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Der Bundesrat beantragte dem Parlament, die 1974 bei der Ratifizierung der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) gemachten Vorbehalte und Auslegenden Erklärungen zurückzuziehen. Diese betrafen Art. 6 und bezogen sich auf die Garantie einer öffentlichen Gerichtsverhandlung und Urteilsverkündung, welche die Schweiz im Falle von nach kantonalem Recht durchgeführten Verhandlungen vor Verwaltungsbehörden nicht gewährleisten konnte. Die Auslegenden Erklärungen bezogen sich auf die Garantie einer gerichtlichen Überprüfung von Verwaltungsentscheiden und die Verpflichtung, Angeklagten unentgeltlich Verteidiger und Dolmetscher zur Verfügung zu stellen. Die Rechtssprechung sowohl des europäischen Gerichtshofs als in der Folge auch des Bundesgerichts hatte diese Vorbehalte und Erklärungen als unzulässig beurteilt. Da sie damit ihre Existenzberechtigung verloren haben, schlug der Bundesrat vor, sie auch formal fallenzulassen. Der Nationalrat stimmte diesem Antrag bei zwei Enthaltungen (Föhn, svp, SZ und Beck, lp, VD) zu.

Genozid-Konvention der UNO von 1948

Der Bundesrat legte dem Parlament einen im Jahr 1997 mit Thailand abgeschlossenen Vertrag über die Überstellung von Straftätern zur Ratifizierung vor. Das Interesse der Schweiz an diesem Vertrag liegt primär darin, dass dieser schweizerischen Delinquenten erlaubt, ihre Strafe in einem schweizerischen Gefängnis zu verbüssen, wovon man sich auch bessere Resozialisierungseffekte verspricht. Dieser Vertrag – der einem Europarats-Übereinkommen nachempfunden ist – eröffnet freilich nur die Möglichkeit einer Rückführung, ein Rechtsanspruch besteht jedoch nicht. Der Hintergrund für diese nichtzwingende Regelung besteht darin, dass in Thailand die allgemeinen Strafmasse, insbesondere aber diejenigen für Drogendelikte drastisch höher sind als in der Schweiz, und die Schweiz nicht bereit war, diese thailändischen Urteile in jedem Fall zu vollziehen.

Staatsvertrag mit Thailand zur Überstellung von Straftätern (BGR 99.031)
Dossier: Traité entre la Suisse et la Thaïlande sur la transfèrement des délinquants (2000)

Der Nationalrat hiess eine Motion des Ständerates aus dem Vorjahr gut, welche klare Regeln für die Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder auf die an einer Untersuchung beteiligten Behörden verlangt. Eine Motion Heim (cvp, SO), welche forderte, dass derartige Gelder, wenn sie aus Drogendelikten stammen, vom Bund gleich wie bereits von einigen Kantonen (FR, GE, VD) für die Drogenprävention und -bekämpfung verwendet werden, wurde in Postulatsform überwiesen. Die Forderung Heims war auch von der Interessengemeinschaft private Drogenhilfe (IGPD) vorgebracht worden. In der Wintersession gab der Nationalrat auch noch einer parlamentarischen Initiative Gross (sp, TG) mit entsprechendem Inhalt Folge.

Bundesgesetz zur Aufteilung von staatlich beschlagnahmten deliktisch erworbener Gelder

Mit einer von Parteikollegen, aber auch vielen Vertretern der SVP und der LP sowie einigen Freisinnigen und Christlichdemokraten unterzeichneten parlamentarischen Initiative verlangte Nationalrat Scherrer (fp, BE) die Schaffung von gesetzlichen Grundlagen für die Einrichtung von Schnellgerichten für die rasche Aburteilung von Kleindelinquenten wie Ladendiebe, Schwarzfahrer, Sprayer etc. Er berief sich dabei auf Erfahrungen in den USA (namentlich New York), wo sich solche Einrichtungen als effizientes Mittel zur Bekämpfung derartiger Delikte erwiesen hätten. Auf Antrag seiner Kommission für Rechtsfragen, welche primär damit argumentiert hatte, dass die Prozessordnung vorläufig noch in den Kompetenzbereich der Kantone falle, lehnte der Rat den Vorstoss mit deutlichem Mehr ab.

