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Jahresrückblick 2023: Bildung und Forschung

Im Jahr 2023 war der Bereich Bildung und Forschung von keinem grösseren Ereignis geprägt, es waren vielmehr verschiedene kleinere Debatten, die im Laufe des Jahres inner- und ausserhalb des Parlaments geführt wurden. Dies zeigte sich auch in der Medienberichterstattung (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse), wo sich kein grösserer inhaltlicher Schwerpunkt feststellen lässt. Generell brachten die Medien dem Themenbereich «Bildung und Forschung» im Vergleich zu den Vorjahren relativ wenig Interesse entgegen (vgl. Abbildung 2). Zweifellos wurden aber 2023 auch in diesem Themenbereich wichtige Punkte debattiert.

Bei den Grundschulen, insbesondere auf Primarstufe, war der Lehrkräftemangel ein wichtiges Thema. Wie bereits im Vorjahr waren auch im Frühling 2023 im Hinblick auf das neue Schuljahr noch viele Stellen unbesetzt. Um diesem Problem auf den Grund zu gehen, überwies das Parlament zwei Postulate, die einen Bericht zu den Gründen für den Berufswechsel von Lehrpersonen und eine systematische Evaluation der vergangenen und laufenden Schulreformen forderten. Eine weitere Motion, die verlangte, dass Absolventinnen und Absolventen der Berufsmatura ohne Aufnahmeprüfung zum Studium als Primarlehrerin oder Primarlehrer an der PH zugelassen werden, scheiterte im Ständerat. Durch Annahme eines weiteren Postulats ist der Bundesrat jedoch angehalten, die Zulassungsbedingungen zur PH zu überprüfen.

In der Berufsbildung verlangte eine viel beachtete Motion die Anpassung der Titel von Abschlüssen: Durch die Einführung der sogenannten Titeläquivalenz durch die Schaffung eines Professional Bachelor und Professional Master soll eine Aufwertung der höheren Berufsbildung (HBB) im In- und Ausland erfolgen. Der Vorstoss scheiterte jedoch im zweitberatenden Ständerat; befürchtet wurde eine Verwechslung mit den akademischen Titeln der universitären Hochschulen. Jedoch wird der Bundesrat 2024 in Erfüllung zweier Motionen (Mo. 18.3392 und Mo. 18.3240) einen Entwurf in die Vernehmlassung schicken, in dem die Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» lediglich als Zusätze zu den bestehenden und geschützten Berufsbezeichnungen eingeführt werden sollen, wie der Bundesrat im November 2023 in einem Bericht erklärte. Die neuen international verständlichen Titel sollen also nur gemeinsam mit den eidgenössisch anerkannten HBB-Titeln getragen werden dürfen.

Bei den Beziehungen der Schweiz zur EU kam es im Berichtsjahr zu keiner substanziellen Einigung (vgl. Jahresrückblick zur Aussenpolitik), daher bewegte sich auch bei der von der Schweiz gewünschten Assoziierung an das Forschungsprogramm Horizon nicht viel. Allerdings beschloss der Bundesrat für das Jahr 2023 Übergangsmassnahmen in der Höhe von CHF 625 Mio. für die Ausschreibungen des Horizon-Pakets. Zudem legte die WBK-SR einen Vernehmlassungsentwurf für das Horizon-Fonds-Gesetz vor, das zwei Basler Standesinitiativen umsetzen soll. Dieser zeitlich befristete Fonds soll die finanziellen Mittel für die Schweizer Forschungsstätten in der aktuellen Horizon-Programmperiode 2021–2027 besser sichern und die Nachteile infolge der Nichtassoziierung der Schweiz möglichst kompensieren.

Jahresrückblick 2023: Bildung und Forschung
Dossier: Rétrospective annuelle 2023

Jahresrückblick 2023: Soziale Gruppen

Von allen Themen im Bereich der «Sozialen Gruppen» berichteten die Medien im Jahr 2023 wie bereits im Vorjahr am häufigsten über Asylfragen (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse). Sowohl parlamentarische als auch ausserparlamentarische Diskussionen drehten sich im Jahr 2023 häufig um potentielle und aktuelle Kapazitätsengpässe bei der Unterbringung von Asylsuchenden, bedingt durch die stark ansteigenden Asylgesuchszahlen sowie durch zahlreiche Schutzsuchende aus der Ukraine. Dabei kam es auch zu Misstönen zwischen Bund und Kantonen. Die Kantone, aber auch die Schweizer Armee stellten im Frühherbst weitere Unterbringungsplätze zur Verfügung; im Spätherbst war die Lage zwar angespannt, eine Notlage blieb jedoch aus. Eine umfassende, respektive konkretere Notfallplanung nach weiteren Absprachen zwischen Bund und Kantonen empfahl die Evaluationsgruppe zum Schutzstatus S in ihrem Schlussbericht.

Die SVP machte den Asylbereich zu einem ihrer Haupt-Wahlkampfthemen. Anfang Juli lancierte sie die Volksinitiative «Keine 10-Millionen-Schweiz» (Nachhaltigkeitsinitiative), mit der sie unter anderem die von ihr empfundenen Missstände im Asylwesen bekämpfen will. Im Berichtsjahr verlangte die SVP zudem gleich drei ausserordentliche Sessionen zur Asylpolitik. Insgesamt fanden die zahlreichen und aus diversen Parteien stammenden Motionen im Bereich Asyl im Jahr 2023 jedoch kaum Mehrheiten im Parlament und scheiterten meist bereits im Erstrat. Der Bundesrat wiederum gab im Berichtsjahr einen Entwurf in die Vernehmlassung, mit dem der Zugang zur beruflichen Ausbildung für abgewiesene Asylsuchende und Sans-Papiers erleichtert werden soll.

In der Migrationspolitik gab die Masseneinwanderungsinitiative zu reden. Gleich bei zwei Gesetzesrevisionen wurde die Frage der Vereinbarkeit mit dem durch die Annahme der Initiative im Jahr 2014 in die Bundesverfassung aufgenommenen Zuwanderungsartikel in den Raum gestellt: Sowohl bei der Vorlage zur Beseitigung der Inländerinnen- und Inländerdiskriminierung beim Familiennachzug als auch bei derjenigen zur Lockerung der Zulassungsbestimmungen für ausländische Drittstaatenangehörige mit Schweizer Hochschulabschluss kam es wegen vertiefter Abklärungen der Verfassungsmässigkeit zu einem Marschhalt.

Die Politik setzte sich 2023 auch mit der Vereinbarkeit von Familie und Beruf auseinander. So wies ein Postulatsbericht für die Schweiz im europäischen Vergleich einen hohen gesamten geschlechtsspezifischen Einkommensunterschied (Gender Overall Earnings Gap) und einen relativ hohen geschlechtsspezifischen Unterschied bei den Gesamtrenten (Gender Pension Gap) aus. Ein weiterer Postulatsbericht zeigte Einflussfaktoren auf, die einen beruflichen Wiedereinstieg oder die Erhöhung des Arbeitspensums von Frauen mit Kindern begünstigen. Als Mittel zur verstärkten Arbeitsmarktintegration von Frauen verwies der Bundesrat darin auf die Bestrebungen zur Einführung der Individualbesteuerung sowie auf die hängige Vorlage zur Beteiligung des Bundes an den elterlichen Kita-Betreuungskosten, obwohl er Letztere ablehnte. Nachdem der Nationalrat der Vorlage im März ohne die vom Bund verlangte Gegenfinanzierung zugestimmt hatte, bestand die ständerätliche Kommission auf der Prüfung eines alternativen Modells, das 2024 in die Vernehmlassung geschickt werden soll. In jedem Fall wird sich das Parlament in Kürze wieder zur Frage der Subventionierung der Betreuungskosten äussern: Die im Vorjahr lancierte Volksinitiative «Für eine gute und bezahlbare familienergänzende Kinderbetreuung für alle» (Kita-Initiative) kam im Sommer zustande.

Nicht vorgelegt werden der Stimmbevölkerung zwei die Frauen betreffende Volksinitiativen mit dem Ziel der Reduktion von Schwangerschaftsabbrüchen. Diese scheiterten im Berichtsjahr im Sammelstadium. Erfolgreicher war eine aus der Frauensession 2021 resultierende Forderung zur Verstärkung der Erforschung von Frauenkrankheiten, die in Form einer Motion im Berichtsjahr an den Bundesrat überwiesen wurde. Ebenfalls gab der Bundesrat 2023 die Lancierung eines Nationalen Forschungsprogramms zur Gendermedizin bekannt. Die Lohngleichheit war eine der grossen Forderungen am Feministischen Streik 2023, entsprechende parlamentarische Forderungen wurden im Parlament jedoch beinahe allesamt abgelehnt.

