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  • Partis conservateur et de droite

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  • Bignasca, Giuliano (TI, lega)

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Nachdem die Lega im Vorjahr sowohl den Tod von Parteigründer Giuliano Bignasca als auch von ihrem Regierungsrat Michele Barra hatte verkraften müssen, wurde erwartet, dass ein Machtvakuum entstünde, das allenfalls die im Kanton Tessin noch junge SVP ausnutzen könnte. Allerdings hatte sich im Südkanton auch die Lega für die im Tessin mit dem höchsten Ja-Stimmen-Anteil angenommene Masseneinwanderungsinitiative eingesetzt und die Partei war erfolgreich im Kampf gegen die finanzielle Beteiligung des Tessins an der Weltausstellung in Mailand. Der bisher gut funktionierende Spagat zwischen Opposition und Regierung – seit 2011 verfügt die Lega über zwei Regierungsräte und ist die zweitstärkste Fraktion im Tessiner Parlament – schien allerdings immer weniger zu gelingen. So mussten sowohl der Sindaco von Lugano – Marco Borradori – als auch die Lega-Regierungsräte mehrere in der Partei eigentlich verhasste Steuererhöhungen propagieren. Um gegen das Verschwinden der sozialen Seite der Lega zu protestieren, wurde eine „Lega der Empörten“ gegründet. Die Partei habe sich immer auch für den kleinen Mann eingesetzt und sei unter anderem deshalb immer gegen Steuererhöhungen gewesen. Sie müsse auch gegen die ebenfalls von der kantonalen Regierung gutgeheissenen Kürzungen der Zuschüsse an die Krankenkassenprämien oder die Einführung von Kehrichtsackgebühren Sturm laufen.

Lega Spagat zwischen Opposition und Regierung

Anfang März beging die Lega den einjährigen Todestag von Giuliano Bignasca. Frenetisch gefeiert wurde dabei der Gastredner Christoph Blocher (svp, ZH), der in seiner Rede kurz nach dem rekordhohen Ja des Tessins zur Masseneinwanderungsinitiative sagte, dass die Schweiz ohne das Tessin verloren wäre: „Grazie a voi abbiamo vinto“.

Lega Grazie a voi abbiamo vinto

Unter der Führung des Bruders des verstorbenen Giuliano Bignasca, Attilio Bignasca, versuchte die Lega an ihre Wurzeln anzuknüpfen. Anfang der 1990er Jahre fuhren Legisthi aus Protest gegen das damals verhängte sommerliche Tempolimit im Schneckentempo auf der Autobahn von Airolo nach Chiasso. Diese „Karawane der Freiheit“ sollte am 26. Juli des Berichtjahrs von Attilio Bignasca erneut in Gang gesetzt werden. Diesmal wollte die Lega gegen die geplante Erhöhung der Gebühren für die Autobahnvignette auf CHF 100 die „Gerichtsvollzieher aus Bern“ aufscheuchen. Die Aktion wurde allerdings ein Flop, weil sich lediglich 20 Autos in die Karawane einreihten.