Schnellgerichten für die rasche Aburteilung von Kleindelinquenten (Pa.Iv. 98.409)

Der Nationalrat lehnte eine von der SVP und der FP unterstützte Motion Gusset (fp, TG) für eine Revision des Rassismusartikels im Strafgesetzbuch mit 96 zu 42 Stimmen ab. Gusset hatte dabei namentlich ein präzisere Fassung von einzelnen Bestimmungen wie etwa «Propagandaaktionen» verlangt, da sowohl in der Bevölkerung als auch bei den Gerichten Unklarheit bestehe, welche Äusserungen in welchen Formen nun strafbar seien und welche nicht. Der Bundesrat teilte zwar die Meinung, dass der Rassismusartikel Auslegungsprobleme biete, dies sei jedoch bei neuen gesetzlichen Bestimmungen oft der Fall. Er beantragte, da ihm keine besser geeigneten Formulierungen bekannt seien, erfolgreich die Ablehnung der Motion.

Motion Gusset zum Antirassismusgesetz (Mo. 97.3327)
Dossier: La norme pénale antiracisme de 1995 et ses suites

Der Nationalrat überwies eine Motion Baumberger (cvp, ZH) für eine Ratifizierung des Zusatzprotokolls von 1952 zur Europäischen Menschenrechtskonvention, welches die Schweiz 1976 unterzeichnet hat. Inhaltlich geht es bei diesem Protokoll um den Schutz vor willkürlicher Enteignung, um das Recht auf Bildung und um die Durchführung von geheimen und freien Wahlen. Der Bundesrat erklärte sich mit der Motion einverstanden, will aber zuerst noch eine Konsultation der interessierten Kreise und der Kantone durchführen.

Protocole 1 CEDH
Dossier: les protocoles complétant la CEDH

Am 10. Dezember wurde der 50. Jahrestag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte durch die UNO gefeiert. Die Schweiz beging diesen Anlass mit diversen Symposien, Leitartikeln in der Presse und Ansprachen – unter anderem durch Bundespräsident Cotti und Ständeratspräsident Rhinow (fdp, BL) vor der Vereinigten Bundesversammlung. Bei dieser Gelegenheit erschien auch eine CD-ROM mit dem Titel «Isle of Right», welche primär einem jugendlichen Publikum auf spielerische Weise die Geschichte und die Bedeutung der Menschenrechte näherbringen will.

der 50. Jahrestag der Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte

Nachdem im Vorjahr das Parlament der Verlängerung der Verjährungsfrist bei Sexualdelikten mit Kindern wieder auf zehn Jahre zugestimmt hatte, kam der Bundesrat nun auch dessen 1997 als Postulat überwiesener Forderung nach, die Verjährungsfrist bei diesen Tatbeständen erst ab dem 18. Altersjahr des Opfers laufen zu lassen. Im August gab er eine entsprechende Sexualstrafrechtsrevision in die Vernehmlassung.

Vernehmlassung zur StGB-Revison (kinderpornografie/sexueller Missbrauch von Kindern)
Dossier: L'audidt de la CP en matière de la pornographie enfantine et de l'abus sexuels sur des mineurs

Noch strengere Massnahmen gegen rückfallgefährdete Gewalttäter als das revidierte Strafgesetzbuch verlangt eine im Oktober lancierte Volksinitiative mit dem Titel «für lebenslange Verwahrung für nicht therapierbare, extrem gefährliche Sexual- und Gewalttäter». Diese sieht nicht nur den Verzicht auf eine Freilassung nach Verbüssung der Zuchthausstrafe vor, sondern auch die Streichung von Hafturlauben. Falls das Gutachten, das eine Nichttherapierbarkeit konstatiert hat, durch eine spätere Beurteilung revidiert wird, könnten die Behörden die Verwahrung aufheben. Sollte der Verurteilte rückfällig werden, wären allerdings diese Behörden haftbar. Treibende Kraft hinter dieser Initiative sind Mütter von jugendlichen Opfern von brutalen Gewalt- und Sexualdelikten; dem Komitee gehören aber auch Mitglieder der Jungen SVP (Thomas Fuchs, BE) resp. der Freiheits-Partei (Jürg Scherrer, BE) an. (Siehe auch Motion Aeppli).

