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  • Assurances sociales

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  • Unia. Le Syndicat.

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Im Mai 2022, inmitten des Abstimmungskampfs zur AHV21-Reform, starteten die Gewerkschaften die Unterschriftensammlung für eine neue Volksinitiative des SGB zur AHV. Die Initiantinnen und Initianten haben somit bis Mitte November 2023 Zeit, um 100'000 Unterschriften zu sammeln.
Mit der Initiative «Nationalbankgewinne für eine starke AHV (SNB-Initiative)» sollte zukünftig bei einem hohen Bilanzgewinn der Nationalbank ein Teil dieses Gewinns der AHV gutgeschrieben werden. Einmalig sollte zudem der seit 2015 erzielte Bruttoertrag der SNB aus Negativzinsen – gemäss SGB liege dieser bei CHF 11 Mrd. – in den AHV-Ausgleichfonds überführt werden. Damit greife die Initiative weder in die Rückstellungspolitik der SNB ein, noch gefährde sie die Gewinnausschüttungen an die Kantone, betonte SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (sp, VD). Zudem habe die Nationalbank bereits 2007 einen Teil des Geldes aus dem Verkauf überschüssiger Goldreserven an die AHV ausgeschüttet. Doch nicht nur 2007, auch kurz vor Einreichung der Initiative war die Idee, Überschüsse der SNB für die AHV zu verwenden, bereits diskutiert worden: So hatte die SVP-Nationalratsfraktion im Rahmen der AHV21-Reform eine Verwendung der SNB-Bruttoerträge aus den Negativzinsen für die AHV vorgeschlagen. Der von der SP, den Grünen und der EVP sowie der Mehrheit der SVP-Fraktion unterstützte Vorschlag hatte zwar die Hürde im Nationalrat genommen, war in der Folge jedoch am Widerstand des Ständerats gescheitert.
In den Medien kritisierten die Gegnerinnen und Gegner der Initiative insbesondere den fehlenden sachlichen Zusammenhang zwischen den Bruttoerträgen, den Negativzinsen und der AHV. Stattdessen könne man das Geld genauso gut für irgendeinen anderen Bereich einsetzen, etwa für Kampfflugzeuge, war in den Medien mehrfach zu lesen. Darüber hinaus erachtete die Gegnerschaft die Initiative als Gefahr für die Unabhängigkeit der SNB. Zusätzlich befürchtete sie, dass die Ausschüttungen für die AHV zulasten des Bundes und der Kantone gehen würden, und lehnte allgemein eine stärkere Finanzierung der AHV durch öffentliche Gelder ab.

Obwohl diese Kritik hauptsächlich von bürgerlicher Seite stammte, war die Initiative auch innerhalb des SGB nicht unbestritten. Als die Delegiertenversammlung des SGB noch vor Einreichung der Initiative über das weitere Vorgehen entscheiden sollte, forderten verschiedene Sektionen von Gewerkschaften aus der Romandie, diese Initiative durch eine neue und umfassendere zu ersetzen. Diese neue Initiative solle das SNB-Geld für einen ganzheitlichen ökologischen und sozialen Umbau verwenden, nicht bloss für die AHV. Nach dem Verweis von Barbara Gysi (sp, SG) auf die Klimafonds-Initiative – die bereits als umfassenderes Projekt dieser Art verstanden werden könne – entschied sich die Delegiertenversammlung aber, die bereits vorliegende SNB-Initiative einzureichen und auf eine neue Version zu verzichten.

