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  • Soins
  • Politique de la santé

Acteurs

  • Schmid-Federer, Barbara (cvp/pdc, ZH) NR/CN
  • Heim, Bea (sp/ps, SO) NR/CN
  • Aeschi, Thomas (svp/udc, ZG) NR/CN

Processus

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Eine grössere Versorgungssicherheit bei Impfstoffen wollte Bea Heim (sp, SO) mittels einer Motion erreichen, die sie im September 2019 – und somit noch vor der Covid-19-Pandemie – einreichte. Der Fokus soll dabei auf Impfstoffe gelegt werden, bei denen ein Risiko für Versorgungsengpässe bestehe. Weiter forderte die Motionärin einen zentralen Einkauf, mehrjährige Lieferverträge und garantierte Mengen sowie die Beschleunigung der Zulassung EMA-geprüfter Impfstoffe. Der Vorstoss wurde gut zwei Jahre nach dessen Einreichung im Nationalrat diskutiert. Angelo Barrile (sp, ZH), welcher die Motion nach dem Ausscheiden Heims aus der grossen Kammer übernommen hatte, veranschaulichte am Beispiel des Mangels an Impfungen gegen Starrkrampf und Keuchhusten, was es bedeutet, wenn es zu einem Lieferengpass kommt. Es sei an der Ärzteschaft gewesen, über die Verteilung des verfügbaren Impfstoffes zu entscheiden, wobei die Empfehlung herausgegeben worden sei, werdende Eltern zu bevorzugen und Seniorinnen und Senioren zu vertrösten. So etwas dürfe in der Schweiz nicht wieder geschehen, erklärte Barrile. Gesundheitsminister Berset führte aus, dass die Situation nun eine ganz andere sei als noch bei der Stellungnahme des Bundesrates im November 2019. Trotzdem beantrage die Landesregierung weiterhin die Ablehnung des Geschäfts. Grund dafür sei, dass sich eine ganze Reihe an Massnahmen bereits in Umsetzung befinde. So diskutiere man in Zusammenarbeit mit dem BWL und Swissmedic zwanzig Massnahmen zur Verbesserung der Versorgung. Bei einer der geplanten Massnahmen handle es sich um den zentralen Einkauf, welcher allerdings nicht alleine, sondern zusammen mit anderen Massnahmen beurteilt werden müsse. Die Corona-Pandemie habe zudem gezeigt, dass der zentrale Einkauf im Krisenfall etwas sei, das funktioniert. Was das vereinfachte Zulassungsverfahren betreffe, so schliesse dieses seit Inkrafttreten der letzten Änderung des Heilmittelgesetzes auch Impfstoffe mit ein, womit diese Forderung bereits adressiert werde. Eine Evaluation der Wirksamkeit der ergriffenen Massnahmen erfolge auf Ende 2020. Ebenfalls für die Ablehnung der Motion spreche der Bundesratsbeschluss vom Mai 2021 zur Ausarbeitung einer Strategie zur langfristigen Sicherung der Versorgung der Schweiz mit Impfstoffen, mit der das EDI und das WBF beauftragt worden seien. Der Nationalrat liess sich vom Bundesrat jedoch nicht überzeugen und nahm die Motion mit 137 zu 44 Stimmen (bei 8 Enthaltungen) an. Dabei stammten alle ablehnenden Stimmen aus der SVP-Fraktion.

Versorgungssicherheit bei Impfstoffen (Mo. 19.4131)

Im November 2020 reichte die WBK-NR ein Postulat ein, mit dem sie die Stärkung der Nationalen Strategie Sucht durch einen Einbezug der Cyberabhängigkeit forderte, wobei die Bereiche Bildung, Prävention, Behandlung und Risikoverminderung berücksichtigt werden sollen. Der Bundesrat erklärte in seiner schriftlichen Stellungnahme, dass die Erarbeitung eines Massnahmenpakets, welches nur eine Suchtform zum Gegenstand habe, einem «suchtformübergreifenden Ansatz», wie er bei der Nationalen Strategie Sucht angedacht sei, zuwiderlaufe. Anstatt jeder Suchtform individuell zu begegnen, bedürfe es einer spezifischen Prävention pro Altersgruppe und Lebenswelten. Zudem setze sich der Bund bereits mit dem Thema «Cyberabhängigkeit» auseinander. Ein Beispiel dafür sei die Expertengruppe «Onlinesucht», die anlässlich der Postulate Forster-Vannini (fdp, SG; Po. 09.3521) und Schmid-Federer (cvp, ZH; Po. 09.3579) ins Leben gerufen worden sei. Folglich lehne er das Postulat ab. Dieser Antrag war im Nationalrat jedoch nicht erfolgreich. Diskussionslos nahm die grosse Kammer das Geschäft in der Sommersession 2021 mit 123 zu 60 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) an, nachdem dieses im Rahmen der Eintretensdebatte des Bundesratsgeschäfts 20.069 diskutiert worden war.

Stärkung der Nationalen Strategie Sucht durch den Einbezug der Cyberabhängigkeit (Po. 20.4343)

In der Sondersession Anfang Mai 2021 befasste sich der Nationalrat mit einer Motion Heim (sp, SO), welche den Bundesrat dazu auffordern wollte, gemeinsam mit den medizinischen Fachgesellschaften sicherzustellen, dass den vernachlässigten Aspekten, welche die Diagnose, Indikation, Therapie, Forschung und Prävention im Bereich der geschlechtsspezifischen Medizin betreffen, angemessen begegnet wird. Nach dem Ausscheiden Heims aus der grossen Kammer war das Geschäft von Martina Munz (sp, SH) übernommen worden. Munz erläuterte in der Ratsdebatte, dass es geschlechtsspezifische Unterschiede bezüglich «Prävalenz, Manifestation und Verlauf von Krankheiten» gebe. Trotzdem kämen Frauen in der medizinischen Forschung zu kurz, da nach wie vor der Mann als «Prototyp» gelte. Dies habe beispielsweise zur Folge, dass Frauen bei einem Herzinfarkt über «ein signifikant höheres Todesrisiko» verfügten, weil sie oftmals andere Symptome aufwiesen. Gesundheitsminister Berset bat die Volkskammer, die Motion abzulehnen. Einerseits sei nicht in erster Linie der Bund für die Umsetzung der entsprechenden Massnahmen zuständig, vielmehr liege diese im Verantwortungsbereich der medizinischen Fachgesellschaften und der Forschung. Andererseits beinhalte das Geschäft einen Strauss an heterogenen Themen, was ein formales Problem darstelle. Diesem Votum kam der Nationalrat mit 95 zu 79 Stimmen (bei 5 Enthaltungen) nach.

Homo mensura. Der Mann, das Mass in Forschung und Medizin? (Mo. 19.3577)

Die Versorgungsverbesserung und Zulassungsvereinfachung von Impfstoffen war Gegenstand einer Motion Heim (sp, SO), welche im März 2019 – also noch vor der Covid-19-Pandemie – eingereicht wurde. Heim verlangte vom Bundesrat die Schaffung entsprechender rechtlicher Grundlagen. Unter anderem wollte sie eine Harmonisierung der Zulassungskriterien zwischen Swissmedic und der EMA erreichen, um Liefer- und Versorgungsengpässe zu unterbinden. Sie forderte die Vereinfachung der Einfuhrbestimmungen und die Übernahme der Kosten von importierten Impfstoffen durch die OKP. Obwohl sich der Impfstoffmangel nicht nur auf die Schweiz auswirke, seien einige Probleme wie die hohen Markteintrittshürden «hausgemacht». Angesichts der hohen Eintrittskosten in den kleinen Schweizer Markt sähen viele Hersteller davon ab, hierzulande Fuss zu fassen. Ein weiteres Problem betreffe die dezentrale Versorgung, wodurch die Impfstoffe von einer grossen Anzahl Leistungserbringenden selbst bestellt würden. Diese müssten jedoch für die Einfuhr kleinerer Produktmengen Sondergenehmigungen einholen. Der Bundesrat beantragte – ebenfalls noch im Jahr 2019 – die Ablehnung der Motion, da ein beträchtlicher Teil der Forderungen bereits umgesetzt worden sei. Trotzdem teile er die Meinung, dass die Verbesserung der Impfstoffversorgung zentral sei. Sollte eine Evaluation zur Wirksamkeit der getroffenen Massnahmen, die Ende 2020 publiziert werden soll, nicht zufriedenstellend sein, müssten weitere Schritte geprüft werden. Im Frühjahr 2021 kam die Motion, welche nach dem Ausscheiden Heims aus der grossen Kammer von Angelo Barrile (sp, ZH) übernommen worden war, in den Nationalrat. Infolge der krankheitsbedingten Absenz Barriles kam sie dort diskussionslos zur Abstimmung. Diese fiel mit 180 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) für die Motion aus, wobei die einzige Gegenstimme von Markus Ritter (mitte, SG) stammte.

Impfstoffe. Versorgung verbessern, Zulassung vereinfachen (Mo. 19.3221)

Le sujet de l'utilisation d'antibiotiques chez les animaux a été abordé au Conseil national, dans le cadre du traitement de la motion Heim (ps, SO) sur les incitations pernicieuses poussant à l'administration excessive de ces médicaments. Ce texte a été repris et défendu par la socialiste vaudoise Brigitte Crottaz qui a plaidé pour une abolition des biais poussant à l'administration abusive d'antibiotiques. Celle qui est également médecin de profession a rappelé le danger d'une utilisation excessive de ces médicaments, qui a pour conséquence une augmentation de la résistance à certaines bactéries. L'antibiorésistance pourrait devenir l'une des principales causes de mortalité chez les êtres humains, a-t-elle prévenu. Bien que reconnaissant que la Confédération a déjà entrepris un certain nombre d'actions pour en réduire l'utilisation en médecine vétérinaire, la députée Crottaz a appelé ses pairs à soutenir la motion. Alain Berset a rappelé que parmi ces actions, une stratégie est actuellement déployée; elle vise notamment à lutter contre ces incitatifs négatifs. Il a insisté sur le fait que les différentes mesures déjà implémentées ont permis une réduction de la vente d'antibiotiques pour animaux de 55 pour cent entre 2009 et 2019. Pour le Conseil fédéral, cette motion est donc superflue.
Cet avis n'est pas partagé par la chambre basse qui, par 96 voix contre 78 et 4 abstentions, a soutenu le texte. La gauche a été rejointe par l'ensemble du groupe vert'libéral, 18 membres du groupe libéral radical ainsi que 2 député.e.s du groupe agrarien. Au Conseil des Etats de décider de la suite à donner à cette proposition.

Eliminer les incitations pernicieuses poussant à l'utilisation excessive d'antibiotiques chez les animaux (Mo. 18.4117)
Dossier: Réduction de l'utilisation des antibiotiques

Zwischen dem 14. und dem 21. September 2020 fand das Differenzbereinigungsverfahren zum Covid-19-Gesetz statt. Dabei blieb das Programm der beiden Räte sehr gedrängt. Gleich zu Beginn des Verfahrens nahm der Nationalrat einen Ordnungsantrag Weichelt-Picard (al, ZG) an und verschob wie darin gefordert die Behandlung des Geschäfts auf den Folgetag, um der Kommission eine ausführlichere Diskussion der Differenzen zu ermöglichen.
Bei den Beratungen selber konnten die Räte dann die meisten Aspekte bereinigen, einzelne Fragen zu den Härtefallmassnahmen und zur Erwerbsersatzordnung blieben jedoch bis zum Schluss offen.

Bereinigen konnte das Parlament unter anderem die Fragen zum Gegenstand des Gesetzes. Hier pflichtete der Nationalrat dem Vorschlag des Ständerats bei, wonach der Bundesrat seine aussergewöhnlichen Befugnisse nur dann einsetzen darf, wenn eine Behandlung durch das Parlament zeitlich nicht möglich ist. Bezüglich des Einbezugs von Sozialpartnern, Gemeinden und Städten bei der Erarbeitung von Massnahmen brachte die Mehrheit der SGK-NR ihren anfänglichen Vorschlag erneut vor: So sollten zwar die Sozialpartner, nicht aber die Verbände von Gemeinden und Städten einbezogen werden. Entgegen anderen Anträgen der Minderheiten Prelicz-Huber (gp, ZH) im Nationalrat und Dittli (fdp, UR) im Ständerat stimmten beide Parlamentskammern diesem Vorschlag zu.

Bezüglich des Gesundheitsbereichs war lediglich die Frage nach dem Verbot von medizinischen Tätigkeiten noch offen. Hier wollte der Ständerat ausdrücklich festhalten, dass eine solche Einschränkung nur bei nicht dringenden Behandlungen möglich sein soll. Dem stimmte der Nationalrat zu, packte die Bestimmung aber in eine schlankere Formulierung.