Grundsätzlich wurde Massnahmen gegen häusliche Gewalt oder zur Verstärkung des Opferschutzes bei häuslicher Gewalt wie bereits 2022 auch 2023 ein hoher Stellenwert beigemessen. So gab der Bundesrat einen Entwurf in die Vernehmlassung, mit der die gewaltfreie Erziehung gesetzlich verankert werden soll. Als Erstrat behandelte der Nationalrat in der Wintersession zudem eine Vorlage, die ausländische Opfer von häuslicher Gewalt besser schützen will. Auch einige parlamentarische Initiativen und Motionen zur Bekämpfung häuslicher Gewalt stiessen 2023 in der Legislative auf Zuspruch.

Ende 2023 läuft die 20-jährige Frist zur Ermöglichung des barrierefreien Zugangs zum ÖV für Menschen mit Handicap ab, wie es das im Jahr 2004 in Kraft getretene Behindertengleichstellungsgesetz vorsah. Im März präsentierte der Bundesrat einen Bericht, der bei der Zugänglichkeit noch beträchtliche Lücken aufzeigte. Die rechtliche und tatsächliche Gleichstellung von Menschen mit Behinderung, sowohl im Verkehr als auch in allen weiteren Lebensbereichen, forderte die im April lancierte Inklusions-Initiative. Ebenfalls mehr Einbindung verlangten im März die Teilnehmenden der ersten Behindertensession, wobei sie ein besonderes Augenmerk auf die Teilhabe an der Politik legten. Ferner diskutierte ein im Herbst vom Bundesrat publizierter Bericht, ob der Stimmrechtsausschluss von Menschen mit einer geistigen Behinderung legitim sei. Durch die medial begleitete (Wieder-)Wahl von Philipp Kutter, Christian Lohr und Islam Alijaj in den Nationalrat dürften Menschen mit Behinderung in Zukunft auch innerhalb des Parlaments ein breiteres Sprachrohr haben.

Auch LGBTQIA-Personen erhielten durch die Kandidatur und schliessliche durch die Wahl von Anna Rosenwasser in Zürich verstärkte Aufmerksamkeit. Zu einem bedeutenden Fortschritt für schwule und bisexuelle Männer kam es dank einer vom Parlament verabschiedeten Änderung des Heilmittelgesetzes, die unter anderem einen diskriminierungsfreien Zugang zur Blutspende ermöglicht. Somit werden in Zukunft grundsätzlich alle schwulen und bisexuellen Männer nach jahrzehntelangem Ausschluss als potentielle Blutspender zugelassen. Im Berichtsjahr überwies das Parlament ferner ein Postulat, das einen Bericht zur Verbesserung der Situation von nicht-binären Personen fordert.

Jahresrückblick 2023: Soziale Gruppen
Dossier: Rétrospective annuelle 2023

Jahresrückblick 2023: Föderativer Aufbau

Autorinnen: Marlène Gerber und Catalina Schmid

Das Medieninteresse an Föderalismus und Territorialfragen war 2023 deutlich geringer als noch während der Covid-19-Pandemie, wie Abbildung 2 der angehängten APS-Zeitungsanalyse 2023 zeigt. Auch Diskussionen über den Stadt-Land-Graben wurden im Unterschied zu 2021 kaum intensiv geführt. Aufmerksamkeit erhielt er vor allem im Zusammenhang mit den eidgenössischen Wahlen und insbesondere im Kanton Zürich, wo erneut Forderungen nach der Abspaltung der Stadt Zürich vom Kanton laut wurden.

Die Aufgabenteilung zwischen den unterschiedlichen föderalen Ebenen wurde vorwiegend in der Asylpolitik virulent diskutiert. Wie bereits im Vorjahr war das Asylwesen als Verbundaufgabe zwischen Bund, Kantonen, Gemeinden und Städten auch im Jahr 2023 einer besonderen Belastungsprobe ausgesetzt. Die stark ansteigenden Asylgesuchszahlen sowie die Unterbringung von zahlreichen Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine führten teilweise zu Kapazitätsengpässen bei der Unterbringung und schufen neue Herausforderungen für alle Beteiligten. Der im Juni erschienene Schlussbericht zur Evaluation des Schutzstatus S empfahl denn auch, dass Bund und Kantone eine konkretere Notfallplanung ausarbeiten und dass darin die Rolle aller beteiligten Akteure bei Unterbringung und Erstversorgung geklärt wird. Auf Widerstand bei den Kantonen stiess ausgerechnet der abschlägige Entscheid des Ständerats während der Sommersession gegen den Bau von Containern auf dem Armeegelände für die Erstunterbringung von Asylsuchenden. Daraufhin befürchteten die Kantone, dass der Bund ihnen im Herbst erneut Personen mit laufendem Asylverfahren zustellen werde. So weit kam es indes nicht: Im Unterschied zum gleichen Zeitpunkt im Vorjahr konnten die Asylverfahren im Herbst 2023 in den Bundesasylzentren abgeschlossen werden.

Übereinstimmung zwischen den Kantonen zeigte sich im Frühling anhand einer neuen europapolitischen Standortbestimmung der KdK. Die Kantonsregierungen sprachen dem Bundesrat für erneute Verhandlungen mit der EU einstimmig ihre Unterstützung zu und äusserten sich zudem zu den einzelnen Streitpunkten bei den bilateralen Verhandlungen der Schweiz und der EU. Die Presse zeigte sich verblüfft über die subnationale Einigkeit, hatte sich doch eine Reihe von Kantonen in den vorherigen Jahren noch gegen ein Rahmenabkommen unter diesen Bedingungen ausgesprochen.

Im Herbst scheiterten bedeutende Projekte für innerkantonale Gemeindefusionen, darunter nach fünfjährigen intensiven Vorarbeiten auch die Fusion der Stadt Bern mit der Gemeinde Ostermundigen. Ende November lehnte die Ausserrhodener Stimmbevölkerung eine Grossfusion von 20 auf 3 bis 5 Gemeinden ab, befürwortete jedoch einen Eventualantrag, gemäss welchem eine zu erarbeitende gesetzliche Grundlage einzelne Gemeindefusionen ermöglichen soll.

Ein zentraler Meilenstein wurde hingegen in der Frage des Kantonswechsels von Moutier vom Kanton Bern zum Kanton Jura erreicht: Die beiden Kantone einigten sich im März nach zwei Jahren Verhandlungen im letzten verbliebenen Streitpunkt, den interkantonalen Ausgleichszahlungen, und präsentierten im Mai schliesslich einen Konkordats-Entwurf zum Kantonswechsel, der Ende November von den kantonalen Regierungen unterzeichnet wurde und der 2024 den beiden Kantonsparlamenten zur Ratifizierung vorgelegt werden soll.

Jahresrückblick 2023: Föderativer Aufbau
Dossier: Rétrospective annuelle 2023

Die SVP im Jahr 2023: Kurzüberblick

Für die SVP stand das Jahr 2023 wie auch für die übrigen Parteien stark im Zeichen der National- und Ständeratswahlen. So lancierte sie zu Jahresbeginn ihren Wahlkampf mit einem neuen Parteiprogramm, das sich unter anderem in einem eigenen Kapitel gegen «Gender-Terror und Woke-Wahnsinn» wandte. Im Lauf des Wahlkampfs rückte die Partei mit der Asyl- und Migrationspolitik indessen zunehmend zwei ihrer klassischen Kernthemen ins Zentrum; dabei wurde ihre Kampagne von der Eidgenössischen Kommission gegen Rassismus EKR als «fremdenfeindlich und hetzerisch» taxiert, worauf die Partei von Zensur sprach. Nebst ihren inhaltlichen Forderungen bescherten der SVP auch ein Wahlkampfsong, mit dem sie womöglich Urheberrechte verletzte, und ein aufwändig inszenierter Wahlkampfanlass viel Aufmerksamkeit.

Bei den Nationalratswahlen trug der intensive Wahlkampf für die Partei reiche Früchte, indem sie sowohl beim Wählendenanteil als auch bei der Sitzzahl markant zulegte und das drittbeste Resultat ihrer Geschichte erzielte. Im Ständerat musste die SVP hingegen Verluste hinnehmen und wurde nur viertstärkste Partei. Dass sich die SVP als Polpartei bei Majorzwahlen immer wieder schwertut, hatte sich auch bei den Baselbieter Wahlen gezeigt, wo sie ihren einzigen Sitz in der Kantonsregierung an die Kleinpartei EVP verlor.