Eidgenössische Volksinitiative «Nationalbankgewinne für eine starke AHV (SNB-Initiative)»

Mehr Transparenz bei den Arbeitslosenkassen forderte Damian Müller (fdp, LU) in einer Motion im Juni 2020. Dazu sah er verschiedene Massnahmen vor. So sollten die Kassen dem Seco diverse Kennzahlen wie Leistungsindikatoren, Betriebsaufwand, -ertrag und -überschuss, Durchschnittskotsen je Leistungspunkt oder die Verwaltungskosten liefern. Das Seco solle die Benchmarking-Ergebnisse pro Kasse jährlich veröffentlichen, wobei effiziente Kassen belohnt und die ineffizienten Kassen sanktioniert werden sollten. Der Tätigkeitsbereich von Arbeitslosenkassen dürfe zukünftig nicht mehr auf ein Gebiet und/oder einen Personen- oder Berufskreis beschränkt werden. Und schliesslich seien Pauschalentschädigungen pro erbrachten Leistungspunkt abzuschaffen; es dürften zukünftig nur noch die effektiven Verwaltungskosten verrechnet werden. In der Herbstsession 2020 verdeutlichte Motionär Müller das eigentliche Ziel der Motion: Einzig die Arbeitslosenkasse der Unia, welche von der Gewerkschaft geführt wird und die grösste Arbeitslosenkasse der Schweiz darstellt, rechne die Leistungen als Pauschale ab und verdiene dabei an den Verwaltungskosten, kritisierte er. Dies solle zukünftig nicht mehr möglich sein, forderte er.
Der Bundesrat erklärte in seiner Stellungnahme, dass der Grossteil der Forderungen von Müller bereits erfüllt seien: Die geforderten Angaben würden bereits geliefert, das Bonus-Malus-System entspreche bereits den Anforderungen des Motionärs und Beschränkungen auf einen Personen- oder Berufskreis gebe es nicht. Die Gebietseinschränkungen hätten sich hingegen bewährt. Die Transparenz sei darüber hinaus auch bei der Pauschalentschädigung der Verwaltungskosten mittelfristig sichergestellt, da die Kassen auch in diesem Fall auf Anfrage Angaben zu den effektiven Kosten vorlegen müssten. Die Höhe der Pauschale werde jährlich der durchschnittlichen Kostenentwicklung angepasst. Somit böten Pauschalen den stärksten Anreiz für eine kosteneffiziente Leistungserbringung, ihre Abschaffung hätte also gar kontraproduktive Folgen. Folglich empfahl der Bundesrat die Motion zur Ablehnung.
Mit 24 zu 13 Stimmen (1 Enthaltung) sprach sich die kleine Kammer hingegen für eine Annahme des Vorstosses aus.

Transparenz bei den Arbeitslosenkassen (Mo. 20.3665)
Dossier: Transparence dans les caisses de chômage

Neben dem obligatorischen Referendum zur Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, kündigten verschiedene Gruppierungen, allen voran die Westschweizer Gewerkschaften, ihr Interesse an der Ergreifung eines fakultativen Referendums zur Reform der Altersvorsorge 2020 an. So seien mit der Erhöhung des Frauenrentenalters und der Senkung des Umwandlungssatzes zwei Änderungen enthalten, die man nicht akzeptieren könne. Nach kurzer Zeit wurde jedoch deutlich, dass die Westschweizer Gewerkschaften nicht auf eine breite Unterstützung hoffen konnten und das Referendum mehrheitlich alleine würden stemmen müssen. Unterstützt wurden sie lediglich von vereinzelten linken Organisationen, zum Beispiel von der Genfer SP-Kantonalsektion. Gegen Ende der Unterschriftensammlung engagierten sich auch die Zeitschriften K-Tipp und Saldo. Als Grund dafür gaben sie an, dass sie verhindern wollten, dass auf dem Stimmzettel ausschliesslich von der AHV die Rede sei und dadurch das vollständige Ausmass der Revision unterschätzt würde. Zwar kritisierten auch weitere linke Kreise die Vorlage, allen voran die Gewerkschaften, dennoch sprachen sich die Delegierten der Unia, von VPOD, des SGB sowie von Travai.Suisse knapp für die Reform aus. Dabei wurden die unterschiedlichen Positionen der Linken in der Deutsch- und Westschweiz deutlich. Um diese verschiedenen Positionen zu vereinen, beschloss die SP eine Urabstimmung durchzuführen, bei der sich 90 Prozent der teilnehmenden SP-Mitglieder für die Reform aussprachen. Ungeachtet dieser Urabstimmung beschlossen die Juso kurze Zeit später die Nein-Parole und unterstützten das linke Referendumskomitee.

