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Neben Economiesuisse sprachen sich auch mehrere weitere Wirtschaftsverbände zu Jahresbeginn 2019 für das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU aus, wenngleich man noch einigen Klärungsbedarf und einiges Verbesserungspotenzial sah. In der «Weltwoche» verkündete Monika Rühl, Vorsitzende der Geschäftsleitung von Economiesuisse, man befürworte das Abkommen, weil es den Zugang zum EU-Binnenmarkt sichere und die Rechtssicherheit zwischen der Schweiz und der EU verbessere. Bedingungslosen Zuspruch erhielt das Abkommen vom Wirtschaftsdachverband indes nicht: So seien etwa die hohen Schweizer Löhne zu schützen und durch die vorgesehene vereinfachte Niederlassungsmöglichkeit dürfe nicht der Anschein gemacht werden, EU-Bürger hätten Anrecht auf Schweizer Sozialhilfe. Ferner müsse garantiert werden, dass die Schweiz ihr Steuersystem «aufrechterhalten» könne. Diese Punkte, so liess Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer gegenüber den Medien verlauten, gelte es noch präzise abzuklären. Ähnlich äusserten sich auch Swissmem-Präsident Hans Hess, SBVg-Präsident Herbert Scheidt oder SAV-Präsident Valentin Vogt: Es gebe zwar Diskussionsbedarf, doch grundsätzlich sei das Abkommen wichtig und richtig, da es die Prosperität der Schweiz sichere.
Vorerst verhalten gab sich der Schweizerische Gewerbeverband: SGV-Direktor Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) meinte etwa, der Bundesrat dürfe den Vertrag nicht unterzeichnen und müsse eine bessere Version aushandeln. Im April gab der Verband dann bekannt, man wolle sich zum Vertragstext erst wieder äussern, wenn eine definitive Fassung vorliege. Zudem sei nun die Abstimmung zur Begrenzungsinitiative abzuwarten: Würde diese angenommen, hätte sich das mit dem Abkommen sowieso erübrigt.

Rahmenabkommen Meinungen der Wirtschaftsverbände

Die AUNS räumte ihren Sitz in Bern und zog nach Lauterbrunnen, wie die Presse im März 2019 berichtete. Damit wolle die Organisation Mietkosten sparen, wie Präsident Lukas Reimann (svp, SG) bekannt gab. Die Medien deuteten den Umzug der AUNS, die bereits seit einiger Zeit mit finanziellen Schwierigkeiten und Mitgliederschwund zu kämpfen hatte, unterdessen als «stille[n] Abschied einer notorisch laute[n] Organisation» (Sonntags-Blick) oder gar als «geordneten Rückzug» und drohenden «Abstieg in die Bedeutungslosigkeit» (Aargauer Zeitung).
Auf die Frage, ob es den Verband überhaupt noch brauche, gab sich Reimann gegenüber der Medien jedoch entschieden zuversichtlich: Der neue Sitz abseits von Bern passe sogar besser zum Verband, erklärte er, «wir gehen nun ins Réduit». Und dass die AUNS noch immer eine treibende Kraft hinter der SVP sei, so Reimann weiter, sehe man daran, dass ohne AUNS die Initiative gegen die Personenfreizügigkeit wohl kaum zustande gekommen wäre. Wenn es also darauf ankomme, «werde man von der AUNS hören» – auch wenn diese ihren Sitz von der Hauptstadt ins Berner Oberland verlagert hatte.

Die Auns schwächelt

Der Schweizerische Gewerbeverband fasste Ende Januar 2019 die Ja-Parole zur Abstimmung über die geänderte EU-Waffenrichtlinie im Mai. Dies, obwohl SGV-Präsident Jean-François Rime (svp, FR) dem Referendumskomitee angehörte. Nachdem der Verband anfänglich gegen eine Übernahme der geänderten Richtlinie gewesen war, hatte er in der Zwischenzeit eine Kehrtwende gemacht, wie die Aargauer Zeitung festhielt: Erst war man der Meinung, dass die Vorlage das «Verhältnismässigkeitsprinzip in krasser Weise» verletze – etwa ging dem Verein bei Waffenbesitz die regelmässige Überprüfung der Vereinsmitgliedschaft zu weit –, doch dann habe sich das Parlament des Gewerbeverbandes mit einer deutlichen Mehrheit über ihren Präsidenten hinweggesetzt und sich für die Übernahme der Richtlinie ausgesprochen. Druck gemacht hätten insbesondere die Tourismus- und Gastrobranchen: Diese befürchteten bei einer Nichtannahme den Ausschluss aus dem Schengen/Dublin-Verbund, was für den Tourismus gravierende Folgen gehabt hätte, weil dann etwa Reisende aus dem asiatischen Raum bei einer Europareise für die Schweiz ein separates Visum benötigt hätten.

