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Jahresrückblick 2023: Parteien

Für die Parteien stand das Jahr 2023 überwiegend im Zeichen der National- und Ständeratswahlen sowie der Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats. Dies schlägt sich auch in der Medienpräsenz der Parteien nieder, die sich dem Spitzenwert aus dem letzten eidgenössischen Wahljahr 2019 annäherte und im Wahlmonat Oktober kulminierte (vgl. Abbildungen 1 und 2 der APS-Zeitungsanalyse).

Die SVP lancierte ihren Wahlkampf mit einem neuen Parteiprogramm, das sich unter anderem gegen «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» wandte. Im Wahlkampf rückte die Partei mit der Asyl- und Migrationspolitik indessen zunehmend zwei ihrer klassischen Kernthemen ins Zentrum. Nebst ihren inhaltlichen Forderungen bescherten der SVP auch ein Wahlkampfsong und ein aufwändiger Wahlkampfanlass viel Aufmerksamkeit. Bei den Nationalratswahlen erzielte die Partei schliesslich das drittbeste Resultat ihrer Geschichte, im Ständerat musste sie hingegen Verluste hinnehmen. Bei den Bundesratswahlen sprach sich die SVP für ein Festhalten an der bisherigen Sitzverteilung aus, erhob jedoch – letztlich ohne Erfolg – mit einem Zweierticket Anspruch auf die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr.
Auch in diesem Jahr zeigte sich die SVP aktiv bei der Nutzung der Volksrechte. So lancierte sie ihre «Nachhaltigkeitsinitiative» und brachte – unter Rückgriff auf unübliche Methoden – das Referendum gegen das Klimagesetz zustande, an der Urne konnte sie das Gesetz aber nicht zu Fall bringen. Verschiedentlich wurde in den Medien diskutiert, ob sich die SVP genügend gegen Rechtsextremismus abgrenze. Anlass dazu boten unter anderem die in zwei Kantonen eingegangenen Listenverbindungen mit Mass-voll und Verbindungen einzelner SVP-Exponentinnen und -Exponenten zur Jungen Tat.

Die SP konnte sowohl bei den Nationalrats- als auch bei den Ständeratswahlen zulegen. Eine Erklärung für den Wahlerfolg sah die Presse in der Themenlage, die der SP mit Inflation, steigenden Mieten und Krankenkassenprämien in die Hände gespielt habe. Die Partei hatte in ihrem Wahlkampf denn auch das Thema Kaufkraft an erste Stelle gesetzt. Im Rampenlicht stand die SP im Zusammenhang mit den Bundesratswahlen, bei denen sie den Sitz des zurücktretenden Alain Berset zu verteidigen hatte (vgl. Abbildung 1). Letztlich wählte die Bundesversammlung mit Beat Jans unter einigen Nebengeräuschen einen der beiden offiziellen SP-Kandidaten.
In der direktdemokratischen Arena musste die SP eine Niederlage hinnehmen, als die von ihr bekämpfte OECD-Mindeststeuer an der Urne deutlich angenommen wurde. Einen Erfolg konnte sie hingegen mit dem Zustandekommen ihrer Kita-Initiative verbuchen. Bereits vor den Wahlen hatte die SP ihr Fraktionspräsidium neu zu besetzen. Wie schon die Bundespartei wird nun auch die Fraktion von einem geschlechtergemischten Co-Präsidium geführt.

Für die FDP verliefen die National- und Ständeratswahlen enttäuschend. Im Wahlkampf hatten Diskussionen dazu, ob die grossflächigen Listenverbindungen mit der SVP für die FDP strategisch sinnvoll seien oder gemässigte Wählende abschreckten, ihre inhaltlichen Wahlkampfthemen teilweise in den Schatten gestellt. Die Vorwürfe, die FDP verkomme zur Juniorpartnerin der SVP, verstärkten sich noch, als sich die Freisinnigen vor den zweiten Ständeratswahlgängen in mehreren Kantonen zugunsten der SVP-Kandidaturen zurückzogen. Die Verluste bei den Parlamentswahlen befeuerten die Diskussion, ob die Doppelvertretung der FDP im Bundesrat noch gerechtfertigt sei; bei den Bundesratswahlen gerieten die beiden FDP-Sitze trotz eines Angriffs der Grünen aber nicht ernsthaft in Gefahr.

Die Mitte konnte bei den ersten nationalen Wahlen nach der Parteifusion den kumulierten Wählendenanteil von CVP und BDP leicht übertreffen, überholte bei den Nationalratssitzen die FDP und baute im Ständerat ihre Position als stärkste Partei aus. Parteipräsident Gerhard Pfister liess darauf verlauten, er sehe die Mitte, die sich im Wahlkampf als Anti-Polarisierungspartei profiliert hatte, künftig als Anführerin eines dritten Pols mit eigenständiger Themensetzung. Vor den Bundesratswahlen entschied sich die Mitte trotz ihres Wahlerfolgs dagegen, auf Kosten der FDP einen zweiten Bundesratssitz zu beanspruchen, da eine Abwahl wiederkandidierender Regierungsmitglieder vermieden werden solle. Bei einem FDP-Rücktritt werde eine Mitte-Kandidatur aber Thema werden. Mit unvorteilhaften Schlagzeilen war die Mitte im Frühling konfrontiert, als ehemalige Mitarbeitende der Partei Vorwürfe erhoben, im Generalsekretariat werde gemobbt.

Die Grünen konnten im Frühling ihr 40-jähriges Jubiläum begehen, hatten 2023 ansonsten aber nicht viel zu feiern. Bei den eidgenössischen Wahlen erlitten sie in beiden Räten deutliche Einbussen. Die Parteispitze betonte zwar, man habe das nach der «Klimawahl» 2019 zweitbeste Resultat der Parteigeschichte erzielt. Gleichwohl kam Parteipräsident Balthasar Glättli zum Schluss, er wolle als «Gesicht des Misserfolgs» sein Amt 2024 abgeben. Im Wahlkampf hatte eine millionenschwere Wahlkampfspende einer Gönnerin für einige Schlagzeilen gesorgt. Inhaltlich setzten die Grünen vor allem auf ihre Kernthemen Klima und Ökologie sowie Gleichstellung. Passend dazu beschlossen sie im August die Lancierung einer neuen Volksinitiative zum Ausbau der Solarenergie.
Ungeachtet ihrer geschwächten Position im Parlament wollten die Grünen im Dezember erstmals in den Bundesrat einziehen und griffen mit Nationalrat Gerhard Andrey die beiden Bundesratsmitglieder der FDP, nicht aber die SP-Sitze an. Nachdem Andrey bei seiner gemeinhin erwarteten Nichtwahl wohl nur eine Minderheit der SP-Stimmen erhalten hatte, konnte sich Glättli aber auch für künftige Angriffe auf SP-Bundesratssitze erwärmen. Unerfreulich war für die Grünen sodann eine Serie von Parteiaustritten von Kantonsparlamentarierinnen und -parlamentariern.

Nach Erfolgen bei mehreren kantonalen Parlamentswahlen brachten die Nationalratswahlen für die GLP einen herben Dämpfer. Ihre Nationalratsfraktion schrumpfte – teilweise wegen Proporzpech – um mehr als einen Drittel, worüber der geglückte Wiedereinzug in den Ständerat nicht hinwegtrösten konnte. Ihre zuvor gehegten Bundesratsambitionen begruben die Grünliberalen nach dem deutlichen Verpassen ihrer Wahlziele, mit Viktor Rossi konnten sie aber immerhin den Kampf ums Bundeskanzleramt für sich entscheiden. Als neue Fraktionspräsidentin bestimmte die GLP im Dezember Corina Gredig (glp, ZH).
Nach den Wahlen gab die künftige Ausrichtung der Partei Stoff für Spekulationen: Während Parteipräsident Jürg Grossen in Interviews gewisse Avancen nach Rechts zu machen schien, schloss sich die einzige GLP-Ständerätin der Ratsgruppe der Grünen an, der grösste Spender der Partei wiederum regte öffentlich eine Fusion mit der Mitte an.

Für die kleineren Parteien hielt das Jahr 2023 Unterschiedliches bereit. Dies gilt etwa für die EVP, die in Basel-Landschaft erstmals überhaupt den Sprung in eine Kantonsregierung schaffte, bei den eidgenössischen Wahlen aber den Nationalratssitz ihrer Parteipräsidentin einbüsste. Das Mouvement Citoyens Genevois wiederum verlor seinen Regierungssitz in Genf, konnte aber den Einzug in National- und Ständerat feiern. Nicht mehr im Bundesparlament vertreten sind die PdA und Ensemble à Gauche.

Erstmals kamen bei den eidgenössischen Wahlen die neuen Transparenzregeln des Bundes für die Politikfinanzierung zur Anwendung. Auswertungen der Daten in den Medien zeigten zwar, dass solche Analysen aus verschiedenen Gründen mit nennenswerten Unschärfen verbunden bleiben. Der Hauptbefund aber, dass FDP und SVP mit deutlichem Abstand vor SP und Mitte sowie Grünen und GLP über die grössten Wahlkampfbudgets verfügten, schien unbestritten.

Jahresrückblick 2023: Parteien
Dossier: Rétrospective annuelle 2023

Die Mitte im Jahr 2023: Kurzüberblick

Für die Mitte brachte das Jahr 2023 mit den ersten nationalen Wahlen nach der Parteifusion aus CVP und BDP eine Bewährungsprobe. Dabei konnte die Mitte ihr deklariertes Wahlziel, den kumulierten Wählendenanteil der beiden Vorgängerparteien zu halten, leicht übertreffen, und überholte bei der Zahl der Nationalratssitze die FDP. Im Ständerat baute sie ihre Position als stärkste Partei aus. Viele Medienkommentare erwarteten sie deshalb in den kommenden Jahren noch stärker in der Rolle als Mehrheitsmacherin. Dem Parteipräsidenten Gerhard Pfister schwebte für die Mitte, die sich in ihrem Wahlkampf als Anti-Polarisierungspartei profiliert hatte, freilich nicht einfach eine vermittelnde Rolle zwischen Rechts und Links vor, sondern eine Positionierung als Anführerin eines dritten Pols im Zentrum des politischen Spektrums, die eigenständig Themen setzen soll.
Dass die Mitte bei den Sitzanteilen die FDP überholte, gab medialen Diskussionen Auftrieb, ob sie einen zweiten Bundesratssitz auf Kosten der Freisinnigen beanspruchen könnte. Parteipräsident Pfister und die Fraktion wollten einen solchen Schritt jedoch erst «mittelfristig» ins Auge fassen, da sie eine Abwahl wiederkandidierender Bundesratsmitglieder ablehnten.
Mit unvorteilhaften Schlagzeilen sah sich die Mitte im Frühling konfrontiert, als ehemalige Mitarbeitende der Partei Vorwürfe erhoben, im Generalsekretariat werde gemobbt und es herrsche «ein Klima der Angst». Zumindest in den Medien zogen die Vorwürfe aber keine weiteren Kreise.

Die Mitte im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Bref aperçu des partis politiques en 2023

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Zusammenfassung
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Eidgenössische Wahlen 2023


Im Nationalrat wechselten per Saldo 7.5 Prozent der 200 Sitze die Parteifarbe (zum Vergleich: 2019 waren es 14.5%, 2015 ebenfalls 7.5% und 2011 11.5%; in Deutschland wechselten 2017 26% und in Frankreich 2017 sogar 70% aller Parlamentssitze die Parteifarbe) und in zehn Kantonen kam es zu keinen parteipolitischen Veränderungen bei den Volksvertretungen in Bern. Die Medien interpretierten den Wahlausgang trotzdem als «Rechtsrutsch» und als Zeichen eines gewachsenen «Sicherheitsbedürfnisses» in der Bevölkerung. Grund für diese Beurteilung war, dass die SVP netto 9 Sitze hinzugewinnen konnte (Sitzgewinne in BE, GL, FR, SG, GR, AG, TI, VD, NE, JU; Sitzverlust in NW) und mit neu 62 Sitzen deutlich stärkste Partei blieb. Mit zwei zusätzlichen Sitzen (Sitzgewinne in ZH, BE, LU, VD und GE; Sitzverluste in FR, BS, GR; neu: 41 Sitze) wurde in den Medien auch die SP als Wahlsiegerin betrachtet. Mit ebenfalls zwei Sitzgewinnen (beide in GE; neu 2 Sitze) zog das MCG wieder ins Parlament ein. Je einen Sitz gewinnen konnten zudem die Mitte (Sitzgewinne in ZH (2), NW, VD; Sitzverluste in GL, TI, JU; neu: 29 Sitze) und die EDU (Sitzgewinn in ZH; neu: 2 Sitze). Diese Erfolge gingen insbesondere auf Kosten der GLP, die 6 Sitze abgeben musste (ZH (-2), LU, SG, VD, GE; neu: 10 Sitze), und der Grünen, die in 5 Kantonen je einen Sitz verlor (ZH, BE, TG, VD, GE; neu: 23 Sitze). Einen Sitzverlust mussten auch die FDP (Sitzgewinn in TG; Sitzverluste in BE, VD; neu 28 Sitze) und die EVP (AG; neu 2 Sitze) hinnehmen. Nicht mehr im Parlament vertreten sind die PdA (Sitzverlust in NE) und Ensemble à Gauche (Sitzverlust in GE).
Gemessen an der Zahl der Sitze überholte die Mitte damit die FDP und wurde neu drittstärkste Partei in der grossen Kammer. Zu reden gaben diesbezüglich freilich eher die Wählendenprozente. Das Bundesamt für Statistik hatte aufgrund eines Programmierfehlers zuerst fehlerhafte Parteienstärken bekannt gegeben, bei denen die Mitte auch hinsichtlich Wählendenstärke knapp vor der FDP gelegen hätte. Obwohl sich an der für Abstimmungen und Wahlen im Parlament entscheidenden Sitzzahl aufgrund des Fehlers nichts änderte, kam es ob der drei Tage nach den Wahlen bekanntgegebenen Korrektur zu einigen wütenden Kommentaren von Parteiverantwortlichen. Verschiedene Expertinnen und Experten befürchteten gar einen Verlust des Vertrauens in die Demokratie. Nach Wählendenprozenten konnten die SVP (27.9%; +2.3 Prozentpunkte), die SP (18.3%; +1.5 PP) und die Mitte (14.1%; +0.3 PP) zulegen, während die FDP (14.3%; -0.8 PP), die Grünen (9.8%; -3.4PP) und die GLP (7.6%; -0.2 PP) Anteile verloren. Das auffällig starke Ungleichgewicht zwischen Sitz- und Wählendenverlust bei der GLP dürfte auf die im Vergleich zu 2019 weniger erfolgreichen Listenverbindungen zurückzuführen sein. Bei den letzten eidgenössischen Wahlen waren einige Sitzgewinne der GLP geschickten Verbindungen mit anderen Parteien geschuldet.
Obwohl der Anteil an Frauen auf den Listen noch nie so gross war wie bei den Wahlen 2023 (45%; 2019: 41%), fiel der Frauenanteil in der grossen Kammer im Vergleich zu 2019 (42%) um rund vier Prozentpunkte (38.5%). Die Wahlbeteiligung betrug 46.7 Prozent (2019: 45.1%) und schwankte zwischen 24.5 Prozent (AI) und 61.6 Prozent (SH).