Verwahrungsinitiative
Dossier: Internement à vie pour les délinquants jugés (Initiative populaire et loi)

In der Vernehmlassung stiess insbesondere die Aufwertung der Bestechung im Privatbereich zu einem Offizialdelikt auf breite Kritik. Alle vier Bundesratsparteien, aber auch der Vorort und die linke Vereinigung «Demokratische Juristinnen und Juristen» lehnten diese Gleichbehandlung von staatlicher und privater Sphäre ab. Wenig Zustimmung fanden auch die neuen Vorschriften über das sogenannte Anfüttern. Dieser Tatbestand sei derart unklar, dass die Gefahr von willkürlicher Strafverfolgung bestehe. Mit der Strafbarkeit der Bestechung ausländischer Beamter erklärte sich der Vorort einverstanden, auch wenn er zu bedenken gab, dass damit die Bewerbung um Staatsaufträge in Ländern, wo derartige Zahlungen landesüblich seien, gravierend erschwert würde.

Reform des Korruptionsstrafrechts betreffend Bestechung im nichtstaatlichen Bereich
Dossier: Changement de la CP en matière de la corruption de fonctionnaires

Im September publizierte der Bundesrat die Botschaft für eine Revision des Strafgesetzbuchs (Allgemeine Bestimmungen, Einführung und Anwendung). Während den rund zehnjährigen Vorarbeiten hatten sich – ausgelöst von Morden durch rückfällige Gewalttäter – einige Akzentverschiebungen ergeben. Der Entwurf verfolgt zwar immer noch das Ziel, kurze, d.h. nicht länger als sechs Monate dauernde Freiheitsstrafen durch Geldstrafen und gemeinnützige Arbeiten zu ersetzen. Er enthält aber auch Massnahmen zum Schutz vor gemeingefährlichen und nicht resozialisierbaren Gewalttätern. Diese sollen von den Richtern auf über die Freiheitsstrafe hinausgehende Zeit verwahrt werden können. Die Fortführung dieser Verwahrung würde jährlich von den Vollzugsbehörden und alle fünf Jahre durch ein Gericht überprüft. Eine bedingte vorzeitige Entlassung (nach Verbüssen von zwei Dritteln der Strafe) müsste bei gefährlichen Tätern neu von einer interdisziplinären Konsultativkommission beurteilt werden. Als weitere Neuerung schlägt der Gesetzesentwurf eine Verbesserung der strafrechtlichen Mittel für Fälle vor, bei denen es schwierig ist, Einzelpersonen verantwortlich zu machen (z.B. Umweltkatastrophen). Hier soll in Zukunft auch ein ganzes Unternehmen strafrechtlich verfolgt werden können.
Der StGB-Revisionsentwurf sieht weiteren vor, ein spezielles Jugendstrafrecht zu schaffen. Dabei soll die Strafmündigkeitsgrenze von sieben auf zehn Jahre erhöht werden. Andererseits sollen Jugendliche über 16 Jahre für schwere Straftaten strenger bestraft werden können als bisher, indem für die die Maximaldauer des Freiheitsentzugs von einem auf vier Jahre erhöht wird.