Bei den Bundesratswahlen sprach sich die SVP für ein Festhalten an der bisherigen Sitzverteilung aus, erhob jedoch Anspruch auf die Nachfolge von Bundeskanzler Walter Thurnherr und legte dafür ein Zweierticket vor. In der Bundesversammlung machte jedoch der GLP-Kandidat und bisherige Vizekanzler Viktor Rossi das Rennen. Die SVP muss somit weiter auf ihre erste Bundeskanzlerin oder ihren ersten Bundeskanzler warten.

Im Übrigen zeigte sich die SVP auch in diesem Jahr aktiv bei der Nutzung der Volksrechte. So lancierte sie – passend zu ihren Wahlkampfthemen – die «Nachhaltigkeitsinitiative», die mit Massnahmen im Asyl- und Migrationsbereich das Bevölkerungswachstum bremsen soll. Zu Beginn des Jahres hatte die Partei zudem das Referendum gegen das Klimagesetz zustande gebracht – und dabei intern für böses Blut gesorgt, weil nach einem harzigen Start zur Unterschriftensammlung ein Strafgeld für Fraktionsmitglieder beschlossen wurde, die nicht mindestens 150 Unterschriften beisteuerten. An der Urne drang die SVP mit ihrem Widerstand gegen das Gesetz schliesslich nicht durch, ebensowenig wie mit ihrer Nein-Parole zur fünften Revision des Covid-19-Gesetzes.

Verschiedentlich wurde in den Medien diskutiert, ob sich die SVP genügend gegen Rechtsextremismus abgrenze. Anlass dazu boten unter anderem die in zwei Kantonen eingegangenen Listenverbindungen mit Mass-voll und das Bekanntwerden von Verbindungen einzelner SVP-Exponentinnen und -Exponenten zur Jungen Tat.

Für einige Schlagzeilen sorgten im Herbst Vorwürfe an SVP-Präsident Marco Chiesa, wonach dieser bei der Führung seiner Tessiner Treuhandfirma über ein Jahr lang gegen Vorgaben des kantonalen Gesetzes verstossen habe. Chiesa wies die Vorwürfe zurück.

Die SVP im Jahr 2023: Kurzüberblick
Dossier: Bref aperçu des partis politiques en 2023

Im Jahr 2023 behandelte das Parlament eine Vielzahl von Motionen zum Thema Asyl, die meisten davon wurden jedoch bereits im Erstrat abgelehnt.

Darunter befanden sich etliche Vorstösse aus der Feder der SVP-Fraktion oder deren Mitglieder, so etwa eine Serie von Geschäften mit der Forderung nach verstärkten «Massnahmen gegen die illegale Migration», die darauf abzielen sollten, Sans Papiers die Anwesenheit in der Schweiz zu erschweren. Die entsprechenden sieben Motionen wurden vom Nationalrat abgelehnt (Mo. 21.3487; Mo. 21.3488; Mo. 21.3489; Mo. 21.3490; Mo. 21.3491; Mo. 21.3492; Mo. 21.3493), wobei lediglich zwei dieser Vorstösse ein paar weitere befürwortende Stimmen aus anderen Fraktionen erhielten. Zwei parlamentarische Initiativen mit ähnlicher Stossrichtung wurde im Berichtsjahr keine Folge gegeben (Pa.Iv. 21.445; Pa.Iv. 21.446) und auch eine weitere Motion eines SVP-Vertretenden, die die Banken dazu verpflichten wollte, regelmässig zu überprüfen, ob sich Inhaberinnen und Inhaber ihrer Bankkonten nicht irregulär in der Schweiz aufhalten (Mo. 21.3560), wurde schon im Erstrat abgelehnt.

Ein weiterer Schwerpunkt der SVP-Forderungen betraf die Durchführung von Asylverfahren ausserhalb der Schweiz (Mo. 21.3785; Mo. 21.3992; Mo. 22.4397; Mo. 23.3086; Mo. 23.3851; Mo. 23.3950). Weder im Ständerat noch im Nationalrat fanden sich allerdings Stimmen ausserhalb der SVP-Fraktion, womit alle Vorstösse auch hier jeweils schon im Erstrat scheiterten.

Abgelehnt wurden auch weitere Motionen von Mitgliedern der SVP-Fraktion, darunter ein Vorstoss betreffend die Globalpauschale für asylsuchende und schutzbedürftige Personen (Mo. 21.4295), eine Motion zur Unterbindung der irregulären Migration von männlichen Afghanen (Mo. 23.4246), eine Motion zu den mit der Neustrukturierung des Asylbereichs geschaffenen Rechtsvertretenden (Mo. 21.3993), eine Forderung zur Bereitstellung der Armee- und Bundesliegenschaften für Schutzsuchende (Mo. 22.4506), die Forderung zur Wiedereinführung von Grenzkontrollen (Mo. 22.4397; Mo. 23.3086) sowie zwei Motionen, die eine im Sinne der SVP konsequente Durchsetzung des Dublin-Abkommens forderten (Mo. 23.3200; Mo. 23.3211): Auf Asylgesuche sollte laut der SVP nur eingetreten werden, wenn die betreffende Person glaubhaft versichern kann, dass sie nicht über ein angrenzendes Land eingereist ist. Einen Teilerfolg konnte indes ein ähnliches Anliegen verbuchen; so nahm der Nationalrat in der Herbstsession 2023 eine Motion der FDP-Fraktion an (Mo. 23.3533), die unter anderem forderte, dass der Bund auf Asylgesuche von Personen, die sich zuvor in einem sicheren Drittland aufgehalten hatten, konsequent nicht mehr eintritt.

Auch Forderungen von Links-grün waren nicht von Erfolg gekrönt. Darunter befanden sich einige Vorstösse, die eine Verbesserung der Situation von Asylsuchenden verlangten, etwa eine Motion für die Wiedereinführung des Botschaftsasyls (Mo. 21.3273), für die Schaffung eines Flüchtlingsstatus für Klimaopfer (Mo. 22.3092), zur alternativen Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Asylsuchenden (Mo. 21.3710), für eine bessere Berücksichtigung des Gesundheitszustands von Asylbewerbenden in Bundesasylzentren (Mo. 21.3250) oder zur verstärkten psychologischen Unterstützung von Geflüchteten mit Schutzstatus S (Mo. 22.3090). Vertretende der Grünen und der SP-Fraktion hatten zudem Motionen zur privaten Unterbringung (Mo. 22.4147) und zur Unterbringung in umgestalteten Bundesasylzentren (Mo. 21.3711) sowie für ein Moratorium zum Bau neuer Bundesasylzentren (Mo. 21.3672) eingereicht, die ebenfalls 2023 schon im Erstrat abgelehnt wurden. Das gleiche Schicksal ereilte auch eine Motion, die die Berufsvorbereitung für Geflüchtete und andere spät Zugewanderte erleichtern wollte (Mo. 21.4064).

Ebenfalls abgelehnt wurde eine von links-grüner Seite eingereichte Motion zur Neubeurteilung von Asylgesuchen aus Afghanistan (Mo. 21.4055). Kurz nach Ablehnung letzterer Motion beschloss das SEM im Juli jedoch eine Praxisänderung, gemäss welcher weiblichen afghanischen Asylsuchenden grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Diese Praxisänderung stiess bei Vertretenden der FDP und SVP auf Widerstand, der sich in Form mehrerer neu eingereichter Vorstösse (Mo. 23.4020; Mo. 23.4241; Mo. 23.4246; Mo. 23.4247) und einer ausserordentlichen Session ausdrückte.