Zu Sitzverschiebungen kam es auch im Ständerat. Schon währen der Legislatur war es zu drei Ersatzwahlen gekommen, in denen die SP in Freiburg einen Sitz an die Mitte und in St. Gallen einen Sitz an die SVP verloren hatte. Der aufgrund der Wahl von Elisabeth Baume-Schneider in den Bundesrat frei werdende Sitz im Kanton Jura wurde aufgrund des Proporzwahlverfahrens gehalten. Die Gesamterneuerungswahlen führten dazu, dass fünf Sitze die Parteifarbe wechselten und es in acht Kantonen zu Veränderungen kam. Stärkste Partei in der kleinen Kammer blieb die Mitte, die neu über 15 Sitze verfügte und in 14 Kantonen Vertretungen stellte (SG, AG, LU, VS (2), TG, SO, GR, FR, TI, ZG, UR, JU, OW, AI). In den Kantonen Aargau (auf Kosten der SVP) und Tessin (auf Kosten der SP) konnte die Mitte je einen Sitz erobern, musste aber ihren Sitz im Kanton Schwyz (zu Gunsten der FDP) abgeben. Mit per Saldo einem Sitzverlust (Sitzgewinn in SZ auf Kosten der Mitte; Sitzverluste in ZH zu Gunsten der GLP und in NE zu Gunsten der SP) hält die FDP als nach wie vor zweitstärkste Partei im Stöckli noch 11 Sitze (AG, VD, LU, GR, SZ, FR, ZG, AR, NW, GL, UR). Die SP gewann per Saldo zwei Sitze hinzu (Sitzgewinne in SH auf Kosten des parteilosen Thomas Minder, in VD auf Kosten der GP und in NE auf Kosten der FDP; Sitzverlust im TI zu Gunsten der Mitte) und konnte somit im Stöckli im Vergleich zu den Wahlen 2019 unverändert auf 9 Sitzen Platz nehmen (ZH, BE, VD, GE, SO, BS, SH, NE, JU) respektive ihre während der Legislatur eingefahrenen Verluste wieder ausgleichen. Viertstärkste Partei blieb die SVP mit 6 Sitzen (BE, SG, TG, TI, SZ, SH). Sie verlor ihren Sitz im Kanton Aargau (zu Gunsten der Mitte) und musste den Verlust ihres langjährigen Fraktionsmitglieds Thomas Minder im Kanton Schaffhausen hinnehmen, der zu Gunsten der SP nicht wiedergewählt wurde. Die Grünen verloren zwei Sitze (in den Kantonen VD und GE) und verfügten damit nur noch über drei Kantonsvertretungen (GL, NE, BL). Wieder beziehungsweise neu im Ständerat sitzen durften zudem mit je einem Sitz die GLP (ZH auf Kosten der FDP) und das MCG (GE auf Kosten der GP). Aufgrund von neun Rücktritten und vier Nichtwiederwahlen (GE, SZ, NE, SH) wurden also 13 neue Mitglieder in die kleine Kammer gewählt; darunter vier Frauen, womit der Frauenanteil in der kleinen Kammer mit 34.8 Prozent (16 Sitze) einen neuen Rekord erreichte (2019: 26.1%; vor den Wahlen in der Herbstsession 2023: 30.4%).

Eidgenössische Wahlen 2023 - Zusammenfassung

Im Oktober 2023 präsentierte die SPK-NR in Umsetzung einer eigenen parlamentarischen Initiative ihren Entwurf zur Anpassung des Ausländer- und Integrationsgesetzes (AIG), mit dem ausländische Opfer von häuslicher Gewalt ausländerrechtlich besser geschützt werden sollen. Um zu verhindern, dass Opfer gewalttätige Beziehungen aufrechterhalten, weil sie die Wegweisung aus der Schweiz fürchten, beantragte die Kommission eine Änderung von Artikel 50 des AIG zur Auflösung der Familiengemeinschaft. Dadurch sollte die bereits bestehende Härtefallregelung, die die Erteilung oder Verlängerung der bisherigen Aufenthaltsbewilligung auch nach der Trennung möglich macht, auf alle von häuslicher Gewalt betroffenen Ausländerinnen und Ausländer ausgedehnt werden. Bis anhin konnten nur ausländische Familienangehörige von Schweizer Bürgerinnen und Bürgern sowie Personen mit einer Niederlassungsbewilligung von dieser Härtefallregel profitieren. Darüber hinaus sollen neu auch nicht verheiratete Paare mitgemeint sein, sofern sie im Konkubinat oder in einer eingetragenen Partnerschaft leben, ebenso wie die Kinder dieser Personen. Nicht zuletzt soll es auch leichter werden, den Nachweis für das Vorliegen von häuslicher Gewalt zu erbringen, was auch durch eine verstärkte Kohärenz mit dem Opferhilfegesetz gelingen soll.

In der Vernehmlassung war der Entwurf von einem Grossteil der 143 Teilnehmenden befürwortet worden. Viele interessierte Kreise – darunter etwa Amnesty International, verschiedene Hilfswerke und etliche Frauenhäuser – hoben hervor, dass die Gesetzesanpassung mehr Rechtsgleichheit für Gewaltbetroffene sowie einen besseren Opferschutz bringen würde. Etliche Vernehmlassungsteilnehmende betonten ferner, dass das von der Schweiz ratifizierte Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Istanbul-Konvention) damit besser eingehalten werden könnte. Sollte die Gesetzesänderung vom Parlament angenommen werden, könnte folglich ein von der Schweiz angebrachter Vorbehalt zur Istanbul-Konvention geprüft und gegebenenfalls gestrichen werden. Die meisten Kantone sowie fünf von sechs stellungnehmenden Parteien (SP, Grüne, EVP, Mitte und FDP) begrüssten den Vorentwurf; einige stellten sich jedoch gegen einzelne Bestandteile daraus. Acht Kantone (AI, AR, BE, NW, OW, SO, TI, ZG) sowie die VKM lehnten es generell ab, dass die Härtefallregelung auch neue Rechtsansprüche schaffe für Personen, die zuvor keinen eigenständigen Rechtsanspruch auf eine ausländerrechtliche Bewilligung hatten, da ihre Bewilligung ursprünglich mittels Ermessensentscheid im Rahmen des Familiennachzugs erteilt worden war. Wenn aus Ermessen in diesen Fällen ein Anspruch würde, widerspräche dies gemäss Vernehmlassungsbericht «der Logik und der Systematik des Ausländerrechts, wonach der nachziehende Ehegatte dem nachgezogenen Gatten nicht mehr Rechte verschaffen könne, als er selbst besitzt». Die Kantone Freiburg und Neuenburg stellten sich nicht generell gegen die Schaffung neuer Rechtsansprüche, sondern lediglich gegen diejenigen bei der Erteilung von Kurzaufenthaltsbewilligungen an Personen, deren Ehegatte über eine Kurzaufenthaltsbewilligung verfügt. Elf Kantone (AG, AI, AR, BE, BS, FR, OW, SO, TG, TI, ZG), die VKM und die FDP störten sich ferner an der Bestimmung, dass die Integrationskriterien bis drei Jahre nach Erteilen der eigenständigen Aufenthaltsbewilligung gemäss Revision des Artikels 50 keinen Einfluss auf die Verlängerung der Bewilligung haben sollen. Die Kommission wollte mit ebendieser Regelung der schwierigen Situation, in der sich die betroffenen Personen befinden, Rechnung tragen. Auch wenn die Integrationskriterien während dieses Zeitraums nicht entscheidungsrelevant seien, sollen sie dennoch geprüft und die Integration bei Bedarf gefördert werden, so die Kommission. Von den sechs stellungnehmenden Parteien stellte sich lediglich die SVP gegen den Entwurf. Sie argumentierte, dass eine Gesetzesrevision aufgrund der bestehenden Rechtsprechung und Verwaltungspraxis weitgehend überflüssig sei. Eine Gesetzesanpassung wie die vorgesehene berge zudem Missbrauchspotential, so die SVP abschliessend.

Besserer Schutz für ausländische Opfer von häuslicher Gewalt (Pa.Iv. 21.504)
Dossier: Violences contre les femmes* / violence domestique (depuis la ratification de la Convention d'Istanbul)

In der Herbstsession 2023 bereinigte das Parlament den indirekten Gegenvorschlag zur Kostenbremse-Initiative. Dabei folgte der Ständerat in den meisten verbliebenen Differenzen dem Erstrat. Bei den Tarifverträgen mit den Spitälern stimmte er der Schaffung einer subsidiären Kompetenz für den Bundesrat zu, wonach dieser in die Tarifstruktur des stationären Bereichs eingreifen kann. Zwar wollte die Mehrheit der SGK-SR an ihrer ablehnenden Position festhalten, die kleine Kammer folgte jedoch mit 27 zu 13 Stimmen (bei 1 Enthaltung) einem Einzelantrag Hegglin (mitte, ZG) auf Einlenken. Erich Ettlin (mitte, OW) hatte für die Kommissionsmehrheit auf das gute Funktionieren der Tarifpartnerschaft im stationären Bereich hingewiesen, Peter Hegglin befürwortete die subsidiäre Kompetenz des Bundesrates jedoch als Druckmittel bei zukünftigen harzigen Tarifverhandlungen. Auch bezüglich der Evaluation von Leistungen, die allenfalls die WZW-Kriterien nicht mehr erfüllen, folgte der Ständerat in den meisten Detailfragen dem Nationalrat, lehnte aber weiterhin dessen Forderung ab, dass eine solche Evaluation zwingend von verwaltungsunabhängigen Dritten durchgeführt werden muss.

Auf Anraten seiner Kommissionsmehrheit folgte der Nationalrat daraufhin dem Ständerat und strich die Regelung mit 109 zu 77 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gegen den Willen der SVP- und FDP-Fraktion aus dem Entwurf. Auch die neu per Rückkommensantrag vorgeschlagene Titeländerung der SGK-NR – neben der Kostendämpfung sollten auch die Kostenziele in den Titel aufgenommen werden – hiessen der Nationalrat und anschliessend auch der Ständerat stillschweigend gut.

Bereits in der letzten Behandlungsrunde hatte der Ständerat auch den Bundesbeschluss über die Volksinitiative «für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen (Kostenbremse-Initiative)», mit dem das Parlament die Initiative zur Ablehnung empfiehlt, mit 29 zu 14 Stimmen (bei 1 Enthaltung) gutgeheissen. Den Antrag Hegglin auf Annahme der Initiative hatten sämtliche Mitglieder der Mitte-Fraktion sowie der parteilose Thomas Minder (parteilos, SH) unterstützt. Da der Nationalrat die Initiative bereits in der Sommersession 2022 zur Ablehnung empfohlen hatte, waren nun beide Bundesbeschlüsse bereit für die Schlussabstimmungen.

In den Schlussabstimmungen bekräftigte der Ständerat die Ablehnungsempfehlung für die Initiative mit 20 zu 14 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) und der Nationalrat mit 110 zu 31 Stimmen (bei 55 Enthaltungen). Die Stimmen für eine Annahmeempfehlung im Nationalrat stammten neben der Mitte-Fraktion auch von zwei Mitgliedern der SVP-Fraktion, die Enthaltungen von der Mehrheit der SP- und der Grünen-Fraktion sowie von zwei Mitgliedern der SVP-Fraktion. Der indirekte Gegenvorschlag wurde mit 39 zu 1 Stimme (bei 4 Enthaltungen; Ständerat) respektive mit 163 zu 0 Stimmen (bei 33 Enthaltungen; Nationalrat) angenommen. Hier stammten die Enthaltungen im Nationalrat hauptsächlich von der Grünen Fraktion. Damit war die Initiative bereit für die Volksabstimmung, zu der es wohl auch kommen wird. Die Mitte-Partei erklärte, trotz Gegenvorschlag an ihrer Initiative festhalten zu wollen, da ihr der Gegenvorschlag zu wenig weit gehe.

Eidgenössische Volksinitiative «Für tiefere Prämien – Kostenbremse im Gesundheitswesen» (BRG 21.067)
Dossier: Freiner l'augmentation des primes des assurances-maladie (depuis 2020)
Dossier: Initiatives populaires au sujet de la «caisse-maladie» (depuis 2015)

Nach dem Ständerat entschied sich in der Herbstsession 2023 auch der Nationalrat, nicht auf die Erhöhung der Abzüge für Krankenversicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien im DBG einzutreten. Samuel Bendahan (sp, VD) und Kathrin Bertschy (glp, BE) begründeten den entsprechenden Antrag der WAK-NR mit den Steuerausfällen bei Bund und Kantonen in der Höhe von CHF 400 Mio. jährlich sowie mit der einseitigen Entlastung der einkommensstärkeren Haushalte. Minderheitensprecher Thomas Aeschi (svp, ZG) warb noch einmal für die Entlastung der Haushalte und störte sich insbesondere an dem voraussichtlichen Meinungswandel der Mitte-Partei, welche die Motion Grin (svp, VD; Mo. 17.3171) ursprünglich unterstützt hatte, sich nun aber gegen den Bundesratsentwurf aussprechen wolle. Markus Ritter (mitte, SG) meldete sich für die angesprochene Partei zu Wort und ergänzte die bereits vorgebrachten Argumente um die Sorge, dass bei einer Reduktion der Steuereinnahmen die schwach gebundenen Ausgaben – also neben Landwirtschaft auch Armee, Bildung und Entwicklungshilfe – noch stärker unter Druck geraten würden. Nach hitzigen weiteren Diskussionen – unter anderem warf Thomas Aeschi den anderen Parteien vor, zwar genügend Geld für das Asylwesen zu haben, nicht aber für den Schweizer Mittelstand – sprach sich der Nationalrat mit 103 zu 72 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) gegen Eintreten aus, womit der Entwurf erledigt war. Für Eintreten votierten die SVP- und die FDP.Liberalen-Fraktionen sowie ein Mitglied der Mitte-Fraktion.