Revision des Strafgesetzbuchs (2003) Parlamentarisches Verfahren
Dossier: Modification de CP, CPM et loi fédérale sur le droit pénal des mineurs (2006)

Die Rechtsprechung war weiterhin mit der Suche nach einer einheitlichen Auslegung des Antirassimusgesetzes befasst. In Genf wurde die erstinstanzliche Verurteilung eines Buchhändlers bestätigt, der ein antisemitische Passagen enthaltendes Buch des französischen Philosophen Roger Garaudy verkauft hatte. Da der Buchhändler nicht aus antisemitischen Gründen gehandelt habe, reduzierte das Gericht die Busse. In einem analogen Fall hatte demgegenüber das Waadtländer Kantonsgericht einen erstinstanzlich verurteilten Buchhändler mit der Begründung freigesprochen, dass nur der Autor und der Herausgeber derartiger Publikationen bestraft werden können. Das Bezirksgericht Baden (AG) sprach gegen zwei notorische Holocaust-Leugner, den Basler Publizisten Jürgen Graf und dessen Verleger, den im Aargau lebenden Deutschen Gerhard Förster, exemplarisch hohe Strafen aus. Sie wurden zu einem unbedingten Freiheitsentzug von 15 resp. 12 Monaten verurteilt.

Einheitliche Auslegung des Antirassismusgesetz von 1995
Dossier: La norme pénale antiracisme de 1995 et ses suites

Im Berichtsjahr unterbreitete der Bundesrat eine Verschärfung der Vorschriften gegen die harte Pornographie und gegen extreme Gewaltdarstellungen. Hier soll zukünftig nicht nur die Herstellung und Verbreitung, sondern auch der Besitz strafbar werden. Beide Vorschläge wurden in der Vernehmlassung einhellig begrüsst. Im Rahmen der StGB-Revision beantragte der Bundesrat, dass im Ausland begangener sexueller Missbrauch von Kindern auch dann in der Schweiz verfolgt wird, wenn die Tat im betreffenden Staat nicht strafbar ist.

Parlamentarische Vorstösse zur Strafbarkeit des Besitzes von Kinderpornografie
Dossier: L'audidt de la CP en matière de la pornographie enfantine et de l'abus sexuels sur des mineurs

Im Juli gab der Bundesrat den Vorentwurf für eine Reform des Korruptionsstrafrechts in die Vernehmlassung. Das Projekt sieht vor, aktive Bestechung nicht mehr als Vergehen, sondern als Verbrechen zu ahnden, was eine Erhöhung des Strafmasses und eine Verlängerung der Verjährungsfrist bedeuten würde. Verboten werden soll zusätzlich auch das sogenannte Anfüttern, d. h. Geschenke und Zuwendungen an Amtsträger, die nicht direkt mit dem Vollzug einer Amtshandlung zusammenhängen, sondern eher ein «gutes Klima» schaffen und das Terrain für spätere Bestechungsversuche vorbereiten sollen. In Übereinstimmung mit der diesbezüglichen OECD-Konvention soll neu auch die Bestechung ausländischer Amtsträger strafbar werden. Die aktive und passive Bestechung im nichtstaatlichen Bereich soll gemäss dem Entwurf von einem Antragsdelikt im Rahmen des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb zu einem strafrechtlichen Offizialdelikt werden.

Reform des Korruptionsstrafrechts betreffend Bestechung im nichtstaatlichen Bereich
Dossier: Changement de la CP en matière de la corruption de fonctionnaires