Gespalten zeigten sich wie bereits im Parlament auch die Bürgerlichen. FDP und SVP sowie breite Wirtschaftskreise inklusive Economiesuisse, dem Gewerbeverband und dem Arbeitgeberverband sprachen sich gegen die Reform aus, setzten dem linken Referendumskomitee jedoch kein bürgerliches Pendant entgegen. Unter dem Namen „Generationenallianz” bewarben sie aber gemeinsam die Ablehnung der Reform. Die anderen bürgerlichen Parteien, allen voran die CVP und BDP, warben für die Annahme der Vorlage. Unterstützt wurden sie von zahlreichen Westschweizer Verbänden, unter anderem vom Westschweizer Wirtschaftsverband Centre Patronal. Im Laufe der Kampagne sprachen sich unter anderem auch der Bauernverband, Eveline Widmer-Schlumpf als neue Präsidentin der Pro Senectute, Pro Senectute selbst sowie weitere Seniorenverbände für die Reform aus. Gespalten zeigten sich die Versicherungen: Während Helvetia und Axa Winterthur, der Pensionskassenverband Asip sowie der Verwaltungsratspräsident des AHV-Fonds die Reform befürworteten, hielten sich die anderen Versicherer bedeckt.

Da die Berichterstattung zur Vorlage nach dem Showdown im Parlament im März 2017 bis zum Abstimmungstermin im September 2017 nie wirklich abriss, beleuchteten die Medien jedes Detail der Vorlage und insbesondere des Abstimmungskampfes. So wurde ausführlich über die Positionen der verschiedenen Parteien, Verbände, Vereine und Interessengruppen, aber auch über einzelne Abweichler innerhalb der verschiedenen Akteursgruppen berichtet. Diskutiert wurden die Gefahr für die Reform durch das erforderliche Ständemehr sowie die Konsequenzen für die Reform, falls nur eine der beiden Vorlagen angenommen würde. Ausführlich beschrieben wurden die Aktivitäten der Jungparteien, die trotz geringem Budget mit viel Engagement versuchten, die jüngeren Stimmbürger zu mobilisieren und zu überzeugen. So engagierte sich zum Beispiel die Junge CVP mit einer eigenen Pro-Kampagne im Internet und mit Standaktionen, während die Jungfreisinnigen mit Aktionstagen, Plakaten und Videos für ein Nein warben. Zudem erhielten die Befürworter mit Ruth Dreifuss, Walter Andreas Müller und Beni Thurnheer prominente Unterstützung. Dieses Engagement ausserhalb des bezahlten Raums wurde auch durch eine Auswertung der Inseratekampagne durch Année Politique Suisse verdeutlicht. Diese ergab, dass Anzahl und Reichweite der Inserate zur Altersvorsorge entgegen der betont grossen Relevanz der Vorlage nur durchschnittlich gross waren, was die Komitees mit ihren knappen Budgets erklärten.

Ebenfalls sehr engagiert zeigte sich Bundesrat Berset, der nicht müde wurde, die Wichtigkeit der Reform zu betonen. Dieses starke Engagement vor allem auch in Zusammenhang mit seinen Warnungen vor den drastischen Folgen eines Neins brachten ihm jedoch viel Kritik ein. Hinzu kam eine breite Kritik am Abstimmungsbüchlein, das ausschliesslich die Referendumsführer, also die Westschweizer Gewerkschaften, zu Wort kommen liess, nicht aber die bürgerlichen Gegner der Vorlage. Grund dafür war, dass bei obligatorischen Referenden Minderheitenpositionen keine eigenen Seiten erhalten und bei fakultativen Referenden nur die Referendumskomitees. Darüber hinaus war vor allem inhaltliche Kritik am Abstimmungsbüchlein zu vernehmen, so seien die Darstellungen des Bundesrates fehlerhaft und unvollständig. Doch nicht nur zur Informationspolitik des Bundesrates, auch bezüglich der Argumentationen beider Lager wurden im Laufe der Kampagne vermehrt kritische Stimmen laut. Kritisiert wurde, dass beide Seiten nicht mit offenen Karten spielten und wichtige Argumente gezielt verschwiegen.