Parole Gewerbeverband

Wie der Sonntagsblick im September 2018 berichtete, wolle die Operation Libero bei den Nationalratswahlen 2019 eine aktive Rolle spielen. Die Bürgerbewegung plane, «frische Gesichter» ins Parlament zu bringen und «Nachwuchskräfte und Politikerinnen» zu fördern. Bedingung für eine Unterstützung sei, dass potenzielle Kandidaten und Kandidatinnen die «aussenpolitische Öffnung der Schweiz» befürworteten, sich für die Rechtsstaatlichkeit einsetzten, eine liberale Migrationspolitik verfolgten und sich für zukunftsorientierte Themen wie die Digitalisierung engagierten. Denn das Parlament, so die Ansicht von Laura Zimmermann, Co-Präsidentin der Operation Libero, im Sonntagsblick, habe in den letzten vier Jahren «in der Europapolitik und anderen zukunftsweisenden Themen» versagt.
Im Dezember 2018 titelte auch die NZZ, die Operation Libero wolle «die Wahlen aufmischen». Die «konservative Koalition, die die Politik zum Stillstand gebracht» habe, solle in eine Minderheit versetzt werden. Noch sei aber nicht klar, wie dies gelingen solle, gab Projektleiter Philipp Brandenstein zu. Man sei aber auf der Suche nach einem kreativen Ansatz, welcher über eine reine Wahlempfehlung hinausgehe. Selbst zu einer politischen Partei werden wolle Operation Libero indes nicht – es gehe aber darum, das «bisherige zivilgesellschaftliche Engagement in ein politisches» zu überführen, damit man den Reformstau in Bern aufzulösen vermöge. Kurzgefasst strebe die Operation Libero im Nationalrat statt der heutigen Mitte-rechts- eine Mitte-links-Mehrheit an – nur würde das die Bewegung offiziell nie zugeben, resümierte die NZZ.

Operation Libero mischt die Wahlen auf

Im Dezember wurde vom Bundesrat ein erster Entwurf zum Rahmenvertrag mit der EU veröffentlicht, worauf die Meinungen der Wirtschaftsverbände insbesondere betreffend des Lohnschutzes auseinandergingen, wie etwa der «Blick» berichtete. Während SAV-Präsident Valentin Vogt und Hans Hess, Präsident von Swissmem, das Abkommen verteidigten, da sie etwa den Lohnschutz auch im Zusammenhang mit den flankierenden Massnahmen nicht als gefährdet betrachteten, enervierten sich die Gewerkschaften darüber, dass der Lohnschutz Teil der Verhandlungen geworden sei. Der neue SGB-Präsident Pierre-Yves Maillard (sp, VD) etwa verlangte in einem Interview mit der Aargauer Zeitung vom Bundesrat, sich an sein Versprechen zu halten, wonach der Lohnschutz bei den Verhandlungen eine rote Linie sei, die nicht überschritten werden dürfe. Eine ähnliche Meinung vertrat auch Hans-Ulrich Bigler (fdp, ZH) vom SGV, denn der Lohnschutz, so Bigler gemäss «Blick», sei unverhandelbar. Würde der Lohnschutz Teil des Abkommens, müsste die Schweiz Richtlinien und Änderungen der EU automatisch übernehmen.
Später berichtete die Sonntagszeitung darüber, dass sich der Disput unter den Verbänden weiter zuspitzte, als Vogt ohne Absprache mit dem Gewerbeverband signalisierte, «den Rahmenvertrag mit grossen Geschenken an die Gewerkschaften retten» zu wollen. Ein Skandal sei dies für Bigler, so die Sonntagszeitung, denn für diesen stehe fest, dass der Vertrag in dieser Form nicht unterschrieben werden dürfe. Später zog Vogt seine Offensive zurück, denn die Gewerkschaften sowie der Gewerbeverband blieben ihrer Position treu.
Economiesuisse-Präsident Heinz Karrer schliesslich hatte bereits im Herbst in der NZZ seine Überzeugung bekannt gegeben, dass im Hinblick auf die Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU eine dynamische Übernahme von EU-Gesetzgebungen seitens der Schweiz möglich sei. Da ein Schiedsgericht jeweils die Verhältnismässigkeit überprüfen würde, sodass die EU keine unverhältnismässigen Retorsionsmassnahmen beschliessen könnte, sehe er im Rahmenabkommen gar einen «grosse[n] Vorteil für die Schweiz». Die Gesprächsverweigerung der Gewerkschaften halte er daher für «unschweizerisch», wie das St. Galler Tagblatt zitierte.