Auch bei den ALV-Massnahmen, spezifisch bezüglich der Entschädigung von Lohnfortzahlungen durch die Arbeitgebenden, wurden sich die Räte einig. Der Ständerat hatte diesbezüglich zuvor kritisiert, dass der Bundesrat in den meisten Fällen Massnahmen vorschlage, welche eine Weiterarbeit der Betroffenen ermögliche, und es für diese Fälle keine Entschädigung brauche. Der Nationalrat nahm folglich den Vorschlag seiner Kommission an, wonach die Entschädigungen ausdrücklich auf Fälle eingegrenzt werden sollten, bei denen die Arbeit aufgrund behördlicher Massnahmen eingestellt werden muss. Dieser Formulierung konnte sich in der Folge auch der Ständerat stillschweigend anschliessen.

Bei den Ausländer- und Asylmassnahmen folgte der Nationalrat dem Ständerat bezüglich der Möglichkeit zur Fristerstreckung bei Ausreise, dem Erlöschen von Asyl und von vorläufigen Aufnahmen, obwohl er in der ersten Debatte einen entsprechenden Minderheitsantrag Crottaz (sp, VD) noch abgelehnt hatte. Diese Massnahme sei nötig, falls die epidemiologische Lage eine Ausreise aufgrund geschlossener Grenzen nicht erlaube, erklärte Kommissionssprecherin Humbel (cvp, AG). Der Nationalrat lehnte den Minderheitsantrag de Courten (svp, BL), der an der bisherigen Entscheidung des Nationalrats festhalten wollte, ab. Auch den ständerätlichen Vorschlag, wonach der Bundesrat bei Grenzschliessungen die Reisefreiheit der Grenzgängerinnen und Grenzgänger sowie von Einwohnerinnen und Einwohnern gewährleisten solle, hiess die grosse Kammer entgegen einem Minderheitsantrag Aeschi (svp, ZG) gut.

Bei den insolvenzrechtlichen Massnahmen stimmte der Nationalrat auf Antrag seiner Kommission der vom Ständerat geschaffenen Regelung, wonach auch bei Überschuldung eine Abweichung vom Gesetz möglich sein soll, stillschweigend zu. Hingegen beharrte er darauf, dass Transporteure nicht für Zollschulden, welche durch den Covid-19-bedingten Konkurs von Empfängern oder Importeuren entstanden ist, haftbar gemacht werden können. Hier gab sich der Ständerat in der nächsten Behandlungsrunde geschlagen.

Eine Lösung fand man auch bei den Massnahmen in der ALV. Offen war hier noch die Frage, ob Mitarbeitenden auf Abruf, in einem zeitlich begrenzten Arbeitsverhältnis, in einem Lehrverhältnis oder Temporärarbeitskräften ebenfalls Anspruch auf Erwerbsausfallentschädigungen zugesprochen werden kann. Der Nationalrat beharrte auf dieser Ausweitung, worauf die SGK-SR einen Kompromissvorschlag machte: Mitarbeitende auf Abruf in unbefristeten Arbeitsverhältnissen sollten EO beantragen können, nicht aber die übrigen aufgezählten Gruppen. Trotz anderslautenden Minderheitsanträgen im Ständerat (Graf, gp, BL) und Nationalrat (Prelicz-Huber) willigten beide Räte in diesen Kompromiss ein.

Bis zum Schluss umstritten waren Aspekte des Kulturbereichs. Zwar konnten die Räte auch in diesem Bereich zahlreiche Differenzen ausräumen. So einigten sie sich darauf, die Leistungsvereinbarungen der Kantone mit CHF 100 Mio. zu unterstützen, wie es der Nationalrat vorgeschlagen hatte. Zudem willigte der Nationalrat ein, dass der Bund bei den Sportvereinen keine Rangrücktritte machen soll. Bei der Unterstützung für besonders stark betroffene Unternehmen setzte sich der Nationalrat bezüglich der Kann-Formulierung durch: Die Unterstützung bleibt somit für den Bundesrat freiwillig. Zudem kann der Bundesrat diesbezüglich zukünftig A-Fonds-perdu-Beiträge ausrichten. Man einigte sich überdies darauf, dass Unternehmen zwar prinzipiell nur Härtefallmassnahmen beanspruchen können, wenn sie keine anderen Finanzhilfen beanspruchen, schränkte diese Regelung aber noch etwas ein: KAE, EO und die Covid-Kredite sollen dabei nicht berücksichtigt werden. Dass teilweise nur um einzelne Ausdrücke gestritten wurde, zeigte die Frage, wie «fit» die Unternehmen zum Erhalt von Härtefallmassnahmen sein müssen. Einig war man sich, dass Unternehmen ohne Zukunftsperspektive keine Hilfe mehr erhalten sollten. Die Räte entschieden sich jedoch gegen die Begriffe «gesund» (Ständerat, erste Behandlung), «profitabel» (Nationalrat, zweite Behandlung) und «profitabel und überlebensfähig» (Ständerat, zweite Behandlung) und bevorzugten stattdessen «profitabel oder überlebensfähig» (Nationalrat, dritte Behandlung). Ein weiterer Versuch durch eine Minderheit Weichelt-Picard, Unterstützung für die Institutionen der familienergänzenden Kinderbetreuung zu erhalten, diesmal über deren Aufführung bei den besonders stark betroffenen Branchen, scheiterte erneut.
Bis zum Schluss des Differenzbereinigugsverfahrens umstritten blieb schliesslich die Frage der Definition eines Härtefalls und seiner Bedingungen. Kann ein Härtefall als Rückgang des Jahresumsatzes auf unter 60 Prozent des mehrjährigen Durchschnitts (Ständerat) definiert werden, wobei auch die Gesamtvermögenssituation berücksichtigt werden soll, oder müssen dafür vielmehr die Zahlen zur Umsatzeinbusse und zum Insolvenzrisiko betrachtet werden (Nationalrat)? Diese Frage musste in der Einigungskonferenz entschieden werden, die gleich im Anschluss an die Differenzbereinigung stattfand.

Ebenfalls keine Einigung im Differenzbereinigungsverfahren fand man bei einzelnen Massnahmen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls. Einig wurde man sich zwar bezüglich der Frage, ob Selbständigerwerbende und Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung ebenfalls Anspruch auf EO erhalten sollten. Hier setzte sich der Nationalrat durch, der eine entsprechende Regelung gefordert hatte. Die Schaffung einer Obergrenze des anzurechnenden Betrags bei EO (erste Behandlung des Nationalrats) respektive eine Obergrenze des anrechenbaren Einkommens (zweite Behandlung des Nationalrats) legten die Räte jedoch nicht fest, weil sie die Schaffung eines Schwellenwertes verhindern wollten; diese Fragen soll der Bundesrat in entsprechenden Verordnungen entscheiden. Des Weiteren war umstritten, ob ein Erwerbsausfall nachgewiesen werden muss und ob die selbstdeklarierte Höhe des Erwerbsausfalls ausbezahlt werden soll. Dies wollte der Nationalrat aufgrund eines breit abgestützten Einzelantrags Mettler/Meyer/Rösti/Roduit durch Stichproben sicherstellen, was der Ständerat mit einer etwas abgeänderten Formulierung akzeptierte. Schliesslich gab sich der Ständerat auch bei der Verwendung der Arbeitgeberbeitragsreserven durch die Arbeitgeber zur Bezahlung der BVG-Beiträge geschlagen.
Nicht einig wurde man sich auch bei der Frage, wer EO erhalten soll. Anfänglich stritten sich die Räte diesbezüglich darüber, ob nur bei Unterbrechung oder auch bei massgeblicher Einschränkung der Erwerbstätigkeit Erwerbsersatz ausgerichtet werden kann. Dann schlug der Ständerat vor, die Einschränkungen zu beziffern: Bei Umsatzeinbussen von mindestens 60 Prozent im Vergleich zu den Vorjahren soll ein EO-Bezug möglich sein. Der Nationalrat fürchtete sich jedoch diesbezüglich vor Schwelleneffekten und nahm einen entsprechenden Einzelantrag Mettler/Meyer/Prelicz-Huber/Roduit/Rösti/Sauter an, weshalb der Ständerat die Regelung präzisierte: Bei einer Umsatzeinbusse von mindestens 65 Prozent gilt man als «massgeblich eingeschränkt», bei Umsatzeinbussen zwischen 60 und 65 Prozent können Erwerbsausfallentschädigungen dann beantragt werden, wenn das durchschnittliche massgebliche Einkommen 2015 bis 2019 unter CHF 90'000 liegt. Ansonsten wird ein Einkommen von CHF 90'000 angerechnet. Wichtig sei der Kommissionsmehrheit, dass die gesamte Vermögens- und Kapitalsituation berücksichtigt werde, betonte Kommissionssprecher Rechsteiner (sp, SG). Über diesen Vorschlag musste entsprechend ebenfalls die Einigungskonferenz entscheiden.
Umstritten war diesbezüglich auch die Frage, bis wann Artikel 10 zum Erwerbsausfall gelten soll. Der Bundesrat hatte eine Geltungsdauer bis Ende 2022 vorgeschlagen, der Nationalrat wollte diese aber auf Juni 2021 beschränken. Aufgrund eines Einzelantrags Feller (fdp, VD) erlaubte die grosse Kammer überdies eine rückwirkende Inkraftsetzung dieses Artikels auf den 17. September 2020. Damit wollte er die Möglichkeit auf Rückwirkung schaffen, welche der Bundesrat in einer Medienmitteilung angekündigt hatte, aber die ohne Rechtsgrundlage nicht möglich sei, betonte Feller. Nachdem die SGK-SR noch die Kann-Formulierung zur Rückwirkung gestrichen hatte, willigten beide Räte ein.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Loi COVID-19 et révisions

In der Herbstsession 2020 machte sich der Nationalrat an die Beratung des Covid-19-Gesetzes, was mit 10 Mehrheits-, 33 Minderheits- und 27 Einzelanträgen eine lange Sache zu werden versprach. Für die Kommission erklärten Philippe Nantermod (fdp, VS) und Ruth Humbel (cvp, AG) den Rahmen des Gesetzes. Dieses definiere, «was der Bundesrat tun darf, um die Auswirkungen der Covid-19-Epidemie auf Gesellschaft, Wirtschaft und Behörden zu bekämpfen», fasste Ruth Humbel seinen Inhalt zusammen. Damit würde «Notrecht in ordentliches Recht überführt» und entsprechend für einen Teil der 18 seit März 2020 geschaffenen Verordnungen, die sich direkt auf die Verfassung gestützt hatten, eine gesetzliche Grundlage geschaffen, erklärte Bundeskanzler Walter Thurnherr, der den Bundesrat in der Debatte vertrat. Das Covid-19-Gesetz solle gemäss den Kommissionssprechenden überdies dringlich erklärt, aber nur bis Ende 2021 (einzelne Ausnahmen bis Ende 2022) gültig sein; hier war der Bundesrat den Vernehmlassungsteilnehmenden entgegengekommen. Einerseits stellte Philippe Nantermod das Gesetz als Rückkehr zum «normalen Recht» dar, betonte jedoch auch, dass es dem Bundesrat sehr wichtige Kompetenzen erteile. Die SGK-NR sei sich aber einig gewesen, dass das Gesetz nötig sei; entsprechend sei sie einstimmig darauf eingetreten und habe die Vorlage schliesslich mit 18 zu 6 Stimmen bei 1 Enthaltung angenommen. Ruth Humbel ergänzte ausdrücklich, dass es – entgegen der zahlreichen Briefe, die sie diesbezüglich empfangen habe – im Covid-19-Gesetz weder um Impfungen im Allgemeinen noch um eine Impfpflicht im Speziellen gehe.
In der nachfolgenden Behandlung nahm der Nationalrat zahlreiche Änderungen am bundesrätlichen Entwurf vor und nahm die neue Version zum Schluss deutlich an.

Vor der Detailberatung lagen dem Nationalrat aber ein Antrag Addor (svp, VS) auf Nichteintreten sowie ein Antrag Schwander (svp, SZ) auf Rückweisung des Gesetzes an den Bundesrat vor. Jean-Luc Addor begründete seinen Nichteintretensantrag damit, dass dem Bundesrat keine Blankovollmacht ausgestellt werden dürfe, sondern dass das Parlament nötige Massnahmen per ordentlichem Gesetz erlassen solle. Die aktuellen Massnahmen seien unverhältnismässig und nur aufgrund künstlich aufrechterhaltener Angst durchsetzbar, kritisierte er. Diese «Gesundheitsdiktatur» müsse entsprechend beendet werden. Pirmin Schwander begründete seinen Ordnungsantrag ähnlich: Der Bundesrat solle sich zukünftig nicht auf Notrecht stützen, sondern die Bundesversammlung für dringende Bundesbeschlüsse einberufen. Dabei ging er davon aus, dass die bestehenden Bundesbeschlüsse zu den Finanzausgaben zur Bekämpfung der Folgen der Corona-Pandemie ausreichten, und betonte, dass der Bundesrat ansonsten dort Lücken schliessen solle, wo dies noch nötig sei. Philippe Nantermod entgegnete im Namen der Kommission, dass es im Gesetz eben nicht nur um Budgets und Haushaltsbefugnisse gehe, sondern auch um den Rahmen für die Umsetzung der finanziellen Bestimmungen. Entschiede sich der Rat für Nichteintreten, würden überdies alle geltenden Bundesratsverordnungen hinfällig, wodurch die entsprechenden Entlastungsmassnahmen – zum Beispiel im Rahmen der EO – entfallen würden. Mit 173 zu 18 Stimmen sprach sich der Rat in der Folge gegen den Ordnungsantrag Addor und mit 163 zu 26 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) gegen den Ordnungsantrag Schwander für Eintreten aus. Die ablehnenden Stimmen stammten jeweils aus der SVP-Fraktion.