Erhöhung der Abzüge für Versicherungsprämien und Zinsen von Sparkapitalien im DBG (BRG 22.053)
Dossier: Déduction des primes d'assurance maladie en matière d'impôt fédéral direct (depuis 2002)

Anfang September 2023 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament den Entwurf für die Änderung des Bankengesetzes zur Einführung des Public Liquidity Backstops (PLB). Die Einführung sowie die Eckwerte dieses neuen Instruments hatte der Bundesrat bereits im Frühling 2022 beschlossen. Wegen des drastischen Vertrauensverlusts in die Credit Suisse zu Beginn des Jahres 2023 hatte sich die Situation auf dem Finanzmarkt allerdings so verschärft, dass der Bundesrat den PLB bereits im März 2023 gemeinsam mit anderen Massnahmen per Notrechtsverordnung eingeführt hatte, bevor sich das Parlament dazu hatte äussern können. Teile dieser Bestimmungen seien auch nach Beendigung der Verträge zur Liquiditätshilfe mit der CS im August weiterhin notwendig, weshalb die Landesregierung dem Parlament innert sechs Monaten nach Einführung der notrechtlichen Massnahmen eine Vorlage zur Überführung dieser Notverordnung ins ordentliche Recht vorlegen müsse, um zu verhindern, dass diese Bestimmungen ausser Kraft treten, so der Bundesrat. Die vorliegende Vorlage zur Änderung des BankG nehme er somit zugleich als Anlass, dem Parlament jene Bestimmungen zu unterbreiten.

Gemäss Vorlage soll die SNB künftig zeitlich begrenzte Liquiditätshilfe-Darlehen bereitstellen können, die durch den Bund mittels einer Ausfallgarantie gesichert würden. Der Bundesrat sah in seinem Entwurf vor, dass er die Höhe des Darlehens jeweils im Einzelfall festlegen und den dazu notwendigen Verpflichtungskredit im Dringlichkeitsverfahren der FinDel unterbreiten werde. Der Erhalt einer solchen Liquiditätshilfe soll zudem an verschiedene Voraussetzungen, wie etwa ein entsprechendes öffentliches Interesse, die Verhältnismässigkeit der Staatsintervention, die Subsidiarität der Liquiditätshilfe, die Einleitung eines Sanierungsverfahrens durch die betroffene Bank sowie deren Solvenz geknüpft werden. Zur Reduktion des Verlustrisikos des Bundes, welches durch die Ausfallgarantie entstehe, beinhalte die Vorlage als Kernelement ein Konkursprivileg für die Forderungen der SNB, welche durch das Darlehen mit Ausfallgarantie bestünden. Nicht zuletzt seien durch die betroffene Bank Risikoprämien für die bezogenen Darlehen zuhanden der SNB und des Bundes sowie Zinsen für die Darlehenskosten zuhanden der SNB zu entrichten. Der Bundesrat anerkenne, dass diese zusätzlichen Liquiditätsdarlehen mit Ausfallgarantie zu Fehlanreizen für systemrelevante Banken (SIB) führen könnten. Dem werde jedoch zum einen durch die bereits heute erhöhten Anforderungen für SIB zur angemessenen Abdeckung ihrer Liquiditätsrisiken entgegengewirkt. Zum anderen beinhalte die Vorlage des PLB strafrechtliche Regelungen, die vorsehen, dass SIB, die solche Darlehen beziehen, verschiedenen Auflagen wie etwa Dividendenverboten oder Massnahmen im Bereich der Vergütungen unterliegen. Unter bestimmten Umständen werde zudem neu ermöglicht, bereits ausbezahlte variable Vergütungen zurückzufordern. Bei Insolvenzgefahr könnte die FINMA nach geltendem Recht zudem umfassende restrukturierende und disziplinierende Massnahmen anordnen.

Auch Teile der Notverordnung vom März 2023, namentlich die rechtlichen Grundlagen für die Gewährung der zusätzlichen Liquiditätshilfen (ELA+), seien weiterhin relevant und sollen deshalb fortgeführt werden: Die Credit Suisse habe zwar sämtliche Darlehen im August vollständig zurückbezahlt, könne solche aber während der Geltungsdauer des Vertrags und unter Erfüllung bestimmter Voraussetzungen weiterhin beziehen. Die Geltungsdauer zusätzlicher Liquiditätshilfe-Darlehen der SNB werde jedoch bis Ende 2027 beschränkt, wobei der Bundesrat die ins Gesetz überführten Verordnungsbestimmungen für die ELA+ innert fünf Jahren nach deren Inkrafttreten überprüfen werde. Es sei zudem vorgesehen, dass im Bericht zur Aufarbeitung der CS-Krise das gesamte TBTF-Regelwerk und damit auch das Instrument des PLB noch einmal umfassend beurteilt werde. Die Ergebnisse des Berichts würden dem Parlament im Frühjahr 2024 unterbreitet.

Die Vorlage zum PLB, die vom 25. Mai bis 21. Juni 2023 in die verkürzte Vernehmlassung geschickt worden war, war bei den 58 Stellungnehmenden nicht auf ungeteilte Zustimmung gestossen. Befürwortung fand sie dabei bei einer grossen Mehrheit der kantonalen Staatskanzleien, den Banken inklusive der SNB, Travail.Suisse und economiesuisse sowie der FDP und der GLP. Während die Mitte, die SP, der Zürcher Kantonsrat, der SGB und der Kanton Waadt der Vernehmlassungsvorlage nur teilweise zustimmten, lehnten die Grünen, die SVP und der SGV die Vorlage vollständig ab. Als Hauptkritikpunkt wurde von vielen Seiten ein im Vernehmlassungsentwurf noch fehlender Abgeltungsmechanismus vorgebracht, wodurch «der Eindruck der Privatisierung von Gewinnen und Verstaatlichung von Verlusten» entstehe, wie der Bundesrat im Ergebnisbericht der Vernehmlassung die Kritik zusammenfasste. In Verbindung damit wurde auch die Befürchtung geäussert, dass der PLB zu Wettbewerbsverzerrungen zwischen SIB und nicht-SIB führen könnte. Der Bundesrat solle deshalb erneut die Einführung eines Mechanismus zur Entschädigung des für den Bund entstehenden Risikos prüfen. Diesem Kritikpunkt kam der Bundesrat in seiner Botschaft entgegen, indem er die Lücke des fehlenden Abgeltungsmechanismus für das Risiko aus der Ausfallgarantie mit einer durch SIB zu bezahlenden Ex-Ante-Entschädigung in Form der Pauschale zuhanden des Bundeshaushalts füllte.

Als Reaktion auf die Rückmeldungen der Vernehmlassung nahm der Bundesrat an seinem Vernehmlassungsentwurf weitere Änderungen vor. So hatte er ursprünglich vorgesehen, das Konkursprivileg in der Gläubigerhierarchie vor den Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Konti einzustufen, womit letztere im Falle einer nicht ausreichenden Konkursmasse der SIB nicht bedient werden könnten. Da es sich hierbei um einen Zielkonflikt zwischen dem Schutz der Vorsorgegelder und dem Schutz der Gesamtheit der Steuerzahlenden handle, hatte der Bundesrat sich in der Vernehmlassungsvorlage bereit gezeigt zu prüfen, wie die Vorsorgegelder besser geschützt werden könnten, was von den Vernehmlassungsteilnehmenden begrüsst worden war. Die daraufhin erfolgte Prüfung hatte eine Anpassung des Entwurfs zur Folge: Hatte bei der Regelung des Konkursprivilegs in der Vernehmlassungsvorlage noch das Interesse der Steuerzahlenden überwogen, müssen gemäss Botschaftsentwurf Forderungen aus Freizügigkeits- und Säule-3a-Guthaben neu vor jenen der SNB befriedigt werden.

Weiter wurde in der Vernehmlassung unter anderem die Kritik geäussert, dass die Überführung der Notverordnung generell unnötig sei. Die Überführung respektive deren Ablehnung hätte auf die im Frühsommer 2023 noch bestehenden Vertragsteile mit der Credit Suisse keine konkreten Auswirkungen und auch die Dringlichkeit dieser Überführung wurde zu diesem Zeitpunkt in Frage gestellt. Kritisiert wurden zudem die zusätzlichen Liquiditäts-Darlehen der SNB, welche die CS noch bis 2027 beziehen könne. Für diese gebe es keine Sicherheiten im eigentlichen Sinne, womit sie die SNB-Ausschüttungsreserve für Bund und Kantone womöglich schmälerten. Zudem setzten sie Fehlanreize und schränkten die Unabhängigkeit und die geldpolitische Handlungsfähigkeit der SNB ein. Aufgrund der inzwischen veränderten Ausgangslage durch die beendeten Verträge mit der CS, hatte der Bundesrat nach der Vernehmlassung zwar einen grossen Teil der Bestimmungen der Notverordnung aus der Vorlage gestrichen, hielt jedoch an seiner Position zur Zweckmässigkeit der Überführung von weiterhin relevanten Teilen der Notverordnung in eine ordentliche Rechtsgrundlage fest.

Bankengesetz. Änderung («Public Liquidity Backstop») (BRG. 23.062)
Dossier: Reprise de Credit Suisse par UBS

Ende August 2023 veröffentlichte die WAK-NR ihren Entwurf zur Änderung des ArG in Umsetzung einer parlamentarischen Initiative Dobler (fdp, SG) zur Streichung der Pflicht zur Arbeitszeiterfassung für Arbeitnehmende von Start-ups. Der Entwurf sah vor, dass Arbeitnehmende, die Anteile an Start-ups halten, in den ersten fünf Jahren nach Gründung des Start-ups nicht mehr verpflichtet sind, ihre Arbeitszeit zu erfassen. Damit sollte die Flexibilität der Start-ups verbessert werden. Hingegen sollten die entsprechenden Mitarbeitenden weiterhin den Gesundheitsschutzbestimmungen unterliegen. Die Kommission verzichtete darauf, den Begriff «Start-up» zu definieren, und sprach im Gesetzesentwurf lediglich von «seit weniger als fünf Jahren bestehenden Unternehmen». Zum Entwurf lagen zahlreiche Minderheitsanträge vor, unter anderem ein Minderheitsantrag Wermuth (sp, AG) auf Nichteintreten.

Zum Vorentwurf des Gesetzes hatte von November 2022 bis März 2023 eine Vernehmlassung stattgefunden, wobei 49 Stellungnahmen eingegangen waren. Während die Hälfte der Kantone, FDP, Mitte und GLP sowie die Arbeitgeberorganisationen die Flexibilisierung der Arbeitsbedingungen für Start-ups befürworteten – und ihnen der Entwurf teilweise gar zu wenig weit ging –, lehnten die anderen Kantone, die SP und die Arbeitnehmerorganisationen den Entwurf ab, da sie ihn als Schwächung des Arbeitnehmerschutzes erachteten. Einig waren sich die Kantone darin, dass verschiedene unklare Begriffe präzisiert werden sollten, da sie sonst zu Missbrauch führen könnten.
In der Folge hatte die WAK-NR die Verwaltung zwar damit beauftragt, die Begriffe «Start-up» und «Mindestbeteiligung» zu präzisieren, dann aber im August 2023 mit 14 zu 8 Stimmen entschieden, diese Präzisierungen nicht in den Entwurf aufzunehmen und ihn den Räten unverändert vorzulegen.

Libérer les employés de start-up détenant des participations de l'obligation de saisie du temps de travail (Iv.pa.16.442)
Dossier: Révision de la loi sur le travail (LTr)
Dossier: Libéralisation du temps de travail

Im August 2023 präsentierte der Bundesrat in einer Botschaft Stand und Änderungen der Ausbauprogramme für die Bahninfrastruktur sowie einen ersten Überblick über die Perspektive Bahn 2050.

Zu den Eisenbahn-Ausbauschritten 2025 und 2035 informierte der Bundesrat – wie alle vier Jahre vorgesehen – über den Stand der vier Programme NEAT, den Anschluss an das europäische Hochgeschwindigkeitsnetz (HGV-Anschluss), die Zukünftige Entwicklung der Bahninfrastruktur (ZEB) und über den Vier-Meter-Korridor. Der HGV-Anschluss konnte laut dem Bericht unter Einhaltung des Kreditrahmens abgeschlossen werden. Das Projekt Vier-Meter-Korridor, in welchem die Infrastruktur des Schienengüterverkehrs für Eisenbahnwagen mit einer Eckhöhe von vier Metern ausgebaut wird, sowie das Projekt NEAT befänden sich kurz vor Fertigstellung. Der entsprechende Kreditrahmen könne zum Abschluss voraussichtlich eingehalten bzw. im Fall der NEAT sogar unterschritten werden. Die Umsetzung des Projekts ZEB verläuft laut dem Bundesrat gemäss Planung, lediglich beim Ausbau des Bahnhofs Lausanne werde eine Überschreitung des Zeitplans erwartet. Weil der Kreditrahmen für die ZEB nicht ausgeschöpft werde, beantragte der Bundesrat eine Senkung des Kreditrahmens um CHF 590 Mio. auf insgesamt CHF 4.81 Mrd.