Die im Rahmen der Totalrevision der Bundesverfassung im Paket Justizreform vom Bundesrat beantragte Kompetenz zur Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen wurde vom Parlament gutgeheissen. Widerstand gab es nur von den Liberalen Leuba (VD) und Sandoz (VD), welche das Projekt aus grundsätzlich föderalistischen Gründen bekämpften. Die Vorlage konnte allerdings im Berichtsjahr infolge von Differenzen zwischen den beiden Räten zu anderen Reformteilen noch nicht verabschiedet werden. Die in den Vorjahren eingereichten und akzeptierten Standesinitiativen verschiedener Kantone für diese Vereinheitlichung konnten als erfüllt abgeschreiben werden (95.301 / 95.302 / 95.304 / 95.305 / 95.307 / 96.300 / 96.315). Die praktische Umsetzung dieser Vereinheitlichung wird freilich noch einige Zeit dauern. Der Fahrplan des EJPD sieht eine Vernehmlassung frühestens im Jahr 2000 und die Inkraftsetzung nicht vor 2005 vor. Eine Expertenkommission präsentierte zu Jahresbeginn einen ersten Grundlagenbericht für ein künftiges Strafprozessgesetz. Dabei fassten die Wissenschafter einige Grundsatzentscheide. So sprach sich eine Mehrheit dafür aus, die Strafuntersuchung nicht durch den Staatsanwalt, sondern durch einen unabhängigen Untersuchungsrichter leiten zu lassen. Diese Regelung gilt heute in allen Kantonen ausser Basel-Stadt und Tessin. Auf in einigen anderen Staaten praktizierte Neuerungen wie etwa das «plea bargaining», d.h. das Aushandeln von Schuldanerkennung und Strafmass (USA), oder eine Kronzeugenregelung (Italien) soll nach Meinung der Experten verzichtet werden.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Révision totale de la Constitution fédérale 2/2: MCF 96.091 (1996 à 2000)

Der im Vorjahr in die Vernehmlassung gegebene Gesetzesvorentwurf für eine Vereinheitlichung der bisher kantonal geregelten Vorschriften über die Berufsausübung von Anwälten fand ein positives Echo. Einzig die LP hätte aus grundsätzlich föderalistischen Gründen eine Konkordatslösung vorgezogen.

Vernehmlassung zum Bundesgesetz über die Freizügigkeit der Anwältinnen und Anwälte
Dossier: Loi sur la Libre circulation des avocats (2002)

Die im Vorjahr eingeleitete Vernehmlassung über einen Beitritt der Schweiz zum internationalen Übereinkommen zum Verbot und zur Verhütung des Völkermordes (Genozid-Konvention) der UNO von 1948 ergab breite Zustimmung. Die SP und Amnesty International verlangten, dass bei der notwendigen Anpassung der Strafrechtsnormen der Begriff Genozid nicht nur ethnische, sondern auch soziale und politische Gruppen einschliessen soll.

Genozid-Konvention der UNO von 1948

Bei den Grundrechten gaben namentlich das Diskriminierungsverbot und das Streikrecht zu reden. Bei ersterem ging die Auseinandersetzung nicht um das Verbot der Diskriminierung an sich, sondern um die Frage, ob die Gruppen, welche namentlich nicht diskriminiert werden dürfen, einzeln exemplarisch zu nennen seien, und wenn ja, welche dazugehören würden. Der Ständerat entschied sich gegen eine Aufzählung. Die CVP und die Linke setzten sich im Nationalrat hingegen erfolgreich für eine – nicht abschliessende – Aufzählung ein, da damit auch ein Signal an die Bevölkerung zugunsten dieser Gruppen ausgesendet werde. Der Ständerat fügte sich in der Differenzbereinigung diesem Entscheid. Das Recht auf Streik und Aussperrung (mit der Einschränkung, dass sie Arbeitsbeziehungen betreffen und keine vertraglichen Friedenspflichten verletzen dürfen) wurde vom Ständerat mit dem Argument gestrichen, dass dieses Recht zwar durch die Rechtsprechung gewährleistet sei, ihm aber kein Grundrechtscharakter zukomme. Die vom Bundesrat vorgeschlagene Formel setzte sich im Nationalrat jedoch gegen einen namentlich von der SVP und einer Mehrheit der FDP getragenen Streichungsantrag mit 91:67 Stimmen durch. In der Differenzbereinigung gab der Ständerat insofern nach, als er zwar kein Grundrecht auf Streik anerkannte, aber diesen unter den erwähnten Bedingungen für zulässig erklärte.