Anschliessend folgte die Detailberatung, bei der die verschiedenen Artikel in unterschiedlichem Masse umstritten waren. Bereits beim ersten Artikel, welcher den Gegenstand des Gesetzes zum Inhalt hatte, nahm der Nationalrat einige Änderungen vor. In der bundesrätlichen Version besagte der Artikel nur, dass es im Gesetz ausschliesslich um die Bewältigung der Covid-19-Pandemie geht und dass der Bundesrat auch die Kantone in die Erarbeitung von Massnahmen einbezieht, wenn sie in ihrer Zuständigkeit betroffen sind – eine Konzession, die der Bundesrat nach der Vernehmlassung an die Kantone gemacht hatte. Diesen Einbezug wollte die SGK-NR auf die Sozialpartner, eine Minderheit Prelicz-Huber (gp, ZH) sowie Einzelanträge der SPK-NR und der KVF-NR auch auf Verbände der Gemeinden und Städte ausdehnen. Damit die Massnahmen zufriedenstellend umgesetzt werden könnten, sei es wichtig, dass alle wichtigen Akteure einbezogen würden, erklärte Katharina Prelicz-Huber. Für den Bund seien bei der Umsetzung nur die Kantone direkte Ansprechpartner, zudem seien Gemeinden und Städte vom Covid-19-Gesetz gar nicht direkt betroffen, erwiderte hingegen der Kommissionssprecher. Dennoch folgte der Rat sowohl der Kommissionsmehrheit bezüglich der Kantone als auch der Minderheit Prelicz-Huber sowie den Einzelanträgen bezüglich der Städte und Gemeinden deutlich (191 zu 3 Stimmen; 150 zu 43 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Doch nicht nur Kantone, Städte und Gemeinden, auch die Organe der Bundesversammlung sowie die Präsidentinnen oder Präsidenten der zuständigen Kommission wollte der Nationalrat in dringlichen Fällen einbezogen wissen. Er folgte dabei zwei Einzelanträgen Rutz (svp, ZH) und stellte sich damit gegen Anträge seiner Kommission (153 zu 39 Stimmen bei 1 Enthaltung; 192 zu 2 Stimmen bei 1 Enthaltung). Kommissionssprecher Nantermod hatte diese Forderungen zuvor mit der Begründung abgelehnt, dass die Anhörung des Parlaments beim ordentlichen Recht, um das es hier gehe, bereits im Parlamentsgesetz geregelt sei.
Erfolgreich waren auch die Einzelanträge Glättli (gp, ZH) und Grüter (svp, LU), welche die Einreichung von fakultativen Referenden temporär ohne Stimmrechtsbescheinigungen möglich machen und die Bundeskanzlei mit der nachträglichen Bescheinigung der Stimmen bei den Gemeinden beauftragen wollten (140 zu 52 Stimmen bei 2 Enthaltungen). Stillschweigend nahm der Rat zudem einen Vorschlag der Kommission an, wonach sich der Bundesrat zum Erlass seiner Massnahmen an verfügbare Daten bezüglich Überlastung des Gesundheitssystems, Sterblichkeit sowie schwerer Krankheitsverläufe orientieren solle. Abgelehnt wurden hingegen eine Änderung des Ziels des Gesetzes hin zu einer Bekämpfung der Übersterblichkeit infolge der Covid-19-Epidemie anstelle der Bekämpfung der Epidemie selber, wie es der Bundesrat formuliert hatte (Einzelantrag Nidegger, svp, GE: 141 zu 52 Stimmen) sowie ein Minderheitsantrag Glarner (svp, AG; 137 zu 54 Stimmen), der das Subsidiaritätsprinzip ausdrücklich im Gesetz verbriefen wollte. Zuerst müsse auf Eigenverantwortung und kantonale Mittel gesetzt werden, bevor der Bund eingreife, begründete Thomas de Courten (svp, BL) diesen Minderheitsantrag. Die Kommissionsmehrheit erachtete eine solche Klarstellung als unnötig, zumal das Subsidiaritätsprinzip bereits in der Verfassung verankert sei.

Besonders umstritten waren die Bestimmungen zum Ausländer- und Asylbereich, die mit zahlreichen Minderheits- und Einzelanträgen hinterfragt wurden. Hier sah das Covid-19-Gesetz vor, dem Bundesrat die Kompetenz zu erteilen, vom AIG und Asylgesetz abweichende Bestimmungen bezüglich Einreise, gesetzlicher Fristen und Unterbringung von Asylsuchenden zu erlassen. Eine erfolgreiche Kommissionsmehrheit wollte jedoch die Einreisebeschränkungen beim Familiennachzug und bei Konkubinatspartnerinnen und -partnern und ihren Kindern von dieser Möglichkeit ausschliessen, um übermässig lange Familientrennungen wie beim Lockdown im Frühling zu verhindern. Zudem wollte eine Minderheit Meyer (sp, ZH) den Zugang zu Asylverfahren ausdrücklich gewährleisten, um zu verhindern, dass die Möglichkeiten für Asylsuchende, einen Asylantrag zu stellen, wie im Frühling eingeschränkt würden. Dies widerspreche dem zwingenden Völkerrecht, betonte sie. Die Kommissionssprechenden Nantermod und Humbel lehnten eine entsprechende Regelung ab, zumal sie dem zwingenden Völkerrecht angehöre und somit in jedem Fall anwendbar sei. Entsprechend sprach sich der Nationalrat auch mit 122 zu 71 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für den Vorschlag der Kommission und gegen den Minderheitsantrag Meyer aus.
Die übrigen Anträge in diesem Themengebiet waren ebensowenig erfolgreich. Eine Minderheit Crottaz (sp, VD) schlug vor, die Fristen nicht nur wie vom Bundesrat beantragt beim Familiennachzug, dem Erlöschen von Aufenthaltsbewilligungen und der Erneuerung von biometrischen Ausweisen verlängern zu können, sondern auch bei der Ausreise, beim Erlöschen von Asyl und bei vorläufigen Aufnahmen. Man könne die betroffenen Personen nicht zwingen, in ihr Heimatland zurückzukehren, wenn die Epidemie dort unkontrolliert wüte. Bei der Unterbringung von Asylsuchenden solle zudem gemäss einer weiteren Minderheit Crottaz der nötigen physischen Distanz Rechnung getragen werden, weshalb im Gesetz nicht nur Unterbringungszentren des Bundes, sondern auch alle anderen Strukturen, die Migranten aufnehmen können, erwähnt werden sollen. Zu beiden Vorschlägen lagen gleichlautende Einzelanträge aus der SPK-NR vor, dennoch lehnte der Nationalrat beide Anliegen ab (123 zu 72 Stimmen, 122 zu 72 Stimmen). Ebensowenig von Erfolg gerkrönt war eine Minderheit Glarner (141 zu 54), die verlangte, die Ausschaffungshaft verurteilter krimineller Ausländerinnen und Ausländer verlängern zu können, wenn ihre Ausreise im Moment nicht möglich sei. Gemäss Gesetz müssten diese aus der Haft entlassen werden. Zusätzliche Unterstützung für Flüchtlinge und Sans-Papiers, die wegen Covid-19 besonderer Unterstützung bedürften, forderte hingegen eine Minderheit Prelicz-Huber. Dies liege jedoch in der Zuständigkeit der Kantone, betonte Nantermod für die Kommission. Mit 128 zu 69 Stimmen wurde auch dieser Vorschlag abgelehnt.

Ebenfalls für ausführliche Diskussionen sorgten die Bestimmungen zur Entschädigung des Erwerbsausfalls. Diese wollte der Bundesrat ausschliesslich für Personen vorsehen, die ihre Erwerbstätigkeit aufgrund von Corona-Massnahmen unterbrechen müssen, und dafür Bestimmungen zu Beginn und Ende des Anspruchs, zur Höhe der Taggelder und Bemessung sowie zum Verfahren erlassen können. Albert Rösti (svp, BE) schlug in einem Einzelantrag vor, die Entschädigungen nicht nur bei Unterbrechung, sondern auch bei Einschränkung der Erwerbstätigkeit zu ermöglichen. Die bundesrätliche Kann-Formulierung zur Entschädigung wollte eine Minderheit Meyer zudem in eine Pflicht umwandeln: In gewissen, in einer Liste aufgeführten Fällen soll eine Erwerbsausfallentschädigung zwingend anfallen. In gemeinsamen Einzelanträgen schlugen Melanie Mettler (glp, BE), Mattea Meyer und Albert Rösti sowie Sidney Kamerzin (cvp, VS) und Marie-France Roth Pasquier zudem vor, EO-Entschädigungen auch an Selbstständige in arbeitgeberähnlicher Position auszubezahlen. Hier zeigte sich der Nationalrat zu einem gewissen Ausbau gewillt: Er bevorzugte den Einzelantrag Rösti gegenüber dem Minderheitsantrag Meyer (108 zu 86 Stimmen) und nahm die Anträge Mettler/Meyer/Rösti sowie Kamerzin/Roth Pasquier mit 191 zu 3 Stimmen deutlich an. Damit schuf er eine allgemeine Möglichkeit zur Entschädigung bei Einschränkungen der Erwerbstätigkeit und eine spezifische Entschädigungsmöglichkeit für einen Teil der Selbständigen.
Nicht nur bezüglich der Antragsberechtigten, auch bezüglich der Höhe des Anspruchs auf EO nahm der Nationalrat Änderungen vor. So beschränkte er die Obergrenze des anzurechnenden Betrags auf CHF 90'000 (Einzelantrag Badran, sp, ZH: 103 zu 90 Stimmen bei 1 Enthaltung) und schränkte die Entschädigung im Umfang des selbstdeklarierten Erwerbsausfalls auf Fälle ein, bei denen ein Erwerbsausfall nachgewiesen wurde (Einzelantrag Grossen, glp, BE: 164 zu 29 Stimmen). Schliesslich entschied sich die grosse Kammer für den Mehrheitsantrag und gegen eine Minderheit Gysi (sp, SG) und erlaubte den Arbeitgebenden weiterhin, bei Liquiditätsengpässen ihre Arbeitgeberbeitragsreserven zur Bezahlung der Pensionskassenbeiträge zu verwenden (130 zu 64). Barbara Gysi hatte sich an dieser Möglichkeit gestört, da solche Reserven zukünftig abziehbar von den Steuern wiederaufgebaut werden könnten, dies also ein «Vehikel zur Steuerersparnis» darstelle.

Umstritten waren auch die Massnahmen zur ALV; hier übernahm der Bundesrat die Regelungen aus der neusten Version der Covid-19-ALV-Verordnung. So sollte er die Möglichkeit erhalten, vom AVIG abweichende Bestimmungen bezüglich Anspruch auf KAE, Ablauf des Anmeldungs- und Abrechnungsverfahrens zu KAE, Berücksichtigung von Abrechnungsperioden und zur Rahmenfrist bei der ALV zu erlassen. Die Kommissionsmehrheit, verschiedene Minderheiten und Einzelanträge bemühten sich insbesondere darum, den Kreis der Unterstützten innerhalb und ausserhalb der KAE zu vergrössern. Die Kommission wollte etwa den Anspruch auf Mitarbeitende auf Abruf, Personen im Lehrverhältnis und Angestellte bei Temporärfirmen ausdehnen, eine Minderheit Prelicz-Huber wollte Personen mit verschiedenen Arbeitgebenden, Projektaufträgen oder Gagen sowie Personen in arbeitgeberähnlicher Stellung miteinbeziehen. Die Kommission setzte sich gegen eine Minderheit Dobler (fdp, SG), welche die Ausdehnung des Anspruchskreises verhindern wollte, mit 111 zu 81 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) durch, eine weitere Ausdehnung im Sinne der Minderheit Prelicz-Huber lehnte der Nationalrat aber mit 110 zu 85 Stimmen ab. Eine Minderheit Feri (sp, AG) beantragte darüber hinaus die Schaffung einer Möglichkeit für eine von KAE-unabhängige Unterstützung für Institutionen der familienergänzenden Betreuung, da diese systemrelevant seien. Zwar hätten viele Kantone, Städte und Gemeinden das Problem «an die Hand genommen», es bestehe aber noch immer Unsicherheit bezüglich Zuständigkeit und Finanzierung. Eine Minderheit Weichelt-Picard (al, ZG) wollte die Regierung sogar zur Unterstützung dieser Institutionen verpflichten. Der Rat bevorzugte zwar die Kann-Formulierung von Yvonne Feri gegenüber der Muss-Formulierung von Manuela Weichelt-Picard (140 zu 46 Stimmen bei 8 Enthaltungen), lehnte Erstere anschliessend aber mit 100 zu 93 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) knapp ab.
Auch die übrigen Anträge in diesem Themenbereich waren allesamt erfolglos: Die grosse Kammer lehnte zwei Vorschläge einer Minderheit Maillard (sp, VD) ab: Einerseits sollten Arbeitnehmende mit tiefen Löhnen unterstützt werden, indem ihr Lohnersatz auf 100 Prozent erhöht werden sollte (126 zu 68 Stimmen bei 1 Enthaltung). Andererseits sollten die Reserven der Krankenkassen auf 150 Prozent der gesetzlich vorgeschriebenen Höhe gesenkt und der frei werdende Betrag den Versicherten im ersten Halbjahr 2021 ausbezahlt werden, um die Kaufkraft allgemein zu stärken (117 zu 77 Stimmen bei 1 Enthaltung). Abgelehnt wurde überdies auch eine Minderheit Glarner (135 zu 59 Stimmen bei 1 Enthaltung), die freiwillige Leistungen an juristische Personen mit Sitz in der Schweiz zu deren Unterstützung während der Corona-Krise steuerlich abzugsfähig machen wollte.