Für die Eisenbahn-Ausbauschritte 2025 und 2035 beantragte der Bundesrat Kreditanpassungen sowie Änderungen an bestehenden und geplanten Projekten. Für den Ausbauschritt 2025 schlug der Bundesrat in seinem Beschlussentwurf eine Projektanpassung vor. Laufende Arbeiten hätten gezeigt, dass die bisher vorgesehene Entflechtung in Pratteln nicht im geplanten Masse notwendig sei. Neu sollte statt einer Entflechtung eine Leistungssteigerung angestrebt werden. Den Verpflichtungskredit für den Ausbauschritt 2025 wollte der Bundesrat um CHF 340 Mio. auf gesamthaft CHF 6.74 Mrd. anheben. Grund für diese Erhöhung seien verschiedene Änderungen und die Prüfung zusätzlicher Ausbauvorhaben am Bahnhof Genf. Weiter erläuterte der Bundesrat die Folgen des Verzichts der SBB auf die Doppelstockzüge mit Wankkompensation (WAKO) im Fernverkehr. Die Nachteile der neuen Technologie, wie beispielsweise ein höherer Unterhaltsbedarf oder weniger Fahrkomfort, überwiegen laut der SBB die Vorteile des schnelleren Fahrens in Kurven. Die entsprechenden Infrastrukturarbeiten für den Einsatz der neuen Technologie seien angehalten worden. Der Bundesrat wollte aber weiterhin an den angestrebten Fahrzeiten auf der Strecke Lausanne–Bern und auch auf der Strecke Winterthur-St. Gallen festhalten und stellte entsprechende Ersatzmassnahmen für die Botschaft 2026 in Aussicht. Der Bundesrat beantragte im Rahmen des Ausbauschritts 2025 zudem die Abschreibung eines Postulats der KVF-SR zum Ausbau der internationalen Verbindung Zürich–München; eine entsprechende Studie sei vorgelegt worden.

Zum Ausbauschritt 2035 schlug der Bundesrat drei Anpassungen vor. Erstens sollte der Lötschberg-Basistunnel nicht wie geplant einen Teilausbau, sondern einen Vollausbau erhalten. Bei der Erfüllung eines Postulats Bregy (mitte, VS), das den Bundesrat zur Prüfung eines Totalausbaus angehalten hatte, war der Bundesrat zum Schluss gekommen, dass der Vollausbau die vorteilhaftere Lösung sei. Mit dem Totalausbau des Tunnels könne eine ansonsten nötige, achtmonatige Totalsperrung des Tunnels und ein möglicherweise ungünstiger Konflikt mit der Räumung des Munitionslagers Mitholz vermieden werden. Zweitens gleiste der Bundesrat mit seiner Vorlage die Projektierung des multifunktionalen Grimseltunnels auf. Eine Kommissionsmotion der KVF-SR hatte die Aufnahme des Projekts in den ordentlichen Ausbauschritt gefordert. Gekoppelt mit dem Ersatz einer Hochspannungsleitung über den Grimsel – welche ebenfalls in eine Tunnelröhre verlegt wird –, sollte dadurch eine zusätzliche Tunnelröhre für eine einspurige Bahnverbindung realisiert werden. Um eine Kapazitätssteigerung auf der Strecke Lausanne-Genf zu erreichen, war bisher der Bau eines dritten Gleises zwischen Allaman und Morges geplant gewesen. Der Bundesrat schlug dem Parlament dazu drittens vor, anstelle des weiteren Gleises einen Tunnel auf der Strecke Morges-Perroy in den Ausbauschritt aufzunehmen. Eine prospektive Studie zur Entwicklung der Bahnstrecke Lausanne-Genf habe ergeben, dass langfristig vier Gleise auf der Strecke Lausanne-Genf notwendig sein werden. Für diese Vision sei die Tunnellösung besser geeignet als das dritte Gleis. Der Verpflichtungskredit für den Ausbauschritt 2035 wurde ebenfalls angepasst. Neben dem Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels, dem multifunktionalen Grimseltunnel und dem Tunnel Morges-Perroy entstünden auch in den Projekten Zimmerberg-Basistunnel II, dem Vierspurausbau Zürich–Winterthur (Brüttenertunnel) sowie beim Bahnhof Stadelhofen und beim Bahnhof Olten Mehrkosten. Zwar konnte laut Bundesrat der Grossteil der Mehrkosten innerhalb des Programms kompensiert werden, aber dennoch sei eine Erhöhung des Verpflichtungskredits um insgesamt CHF 2.855 Mrd. notwendig. Der in der Botschaft beantragte Gesamtkredit beträgt damit neu CHF 15.745 Mrd.

Bezüglich der Perspektive Bahn 2050 gab der Bundesrat eine erste Stossrichtung vor. Diese neue Langfriststrategie sollte die bisherige «Langfristperspektive Bahn» ablösen. Für die neue Strategie wurden zur effizienteren Weiterentwicklung des Schienenverkehrs Ziele in den Bereichen Raumplanung, Umwelt, Energie sowie was die Multimodalität, technologische Entwicklungen und das Angebot im Personen- und im Güterverkehr betrifft, formuliert. Im Personenverkehr etwa sollte der Fokus in Zukunft auf den kurzen und mittleren Distanzen liegen, da der Bundesrat in diesem Bereich das grösste Verlagerungspotenzial ausgemacht hatte. Die langen Distanzen sollten in den Bereichen gefördert werden, in welchen «die Bahn gegenüber dem Strassen- und Flugverkehr noch nicht wettbewerbsfähig, aber stärkenorientiert einsetzbar» sei. Im Schienengüterverkehr sollte das Augenmerk auf Umschlagplattformen und City-Logistik-Anlagen liegen. Generell sprach sich der Bundesrat dafür aus, in erster Linie die Nutzung der bestehenden Infrastruktur zu verbessern, anstatt neue Ausbauvorhaben umzusetzen. Die Strategie werde jedoch noch räumlich konkretisiert und dem Parlament im Rahmen der Botschaft nur zur Kenntnisnahme vorgelegt. Der Bundesrat sah mit diesem ersten Entwurf der neuen Strategie Bahn 2050 das Anliegen eines Postulats der KVF-SR erfüllt, da mit der neuen Langfristperspektive nun ein «Masterplan» für die Entwicklung und die zukünftige Schwerpunktsetzung im Schienenverkehr vorliege.

In der Vernehmlassung zur Botschaft, die zwischen Juni und Oktober 2022 durchgeführt worden war, waren 177 Stellungnahmen eingegangen. Die beantragten Änderungen am Ausbauschritt 2035 wurden gemäss dem bundesrätlichen Ergebnisbericht von einer Mehrheit der Vernehmlassungsteilehmenden unterstützt. Unter den positiven Stimmen fanden sich 16 Kantone, die Mitte, die Grünen, die SP, die GLP, economiesuisse, der SGV, InclusionHandicap, der TCS, der VCS sowie auch die SBB und verschiedene regionale Bahnunternehmen. Die SVP und die restlichen Kantone – vorwiegend aus der Ostschweiz – lehnten die Anpassungen am Ausbauschritt 2035 sowie am zugehörigen Verpflichtungskredit grundsätzlich ab. Die SVP sprach sich insbesondere gegen die Erhöhung des Kreditrahmens aus; die Mittel sollten «innerhalb des verfügbaren Budgets umverteilt werden». Die Ostschweizer Kantone kritisierten, dass ihrer Region gesamthaft deutlich weniger Mittel zugesprochen würden als einzelnen Ausbauprojekten in anderen Regionen. Die FDP bezog zu den Anpassungen am Ausbauschritt 2035 keine Stellung.
Die Änderungen am Ausbauschritt 2025 wurden laut dem Bundesrat ebenfalls von mehr als der Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden unterstützt, darunter auch 18 Kantone. Einige gewichtige Akteure wie die Grünen, die SP, die SVP, der VCS und acht Kantone lehnten den Ausbauschritt 2025 teilweise bzw. als Ganzes ab. SP und Grüne forderten etwa die Beibehaltung der Entflechtung Pratteln, da damit der Ausbau der S-Bahn Rheinfelden vorläufig nicht umgesetzt werde. Die ablehnenden Kantone forderten die Aufnahme oder Anpassung von Projekten, welche für ihr Kantonsgebiet zentrale Zugverbindungen betrafen. Die SVP begründete ihre Ablehnung der Anpassungen am Ausbauschritt 2025 nicht weiter. Mitte und FDP verzichteten grundsätzlich auf eine Stellungnahme zum Ausbauschritt 2025 und zum entsprechenden Verpflichtungskredit.
Die Senkung des Gesamtkredits für die ZEB wurde in der Vernehmlassung gespalten aufgenommen. GLP und Mitte sowie die Hälfte der Kantone unterstützten die Kreditanpassung, Grüne, SP, SVP und die andere Hälfte der Kantone lehnten sie hingegen ab. Zehn Kantone, die Grünen und die SP forderten hier, dass die beschlossenen Massnahmen durch die Reduktion des Kredits nicht gefährdet werden dürfen. Die SVP verlangte auf der anderen Seite, dass der Kreditüberschuss vollumfänglich dem Schuldenabbau des Staatshaushalts zugute komme.
Die Strategie Bahn 2050 wurde zwar mehrheitlich gutgeheissen, aber etwa der Fokus der Strategie auf die «Verkehrsverlagerung» von FDP, SVP, economiesuisse, SGV und TCS abgelehnt. Die Vision und die Zielsetzungen der Strategie fanden hingegen überwiegend Unterstützung. Nur einzelne Vernehmlassungsteilnehmende wie die SVP, CargoSuisse, der SSV oder der SGV sprachen sich dagegen aus. Sie kritisierten beispielsweise einen mangelnden Einbezug der Wirtschaftlichkeit. Der Fokus der Strategie auf die kurzen und mittleren Distanzen fand mehrheitlich Zuspruch. Kritik daran äusserten jedoch die Mitte, die SP und einige Kantone, die forderten, dass auch die langen Distanzen mehr in die Strategie einbezogen werden sollen. Neben der Förderung des nationalen Fernverkehrs sollte dadurch die Anbindung an den internationalen Fernverkehr ausgebaut werden sowie die Konkurrenzfähigkeit des Schienenverkehrs mit dem Flugverkehr erhöht werden.
Der Bundesrat beschloss aufgrund der Vernehmlassungsantworten, im Grundsatz an seiner Botschaft festzuhalten. Nicht äussern konnten sich die Vernehmlassungsteilnehmenden zum Tunnel zwischen Morges und Perroy sowie zum multifunktionalen Grimseltunnel. Studien zur Machbarkeit und Planung der beiden Projekte waren zum Zeitpunkt der Vernehmlassung noch nicht abgeschlossen gewesen. Aufgrund der Resultate der in der Zwischenzeit abgeschlossenen Vorstudien sowie etlicher Stimmen, die in der Vernehmlassung die Aufnahme des Grimseltunnels gefordert hatten, wurden die beiden Projekte nach der Vernehmlassung dem bundesrätlichen Entwurf angefügt. Weiter gab der Bundesrat Studien für die Kompensation des Wegfalls der WAKO-Technologie in Auftrag. GLP, Grüne, SP, 14 Kantone sowie unter auch die SBB hatten in der Vernehmlassung gefordert, dass kompensierende Massnahmen zum Einhalten des angestrebten Angebotsziel bezüglich Fahrplan und Fahrzeiten ergriffen werden.

Verschiedene Medien zeigten sich in ihrer Berichterstattung erstaunt bis erfreut über die Bahn-Ausbaupläne von Bundesrat Albert Rösti. Der «roi du pétrole» und «Autolobbyist» habe sich nun doch als «Bahnfan» gezeigt, befanden die Aargauer Zeitung und 24heures. Besonders erfreute Stimmen fanden sich in den Westschweizer Medien, welche die Aufnahme des Tunnels Morges-Perroy und die zusätzlichen Mittel für den Ausbau des Bahnhofs Genf begrüssten. Die Tribune de Genève und 24heures sprachen vom «Jackpot» für die Genferseeregion. Kritische Stimmen wurden aus dem Tessin laut. Der Corriere del Ticino schätzte die Strategie des Bundesrat als inakzeptabel ein. Das Projekt AlpTransit werde in der Strategie Bahn 2050 unzureichend aufgenommen, obwohl das Parlament sich zuvor für die Förderung des «Verkehrskreuzes Schweiz» ausgesprochen habe. Auch umwelt- und sicherheitstechnische Anliegen sowie der Wunsch des Kantons Tessin, die Strecke Mailand-Chiasso weiter auszubauen, seien nicht in die bundesrätliche Botschaft aufgenommen worden.

Stand und Änderungen bei Ausbauprogrammen der Bahninfrastruktur und neue Langfriststrategie «Perspektive Bahn 2050» (BRG 23.055)

Im Juli 2023 wurde bekannt, dass der frühere Post-Verwaltungsratspräsident und CVP-Nationalrat Claude Béglé neu der SVP angehört. Béglé, der 2021 die Mitte im Streit verlassen und 2022 erfolglos ein Mitgliedsgesuch bei der FDP gestellt hatte, gab an, sich der SVP aufgrund einer «gemeinsamen Wertebasis» («un important socle de valeurs communes») anzuschliessen. Als weltweit tätigem Unternehmer sei ihm namentlich bewusst, wie wichtig ein Festhalten an der Neutralität für den Wohlstand und das Ansehen der Schweiz sei. Die SVP hatte sich zuletzt regelmässig mit dem Thema Neutralität profiliert, so etwa mit der Neutralitätsinitiative.

Prominente Ein- und Austritte bei der SVP

Mitte Juni 2023 präsentierte die SPK-NR ihren Entwurf einer Änderung des Bundesgesetzes über die Ausländerinnen und Ausländer und über die Integration (AIG) zur Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug. Dieser sah vor, dass neu auch weitere, aus Drittstaaten stammende Familienangehörige von Schweizerinnen und Schweizern nicht mehr länger über eine dauerhafte Aufenthaltsbewilligung eines EU- oder EFTA-Staates verfügen müssen, um die Kriterien für den Familiennachzug zu erfüllen. Bislang waren lediglich Ehegatten und minderjährige Kinder von dieser Bestimmung ausgenommen gewesen. Neu wird für inländische Personen der Familiennachzug von Drittstaatenangehörigen somit auch für volljährige Kinder sowie für eigene Verwandte oder Verwandte des Ehegatten in aufsteigender Linie (also primär für die Eltern des Ehegatten) möglich, sofern den betroffenen Personen Unterhalt gewährt wird.

