossier bringen. Sie betonte allerdings auch, dass sie die erste Mutter mit Schulkindern in der Exekutive wäre. Allerdings hinterliess die Anwältin laut verschiedenen Medien in ihrem Wahlkampf keinen überzeugenden Eindruck (WW), wurde von vielen Seiten angegriffen und wirkte ab und zu nicht wirklich souverän (NZZ). Ihr Wahlkampf sei „ungenügend” (SGT) und „harzig” (AZ) und wurde gar als chaotisch bezeichnet (24 Heures).
Pierre Maudet, 39 Jahre alt, wurde als politisches Naturtalent beschrieben. Der forsche und ambitionierte Regierungsrat habe sich innert kurzer Zeit vom Stadtpräsidenten zum Aushängeschild der Kantonsregierung entwickelt, was ihm auch Vergleiche mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron einbringe (AZ). Sein Nachteil sei allerdings die schwache Vernetzung in Bundesbern. In der Regel würden die Bundesparlamentarierinnen und -parlamentarier einen Bundesrat oder eine Bundesrätin aus den eigenen Reihen vorziehen. Sein Wahlkampf wurde hingegen als exzellent bezeichnet (Blick). Maudet sei vor allem in der Deutschschweiz unterschätzt worden, was das Beste sei, was einem Politiker passieren könne (TA). Vor allem inhaltlich konnte Maudet mit verschiedenen originellen Positionen überzeugen: Er spreche als einziger wirklich „Klartext” (BaZ), gelte in der Europafrage aber als EU-Turbo (WW), was ihn bei der Ratsrechten wohl Stimmen kosten werde.

Die „Kampagne” vor den Bundesratswahlen – eigentlich ein Unding, wenn man bedenkt, dass der Bundesrat von der Vereinigten Bundesversammlung und nicht von der Bevölkerung gewählt wird – nahm ein Ausmass an, das angesichts der Ausgangslage erstaunte. Da die Bundesratswahlen eine in der Schweizer Politik eher seltene Chance für eine Personalisierung der Politik bieten, liefen die Medien auf Hochtouren. In der APS-Zeitungsdokumentation finden sich von Burkhalters Rücktrittsankündigung Mitte Juni bis Ende September mehr als 800 Zeitungsartikel zum Thema Bundesratswahlen. Die FDP selber trug freilich mit geschicktem Politmarketing das Ihre dazu bei, dass die Berichterstattung am Kochen blieb. Mit einer FDP-Roadshow tingelten die Kandidierenden durch die Schweiz. Zahlreiche Homestories, Lifechats, Bevölkerungsbefragungen und gar graphologische Gutachten fanden den Weg in die Presse. Inhaltlich ging es letztlich primär um die Frage, ob die Vertretung der Sprachregion oder die Vertretung der Frauen höher gewichtet werden soll. Oder mit anderen Worten: ob die 20 Jahre Bundesrat ohne Tessiner oder die 30 Jahre ohne FDP-Frau beendet werden sollten. Wirklich inhaltliche Diskussionen wurden hingegen kaum geführt, auch wenn die Aussen- bzw. Europapolitik bzw. der Reset-Knopf, den Cassis in den Verhandlungen mit der EU zu drücken angekündigt hatte, sich angeboten hätten.

Nach der offiziellen Bekanntgabe des Dreiertickets standen am 12. und am 19. September die Hearings auf dem Programm, womit auch die anderen Parteien wieder stärker in den medialen Fokus gerieten. Den Auftakt machte die SVP, deren Parteipräsident Albert Rösti die beiden Romand.e.s stark kritisierte und sich früh für Cassis aussprach. Wichtigstes Kriterium für die Volkspartei sei die Haltung zum Rahmenabkommen mit der EU. Allerdings wurde gemutmasst, dass die Bauern in der SVP-Fraktion wohl eher auf Moret setzen würden, da diese mehr Sympathien für die Anliegen der Landwirtschaft gezeigt habe. Unzufrieden mit dem Dreierticket zeigte sich die SP: „Zwei Super-Lobbyisten und ein Hardliner in der Aussenpolitik” weckten keine Begeisterung (SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann in der BZ). Inhaltliche Kriterien stellten die Genossen aber – wie auch die CVP und die GP – nicht auf. Der CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister hatte sich allerdings ebenfalls schon früh für die Ansprüche des Tessins, also für Cassis, ausgesprochen. Dieser sei allerdings für einige CVP-Mitglieder zu weit rechts, mutmasste die Zeitung LeTemps. Nach den Hearings zeigten sich die Parteien zwar noch bedeckt – mit Ausnahme der SVP, die demonstrativ für Cassis Stellung bezog –, die Favoritenrolle des Tessiner Kandidaten schien sich allerdings noch einmal verstärkt zu haben. Maudet schien hingegen eher nicht auf Wohlwollen gestossen zu sein. Die SP und die CVP konnten sich nicht auf einen der drei Kandidierenden einigen und gaben entsprechend keine Wahlempfehlung ab – anders als die FDP- und die GLP-Fraktion, die alle drei Kandidierenden empfahlen, die SVP-Fraktion, die sich für Cassis aussprach, die GP-Fraktion, die Moret empfahl, und die BDP-Fraktion, die Maudet auf den Schild hob.