Grundrechte und Sozialstaatlichkeit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Révision totale de la Constitution fédérale 2/2: MCF 96.091 (1996 à 2000)

Bei den Grundrechten wichen die Räte in zwei Punkten von ihrer Devise ab, keine materiellen Neuerungen gegenüber der bestehenden Verfassung und der Rechtspraxis einzuführen. Nachdem sich Redner aus allen Parteien dafür eingesetzt hatten, nahm der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission einen Artikel in die Verfassung auf, der den Bund verpflichtet, auf dem Gesetzesweg Massnahmen zur Beseitigung von Benachteiligungen von Behinderten zu treffen. Der Ständerat hatte einen entsprechenden Antrag Brändli (svp, GR) ursprünglich abgelehnt, lenkte dann aber ein. Der Nationalrat nahm zudem in erster Lesung einen von der SP geforderten speziellen Kinderartikel unter die Grundrechte auf. Danach sollen Kinder und Jugendliche Recht auf besonderen Schutz und Anspruch auf eine harmonische Entwicklung haben. Bundesrat Koller hatte vergeblich gegen den Anspruch auf harmonische Entwicklung argumentiert, dass damit ein einklagbares Grundrecht geschaffen werde, das gar nicht justiziabel sei. Der Ständerat reduzierte diesen Anspruch dann auf das Postulat der Förderung der Entwicklung der Kinder und Jugendlichen und konnte sich damit durchsetzen.

Grundrechte und Sozialstaatlichkeit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Révision totale de la Constitution fédérale 2/2: MCF 96.091 (1996 à 2000)

Das Urteil eines Schaffhauser Gerichtes gegen Emil Rahm wegen Verbreitung eines Buches, welches antisemitische Aussagen enthält, führte zu einer Petition des zu einer Busse von CHF 5'000 Verurteilten an die Bundesversammlung. Er verlangte darin eine Ergänzung des Antirassismusgesetzes für dessen Auslegung bei Klagen gegen Verleger und Buchhändler. Insbesondere forderte er, in diesen Fällen auch die Gesinnung des Angeklagten miteinzubeziehen und – bei nicht rassistischer Gesinnung – diesen für den Vertrieb von gerichtlich nicht verbotenen Büchern nicht zu bestrafen. Der Ständerat sah jedoch keinen Anlass, das Gesetz in diesem Sinne zu präzisieren. Der Schweizerische Buchhändler- und Verlegerverband erkannte allerdings ebenfalls Probleme bei der Auslegung der neuen Strafnorm, welche bereits mehrmals zur Verurteilung von Buchhändlern geführt hatte. Er beschloss deshalb, ein juristisches Gutachten in Auftrag zu geben. In der Westschweiz führte die erstinstanzliche Verurteilung eines Buchhändlers, der ein antisemitische Passagen enthaltendes Buch des französischen Philosophen Garaudy vertrieben hatte, zu einer grundsätzlichen Diskussion über die Einschränkung der Meinungsfreiheit durch das Antirassismusgesetz.

Einheitliche Auslegung des Antirassismusgesetz von 1995
Dossier: La norme pénale antiracisme de 1995 et ses suites

Beim Paket «Nachführung» schlossen sich beide Kommissionen dem Bundesratsvorschlag für einen umfassenden Grundrechtskatalog an. Sie waren sich einig, dass in dieser Nachführung auch Platz für bestimmte konsensfähige Neuerungen sein soll. So nahmen sie ein explizites Diskriminierungsverbot auf, in dem die wichtigsten Tatbestände möglicher Diskriminierung (Rasse, Geschlecht, Religion etc.) beispielhaft aufgeführt sind. In einigen Bereichen der Grundrechte schwächte die ständerätliche Kommission die Version des Bundesrates leicht ab; so etwa bei der Garantie des Redaktionsgeheimnisses und des Streikrechts. An der von Wirtschaftsseite bekämpften Aufnahme von Sozialzielen in die Verfassung hielten beide Kommissionen fest, allerdings auch am Zusatz, dass daraus keine direkt anwendbaren Ansprüche auf staatliche Leistungen abgeleitet werden können. In der Gesamtabstimmung passierte die Nachführung deutlich, wenn sich auch in der nationalrätlichen Kommission fünf der neun SP-Kommissionsmitglieder der Stimme enthielten. Diese Unzufriedenheit der Linken und die über hundert Minderheitsanträge kündigten an, dass die Debatte längst nicht abgeschlossen ist.