Die im Rahmen der vorgängig durchgeführten Vernehmlassung eingegangenen 37 Stellungnahmen fielen mehrheitlich positiv aus. 19 von 24 Kantone begrüssten den Entwurf, wenn auch einige darunter nicht ohne Vorbehalte oder Änderungswünsche. Ablehnend zum Entwurf äusserten sich die Kantone Glarus, Luzern, Nidwalden, Solothurn und Zug. Von den Parteien lehnte die SVP den Entwurf gänzlich ab, während sich die anderen vier stellungnehmenden Parteien – die SP, die Grünen, die Mitte und die FDP – im Grunde positiv zum Entwurf äusserten, wenngleich in zwei Fällen nicht bedingungslos: Auf der einen Seite verlangte die FDP strengere Anforderungen an die wirtschaftliche Eigenständigkeit der Nachziehenden, während die Grünen auf der anderen Seite die Zulassungsbedingungen gar lockern wollten. Explizit keine Stellungnahme abgeben wollten der SGV und der SAV, während andere interessierte Kreise den Vorentwurf unterstützten – darunter etwa der SGB. Im Nachgang zur Vernehmlassung hatte die Kommission die Bedingungen noch leicht verschärft, indem sie die Integration als weitere mögliche Bedingung zum Erteilen oder Verlängern der Aufenthaltsbewilligung in die Gesetzesrevision aufnahm. Innerhalb der Kommission gingen die Meinungen über die an die Aufenthaltsbewilligung zu knüpfenden Bedingungen jedoch auseinander. Auf der einen Seite wollte eine bürgerliche Kommissionsminderheit die Bestimmungen weiter verschärfen, namentlich das Kriterium zum Vorliegen einer bedarfsgerechten Wohnung, welches die bestehende Pflicht des Zusammenlebens ablöst. Auf der anderen Seite beantragten linke Kommissionsminderheiten die Streichung dieses Kriteriums sowie desjenigen zur Möglichkeit, für den Familiennachzug eine Integrationsvereinbarung zu verlangen.

Der Bundesrat äusserte sich in seiner Stellungnahme im August 2023 grundsätzlich wohlwollend zum Entwurf. In Bezug auf die Integrationsvereinbarung hielt er jedoch fest, dass dadurch eine erneute Ungleichbehandlung beim Familiennachzug von Personen mit Schweizer Pass und Angehörigen der EU- und EFTA-Staaten geschaffen würde. Dennoch erachtete er die Möglichkeit zum Abschluss von Integrationsvereinbarungen als «sinnvoll», da mögliche Zusatzkosten für die Sozialversicherungen und die Sozialhilfe durch die erwartete Zunahme an Personen durch den erweiterten Familiennachzug nicht ausgeschlossen werden könnten. Der Bundesrat wies in seiner Stellungnahme ebenfalls darauf hin, dass bislang keine zuverlässigen Prognosen über das Ausmass der Zuwanderung durch die von der Gesetzesänderung betroffenen Personen gemacht werden konnten. Nicht zuletzt äusserte sich der Bundesrat zur Frage der Verfassungsmässigkeit und dabei insbesondere zu dem durch Annahme der Masseneinwanderungsinitiative verankerten Artikel 121a BV. Dabei wies er darauf hin, dass das Parlament vorgängig bereits in «weitaus umfassenderen Bereichen» bei der Zuwanderung auf die Begrenzung durch Kontingente und Höchstzahlen verzichtet hätte und die Zustimmung zur Vorlage keinen Paradigmenwechsel markiere. Der Bundesrat beantragte also Eintreten auf die Vorlage, wies das Parlament jedoch an, sich vor der Beschlussfassung vertieft mit der Verfassungsmässigkeit sowie mit den vorhandenen statistischen Daten, namentlich mit den Daten der kantonalen Behörden zu abgelehnten Gesuchen von Personen mit Schweizer Pass, die dem EJPD nicht vorliegen würden, auseinanderzusetzen.

Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug (Pa.Iv. 19.464)

Am 18. Juni 2023 gelangte der indirekte Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative, der mittlerweile unter dem Titel Bundesgesetz über die Ziele im Klimaschutz, die Innovation und die Stärkung der Energiesicherheit (KlG) lief und meist als «Klimagesetz» bezeichnet wurde, zur Abstimmung. Die Vorlage umfasste Fördergelder für den Ersatz von fossilen Heizungen und für innovative Technologien sowie Ziele und Richtwerte für die Treibhausgasreduktion, etwa in Form von Reduktionszielen für die einzelnen Sektoren Verkehr, Industrie und Gebäude. Das grundlegende Ziel der Vorlage lag in der Erreichung von Netto Null bis 2050. Die einzelnen dafür notwendigen Massnahmen sollten jedoch erst im Rahmen der Weiterentwicklung des CO2-Gesetzes festgelegt werden.

Gegen dieses neue Gesetz hatte die SVP erfolgreich das Referendum ergriffen. Sie wurde dabei vom HEV und kleineren rechts-konservativen Parteien unterstützt. Die Gegnerschaft kritisierte, dass die Umsetzung des Gesetzes zwangsläufig zu einem Verbot von Öl, Gas, Diesel und Benzin führen werde. Infolgedessen würden der Strombedarf und die entsprechenden Kosten massiv steigen. Der erhöhte Strombedarf werde wiederum dazu führen, dass die Landschaft mit Windkraftanlagen und Solarpanels zerstört werde und trotzdem könne es gerade im Winter zu einer Strommangellage kommen.

Die Befürworterinnen und Befürworter des Klimagesetzes bestanden aus den Parteien Grüne, SP, GLP, Mitte, EVP sowie FDP.Liberale. Dazu gesellten sich noch zahlreiche Organisationen und Verbände, wie etwa Swissmem, der Schweizer Tourismus-Verband oder auch die Bankiervereinigung. Auch die Kantone, in Form der KdK, unterstützten das Gesetz. Koordiniert wurden die verschiedenen Akteurinnen und Akteure durch den eigens für den Abstimmungskampf gegründeten «Verein Klimaschutz», welcher laut eigenen Angaben über ein Budget von rund CHF 4 Mio verfügte. Das Komitee der Befürwortenden argumentierte, dass die Vorlage den Klimaschutz stärke, wichtige Anreize für die Abkehr von Öl und Gas setze und damit auch die Abhängigkeit der Schweiz von ausländischen Energielieferanten verringere. Die Bevölkerung und die Schweizer Wirtschaft würden finanziell entlastet, respektive bei der Entwicklung von klimafreundlichen Technologien unterstützt. Die Umsetzung des Gesetzes geschehe – entgegen der Einschätzung der Gegnerschaft – ohne Verbote oder neue Abgaben.

In den Medien gab besonders die Position des HEV Schweiz zu reden. Dieser hatte die Nein-Parole beschlossen, mehrere kantonale Sektionen sprachen sich jedoch für ein Ja oder für Stimmfreigabe aus. Aufgrund der Kampagne des HEV, die sich optisch und inhaltlich an der Kampagne der SVP ausrichtete, gab der damalige Ständerat Ruedi Noser (fdp, ZH) gar seinen Austritt aus dem HEV bekannt und kritisierte, dass der HEV von der SVP übernommen worden sei. In den Medien meldeten sich auch die beiden Klimawissenschaftler Thomas Stocker und Reto Knutti zu Wort. Während sich Stocker über die grelle Kampagne der SVP, welche lediglich Ängste schüre, und über einen vom Komitee «Rettung Werkplatz Schweiz» an fast alle Schweizer Haushalte versendeten Flyer enervierte – letzterer sei «unerträglich» und voller Unwahrheiten – monierte Knutti, dass lediglich über die zu befürchtenden Kosten und den Strom gesprochen werde und nicht über den Nutzen, der in der Erhaltung unserer Lebensgrundlagen liege.

Wie die APS- Zeitungs- und Inserateanalyse, welche im Vorfeld der Abstimmung durchgeführt wurde, zeigte, wurde die Abstimmungsvorlage überdurchschnittlich stark mit Inseraten beworben. Gut zwei Drittel der Inserate stammten dabei aus dem Lager der Befürwortenden, ein Drittel von den Gegnerinnen und Gegnern. Dieses Verhältnis deckte sich in etwa mit demjenigen zur Abstimmung über das CO2-Gesetz in 2021. Dem Anfang Juni 2023 publizierten Zwischenbericht des Fög konnte entnommen werden, dass das Klimagesetz in den Medien starke Beachtung fand und überwiegend positiv darüber berichtet wurde. Interessanterweise lösten nicht nur die offiziellen Kampagnen-Starts von Befürwortenden und Gegnerschaft, sondern auch die Turbulenzen um die Position des HEV einen Peak in der Medienberichterstattung aus.

In den Vorumfragen fand das Klimagesetz eine hohe, aber über die Zeit abnehmende Zustimmung. So zeigte etwa die Anfang Juni 2023 veröffentlichte dritte Umfragewelle von 20 Minuten/Tamedia, dass 56 Prozent der Befragten dem Gesetz zustimmen wollten (« Ja» oder « Eher Ja»). Der Tages-Anzeiger griff aus dieser Vorumfrage die Stimmungslage der Anhängerinnen und Anhänger der FDP heraus. Bemerkenswerterweise beabsichtigten diese grossmehrheitlich, die Vorlage abzulehnen, obwohl die Partei offiziell die Ja-Parole beschlossen hatte.

Das Abstimmungsresultat vom 18. Juni fiel dann jedoch deutlicher aus, als es die Vorumfragen prophezeit hatten. Bei einer Stimmbeteiligung von 42.5 Prozent stimmten fast 60 Prozent der Stimmenden für das neue Klimagesetz.

Abstimmung vom 18. Juni 2023

Beteiligung: 42.54%
-Ja: (59.1%)
-Nein: (40.9%)

Parolen:
-Ja: EVP, FDP (1*), GLP, GPS, Mitte, PdA, SP; SBV, SGB, VPOD
-Nein: EDU, Lega, SVP; HEV (4)
-Stimmfreigabe: SD
* in Klammern Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Die Vox-Analyse brachte zu Tage, dass die Parteizugehörigkeit respektive -sympathie ausschlaggebend war für das Stimmverhalten. So sprachen sich lediglich Personen, die sich als rechtsaussen bezeichneten und/oder sich der SVP zugehörig fühlten, mehrheitlich gegen das Klimagesetz aus. Anders als bei der Abstimmung im Jahr 2021 votierten die Sympathisantinnen und Sympathisanten der Mitte und der FDP nun mehrheitlich für das Klimagesetz (64% respektive 66%). Das Geschlecht war ebenfalls ein wichtiger Faktor beim Abstimmungsverhalten: Frauen legten häufiger ein Ja in die Urne als Männer (63% respektive 55% Ja-Anteil). Zudem sprachen auch ein hoher Bildungsgrad sowie ein hohes Salär tendenziell für eine Zustimmung zum Klimagesetz. Bei den Motiven für oder gegen das Gesetz wurden insbesondere das Thema «Umweltschutz» und «Kostenfolgen» genannt. Während sich die Befürwortenden also vor allem einen Ausbau des Umweltschutzes erhofften, kritisierten die Gegnerinnen und Gegner der Vorlage die Kosten, die mit der Umsetzung des Gesetzes einhergehen.
Die Medien ergänzten, dass wohl auch die Unverbindlichkeit der Vorlage – sie bestand bekannterweise mehrheitlich aus Zielen sowie Fördergeldern und nicht aus neuen Abgaben – zum klaren Ja geführt hatte. Zudem wurde an jenem Sonntag, im Gegensatz zur Abstimmung über das CO2-Gesetz von 2021, nicht noch über weitere umweltpolitische Anliegen abgestimmt, welche die ländliche Bevölkerung vermehrt an die Urne gelockt hätte und für mehr Nein-Stimmen hätte sorgen können. Bei der Frage nach dem « Wie weiter?» waren sich die Medien einig, dass die grosse Arbeit jetzt erst anfange. Diese bestehe darin, rasch viel Strom zu produzieren. Die politischen Akteure waren sich jedoch uneinig, wie dies am Besten geschehen solle. Zum einen befand sich der sogenannte Mantelerlass zur Zeit der Abstimmung über das Klimagesetz auf der Zielgeraden. Er soll die Erzeugung von Solar- und Windenergie sowie der Wasserkraft stark vorantreiben. Zum anderen wurde bereits im August 2022 mit der Unterschriftensammlung für die Initiative «Jederzeit Strom für alle (Blackout stoppen)» gestartet, welche sich mehr oder weniger explizit für den Bau neuer Atomkraftwerke ausspricht.