Kurz vor der Ersatzwahl bilanzierte die WOZ die vorherrschende Meinung, dass sich grundsätzlich keine Überraschung abzeichne: Die Bundesratswahlen hätten bisher viel Tamtam, aber nur wenig Spannung verheissen. Mit der Diskussion verschiedener Szenarios versuchten die Medien dieser Spannungslosigkeit entgegenzuwirken. Drei Möglichkeiten, Cassis zu verhindern, seien denkbar: Isabelle Moret könne dank ihrem Frauenbonus und der Unterstützung aller Bauernvertreter sowie mit Hilfe der Stimmen all jener Parlamentarierinnen und Parlamentarier, welche die Frauenfrage möglichst rasch klären wollten, gewinnen; ein Sieg von Pierre Maudet wäre dann möglich, wenn sich die Mehrheit der Bundesversammlung von seinen Fähigkeiten überzeugen liesse. Dies sei durchaus möglich, wenn es ab dem dritten Wahlgang zu einem Zweikampf zwischen Cassis und Maudet kommen würde. Ins Spiel gebracht wurde mit Laura Sadis auch eine Sprengkandidatin, die vor allem bei der Linken auf Unterstützung zählen könnte. Roger Nordmann gab zu Protokoll, dass die Tessinerin in der Tat die Synthese der drei aktuell Kandidierenden gewesen wäre: „Elle a une expérience d’exécutif, elle est italophone et elle a la capacité d’être une femme” (LT). Die Lust der SP auf Experimente halte sich allerdings in Grenzen.

Die Ersatzwahl am 20. September war schliesslich noch weniger spannend, als von den zahlreichen Medien vor Ort befürchtet worden war. Schon im zweiten Wahlgang wurde Ignazio Cassis zum 87. Bundesrat gewählt und zum Nachfolger von Didier Burkhalter gekürt. Der achte Bundesrat aus dem Kanton Tessin hatte bereits im ersten Wahlgang 109 Stimmen erhalten, damit allerdings das absolute mehr von 122 Stimmen verfehlt. Weil die Basler Nationalrätin Sibel Arslan (basta, BS) im ersten Durchgang fehlte, waren lediglich 245 Wahlzettel eingegangen. Die Baslerin erklärte ihr Fernbleiben als stillen Protest gegen den Rücktritt von Bundesrat Burkhalter, dessen Abschiedsrede sie bewegt habe. Wie erwartet splitteten sich die Stimmen für Maudet (62 Stimmen) und Moret (55 Stimmen) auf. Diverse erhielten 16 Stimmen und drei Stimmzettel waren leer geblieben. Weil von den Diversen niemand zehn Stimmen erreicht hatte, wurden keine Namen genannt. Ob also beispielsweise Laura Sadis im Rennen war oder nicht, wird das Geheimnis des Stimmbüros bleiben. Im zweiten Umgang fielen zahlreiche Stimmen für Moret auf Cassis. Die 125 Stimmen reichten dem Tessiner knapp für die absolute Mehrheit. Maudet konnte zwar noch einmal zulegen und erhielt 90 Stimmen, dies reichte allerdings nicht für einen dritten Wahlgang. Moret ihrerseits erhielt lediglich noch 28 Stimmen. Eine Stimme entfiel auf Diverse und zwei Stimmzettel blieben erneut leer – wahrscheinlich stammten sie von den beiden Lega-Parlamentariern, die zwar für eine Tessiner Vertretung waren, nicht aber für Cassis stimmen wollten.
In den Medien wurde gemutmasst, dass vor allem die Stimmen der SVP entscheidend gewesen seien, von denen im ersten Durchgang vereinzelte noch an Moret gegangen, dann aber geschlossen für Cassis eingelegt worden seien. Weil Moret im ersten Wahlgang auch von ihrer eigenen Partei zu wenig Unterstützung erhalten habe, hätte die SP im zweiten Wahlgang umgeschwenkt und ziemlich geschlossen für Maudet gestimmt, um die Wahl von Cassis zu verhindern. Den Namen Moret hätten lediglich noch die Grünen sowie einige Ratsmitglieder aus der BDP, der CVP, der GLP und der SVP auf den Wahlzettel geschrieben.

Cassis erklärte die Annahme der Wahl und bedankte sich bei allen Ratsmitgliedern, auch bei denen, die ihm die Stimme verwehrt hätten. Man könne anderer Meinung sein, letztlich würden aber alle die gleichen übergeordneten Ziele für die Schweiz anstreben. Freiheit sei auch immer die Freiheit der anders Denkenden, zitierte er Rosa Luxemburg, womit er vor allem die Ratslinke überraschte und sichtlich erfreute. Er verspreche vor allem seiner Frau, der Gleiche zu bleiben wie vor der Wahl. Er fühle sich vor allem der Kollegialität verpflichtet und werde als Brückenbauer die ganze Schweiz vertreten. Bereits um 9.30 nahm die Sitzung mit der Vereidigung des neuen Bundesratsmitglieds ihr Ende.

Die Regionen- und Sprachenfrage sei letztlich stärker gewichtet worden als die Frauenfrage, so die Bilanz in den Medien am Tag nach der Wahl. „E la Svizzera è più svizzera”, die Schweiz sei wieder ein bisschen mehr Schweiz, titelte der Corriere del Ticino. Die Wahl von Cassis sei keine Überraschung und Maudet habe eine ehrenvolle Niederlage eingefahren, so die ziemlich einhellige Meinung in den Deutsch- und Westschweizer Medien. Vor wenigen Wochen hätte niemand in Bundesbern den Genfer gekannt und jetzt habe er 90 Stimmen erhalten. Allerdings zeige seine Nichtwahl auch die Schwierigkeiten für einen Kandidierenden, der nicht der Bundesversammlung angehört. Für Moret hingegen, sowie für die Vertretung der Frauen im Bundesrat im Allgemeinen, sei der Ausgang der Wahlen eine Schmach. Verschiedene Politikerinnen kritisierten, dass das Beispiel Moret gezeigt habe, dass an Frauen wesentlich höhere Massstäbe gesetzt würden als an Männer. Die SP habe Cassis nicht verhindern können und müsse sich nun Vorwürfe gefallen lassen, weshalb sie auf Maudet gesetzt und so die Vertretung der Frauen hintergangen habe. Die SP wies die Kritik allerdings an die FDP zurück: Wäre Laura Sadis portiert worden, hätte die SP sie unterstützt. Während sich die Rechte auf einen Mitte-Rechts-Bundesrat freute – Cassis wisse, wem er seine Wahl zu verdanken habe, liess sich SVP-Präsident Rösti nach der Wahl zitieren –, winkte die Linke ab: Es müssten auch im neuen Gremium nach wie vor unterschiedliche Koalitionen geschmiedet werden, so etwa SP-Parteipräsident Christian Levrat. Die WOZ befürchtete allerdings eine Zunahme der Polarisierung. Mit der Wahl von Cassis sei die Kirche aber wieder im Dorf und die Sprachenfrage für eine Weile geregelt. Jetzt müssten die Regionen wieder besser vertreten werden – so der Tenor vor allem aus der Ostschweiz. Verschiedene Politikerinnen forderten zudem eine adäquatere Vertretung von Frauen. Die Idee einer parlamentarischen Initiative, mit der eine angemessene Frauenvertretung in der Verfassung festgeschrieben werden soll, verdichtete sich. Die FDP-Frauen forderten zudem bei der nächsten FDP-Vakanz ein Frauen-Zweierticket.