Inhaltlich drehte sich die Berichterstattung vor allem um die Frage, ob die AHV schneller in ernsthafte finanzielle Probleme gerate, wenn man die Reform annehme oder wenn man sie ablehne. Beide Seiten gaben zu, dass in Zukunft weitere Reformen nötig sein werden, uneinig war man sich jedoch darüber, bei welchem Abstimmungsergebnis dies dringender der Fall sei. Auch bezüglich den Gewinnern und Verlierern der Reform war man sich uneins. Sowohl Befürworter als auch Gegner betonten, dass alleine ihre Position die Situation der Jungen und der Frauen verbessern würde.

Aufgrund der knappen, ungewöhnlichen Ausgangslage mit Spaltungen innerhalb der linken und bürgerlichen Parteien war schliesslich unklar, welches Lager tendenziell in Führung lag. Wirklich Licht ins Dunkel konnten auch die Vorumfragen nicht bringen. Manchmal ergaben sie einen Vorsprung der Befürworter, manchmal der Gegner, aber grösstenteils machten sie relativ knappe Zwischenresultate zwischen den beiden Lagern aus. Entsprechend knapp gingen die Abstimmungen schliesslich auch aus. Mit 2357 Stimmen mehr bei 50.0 Prozent und 11 5/2 Standesstimmen lehnte das Stimmvolk die Mehrwertsteuererhöhung ab. Leicht deutlicher fiel die Entscheidung zur Reform der Altersvorsorge 2020 aus, die mit 52.7 Prozent abgelehnt wurde. Nach über zweijähriger Ausarbeitung der Reform wird das Parlament somit bei der Revision der Altersvorsorge von vorne beginnen müssen.


Abstimmung vom 24. September 2017

Zusatzfinanzierung der AHV durch eine Erhöhung der Mehrwertsteuer:
Beteiligung: 46.8%
Ja: 1`254`675 (50,0%) / Stände: 9 1/2
Nein: 1`257`032 (50,0%) / Stände: 11 5/2

Parolen:
-Ja: SP, Grüne, CVP, GLP, EVP, BDP, EDU
-Nein: SVP, FDP


Reform der Altersvorsorge 2020:
Beteiligung: 46,7%
Ja: 1`186`079 (47,3%)
Nein: 1`320`830 (52,7%)

Parolen:
-Ja: SP, Grüne, CVP, GLP, EVP, BDP
-Nein: SVP, FDP, EDU, PdA

Reform «Altervorsorge 2020» (BRG 14.088)
Dossier: Débats sur l'âge de la retraite des femmes
Dossier: Hausse de l’âge de la retraite à 65 ans
Dossier: Déduction de coordination et seuil d'entrée LPP

Auf Vorschlag der Bundeskanzlei legte der Bundesrat den Abstimmungstermin für die Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV“ auf den 25. September 2016 fest. Er entsprach damit nicht dem Wunsch der bürgerlichen Parteien, die Initiative möglichst früh an die Urne zu bringen, damit diese vor der Beratung der Reform der Altersvorsorge 2020 durch den Nationalrat vom Tisch gewesen wäre. Die Kommissionssitzungen zur Reform fanden folglich vor der Volksabstimmung über die Initiative statt, die Plenardebatte begann am Tag nach dem Abstimmungssonntag.