Eine ähnliche Stossrichtung wie die Massnahmen zur ALV hatte der Artikel zum Arbeitnehmerschutz, der Massnahmen zum Schutz besonders gefährdeter Arbeitnehmenden zum Inhalt hatte, mit denen Arbeitgebenden zusätzliche Pflichten auferlegt werden können sollten. Diesbezüglich wollte die Kommission einen Anspruch auf Rückerstattung der Kosten bei Lohnfortzahlung durch die Arbeitgebenden einführen. Würde also aufgrund des Gesetzes eine Quarantäne beschlossen, müsste das Gehalt der Arbeitnehmenden womöglich vom Staat übernommen werden, erklärte Philippe Nantermod. Eine Minderheit I Aeschi (svp, ZG) lehnte diese Forderung ab: Dadurch auferlege man dem Bund neue Pflichten, obwohl man nicht wisse, was die Massnahme kosten würde. Eine Minderheit II Prelicz-Huber wollte den Artikel hingegen so umformulieren, dass nicht nur besonders gefährdete Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unterstützt werden sollten, sondern auch andere Arbeitnehmende. Die Kommissionsmehrheit setzte sich mit 134 zu 61 Stimmen und 126 zu 66 Stimmen gegen die beiden Minderheiten durch; der Nationalrat schuf folglich einen entsprechenden Anspruch für die Unternehmen.

Eine breite Palette an Handlungsmöglichkeiten behielt sich der Bundesrat im Kulturbereich vor. So wollte er die Möglichkeiten behalten, Unternehmen und Kulturschaffende zu unterstützten, sich weiterhin mit maximal CHF 80 Mio. an Leistungsvereinbarungen der Kantone zu beteiligen, Suisseculture im Jahr 2021 mit CHF 20 Mio. zu unterstützen, einen Anteil an die Lebenshaltungskosten für Kulturschaffende zu zahlen, Entschädigungen für Kulturvereine im Laienbereich zu erbringen sowie die Beitragskriterien und Bemessungsgrundlagen für Finanzhilfen im Kulturbereich festzulegen. Trotz dieser vielen Massnahmen wurden in diesem Bereich zahlreiche Minderheits- und Einzelanträge von Personen gestellt, welchen die Massnahmen des Bundesrates zu wenig weit gingen. So wollte eine Kommissionsmehrheit den Kredit für die Leistungsvereinbarungen auf CHF 100 Mio. und eine Minderheit II Porchet (gp, VD) gar auf CHF 150 Mio. erhöhen, während eine Minderheit Glarner den bundesrätlichen Vorschlag bevorzugte. Mit 117 zu 78 Stimmen und 127 zu 68 Stimmen setzte sich die Kommissionsmehrheit diesbezüglich durch. Mehr Geld forderte eine weitere Minderheit Porchet auch für Suissculture (CHF 50 Mio.), was der Nationalrat jedoch ablehnte. Minderheits- und Einzelanträge Rytz (gp, BE), Roduit (cvp, VS) und Paganini (cvp, SG) forderten überdies eine Unterstützung des Bundesrates im Eventbereich (Rytz), in der Reisebranche (Roduit) sowie allgemein für von den Folgen von Covid-19 besonders stark betroffene Unternehmen in verschiedenen, abschliessend aufgelisteten Branchen (Paganini). Nachdem Rytz und Roduit ihre Anträge zugunsten des Antrags Paganini zurückgezogen hatten, stimmte der Nationalrat Letzterem mit 192 zu 1 Stimmen (bei 2 Enthaltungen) überdeutlich zu und löste die nötige Ausgabenbremse. Auch die Fussball- und Eishockeyvereine sollten beruhend auf Einzelanträgen von Matthias Aebischer (sp, BE), Philipp-Matthias Bregy (cvp, VS), Jürg Grossen, Diana Gutjahr (svp, TG) und Christian Wasserfallen (fdp, BE) mit zinslosen Darlehen unterstützt werden, welche in zehn Jahren zurückgezahlt werden müssen (135 zu 34 Stimmen bei 19 Enthaltungen). Dazu müssten die Vereine Sicherheiten im Umfang von 25 Prozent vorlegen, dafür wären Rangrücktritte durch den Bund – also eine Einwilligung des Bundes, dass seine Forderungen im Falle einer Insolvenz letzte Priorität hätten – möglich. Nicht erfolgreich waren hingegen Minderheitsanträge von Barbara Gysi für einen Einbezug der Dachverbände im Kulturbereich bei der Erarbeitung der entsprechenden Beitragskriterien (112 zu 83 Stimmen bei 1 Enthaltung) sowie von Léonore Porchet für eine Ausfallversicherung für Veranstaltungen im Stile von Versicherungen gegen Nuklear- oder Elementarschäden (124 zu 68 Stimmen bei 2 Enthaltungen).

Bezüglich der Massnahmen im Bereich der Grundversorgung bestanden zwar weniger Minderheits- oder Einzelanträge, dennoch nahm dieser Bereich gemäss zahlreichen Sprechenden in der öffentlichen Kritik am Covid-19-Gesetz eine wichtige Rolle ein. So wollte der Bundesrat die Gesundheitsbranche verpflichten können, den Bestand an Heilmitteln und Gütern der Gesundheitsversorgung zu melden, und verlangte verschiedene Ausnahmekompetenzen zur Gewährleistung der Versorgung der Bevölkerung. Dabei standen gemäss Regierung vor allem die Bewilligungspflicht für Tätigkeiten und Medikamente im Mittelpunkt. Die Kritikerinnen und Kritiker – vor allem ausserhalb des Parlaments – werteten dies aber als Möglichkeit, einen Impfzwang einzuführen. Entsprechend häufig verwiesen auch verschiedene Sprechende während der Debatte darauf, dass es hier nicht um Impfungen gehe und dass beruhend auf dem Covid-19-Gesetz auch kein Impfzwang eingeführt werden könne. Doch auch Mitglieder des Parlaments zeigten sich kritisch gegenüber der Möglichkeit, dass Arzneimittel unter Umgehung eines Teils der bisherigen Bedingungen zugelassen werden könnten. Eine Minderheit Weichelt-Picard forderte entsprechend, dass die Arzneimittel, deren Zulassungsverfahren angepasst werden könnten, im Gesetz ausdrücklich aufgezählt würden. Ein Einzelantrag Gafner (edu, BE) wollte die Ausnahme bei der Zulassungspflicht gar ganz aus dem Gesetz streichen. Dem entgegnete Kommissionssprecher Nantermod, dass schnelles Handeln bei der Medikamentenzulassung zentral sei, damit man Patientinnen und Patienten nicht hoffnungsvolle, wirksame Therapien vorenthalten müsse. Mit 153 zu 33 Stimmen (bei 1 Enthaltung) und 140 zu 48 Stimmen lehnte der Nationalrat sowohl den Minderheitsantrag als auch den Einzelantrag Gafner ab. Manuela Weichelt-Picard beantragte des Weiteren, dass der Bundesrat wichtige medizinische Güter, die er zuvor beschafft hatte, lagern solle und dass er die Kostenübernahme für Covid-Analysen regeln müsse, nicht könne, wie der Bundesrat in seinem Entwurf vorgeschlagen hatte. Auch diese Minderheitsanträge waren nicht von Erfolg gekrönt: Mit 126 zu 69 Stimmen sprach sich die grosse Kammer dagegen aus, dass der Bundesrat die dringenden medizinischen Güter selber lagere, und blieb mit 127 zu 68 Stimmen bei der Kann-Formulierung zur Übernahme der Covid-Analyse-Kosten.

Keine Änderungen nahm der Nationalrat am bundesrätlichen Vorschlag zum Medienbereich vor, wo Grundlagen geschaffen werden sollten, mit denen die Kosten der Tageszustellung der Regional- und Lokalpresse bis zum Inkrafttreten des Massnahmenpakets zur Förderung der Medien vollständig übernommen werden und sich der Bund an den Kosten der Tageszustellung der überregionalen- und nationalen Presse mit 27 Rappen pro Exemplar beteiligen könnte. Dies war insbesondere aufgrund eines Einbruchs der Werbeeinnahmen bei den Printmedien nötig geworden und von zwei Motionen der KVF-NR und KVF-SR (Mo. 20.3145 und Mo. 20.3154) verlangt worden. Überdies sollte ein Teil der Abonnementskosten von Keystone-SDA durch den nicht verwendeten Betrag der Radio- und Fernsehabgabe bezahlt werden. Als Voraussetzung für die Unterstützung sollten sich die Unternehmen jedoch verpflichten, während des aktuellen Geschäftsjahrs keine Dividenden auszuschütten. Während eine Minderheit Glarner die Massnahmen im Medienbereich vollständig ablehnte, um die Medienfreiheit und -unabhängigkeit zu wahren, wie Thomas de Courten erklärte, wollte eine Minderheit Aeschi nicht nur abonnierte, sondern auch nicht abonnierte Zeitungen, also die Gratiszeitungen, unterstützen. Es gebe auch viele Gratiszeitungen mit guter Qualität, argumentierte Aeschi. Beide Anträge lehnte der Nationalrat ab (Antrag Glarner: 124 zu 69 Stimmen bei 3 Enthaltungen, Antrag Aeschi: 116 zu 77 Stimmen bei 3 Enthaltungen). Auch einer Ausdehnung der Unterstützung bei den Abonnementskosten auf Onlinemedien, wie sie eine Minderheit Porchet vorschlug, konnte der Rat nichts abgewinnen (127 zu 67 Stimmen).

Nur eine Anpassung der deutschsprachigen an die französischsprachige Version nahm der Nationalrat bei den justiziellen und verfahrensrechtlichen Massnahmen vor. Hier beantragte der Bundesrat, im Justizbereich Fristen oder Termine stillzulegen oder wiederherzustellen, technische Hilfsmittel in Verfahren zu erlauben und andere Formen von Eingaben und Entscheiden zu ermöglichen. Mit seinem Einzelantrag wollte Jean-Philippe Maître (fdp, GE) dabei sicherstellen, dass die behördlichen, nicht nur die gesetzlichen Fristen und Termine auch in der deutschsprachigen Version verändert werden könnten (141 zu 49 bei 2 Enthaltungen).

Keine Änderungen oder Änderungsanträge gab es bei den Massnahmen im Bereich von Versammlungen von Gesellschaften, wo der Bundesrat die Möglichkeiten der schriftlichen oder elektronischen Form bei der Ausübung der Rechte sowie durch unabhängige Stimmrechtsvertretende ausdrücklich festhielt.

Bei den insolvenzrechtlichen Massnahmen schlug die SGK-NR eine Ergänzung vor: So soll der Bundesrat die Haftung für Zollschulden durch die die Zollanmeldung ausstellenden Personen aufgrund von Konkursen von Empfängerinnen und Importeuren wegen Corona-Massnahmen aussetzen können. Mit 191 zu 1 Stimme bei 2 Enthaltungen nahm der Nationalrat die entsprechende Bestimmung an.

Eine Änderung fügte der Rat schliesslich auch bei den Strafbestimmungen an, bei denen der Bundesrat bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Zuwiederhandlung Ordnungsbussen bis CHF 300 einführen können wollte: Die grosse Kammer entschied sich hier stillschweigend, nur bei vorsätzlichen Zuwiederhandlungen Bussen zu ermöglichen.

Zwei Minderheitsanträge für Änderungen in anderen Gesetzen lehnte der Nationalrat hingegen ab: So forderte Andreas Glarner einen Verzicht auf das frühzeitige Inkrafttreten der Regelung, wonach Personen, welche ab dem Alter von 58 Jahren entlassen werden, bei ihrer Pensionskassen verbleiben können (Minderheit Glarner: 139 zu 55 Stimmen), und Katharina Prelicz-Huber wollte die soziale Abfederung von Massenentlassungen strenger regeln (Minderheit Prelicz-Huber: 127 zu 67 Stimmen bei 1 Enthaltung).