Über die nach der Ersatzwahl anstehende Departementsverteilung war bereits früh spekuliert worden. Insbesondere Alain Berset waren Ambitionen auf das frei gewordene EDA nachgesagt worden. Allerdings hätte der Departementswechsel von Berset einen unangenehmen Beigeschmack gehabt, weil kurz nach der Departementsverteilung die Abstimmung zur Altersreform 2020 anstand, für die Berset mit Herzblut geworben hatte. Der Wechsel ins Aussendepartement hätte von der Stimmbevölkerung als Flucht interpretiert werden können. Der Bundesrat solle deshalb mit der Departementsverteilung warten, forderte der ehemalige SVP-Präsident Toni Brunner (svp, SG) kurz vor den Bundesratswahlen in der Presse. Wenn nämlich die AHV-Vorlage verloren ginge, wäre Berset nicht mehr der richtige Innenminister. Ende September kam es dann aber schliesslich zur mehrheitlich erwarteten Departementsverteilung. Das freie EDA wurde vom neuen Kollegiumsmitglied Ignazio Cassis übernommen. Er setzte damit eine eigentliche Tradition fort, da Tessiner Bundesräte sehr häufig als Aussenminister amteten. Die Italianità und seine Vielsprachigkeit dürften Vorteile des neuen EDA-Chefs sein. Mit ein Grund dafür, dass sonst alles beim Alten blieb, dürfte auch die im Vorfeld der Bundesratswahl gemachte Aussage von Cassis gewesen sein, dass es vielleicht nicht gut sei, wenn er mit seinen Verbindungen das Innendepartement übernehmen würde. Cassis werde als Aussenminister „der bessere Burkhalter” sein, weil er mehr Verständnis für die Deutschschweiz habe, besser kommuniziere und mehr Kampfgeist habe, urteilte der Tages-Anzeiger. Auf ihn wartet nun das komplexe Europadossier – und zahlreiche Erwartungen von links bis rechts.

Bundesratsersatzwahl 2017 – Nachfolge Didier Burkhalter
Dossier: Élection du Conseil fédéral depuis 2008

Die Niederlage in der Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III (USR III) brachte die kampagnenführenden Wirtschaftsverbände, insbesondere Economiesuisse, politisch unter Druck. Im Interview mit dem «Blick» eine Woche nach der Abstimmung distanzierte sich FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi, deren Partei sich neben dem SGV und Economiesuisse zuvorderst an der Ja-Kampagne zur USR-III-Abstimmung beteiligt hatte, deutlich von den Wirtschaftsverbänden. Einzelne Wirtschaftsverbände hätten in der Bevölkerung kein gutes Ansehen mehr, schlimmer sei aber, dass die Verbände zwar «reichlich Geld», aber das Gespür verloren hätten, «von wo der politische Wind weht». Das fehlende politische Gespür verortete Gössi im Versagen von Economiesuisse, ein Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft zu sein und auch Missstände in der Wirtschaft aufzeigen zu können. «Warum verdient zum Beispiel ein Manager Abermillionen, wenn das Unternehmen gleichzeitig Verluste einfährt?», fragte Gössi rhetorisch und antwortete gleich selbst, dass dies «kein Mensch» verstehe. Auch zeigte sie sich enttäuscht, dass ihre Partei in der Abstimmungskampagne zu wenig zu Wort gekommen sei. «Eine Kampagne wie bei der Unternehmenssteuerreform III wird es mit der FDP nicht mehr geben», schlussfolgerte Gössi. In Zukunft sehe sie keinen anderen Weg, als dass in Abstimmungskampagnen die Parteien wieder die Führung übernehmen müssten. In der «Schweiz am Sonntag» griff auch Ulrich Giezendanner (svp, AG) die Führung von Economiesuisse an. Er beanstandete, dass der Wirtschaftsverband im Parlament an Bedeutung verliere und dessen Präsident Heinz Karrer und die Direktorin Monika Rühl öffentlich zu wenig präsent seien, um das Vertrauen der Bevölkerung gewinnen zu können. Giezendanner forderte die Absetzung der Economiesuisse-Führung, musste sich aber im Gegenzug den Vorwurf gefallen lassen, dass er sich als SVP-Politiker eine europapolitisch kritischere Verbandsspitze wünsche und ihm ein Wechsel im Führungsstab in dieser Hinsicht gelegen käme. Giezendanner forderte jedoch auch, dass die Kampagnenführung vom Dachverband getrennt werden solle – eine Idee, die der ehemalige Direktor von Avenir Suisse, Gerhard Schwarz, nach der USR-III-Abstimmung in der NZZ aufgeworfen hatte. Bis im Jahr 2000 habe es neben Economiesuisse, dem Arbeitgeberverband und dem SGV noch die «Wirtschaftsförderung» als Kampagnenorganisation der Wirtschaftsverbände gegeben. Würden das Lobbying und die Kampagnenführung eines Wirtschaftsverbandes nicht getrennt, könnten sie sich gegenseitig beschädigen, so Schwarz, weil Lobbying persönliche Kontakte und grosse Detailgenauigkeit in politischen Geschäften erfordere, die Kampagne hingegen Massenkommunikation sei und meist Vereinfachungen verlange. In der «Nordwestschweiz» verwies der Mediensprecher von Economiesuisse darauf, dass man im Verband eine Aufteilung von Lobbying und Kampagnenführung nach der verlorenen Abzocker-Initiative ernsthaft geprüft habe und damals zum Schluss gekommen sei, die beiden Bereiche nur intern zu trennen. Bei der Analyse der USR III werde dies aber erneut Thema sein. Monika Rühl und Heinz Karrer verwiesen nach der Abstimmung darauf, dass man die Kampagne noch sorgfältig analysieren müsse. Sicher wolle man bei zukünftigen Kampagnen vermehrt die persönliche Betroffenheit bei den Stimmbürgern aufzeigen, so wie dies den Gegnern der USR III gelungen sei, so Rühl in der Luzerner Zeitung. Aber auch das Economiesuisse-Projekt «Wirtschaft und Gesellschaft», mit welchem Economiesuisse seit zwei Jahren versucht, den Dialog zur Bevölkerung herzustellen, müsse fortgeführt werden. Heinz Karrer gab in der Basler Zeitung zu bedenken, dass Auftritte von Persönlichkeiten wie alt Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf und der ehemalige Solothurner FDP-Regierungsrat Christian Wanner ebenfalls das Abstimmungsresultat beeinflusst haben dürften und die Niederlage nicht alleine auf Fehler in der Kampagnenführung zurückzuführen sei. Ein Rücktritt seinerseits sei derzeit kein Thema.