Im Erstrat abgelehnte Vorstösse zum Thema Asyl (2023)

Auf Antrag des Bundesrates oder eines Viertels der Mitglieder des Nationalrats – sowie seit 2000 auch auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Ständerats – werden beide eidgenössischen Räte zu einer ausserordentlichen Session einberufen. Seit 2000 verlangten die Mitglieder des Nationalrats insgesamt beinahe 40 Mal eine ausserordentliche Session, jedoch nur einmal ein Viertel der Ständeratsmitglieder und zwar im Frühling 2020 zur Bewältigung der Covid-19-Krise. Das Einberufungsrecht von fünf Kantonen war bis zu seiner Abschaffung im Jahr 1999 nie benutzt worden. Seit einer Revision des Parlamentsgesetzes (Pa.Iv. 10.440) können ausserordentliche Sessionen, sofern sie zu Vorstössen und nicht zu Erlassentwürfen, Wahlen oder Erklärungen des Bundesrates oder der Räte verlangt werden, nur beantragt werden, wenn in beiden Parlamentskammern gleichlautende Motionen hängig sind. Damit sollte gewährleistet werden, dass sich – wie es die Verfassung verlangt – beide Räte zur ausserordentlichen Session versammeln. In der Vergangenheit war es vereinzelt vorgekommen, dass der Ständerat zur ausserordentlichen Session zusammenfand, jedoch in diesem Rahmen gar keine Beschlüsse zu fassen hatte. Durch diese neue Regelung liegt die Traktandierung der ausserordentlichen Sessionen zumindest teilweise bei der Ratsminderheit, die diese beantragt: Neben den von den Antragsstellenden ausgewiesenen, in beiden Räten hängigen Beratungsgegenständen können die Büros der beiden Räte die ausserordentliche Session um weitere Beratungsgegenstände erweitern.

Im Jahr 2023 fanden in den eidgenössischen Räten insgesamt sechs ausserordentliche Sessionen statt. Damit schliesst das Jahr 2023 zu den Spitzenreitern auf; im Wahljahr 2011 sowie im Vorjahr 2022 gab es ebenso viele ausserordentliche Sessionen. Neben der dreitägigen ausserordentlichen Session zur CS im April 2023 wurden fünf weitere ausserordentliche Sessionen einberufen, die jedoch – was dem Regelfall entspricht – an eine ordentliche Session angehängt werden konnten. Neben einer ausserordentlichen Session zur Gleichstellung am Tag des feministischen Streiks vom 14. Juni sowie einer ausserordentlichen Session zum Thema «Wohnen und Mieten» angehängt an die Herbstsession 2023 führten National- und Ständerat auf Verlangen der SVP im Jahr 2023 drei ausserordentliche Sessionen zum Thema Asyl durch. Dies stellt einen alleinigen Rekord dar; bisher war es erst im Jahr 2015 beim Höchstwert an Asylgesuchen seit 1999 zu mehr als einer ausserordentlichen Session zu diesem Thema im gleichen Jahr gekommen.

Die während den drei ausserordentlichen Sessionen zum Thema Asyl behandelten Vorstösse aus der Feder der SVP waren kaum von Erfolg gekrönt. In der ausserordentlichen Session «Migration» im Anschluss an die Sommersession 2023 waren insgesamt fünf gleichlautende Motionen der SVP-Fraktion oder von deren Mitgliedern in beiden Räten traktandiert. Von diesen fünf Vorstössen wurden drei von beiden Räten abgelehnt (Mo. 22.4397 und Mo. 23.3086; Mo. 23.3074 und Mo. 23.3085; Mo. 23.3200 und Mo. 23.3211). Zwar vermochten die zwei verbleibenden Forderungen der SVP zur Aussetzung des Resettlement-Programms 2024/25 (Mo. 23.3096) und zur Erhöhung der Rückführungen und Ausweisungen (Mo. 23.3082) jeweils eine bürgerliche Mehrheit im Ständerat zu überzeugen, nicht so jedoch im Nationalrat, der die Forderungen ablehnte (Mo. 23.3072; Mo. 23.3073). Darüber hinaus behandelte der Nationalrat im Rahmen dieser ausserordentlichen Session drei weitere Vorstösse von Mitgliedern anderer Parteien, die allesamt angenommen wurden, darunter eine Motion Romano (mitte, TI; Mo. 22.4186) für ein Rückübernahmeabkommen mit Österreich, ein Postulat Marti (sp, BL; Po. 23.3203) zur Evaluation der privaten Unterbringung von Flüchtlingen oder vorläufig Aufgenommenen sowie ein Postulat Bellaiche (glp, ZH; Po. 23.3042) zum Aufzeigen von Chancen und Herausforderungen einer 10-Millionen-Schweiz.

In der im Anschluss an die Herbstsession 2023 stattfindenden ausserordentlichen Session «Zuwanderung und Asyl» lagen dem Ständerat zwei Motionen von Marco Chiesa (svp, TI) vor, während im Nationalrat zwei gleichlautende Vorstösse der SVP-Fraktion respektive von Gregor Rutz (svp, ZH) traktandiert waren. Weder die Forderung mit dem Titel «Keine 10-Millionen-Schweiz!» (Mo. 23.3777 und Mo. 23.3832) – ebenso lautet der Titel einer von der SVP aktuell lancierten Volksinitiative – noch die Forderung nach der Durchführung von Asylverfahren ausserhalb der Schweiz (Mo. 23.3851 und Mo. 23.3950) fanden in den Räten breitere Zustimmung über die Fraktionsgrenzen hinaus. Erfolgreich waren im September 2023 die beiden anderen, in der ausserordentlichen Session des Nationalrats traktandierten Geschäfte: eine Motion der FDP-Fraktion zur Verringerung der irregulären Sekundärmigration (Mo. 23.3533) sowie ein Postulat Pfister (mitte, ZG; Po. 23.3859) zur Auslotung der Chancen, die eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems für die Schweiz brächte. Vier weitere Vorstösse von Mitte-Links, insbesondere zur Erhöhung der humanitären Hilfe an die Ukraine – drei davon gleichlautend – waren vom Büro-NR ursprünglich ebenfalls für die ausserordentliche Session im Nationalrat traktandiert gewesen, wurden aufgrund eines erfolgreichen Ordnungsantrags Bregy (mitte, VS) jedoch zunächst an die zuständige Kommission zur Vorberatung zugewiesen (Mo. 23.3422; Mo. 23.3423; Mo. 23.3425; Mo. 23.3255).

Die in der Wintersession 2023 von Mitgliedern der SVP-Fraktion einberufene ausserordentliche Session war gegen eine im Sommer vom SEM beschlossene Praxisänderung gerichtet, gemäss welcher weiblichen afghanischen Asylsuchenden grundsätzlich die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Im Rahmen dieser ausserordentlichen Session behandelten beide Räte insgesamt je eine Motion, die diese Praxis rückgängig machen wollte: der Nationalrat die Motion Rutz (svp, ZH; Mo. 23.4241) und der Ständerat die gleichlautende Motion Bauer (fdp, NE; Mo. 23.4247), die nach den eidgenössischen Wahlen von Damian Müller (fdp, LU) übernommen worden war. Einen Beschluss fassten die Räte im Rahmen der ausserordentlichen Session indes nicht; zwecks vertiefter Abklärungen und der Erstellung einer grundlegenden Auslegeordnung stimmten die Räte aber je einem Ordnungsantrag auf Zuweisung an die Kommission zu.

Der nach den eidgenössischen Wahlen im Oktober 2023 neu zusammengesetzte Nationalrat beugte sich in der Wintersession über die beiden Motionen von SVP-Mitgliedern, die der Ständerat im Rahmen der ausserordentlichen Session im Juni befürwortet hatte. Während er die Motion zur Aussetzung des Resettlement-Programms 2024/2025 ablehnte, befürwortete er eine abgeänderte Version der Motion Salzmann (svp, BE) mit der Forderung nach einer Rückführungsoffensive (Mo. 23.3082), die nun zurück an den Ständerat geht. Der Nationalrat fasste diesen Beschluss auf Anraten einer breiten Kommissionsmehrheit, nachdem diese unter anderem die Kantone angehört hatte. Bereits definitiv überwiesen werden konnte die Motion Romano (Mo. 22.4186), die ein Rückübernahmeabkommen mit Österreich anstrebt: In der ersten Session der 52. Legislatur bekräftigte der Ständerat die im Rahmen der ausserordentlichen Session im Juni durch den Nationalrat ausgedrückte positive Haltung zum Anliegen. Damit gehört letzterer Vorstoss zu einer der wenigen der äusserst zahlreichen Motionen im Bereich Asyl, die 2023 Zustimmung in beiden Räten fanden – die meisten dieser Motionen scheiterten bereits im Erstrat.

Die SVP verlangt 2023 drei ausserordentliche Sessionen zu Asyl

In der Wintersession 2023 befürwortete der Nationalrat eine Motion seiner SPK, die den Zugang zum Arbeitsmarkt für Personen mit Schutzstatus S erleichtern wollte, indem die Bewilligungs- in eine Meldepflicht umgewandelt würde.
Der Bundesrat hatte ebenfalls die Annahme des Vorstosses beantragt. Dennoch kam es im Nationalrat zu einer Abstimmung, da eine Minderheit Bircher (svp, AG) auf Ablehnung plädierte. Diese fand jedoch über die geschlossen dagegen stimmende Fraktion der SVP hinaus keine Unterstützung, womit die Motion mit 128 zu 64 Stimmen vom Erstrat angenommen wurde.