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat seinen Entwurf mit 144 zu 35 Stimmen (bei 16 Enthaltungen) an. Sowohl die Gegenstimmen als auch die Enthaltungen stammten von Mitgliedern der SVP-Fraktion. Ganz abgeschlossen war die Debatte damit aber noch nicht, am Folgetag brachte Thomas Aeschi einen Ordnungsantrag ein, in dem er forderte, dass anstelle des Bundeskanzlers ein Bundesrat das Geschäft in der nächsten Sitzung vertreten solle und dass auf eine Blockbildung in der Beratung verzichtet wird. Mit 100 zu 89 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) stimmte der Nationalrat ersterer Forderung zu, lehnte letztere aber mit 103 zu 85 Stimmen ab.

Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid 19-Epidemie (Covid-19-Gesetz; BRG 20.058)
Dossier: Loi COVID-19 et révisions

Im Februar 2020 setzte sich die SGK-SR mit einer Motion Heim (sp, SO) auseinander, die Transparenz bei Entschädigungen und Honoraren für Ärzte und Ärztinnen in leitender Funktion forderte. Mit 7 zu 0 Stimmen (bei einer Enthaltung) stimmte die Kommission dem Vorstoss zu. In der ständerätlichen Debatte im darauffolgenden Monat erläuterte Kommissionssprecher Paul Rechsteiner (sp, SG) noch einmal kurz den Inhalt der Motion und führte anschliessend die Überlegungen der SGK-SR aus. Die Kommission habe die Tatsache, dass der Bundesrat Anpassungen an den bestehenden Kriterien zur Spitalplanung auf Verordnungsstufe vornehmen wolle, positiv aufgenommen. Durch die Verordnung würden Fehlanreize, verursacht durch mengenbezogene Entschädigungen oder Boni, unterbunden. Eine entsprechende Vernehmlassung sei am 12. Februar 2020 eröffnet worden, mit welcher das Anliegen des Geschäfts erfüllt werden könne, so Rechsteiner. Stillschweigend nahm der Ständerat die Motion an.

Transparenz bei Entschädigungen und Honoraren für Ärzte und Ärtinnen in leitender Funktion (Mo. 18.3107)

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport

2019 befasste sich das Parlament mit zahlreichen Geschäften zu Schweizer Gesundheitspolitik, Sport und Sozialhilfe. Besonders relevant waren bezüglich gesundheitspolitischer Themen die Diskussionen um das elektronische Patientendossier (EPD). Dieses soll 2020 in allen Regionen der Schweiz verfügbar sein, weshalb 2019 dazu einige Vorstösse behandelt wurden. So wurde ein Postulat Wehrli (fdp, VD; Po. 18.4328), welches Auskunft über die bereits ergriffenen und die noch zu ergreifenden Massnahmen verlangte, um die Umsetzung des EPD und dessen Nutzung zu fördern, vom Nationalrat angenommen. Ebenfalls Ja sagte die grosse Kammer zu einer Motion der SGK-NR (Mo. 19.3955). Diese hatte den Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das EPD zum Ziel und wird nun in einem nächsten Schritt im Stöckli behandelt. Mit dem im Juni 2019 verabschiedeten Bundesratsgeschäft zur «Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit im KVG» (BRG 15.083) sollen zudem die Qualität der erbrachten Leistungen im Gesundheitsbereich verbessert, die Patientensicherheit nachhaltig erhöht und die Steigerung der Kosten in der OKP abgeschwächt werden.

In Sachen Spitäler standen 2019 die Kosten im Gesundheitswesen im Mittelpunkt. Unter anderem intendierte Verena Herzog (svp, TG) mittels Motion, gemeinwirtschaftliche Leistungen dem öffentlichen Beschaffungsrecht zu unterstellen (Mo. 16.3842). Denn durch eine Ausschreibungspflicht für gemeinwirtschaftliche Leistungen und der damit verbundenen Transparenz könne man nicht nur Kosten reduzieren, sondern auch an Effizienz gewinnen, erklärte die Motionärin. 2018 hatte der Nationalrat dieser Vorlage zugestimmt, der Ständerat gab ihr in der Herbstsession 2019 allerdings einen Korb. Mit einem Selbstkostenanteil, der beim Aufsuchen der Spitalnotfallstation (und beim ambulanten Praxisbesuch) entrichtet werden soll, wollten sowohl Thomas Weibel (glp, ZH; Pa.Iv. 17.480) als auch Thomas Burgherr (svp, AG; Pa.Iv. 17.452) der Kostenentwicklung entgegenwirken, die Eigenverantwortung der Patientenschaft stärken und den Spitalnotfall entlasten. Die grosse Kammer gab in der Wintersession 2019 der parlamentarischen Initiative Weibel, nicht aber der Initiative Burgherr Folge. Des Weiteren nahm das Stöckli als Zweitrat eine Motion der SGK-NR bezüglich Referenztarifen für ausserkantonale Behandlungen an (Mo. 18.3388). Damit wollte die Kommission sicherstellen, dass die Kantone für Behandlungen ihrer Einwohnerinnen und Einwohner ausserhalb des Wohnkantons nicht weniger bezahlen würden als innerhalb. Bezüglich Ärzteschaft reichte Bea Heim (sp, SO; Mo. 18.3107) eine Motion zur Offenlegung der Honorare von Ärztinnen und Ärzten in einer leitenden Position ein. Transparenz sei notwendig, um falsche Anreize, unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP zu verhindern, so Heim. Die Motion wurde im März 2019 von der grossen Kammer gutgeheissen und an die kleine Kammer überwiesen.

Rund um das Pflegepersonal waren die Pflegeinitiative und der indirekte Gegenvorschlag ein wichtiges Thema. Gefordert wurden unter anderem die Sicherstellung von genügend diplomierten Pflegefachleuten und eine Kompetenzerweiterung im Bereich der direkten Abrechnung von Pflegeleistungen zu Lasten der OKP. In der Wintersession empfahl der Nationalrat in Übereinstimmung mit dem Bundesrat die Ablehnung der Initiative und gab dem von der SGK-NR ausgearbeiteten indirekten Gegenvorschlag mit einigen kleinen Änderungen Folge. Anders als seine Kommission wollte er beispielsweise nicht, dass eine Vereinbarung zwischen Pflegefachpersonen und Krankenkasse für die Abrechnung der Pflegenden über die OKP generell nötig ist.

Im Frühling 2019 verabschiedete das Parlament eine Änderung des Heilmittelgesetzes (BRG 18.081), die aufgrund zweier neuen EU-Verordnungen zur Erhöhung von Sicherheit und Qualität von Medizinprodukten nötig geworden war, damit die Schweizer Patientenschaft weiterhin von allen europäischen Produkten profitieren kann und die Hersteller keinen Wettbewerbsnachteil erfahren. Qualität und Behandlungssicherheit waren ebenfalls Gegenstand eines Postulates Stahl (svp, ZH; Po. 19.3382), das den Bundesrat dazu aufforderte, die Bedingungen zur Ermöglichung eines Versandhandels nichtverschreibungspflichtiger Arzneimittel zu überprüfen. Weiter stimmte der Nationalrat in der Sommersession einer Motion Humbel (cvp, AG; Mo. 19.3005) zur Kostenvermeidung bei der Umteilung von den Medikamenten der Kategorie C in die Kategorie B zu und überwies sie an den Ständerat. Antibiotika und ihre Resistenz wurden 2019 mittels zweier Vorstösse thematisiert. Zum einen sprach sich der Nationalrat als Erstrat für eine Motion Graf (gp, BL; Mo. 19.3861) aus, die den Bundesrat damit beauftragte, seine One-Health-Strategie mit der Erforschung von Antibiotikaresistenzen zu ergänzen, um so eine Vorgehensweise zur Bekämpfung ihrer Ursachen ausarbeiten zu können. Zum anderen reichte Claude Béglé (cvp, VD, Po. 19.3860) ein Postulat zur «Förderung der Erforschung und der Entwicklung neuer antimikrobieller Mittel» ein, welches allerdings im Rat nicht auf Anklang stiess. Im Herbst 2019 beschäftigte sich das Stöckli mit einer Motion Müller (fdp, LU; Mo. 19.3743), mit der die Eliminierung von Hepatitis in ein nationales Programm zu sexuell und durch Blut übertragbaren Infektionskrankheiten integriert werden soll.

Auch über Tabakwaren wurde 2019 angeregt diskutiert. So befasste sich der Ständerat erneut mit dem Bundesgesetz über Tabakprodukte, nachdem 2016 ein erster Entwurf an den Bundesrat zurückgewiesen worden war. Das Gesetz soll in erster Linie dazu dienen, Teenager, aber auch die Gesamtbevölkerung vor den negativen Auswirkungen des Tabakkonsums zu schützen. In den Medien war hingegen insbesondere das Thema «E-Zigaretten» zentral. Dieses fand auch seinen Weg ins Parlament; im Ständerat wurde über eine tiefere Besteuerung von elektronischen Zigaretten diskutiert (Mo. 19.3958 der SGK-SR). Vor dem Hintergrund der 2017 eingereichten Motionsserie zu wissenschaftlichen Pilotversuchen mit Cannabis trat der Nationalrat im Dezember 2019 auf die vom Bundesrat vorgeschlagene Änderung des Betäubungsmittelgesetzes ein (BRG 19.021). Neben E-Zigaretten berichteten die Medien auch ausführlich über die umstrittene Auswahl des Tabakkonzerns Philip Morris als Hauptsponsor des Schweizer Pavillons an der Weltausstellung 2020 in Dubai. Nachdem der Schweiz für diesen Entscheid viel Unverständnis entgegengebracht worden war und sich gar die WHO zu Wort gemeldet hatte, erklärte Aussenminister Ignazio Cassis Ende Juli, dass man die Partnerschaft nicht weiterführen werde.

Trotz grosser Aufmerksamkeit in den Medien – dieses Thema ist mitverantwotlich für den Peak des Gesundheitsthemas im Juli 2019 – kaum Eingang ins Parlament fand dieses Jahr die Frage der Sterbehilfe. Aufgegriffen wurde von den Zeitungen vor allem der Gerichtsprozess rund um Erika Preisig und den assistierten Suizid bei psychisch kranken Personen.

Die mediale Berichterstattung zu sportlichen Themen war im Juni 2019 besonders intensiv. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in diesem Monat nicht nur das Eidgenössische Turnfest in Aarau stattfand, sondern auch ein Formel-E-Rennen in Bern ausgetragen wurde, das bei der Bevölkerung auf Widerstand stiess und anlässlich dem eine Velo-Demonstration durchgeführt wurde. Zudem wurde die durch die Fussball-Weltmeisterschaft der Frauen ausgelöste Diskussion um die Gleichstellung der Geschlechter in dieser Sportart ebenfalls von den Schweizer Medien aufgenommen.
Im Parlament wurden bezüglich Sport zwei Vorlagen zu Sportzentren respektive zu der Finanzierung ihres Betriebs diskutiert. So nahmen beide Räte eine Motion Engler (cvp, GR, Mo. 18.4150) an, welche beabsichtigte, dem Bund eine Mitfinanzierungsrolle beim Trainings- und Wettkampfbetrieb auf Sportanlagen nationaler Bedeutung zukommen zu lassen. Im Dezember 2019 sagte die kleine Kammer Ja zu einem weiteren Postulat Engler (Po. 19.4044), das einen Bericht zur Realisierung von drei bis vier Wintersportzentren anstelle eines nationalen Schneesportzentrums forderte. Silva Semadeni (sp, GR), die in Vergangenheit eine referendumsfähige Gesetzesgrundlage zur Bundesmilliarde für Sion 2026 schaffen wollte, reichte 2018 eine parlamentarische Initiative ein, um die Unterstützung Olympischer Spiele im Allgemeinen einem fakultativen Referendum zu unterstellen (Pa.Iv. 18.445). In einem ersten Schritt gab die WBK-NR diesem Geschäft im Juni 2019 Folge. Im Gebiet der Dopingpolitik überwies der Nationalrat eine Motion Bourgeois (fdp, FR; Mo. 19.3667) an den Ständerat, die die Prüfung der Errichtung einer Koordinationsstelle für Dopingfragen beim Fedpol zum Gegenstand hatte.

Im Bereich Sozialhilfe interessierten sich die Medien insbesondere für die Höhe der Sozialhilfebeiträge, über die in verschiedenen Kantonen diskutiert wurde. Als erster Kanton stimmte Bern im Mai in einer Volksabstimmung über entsprechende Kürzungen ab. Hätte sich das Stimmvolk für die Revision des Sozialhilfegesetzes ausgesprochen, so hätte der neue Grundbetrag die Empfehlung der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos) deutlich unterschritten. Von Bedeutung war dieser Entscheid auch für die anderen Kantone, da man sich vor einem «Domino-Effekt» und «Sozialhilfe-Tourismus» fürchtete. Gemäss Einschätzungen des Tagesanzeigers von Anfang Oktober verlor die Forderung nach dem Nein in Bern in anderen Kantonen und Städten an Unterstützung.