Wirtschaftsverbände USR III

A l'invitation de la Neue Zürcher Zeitung, les président-e-s des quatre plus grands partis échangent leurs points de vue sur leur idée de la patrie (ou "Heimat" en allemand). Petra Gössi pour le Parti libéral-radical et Albert Rösti pour l'Union démocratique du centre citent l'élément de la nature comme constitutif de leur vision de la partie. Pour les deux également, la patrie est l'endroit où l'on se sent à l'aise, en sécurité et où l'on a ses proches. Le président du Parti socialiste, Christian Levrat, quant à lui construit son image de la patrie autour de la variété et du vivre ensemble entre différentes cultures, langues et religions. Gerhard Pfister – président du Parti démocrate chrétien – fait également mention de la diversité et cite pour exemple son canton d'origine, Zoug, comme étant une Suisse en miniature – un canton où la campagne et le monde international se côtoient.
Les chef-fe-s de partis ont également réagi aux réponses d'un questionnaire sur cette idée de la patrie, fait par l'institution et musée "Stapferhaus" de Lenzbourg en Argovie. Celui-ci révèle que les 1000 suisses interrogés lient leur sentiment de patrie principalement aux humains y vivant, aux paysages et aux traditions. L'importance de la nature ressort fortement de ce sondage – les montagnes y prenant une signification particulière – et cela même pour les citadins. Selon le politologue Michael Hermann qui a analysé les résultats, la nature ferait même office d'agrafe patriotique. Par ailleurs, les personnes estimant que la patrie est en danger (la moitié des sondé-e-s) citent en premier lieu la destruction de la nature, puis le bétonnage intensif et troisièmement les cultures étrangères comme sources de menace.
Albert Rösti voit dans ces différentes menaces un vecteur commun qu'est l'immigration et postule que les Suisses et Suissesses se rattachent à une langue et à des valeurs communes. Il rappelle, par ailleurs, que tous ceux habitant en Suisse doivent respecter l'ordre juridique ainsi que la Constitution fortement teintée – tout comme l'hymne national – de christianisme. Christian Levrat fait remarquer que la Suisse ne possède pas qu'une langue commune et n'est pas faite que d'une seule culture unie. A la culture chrétienne prônée par les présidents de l'UDC et du PDC, il oppose la Suisse moderne et libérale fondée en 1848. Petra Gössi, quant à elle, estime, tout comme Christian Levrat, que la Suisse est un Etat séculaire, reposant sur les valeurs des Lumières et de la liberté. Malgré tout, elle considère qu'une Suisse multiculturelle ne peut fonctionner. Gerhard Pfister, en réponse aux propos de Christian Levrat, est de l'avis que la gauche sous-estime l'apport et l'influence du christianisme sur notre société, et considère que le christianisme (ainsi que le judaïsme) a été le socle de la démocratie. Ce dernier estime également que cette peur de la destruction de la nature est à lier avec la peur de la croissance. Le oui à l'initiative dite "d'immigration de masse" est un signe qui irait en ce sens.
L'une des autres menaces ressortant du questionnaire est la globalisation. Celle-ci est perçue différemment par les quatre président-e-s. Pour le chef de file du Parti socialiste, l'évolution du droit international est l'un des aspects positifs de ce phénomène, car cela permet de contrôler les firmes multinationales. Le président de l'UDC, quant à lui, considère que la libre circulation des matières est fondamentale pour le bon fonctionnement de l'économie, mais que celle-ci ne doit surtout pas s'accompagner de la libre circulation des personnes – vue comme non-compatible avec le sentiment de patrie. Petra Gössi reconnait que la globalisation et les changements rapides qu'elle implique font peur et estime que le rôle de la politique est de préparer au mieux les gens devant subir ses effets négatifs. Finalement, Gerhard Pfister voit un contre-mouvement à ce phénomène de globalisation où cette idée de patrie deviendrait de plus en plus importante pour la population.