Karawane der Freiheit

Alles überschattendes Thema für die Lega war der überraschende Tod des Lega-Präsidenten Giuliano Bignasca am 7. März des Berichtjahrs. Der Präsident auf Lebenszeit und Bauunternehmer von Lugano, der zusammen mit Flavio Maspoli und Mauro Malandra die Lega im Januar 1991 gegründet hatte, verstarb 67-jährig in Folge von Kreislaufproblemen. Bignasca hatte ein Gespür für politische Unzufriedenheit. Die Aufteilung der Tessiner Pfründe zwischen CVP und FDP missfiel ihm und er begann, die Kritiker der Tessiner Polit-Spielregeln um sich zu sammeln. Die daraus entstandene Lega war in seinem Verständnis immer auch Vertreterin der kleinen Leute. Neben der deutlich rechts-konservativen Ausrichtung lassen sich deshalb auch sozialistische Einsprengsel im Parteiprogramm ausmachen, etwa die Forderungen nach einer 13. AHV-Rente oder nach einer kantonalen Einheitskrankenkasse. Die Partei feierte nach ihrer Gründung sehr rasch Erfolge. Bereits bei den Grossratswahlen 1991 zog sie mit 12,8% Wählerstimmen ins kantonale Parlament ein und bei den Nationalratswahlen im selben Jahr sicherte sich die Protestpartei gar mit fast einem Viertel (23,6%) der Wählerstimmen zwei Sitze. Bignasca selber sass 1995 sowie 1999 bis 2003 für die Lega in Bern. 2000 wurde er in die Stadtexekutive Luganos gewählt. Bignasca war Herausgeber der Kampfpostille der Lega, „Il Mattino della Domenica“, die jeden Sonntag gratis erscheint, und in der Gegner auf teilweise rüde und primitive Weise diffamiert werden. Dank dem rohen Politikstil, dem populistischen Auftreten Bignascas, aber auch dank der zunehmenden Zahl von Grenzgängern, die aus Italien im Tessin Arbeit suchen und zumindest teilweise auch dank dem konzilianteren Auftreten von Lega-Exponenten – so etwa der als beliebteste Politiker des Tessins wahrgenommene Staatsrat Marco Borradori – konnte die Lega nach einer Phase der Stagnation in den 2000er Jahren ab 2011 wieder grosse Erfolge feiern: In den Nationalrat schickte man wieder zwei Vertreter, die Eroberung des Kantonsparlamentes als zweitstärkste Kraft und die Eroberung eines zweiten Regierungssitzes auf Kosten von CVP und SVP sind beredtes Zeugnis dafür. Der Erfolg zwingt die Lega allerdings auch zur Übernahme von politischer Verantwortung. Die Lega Bignascas geht und ging immer auch eine Gratwanderung zwischen Protest- und Oppositionspartei und etablierter Regierungs- und Konsenspartei. Die Frage stellte sich auch in der Presse, ob und wie stark Bignascas Tod in der Lega ein Machtvakuum entstehen lassen und wer die Funktion des „enfant terrible“ übernehmen würde. Die Bedeutung von Nano (Zwerg) – wie er im Tessin sowohl liebevoll als auch verachtend genannt wurde – zeigte sich nicht nur an seiner von mehreren Tausend Menschen besuchten Beisetzung, sondern auch im Umstand, dass der Name Bignascas nicht von der Kandidatenliste für die Kommunalwahlen in Lugano gelöscht wurde, und dass der Lega-Übervater gar mit über 10 000 Stimmen gewählt worden wäre. Dass das zweite und die eher konsensuale Seite vertretende Aushängeschild Marco Borradori aus der Kantonsregierung zurücktrat und im Berichtjahr zum Stadtpräsidenten von Lugano gewählt wurde, dürfte für die Partei erschwerend hinzukommen. Die im Tessin noch eher schwache SVP könnte das Machtvakuum nutzen und das nach wie vor vorhandene Protestpotential neu organisieren. Attilio Bignasca – der Bruder des Verstorbenen – versuchte im Berichtjahr mit verschiedenen Protestaktionen, den populistischen Stil der Partei zu bewahren (siehe unten).

Tod des Lega-Präsidenten Giuliano Bignasca

Die beiden starken Köpfe der Lega, der extremistische Gründervater Giuliano Bignasca und der konziliantere Regierungsrat Marco Borradori, trugen entscheidend zur Erstarkung der Partei bei, gerieten aber im Berichtsjahr aufgrund einer kantonalen Initiative der Tessiner Grünen aneinander. Während Bignasca das Begehren unterstützte, das eine Beteiligung des kantonalen Elektrizitätswerkes „Azienda Elettrica Ticinese“ an einem deutschen Kohlekraftwerk verbieten wollte, sprach sich Regierungsrat Borradori zusammen mit Partei- und Regierungskollege Norman Gobbi gegen das Ansinnen aus. Prompt ernteten die beiden in Bignascas Sonntagszeitung „Mattino della domenica“ böse Kritik.

Borradori und Bignasca geraten aneinander

Das Kampfblatt der Lega, der „Mattino della domenica“ feierte im Berichtsjahr sein 20-jähriges Jubiläum. Die von Guiliano Bignasca gegründete Zeitung dient der Lega als Sprachrohr mit dem sie – häufig unter der Gürtellinie – ihre provokanten Ideen publik macht.

„Mattino della domenica“ feiert 20-jähriges Jubiläum

Bei den Kommunalwahlen im Tessin hatte die Lega im Gegensatz zu den kantonalen und nationalen Wahlen vom Vorjahr keine gravierenden Verluste hinzunehmen. In Lugano konnte Giuliano Bignasca den Regierungssitz der Partei verteidigen, und in Chiasso gelang ihr der Sprung in die Exekutive.

Lega stabilisiert sich nach der Niederlage aus dem Vorjahr

Bei den Wahlen ins Tessiner Parlament erlebte die Lega einen massiven Einbruch und verlor mehr als einen Drittel ihrer Wählerschaft; sie stellt noch 11 Abgeordnete. Für die Nationalratswahlen erwog sie ein Zusammengehen mit der SVP, welche jedoch nicht gemeinsam mit Flavio Maspoli antreten wollte. Als bekannt wurde, dass Maspoli Unterschriften für ein von ihm lanciertes Referendum gefälscht hatte und ein Strafverfahren gegen ihn lief, forderten Parteikollegen seinen Rücktritt von allen Ämtern (Nationalrat, Grossrat, Vizepräsident der Lega). Anstatt auf sein Mandat als Nationalrat zu verzichten, gab der Mitbegründer der Lega seinen Austritt aus der Bewegung bekannt und kandidierte im Herbst erfolglos mit einer eigenen Liste „Risorgimento ticinese“ (Tessiner Wiederauferstehung). Für die Lega wurde als einziger Vertreter Attilio Bignasca, der Bruder von Präsident Giuliano Bignasca, in den Nationalrat gewählt; der im April bestätigte Staatsrat Marco Borradori verzichtete zur Enttäuschung seiner Partei und der SVP auf eine Kandidatur für den Ständerat; Giuliano Bignasca musste selber antreten und wurde nicht gewählt.