Jahresrückblick 2019: Gesundheit, Sozialhilfe und Sport
Dossier: Rétrospective annuelle 2019

Die SGK-NR forderte mittels Motion den obligatorischen Anschluss sämtlicher am Behandlungsprozess beteiligter Gesundheitsfachpersonen an das elektronische Patientendossier. Nachdem man im Dezember 2018 bei Ärztinnen und Ärzten von der doppelten Freiwilligkeit abgewichen sei, gelte es nun, diesen Schritt auch bei den restlichen Leistungserbringenden zu machen, um die Verbreitung des elektronischen Patientendossiers im ambulanten Sektor voranzutreiben. Damit fand die Petition «Digitalisierung und Gesundheitswesen» (Pet. 18.2005) der Jugendsession 2017 Aufnahme in die parlamentarische Beratung.
Im September 2019 behandelte der Nationalrat den Vorstoss. Bea Heim (sp, SO) erklärte für die Kommission, dass es sich bei der Einführung des elektronischen Patientendossiers um ein «Schlüsselelement» für Qualität und Effizienz handle, mit dem Verbesserungen an den Schnittstellen der unterschiedlichen Versorgungsstrukturen vorgenommen werden könnten. Hinzu komme, dass der Einsatz von Informations- und Kommunikationstechnologien im Gesundheitswesen weniger weit fortgeschritten sei als in anderen Dienstleistungsbereichen, so der französischsprachige Kommissionssprecher Benjamin Roduit (cvp, VS). Durch das elektronische Patientendossier könnten gemäss Einschätzungen von Experten CHF 300 Mio. pro Jahr eingespart werden. Gesundheitsminister Berset sprach sich hingegen gegen den Vorstoss aus. Man sei sich zwar darüber im Klaren, dass die doppelte Freiwilligkeit negative Auswirkungen auf das elektronische Patientendossier im ambulanten Sektor haben könne, trotzdem halte man an deren schrittweisen Aufhebung fest. Schliesslich werde man sich im April 2020 nicht am Ende der Umsetzung des elektronischen Patientendossiers befinden, sondern erst am Anfang. Man müsse im ambulanten Bereich zuerst experimentieren können, bevor man auf den Vorstoss der Kommission eingehen könne. Der Bundesrat stiess mit diesen Worten jedoch auf taube Ohren. Mit deutlichen 161 zu 12 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) stimmten mit Ausnahme der Grünen-Fraktion alle Fraktionen der Motion grossmehrheitlich oder gar geschlossen zu.

Elektronisches Patientendossier. Für alle am Behandlungsprozess beteiligten Gesundheitsfachpersonen (Mo. 19.3955)
Dossier: Système de santé et numérisation

In der Herbstsession 2019 widmete sich der Nationalrat als Erstrat der Revision des Bundesgesetzes über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung. Die Eintretensdebatte wurde von den beiden Kommissionssprechern Christian Lohr (cvp, TG) und Philippe Nantermod (fdp, VS) eröffnet. Zur Verbesserung der Situation von pflegenden Angehörigen seien vier zentrale Massnahmen vorgesehen: Eine Neuregelung der kurzzeitigen Arbeitsabwesenheit zur Betreuung von Angehörigen, ein Betreuungsurlaub von 14 Wochen für Eltern schwer beeinträchtigter Kinder, die Gewährleistung des Anspruchs der Hilflosenentschädigung der IV von Kindern während eines Spitalaufenthaltes und schliesslich die Ausweitung des Anspruchs auf Betreuungsgutschriften der AHV auf weitere pflegende Personenkreise. In ihren Anträgen habe die SGK-NR versucht, ein Gleichgewicht zwischen den Bedürfnissen der pflegenden Angehörigen und dem finanzpolitisch Machbaren zu finden, und sich stark an den Vorschlägen des Bundesrats orientiert, so die beiden Kommissionssprechenden.
Eine Minderheit Herzog (svp, TG) erachtete den Handlungsbedarf bezüglich der Angehörigenpflege als nicht gegeben und beantragte daher Nichteintreten. Wie Verena Herzog im Ratsplenum für die Minderheit und zugleich für die SVP-Fraktion argumentierte, solle die vorliegende Problematik auf betrieblicher Ebene mit freiwilligen, individuellen Lösungen angegangen werden, da diese zumal häufig grosszügiger ausfallen würden. Bereits heute bestehe zudem eine Pflicht für die Arbeitgebenden, Eltern und Partnerinnen und Partnern von betroffenen Eltern bei entsprechender ausgewiesener Notwendigkeit bis drei Tage frei zu geben. Mit der neuen Regelung sei aber unklar, welche Personen zusätzlich ebenfalls davon profitieren könnten. Diese Regelung bringe stattdessen hohe direkte und indirekte Kosten für die Unternehmen mit sich und stelle eine Gefahr für einvernehmliche Lösungen dar. Mit dieser Einschätzung stand die Fraktion allerdings weitgehend alleine da: Es sei wichtig, dass man die Situation von pflegenden Angehörigen erleichtere und die Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung bzw. -pflege verbessere, weshalb auf die Vorlage einzutreten sei, lautete der generelle Tenor der Rednerinnen und Redner aller übrigen Fraktionen. Mit 128 zu 45 Stimmen bei 14 Enthaltungen trat der Nationalrat denn auch auf die Vorlage ein, wobei eine Mehrheit der SVP-Fraktion aber auch eine Minderheit der FDP-Fraktion gegen Eintreten stimmten; die Enthaltungen stammten fast vollständig aus der SVP-Fraktion.

In der Folge startete die grosse Kammer die Detailberatung, wobei zahlreiche Minderheitsanträge vorlagen, von denen jedoch keiner erfolgreich war. Umstritten waren etwa die kurzfristigen Absenzen. Die bundesrätliche Botschaft sah hier einen Anspruch auf einen bezahlten Urlaub von maximal drei Tagen pro Ereignis und zehn Tagen jährlich für jene Zeit vor, welche «zur Betreuung eines Familienmitglieds, der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners mit gesundheitlicher Beeinträchtigung notwendig ist». Einer Minderheit Nantermod ging die Formulierung «eines Familienmitglieds» zu weit, da damit auch entfernte Verwandte gemeint sein könnten, wie Regine Sauter (fdp, ZH) als Minderheitensprecherin ausführte. Stattdessen sollten nur Familienmitglieder in direkter Linie nach oben und unten Anspruch auf entsprechenden Urlaub erhalten. Ausserhalb der SVP- und FDP-Fraktion stiess dieser Antrag jedoch nicht auf Zustimmung und wurde mit dem Argument, dass damit den modernen Familienkonstellationen keine Rechnung getragen würde, abgelehnt. Mit einem Appell an die Eigenverantwortung in der Aufteilung der Urlaubstage beantragte eine Minderheit Bertschy (glp, BE) den Verzicht auf die Einschränkung von drei Tagen pro Ereignis, während sie die jährliche Obergrenze beibehalten wollte. Auch dieser Antrag fand ausserhalb der SP-, Grünen und GLP-Fraktionen nur wenig Zuspruch und wurde abgelehnt. Weiter lehnte der Nationalrat einen kompletten Verzicht auf die jährliche Bezugsgrenze von zehn Tagen (Minderheit Schenker: sp, BS) und die Kürzung der jährlichen Limite auf sechs Tage pro Jahr (Minderheit Herzog) ab.

Auch die bezahlte Betreuungszeit von 14 Wochen zur Pflege von schwerkranken oder verunfallten Kindern führte zu Diskussionen. Eine Minderheit Graf Maya (gp, BL) störte sich daran, dass die Betreuungszeit nur für schwer beeinträchtigte Kinder gelten soll und nicht auch für andere Familienmitglieder und forderte deshalb eine entsprechende Ausweitung. Schliesslich müssten in solchen Situation nicht nur Kinder betreut werden, sondern auch erwachsene Angehörige. Einen Betreuungsurlaub von je 14 Wochen pro Elternteil (statt je 7 Wochen) und somit eine Verdoppelung der Dauer des Betreuungsurlaubs, um dem hohen zeitlichen Aufwand der Pflege gerecht zu werden, forderte eine Minderheit Schenker. Eine Minderheit Heim (sp, SO) verlangte schliesslich die Klarstellung, dass ein Rückfall als neuer Krankheitsfall gehandhabt werden müsse und nicht dem vorangehenden zugerechnet werden dürfe. Auch diese Minderheitsanträge fanden im Ratsplenum keine Mehrheiten.

Im Rahmen der Ausweitung der AHV-Hilflosenentschädigung auf weitere Personen gestanden Bundesrat und Kommission Verwandten in auf- oder absteigender Linie sowie Geschwistern, Ehegatten, Schwiegereltern, Stiefkinder und Lebenspartnerinnen und -partnern einen Anspruch zu. Letztere mussten jedoch seit mindestens fünf Jahren ununterbrochen mit den Versicherten einen gemeinsamen Haushalt geführt haben – wogegen sich eine Minderheit Bertschy wehrte. Diese Frist von fünf Jahren zur Anerkennung des Konkubinats sei nicht mehr zeitgemäss, da viele Paare sich schon vor einem gemeinsamen Haushalt gegenseitig unterstützten und spätestens nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes, wie die Minderheitensprecherin argumentierte. Sie forderte daher die Anerkennung des Konkubinats bereits ab zwei Jahren oder bei einem gemeinsamen Kind. Eine Minderheit Nantermod forderte hingegen die Streichung des gesamten Artikels und somit den Verzicht auf diese Ausweitung des Anspruchs. Beide Minderheitsanträge wurden in der Folge vom Ratsplenum abgelehnt.
Die einzige Änderung am bundesrätlichen Entwurf, welche das Ratsplenum guthiess, war eine von der SGK-NR beantragte Ergänzung der Voraussetzungen für Minderjährige zum Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung. Gemäss Bundesrat sollten minderjährige Personen nur an denjenigen Tagen Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung erhalten, an welchen sie sich nicht in einem Heim aufhalten. Die SGK-NR wollte hingegen auch minderjährigen Personen in einer Heilanstalt Anspruch gewähren, sofern eine regelmässige Anwesenheit der Eltern sowohl notwendig als auch tatsächlich erfolgt ist.

Mit 129 zu 48 Stimmen bei 7 Enthaltungen nahm der Nationalrat den Entwurf in der Gesamtabstimmung an und schrieb zugleich stillschweigend die Postulate der SGK-NR (Po. 13.3366) und von Stefan Müller-Altermatt (cvp, SO; Po. 16.3868) ab.

Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung (BRG 19.027)

Mit der Strategie E-Health 2.0 erklärte der Bundesrat die Anliegen des Postulats Heim (sp, SO) zur digitalen Gesundheitsagenda und den damit verbundenen Chancen und Risiken als erfüllt. Er beantragte daher in seinem Bericht über die Motionen und Postulate der eidgenössischen Räte im Jahr 2018 die Abschreibung des Geschäfts. Der Nationalrat folgte diesem Antrag im Juni 2019 und schrieb das Postulat ab.

Digitale Gesundheitsagenda. Chancen und Risiken (Po. 17.3435)
Dossier: Système de santé et numérisation

In der Sommersession 2019 befasste sich der Nationalrat mit der Standesinitiative des Kantons Neuenburg, welche eine Steuer auf Produkte mit zugesetztem Zucker forderte. Wie bereits die vorberatende SGK-NR und die kleine Kammer zeigte sich eine Mehrheit der Nationalrätinnen und -räte nicht überzeugt vom Geschäft. Zwar betonte Bea Heim (sp, SO) im Namen der Kommissionsminderheit noch einmal den Handlungsbedarf – unter anderem hätten die Kosten von nicht übertragbaren chronischen Krankheiten wie Diabetes und Fettleibigkeit Auswirkungen auf die Prämien –, ausser bei der Grünen- und der SP-Fraktion sowie bei zwei Mitgliedern der CVP-Fraktion fand sie hierfür aber keine Zustimmung. Mit 121 zu 43 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) folgte der Nationalrat der Kommissionsmehrheit, die für Freiwilligkeit, Eigenverantwortung und eine verstärkte Gesundheitskompetenz wie auch für eine gute Prävention plädierte, und gab der Standesinitiative keine Folge.

Steuer auf zuckerhaltige Produkte

Mittels Motion forderte Bea Heim (sp, SO) die Schaffung einer Rechtsgrundlage zur Vergütungstransparenz der Listen- und Vetragsspitäler. Nachdem der Vorstoss zweimal bekämpft worden war, wurde er schliesslich in der Frühjahrssession 2019 vom Nationalrat behandelt. Die Motionärin erklärte, dass die Honorare der Ärzteschaft mit einer leitenden Position offengelegt werden sollen, so wie es bis 2012 – damals noch mit unzureichender rechtlicher Grundlage – durch die FMH gemacht worden war. Eine Verbesserung der Transparenz sei deshalb wichtig, weil man damit der Kritik überhöhter Ärztelöhne entgegenwirken könne, unter welcher das Vertrauen in die Ärztinnen und Ärzte sowie ihr Image leide. Gemäss der Akademie Menschenmedizin erhielten etwa ein Viertel der Ärzteschaft einen Bonus, wenn sie zu einer Umsatzsteigerung des Spitals beitrügen, so Heim. Dies führe zu falschen Anreizen, da dadurch unnötige Eingriffe und hohe Kosten für die OKP verursacht würden. Zudem könnten die Kantone ihre Aufsichtspflicht nur gewährleisten, wenn Transparenz herrsche. Thomas Aeschi (svp, ZG) war da anderer Ansicht. Er warf Heim vor, ein sozialdemokratisches Anliegen einer gesamten Branche überstülpen zu wollen. Durch eine Annahme der Motion könnte künftig weiteren Branchen das gleiche Schicksal drohen. Aus einer privatwirtschaftlicher Sicht empfehle er daher, den Vorstoss abzulehnen. Alain Berset hingegen sprach sich im Namen des Gesamtbundesrates für das Geschäft aus. Obwohl die Kantone für die Aufsicht der Spitäler verantwortlich seien, teilte Berset unter anderem die Sorge über die Fehlanreize verursacht durch die Boni. Weiter sprach sich der Bundesrat dafür aus, die Transparenz zu erhöhen und eine Änderung im KVG zu überprüfen. Mit 124 zu 59 Stimmen stimmte die grosse Kammer für die Motion, wobei 52 Gegenstimmen aus dem Lager der SVP-Fraktion stammten.