Schutzstatus S. Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern (Mo. 23.3968)

In der Wintersession 2023 beugte sich der Nationalrat über eine zuvor vom Ständerat befürwortete Motion Salzmann (svp, BE) mit der Forderung nach einer Rückführungsoffensive. Während der Nationalrat im Juni 2023 im Rahmen der ausserordentlichen Session «Migration» noch die Ablehnung einer identisch lautenden Motion der SVP-Fraktion (Mo. 23.3073) beschlossen hatte, revidierte er nun diesen Entscheid. Er tat dies auf Anraten einer breiten Mehrheit der SPK-NR, nachdem die Kommission Vertretende der Kantone und der Internationalen Organisation für Migration (IOM), sowie einen Experten für Migrationsrecht angehört und daraufhin Handlungsbedarf ausgemacht hatte. Hingegen erachtete die Kommissionsmehrheit die vom Motionär ebenfalls geforderte Ergreifung von Sanktionen gegenüber Herkunftsländern im Falle einer fehlenden Kooperationsbereitschaft als nicht zielführend, weswegen sie die Annahme der Motion ohne diesen Passus beantragte.
Mit 127 zu 67 Stimmen (0 Enthaltungen) stimmte der Nationalrat für die abgeänderte Version der Motion und sprach sich gegen die unveränderte Annahme der Motion aus, wie dies eine Minderheit Bircher (svp, AG) im Namen der SVP-Fraktion verlangt hatte. Mit ähnlichem Stimmenverhältnis, aber diesmal unter Opposition des links-grünen Ratsspektrum, sprach er sich in der Folge auch gegen einen Einzelantrag von Céline Widmer (sp, ZH) aus, die die komplette Ablehnung der Motion gefordert hatte.

Konzept zur Erhöhung der Anzahl Rückführungen und Ausweisungen (Mo. 23.3073; Mo. 23.3082)

Im Dezember 2022 begann ein 18-jähriger afghanischer Asylsuchender, der als unbegleiteter minderjähriger Asylsuchender (UMA) in die Schweiz eingereist war, in einem Flüchtlingszentrum in Genf Suizid. Dieses tragische Ereignis führte in Genf nicht nur zu einer Demonstration von ungefähr 400 Personen aus dem Umfeld des Verstorbenen, sondern bewegte den Kanton auch dazu, eine Standesinitiative einzureichen, in der dieser vom Bund forderte, UMA bis zum Alter von 25 Jahren und nicht nur bis zu ihrer Volljährigkeit zu schützen. Der Kanton begründete seine Forderung insbesondere mit besagtem Suizid und ganz generell mit der fragilen psychischen Gesundheit von UMA. Der abrupte, durch den 18. Geburtstag erfolgende Statuswechsel erschwere zudem die Planung der individuellen Integration des UMA, die der Kanton als notwendig erachte, da «in der Praxis eine Rückführung so gut wie unmöglich» sei.
Im November 2023 beantragte die SPK-SR mit 6 zu 0 Stimmen (3 Enthaltungen), der Standesinitiative keine Folge zu geben. Die Kommission erachtete es als «willkürlich», die Minderjährigkeit nur für eine bestimmte Kategorie von Personen neu zu definieren. Darüber hinaus äusserte die SPK-SR die Befürchtung, dass dadurch die Attraktivität der Schweiz als Zielland für junge Asylsuchende erhöht werden könnte. Zuletzt nahm sie die Kantone in die Pflicht und argumentierte, dass es vorderhand in deren Verantwortung liege, Lösungen für eine angemessene Betreuung von jungen Asylsuchenden zu suchen.
Nach dem abschlägigen Antrag der Kommission befasste sich der Ständerat in der Wintersession 2023 mit der Standesinitiative. Da kein Gegenantrag vorlag, stimmte die kleine Kammer dem Antrag der Kommission stillschweigend zu und gab der Standesinitiative keine Folge.

Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (UMA) sollen bis zum Alter von 25 Jahren geschützt werden (Kt.Iv. 23.301)

Ende September 2023 reichte Maya Graf (gp, BL) ein Postulat ein, mit dem sie den Bundesrat mit der Prüfung betrauen wollte, wie er gemeinsam mit den Kantonen sicherstellen kann, dass der Studiengang Pädiatrie KJFF von den Berufsschulen und den Ausbildungsorten in koordinierter Zusammenarbeit angeboten wird. Das Geschäft kam in der Wintersession 2023 in den Ständerat, wo die Postulantin ihr Anliegen genauer erläuterte. Mit dem Vorstoss wolle sie darauf abzielen, dass die Versorgung mit spezialisierten Pflegekräften gewährleistet sei. Hierzulande existierten seit 2002 lediglich generalistische Pflegeausbildungen und die Ausbildung im Bereich der pädiatrischen Pflege finde einzig am Arbeitsort statt. Die entsprechenden Betriebe, Verbände und Organisationen würden dafür allerdings nicht entschädigt. Bedingt durch den Personalmangel gestalte sich die Sicherstellung der Ausbildung vor Ort zunehmend schwierig, was in Engpässen in der pädiatrischen Versorgung münde. Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulats. Bildungsminister Guy Parmelin begründete dies damit, dass Ausbildungsinhalte im Gesundheitswesen durch Branchen- und Berufsverbände definiert würden und die Hochschulen die Autonomie besässen, zusammen mit der betroffenen Akteurschaft die Studieninhalte zu bestimmen. Der Bundesrat erachte es daher nicht als angezeigt, mittels Top-Down-Vorgehensweise in das System einzugreifen. Der Ständerat folgte mit 23 zu 20 Stimmen dem bundesrätlichen Votum und sprach sich gegen das Postulat aus.

Wie kann der Bedarf an spezifischen Pflegenden im Bereich Pädiatrie KJFF (Kinder, Jugendliche, Familie und Frau) sichergestellt werden? (Po. 23.4170)

Der Bundesrat veröffentlichte im Dezember 2023 den Bericht zur Erfüllung des Postulats Graf (gp, BL; Po. 21.3290) und des Postulats der WAK-NR (Po. 21.4342). Das Postulat Graf hatte den Bundesrat beauftragt, die Auswirkungen der Corona- sowie der Klima-Krise und der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt und auf die Berufsbildung zu untersuchen. Das Postulat der WAK-NR hingegen forderte den Bundesrat dazu auf, Massnahmen für eine bessere Abstimmung der Aus- und Weiterbildungsbedürfnisse der Wirtschaft mit denjenigen der Arbeitnehmenden vorzuschlagen.
Die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung (EHB) führte im Auftrag des SBFI eine Studie durch, um die Anliegen der beiden Postulate zu untersuchen. Durch eine Literaturanalyse sowie durch Interviews mit Expertinnen und Experten recherchierte die EHB Auswirkungen von aktuellen Entwicklungen und Trends auf das Bildungssystem und den Arbeitsmarkt und schätzte deren Anpassungsfähigkeit ein. Der Bericht kam einerseits zum Schluss, dass es nötig sei, den Lehrbetrieben optimale Rahmenbedingungen zu gewähren und andererseits, dass die Berufsbildung auch für schulisch starke Schülerinnen und Schüler attraktiv sein sollte, damit genügend Jugendliche für die Berufsbildung gewonnen werden können. Weiter brauche es in der beruflichen Grundbildung eine verstärkte Ausrichtung der Allgemeinbildung auf die künftigen Anforderungen der Gesellschaft und des Arbeitsmarktes, etwa auf die Digitalisierung oder auf flexiblere Arbeitsmodelle. Auch müssten die involvierten Akteure verstärkt für den Klimawandel und Umweltprobleme sensibilisiert werden. Zudem zeigte der Bericht, dass die Steuerungsmechanismen bei der Weiterentwicklung der Berufs- und Allgemeinbildung eine Herausforderung darstellen. Letztlich sei es auch ein Anliegen, dass die Berufsentwicklung innovativ gestaltet werde, so der Bericht.
Am Schluss wurden Massnahmen zu den aufgezeigten Handlungsfeldern vorgeschlagen. Da der Bericht dabei jeweils Massnahmen hervorhob, die der Bund in den genannten Handlungsfeldern bereits unternimmt oder in die Wege geleitet hat – so zum Beispiel die Umsetzung des Projekts «Berufsmaturität 2030», wo der Anpassungsbedarf der Berufsmaturitätsverordnung geprüft wird, oder die Einführung des Förderschwerpunkts «Nachhaltige Entwicklung in der Berufs- und Weiterbildung» – sah der Bundesrat keinen weiteren Handlungsbedarf.