Rahmenabkommen Meinungen der Wirtschaftsverbände

Die Basler Zeitung und der Tages-Anzeiger berichteten im September 2018 über Mitgliederschwund, Inaktivität und finanzielle Schwierigkeiten bei der AUNS. Von ehemals 50'000 zähle der Verband heute noch 30'000 Mitglieder; auch sei der Verein mit der Zeit gealtert: Sehr engagierte Mitglieder aus den Zeiten der EWR-Abstimmung, als noch Christoph Blocher den Verband geleitet hatte, habe man unterdessen infolge von Todesfällen verloren, wie der Jahresbericht 2017 der AUNS zitiert wurde. Da mit diesem Mitgliederschwund auch «grosszügige Gönner» verloren gegangen seien, wirke sich das auch auf das Budget aus: Bereits seit Längerem verfolge der Verband ein Sparprogramm, sodass Stellen gestrichen und günstigere Räumlichkeiten hätten gesucht werden müssen. Wie die Basler Zeitung festhielt, monierten AUNS-Mitglieder unter vorgehaltener Hand gar, der derzeitige Präsident Lukas Reimann setze die Prioritäten falsch, indem er etwa an Veranstaltungen teure Gäste wie den britischen Ukip-Chef Nigel Farage oder die ehemalige deutsche AfD-Chefin Frauke Petry einlade. Reimann konterte, ihm sei eine AUNS, die viel Geld ausgebe und etwas bewege, wichtiger als eine AUNS «mit vollem Konto und leerer Agenda». Auch könnten gerade über Social Media viele neue Mitglieder angeworben werden, nur würden diese leider nicht jeden Monat CHF 1'000 zahlen wie «einige Kämpfer der ersten Stunde». Die Inaktivitäts-Vorwürfe erklärte Reimann gegenüber der Presse damit, dass man bereits seit mehreren Jahren auf zahlreiche Aktionen verzichtet habe, um Kräfte zu sparen, welche zur Bekämpfung des institutionellen Rahmenabkommens mit der EU hätten gebraucht werden sollen – nur sei es bis jetzt eben nicht zu einem Rahmenabkommen gekommen.
Dass im November über die Selbstbestimmungsinitiative abgestimmt werde und im Folgejahr über die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie, komme der AUNS gelegen – damit könne man beweisen, dass man nicht inaktiv geworden sei, so Reimann.