Transparenz bei Entschädigungen und Honoraren für Ärzte und Ärtinnen in leitender Funktion (Mo. 18.3107)

Im Rahmen ihrer Debatte zu EFAS beschloss die SGK-NR im Januar 2019 mit 20 zu 3 Stimmen bei 1 Enthaltung, ein Kommissionspostulat einzureichen. Dabei sollen Bundesrat, Kantone, Versicherungen und Leistungserbringende gemeinsam die Grundlagen für eine mögliche Eingliederung der Pflegeleistungen, insbesondere der Spitex und Pflegeheime, in die einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und im stationären Bereich erarbeiten. Dazu gehören unter anderem die Herstellung der Kostentransparenz, die Definition der verschiedenen Kostenträger, Pflegeleistungen und Pflegestufen sowie die Schaffung eines nationalen Gremiums für Tarifstrukturfragen in der Pflegefinanzierung. Auch der Bundesrat erachtete die Schaffung solcher Grundlagen neben dem Einbezug der Kantone als Grundlage für die Eingliederung der Pflegeleistungen in EFAS und empfahl das Postulat folglich zur Annahme.
In der Frühjahrssession 2019 erläuterte Thomas Aeschi (svp, ZG) die ablehnende Haltung der Kommissionsminderheit. Sie wolle verhindern, dass aus der Pflegefinanzierung durch die Einbindung der Pflegekosten in EFAS eine eidgenössische Aufgabe gemacht werde – bisher seien Kantone und Gemeinden dafür zuständig. Mit 135 zu 36 Stimmen (bei 6 Enthaltungen) nahm die grosse Kammer das Postulat dennoch an.

Pflege und einheitliche Finanzierung der Leistungen im ambulanten und stationären Bereich (Po. 19.3002)

Im Februar 2019 behandelte die SGK-NR die Standesinitiative des Kantons Neuenburg, welche eine Steuer auf Produkte mit zugesetztem Zucker forderte. Mit ähnlichen Gründen wie bereits ihre Schwesterkommission gab die SGK-NR dem Vorstoss mit 16 zu 7 Stimmen keine Folge. Eine Kommissionsminderheit um Bea Heim (sp, SO) begrüsste jedoch das Geschäft mit dem Verweis, dass im Ausland positive Erfahrungen mit den entsprechenden Abgaben gemacht würden.

Steuer auf zuckerhaltige Produkte

Die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit des Nationalrates (SGK-NR) forderte den Bundesrat mittels Motion dazu auf, zusammen mit den Kantonen, den Krankenkassen, Gesundheitsfachpersonen sowie Patientenorganisationen und der Stiftung Patientensicherheit betreffend Schadensprävention und Umgang mit Schäden bei medizinischen Behandlungen Schritte zu unternehmen. So solle die Entwicklung einer «Sicherheits- und Fehlerlernkultur», welche mit Regressmöglichkeiten und einer durch die Behandlungstransparenz ermöglichten Vereinfachung der Beweissituation gekoppelt ist, gestärkt werden. Weitere Forderungen bestanden in der Optimierung des Medizinal-Haftpflichtrechts und der Klärung von Fragen bezüglich des Haftungsrechtes auf Bundes- und Kantonsebene.
In der Nationalratsdebatte erklärte Bea Heim (sp, SO) für die Kommission, dass die Kommissionsmotion auf die parlamentarische Initiative Giezendanner (svp, AG) zurückzuführen sei (Pa.Iv. 16.468). Diese wurde eingereicht, weil der Initiant der Auffassung war, das Bundesratsgeschäft «KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» beziehe keine Position zum Thema «Rückforderung von Kosten aus Behandlungsfehlern» ein. Da es neben der Vermeidung unnötiger Kosten insbesondere um den Patientinnen- und Patientenschutz gehe, sehe auch die SGK-NR einen unbestrittenen Handlungsbedarf, so Heim. Jedoch werfe Giezendanners Vorstoss viele Fragen auf, unter anderem betreffend Sicherheit und Rechte der Patientinnen und Patienten, Haftungsrecht und Nachweisbarkeit von Behandlungsfehlern. Daher habe die Kommission mit 22 zu 0 Stimmen (bei 1 Enthaltung) beschlossen, eine Kommissionsmotion einzureichen, worauf Giezendanner seine parlamentarische Initiative zurückgezogen hatte.
Alain Berset führte aus, was bereits in der im März 2018 publizierten Stellungnahme des Bundesrates geschrieben worden war: Auch für den Bundesrat sei es wichtig, die Schadensprävention und die Patientensicherheit zu stärken, jedoch stehe dabei «der Handlungsbedarf im Bereich der Qualitätsentwicklung» im Zentrum. So wolle man präventive Massnahmen aufseiten der Leistungserbringer unterstützen, weil man der Meinung sei, dass eine «sich aus der Transparenz ergebende, selbstmotivierte Qualitätsentwicklung» effektiver sei als die auf Schadenausgleich abzielenden Erleichterungen im Regress- sowie im Haftpflichtrecht. Zudem habe das Geschäft «KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit» vom Nationalrat Unterstützung erfahren, müsse allerdings noch vom Ständerat diskutiert werden. Daher erscheine es dem Bundesrat zurzeit nicht angemessen, die in der Kommissionsmotion beschriebenen Massnahmen umzusetzen. Vielmehr gelte es nun, die Diskussion über besagtes Bundesratsgeschäft abzuwarten. Folglich empfehle er, den Vorstoss abzulehnen.
Die grosse Kammer schenkte den Argumenten Bersets jedoch kein Gehör und unterstützte die Haltung ihrer Kommission, indem sie die Motion mit 178 zu 1 Stimmen (bei 0 Enthaltungen) annahm.

Schadensprävention und Umgang mit Schäden bei medizinischen Behandlungen

In der Sommersession 2018 beschäftigte sich der Nationalrat mit der Änderung des KVG zur Steigerung der Qualität und Wirtschaftlichkeit. Ein Antrag Moret (fdp, VD) auf Rückweisung an die Kommission wurde abgelehnt. Ihr Argument, man sollte besser die Zusammenarbeit mit bestehenden Institutionen wie dem ANQ fördern, statt eine Qualitätskommission zu schaffen, welche einen verstärkenden Bürokratisierungseffekt zur Folge habe, stiess in der grossen Kammer nicht auf offene Ohren.
Kommissionssprecherin Bea Heim (sp, SO) gab einen Einblick in die getätigte Kommissionsarbeit und betonte den Handlungsbedarf, welcher bezüglich Qualität und Patientensicherheit im schweizerischen Gesundheitswesen und speziell im ambulanten Bereich bestehe. Für die SGK-NR seien die Ziele des Bundesrates – die Qualitätssicherung und Verbesserung der Leistungen im stationären und ambulanten Bereich sowie die Stärkung der Patientensicherheit und die Kostendämpfung in der OKP – unbestritten wichtig, man habe nach den kritischen Stimmen aus dem Ständerat das bundesrätliche Modell allerdings überarbeitet. Resultat der Kommissionsarbeit sei die Schaffung einer Eidgenössischen Qualitätskommission, die durch den Bundesrat eingesetzt werde und sich aus Vertreterinnen und Vertretern der Kantone, Leistungserbringer, Versicherer sowie Versicherten und Fachpersonen zusammensetze. Diese sollte unter anderem für die Beratung und Koordination der in der Qualitätsentwicklung involvierten Akteure verantwortlich sein und dem Bundesrat bei der Festlegung von Zielen und Massnahmen beratend zur Seite stehen. Ferner sollten die Tarifpartner stärker eingespannt und verpflichtet werden, nationale Qualitätsverträge abzuschliessen. Bundesrat Berset zeigte sich darüber zufrieden, dass ein Vorschlag auf dem Tisch lag. Es sei zwar nicht das Modell, welches vom Bundesrat stamme, man unterstütze den von der Kommission ausgearbeiteten Vorschlag jedoch. Qualität dürfe nicht mit den hohen Leistungen des Schweizer Gesundheitswesen verwechselt werden. Bei Ersterem sei es dringend nötig, zu handeln, zeigten Studien doch, dass rund die Hälfte aller medizinischen Fehler vermeidbar wäre.
Uneinig war man sich in der SGK-NR bezüglich der Finanzierung der Qualitätskommission. Anders als der Bundesrat, der vorgeschlagen hatte, die Versicherten mit einem Anteil von maximal 0.07 Prozent der durchschnittlichen Jahresprämie für die Kosten aufkommen zu lassen, forderte die Kommissionsmehrheit die Übernahme der Kosten zu gleichen Teilen von Bund und Kantonen. Eine Minderheit Humbel (cvp, AG) wollte, dass sich auch die Versicherer mit einem Drittel an den Kosten beteiligen. Der Minderheitsantrag wurde jedoch in der Detailberatung mit 119 zu 66 Stimmen abgelehnt. Bei der Gesamtabstimmung stimmte der Nationalrat dem von seiner Kommission überarbeiteten Entwurf mit 159 zu 24 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) zu und segnete mit 164 zu 26 Stimmen den Gesamtkredit in der Höhe von CHF 45.2 Mio., der für 2019 bis 2022 gelten soll, ab.

KVG. Stärkung von Qualität und Wirtschaftlichkeit (BRG 15.083)
Dossier: Qualité et transparence dans l'offre de soins

Bea Heim (sp, SO) forderte 2017 den Bundesrat mittels Postulat auf, zusammen mit den Kantonen und den zuständigen Institutionen einen Bericht zur Digitalisierung im Gesundheitswesen zu erstellen. Die Politik bezüglich E-Health-Strategie sei bis anhin primär durch Themen wie das elektronische Patientendossier geprägt gewesen. Künftig werde die Digitalisierung allerdings «noch viel mehr in der Gesundheitsversorgung verändern», wobei dem Nutzen für die Versicherten sowie den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten eine zentrale Position zukommen sollte. Daher forderte die Postulantin, im Bericht einerseits die mit der Digitalisierung verbundenen Chancen, aber auch Risiken für die Qualität im Gesundheitswesen aufzuzeigen und andererseits anhand einer digitalen Gesundheitsagenda, welche einem Massnahmenplan entspricht, Aufgabenzuständigkeiten zu beschreiben. Durch die digitale Gesundheitsagenda sollten auf diese Weise unter anderem folgende Ziele erreicht werden: die Optimierung der Behandlungsqualität; das Ausschöpfen des durch die Digitalisierung ermöglichten Potentials für die Versorgung von chronisch Kranken, Gehbehinderten sowie älteren Patientinnen und Patienten; die Stärkung der medizinischen Versorgung in ländlichen Regionen wie auch die Kostenentlastung des Gesamtsystems.
Der Bundesrat stimmte dem Anliegen der Postulantin in seiner Stellungnahme zu und erklärte, man werde die im Vorstoss geforderten Schritte im Rahmen der Erarbeitung der Strategie E-Health 2.0 prüfen. Stillschweigend nahm der Nationalrat das Postulat in der Herbstsession 2017 an.

Digitale Gesundheitsagenda. Chancen und Risiken (Po. 17.3435)
Dossier: Système de santé et numérisation

Die Genehmigung der Gesetzesänderungen im Rahmen der Medicrime-Konvention war im Nationalrat noch reine Formsache. Die Gesundheitskommission war denn auch klar für Eintreten (19 zu 1 Stimme) auf die Vorlage und für Annahme (19 zu 3 Stimmen, 1 Enthaltung) aller Punkte, wie sie bereits vom Ständerat abgesegnet worden waren. SGK-Sprecherin Heim (sp, SO) hielt sich in der Debatte kurz. Mehr Worte waren auch nicht nötig, denn ohne längere Debatte wurden die Änderungen mit 175 Stimmen einstimmig genehmigt.

