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Internationale Beachtung fand das Strafverfahren gegen Erwin Sperisen. Der ehemalige Polizeichef Guatemalas wurde zwei Jahre nach seiner Festnahme zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Das Genfer Strafgericht sprach ihn im Vorwurf schuldig, bei der Erstürmung des Gefängnisses Pavón 2006 die Ermordung von sechs Häftlingen angeordnet zu haben. Das Urteil wurde auch in Guatemala verfolgt und dort von jenen begrüsst, die das Land auf dem Weg in Richtung rechtsstaatlicher Verhältnisse sehen.

Erwin Sperisen

Im Fall Lucie Trezzini entschied das Bundesgericht, dass der Mörder Daniel H. doch nicht lebenslang verwahrt wird. Damit hiess es eine Beschwerde von Daniel H. gegen den Entscheid des Aargauer Obergerichts, das ihn lebenslang verwahren wollte, gut. Nur wer tatsächlich auf Lebzeiten als unbehandelbar gälte, dürfe lebenslang verwahrt werden. Unter dauerhafter Untherapierbarkeit sei laut Bundesgericht «ein mit der Person des Täters verbundener, unveränderbarer Zustand auf Lebzeiten» zu verstehen. Eine Untherapierbarkeit in Grössenordnung des Schwellenwerts von zwanzig Jahren reiche nicht aus. Damit fällte das Bundesgericht einen Grundsatzentscheid, was unter „dauerhaft nicht therapierbar“ zu verstehen ist. Laut der 2004 angenommenen Verwahrungsinitiative sollte in diesem Fall ein Straftäter lebenslang und ohne periodische Überprüfung verwahrt werden. Das Aargauer Obergericht hatte in Folge noch zu entscheiden, ob Daniel H. nach dem Absitzen der lebenslänglichen Freiheitstrafe ordentlich verwahrt werden sollte. Auch eine ordentliche Verwahrung könnte faktisch lebenslang dauern. Die Initiantin Anita Chaaban zeigte sich enttäuscht über den Entscheid des Bundesgerichts und erwog die Lancierung einer neuen Volksinitiative. Diese soll sicherstellen, dass Personen, die bei der Haftentlassung von Straftätern Fehlentscheide treffen, zur Verantwortung gezogen werden können.

Fall Lucie Trezzini

Mit der Revision der Rechtsprechung, wonach die willentliche Ansteckung mit HIV nicht mehr per se als lebensgefährliche Körperverletzung verurteilt werden soll, trug das Bundesgericht den medizinisch-therapeutischen Fortschritten in diesem Bereich Rechnung. Da eine Infektion mit AIDS an sich heute nicht mehr lebensgefährlich sei, sollten auch mildere Strafen für schwere oder einfache Körperverletzung ausgesprochen werden können.

Ansteckung mit HIV

Ein grosses Medienecho gab es für das Gerichtsverfahren im Fall des Au-Pair-Mädchens Lucie Trezzini, welches am 4. März 2009 Opfer eines Gewaltverbrechens wurde. Das Bezirksgericht Baden verurteilte den Wiederholungstäter Daniel H. am 29. Februar 2012 wegen Mordes zu einer lebenslänglichen Freiheitsstrafe. Die Richter stuften den Mörder zwar als „derzeit unbehandelbar“, jedoch nicht als untherapierbar, ein, weshalb sie nicht die lebenslängliche sondern die normale Verwahrung wählten, bei welcher Daniel H. regelmässig einem psychologischen Gutachten unterzogen wird. Dieses Urteil entsprach der Forderung der Verwahrungsinitiative von 2004, welche „dauerhaft nicht therapierbare“ Täter lebenslänglich verwahren will. Dennoch liess das Urteil die Diskussion über die Verwahrungsinitiative und deren Umsetzung wieder aufleben und Forderungen nach einer lebenslänglichen Verwahrung von Daniel H. wurden laut. So will der Aargauer Staatsanwalt den Fall weiterziehen und eine lebenslängliche Verwahrung erwirken. Der Fall zeigte jedoch auch das unklare Verhältnis zwischen Haft und Verwahrung: Auch bei einem Urteil zu lebenslänglicher Haft, kann der Straftäter nach fünfzehn Jahren laut Gesetz einen Antrag auf bedingte Entlassung stellen. Wird die Frage nach seiner Rückfälligkeit negativ beantwortet, kann der Täter entlassen werden. Was dann mit der Verwahrung geschehen würde, ist unklar. Das seit 2007 in Kraft stehende Strafgesetzbuch schweigt nämlich zu der Frage, wann die Strafzeit für einen Lebenslänglichen endet und seine Verwahrung beginnt. Das Urteil veranlasste auch die Initiantin der Verwahrungsinitiative, Anita Chaaban, eine Revision des Strafgesetzbuches anzustreben, nach der auch ein „auf lange Sicht nicht therapierbarer“ Täter lebenslang verwahrt werden kann.