Die Auns schwächelt

Am 1. November 2017 verabschiedete der Bundesrat die Gesamtschau zur mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik, deren Ziel es war, dass die Schweiz innerhalb der nächsten vier Jahre neue Handelsabkommen abschliessen sollte, was mit einem partiellen Abbau der Zölle für ausländische Agrarprodukte einhergehen würde. Der Schweizer Bauernverband (SBV) wehrte sich vehement gegen den angestrebten Zollabbau des Bundesrats. Ein Dorn im Auge war dem SBV insbesondere ein Satz auf Seite 59 der Gesamtschau: «Vor diesem Hintergrund wird der Bundesrat in der mittelfristigen Weiterentwicklung der Agrarpolitik einen Grenzschutzabbau im Agrarbereich anstreben, der die Preisdifferenz zwischen dem In- und Ausland um 30 bis 50 Prozent reduziert.» In einer gleichentags veröffentlichten Stellungnahme mit dem Titel «Bundesrat missachtet Volkswillen und will Landwirtschaft opfern» machte der SBV geltend, dass es für die Schweizer Bauern ohne Grenzschutz keine «auch nur annähernd kostendeckende Produzentenpreise» mehr geben würde, was auch die Direktzahlungen des Bundes nicht kompensieren könnten. Auch stehe der im September 2017 von der Stimmbevölkerung klar angenommene Verfassungsartikel über die Ernährungssicherheit im Widerspruch zu den agrarpolitischen Absichten des Bundesrates. Mehr Freihandel würde eine nachhaltige und tierfreundliche einheimische Produktion nicht stärken, im Gegenteil, dadurch würde sich der Strukturwandel verschärfen und der Rückgang von landwirtschaftlichen Betrieben weiter vorangetrieben, monierte der SBV. Der Bauernverband riet dem Bundesrat, die Gesamtschau zu «schreddern» – neue Ideen, nicht alte Ideologien seien gefragt. In einem Interview mit der Berner Zeitung verteidigte der zuständige Bundesrat Schneider-Ammann den Kurs des Bundesrates. Die EU stehe kurz vor einem Freihandelsabkommen mit den vier Staaten des Mercosur-Wirtschaftsraums (Brasilien, Argentinien, Paraguay und Uruguay), was es in Zukunft etwa der deutschen Industrie aufgrund von Zollreduktionen erlauben werde, viel billiger in diese Staaten zu exportieren. Wolle die Schweizer Wirtschaft im Exportmarkt gegenüber der europäischen Industrie konkurrenzfähig bleiben und keine Arbeitsplätze an die Nachbarstaaten verlieren, dann müsse man beim Mercosur-Abkommen nachziehen. Er versuchte die Bauern damit zu besänftigen, dass «kein Mensch von komplett zollfrei [redet]» und im äussersten Fall die Hälfte des heutigen Schutzes aufgegeben werden müsste. Niemand wolle die Landwirtschaft abschaffen, das sei eine masslose Übertreibung, so Schneider-Ammann. Zu beruhigen vermochte das den Bauernverband jedoch nicht; an der Jahresmedienkonferenz im Januar 2018 im solothurnischen Derendingen bekräftigte der SBV seine Haltung. «Fairer Handel statt Freihandel» war das Credo des Bauernverbandes, denn eine nachhaltige, umweltschonende und tierfreundliche Landwirtschaft sei nicht möglich zu Weltmarktpreisen.

Kurz darauf spitzte sich die Lage zwischen Bauernverbandspräsident Markus Ritter und Wirtschaftsminister Schneider-Ammann zu. Der SBV wollte bei Schneider-Ammann persönlich vorsprechen und bat in einem Brief um ein Gespräch, um die «Zusammenarbeit und die Kommunikation zu besprechen», so Ritter im St. Galler Tagblatt. Die Verbandsspitze hatte sich bei der Erarbeitung der Gesamtschau des Bundesrates übergangen gefühlt, da sie vorgängig nicht angehört worden sei. Schneider-Ammann schlug das Angebot jedoch aus: «Ein separates Treffen mit Vertretern des Bauernverbandes ist nicht geplant», liess sich das WBF in einigen Medien zitieren. Stattdessen wolle man im Februar 2018 alle Beteiligten an einen runden Tisch zum Mercosur-Agrar-Gipfel einladen, um ein Freihandelsabkommen mit dem südamerikanischen Wirtschaftsraum zu diskutieren. Diese Einladung schlug am 24. Januar 2018 wiederum der Bauernverband aus. Die Gesamtschau des Bundesrates stelle keine Grundlage für eine zukunftsfähige Landwirtschaft dar, hiess es in einer Medienmitteilung des SBV. Einige vom Bundesrat gemachte Annahmen seien «komplett unrealistisch», so etwa die Kostenentwicklung bei den meisten Vorleistungen oder was die Löhne für die landwirtschaftlichen Angestellten angehe. Hinzu komme, dass ein Plan fehle, wie die «massiven Verluste der Bauernfamilien» aufgefangen würden.

Nachdem der Mercosur-Agrar-Gipfel in Bern tatsächlich ohne Bauernverband abgehalten worden war – andere agrarwirtschaftliche Verbände wie die Schweizer Milchproduzenten, IP-Suisse, Bio-Suisse, die Agrarallianz oder Proviande hatten daran teilgenommen – äusserten die Medien Skepsis gegenüber der Strategie des SBV. «Trotzende Bauern befremden» übertitelte die «Nordwestschweiz» ihren Kommentar, in welchem der Bauernverband aufgefordert wurde, die Marktöffnung aktiv mitzugestalten, anstatt sich «trotzig im Reduit zu verschanzen». Die NZZ sprach von einem «Eigentor des Bauernverbands», weil die Bauern mit der Gesprächsverweigerung die Sympathien der breiten Bevölkerung und der Wirtschaft aufs Spiel setzen würden.