Les chefs des trois plus grands partis échangent leurs points de vue sur leur idée de la patrie

Die von-Wattenwyl-Gespräche dienen den Parteispitzen als wichtige Möglichkeit des Austausches. In der Regel trifft sich eine Delegation des Bundesrates mit den Partei- und Fraktionspräsidenten der Regierungsparteien, um zentrale Geschäfte und Anliegen im Vorfeld der Sessionen zu diskutieren und zu koordinieren. Im Gegensatz zu 2015 war die BDP nach dem Ausscheiden von Eveline Widmer-Schlumpf nicht mehr an die Gespräche eingeladen.
Die Themen blieben bei den ersten Gesprächen Anfang Februar allerdings dieselben wie schon 2015: Die Legislatur- und Finanzplanung sowie die Umsetzungsarbeiten zum Verfassungsartikel 121a (Steuerung der Zuwanderung) und die Flüchtlingssituation in Europa und der Schweiz.
Zu den zweiten Gesprächen im Mai 2016 traten die Parteien mit drei neuen Präsidien an. Bei der FDP hatte Petra Gössi das Zepter übernommen, die CVP wurde neu von Gerhard Pfister präsidiert und bei der SVP war Albert Rösti neu an die Parteispitze gewählt worden. Gegenstand der Diskussionen war der Sprachenstreit, der durch die Diskussionen um den Frühsprachenunterricht in den Kantonen angeheizt worden war. Im Bereich der internationalen Finanzpolitik wurde die Vermeidung eines möglichen Reputationsschadens für die Schweiz durch die Übernahme internationaler Regulierungen diskutiert. Schliesslich informierte der Bundesrat über die Weiterentwicklung der Armee.
Im August wurde auf Anregung von Bundeskanzler Thurnherr entschieden, die von-Wattenwyl-Gespräche des dritten Quartals künftig in Form einer Klausur durchzuführen. An der nach wie vor freien und informellen Diskussion über wichtige politische Anliegen soll neu der Gesamtbundesrat teilnehmen. Damit soll den Gesprächen ein höherer Stellenwert zugemessen werden. Der früher substanzielle Austausch, der als Zeichen der funktionierenden Konkordanz bewertet wurde – die NZZ sprach von einem eigentlichen Schmiermittel der Konkordanz –, laufe immer mehr Gefahr, ein Leerlauf zu werden oder zu reinen Alibi-Gesprächen zu verkommen. Die einzige Möglichkeit für ein Treffen zwischen Regierung und Bundesratsparteien sei aber wichtig, um Möglichkeiten und Strategien auszuloten. Fix auf der Agenda soll eine Diskussion über die Jahresziele des Folgejahres stehen.
Erstmals trat die Exekutive also am 2. September 2016 in corpore zu den Gesprächen an. Neben den Jahreszielen 2017 des Bundesrates, die Schwerpunkte in der Finanzpolitik, im Infrastrukturbereich, der Bildung und der Europapolitik vorsehen, wurden die Lage im Asylwesen und die durch den Brexit schwieriger gewordenen Verhandlungen mit der EU diskutiert.
Bei den letzten Gesprächen des Jahres Mitte November nahm dann wieder nur eine Delegation des Bundesrates teil. Ueli Maurer informierte über die finanzpolitische Lage und plädierte für eine Annahme des Stabilisierungsprogramms 2017-2019. Im Rahmen der Europapolitik wurde auch über die im Dezember anstehende Entscheidung zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative, die Rasa-Initiative und den Brexit diskutiert.

Von-Wattenwyl-Gespräche seit 2013

Die Abstimmungsparolen der FDP im Jahr 2016 zu den insgesamt 13 Vorlagen entsprachen allesamt dem Resultat an der Abstimmungsurne.
Mit «Einmal Ja und dreimal Nein» müsse man bei der Abstimmung im März «das Erfolgsmodell Schweiz erhalten», fasste die Medienmitteilung zur Delegiertenversammlung im Januar 2016 zusammen. In der Tat empfahlen die Delegierten mit 266 zu 5 Stimmen (1 Enthaltung) ein Ja zum zweiten Gotthard-Strassentunnel, mit 263 zu 8 Stimmen (1 Enthaltung) ein Nein zur «unnötigen» Durchsetzungsinitiative und mit 240 zu 9 Stimmen (12 Enthaltungen) ein Nein zur Initiative «Heiratsstrafe abschaffen», die lediglich eine «Scheinlösung» darstelle. Bereits am Tag vor der Versammlung hatte die Parteipräsidentenkonferenz der FDP einstimmig ein Nein gegen die Juso-Initiative «Keine Spekulation mit Nahrungsmitteln» beschlossen.
Dreimal Nein zu den anstehenden Volksinitiativen und zweimal Ja zu den Bundesbeschlüssen, gegen die das Referendum ergriffen worden war, sagten die Delegierten an ihrer Versammlung Mitte April 2016 in Bern. Die Milchkuh-Initiative (210 zu 134 Stimmen; 7 Enthaltungen) löse das Verkehrsfinanzierungsproblem nicht und die Initiative «Pro Service Public» (363 zu 0 Stimmen; 5 Enthaltungen) hemme die unternehmerischen Freiheiten von SBB, Swisscom und Post. Mit 355 zu 11 Stimmen (2 Enthaltungen) sagten die Abgeordneten hingegen Ja zur Asylgesetzrevision. Die Initiative «für ein bedingungsloses Grundeinkommen», die das Erfolgsmodell Schweiz fahrlässig bedrohe, war Mitte März bereits von der Konferenz der kantonalen Parteipräsidenten einstimmig zur Ablehnung empfohlen worden und auch im Fall des Bundesgesetzes über die medizinisch unterstützte Fortpflanzung hatte sich dieses Gremium einstimmig für ein Ja ausgesprochen.
Jeweils ein Nein zu den beiden Initiativen und ein Ja zum Nachrichtendienstgesetz beschlossen die Delegierten Ende Juni an der ersten von der neu gewählten FDP-Präsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) geführten Versammlung. Die Initiative «Grüne Wirtschaft» sei ein gefährliches Experiment, fanden die Delegierten und empfahlen diese mit 244 zu 1 Stimme (1 Enthaltung) zur Ablehnung. Gar ohne Gegenstimme wurde gegen die Initiative «AHV-Plus» eine Nein-Empfehlung beschlossen. Von der Rentenerhöhung, die die Initiative der SP vorsehe, würden nur jene profitieren, die keine Ergänzungsleistungen beziehen. Der Nachrichtendienst brauche angesichts der heutigen Bedrohungen wirksame Instrumente, weshalb des Nachrichtendienstgesetz anzunehmen sei, empfahlen die Delegierten und fassten mit 237 zu 2 Stimmen (3 Enthaltungen) die Ja-Parole.
An der Delegiertenversammlung in Montreux am 1. Oktober 2016 wandte sich schliesslich laut Protokoll eine «grosse Mehrheit» gegen den «überhasteten und chaotischen Atomausstieg» und empfahl entsprechend ein Nein zur Atomausstiegsinitiative, die dann Ende November 2016 an der Urne abgelehnt wurde.