Auf der Befürworterseite formierten sich nebst dem lancierenden Gewerkschaftsbund die SP und JUSO, die Grünen, sämtliche anderen Gewerkschaftsorganisationen sowie verschiedene, jedoch nicht alle Senioren- und Seniorinnenverbände. Wichtigstes Argument der Befürworter war der Umstand, dass die Entwicklung der AHV-Renten nicht mit jener der Löhne Schritt halten könne und gleichzeitig die Lebenskosten, insbesondere für Mieten und Krankenkassen, angestiegen seien, weshalb es eines Ausgleichs bedürfe. Dieser Ausgleich sei mittels der AHV, im Gegensatz zur zweiten Säule, günstig und effizient vorzunehmen. Bei den Pensionskassen sei in den nächsten Jahren dagegen mit Rentenkürzungen von 15 bis 20% zu rechnen, ein weiterer Grund für eine Aufstockung der ersten Säule. Die AHV bezeichneten die Befürworter und Befürworterinnen als nicht nur das gerechteste, sondern aufgrund des Umlageverfahrens auch das sicherste Sozialwerk. An einer Medienkonferenz Ende Juni lancierte das Pro-Komitee seine Kampagne und kündigte an, bis zum Abstimmungstag eine grosse Auswahl an niederschwelligen Anlässen durchzuführen, um eine breite Mobilisierung zu erreichen.

Auf der Gegnerseite fanden sich neben den Bundesbehörden die bürgerlichen Parteien SVP, FDP, CVP, EVP, GLP und BDP sowie die Wirtschaftsverbände (Arbeitgeberverband, Gewerbeverband, Economiesuisse und Bauernverband). Sie warnten, angesichts der demografischen Entwicklung führe die Initiative zu Mehrkosten in unverantwortlicher Höhe und stünde damit vollkommen quer zu den tatsächlichen Entwicklungen. Bis ins Jahr 2030 wäre demnach bei Annahme der Initiative die Finanzierungslücke in der AHV fast doppelt so gross, wie sie es gemäss dem aktuellen Szenario ist, was auf Kosten der jungen Beitragszahlerinnen und -zahler gehen werde. Die Situation der Rentnerinnen und Rentner mit den tiefsten Einkommen würden zudem durch die Initiative kaum verbessert, weil diese ohnehin durch Ergänzungsleistungen unterstützt werden, welche bei einer Anhebung der AHV entsprechend gesenkt würden. Die Erhöhung der AHV sei nicht notwendig, da diese mittels des Mischindex' laufend an die Teuerung und damit an die Lohnentwicklung angepasst würde, und die Aussage der Initiantinnen und Initanten, die Renten der zweiten Säule würden stark sinken und es gelte daher die erste Säule zu stärken, entspreche nicht den Tatsachen. Überhaupt sei eine Gesamtreform der Altersvorsorge angezeigt; punktuelle Massnahmen wie die von der Initiative angestrebte Erhöhung seien keine Lösung. Auch das Gegenkomitee kündigte beim Start der Kampagne eine Reihe von Aktionen an.

Am Umstand, dass nebst den Parteien sämtliche grossen und viele mittlere und kleine Berufs- und Interessenorganisationen zur Initiative Stellung bezogen, lässt sich die zugeschriebene Wichtigkeit der Vorlage ablesen. Dies hängt zweifellos mit der parallel zum Abstimmungskampf im Parlament weiter diskutierten Reform der Altersvorsorge zusammen, deren durch den Bundesrat vorgesehener fein austarierter Massnahmenmix durch eine Annahme der Initiative auf den Kopf gestellt würde.

Im Juli bezog Bundesrat Berset im Namen des Gesamtbundesrates Stellung zur Initiative. Er wies auf die Konsequenzen einer Annahme für die Reform der Altersvorsorge hin, insbesondere da die Rentenerhöhung bereits per Anfang 2018 eingeführt werden müsste, womit wenig Zeit für eine Anpassung der Reform bliebe. Das Defizit der AHV würde rasch ansteigen. Der sozialdemokratische Vorsteher des Innendepartements erklärte an der Medienkonferenz explizit, er habe die Initiative dem Bundesrat zur Ablehnung empfohlen. Damit stellte sich Berset einmal mehr gegen ein Anliegen seiner eigenen Partei, und wiederum erhielt er von den Medien und vielen politischen Akteuren ein gutes Zeugnis für seine Ausführung dieser Aufgabe.