Indirekter Gegenvorschlag zur Gletscher-Initiative. Netto null Treibhausgasemissionen bis 2050 (Pa.Iv. 21.501)
Dossier: L'initiative sur les glaciers et les deux contre-projets directs et indirects

Kurz nach entsprechenden Schritten in Ob- und Nidwalden sowie in Luzern wurde im Mai 2023 unter dem Namen «Mitte Frauen Glarnerland» auch eine Glarner Sektion der Mitte Frauen ins Leben gerufen. Zur ersten Präsidentin wurde Bianca Winteler (GL, mitte) gewählt.
In ihrer Mitteilung stellten die Mitte Frauen Glarnerland die Gründung in Zusammenhang mit der Beobachtung, dass sich Frauen auch über 50 Jahre nach Einführung des Frauenstimmrechts weniger an der Politik beteiligten als Männer. Die neue Parteiorganisation wolle deshalb «Frauen für die Politik sensibilisieren und stärken sowie ein Netzwerk und eine Plattform schaffen, um über aktuelle Themen zu diskutieren». Dass Frauen ihre Perspektiven vermehrt in die Politik einbringen, sei wichtig, weil diese «sich nicht immer mit denjenigen der männlichen Kollegen [decken], da zum Teil die Interessen und Herausforderungen des Alltags unterschiedlich» seien. Die neue Parteisektion werde sich für die Gleichstellung von Frauen nicht nur in der Politik, sondern in allen Lebensbereichen einsetzen und Frauen unabhängig von ihrem Lebensmodell ermutigen, Verantwortung in Familie, Beruf und Politik zu übernehmen. Dazu brauche es unter anderem eine gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

Kantonale Sektionen der Mitte Frauen

Le groupe du Centre s'est penché sur la coopération de la Suisse avec l'Union européenne (UE) dans le cadre du système électrique européen. Il estime que l'intégration de la Suisse contribue activement au bon fonctionnement du système électrique européen et qu'elle sécurise l'approvisionnement électrique en Europe. De plus, Stefan Müller-Altermatt (centre, SO), orateur du groupe, précise que cette intégration repose sur des dépendances et des intérêts mutuels, notamment dans la production, la régulation, la surveillance du réseau et l'échange d'électricité. Fort de ce constat, le groupe du Centre a déposé une motion pour inciter le Conseil fédéral à résoudre les incertitudes juridiques qui entachent cette relation. D'après le groupe, un socle juridique solide est indispensable pour des accords techniques mutuellement bénéfiques.
Le Conseil fédéral s'est opposé à la motion. D'une part, Il a concédé que l'abandon des négociations relatives au projet d'accord institutionnel avec l'UE avait mis un frein aux discussions relatives au système électrique européen. D'autre part, pour combler cette lacune, Swissgrid s'évertue à trouver des solutions techniques, en collaboration avec les acteurs des réseaux électriques suisse et européen. Finalement, le Conseil fédéral a souligné l'importance de la nouvelle loi fédérale pour un approvisionnement en électricité sûr et reposant sur des énergies renouvelables (21.047). D'après le gouvernement, cette loi, débattue au Parlement, doit garantir l'approvisionnement électrique helvétique indépendamment des discussions avec l'UE.
Au Conseil national, la motion a été adoptée par 106 voix contre 76 et 6 abstentions. Le groupe UDC (52 voix) et la majorité du groupe des Vert-e-s (24 voix) se sont opposés en vain.

Asseoir sur un «socle de sécurité juridique» la coopération qui unit la Suisse et l'UE dans le cadre du système électrique européen (Mo. 21.3500)
Dossier: Accord sur l'électricité avec l'UE

16 Gründungsmitglieder riefen im April 2023 die Mitte Frauen Unterwalden ins Leben. Mit der Gründung wurden alle Frauen, die Mitglied einer Mitte-Ortspartei in Nid- oder Obwalden waren, automatisch zu Mitgliedern der neuen Frauensektion. Deren Leitung übernahmen die Obwaldnerin Lilian Gasser und die Nidwaldnerin Alexandra Bachmann im Co-Präsidium.
Mit der neuen Parteisektion sollten Frauen gemäss Medienmitteilung «eine Plattform erhalten, die ihnen den Einstieg in die Politik erleichtert, wo sie Ideen äussern und umsetzen können [sowie] Unterstützung bei der Verwirklichung erhalten». Frauen sollen für die Politik begeistert und für politische Ämter motiviert werden, wofür unter anderem der Aufbau und die Pflege eines Netzwerks zentral seien.
Antrieb für die Neugründung waren gemäss den beiden Co-Präsidentinnen einerseits der «unglaubliche Drive» der Mitte Frauen Schweiz, andererseits auch die Enttäuschung über die Obwaldner Kantonsratswahlen 2022, bei denen der Frauenanteil im Kantonsparlament unter 20 Prozent gesunken war. Um dies zu ändern, wolle man bei den nächsten Wahlen mit 50 Prozent weiblichen Kandidaturen auf den Listen der CVP/Mitte Obwalden antreten. Dieses Ziel sei mit dem Präsidenten der Kantonalpartei abgesprochen. Überhaupt strebe man bei der Tätigkeit der Frauensektion eine enge Abstimmung mit den beiden Kantonalparteien an; man wolle diese schliesslich nicht konkurrieren, sondern ergänzen. Trotzdem sei die Etablierung der eigenen Sektion wichtig, unter anderem, weil sich von Anlässen, die von den Mitte Frauen Unterwalden organisiert würden, mehr Frauen angesprochen fühlen dürften als wenn dieselben Anlässe von der Mitte durchgeführt würden. Für eine kantonsübergreifende Sektion habe man sich entschieden, weil sich separate Vereinigungen in Nidwalden und Obwalden «nicht gelohnt» hätten, erklärte Gasser in der Nidwaldner Zeitung.

Kantonale Sektionen der Mitte Frauen

Das Stimmrechtsalter 16 überzeuge nicht, kam die Mehrheit der SPK-NR in ihrem Bericht zur Vernehmlassung ihres Entwurfs für eine Einführung das aktiven Stimm- und Wahlrechts für 16-Jährige zum Schluss. Die Kommission beantragte deshalb mit 14 zu 11 Stimmen dem Nationalrat zum dritten Mal, die Idee zu sistieren. Schon im Mai 2020 hatte die SPK-NR beantragt, der parlamentarischen Initiative von Sibel Arslan (basta, BS) keine Folge zu geben. Sie wurde von der grossen Kammer in der Herbstsession 2020 aber genauso überstimmt wie in der Frühlingssession 2022 bei ihrem Antrag, die Initiative abzuschreiben. In der Folge musste die SPK-NR also einen Entwurf für eine Änderung des Artikels 137 BV ausarbeiten. Der bereits in der parlamentarischen Initiative gemachte Vorschlag, das aktive (nicht aber das passive) Stimm- und Wahlrecht auf 16 Jahre zu senken, vermochte aber erneut eine knappe Mehrheit der Kommission nicht zu überzeugen. Sie führte die Antworten der erwähnten Vernehmlassung als Argumente für diese negative Haltung ins Feld.

In der Tat widerspiegelte der Vernehmlassungsbericht die Unentschiedenheit in der Frage. Von 51 eingegangenen Stellungnahmen sprachen sich 27 für die Erweiterung der Stimmberechtigten um rund 130'000 Personen aus (die Stimmbevölkerung würde um rund 2.4 Prozent vergrössert), 21 lehnten sie ab und vier bezogen keine deutliche Position. Unter den Befürworterinnen und Befürwortern fanden sich sieben der 25 antwortenden Kantone – einzig der Kanton Zürich äusserte sich nicht zur Vorlage: Aargau, Bern, Basel-Stadt, Glarus, Jura, Graubünden und Solothurn. Auch die links-grünen Parteien (SP, die Grünen und Ensemble à Gauche) reihten sich ins Lager der Befürworterinnen und Befürworter ein. Bei den Verbänden äusserten sich der SGB und der SKV sowie alle 15 antwortenden Jugendorganisationen (Dachverband Offene Kinder- und Jugendarbeit Schweiz AFAJ, die Jugendsession, die Jugendparlamente aus Bern und Basel-Stadt, Jungwacht Blauring Jubla, Pfadibewegung Schweiz, das National Coalition Building Institute Suisse Schweiz NCBI, das Netzwerk Kinderrechte Schweiz, SAJV, Sexuelle Gesundheit Schweiz, UNICEF und Pro Juventute sowie die Jugendsektion der Mitte-Partei) dem Vorschlag gegenüber positiv. Zu den Gegnerinnen und Gegnern gehörten 15 Kantone (AG, AI, BL, LU, NE, NW, OW, SG, SH, SZ, TG, TI, VD, VS und ZG), die bürgerlichen Parteien (Mitte, FDP und SVP) sowie die Arbeitgeberverbände SGV und das Centre patronal (CP). Zudem äusserte sich eine Privatperson negativ. Neutrale Stellungnahmen gingen von den Kantonen Freiburg, Genf und Uri ein, die allerdings darauf hinwiesen, dass entsprechende Anliegen in ihren Kantonen gescheitert seien. Der Verein Schweizerischer Geschichtslehrerinnen und -lehrer (VSGS) schliesslich betonte, dass die Senkung des Wahl- und Stimmrechtsalters die politische Bildung festigen könnte, was einem Ziel der laufenden Reform des Gymnasiums entspreche.
Die Argumente in den Stellungnahmen waren nicht neu. Auf der Seite der Befürwortenden wurde ins Feld geführt, dass das Durchschnittsalter des Stimmkörpers gesenkt würde (das Medianalter liegt aktuell bei 57 Jahren), was ermögliche, das aktuelle und zukunftsweisende Entscheidungen auch von Jugendlichen mitgetragen werden könnten, was deren Legitimation stärke. Jugendliche interessierten sich für Politik, was sich durch die Senkung des Wahl- und Stimmrechtsalters weiter fördern lasse. Viele 16-jährige übernähmen Verantwortung im Berufsleben oder in Vereinen und dürften über ihr Einkommen, ihr Sexualleben und ihre Religionszugehörigkeit frei verfügen; entsprechend könnten sie auch politische Verantwortung übernehmen. Während die Auswirkungen dieser Änderung auf die Abstimmungsergebnisse in Anbetracht der Zahl 16-18-Jähriger gering bleiben dürften, sei die «demokratiepolitische Wirkung beträchtlich», so die entsprechende Zusammenfassung im Vernehmlassungsbericht.
Hauptargument der Gegnerinnen und Gegner war die Inkongruenz zwischen zivilrechtlicher Volljährigkeit und der Rechte von Bürgerinnen und Bürgern, die mit der Senkung des Wahl- und Stimmrechtsalters geschaffen würde. Jugendliche würden vor den Konsequenzen ihrer Handlungen geschützt, man würde ihnen aber das Recht geben, über gesellschaftliche Konsequenzen zu entscheiden. Es sei widersprüchlich, jemandem das Unterzeichnen von Verträgen zu verbieten, aber die demokratische Mitentscheidung zu erlauben. Kritisiert wurde zudem die vorgeschlagene Trennung zwischen aktivem und passivem Wahlrecht. Dies schaffe «Bürgerinnen und Bürger zweiter Klasse», zitierte der Bericht einige Stellungnahmen. Es sei wichtig, dass sich Jugendliche politisch interessierten, es bestünden aber bereits zahlreiche Möglichkeiten für politische Beteiligung (Familie, Schule, Jugendparlamente, Jungparteien). Es würde zudem zu Schwierigkeiten führen, wenn das Wahl- und Stimmrechtsalter bei nationalen und kantonalen Wahlen und Abstimmungen nicht gleich sei – etwa beim Versand des Stimmmaterials. Einige Gegnerinnen und Gegner äusserten zudem die Sorge, dass Jugendliche nicht die nötige Reife besässen, um politische Verantwortung zu übernehmen.
In zahlreichen Stellungnahmen wurde darüber hinaus darauf hingewiesen, dass mit Ausnahme des Kantons Glarus alle bisherigen Versuche, das Wahl- und Stimmrechtsalter auf kantonaler Ebene zu senken, gescheitert seien. Die Gegnerinnen und Gegner einer Senkung führten dies als Beleg ins Feld, dass die Zeit nicht reif sei für die Idee. Die Landsgemeinde im Kanton Glarus könne zudem nicht als positives Beispiel angeführt werden, weil sie ganz anders funktioniere als nationale Abstimmungen und Wahlen. Die Befürwortenden einer Senkung betonten hingegen, dass die Diskussion weitergehen müsse und die Ausweitung politischer Rechte in der Geschichte stets lange Zeit gedauert und mehrere Anläufe gebraucht habe. Zudem habe sich die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung noch nicht zu diesem Thema äussern können.

In ihrer Medienmitteilung sprach die SPK-NR von «insgesamt ablehnenden Ergebnisse[n]», die zeigten, dass die Initiative nicht weiterverfolgt werden solle. Es sei nicht «sinnvoll», zwei Kategorien von Stimmberechtigten zu schaffen, und «nicht opportun, zwischen dem bürgerlichen und dem zivilen Mündigkeitsalter zu unterscheiden». Weil eine Mehrheit der Kantone die Vorlage ablehne und auch eine Mehrheit der (kantonalen) Stimmberechtigten die Idee jeweils nicht gutgeheissen habe, empfehle die Mehrheit der SPK-NR die Vorlage zur Ablehnung und die Initiative zur Abschreibung. Den Befürworterinnen und Befürwortern empfahl sie als «besten Weg», eine Volksinitiative zu lancieren. Die starke Kommissionsminderheit betonte hingegen in der Medienmitteilung, dass die Vernehmlassungsantworten differenzierter betrachtet werden müssten und dass «die wichtige Frage der demokratischen Partizipation junger Bürgerinnen und Bürger» in einer nationalen Abstimmung diskutiert werden müsse. Der Nationalrat wird in der Sommersession 2023 über den Antrag der Kommission entscheiden.

In den Medien wurde der Antrag der Kommission als «Dämpfer» bezeichnet. Die Medien zitierten die SP und die Grünen, die mit Empörung reagierten, den Entscheid als «Affront à la volonté de la jeune génération» bezeichneten, wie Le Temps zitierte, und auf eine Korrektur im Nationalrat hofften.

Aktives Stimm- und Wahlrecht für 16-Jährige (Pa.Iv. 19.415)
Dossier: Donner le droit de vote à 16 ans

Ende März veröffentlichte die SPK-SR den Bericht zur Vernehmlassung der Umsetzung der vier Standesinitiativen (ZG: 19.311, BL: 20.313, LU: 20.323, BS: 21.311), die eine bessere Vereinbarkeit von Mutterschaft und Parlamentsmandat verlangen. Konkret sollen Frauen nach der Geburt eines Kindes ihre Mutterschaftsentschädigung nicht mehr verlieren, wenn sie ein politisches Legislativmandat wahrnehmen. Aktuell erlischt der Anspruch, wenn eine Erwerbstätigkeit wieder aufgenommen wird, wozu auch die Arbeit als Parlamentarierin gezählt wird. Dies führt dazu, dass gewählte Parlamentarierinnen entweder nicht an Sitzungen teilnehmen oder aber den Auftrag der Wählenden wahrnehmen, dadurch aber auf ihre Entschädigung verzichten müssen. Dies soll mit einer Revision des Erwerbsersatzgesetzes geändert werden. Die Vorlage sieht vor, dass eine Teilnahme an Plenar- oder Kommissionssitzungen auf allen drei föderalen Ebenen durch eine Frau – Männer bzw. Vaterschaftsurlaubsregelungen wurden explizit ausgenommen – deren Anspruch auf Mutterschaftsentschädigung nicht mehr beeinträchtigt, es sei denn, es bestehe eine Stellvertretungslösung.