Abstimmungsparolen der FDP im Jahr 2016

Lors de la même session parlementaire que le vote de la révision de la loi sur les étrangers, le Conseil national a étudié une motion du groupe libéral-radical, visant à interdire le recours à l'aide sociale pour les étrangers d'Etats-tiers. Déposée en septembre 2014 par la députée Moret (plr, VD), la motion entend empêcher les ressortissants d'Etats-tiers (hors UE et AELE) de bénéficier de l'aide sociale durant les trois à cinq premières années de leur séjour en Suisse. Le Conseil fédéral représenté par Simonetta Sommaruga s'est opposé à cette motion, arguant que le nombre de personnes concernées par cet objet était trop restreint pour justifier sa mise en œuvre. En effet, la cheffe du département de Justice et Police estime que les conditions imposées aux ressortissants d'Etats-tiers pour l'obtention d'un permis de séjour sont suffisamment strictes pour empêcher une dépendance à l'aide sociale chez la plupart d'entre-eux. Comme il s'agit en majorité de main-d’œuvre qualifiée et de personnes venues en Suisse en vue de se former, ainsi que les membres de leur famille, très peu vivent dans des conditions nécessitant le recours à l'aide sociale. La conseillère ajoute qu'en outre, une telle interdiction serait une intrusion trop importante dans le droit cantonal, puisque c'est à ce niveau-là que se décide l'octroi des aides sociales. Malgré une opposition totale du camp rose-vert, la motion a été acceptée à la chambre basse à 125 voix contre 64, avec 4 abstentions. Il revient maintenant au Conseil des Etats de trancher sur cette motion.

interdire le recours à l'aide sociale pour les étrangers d'Etats-tiers

An der Delegiertenversammlung Mitte April 2016 in Bern wählte die FDP ein neues Präsidium. Philip Müller (fdp, AG), 2015 in den Ständerat gewählt, trat etwas überraschend als Präsident zurück, weil er sich ganz auf die Kantonsvertretung konzentrieren wolle. Er hatte das Amt 2012 von Fulvio Pelli (fdp, TI) als zuerst «belächelter Nichtakademiker» (NZZ) übernommen und wurde in Bern für seinen «unermüdlichen Einsatz» gefeiert, der als mitursächlich für die «Positivspirale» und die jüngsten eidgenössischen Wahlerfolge betrachtet wurde. Seine «direkte, bodenständige und ehrliche Art» habe geholfen, neue Wählerinnen und Wähler zu gewinnen, war der Medienmitteilung der Partei zu entnehmen.
Zur Nachfolgerin Müllers wurde Petra Gössi (fdp, SZ) gekürt – als einzige sich zur Verfügung stellende Kandidatin einstimmig und ohne Enthaltungen. Die 40-jährige ehemalige Schwyzer Kantonalparteipräsidentin war 2011 in den Nationalrat gewählt worden und hatte den Sitz 2015 erfolgreich verteidigt. In den Medien wurde der dritten Frau an der Spitze des Freisinns (nach Christiane Langenberger und Marianne Kleiner) wenig Kredit eingeräumt. Es werde für die als «trocken» geltende und in Bern noch nicht sehr bekannte Wirtschaftsberaterin nicht leicht werden, die FDP in ihrer momentanen Bestform zu halten, argwöhnte etwa der Sonntagsblick. Darüber hinaus könne sie sich im Gegensatz zu Müller kaum glaubhaft von der Finanzwirtschaft distanzieren. In einigen Medien wurde eine von ihr beratene Firma mit den Panama Papers in Verbindung gebracht. Le Temps prognostizierte einen «changement de génération, mais aussi du style».
Neben Gössi wurden neu Andrea Caroni (fdp, AR), Philippe Nantermod (fdp, VS) und Christian Vitta (Ti, fdp) ins Vize-Präsidium gewählt. Christian Wasserfallen (fdp, BE), von vielen Medien als Nachfolger für Müller gehandelt, und Christian Lüscher (fdp, VD) wurden im Vizepräsidialamt bestätigt. Gössi bezeichnete die fünf im Schnitt 40 Jahre alten Vizepräsidenten als ihre «Boygroup». Aus dem Präsidium zurückgetreten waren neben Müller auch Vincenzo Pedrazzini (SZ, fdp), Carlo Speziali (TI, fdp) und Isabelle Moret (fdp, VD). Nach ihrer Wahl zur neuen FDP-Präsidentin trat Gössi aus dem Vorstand des Gewerbeverbands und des Hauseigentümerverbands zurück.

Neues FDP-Präsidium mit Gössi als Präsidentin (2016)
Dossier: Les présidents du PLR (PRD) depuis 2000