Die erste Tamedia-Umfrage, publiziert Mitte August, zeigte eine Zustimmung von 60% für die Initiative. Dieser hohe Wert überraschte; insbesondere gaben neben den Anhängerinnen und Anhänger des linken Lagers auch SVP- und CVP-Wählende mehrheitlich an, für oder eher für die Initiative zu sein. Auch die erste SRG-Umfrage, eine Woche später publiziert, zeigte einen Ja-Trend, wenn auch weniger deutlich. Die Zustimmung geriet in der Folge ins Bröckeln, womit sich Ende August ein enges Rennen abzeichnete. Die Anzahl der Unentschlossenen blieb vergleichsweise hoch. Mitte September wies die Tamedia-Umfrage ein Gleichgewicht zwischen Befürwortern und Gegnern aus, während die SRG-Umfrage ein Nein vorhersagte. Erstere zeigte zudem einen deutlichen Altersgraben: Während jüngere Stimmbürgerinnen und Stimmbürger der Initiative klar kritisch gegenüberstanden, gaben ältere ebenso klar an, sie annehmen zu wollen. Angesichts der Übermacht älterer Stimmender an der Urne war deshalb vereinzelt der Begriff der „Gerontokratie" zu vernehmen.

Am 25. September 2016 legten schliesslich bei einer als durchschnittlich einzustufenden Stimmbeteiligung rund 41% der Stimmenden ein Ja, 59% ein Nein in die Urne. Nur in den Kantonen Jura, Neuenburg, Genf, Tessin und Waadt traf die Initiative auf Zustimmung, womit sich annähernd ein Röstigraben ergab. Besonders deutlich wurde die Initiative in ländlichen Gebieten der Deutschschweiz abgelehnt. Das Nein der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger wurde im Allgemeinen als Anschub für die anstehende Rentendebatte gedeutet, wobei Uneinigkeit darüber herrschte, ob die Position der Linken dadurch geschwächt wurde.


Abstimmung vom 25. September 2016

Beteiligung: 43,13%
Ja: 921'375 (40,60%) / Stände: 5
Nein: 1'348'032 (59,40%) / Stände: 15 6/2

Parolen
– Ja: SP, GPS; SGB, Travail.Suisse
– Nein: SVP (1*), CVP, FDP, GLP, BDP, EVP; Economiesuisse, SGV, SAV
* In Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV“

In der Sommersession 2015 gelangte die Motion Niederberger (cvp, NW) zur Abschaffung unnötiger Administrativarbeiten für die AHV zur Beratung in den Nationalrat. Die Mehrheit der Kommission für Wirtschaft und Abgaben WAK-NR beantragte Annahme der Motion, eine Minderheit Jans (sp, BS) beantragte Ablehnung. Der Mehrheitssprecher betonte die Wichtigkeit und Dringlichkeit einer administrativen Entlastung der Wirtschaft insbesondere angesichts der anhaltenden Frankenstärke. Die Argumentation des Bundesrates bezüglich Schwarzarbeitsbekämpfung sei zudem nicht überzeugend: Die Verantwortung dafür liege nicht bei der AHV, sondern bei den Migrationsämtern. Mitglieder der sozialdemokratischen Fraktion machten auf den Umstand aufmerksam, dass die Motion unmittelbar auf eine – weitreichende – Verordnungsänderung abziele. Vor diesem Hintergrund kritisierten sie, dass bei den betroffenen Akteuren, namentlich den Kantonen, den Migrationsämtern und den Sozialpartnern, keine Vernehmlassung durchgeführt worden war. Deshalb seien die Auswirkungen der Motion unklar. Während der Minderheitssprecher beim Antrag auf direkte Ablehnung blieb und argumentierte, Schwarzarbeit sei in der Schweiz ein grosses Problem, das infolge der Motion weiter zunehmen könnte, reichte sein Parteikollege Pardini (sp, BE) einen Ordnungsantrag ein, um den Vorstoss an die Kommission zurückzuweisen. Dies würde dem Bundesrat die Möglichkeit geben, Konsultationen durchzuführen und so die Informationsbasis zu verbreitern. Bundesrat Berset drückte seine Unterstützung für den Ordnungsantrag aus. Er warnte davor, ohne weitere Abklärungen eine Entscheidung zu treffen, welche angesichts der Tatsache, dass der Ständerat die Motion bereits angenommen hatte, definitiv wäre. Gleichzeitig versicherte der Innenminister, der Bundesrat sei immer um administrative Vereinfachungen bemüht, wo diese möglich seien. In der Tat stellte sich im Laufe der Beratung heraus, dass der Kommission bei ihrer Vorberatung relevante Bedenken entgangen waren: So hatten sich der Unternehmerverband und die UNIA des Kantons Waadt gegen die Motion ausgesprochen, mit dem Hinweis, diese schade ehrlichen Unternehmen. Unehrliche Firmen, so äusserten sich auch Mitglieder der Ratsrechten, könnten ohne die Pflicht zur unterjährigen Meldung neuer Arbeitnehmender im Februar neues Personal einstellen, um dieses anschliessend im Dezember wieder zu entlassen, und so auf betrügerische Weise die AHV-Pflicht umgehen. Baustellenkontrollen, ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Schwarzarbeit, würden zudem deutlich erschwert.
Angesichts der in der Debatte geäusserten Argumente stimmten alle Fraktionen dem Ordnungsantrag Pardini zu, dieser wurde mit 175 zu 5 Stimmen bei einer Enthaltung angenommen. Die Motion wurde damit vom Tagesprogramm gestrichen.