Die Mehrheit der 53 eingegangenen Stellungnahmen in der Vernehmlassung unterstützten den Umsetzungsvorschlag. Von den 25 antwortenden Kantonen (GR hatte auf eine Stellungnahme verzichtet), sprachen sich 18 dafür aus, Aargau, Nidwalden und Genf wollten die Einschränkung durch die Stellvertreterlösungen streichen und Solothurn wollte nicht bloss Plenar- und Kommissionssitzungen, sondern sämtliche mit einem Mandat verbundenen Tätigkeiten aufführen. Gegen die Vorlage stellten sich Appenzell Ausserrhoden, Thurgau und Schwyz, die eine Aufweichung des Mutterschutzes befürchteten: Die Regelung könnte dazu führen, dass sich Mütter mit einem politischen Mandat verpflichtet fühlten, ihren Mutterschaftsurlaub zu unterbrechen, so die Begründung. EVP, FDP, GLP, GP, Mitte und SP begrüssten die geplante Umsetzung, die SVP lehnte sie ab, weil sie eine Besserbehandlung von Politikerinnen gegenüber anderen berufstätigen Frauen bedeute. Umstritten war die Vorlage bei den Verbänden. Bei den Gewerkschaften begrüsste der SGB die Vorlage grundsätzlich, warnte aber vor weiteren Lockerungen; Travail.Suisse stellte sich gegen jegliche Lockerung des Mutterschutzes und lehnte die Vorlage ab. Die Arbeitgeberverbände (SAV und SGV) kritisierten die Ungleichbehandlung und forderten eine Lockerung der Kriterien für Mutterschaftsurlaub für alle Frauen, standen der Vorlage also eher ablehnend entgegen. Verschiedene Frauenverbände (AllianceF, SKG und SVF) begrüssten die Vorlage zwar, verlangten aber weitere Flexibilisierungen hinsichtlich zeitlicher Gestaltung des Mutterschaftsurlaubs generell und einen Verzicht auf die Ausnahme hinsichtlich Stellvertretungsregelung. Es könne bei Kommissionssitzungen, die häufig Stellvertretungsregelungen kennen, wichtig sein, persönlich anwesend zu sein.
Die SPK-SR beschloss aufgrund der Vernehmlassungsresultate, an der ursprünglichen Lösung festzuhalten und lediglich die Teilnahme an Kommissions- und Plenarsitzungen zu regeln, im Falle von möglichen Stellvertretungslösungen aber keine Ausnahmen zu machen. Die Vorlage geht in die parlamentarische Beratung.

Mutterschaft und Parlamentsmandat (Kt.Iv. 19.311, Kt.Iv.20.313, Kt.Iv.20.323 und Kt.Iv.21.311)
Dossier: Part de femmes au parlement
Dossier: Compatibilité du travail parlementaire avec la vie familiale et professionnelle

In der Vernehmlassung stiess die Wiedereinführung von Doppelnamen auf grossmehrheitliche Zustimmung. Von 45 stellungnehmenden Akteuren sprachen sich 39 dafür aus – darunter 21 Kantone, die vier stellungnehmenden Parteien Die Mitte, FDP, SP und SVP sowie einige Frauenorganisationen, religiöse Vereinigungen und Fachorganisationen aus dem Zivilstandswesen. Mit dem Doppelnamen könne sowohl dem Prinzip der Unveränderbarkeit des eigenen Namens als auch dem Bedürfnis nach einem gemeinsamen Familiennamen als Ausdruck der Familienzusammengehörigkeit Rechnung getragen werden, so der Tenor im Ergebnisbericht der Vernehmlassung. Die fünf Kantone Glarus, Obwalden, Wallis, Zug und Zürich sowie die EKF lehnten die Vorlage hingegen ab. Sie kritisierten, dass das Namensrecht, das mit der Abschaffung der Doppelnamen 2013 möglichst einfach und transparent gestaltet worden sei, wieder verkompliziert würde. Das geltende Recht habe sich bewährt und es bestehe kein Handlungsbedarf. Die EKF monierte, die Wiedereinführung des Doppelnamens stärke die Gleichstellung nicht – wie in den befürwortenden Stellungnahmen oft gelobt –, sondern stärke im Gegenteil die Geschlechterstereotypen. Sie plädierte daher für die vollständige Abschaffung der Familiennamen.
Sehr unterschiedliche Ansichten bestanden über die konkrete Umsetzung des Vorhabens. Von den zwei Varianten, die im Vorentwurf zur Diskussion gestellt wurden, erhielt die «grosse Lösung», die grosse Flexibilität in der Namenswahl erlauben würde, mehr Zuspruch als die «kleine Lösung», die einer Rückkehr zur Regelung vor 2013 entspräche. An beiden Vorschlägen wurde indes auch Kritik geübt, weil sie zu eng bzw. zu offen gefasst seien. Die Hälfte der Vernehmlassungsteilnehmenden forderte überdies, dass mit der Revision auch die Namensführung der Kinder angepasst werden sollte, was im Vorentwurf nicht vorgesehen war. Es wurde argumentierte, dass zu vermeiden sei, dass Kinder nicht gleich heissen wie ihre beiden Eltern; mit der vorgeschlagenen «grossen Lösung» könnten nämlich beide Eltern einen Doppelnamen tragen, die Kinder jedoch nicht.
Weiter wurden im Vorentwurf drei Varianten zur Debatte gestellt, wie künftig mit den bisher nicht amtlichen, aber gewohnheitsrechtlich genutzten Allianznamen – bei denen der Ledigname mit Bindestrich hinten angefügt wird – umgegangen werden soll. Hierbei sprachen sich fast gleich viele Teilnehmende für die Beibehaltung des Status quo (Allianzname kann im Ausweis eingetragen werden, ist aber nicht amtlicher Name) aus, wie die Variante befürworteten, dass künftig nur noch der amtliche Name im Ausweis geführt werden kann, wobei bestehende Allianznamen neu zum amtlichen Namen gemacht werden könnten. Ein Mittelweg, der bestehende Allianznamen unberührt lassen wollte, während unter dem neuen Recht Verheiratete nur noch den amtlichen Namen im Ausweis führen könnten, fiel in der Vernehmlassung hingegen klar durch.

Ermöglichung von Doppelnamen bei der Heirat (Pa.Iv. 17.523)
Dossier: Égalité entre les femmes et les hommes dans le droit du nom

Jahresrückblick 2022: Parteien

Die Parteien als wichtige politische Akteure werden in der Öffentlichkeit besonders stark im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen wahrgenommen. Mit den Bundesratsersatzwahlen vom Dezember 2022 schnellte insbesondere die Medienpräsenz der SVP und der SP, in geringerem Mass auch jene der Grünen in die Höhe (siehe Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2022 im Anhang).
Die SVP hatte dabei den zurücktretenden Ueli Maurer zu ersetzen. Zu reden gab dabei, dass die in den letzten Jahrzehnten tonangebende Zürcher Kantonalsektion erst nach längerer Suche überhaupt eine Kandidatur präsentieren konnte (alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt), während die Berner Sektion mit Nationalrat Albert Rösti und Ständerat Werner Salzmann gleich zwei Kandidaten ins Rennen schicken konnte. Relativ früh zeichnete sich ab, dass es anders als bei früheren Bundesratswahlen bei der SVP zu keiner Zerreissprobe und allfälligen Parteiausschlüssen kommen würde, da die anderen Fraktionen keine Ambitionen erkennen liessen, eine Person ausserhalb des offiziellen SVP-Tickets zu wählen, für das die SVP-Fraktion letztlich Vogt und Rösti auswählte. Schliesslich erhielt die SVP mit Albert Rösti einen Bundesrat, der als linientreu und gleichzeitig umgänglich im Ton gilt.
Die SP wiederum hatte nach dem überraschenden Rücktritt von Simonetta Sommaruga nur wenig Zeit für die Nominierung ihrer Kandidaturen. Für gewisse Turbulenzen sorgte hier der von der Parteispitze rasch und offensiv kommunizierte Antrag an die Fraktion, sich auf Frauenkandidaturen zu beschränken. Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) rebellierte zunächst dagegen und gab seine eigene Kandidatur bekannt, zog diese aber wieder zurück, nachdem die SP-Fraktion dem Antrag der Parteispitze deutlich zugestimmt hatte. Mit einer «Roadshow» der Kandidatinnen in verschiedenen Landesteilen versuchte die SP trotz der knappen Zeit noch vom Schaufenstereffekt der Bundesratswahlen zu profitieren. Aufs Ticket setzte die Fraktion schliesslich die beiden Ständerätinnen und ehemaligen Regierungsrätinnen Eva Herzog (BS), die Mitglied der SP-Reformplattform ist und eher dem rechten Parteiflügel zugerechnet wird, und Elisabeth Baume-Schneider (JU), die als umgänglicher und weiter links stehend gilt. Im Parlament gingen in den ersten Wahlgängen überraschend viele Stimmen an den nicht auf dem Ticket stehenden Jositsch, bevor schliesslich Baume-Schneider den Vorzug vor Herzog erhielt. Wenig erbaut zeigte sich die SP von der anschliessenden Departementsverteilung, bei der Baume-Schneider das EJPD zugeteilt und Alain Berset ein angeblich gewünschter Wechsel aus dem EDI verwehrt wurde.
Dass weder die SVP noch die SP um ihre zweiten Bundesratssitze bangen mussten, hatte auch damit zu tun, dass sich die Grünen, die bei den letzten Gesamterneuerungswahlen noch mit einer Sprengkandidatur angetreten waren, selbst früh aus dem Rennen nahmen. Manche Beobachterinnen und Beobachter warfen den Grünen deswegen Harmlosigkeit und mangelnden Machtinstinkt vor. Die Grünen argumentierten dagegen, dass ein Angriff auf den SP-Sitz dem rot-grünen Lager keine Stärkung bringen würde und ein Angriff auf den SVP-Sitz aussichtslos gewesen wäre, weil das «Machtkartell» der bisherigen Bundesratsparteien keine Sitzverschiebungen wolle.

Alle 2022 durchgeführten kantonalen Wahlen wurden von den Medien auch als Tests für den Formstand der Parteien im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen im Herbst 2023 interpretiert. Die grossen Zwischenbilanzen, die im März nach den kantonalen Wahlen in Bern, der Waadt, Obwalden und Nidwalden gezogen wurden, bestätigten sich im Wesentlichen auch in den folgenden Glarner und Zuger Wahlen (allerdings nicht in Graubünden, das wegen einem Wechsel des Wahlsystems jedoch einen Sonderfall darstellt): Die «grüne Welle» rollte weiter, zumal die Grünen und noch stärker die GLP fast durchwegs Zugewinne verbuchen konnten. Demgegenüber büssten alle vier Bundesratsparteien Stimmenanteile ein, am deutlichsten die SP. Spekulationen über Gewinne und Verluste bei den nationalen Wahlen und mögliche Auswirkungen für die Sitzverteilung im Bundesrat sind freilich zu relativieren, weil sich Themen- und Parteienkonjunktur bis im Oktober 2023 noch deutlich verändern können und sich kantonale Wahlergebnisse aus mehreren Gründen nicht einfach auf die nationale Ebene übertragen lassen.

Misst man den Rückhalt der Parteien an ihrem Erfolg in den Volksabstimmungen, so ergibt sich ein etwas anderes Bild: Am häufigsten – nämlich bei 8 von 11 Abstimmungsvorlagen – stand dieses Jahr die EVP mit ihren Parolen auf der Siegerseite, gefolgt von EDU, FDP, GLP und Mitte (je 7). Seltener jubeln konnten die Parteien an den linken und rechten Polen des Spektrums (Grüne, PdA, SP und SVP: je 6). Freilich ist nicht jede Abstimmungsvorlage für jede Partei gleich wichtig. So war etwa für die SP das knappe Ja zur AHV-21-Reform mit der Frauenrentenaltererhöhung besonders schmerzhaft, die beiden Nein zu den Teilabschaffungen von Stempel- und Verrechnungssteuer hingegen besonders erfreulich. Für FDP und SVP war es gerade umgekehrt, daneben war für sie auch die Ablehnung des Medienpakets ein bedeutender Erfolg.

Mit Blick auf ihre Mitgliederzahlen sahen sich derweil fast alle grösseren Parteien im Aufwind: GLP, Grüne, Mitte, SP und SVP meldeten im Vergleich zu 2020 Mitgliederzuwächse im vierstelligen Bereich, die FDP hatte keine Informationen zu ihrer aktuellen Mitgliederentwicklung. Ein Grund für die vermehrte Hinwendung zu den Parteien könnte sein, dass die stark alltagsrelevante Covid-19-Pandemie, die intensivierte Diskussion um den Klimawandel und aussergewöhnlich intensive Abstimmungskämpfe etwa zur Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 und zu den beiden Covid-19-Gesetzesvorlagen im Juni und im November 2021 viele Bürgerinnen und Bürger stärker politisiert haben.

Das Jahr brachte in der Schweizer Parteienlandschaft auch einige strukturelle Veränderungen. So ist mit der Gründung einer Kantonalsektion in Uri die GLP nun erstmals in sämtlichen Kantonen präsent. Bei der BDP fand zum Jahresbeginn der umgekehrte Weg seinen Abschluss: Am 1. Januar 2022 hörten die letzten beiden BDP-Kantonalsektionen auf zu existieren, nachdem die Partei auf nationaler Ebene schon ein Jahr davor in der Mitte aufgegangen war. Ganz aufgelöst wurde sodann die Partei national orientierter Schweizer (Pnos), die als parteipolitischer Arm der rechtsextremen Szene in der Schweiz gegolten hatte. Sie war im Parteiensystem nie über eine marginale Rolle hinausgekommen. Ihre Auflösung bedeutet allerdings nicht das Aussterben rechtsextremer Ideologien im Land, sondern lediglich das – vorläufige – Ende der parteipolitischen Aktionsform des Milieus.