Medicrime-Konvention. Genehmigung und Umsetzung

Der Ständerat hatte einen Beschluss im Sinne der Kantone gefasst, jedoch war die Differenzbereinigung in Sachen Restfinanzierung von Pflegeleistungen damit noch nicht abgeschlossen. Von Beginn weg war klar, dass der Nationalrat wieder Differenzen offen lassen würde; zur Debatte standen ein Antrag der SGK-NR, den man als «Festhalten, aber..» bezeichnen könnte, sowie ein Minderheitsantrag Heim (sp, SO) auf Festhalten am ursprünglichen Beschluss des Nationalrates.
Die Kommissionsmehrheit wollte den umstrittenen Passus um einen neuen Satz ergänzen. Demnach soll der Standortkanton der Leistungserbringenden nach wie vor die Rahmenbedingungen für die Restfinanzierung festlegen; neu war jedoch, dass gegebenenfalls anderslautende Bedingungen in interkantonalen Vereinbarungen definiert werden können. Damit liege das finanzielle Risiko zwar noch immer bei den Wohnsitzkantonen, jedoch könnten bilaterale Verträge den Unsicherheiten Abhilfe schaffen, erklärte die Kommission. Die Version des Ständerats sei hingegen nicht tragbar, weil damit Patientinnen und Patienten möglicherweise umziehen müssten, falls in ihrem Heimatkanton wieder Plätze in Pflegeheimen frei würden. Barbara Schmid-Federer (cvp, ZH) sah im neuen Vorschlag eine neue Kompromisslösung und verkaufte ihn als Schritt auf den Ständerat zu.
Bea Heim eröffnete die Debatte im Nationalrat in der Sommersession 2017 und unterstrich dabei die Bedeutung des Geschäftes. Man müsse sich um die Interessen der Pflegebedürftigen kümmern und nicht um jene der Kantone. Sie erinnerte an die Abstimmung nach der ersten nationalrätlichen Debatte, die mit 165 Stimmen einstimmig eine Lösung hervorgebracht hatte, in der eine freie Wahl des Pflegeheims festgelegt wurde. Dies sei einer freien Wohnsitzwahl auch im pflegebedürftigen Alter gleichzusetzen, erklärte sie. Faktisch, so Heim weiter, bliebe es mit dem ständerätlichen Vorschlag bei der Situation, dass nur wohlhabende Personen die Möglichkeit hätten, in ein ausserkantonales Pflegeheim zu ziehen, beispielsweise um in der Nähe ihrer Angehörigen zu sein. Das Finanzierungsrisiko bliebe so bei den Patientinnen und Patienten. Gesundheitsminister Berset gab in der Debatte zu Protokoll, dass die Regierung die Variante des Ständerats bevorzuge. Für die Kommission äusserte sich abschliessend Ruth Humbel (cvp, AG), die verdeutlichte, dass die ständerätliche Lösung analog jener bei den Ergänzungsleistungen im Sinne einer freien Wahl des Pflegeheims durch die Pflegebedürftigen nicht zielführend sei. In der Folge zog das Plenum den Vorschlag der SGK-NR dem Minderheitsantrag Heim auf Festhalten an der ursprünglichen Version des Nationalrats mit 132 zu 51 Stimmen (bei einer Enthaltung) vor.

Restfinanzierung von Pflegeleistungen

C'est in extremis que le postulat Heim (ps, SO), demandant une stratégie à l'échelle nationale pour lutter contre la violence touchant les personnes âgées, a été refusé par le Conseil national. En effet, la voix prépondérante du président Stahl (udc, ZH) a fait basculer le vote vers le non, face à l'égalité parfaite de 94 voix contre (venant exclusivement de l'UDC et du PLR) et 94 voix pour (provenant de tous les autres partis et d'un seul député UDC). La députée socialiste demandait au Conseil fédéral d'élaborer une stratégie à l'échelle nationale pour lutter contre la violence dont une personne âgée sur cinq est victime, selon des estimations récentes. Comme ces violences sont entre autres à imputer aux mauvaises conditions de travail du personnel soignant, il s'agirait pour le parlement de légiférer à ce niveau-là. Le Conseil fédéral s'est opposé au postulat, estimant que les différentes initiatives déjà mises en œuvre ainsi que la coopération entre les cantons et les différentes autorités compétentes étaient suffisantes.

Stratégie à l'échelle nationale pour lutter contre la violence touchant les personnes âgées

Einen acht Fragen umfassenden Fragekatalog richtete Nationalrätin Bea Heim (sp, SO) in einem Postulat an den Bundesrat. Dabei ging es um die Früherkennung von Brustkrebs und den Stand der Schweiz, respektive deren Vergleich mit dem Ausland. Der geforderte Bericht soll Aspekte um die Zuverlässigkeit von Mammografien beleuchten und aufzeigen, wie Screening-Befunde zuverlässiger werden könnten. Als Beispiel solle man sich an Holland oder Norwegen orientieren, wo weniger fehlerhafte Befunde anfielen. Auf Antrag der Regierung wurde das Postulat diskussionslos überwiesen.

Früherkennung von Brustkrebs

Im Berichtsjahr nahm der Nationalrat als Zweitrat die Verhandlungen über die Volksinitiative „Ja zur Hausarztmedizin“ und den direkten Gegenentwurf dazu, den Bundesbeschluss über die medizinische Grundversorgung, auf. Dem Antrag auf Ablehnung der Initiative folgte der Nationalrat Anfang März, worauf in der Herbstsession beide Räte in ihren Schlussabstimmungen diese Abstimmungsempfehlung fassten. Differenzierter wurde die Formulierung des Gegenvorschlages behandelt, welcher der Ständerat im Vorjahr zugestimmt hatte. Dieser setzt eine vernetzte, koordinierte und multiprofessionell erbrachte medizinische Grundversorgung ins Zentrum, bei der die Hausarztmedizin eine zentrale Rolle spielt. Zudem sollen damit die Anliegen und Interessen einer jüngeren Generation von Hausärztinnen und -ärzten erfüllt und eine zukunftsgerichtete Vision der medizinischen Grundversorgung wahrgenommen werden. Der Ständerat hatte 2012 eine leicht modifizierte, etwas verbindlichere Formulierung des Bundesbeschlusses beschlossen. Inhaltlich war das Ratsplenum jedoch sehr nahe an der bundesrätlichen Fassung geblieben. Auch im Nationalrat genoss die Vorlage grundsätzliche Unterstützung. Es galt, die Differenzen zwischen Ständerat und Bundesrat zu erörtern und einen Beschluss zu fassen, wobei die Kommission für soziale Sicherheit und Gesundheit (SGK) des Nationalrates ihrerseits noch einige neue Passagen vorschlug. Aufgrund eines zusätzlichen Absatzes sollen Bund und Kantone „günstige Voraussetzungen für die Ausübung der Gesundheits- und Medizinalberufe und [...] eine ausgewogene regionale Verteilung“ schaffen. Zudem soll die Hausarztmedizin und deren Steuerungsfunktion gestärkt werden. Ebenfalls neu war die Idee, der Bund müsse Vorschriften über „die medizinische Grundversorgung und das verfügbare Aus- und Weiterbildungsangebot, soweit dies zur Sicherstellung der ausreichenden Versorgung erforderlich ist“, erlassen. Diese Bestimmungen wurden unbestritten angenommen. Für Diskussionsstoff sorgte hingegen eine vom Ständerat gefasste Formulierung, wonach eine angemessene Abgeltung der Leistungen der Hausarztmedizin in der Verfassung festgeschrieben werden sollte. Bürgerliche Nationalräte um Ignazio Cassis (fdp, TI) stellten einen Minderheitsantrag auf Streichung dieser Norm mit dem Argument, sie sei nicht verfassungswürdig und stelle falsche Anreize, indem eine bestimmte Berufsgruppe verfassungsmässig zugesicherte Löhne erhalte. Namens der SP Fraktion hielt Nationalrätin Heim (sp, SO) dagegen, dass es in allen Berufen selbstverständlich sei, dass gute Leistungen angemessen abgegolten werden. Die Realität bei der Hausärzteschaft sei aber eine andere, so die Politikerin: Je länger je mehr entspreche der Lohn weder der fachlichen noch der zeitlichen Herausforderung. Auch die grosse Verantwortung dieses Berufs werde nur unzureichend berücksichtigt. Entsprechend dem Mehrheitsantrag der SGK und gegen die Minderheit Cassis nahmen die Parlamentarier den betreffenden Gesetzesartikel mit 102 zu 78 Stimmen an, wobei sich die geschlossen stimmenden Fraktionen der FDP und SVP der Ratslinken und weiteren Stimmen aus dem Mittelager beugen mussten. In der Gesamtabstimmung wurde der Gegenvorschlag mit 123 zu 40 Stimmen gutgeheissen und dem Ständerat zur Differenzbereinigung übergeben. Im Zuge der Beratungen behandelte der Nationalrat ebenfalls eine Motion (Mo. 12.3643) der ständerätlichen SGK. Der Vorstoss sah vor, dass der Bundesrat mit verschiedenen Massnahmen die Hausarztmedizin als wesentlichen Teil der medizinischen Grundversorgung kurz- und mittelfristig stärken soll. Die Kommission schlug dazu ein Sieben-Punkte-Programm vor, welches in Einklang mit einem sich in Arbeit befindenden „Masterplan Hausarztmedizin“ umgesetzt werden sollte. Damit wollte man die Grundlage für einen allfälligen Rückzug der Volksinitiative schaffen. In diesem Sinne sprach sich der Nationalrat für die Annahme dieser Motion aus. Der Ständerat wurde in der Sommersession mit den Differenzen konfrontiert. Dessen SGK beantragte grundsätzliches Festhalten an den früheren Ständeratsbeschlüssen und damit die Streichung beider vom Nationalrat neu eingeführten Bestimmungen. Die vorgeschlagene „ausgewogene regionale Verteilung und die Stärkung der Hausarztmedizin und deren Steuerungsfunktion“ gehe zu weit und entspreche beinahe den Forderungen der Initiative, welche der Ständerat seinerseits deutlich abgelehnt hatte. Der Erlass von Vorschriften über "die medizinische Grundversorgung und das verfügbare Aus- und Weiterbildungsangebot“ sei in der Fassung des Ständerates bereits erfüllt und daher als redundant zu streichen. Diesen in der SGK-SR einstimmig gefällten Beschlüssen folgte das Ratsplenum. Im Nationalrat forderte eine Minderheit Pezzatti (fdp, ZG) daraufhin, dem Ständerat zu folgen. Die Mehrheit der Kommission wollte jedoch aus verfahrenstaktischen gründen an ihrem Antrag festhalten: Mit einer Verzögerung des Geschäftsabschlusses sollte Zeit gewonnen werden, um den „Masterplan Hausmedizin“ weiter gedeihen zu lassen. Die Kommissionsmehrheit gewann die Abstimmung mit 110 zu 73 Stimmen, womit die grosse Kammer auf der eigenen Fassung beharrte und die Räte erst in der Herbstsession dazu weitertagten. Nachdem der Ständerat Anfang September wiederum an seiner Version festhielt, lenkte die SGK des Nationalrates ein und beantragte einstimmig, dem Ständerat zu folgen. Dieser Antrag wurde vom Nationalrat gestützt, womit die beiden Differenzen bereinigt wurden. Nicht unwesentlich für diesen Entscheid waren auch die Signale des Berufsverbandes Hausärzte Schweiz: Er deutete an, seine Initiative zugunsten des Gegenvorschlages zurückzuziehen. Der in der Zwischenzeit weiter fortgeschrittene Masterplan skizziere passende Massnahmen und erfülle zusammen mit dem Gegenvorschlag die Absichten der Initiative. Mit 38 respektive 195 Stimmen fassten die Räte die Abstimmungsempfehlung auf Ablehnung der Initiative jeweils einstimmig. Der Gegenvorschlag wurde im Ständerat mit 43 Stimmen einstimmig und im Nationalrat mit 140 zu 49 Stimmen ebenfalls deutlich angenommen. Anfang Oktober gab das Initiativkomitee bekannt, die Volksinitiative zurückzuziehen. Damit wird Volk und Ständen lediglich der Gegenvorschlag zur Abstimmung unterbreitet.

Gegenentwurf „Ja zur Hausarztmedizin“

In einem Postulat Heim (sp, SO) wurde der Bundesrat aufgefordert, gemeinsam mit den Kantonen zu prüfen, wie das Problem der Restfinanzierung ausserkantonaler Pflegeheimaufenthalte gelöst werden könnte. Grundsätzlich soll die Wahlfreiheit betreffend Pflegeplatz für Bedürftige gewährleistet werden. Konkreter steht das Tilgen einer entstehenden Restfinanzierung bei allfälligen Wohnsitzwechseln Pflegebedürftiger im Fokus. Davon seien auch Empfänger von Ergänzungsleistungen betroffen. Der Bund solle unterstützend auftreten, um Lösungen mit den Kantonen herbeizuführen. In einem ähnlich lautenden Postulat Bruderer (sp, AG) (Po. 12.4099) wurde die Klärung dieser Problematik ebenfalls aus dem Ständerat gefordert. Unter Bekräftigung, dass entsprechende Regelungen im Krankenversicherungsgesetz untergebracht werden sollen, beantragte der Bundesrat die Annahme dieser beiden Postulate. Beide Räte folgten ihrer jeweiligen Postulantin und dem Bundesrat und überwiesen die Geschäfte. (Vgl. hier)

Restfinanzierung ausserkantonaler Pflegeheimaufenthalte