Auswirkungen der Covid-19-Krise, der Klimakrise und der Digitalisierung auf den Arbeitsmarkt (Po. 21.3290)
Dossier: La numérisation dans le marché du travail

Die Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands zur finanziellen Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik stand in der Wintersession 2023 auf dem Programm des Nationalrates, der die Vorlage als Erstrat beriet. Min Li Marti (sp, ZH) und Jacqueline de Quattro (fdp, VD) stellten die Vorlage seitens der SPK-NR vor. Sie berichteten, dass in der Kommissionssitzung einige kritische Fragen zur Vorlage gestellt wurden, zum einen zur Höhe und zur weiteren Entwicklung der Kosten für die Schweiz, zum anderen zu Menschenrechtsverletzungen an den Schengen-Aussengrenzen. Diese beiden Thematiken wurden dann auch in den Fraktionsvoten der SVP respektive der Grünen aufgegriffen. Während die SVP-Fraktion aufgrund der ihres Erachtens unfairen Kostenschlüssels zulasten der Schweiz und des nicht funktionierenden Grenzschutzes gar nicht erst auf die Vorlage eintreten wollte (Minderheit Hess; svp BE), berichtete Marionna Schlatter (gp, ZH) seitens der Grünen-Fraktion, dass diese einen Solidaritätsbeitrag an die besonders belasteten Staaten an den EU-Aussengrenzen im Grundsatz befürworte, solange garantiert werde, dass die Gelder nicht zur Anwendung von menschenrechtswidrigen Praktiken verwendet werden. Aufgrund dieses Vorbehalts werde sich ein Grossteil der Fraktion der Stimme enthalten. Für die SP-Fraktion wies Priska Seiler Graf (sp, ZH) darauf hin, dass ihre Partei hinter der Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstandes stehe. Auch die SP-Fraktion bitte jedoch den Bundesrat darauf hinzuarbeiten, dass «keine Schweizer Gelder an Staaten fliessen, welche systematisch Pushbacks durchführen.» Die FDP- und die Mitte-Fraktion sprachen sich vorbehaltlos für die Vorlage aus. Anschliessend verteidigte Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider den Verteilschlüssel: Dieser richte sich nach dem BIP der teilnehmenden Staaten, entsprechend sei es legitim, dass die Schweiz einen höheren Beitrag als andere Länder leiste. Zudem profitiere die Schweiz stark von effizienteren Kontrollen an den Schengen-Aussengrenzen, da diese zur Sicherheit der Schweiz beitrügen. Hinsichtlich der Bedenken der Grünen und der SP hielt Baume-Schneider fest, dass der Bundesrat die Einhaltung der Menschenrechte als äusserst wichtig erachte. Er habe daher unter anderem zwei Experten in das Grundrechtsbüro von Frontex entsandt.
Nach diesen Voten stimmte die grosse Kammer über Eintreten ab. Mit 103 zu 65 Stimmen bei 21 Enthaltungen trat der Nationalrat auf das Geschäft ein. Die ablehnenden Stimmen stammten wie angekündigt von der SVP-Fraktion, die Enthaltungen von den Grünen. Mit einem sehr ähnlichen Stimmenverhältnis (105:65; 21 Enthaltungen) wurde die Vorlage in der anschliessenden Gesamtabstimmung gutgeheissen.

Weiterentwicklungen des Schengen-Besitzstands. Finanzielle Hilfe im Bereich Grenzverwaltung und Visumpolitik (BRG 23.059)

Im November 2023 informierte das SBFI in einem Bericht über den Stand und das weitere Vorgehen beim Projekt «Positionierung Höhere Fachschulen». Seit dem letzten nationalen Spitzentreffen der Berufsbildung im November 2022 hatte das SBFI die Massnahmen zur Stärkung der HBB und ihrer Abschlüsse weiter konkretisiert und betroffene Kreise dazu konsultiert. Bezüglich der Titeläquivalenz schlug das SBFI nun vor, die ergänzenden Titel «Professional Bachelor» und «Professional Master» als Titelzusätze zu den bestehenden geschützten Titeln hinzuzufügen. Dies bedeutet, dass alle Diplome der höheren Fachschulen sowie alle Berufsprüfungen den Zusatz «Professional Bachelor» erhalten sollen, während den Absolventinnen und Absolventen der höheren Fachprüfungen auch der Titel «Professional Master» zustehen würde. Die Einführung dieser ergänzenden Titel sei von den Akteurinnen und Akteuren der Berufsbildung begrüsst worden, FH Schweiz und Swissuniversities als Vertretung der universitären Hochschulen hätten sich demgegenüber allerdings kritisch gezeigt. Die neuen Titelzusätze sollten gemäss SBFI mittels einer Revision im BBG verankert werden, wofür bis spätestens im Herbst 2024 eine Vernehmlassung eröffnet werden solle. Dieses Vorgehen hatte Bildungsminister Parmelin bereits in der Frühlingsession 2023 im Ständerat im Rahmen der Debatte der Motion Aebischer (sp, BE; Mo. 20.3050) angekündigt, die eine Titeläquivalenz für die höhere Berufsbildung forderte.

Akademisierung der Höheren Berufsbildung
Dossier: Ecoles supérieures

Der Bundesrat präsentierte Mitte November 2023 die Botschaft zum Movetiagesetz. Die Agentur Movetia, welche bislang durch eine privatrechtliche Stiftung von Bund und Kantonen getragen wurde, soll auf Grundlage dieses Gesetzes in eine öffentlich-rechtliche Anstalt des Bundes überführt werden. Sie soll über einen Verwaltungrsrat, eine Geschäftsleitung sowie eine unabhängige Revisionsstelle verfügen. Movetia wird als dezentrale Verwaltungseinheit des Bundes zukünftig durch Bundesrat und Parlament beaufsichtigt. Zu den Aufgaben des Bundesrates gehören dabei die Vorgabe von strategischen Zielen, die Wahl des Verwaltungsrates sowie die Abnahme des jährlichen Geschäftsberichts. Die Kantone wiederum sollen insbesondere durch die Konsultation über die strategischen Ziele sowie durch ihr Antragsrecht auf drei von sieben Verwaltungsratssitzen an Movetia mitwirken.
Der Aufgabenbereich von Movetia wird durch das neue Gesetz nicht wesentlich verändert. Sie soll weiterhin nationale und internationale Aktivitäten für Austausch, Mobilität und Kooperation in allen Bildungsbereichen und -stufen sowie in der Erwachsenenbildung und im ausserschulischen Bereich fördern.

Movetiagesetz (BRG 23.072)
Dossier: Erasmus et Horizon

Diana Gutjahr (svp, TG) reichte im Juni 2023 ein Postulat ein, mit welchem sie einen Bericht über die Chancen eines erfolgreichen Übertritts vom Gymnasium in die Berufslehre verlangte. Der Bundesrat solle darin darlegen, welche Möglichkeiten sich aus dem Übertritt vom Gymnasium in die Berufslehre eröffnen und welche Massnahmen getroffen werden müssten, um diese Möglichkeit bekannt zu machen und den Übertritt möglichst einfach zu gestalten.
Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats. Der Vorstoss wurde in der Herbstsession 2023 stillschweigend angenommen.

Die Chancen eines erfolgreichen Übertritts vom Gymnasium in die Berufslehre erhöhen (Po. 23.3663)

Unter anderem in Reaktion auf angebliche Mietkündigungen zugunsten von Asylbewerberinnen und -bewerbern in Windisch (AG) lancierte Martina Bircher (svp, AG) eine Motion gegen Wohnungskündigungen, um Asylsuchende unterzubringen. Weiter sollten auch Zwischennutzungen von Mietwohnungen als Asylunterkünfte fortan nicht mehr rechtens sein, wenn sie zur Auflösung von Mietverträgen führten. Der Bundesrat erwiderte, dass die Mieterschaft fristgerechte Kündigungen des Mietverhältnisses anfechten könne und zum Zeitpunkt der Kündigung oftmals nicht klar sei, zu welchem Zweck und an wen das Wohnobjekt nach einer Mietkündigung vermietet werde. Die von der Motionärin geforderten Massnahmen könnten hier zu Rechtsunsicherheit führen. In der Herbstsession 2023 folgte der Nationalrat dem Antrag des Bundesrats und lehnte die Motion mit 136 zu 53 Stimmen ab. Die geschlossen stimmende SVP-Fraktion unterstützte den Vorstoss ihrer Fraktionskollegin.