Nachdem der Bundesrat im zu Ende gehenden Jahr das Gesetz und eine konkretisierende Verordnung zur Transparenz der Politikfinanzierung in Kraft gesetzt hat, werden sich die Parteien im neuen Jahr erstmals an die entsprechenden Regeln halten müssen. Die Parteien, die in der Bundesversammlung vertreten sind, haben unter anderem ihre Gesamteinnahmen sowie Zuwendungen von über CHF 15'000 offenzulegen.

Jahresrückblick 2022: Parteien
Dossier: Rétrospective annuelle 2022

Die SPK-SR beantrage dem Ständerat einstimmig, die Motion der Mitte-Fraktion, die Fristenstillstand und Verschieben von Wahlterminen in Krisenzeiten gesetzlich regeln will, aus formalen Gründen abzulehnen, führte Mathias Zopfi (gp, GL) für die Kommission in der Wintersession 2022 aus. Zwar habe der Nationalrat diese Motion in der Sommersession angenommen, das Anliegen entspreche aber wortwörtlich einer Motion Rieder (mitte, VS, Mo. 20.3419), die von beiden Räten bereits früher angenommen worden sei. Der Auftrag an den Bundesrat müsse nicht ein zweites Mal erteilt werden. Auch Bundeskanzler Walter Thurnherr ersuchte den Ständerat, die Motion aus «verfahrensökonomischen Gründen» abzulehnen. Dies tat die kleine Kammer in der Folge diskussionslos.

Bewahrung der demokratischen Rechte auch in Krisenzeiten (Mo. 20.3314)

Ende 2022 wurde die Mitte 60+ Kanton Luzern gegründet. Es handelt sich dabei um eine Vereinigung innerhalb der Partei «Die Mitte» mit den Zielen, die Mutterpartei zu unterstützen und «politisch interessierten Seniorinnen und Senioren eine Plattform für Anlässe und Stellungnahmen zu bieten», wie sie mitteilte. In den sechs Luzerner Wahlkreisen hatte die Mitte schon davor über jeweils eine 60+-Gruppierung verfügt, diese blieben unter dem neuen kantonalen Dach bestehen. Zum Gründungspräsidenten der kantonalen Mitte 60+ wurde Alois Hodel (LU, mitte) gewählt.

Mitte Gründung der Mitte 60+ Kanton Luzern

Der Blick machte im Herbst 2022 publik, dass der ehemalige Verwaltungsratspräsident der Post und CVP-Nationalrat Claude Béglé, der seine frühere Partei im Vorjahr im Streit verlassen hatte, sich um eine Mitgliedschaft bei der FDP bemühte. Der Vorstand der FDP-Sektion von Béglés Wohnort Pully VD lehnte das Gesuch jedoch ab. Über die Gründe für den abschlägigen Entscheid schwieg sich die Ortspartei aus. Der Blick vermutete zwei Motive: Erstens hätten wohl Béglés regimefreundliche Berichte von seiner Nordkorea-Reise 2019 eine Rolle gespielt, für die er weitherum kritisiert worden war und die ihn einige Monate später möglicherweise auch die Wiederwahl in den Nationalrat gekostet hatten. Zweitens habe in der FDP-Sektion der Verdacht geherrscht, dass Béglé die FDP bloss als Vehikel für eine Kandidatur zur Rückkehr ins Bundesparlament 2023 benutzen wolle, ansonsten aber an einer Mitarbeit in der Partei nicht interessiert sei.

Béglé von FDP Pully als Parteimitglied abgelehnt

Im November 2022 wurde unter dem Namen «Jeunes du Centre de Neuchâtel (JDCNE)» eine Jungpartei der Neuenburger Mitte gegründet. Sie wollte sich nach eigenen Angaben unter anderem für Freiheit, Solidarität, Chancengleichheit und Subsidiarität einsetzen. Zum Präsidenten wurde Jonathan Marty, Suppleant im Gemeindeparlament von La Chaux-de-Fonds, gewählt. Grossrätin Manon Freitag, die bereits als Generalsekretärin der kantonalen Mutterpartei fungierte, übernahm auch das Sekretariat der Jungpartei.

Gründung der Jungen Mitte Neuenburg

Im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie und dem Krieg in der Ukraine kam es zu Schwierigkeiten in internationalen Lieferketten und in der Verfügbarkeit gewisser Güter und Energieträger. Im Jahr 2022 standen deshalb die wirtschaftliche Versorgungssicherheit sowie die wirtschaftliche Kriegsvorsorge vermehrt im Interesse der medialen Berichterstattung sowie im Fokus einiger parlamentarischer Vorstösse.
Zentral waren dabei die Pflichtlager, wie beispielsweise jenes für Treibstoffe: Während dieses über Jahrzehnte nie angezapft worden war, musste der Bundesrat im vergangenen Jahrzehnt mehrfach Reserven für den Markt freigeben (2010, 2015, 2018 und 2019). Zu den Hauptursachen für die Versorgungsengpässe auf dem freien Markt zählten vor allem der tiefe Rheinpegel in trockenen Sommern – welcher den Import über die Rheinschifffahrt erschwerte –, Streiks im Ausland und Probleme in Raffinerien. Auch im Sommer 2022 musste der Bundesrat das Pflichtlager teilweise freigeben – dazu beigetragen hat auch der Krieg in der Ukraine. Im März 2022 öffnete der Bundesrat zudem das Pflichtlager für Opioide. Dieser Schritt sei aufgrund einer «schweren Mangellage» an Schmerzmitteln auf dem Schweizer Markt notwendig geworden, die durch Kapazitätsprobleme in der Herstellung solcher Medikamente verursacht worden sei, erklärte der Bundesrat dazu. Neben der Freigabe von bestehenden Pflichtlagern wurden auch neue eingeführt: So kam 2022 ein Pflichtlager für Rapssaatgut neu dazu. Bereits 2020 führte der Bundesrat das Pflichtlager für Ethanol – das 2018 aufgelöst worden war – wieder ein (vgl. Mo. 20.3448), da es zu Beginn der Covid-19-Pandemie zu Versorgungsschwierigkeiten mit Ethanol für die Produktion von Desinfektionsmitteln gekommen war. Die Pflichtlager erstreckten sich im Jahr 2022 deshalb über Zucker, Reis, Speiseöle und -fette, Getreide, Kaffee, Futtermittel, Stickstoff-Dünger, Benzin, Dieselöl, Flugpetrol, Heizöl sowie Heizöl extra leicht (für Zweistoffanlagen), Uran-Brennelemente, Rapssaatgut, diverse Arzneimittel und Impfstoffe, Kunststoffe (Polyethylen-Granulate zur Herstellung von Desinfektionsmittelflaschen sowie Zusatzstoffe) und Ethanol. Wie die Aargauer Zeitung im Juni 2022 schrieb, erwiesen sich diese «Überbleibsel aus dem Kalten Krieg» plötzlich wieder als sinnvolle Massnahmen, um aktuellen Herausforderungen zu begegnen.
Auch organisatorisch erkannte der Bundesrat beim Thema der wirtschaftlichen Landesversorgung Handlungsbedarf: Im März 2022 kündigte er an, das dafür zuständige BWL personell aufstocken zu wollen. Insbesondere der Chefposten im Bundesamt soll dabei zu einer Vollzeitstelle ausgebaut werden – bisher war dieser Milizposten mit einem Pensum von 40 Prozent verbunden.
Die Frage der wirtschaftlichen Versorgungssicherheit beschäftigte auch die Mitte-Fraktion, welche bei essenziellen Gütern eine Reduktion der Abhängigkeit vom Ausland verlangte – eine Motion, die der Ständerat im Herbst 2022 als Zweitrat jedoch fallen liess. Im Sommer veröffentlichte der Bundesrat zudem einen Bericht zu einer angenommen Motion Häberli-Koller (mitte, TG; Mo. 20.3268), welche ebendiese wirtschaftlichen Abhängigkeiten bei essenziellen Gütern aufzeigte. Weiter wollte der Nationalrat auch die Situation der Versorgungssicherheit mit Metallen und seltenen Erden geklärt haben und überwies im Herbst 2022 ein entsprechendes Postulat Schneider-Schneiter (mitte, BL; Po. 20.3950) an den Bundesrat.
Des Weiteren trat das Thema der wirtschaftlichen Landesversorgung im Zusammenhang mit der drohenden Energieknappheit im Winter 2022/2023 in den Fokus der öffentlichen Debatte. Nebst den durch den Bund in Auftrag gegebenen Pflichtlagern standen auch die privaten Notvorräte im Fokus. So rief beispielsweise der Regierungsrat des Kantons Zürich im September 2022 die Bevölkerung dazu auf, einen Notvorrat anzulegen, um gegen die Energieknappheit gewappnet zu sein. Der Notvorrat solle dabei aus Wasser und Getränken, Lebensmitteln, Gebrauchsgütern, Hygieneartikeln sowie einer Hausapotheke bestehen. Auch das BLV habe in diesem Zusammenhang seine Informationstätigkeit verstärkt, berichtete die NZZ.
Die Diskussion weitete sich zuletzt auch auf den militärischen Bereich aus: Die vielen Bunkeranlagen in privaten sowie öffentlichen Gebäuden in der Schweiz gewannen im Jahr 2022 aufgrund des Kriegs in der Ukraine und der atomaren Drohungen seitens Russlands plötzlich wieder an medialem Interesse. Als einziger Kanton hat dabei Luzern die Zuteilung der Bevölkerung auf die Bunkeranlagen online veröffentlicht. Die Aargauer Zeitung berichtete zudem darüber, in welchen Kantonen genügend Schutzplätze und in welchen gemessen an der wohnhaften Bevölkerung zu wenig Schutzplätze vorhanden sind. Während etwa der Kanton Graubünden eine Abdeckung von 146 Prozent aufweise, könne der Kanton Genf nur 72 Prozent aller Einwohnerinnen und Einwohnern im Ernstfall einen Schutzplatz anbieten. Gesamtschweizerisch betrachtet bestehe allerdings eine Abdeckung von über 100 Prozent.

Gesellschaftliche Debatte um die wirtschaftliche Versorgungssicherheit im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg und Covid-19
Dossier: Réduire notre dépendance économique
Dossier: Crise du Covid-19 et guerre en Ukraine : adaptation de l'approvisionnement économique du pays

Im Oktober 2022 veröffentlichte der Bundesrat einen Ergebnisbericht zur Vernehmlassung eines Vorentwurfs zur Änderung des AIG. Die Gesetzesänderung beabsichtigt die Einführung erleichterter Zulassungsbedingungen in den Arbeitsmarkt für Personen ohne Schweizer Pass aber mit Schweizer Hochschulabschluss. 23 von 25 stellungnehmenden Kantonen stimmten dem Entwurf zu, während sich lediglich der Kanton Zug dagegen positionierte und der Kanton Bern der Vorlage nur unter der Bedingung Unterstützung zusagte, dass die Zulassung und der Aufenthalt tatsächlich an die Erwerbstätigkeit geknüpft werde. Der Kanton Zug bemängelte, dass die beabsichtigte Gesetzesänderung eine zu breite Bevölkerungsgruppe umfasse. Die FDP, die GLP und die Mitte unterstützten den Gesetzesentwurf vollends, die SP lediglich im Grundsatz und die SVP sprach sich vehement dagegen aus, da dadurch die Nettozuwanderung erhöht werden würde. Die SP war der Ansicht, dass die Hürden im vorliegenden Entwurf zu hoch gefasst seien und nicht nur Arbeitnehmende mit Hochschulabschluss berücksichtigt werden sollten. Weiter äusserten auch Dachverbände der Wirtschaft, namentlich der SAV, der SGV, der SGB und economiesuisse, Unterstützung für den Vernehmlassungsentwurf. Für Travail.Suisse fehlte hingegen in der Vorlage eine Einschätzung, welchen Einfluss die Gesetzesänderung in Zukunft auf den Schweizer Arbeitsmarkt haben könnte. Daneben bekundeten 32 interessierte Kreise Interesse an der Vorlage und begrüssten diese – darunter Organisationen aus dem Hochschul- und Wirtschaftsbereich und dem Gastgewerbe.
Obschon ein Grossteil der Vernehmlassungsteilnehmenden die Vorlage also im Grunde unterstützte, wurde Kritik am Entwurf geäussert. Während eine Reihe von Teilnehmenden begrüsste, dass die Motion Dobler (fdp, SG; Mo. 17.3067) im Rahmen einer Änderung des AIG durchgesetzt werde, wünschte sich die FDP angesichts der zeitlichen Dringlichkeit lieber eine Umsetzung auf Verordnungsstufe. Unter anderem äusserte der SGB Bedenken, dass die Schweiz mit entsprechenden Bestimmungen ihren Status als «Brain-Drain-Profiteurin» weiter verstärken könnte und wünschte sich eine verstärkte Zusammenarbeit mit von Brain-Drain betroffenen Staaten sowie entsprechende bilaterale Austauschprogramme. Die SVP dagegen forderte, dass diese Personengruppe weiterhin in das Gesamtkontingent an erteilten Aufenthaltsbewilligungen fallen solle, ausländische Studierende mindestens die Hälfte der Kosten für das Studium selber tragen müssen und die erleichterte Zulassung zum Schweizer Arbeitsmarkt ausschliesslich Absolvierenden aus dem MINT-Bereich offen stehen solle. Tourismus- und Gastgewerbeorganisationen sowie Hotelfachschulen schliesslich schlugen vor, den Geltungsbereich der Änderung auf «Ausländerinnen und Ausländern mit Schweizer Abschluss der Tertiärstufe» auszuweiten, statt sich lediglich auf Hochschulabsolventinnen und -absolventen zu konzentrieren.

Erleichterte Zulassung zum Arbeitsmarkt für Ausländerinnen und Ausländer mit Schweizer Hochschulabschluss (BRG 22.067)
Dossier: Admission facilitée pour les étrangers titulaires d’un diplôme d’une haute école suisse