Im April 2018 reiste eine 50-köpfige Delegation unter der Leitung Schneider-Ammanns nach Südamerika in die Mercosur-Staaten, um Informationen aus erster Hand zu erhalten; auch dieser Reise blieb der SBV fern. Es war der negative Höhepunkt in der Beziehung zwischen dem Bauernverband und dem WBF; danach trat etwas Entspannung ein. Glaubt man den Mutmassungen in den Medien, so dürften insbesondere erste Zahlen in den Verhandlungen zwischen den Mercosur-Staaten und der EU dazu beigetragen haben. Nach aktuellstem Angebot wollte die EU jährlich einen Import von rund 100'000 Tonnen Rindfleisch zulassen; auf die Bevölkerung der Schweiz umgerechnet wären das rund 2'000 Tonnen Rindfleisch, dessen Import die Schweiz zu tieferen Zolltarifen zulassen müsste, würde das Schweizer Abkommen inhaltlich jenem der EU gleichen. Bei einem jährlichen Schweizer Konsum von 100'000 Tonnen Rindfleisch, wovon bereits heute 45'000 Tonnen importiert würden, scheine das verkraftbar, kommentierte die «Nordwestschweiz».

Ende April nahmen Schneider-Ammann und Ritter den Gesprächsfaden wieder auf und vereinbarten ein Treffen, bei dem es jedoch zu keiner sachlichen Einigung kam – Schneider-Ammann hielt nach wie vor an jenem Satz auf Seite 59 fest, aufgrund dessen der Bauernverband auf die Barrikaden gegangen war. Immerhin gestand Ritter anfangs Mai in der NZZ ein, dass er nicht grundsätzlich gegen Freihandel sei, dass es aber rote Linien gebe, beispielsweise solle auch in Zukunft zugunsten der Ernährungssicherheit der heutige Anteil der importierten Lebensmittel von rund 40 Prozent beibehalten werden und nicht weiter steigen. Zeit für eine «Versachlichung der Diskussion» bleibe, so Ritter, weil acht betroffene EU-Länder zum EU-Mercosur-Abkommen Vorbehalte geäussert hätten und damit jene Verhandlungen noch andauern dürften. Einig seien sich Schneider-Ammann und Ritter jedoch gewesen, dass es in der Kommunikation zwischen dem Bundesamt für Landwirtschaft (BLW) und dem Bauernverband Verbesserungspotenzial gebe; seither tausche man sich wieder aus.

Am 4. Juni 2018 wurde die Gesamtschau des Bundesrates im Nationalrat behandelt und mit 108 zu 74 Stimmen (7 Enthaltungen) zur Überarbeitung an den Bundesrat zurückgewiesen, womit sich die Aggrarlobby im Parlament vorerst gegen den Bundesrat durchsetzen konnte.

Bauern gegen Freihandel
Dossier: Accord de libre-échange avec les pays du MERCOSUR

Die Frage, wie die Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ der SVP umgesetzt werden sollte, liess die drei grossen Wirtschaftsverbände auch im Jahr 2016 gespalten. Bevor das Geschäft in den Nationalrat kam, liess der Gewerbeverband (SGV) verlauten, dass er Kontingente und Höchstzahlen ablehne und sich stattdessen für einen „niederschwelligen“ Inländervorrang einsetze. Das Bekenntnis des Gewerbeverbands zu einer sanften Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative war für die Medien eine Überraschung, da der Verband zuletzt durch seine Nähe zur SVP aufgefallen war. Verbandsdirektor Hans-Ulrich Bigler sagte diesbezüglich in einem Interview mit dem Tagesanzeiger, dass es intern „keine grosse Opposition“ gegen diese Position gegeben habe und sich auch SVP-Vertreter dafür ausgesprochen hätten. Economiesuisse und der Arbeitgeberverband (SAV) hingegen sprachen sich vor der Nationalratsdebatte für eine strengere Umsetzung der Volksinitiatve aus. Zwar befürworteten auch sie in einer ersten Phase eine milde Umsetzung. Sollte sich diese aber als wirkungslos herausstellen, sollte der Bundesrat in einer zweiten Phase die Möglichkeit haben, strengere Massnahmen zu ergreifen, notfalls auch ohne Einwilligung der EU. Economiesuisse schwenkte jedoch um, nachdem sich der Nationalrat Mitte September für einen „Inländervorrang light“ ausgesprochen hatte, der mit den Bilateralen Verträgen kompatibel war. Man sei „erfreut“ über den Entscheid des Nationalrats, hiess es in einer Medienmitteilung des Verbands. Der Arbeitgeberverband hingegen pochte weiterhin darauf, dass die Schweiz auch ohne Zustimmung der EU Abhilfemassnahmen einführen können solle – jedoch erfolglos, wie die endgültige Ausarbeitung des Gesetzes im Dezember zeigte.
Kritik musste in der Folge vor allem Economiesuisse einstecken, deren Verbandsspitze um Präsident Heinz Karrer und Direktorin Monika Rühl Führungsschwäche vorgeworfen wurde. Anstatt bei einem Europa-Geschäft – einem Kerndossier von Economiesuisse – eine Führungsrolle einzunehmen, habe man sich hinter dem Arbeitgeberverband versteckt, resümierte etwa die NZZ.