Lors de la session extraordinaire du Conseil national sur l'asile, le groupe radical-libéral a proposé une motion demandant de n'accorder qu'une protection provisoire pour les requérants d'asile d’Érythrée. Les ressortissants d’Érythrée représentent le groupe de requérants le plus important en Suisse des dernières années. La situation qui y prévaut est une dictature militaire. Quand bien même le statut de déserteur a été rayé du catalogue des raisons d'obtenir l'asile lors de la votation de juin 2013, quiconque fuit l'armée en Érythrée est menacé de torture ou de mort. Dès lors, les requérants érythréens nécessitent la protection de la Suisse. Le groupe libéral-radical propose, plutôt que de leur accorder un statut de réfugié reconnu (permis B), de leur attribuer une protection provisoire (permis S). De cette manière, les ressortissants de ce pays de la corne de l'Afrique pourraient bénéficier à court terme d'une protection ainsi que d'une intégration dans le système économique et dans les écoles et les apprentissages, ceci avec l'objectif de retourner dans leur pays d'une fois que les troubles humanitaires, qui y règnent, sont réglés. Il s'agit selon la conseillère nationale Isabelle Moret (plr, VD) d'un "investissement dans l'avenir d'un pays en guerre, une forme d'aide au développement". Comme a expliqué la présidente de la Confédération, Simonetta Sommaruga, l'attribution du permis S n'est pas sans poser problème. Premièrement il va à l'encontre de la nécessité d'examiner toutes les demandes d'asile posées en Suisse. Deuxièmement, il s'agit d'un statut qui n'a jamais été appliqué. Il avait été pensé lors de la guerre des Balkans et devait alors être utilisé dans des situations où l'administration est tellement débordée par les arrivées de migrants qu'elle ne serait plus en situation d'examiner chaque demande d'asile. Or, le souligne la présidente de la Confédération, ce n'est pas le cas au moment de ce débat. Le Conseil fédéral redoute en outre que l'attribution automatique d'un tel statut ne crée un appel d'air, rendant la Suisse trop attractive pour les réfugiés érythréens. Le Conseil national a refusé la motion par 156 voix contre 31 avec 5 abstentions.

n'accorder qu'une protection provisoire pour les requérants d'asile d’Érythrée

Wie die SVP und die CVP musste auch die FDP bei den Parolenfassungen zu den eidgenössischen Abstimmungsvorlagen einige abweichende Kantonalsektionen verdauen. So sprachen sich die Delegierten in Schwanden gegen die Pädophileninitiative aus, und zwar mit 181 zu 59 Stimmen entgegen der Empfehlung der Kantonalpräsidenten, die für das Begehren mit 14 zu 7 Stimmen ein Ja empfohlen hatten. Den Ausschlag gab das Argument, dass der Initiativtext unpräzise formuliert und lückenhaft sei. Der Dissens machte sich in vier Kantonen bemerkbar: Die FDP Genf, Waadt, Jura und Freiburg beschlossen ein Ja; in Luzern und Neuenburg beschlossen die Kantonalsektionen zudem eine Stimmfreigabe. Auch die Gastroinitiative wurde an der gesamtschweizerischen FDP-Delegiertenversammlung in Bern mit 143 zu 72 Stimmen bei 13 Enthaltungen abgelehnt. Das Votum des Parteipräsidenten, dass das Anliegen durchaus sympathisch sei, der Idee des von der FDP eigentlich vertretenen Einheitssatzes bei der Mehrwertsteuer aber entgegenwirke, war letztlich Zünglein an der Waage. Freilich spiegelte sich auch hier die parteiinterne Gespaltenheit in den Parolenfassungen der Kantone: Nicht weniger als neun Kantonalsektionen (BS, FR, GR, NE, SO, TI, VD, VS) beschlossen ein Ja bzw. Stimmfreigabe (JU). Die Finanzierung und den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur hatten die Delegierten bereits im Oktober 2013 mit 150 zu 8 Stimmen gutgeheissen. Hier wichen die Kantone Glarus und Schwyz von der nationalen Empfehlung ab. Gegen den Gegenvorschlag zur Hausarztinitiative, für den die Konferenz der Parteipräsidenten die Ja-Parole ausgegeben hatte, wehrten sich ebenfalls der Kanton Schwyz und der Kanton Jura, die beide ein Nein beschlossen. Keine Abweichungen gab es bei den anderen Parolen, die denn auch wesentlich deutlicher ausfielen. Bereits im Dezember 2013 hatte die Konferenz der kantonalen FDP-Parteipräsidenten ein Nein gegen die Abtreibungsinitiative gefasst. In Schwanden lehnten die Delegierten Mitte Januar die Masseneinwanderungsinitiative wuchtig mit 277 zu 4 Stimmen ab. Das Begehren schade dem Erfolgsmodell Schweiz. Ende März trafen sich die Delegierten in Schaffhausen, wo sie einerseits die Mindestlohninitiative ablehnten (mit 279 zu 1 Stimme) und andererseits den Kauf des Gripen-Kampfjets befürworteten (mit 244 zu 10 Stimmen). Ende Juni erteilten die Delegierten in Freiburg der Initiative für eine Einheitskrankenkasse mit 232 zu 2 Stimmen eine Abfuhr. Mitte Oktober fassten die FDP-Delegierten in Bern dreimal die Nein-Parole: Mit jeweils 238 zu 1 Stimme wurden die Ecopop-Initiative und die Gold-Initiative, und einstimmig mit 239 zu 0 Stimmen die Abschaffung der Pauschalbesteuerung zur Ablehnung empfohlen. Als schwierig wird sich wohl die Positionierung der FDP zum neuen Radio- und TV-Gesetz (RTVG) erweisen, gegen das ein Referendum angekündigt wurde. Die FDP-Fraktion hatte sich zwar im Parlament mehrheitlich gegen das neue Gesetz gewandt, im überparteilichen Pro-Komitee fanden sich aber zahlreiche FDP-Nationalratsmitglieder wie etwa Kurt Fluri (fdp, SO), Christa Markwalder (fdp, BE) oder Isabelle Moret (fdp, GE). Auch 2015 dürfte es für die Freisinnigen also wieder abweichende Kantonalsektionen geben.