Lega brechen 2003 ein

Im Februar verwarfen die Tessiner Stimmberechtigten mit überwältigendem Mehr eine kantonale Volksinitiative, die Bildungsgutscheine für Schülerinnen und Schüler von Privatschulen verlangt hatte. Viele Schulen werden von der konservativen katholischen Laienbewegung „Communione e Liberazione“ geführt. Einzig Lega-Chef Bignasca, dessen Sohn eine solche Schule besucht, setzte sich vorbehaltlos für die Privatschulfinanzierung ein. Erneute Anschuldigungen, wonach Bignasca mit Kokain gehandelt habe, erwiesen sich als nicht stichhaltig. Bignasca habe zwar Kokain konsumiert und verschenkt, aber nicht damit gehandelt.

Lega-Chef Bignasca setzt sich für Privatschulfinanzierung ein

Der wegen verschiedenster Vergehen wie z.B. Betrug, Ehrverletzung und Verleumdung sowie Verstössen gegen das Sozialversicherungsgesetz angeklagte Giuliano Bignasca, Präsident der Lega, wurde mit bedingter Haft und einer symbolischen Busse von 5000 CHF bestraft. Mit einem theatralischen Prozessauftritt des Präsidenten profitierte die Lega von der grossen Medienpräsenz.

Bestrafung des Präsidenten der Lega dei Ticinesi

Die geplante Durchführung einer Verkehrsblockade auf dem Damm in Melide – über diesen führen die Haupt- und Nationalstrasse sowie die Eisenbahnlinie als einzige Verkehrsverbindungen zwischen dem Luganese und dem Mendrisiotto –, an welcher neben der Absetzung von hohen Verantwortlichen des Tessiner Fernsehens auch der Rücktritt der Kantonsregierung, der Verzicht auf die Erhöhung des Treibstoffzolls, eine strikte Handhabung des Bankgeheimnisses sowie der Verzicht auf den EWR-Beitritt gefordert werden sollte, schlug fehl. Unter anderem trugen auch die Unstimmigkeiten zwischen den beiden Führerfiguren Bignasca und Maspoli zum Misserfolg bei. Auch dem Versuch der Gründung einer Deutschschweizer Lega, welche gemäss dem Zürcher Initiator Weidmann «Demokratische Liga» heissen sollte, war kein Erfolg beschieden.

Fehlschlag einer geplanten Verkehrsblockade der Lega und einer Gründung in der Deutschschweiz

Beflügelt von den Erfolgen bei den Nationalratswahlen (23,5% Wähleranteil), den Kantonalwahlen im Jahre 1991 (12,8%) sowie bei den Ständeratswahlen verlangte Parteichef Bignasca Neuwahlen für die Kantonsregierung mit dem Ziel, auch in der Exekutive Einzug zu halten. Bignasca liess es allerdings bei der lautstarken Deklamation bewenden. Auf die für einen Grundsatzentscheid über die Abhaltung von Neuwahlen erforderliche Sammlung von 15'000 Unterschriften verzichtete er. Bei den Gemeindewahlen, an welchen die Lega zum ersten Mal teilnahm, konnte sie vor allem auf Kosten der CVP Mandate und Wähleranteile erobern und zog auch in die Exekutiven von mehreren Städten ein, so unter anderem mit zwei Sitzen in die fünfköpfige Stadtregierung von Lugano.

Wahlresultate der Lega dei Ticinesi 1992

Die im Januar des Berichtsjahres gegründete Lega dei ticinesi, welche aus einer Gruppierung um den Unternehmer Bignasca und den Journalisten Flavio Maspoli – Herausgeber und Chefredaktor der Gratis-Sonntagszeitung «Il mattino della domenica» – entstanden ist, forderte in ihrem auf die kantonalen Wahlen ausgerichteten Programm einerseits Steuererleichterungen, eine 13. AHV-Rente, eine Reduktion der Krankenkassenprämien sowie eine Tessiner Universität, andererseits aber auch mehr Rechte für Automobilisten, den Ausbau des Gotthard-Autobahntunnels und die Errichtung eines Spielkasinos im Tessin. Der populistischen Protestbewegung, welche gleichzeitig an die Interessen der Pensionierten, der Autofahrer, Transporteure und Bauunternehmer appellierte sowie einen diffusen Antietatismus zum Ausdruck brachte, gelang es auf Anhieb, 12,8% der Wählerstimmen und zwölf Mandate zu gewinnen; die Lega-Wählerschaft bestand vor allem aus Neu- und Jungwählern sowie aus gelegentlichen, ungebundenen Urnengängern.

Gründung und Anfänge der «Lega dei ticinesi»