Schutz der Schweizer Mieter und Mieterinnen: Kein Rauswurf wegen Asylbewerbern (Mo. 23.3572)

Mit einer Motion wollte die FDP-Fraktion die irreguläre Sekundärmigration stoppen und deren Ursachen bekämpfen. Sie bemängelte, dass die Dublin-Rückführung von Asylsuchenden, die sich zuvor bereits länger in einem sicheren Drittstaat aufgehalten hatten, zurzeit nicht richtig funktioniere. Dabei verwies die Fraktion auf die Situation in Italien, aber auch auf zunehmend erschwerte Rückführungsbedingungen in andere Länder. Mit folgenden sechs Aufträgen wollte die Urheberin den Bundesrat zur Verbesserung der Situation anhalten: Erstens verlangte die FDP-Fraktion eine Änderung des Asylgesetzes, damit der Bund auf Asylgesuche von Personen, die sich zuvor in einem sicheren Drittland aufgehalten hatten, konsequent nicht mehr eintritt. Zweitens forderte sie eine Beschleunigung des Wegweisungsverfahrens, drittens eine Evaluation der Aktionspläne mit Deutschland und Österreich zur Bekämpfung der irregulären Sekundärmigration, viertens den Abschluss von Rückübernahmeabkommen mit weiteren Drittstaaten, fünftens Anpassungen der Liste der sicheren Drittstaaten, in die eine Rückführung zulässig ist, sowie sechstens verstärkte Bemühungen zur Bekämpfung des Menschenhandels und der Schlepperkriminalität. In seiner Stellungnahme hob der Bundesrat die laufenden Bemühungen hervor und zeigte sich bereit, die Forderungen zwei bis sechs auch in diesem Sinne anzunehmen. Die vorgeschlagene Änderung des Asylgesetzes beantragte er jedoch zur Ablehnung, da es eine solche verunmöglichen würde, in spezifischen Fällen – etwa bei humanitären Einzelfällen – das Asylgesuch zu prüfen, obwohl ein anderer Staat dafür zuständig wäre. Eine solche Formulierung würde der Dublin-III-Verordnung und dem Non-Refoulement-Prinzip – und somit zwingendem Völkerrecht – widersprechen, so der Bundesrat. Der Nationalrat, der die Motion im Rahmen der in der Herbstsession 2023 stattfindenden ausserordentlichen Session «Zuwanderung und Asyl» beriet, folgte indes einem Antrag Dettling (svp, SZ) und nahm die Motion in ihrer ursprünglichen Fassung, also inklusive der ersten Forderung, an. Erfolglos blieb ein Antrag von Céline Widmer (sp, ZH), die neben der ersten auch die zweite, vierte und fünfte Forderung der Motion ablehnen wollte. Für die vollständige Annahme der Motion sprachen sich die Fraktionen der SVP, der FDP und der Mitte aus, die beiden letzteren mit vereinzelten Ausnahmen.

Irreguläre Sekundärmigration stoppen und Ursachen bekämpfen (Mo. 23.3533)

In der Herbstsession 2023 befürwortete der Ständerat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat eine Motion der FK-SR, die verlangte, die Kapazitätsplanung im Asylbereich umfassend anzugehen. Stein des Anstosses war die Ankündigung der Armee gewesen, den Grossteil der knapp 4'000 bereitgestellten Plätze für die Erst-Unterbringung von Asylsuchenden im Jahre 2023 wieder zurückzuverlangen. Die Finanzkommission verwies auf die enormen Anstrengungen der Kantone zur Bereitstellung von Kapazitäten und verlangte zu prüfen, wie auch der Bund durch Bereitstellung von Armee- und Zivilschutzunterkünften die Kapazitäten erhöhen könne. Einen Tag vor der Beschlussfassung im Ständerat hatte das SEM zusammen mit dem VBS freilich bereits mitgeteilt, dass die Armee die Unterbringungsplätze bei Bedarf bis Ende 2024 bereitstelle.

Kapazitätsplanung im Asylbereich umfassend angehen (Mo. 23.3636)

Im September 2022 reichte Mustafa Atici (sp, BS) eine Motion ein, mit der er verlangte, dass zukünftig auch Personen aus Drittstaaten, die eine höhere Berufsbildung in der Schweiz abgeschlossen haben, in der Schweiz bleiben dürfen, um zu arbeiten. Aktuell durften nur Drittstaatenangehörige mit Schweizer Hochschulabschluss erleichtert zugelassen werden, wenn ihre Erwerbstätigkeit von hohem wissenschaftlichem oder wirtschaftlichem Interesse ist, nicht aber Personen mit höherer Berufsbildung. Diese Ungleichbehandlung sei «stossend», so Atici in der Begründung für seinen Vorstoss.
In seiner Stellungnahme vom November 2022 beantragte der Bundesrat, die Motion abzulehnen, da er bereits im Rahmen des Postulates Nantermod (fdp, VS; Po. 19.3651) verschiedene Massnahmen ergriffen habe, um den Arbeitsmarktzugang für Arbeitskräfte aus Drittstaaten zu erleichtern.
Der Nationalrat nahm die Motion in der Herbstsession 2023 dennoch mit 136 zu 53 Stimmen an; einzig die SVP-Fraktion votierte dagegen. Zuvor hatte Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) erfolglos betont, dass eine weitere Ausnahme bei den Höchstzahlen mit der Regelung zur Masseneinwanderungsinitiative in der Bundesverfassung kollidieren würde.

Den Fachkräftemangel mit allen mildern, die einen Abschluss in der höheren Berufsbildung haben (Mo. 22.4105)

Die grosse Kammer beugte sich in der Herbstsession 2023 über das bundesrätliche Anliegen, dass Berufsbildnerinnen und Berufsbildner ihre Lernenden auch während des Bezugs von Kurzarbeitsentschädigungen ausbilden können. Andreas Glarner (svp, AG) stellte die entsprechende Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes dem Plenum vor. Damit solle sichergestellt werden, dass Lernende ihre Ausbildung nicht unterbrechen müssen, wenn der Lehrbetrieb KAE bezieht. Der Entwurf war im Nationalrat ebenso unbestritten wie bereits im Ständerat. Die grosse Kammer trat ohne Gegenantrag darauf ein und nahm ihn einstimmig an.
In den Schlussabstimmungen stimmten die beiden Räte dem Entwurf erneut jeweils ohne Gegenstimmen zu.

Kurzarbeitsentschädigung für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner (BRG 23.026)
Dossier : Écoles et formation pendant Covid-19 - Réactions et conséquences

Mehr Anerkennung und eine Berufsbildung für Personen, die sich um Betagte und Menschen mit Behinderungen kümmern; dies verlangte Pierre-André Page (svp, FR) mittels einer im März 2022 eingereichten Motion. Er forderte den Bundesrat konkret dazu auf, Personen, die sich ohne anerkannte Ausbildung um Betagte oder Menschen mit Behinderungen kümmern, berufsbegleitende Ausbildungen zu ermöglichen und die in der Betreuung erworbenen Kompetenzen anzuerkennen.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung der Motion, betonte aber, dass er das Engagement der betreffenden Personen anerkenne und schätze. Die bestehenden Rahmenbedingungen genügten indes bereits, um die Forderungen der Motion zu erfüllen. Der Bundesrat nannte in seiner Stellungnahme beispielsweise die vom Roten Kreuz angebotenen Ausbildungsgänge zu Pflegehelfenden. Auch sei es gemäss BBG bereits möglich, sich die informell erworbenen Kompetenzen und Erfahrungen im Pflege- und Betreuungsbereich bei der Berufsbildung anrechnen zu lassen. Der Bundesrat gab schliesslich zu bedenken, dass die Schaffung eines offiziellen Ausbildungsgangs für Betreuungsaufgaben dazu führen könne, dass ein solcher nach einer gewissen Zeit vorausgesetzt wird, damit eine Person Betreuungsaufgaben überhaupt wahrnehmen kann.
Der Nationalrat befasste sich in der Herbstsession 2023 mit dem Anliegen. Nachdem Pierre-André Page sowie Bildungsminister Guy Parmelin Pro und Contra des Vorstosses dargestellt hatten, stimmte die grosse Kammer über das Anliegen ab. Die Motion wurde mit 103 zu 66 Stimmen bei 16 Enthaltungen angenommen. Gegenstimmen stammten von Mehrheiten der SP-, der FDP.Liberalen- sowie von der Mitte-Fraktion.