FDP Parolenfassungen

Am 30. März wurde der Parteipräsident der FDP, Philipp Müller (AG), an der Delegiertenversammlung in Schaffhausen einstimmig und mit stehenden Ovationen in seinem Amt bestätigt. Müller wurde auch in der Presse ein gutes Zeugnis ausgestellt. Seine direkte Art habe zur Popularisierung der Partei beigetragen. Die Linie der Partei sei deutlicher geworden und die Mitglieder aktiver. Das Klischee des „pseudo-UDC“, das ihm einige Liberale aus der Romandie vor seiner Wahl ins Präsidium 2012 angehängt hatten, habe sich nicht bestätigt. Im Gegenteil: Müller entpuppe sich als echter Liberaler. Seine Kollegen im Nationalrat attestierten ihm hohes Engagement. Allerdings eckte Müller mit seiner jovialen und teilweise ins vulgäre abdriftenden Art auch ab und zu an. Zudem gab es nach wie vor Stimmen, die Müller im Vergleich zu seinem Vorgänger, Fulvio Pelli (TI) nicht als nationalen Präsidenten, sondern als Deutschschweizer wahrnahmen. Dies war insbesondere deshalb ein Problem, weil die FDP in der Romandie stärker verankert ist. Im Schnitt unterstützen 20% der Romands die PLR, während die FDP in der Deutschschweiz durchschnittlich 13% Wählerstärke aufweist. Auch das Etikett des „Monsieur 18%“ blieb an ihm haften: Müller hatte vor 14 Jahren mit einer Initiative den Ausländeranteil auf 18% der Bevölkerung beschränken wollen. Vielleicht auch dank seinem Faible für Asylpolitik schaffte Müller aber den Spagat zwischen Wirtschaftspartei und Volksnähe – dies schienen zumindest Umfragen Ende März zu bestätigen. An der Delegiertenversammlung ebenfalls bestätigt wurde das bisherige Vizepräsidium, bestehend aus Christian Lüscher (GE), Isabelle Moret (VD), Carla Speziali (TI) und Christian Wasserfallen (BE). Als Wahlkampfleiter wurde Vincenzo Pedrazzini (SZ) bestimmt.

Amtsübergabe als FDP-Präsident von Pelli zu Müller (2012)
Dossier: Les présidents du PLR (PRD) depuis 2000

Für die fünf Sitze des Vizepräsidiums bewarben sich sechs Kandidierende. Um eine bessere regionale Vertretung zu erhalten, hatte die FDP das Vizepräsidium von vier auf fünf Sitze erweitert. Gewählt wurden Christian Lüscher (GE), Christian Wasserfallen (BE), Isabelle Moret (VD), Vincenzo Pedrazzini (SZ) und Carla Speziali (TI). Über die Klinge springen musste Carmen Walker-Späh (ZH).

Neues Vizepräsidium für die FDP

Nach dem Zusammenschluss mit der Liberalen Partei wurde in der FDP das Parteipräsidium neu zusammengesetzt. Neben Parteipräsident Fulvio Pelli und den bisherigen Vizepräsidenten Isabelle Moret und Ruedi Noser wurden Vincenzo Pedrazzini und Pierre Weiss (der ehemalige Präsident der Liberalen) ins Parteipräsidium gewählt. Die FDP-Geschäftsleitung, ein 28-köpfiges Gremium, wurde abgeschafft und durch eine Präsidenten-Konferenz (bestehend aus den Kantonalpräsidenten, dem Parteivorstand, den FDP-Bundesräten und dem Chef der internationalen FDP) ersetzt. Mit diesem Gremium sollen die Kantonalparteien besser eingebunden werden.

Fusion der LPS und der FDP
Dossier: La fusion du PLS et du PRD

Anfang April präsentierte die FDP-Parteileitung einen Vorschlag für drei Kernthemen, auf die sich die FDP konzentrieren solle: Erstens den Kampf für mehr und gute Arbeitsplätze, zweitens das Einstehen für den nationalen Zusammenhalt und die Sicherung der Sozialwerke und drittens den Einsatz für einen schlanken und bürgerfreundlichen Staat. Für die Umsetzung dieser Schwerpunkte sollen bekannte Persönlichkeiten aus der Partei, so genannte „Leuchttürme“, verantwortlich sein. Am Parteitag im April nahmen die Delegierten diesen Vorschlag an, alle Änderungsanträge scheiterten. Zu „Leuchttürmen“ wurden bestimmt: Johann Schneider-Ammann (NR BE) und Isabelle Moret (NR VD) für das Thema Arbeitsplätze, Christa Markwalder (NR BE) und Ignazio Cassis (NR TI) für das Thema sozialer Zusammenhalt und Sozialwerke sowie Philipp Müller (NR AG) und der Liberale Christian Lüscher (NR GE) für das Thema bürgerfreundlicher Staat. Mit der Ausrichtung auf drei Schwerpunkte wurde das Konzept der „vier Schweizen“, mit dem die FDP den Wahlkampf 2007 bestritten hatte, nach Einschätzungen in der Presse mehr oder weniger fallengelassen. Das Konzept hatte als zu abstrakt gegolten. Mit der Festlegung auf das neue Programm sollte nun auch die von Pelli gemachte Aussage gelten, dass zu schweigen habe, wer von der beschlossenen Parteilinie abweicht. Kontrovers diskutiert wurde der Gesundheitsartikel, zu dem die Parolenfassung anstand: Die Vorlage erhielt mit 110 Ja zu 81 Nein nur halbherzige Unterstützung, obwohl sie von FDP-Parlamentariern massgeblich mitentwickelt worden war. Pelli warb für den Gesundheitsartikel: Er stehe für die freie Wahl des Arztes und des Spitals, die monistische Finanzierung und einen kontrollierten Wettbewerb. Bundespräsident Pascal Couchepin hingegen bezeichnete die Vorlage als unnötig. Ein klares Nein gab es für die Einbürgerungsinitiative der SVP und die Initiative „für Volkssouveränität statt Behördenpropaganda“. Fulvio Pelli wurde von den Delegierten als Parteipräsident bestätigt, Ruedi Noser als Vizepräsident. Isabelle Moret (NR VD) wurde neu ins Vizepräsidium gewählt. Sie war die einzige Kandidatin für die Nachfolge der beiden zurücktretenden VizepräsidentInnen Léonard Bender (VS) und Gabi Huber (UR). Ein Platz im Vizepräsidium wurde für einen zukünftigen Vertreter der Liberalen frei gehalten.

FDP will sich in Zukunft aud drei Kernthemen konzentrieren