Umsetzungsvorschläge der Wirtschaftsverbände zur Masseneinwanderungsinitiative (2016)
Dossier: initiative contre "l'immigration de masse"

Im Frühling 2015 wurde von einer Koalition aus Wirtschaft und Politik der Verein Vorteil Schweiz gegründet mit dem Ziel, die bilateralen Verträge mit der EU zu erhalten. Vorteil Schweiz wolle eine Koordinationsfunktion wahrnehmen und damit eine Verzettelung jener Gruppierungen verhindern, die sich nach dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative für die Rettung der bilateralen Verträge einsetzten, sagte Mitinitiant und BDP-Nationalrat Hans Grunder gegenüber dem Tagesanzeiger. Neben anderen Nationalräten aus den Parteien FDP, CVP, SP, GLP und Grüne wird der Verein auch von zahlungskräftigen Vertretern aus der Wirtschaft unterstützt, wie etwa von Unternehmer Jobst Wagner, der Unternehmerin Nicole Loeb oder dem Milliardär Hansjörg Wyss.

Gründung des Vereins Vorteil Schweiz

Die Neue Europäische Bewegung Schweiz (Nebs) wählte Nationalrätin Christa Markwalder (fdp, BE) anstelle des ebenfalls freisinnigen Waadtländer Nationalrats Yves Christen zur Präsidentin. Ziel der aus der Fusion verschiedener integrationsfreundlicher Gruppen hervorgegangenen Nebs bleibt ein möglichst rascher Beitritt der Schweiz zur EU. Im Herbst lancierte die Nebs eine Kampagne, welche mit Hilfe der im Vergleich zur EU hohen Schweizer Konsumentenpreise den Vorteil eines EU-Beitritts schmackhaft machen wollte.

Neue Europäische Bewegung Schweiz

Noch bevor der Bundesrat in seinem Bericht zur Europapolitik der Schweiz den Beitritt zur EU von einem strategischen Ziel zu einer Option, also einer Möglichkeit unter anderen, zurückstufte, meldete sich der Dachverband der schweizerischen Wirtschaft, Economiesuisse, zu Wort. Er wandte sich kategorisch gegen einen EU-Beitritt und erklärte die Fortführung des eingeschlagenen bilateralen Wegs „zur einzigen realistischen Option“. Für Economiesuisse wäre ein Beitritt angesichts der Notwendigkeit einer Volksabstimmung politisch nicht zu realisieren. Zudem wäre er aber auch wegen des Souveränitätsverlustes, der hohen Kosten von jährlich rund 5 Mia Fr. und den zunehmend protektionistischen Tendenzen in der EU gar nicht wünschbar. Damit die Schweiz den Weg der sektoriellen vertraglichen Vereinbarungen mit der EU weiter verfolgen könne, seien jedoch weitgehende wirtschaftspolitische Liberalisierungsschritte erforderlich, insbesondere in den Bereichen Post, Telekommunikation und Landwirtschaft.

Economiesuisse kategorisch gegen einen EU-Beitritt

Die für einen Beitritt der Schweiz zur EU kämpfenden Organisationen „Neue Europäische Bewegung“ (NEBS; rund 7000 Mitglieder) und „Bewegung Renaissance Suisse Europe“ (300 Mitglieder), welche am 4. März in der Volksabstimmung über die Initiative „Ja zu Europa“ eine schwere Niederlage erlitten hatten (23% Ja-Stimmen), beschlossen in der Folge eine Fusion.