Anerkennung und Berufsbildung für Personen, die sich um Betagte und Menschen mit Behinderungen kümmern (Mo. 22.3323)

Der Ständerat diskutierte in der Herbstsession 2023 darüber, Absolventinnen und Absolventen der Berufsmaturität den prüfungsfreien Zugang zum Studium der Primarstufe an der PH zu ermöglichen. Die Mehrheit der vorberatenden WBK-SR hatte sich gegen eine entsprechende Motion des Nationalrates ausgesprochen, wie Matthias Michel (fdp, ZG) berichtete. Michel argumentierte für die Kommissionsmehrheit, dass die Aufnahmeprüfung für die PH, welche die Berufsmaturanden und -maturandinnen bestehen müssen, kein Hindernis darstelle. Dies beweise der Anteil von 60 Prozent der Studierenden an den PH, die über keine gymnasiale Matura verfügten. Folglich liege das grösste Problem im Bereich des Lehrpersonenmangels nicht im Zugang zur Ausbildung, sondern vielmehr bei Einstieg und Verbleib im Beruf. Jedoch werde die Allgemeinbildung im Rahmen einer Berufsmaturität weniger stark gewichtet als bei der gymnasialen Maturität; die entsprechende Lektionenzahl sei bei der Berufsmaturität nur halb so gross, was die Ungleichbehandlung rechtfertige. Schliesslich solle zuerst der Bericht in Erfüllung des vom Nationalrat bereits überwiesenen Postulats 22.4267 abgewartet werden. Maya Graf (gp, BL) vertrat die Kommissionsminderheit, die sich für Annahme des Vorstosses einsetzte. Sie war der Ansicht, dass die sozialen Kompetenzen, die Arbeitserfahrungen und das Allgemeinwissen, welche die Absolventinnen und Absolventen der Berufsmaturität erworben hätten, «für den Eintritt in ein pädagogisches Hochschulstudium [... ] und auch für die spätere Primarlehrpraxis ausreichend» seien. Des Weiteren herrsche derzeit ein Ungleichgewicht zwischen Personen, welche ab 28 oder 30 Jahren prüfungsfrei «sur dossier» in die PH eintreten dürften und den Berufsmaturandinnen und Berufsmaturanden, die eine Prüfung ablegen müssen. Zudem sei der Weg über die Aufnahmeprüfung nicht einheitlich geregelt, jede PH habe hierfür andere Kriterien. Der Ständerat lehnte die Motion in der Folge mit 21 zu 19 Stimmen bei 2 Enthaltungen ab.

Prüfungsfreier Zugang mit der Berufsmatura zu Pädagogischen Hochschulen für die Ausbildung zur Primarlehrperson (Mo. 22.4268 & Po. 22.4267)
Dossier: manque d'enseignants

FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt (fdp, ZH) reichte im November 2021 ein Postulat ein, mit welchem er vom Bundesrat in Zusammenarbeit mit der EDK eine Auslegeordnung zum «unternehmerischen Denken und Handeln» in der Schweizer Bildungslandschaft forderte. Der geforderte Bericht solle in Ergänzung zum ähnlich gelagerten Postulat 20.4285, bei welchem der Fokus auf den Lehrmitteln und der Geschlechtergleichstellung liegt, erstellt werden.
Der Bundesrat beantragte die Ablehnung des Postulats, da er die Forderungen für alle Stufen des Bildungssystems als erfüllt erachtete: So werde beispielsweise mit der Revision der gymnasialen Maturität dafür gesorgt, dass der Status von Fächern wie Wirtschaft und Recht sowie die Gewichtung transversaler Kompetenzen überprüft werden. Im Bereich der höheren Berufsbildung (eidgenössische Prüfungen und höhere Fachschulen) würden den Absolventinnen und Absolventen spezifische Fortbildungen angeboten, die helfen, «Führungsaufgaben [zu] übernehmen oder ein eigenes Unternehmen auf[zu]bauen». Schliesslich sei die Förderung des Unternehmertums auch in den strategischen Zielen 2021–2024 des Bundesrates für den ETH-Bereich festgehalten.
Der Nationalrat behandelte den Vorstoss in der Herbstsession 2023. Andri Silberschmidt zeigte sich mit der Stellungnahme des Bundesrates nicht einverstanden. Diese veranschauliche vielmehr, dass es kaum eine koordinierte Abstimmung des «unternehmerischen Denkens und Handelns» über die verschiedenen Bildungsstufen hinweg gebe. Der Bundesrat gehe zudem gar nicht auf den wichtigen Bereich der beruflichen Grundbildung ein. In der Folge nahm der Nationalrat das Postulat mit 103 zu 70 Stimmen bei 17 Enthaltungen an. Während die Mitglieder der SP- und der SVP-Fraktion mehrheitlich gegen das Postulat stimmten, sprachen sich die Mitglieder der anderen Fraktionen dafür aus.

Auslegeordnung zum «unternehmerischen Denken und Handeln» in der Schweizer Bildungslandschaft (Po. 21.4348)

Der Ständerat lehnte die Motion Streiff-Feller (evp, BE), die unter bestimmten Bedingungen eine einmalige Möglichkeit zur aufenthaltsrechtlichen Regularisierung für Personen aus dem altrechtlichen Verfahren forderte und die vom Nationalrat zuvor angenommen worden war, in der Herbstsession 2023 ab. Die kleine Kammer folgte dabei der Empfehlung der Mehrheit ihrer SPK, die rechtsstaatliche Bedenken äusserte und das Rechtsgleichheitsgebot verletzt sah, wenn einer bestimmten Personengruppe pauschal eine Aufenthaltsberechtigung erteilt würde. Zudem seien Ausnahmen von der bestehenden Regel wegen persönlicher Härtefälle bereits möglich. Eine linke Kommissionsminderheit hatte sich vergeblich für Annahme eingesetzt, wobei sie auf Kosteneinsparungen bei den Kantonen sowie auf Vorteile für die Integration der betroffenen Personen verwies.

Ausserordentliche humanitäre Aktion für Nothilfe beziehende Personen aus altrechtlichen Asylverfahren (Mo. 21.3187)

Im August 2023 erschien die bundesrätliche Botschaft zum Voranschlag 2024 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2025–2027. Im Voranschlag standen sich laufende Einnahmen von CHF 82.0 Mrd. und laufende Ausgaben von CHF 79.2 Mrd. gegenüber, womit das Jahresergebnis nach Abzug der Bewertungsveränderung im Verwaltungsvermögen bei CHF -291 Mio. zu liegen kommen sollte. Die Schuldenbremse sollte mit einem ordentlichen Finanzierungssaldo von CHF -493 Mio. eingehalten werden, dieser lag jedoch nur CHF 4 Mio. unter dem konjunkturell zulässigen Wert und war nur durch «Bereinigungsmassnahmen» im Umfang von CHF 2 Mrd. und einer ausserordentlichen Verbuchung von CHF 6.4 Mrd. möglich geworden. Ausserordentlich verbucht wurden etwa der Rettungsschirm für die Axpo Holding AG (CHF 4 Mrd.), der im Jahr 2022 noch nicht in Anspruch hatte genommen werden müssen und deshalb auch im Jahr 2023 wieder vorlag, ein einmaliger Kapitalzuschuss an die SBB (CHF 1.2 Mrd.) und die Beiträge an die Kantone für die Schutzsuchenden aus der Ukraine (CHF 1.2 Mrd.). Zu den Bereinigungsmassnahmen zählte die Regierung lineare Kürzungen und den Verzicht auf die Teuerungsanpassung bei den schwach gebundenen Ausgaben, auch in den Finanzplanjahren. Dennoch bestehe für 2025 bis 2027 weiterer Bereinigungsbedarf, erklärte der Bundesrat. Das vergleichsweise starke Ausgabenwachstum von 4.1 Prozent gegenüber dem Vorjahr (verglichen mit einem Einnahmenwachstum von 2.1 Prozent) führte der Bundesrat vor allem auf den Kapitalzuschuss an die SBB, die höheren Bundesbeiträge an AHV, IV und Prämienverbilligungen sowie auf höhrere Zinsausgaben, Kantonsanteile an Bundeseinnahmen und Zahlungen an den Finanzausgleich zurück.

Voranschlag 2024 mit integriertem Aufgaben- und Finanzplan 2025–2027 (BRG 23.041)