Motion zur Minderung des Administrativaufwands für die AHV (14.3728)

Die Gewerkschaften protestierten umgehend gegen das Winterthur-Modell. Damit trage die Versicherungsgesellschaft kein Risiko mehr, sondern schöpfe nur noch allfällige Gewinne ab. Sämtliche Kosten und das Risiko würden dagegen auf die Versicherten abgewälzt. Sie rechneten vor, dass die Senkung des Umwandlungssatzes im überobligatorischen Bereich für die Frauen zu lebenslänglichen Renteneinbussen von 24% und für die Männer von 19% führen würden. Arbeitgeberverband und Gewerbeverband signalisierten hingegen Sympathien für das neue Modell, welches den Realitäten Rechnung trage. Aber auch unter den bürgerlichen Parlamentarierinnen und Parlamentariern der für das BVG verantwortlichen Kommissionen (SGK) regte sich Unmut über das undurchsichtige Vorgehen der Versicherer, und es wurde die Vermutung geäussert, die Versicherungsgesellschaften wollten noch rasch vor Inkraftsetzung der 1. BVG-Revision deren Bestimmungen zu Transparenz und paritätischer Mitwirkung unterlaufen. Kritik wurde auch an der raschen Genehmigung durch BSV und BPV laut. Nachdem die SGK des Nationalrats an ihrer Juli-Sitzung die beiden involvierten Bundesämter mit einem umfassenden Fragenkatalog eingedeckt hatte, befasste sich die SGK des Ständerates in ihrer Augustsitzung mit dem Ansinnen der Versicherungsgesellschaften. Sie befand zwar, dass der in der 1. BVG-Revision festgeschriebene Umwandlungssatz von 6,8% zu hoch sei, wollte den „Schock in der Öffentlichkeit“, der die Gefahr einer Rezession erhöhe, indessen vermeiden, weshalb sie das Bundesamt für Justiz beauftragte, eine Sistierung der Genehmigung zu überprüfen; im September befand sie dann aber, die Genehmigung sei rechtens gewesen, und sie stellte ihre Opposition ein. Die SGK-NR reichte dagegen mit 15 gegen 9 Stimmen ein Postulat ein (Po. 03.3437), das den Bundesrat auffordert, auf die Genehmigung des Modells der Winterthur zurückzukommen.

Massnahmen zur Sanierung von Pensionskassen in Unterdeckung
Dossier: Taux d'intérêt minimal LPP
Dossier: 1re révision de la loi fédérale sur la prévoyance professionnelle vieillesse, survivants et invalidité (LPP; 1990-2005)