Neue Europäische Bewegung Bewegung Renaissance Suisse Europe

Nachdem der SGB bereits während der parlamentarischen Beratungen im Herbst 1999 gedroht hatte, die bilateralen Verträge mit der EU zu bekämpfen, wenn die arbeitsmarktlichen Begleitmassnahmen unbefriedigend ausfallen würden, erneuerte er seine Drohung im Berichtsjahr, als die Verhandlungen im Baugewerbe über einen neuen Gesamtarbeitsvertrag ins Stocken gerieten. Nachdem die Situation dank der Vermittlung durch Wirtschaftsminister Couchepin deblockiert war, und die Vertragsverhandlungen erfolgreich abgeschlossen werden konnten, gab der SGB die Ja-Parole zu den Abkommen mit der EU aus.

bilateralen Verträge mit der EU

Die Delegiertenversammlung des Schweizerischen Bauernverbandes (SBV) sprach sich im November bei nur wenigen Gegenstimmen für die bilateralen Verträge mit der EU aus; das dagegen lancierte Referendum solle nicht unterstützt werden. Die Verträge würden zwar die Konkurrenz auf dem inländischen Agrarmarkt noch verstärken, böten der schweizerischen Landwirtschaft aber auch einen besseren Marktzugang in der EU, von welchem beispielsweise die Käseproduktion durchaus profitieren könnte. Allerdings verlangte der SBV von der Landesregierung, dass die einheimische Agrarwirtschaft mit gleich langen Spiessen kämpfen kann wie ihre ausländische Konkurrenz. Insbesondere sollen die Konsumenten obligatorisch über die Herkunft und die Produktionsmethoden von Agrarprodukten informiert werden müssen. Dies würde es den Verbrauchern erlauben, eine faire Wahl zwischen den inländischen und den nicht zuletzt wegen den in den EU-Staaten zum Teil wesentlich tieferen Standards (z.B. bezüglich Tierhaltung) billigeren ausländischen Erzeugnissen zu treffen. Eine entsprechende Eingabe hatte der SBV bereits zu Jahresbeginn zusammen mit dem Schweizer Tierschutz und Konsumentenorganisationen an den Bundesrat gerichtet.

Eine eher seltene Allianz entstand im Vorfeld der WTO-Konferenz in Seattle (USA) vom Dezember. Der SBV verlangte gemeinsam mit den Gewerkschaftsdachverbänden SGB und CNG, Umweltschutzorganisationen und Hilfswerken vom Bundesrat, sich im Rahmen der WTO nicht für eine weitere Liberalisierung der weltweiten Wirtschaftsbeziehungen einzusetzen.

Sichtweise des SBV zu den bilateralen Verträgen und der WTO 1999

Das Referendum der Lega und der SD gegen die bilateralen Verträge mit der EU wurde von den Gewerkschaften nicht unterstützt. Es bestanden zwar in den Reihen der Gewerkschaften ernsthafte Befürchtungen über Lohndumping nach der Einführung der Freizügigkeit im Personenverkehr. Mit den vom Parlament beschlossenen Begleitmassnahmen, welche insbesondere eine erleichterte Allgemeinverbindlichkeitserklärung für Gesamtarbeitsverträge brachten, wurde diesen Ängsten aber weitgehend Rechnung getragen. Vor den Parlamentsverhandlungen hatte die Gewerkschaft Bau und Industrie (GBI) beschlossen, die Verträge mit einem Referendum zu bekämpfen, falls diese Begleitmassnahmen nicht zu ihrer Zufriedenheit ausfallen würden. Später doppelte der SGB nach, indem er unmittelbar vor Beginn der Ratsdebatten bekannt gab, dass er sein Sekretariat mit der Vorbereitung der Kampagne für ein allfälliges Referendum beauftragt habe.

Sichtweise des SGB zu den bilateralen Verträge mit der EU 1999

Die Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (AUNS), welche nach eigenen Angaben über eine Kriegskasse von knapp 4 Mio Fr. verfügt, rüstete sich für einen weiteren Abstimmungskampf. Noch bevor der Bundesrat seine Botschaft über bewaffnete Armeeeinsätze im Ausland verabschiedet hatte, beschloss sie an ihrer Jahresversammlung vom 8. Mai in Bern, einen allfälligen zustimmenden Entscheid des Parlaments mit dem Referendum zu bekämpfen.