Fall Lucie Trezzini

Ein in Appenzell Ausserrhoden zu einer Busse von 100 Franken verurteilter Nacktwanderer wurde mit seiner Beschwerde beim Bundesgericht abgewiesen. Dieses besagte in seinem Urteil, dass Freikörperkultur auf Wanderungen in der Schweiz von den Kantonen eigenständig geregelt werden dürfe. In Appenzell Innerrhoden zieht Nacktwandern künftig eine Busse nach sich.

Nacktwanderer

Die linksradikale Zürcher Politikaktivistin Andrea Stauffacher wurde vom Bundesstrafgericht zu einer 17-monatigen unbedingten Freiheitsstrafe verurteilt. Ihr wurde angelastet, zwischen 2002 und 2007 fünf Sprengstoffanschläge gegen Gebäude verübt zu haben.

Andrea Stauffacher

In der aufgrund des Falls des Walliser Hanfbauern Bernard Rappaz aktuell gewordenen Frage, inwieweit Ärzte bei Hungerstreiks zur Anordnung von Zwangsernährung forciert werden können, machte das Bundesgericht einen Schritt zurück und liess die Frage vorerst unbeantwortet. Grund war der Abbruch des Hungerstreiks durch Rappaz, wodurch die Frage obsolet geworden war.

Zwangsernährung

Für Kontroversen sorgte der Protest des Walliser Hanfbauern Bernard Rappaz, der mit einem rund hunderttägigen Hungerstreik einen Unterbruch seines Strafvollzugs erzwingen wollte. Die Frage, ob ein bewusstloser sich im Hungerstreik befindender Häftling zwangsernährt werden dürfe, beschäftigte Ethik- und Rechtsexperten, aber auch die Konferenz der kantonalen Justiz- und Polizeidirektoren (KKJPD). Auch der Entscheid von Regierungsrätin Kalbermatten (VS, sp), die Haftstrafe aufgrund der Weigerung der Ärzte im Berner Inselspital, Rappaz unter Zwangsernährung zu stellen, in einen Hausarrest umzuwandeln, warf hohe Wellen. Das Bundesgericht wies Rappaz‘ Gesuch auf Haftunterbruch am 26. August 2010 schliesslich zurück und leitete aus der polizeilichen Generalklausel eine Billigung der Zwangsernährung als letztes legitimes Mittel zum Schutz von Leib und Leben ab. In der Urteilsbegründung wandte sich das Gericht auch gegen ethische Bedenken von Ärzten. Mehrere Bundesrichter forderten das Parlament daraufhin auf, eine einheitliche gesetzliche Grundlage für den Umgang mit Zwangsernährung zu schaffen. Nachdem Rappaz wieder in Haft genommen wurde, trat er erneut in den Hungerstreik. Im November weigerten sich die Ärzte des Genfer Unispitals jedoch, eine Zwangsernährung einzuleiten. Der Walliser Grosse Rat lehnte ein Gnadengesuch Rappaz‘ ab und das Bundesgericht verweigerte ein drittes Mal einen Antrag auf Haftunterbuch. Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR), der den Fall auf Antrag des Hanfbauern untersuchen will, forderte ein Ende des Hungerstreiks. Dieser Forderung kam der Walliser am 24. Dezember 2010 nach. Gleich zwei CVP-Bundesparlamentarier aus dem Kanton Wallis reagierten im Berichtsjahr auf den Vorfall. Roberto Schmidt reichte eine Motion ein und Viola Amherd verfasste eine parlamentarische Initiative. Beide Vorstösse fordern eine einheitliche Regelung im Umgang mit Zwangsernährung.

Zwangsernährung

Die Rechtsprechung war weiterhin mit der Suche nach einer einheitlichen Auslegung des Antirassimusgesetzes befasst. In Genf wurde die erstinstanzliche Verurteilung eines Buchhändlers bestätigt, der ein antisemitische Passagen enthaltendes Buch des französischen Philosophen Roger Garaudy verkauft hatte. Da der Buchhändler nicht aus antisemitischen Gründen gehandelt habe, reduzierte das Gericht die Busse. In einem analogen Fall hatte demgegenüber das Waadtländer Kantonsgericht einen erstinstanzlich verurteilten Buchhändler mit der Begründung freigesprochen, dass nur der Autor und der Herausgeber derartiger Publikationen bestraft werden können. Das Bezirksgericht Baden (AG) sprach gegen zwei notorische Holocaust-Leugner, den Basler Publizisten Jürgen Graf und dessen Verleger, den im Aargau lebenden Deutschen Gerhard Förster, exemplarisch hohe Strafen aus. Sie wurden zu einem unbedingten Freiheitsentzug von 15 resp. 12 Monaten verurteilt.

Einheitliche Auslegung des Antirassismusgesetz von 1995
Dossier: La norme pénale antiracisme de 1995 et ses suites