Grundrechte und Sozialstaatlichkeit in der revidierten Bundesverfassung (BRG 96.091)
Dossier: Révision totale de la Constitution fédérale 2/2: MCF 96.091 (1996 à 2000)

Die Kommissionen zur Vorberatung der Totalrevision der Bundesverfassung stimmten der vom Bundesrat beantragten Vereinheitlichung der kantonalen Strafprozessordnungen zu. Gemäss dem Entwurf ist sowohl beim Zivil- als auch beim Strafrecht allein der Bund für die Regelung der Verfahren zuständig. In der Kompetenz der Kantone verbleibt die Organisation der Gerichte und der Vollzug.

Justizreform (BRG 96.091)
Dossier: Révision totale de la Constitution fédérale 2/2: MCF 96.091 (1996 à 2000)

In der Differenzbereinigung fasste der Nationalrat das Zeugnisverweigerungsrecht wieder etwas enger. Von seiner ursprünglichen Position, die Interessenabwägung zwischen Quellenschutz und Strafverfolgung dem Ermessen des Richters zu überlassen, kam er ab und erweiterte auf Anregung von Rolf Engler (cvp, AI) den vom Ständerat beschlossenen Ausnahmekatalog vom Zeugnisverweigerungsrecht auf 21 Tatbestände. Neben den Gewaltdelikten listete er abschliessend unter anderem harte Pornographie, Pädophilie, Geldwäscherei, Korruption und die organisierte Kriminalität auf. Der Ständerat fügte diesem noch Fälle von schwerem Drogenhandel an, was auch die Zustimmung des Nationalrates fand. Insgesamt müssen Journalisten ihre Quellen damit bei 22 Strafrechts-Tatbeständen offenlegen.

Revision des Medienstraf- und Verfahrensrechts

Die im Vorjahr vom Nationalrat überwiesene Motion der Sozialdemokratin Aeppli (ZH) für die Verwahrung von Gewalttätern mit schweren Persönlichkeitsstörungen fand auch im Ständerat ungeteilte Zustimmung. Die Absicht eines Mitglieds der Jungen SVP des Kantons Bern, eine Volksinitiative für die Wiedereinführung der Todesstrafe zu lancieren, erzeugte zwar grosses Aufsehen in den Medien, verlief aber im Sande. Die Leitung der Berner SVP hatte für den Fall der Lancierung mit einem Parteiausschluss gedroht.

Motion Aeppli zur Verwahrung von Gewalttätern (Mo. 96.3504)
Dossier: Internement à vie pour les délinquants jugés (Initiative populaire et loi)

Das seit anfang 1995 geltende Antirassismusgesetz führt nach Ansicht eines Teils der bürgerlichen Nationalräte bei den Gerichten zu Auslegungsschwierigkeiten und bewirke damit nicht nur Rechtsunsicherheit, sondern bedrohe auch das Recht auf freie Meinungsäusserung. Eine von 17 Freisinnigen und 23 SVP-Politikern mitunterzeichnete Motion von Nationalrat Gusset (fp, TG) forderte deshalb eine Teilrevision. Der Vorstoss verlangt, dass die Bestimmungen namentlich bezüglich «Propagandaaktionen» präziser gefasst werden und die Vorsätzlichkeit stärker gewichtet wird. Der Bundesrat empfahl, die im Berichtsjahr noch nicht behandelte Motion abzulehnen.

Motion Gusset zum Antirassismusgesetz (Mo. 97.3327)
Dossier: La norme pénale antiracisme de 1995 et ses suites