Keine Unterstützung durch den AUNS-Vorstand fand das von den SD und der Lega dei Ticinesi lancierte Referendum gegen die bilateralen Verträge mit der EU. Sowohl AUNS-Sekretär Fehr als auch Präsident Blocher (beide svp, ZH) beurteilten die Abkommen zwar negativ, sprachen sich aber gegen eine Teilnahme der AUNS an der Referendumskampagne aus, da die Neutralität und die Souveränität der Schweiz durch die Verträge nicht beeinträchtigt würden.

Abstimmungskampf der AUNS 1999

Die Schweizerische Handelskammer wählte am 30. März Rudolf Ramsauer als Nachfolger des altershalber zurücktretenden Kurt Moser zum neuen Direktor (Generalsekretär) des Vororts. Ramsauer hatte seine Karriere vor allem als Handelsdiplomat gemacht und war zuletzt Vizedirektor des Bundesamtes für Aussenwirtschaft.

Der Vorort betonte mehrmals die grosse Bedeutung des Abschlusses eines bilateralen Abkommens mit der EU für die schweizerische Wirtschaft und setzte in diesem Zusammenhang auch seine Inseratekampagne zugunsten eines solchen Vertrags fort. Konsequenterweise unterstützte er denn auch tatkräftig die namentlich vom Gewerbeverband bekämpfte Einführung einer leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe, welche der Vorort als wichtige Voraussetzung für einen erfolgreichen Abschluss der Vertragsverhandlungen mit der EU einschätzte.

Direktorwechsel und Position des Vororts zu den bilateralen Abkommen 1998

Der Vorort engagierte sich weiterhin für ein bilaterales Abkommen der Schweiz mit der EU. Bereits 1995 hatte er eine Inseratekampagne anlaufen lassen, welche die Bürger davon überzeugen soll, im Fall eines Referendums ein Ja zum Verhandlungsergebnis in die Urne zu legen. Im Dezember forderte er an einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem Arbeitgeber- und dem Gewerbeverband die Behörden zum raschen Abschluss der Verhandlungen auf. Angesichts der grossen Bedeutung dieses Abkommens für die Volkswirtschaft sei es auch in Kauf zu nehmen, wenn in einzelnen Bereichen (namentlich beim Dossier Landverkehr) zusätzliche Konzessionen gewährt werden müssen. Der Vorort lehnte konsequenterweise auch das von Gewerbekreisen gegen die leistungsabhängige Schwerverkehrsabgabe lancierte Referendum ab, da ein Verzicht auf diese Abgabe die Verhandlungen mit der EU gefährden würde.

Vorort befürwortet das bilaterale Abkommen der Schweiz mit der EU

Der Vorort feierte im Berichtsjahr seinen 125. Geburtstag. Dieser Anlass wurde vom Präsidenten Andreas Leuenberger lediglich für einen allgemeinen Tour d'horizon – mit Betonung auf der Notwendigkeit einer Verbesserung des Wirtschaftsstandorts Schweiz im internationalen Wettbewerb – und nicht für das Setzen von neuen Akzenten genutzt. In der selben Tonlage waren auch die Ausführungen Leuenbergers zur Europapolitik der Schweiz gehalten. Er stellte sich voll hinter die bilateralen Verhandlungen des Bundesrats und sprach sich dagegen aus, bereits jetzt zur Frage eines Beitritts der Schweiz zur EU Position zu beziehen.

Durch den Rücktritt seines Direktors Heinz Allenspach (fdp, ZH) aus dem Nationalrat verlor der Arbeitgeberverband seine direkte Verbindung zum Parlament. Immerhin schafften mit Erich Müller (fdp, ZH) und Johannes Randegger (fdp, BS) zwei Manager von internationalen Grosskonzernen den Einzug in den Nationalrat.

125. Geburtstag und neue Nationalratsvertretung des Vororts

Zweites wichtiges Kongressthema war die Diskussion über ein Papier der SGB-Leitung zur europäischen Integration. Die Delegierten äusserten sich vorwiegend positiv zu einem Beitritt der Schweiz zur EG, knüpften daran allerdings einige Bedingungen im sozialen Bereich. Es waren vor allem die Delegierten des SMUV und der GBH, welche sich für einen Beitritt einsetzten und den Vorstand zu einer rascheren Gangart drängten. Eine Delegiertenkonferenz des SMUV beschloss im November, die von einigen Medienunternehmen lancierte Volksinitiative für die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit der EG zu unterstützen.

SGB über die europäische Integration