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Damit die Bergier-Kommission ihre Aufgabe bewältigen kann, beantragte der Bundesrat im Rahmen des Budgets für 1998 eine Aufstockung des Rahmenkredites für die Jahre 1997 bis 2001 von 5 auf 22 Mio Fr. Im Ständerat wurde diesem Antrag nicht opponiert. Obwohl ein Streichungsantrag Blocher (svp, ZH) und ein Vorschlag der LP, den Kredit nur um 15 Mio Fr. zu erhöhen, vorlagen, verabschiedete auch der Nationalrat den Beschluss mit klarer Mehrheit (112:37).

Aufstockung des Rahmenkredites

Die Kommission für Rechtsfragen des Nationalrats beantragte mit einer parlamentarischen Initiative, eine Lücke beim dringlichen Bundesbeschluss aus dem Vorjahr, welcher die Grundlage zur Arbeit der Historikerkommission Bergier bildet, zu schliessen. Auslöser für diesen Vorstoss war die Sicherstellung von alten Bankdokumenten aus dem Shredderraum einer Grossbank durch den Wachmann Meili. Der Zusatzbeschluss sah vor, dass Personen, welche vor dieser Kommission aussagen möchten oder ihr anderweitig Informationen zukommen lassen, keine Nachteile wegen Verletzung der Treuepflicht gegenüber ihrem Arbeitgeber oder des Berufsgeheimnisses erwachsen dürfen. Dabei soll insbesondere auch ausdrücklich festgehalten werden, dass eine Kündigung in solchen Fällen nicht zulässig wäre. Der Nationalrat stimmte dieser Ergänzung zu. Der Ständerat war hingegen der Ansicht, dass eine solche explizite Formel nicht nötig sei, da Auskunftspersonen, welche in gutem Glauben handeln, durch den Bundesbeschluss vom Dezember 1996 ausreichend geschützt seien. Die Materialen zu diesem Beschluss würden nach Ansicht der Kommissionsmehrheit den Richtern auch in Zivilsachen eindeutig die Anweisung geben, das Interesse der Öffentlichkeit an der Geschichtsforschung den privaten Klägerinteressen vorzuziehen. Diese Ansicht wurde auch vom Bundesamt für Justiz geteilt. Die kleine Kammer beschloss mit 35 zu 7 Stimmen, nicht auf die Vorlage einzutreten. Im Nationalrat beantragte die Kommissionsmehrheit, am Beschluss festzuhalten, da in bezug auf das Zivilrecht die Rechtslage nicht eindeutig sei; diese Meinung hatte auch der Bundesrat in seiner Stellungnahme zur parlamentarischen Initiative vertreten. Gegen den Widerstand der SVP - welche sich insbesondere auch über die publizistische Ausschlachtung des Falls Meili empörte - entschied der Nationalrat, an der neuen Bestimmung festzuhalten.

Folgen der Ausübung des Melderechts Christoph Meili (Pa.Iv. 97.420)
Dossier: Comptes dormants des victimes nazies dans les banques suisses

Die Rechtskommission des Nationalrats verabschiedete in Ausführung einer 1996 gegen den Widerstand der Linken überwiesenen parlamentarischen Initiative Frey (svp, ZH) einen Beschluss für die Erforschung der Beziehungen der Schweiz und ihrer Bewohner zum Staatssicherheitsdienst (Stasi) der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Die Kommission für Rechtsfragen war zum Schluss gekommen, dass einzig eine historische Aufarbeitung durch vom Staat unabhängige Personen oder Institutionen in Frage kommt. Nur damit sei es überhaupt möglich, vor Ablauf der Sperrfristen Zugang zu den deutschen Archiven zu erhalten. Aus demselben Grund sei explizit darauf zu verzichten, die Ergebnisse dieser Forschung später als Beweismittel in allfälligen strafrechtlichen Verfahren zu verwenden. Der von der Kommission dem Parlament vorgeschlagene Bundesbeschluss zur Untersuchung des Verhältnisses der Schweiz zur ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik lehnt sich, insbesondere was das Verbot der Aktenvernichtung, die Verpflichtung zu Auskunftserteilung und die Wahrung des Amtsgeheimnisses betrifft, stark an den Bundesbeschluss vom Dezember 1996 über die Aufarbeitung der Weltkriegsgeschichte (Kommission Bergier) an. Im Gegensatz zu den Intentionen der Initiative sollen dabei nicht nur die politischen und nachrichtendienstlichen, sondern auch die wirtschaftlichen Beziehungen ausgeleuchtet werden.

Schweizer Beziehungen zur Stasi werden nicht untersucht (Pa.Iv. 95.410)

Noch im Frühjahr setzte der Bundesrat zwei von den alt Nationalräten Bremi (fdp, ZH) und Fehr (sp, BE) präsidierte Arbeitsgruppen ein, welche Ende Oktober dem Bundesrat ein konkretes Konzept für die geplante Solidaritätsstiftung vorlegten. Dieses sieht vor, dass das Hauptziel dieser «Stiftung solidarische Schweiz» genannten Institution in der Verbesserung der Zukunftschancen für von Armut oder Gewalt bedrohte Menschen, vor allem Kinder und Jugendliche, bestehen soll. Unterstützt werden sollen aber nicht Individuen mit Einzelbeiträgen, sondern zu rund 90 Prozent Projekte mit Langzeitwirkung und zu 10 Prozent Institutionen bei Sofortaktionen. Die jährlich zur Verfügung stehenden rund CHF 300 Mio. sollen je hälftig für Projekte im In– und Ausland verwendet werden. Die den Bundesrat in Wirtschaftsfragen beratende Kommission für Konjunkturfragen hielt in einer Stellungnahme fest, dass von einer Höherbewertung der Goldreserven und ihrem teilweisen Verkauf keine negativen Auswirkungen auf die schweizerische Geld– und Währungspolitik zu erwarten seien. Im September wurde ein Komitee zur Unterstützung der Idee der Solidaritätsstiftung gegründet, dem unter anderem Politiker und Politikerinnen aller vier Bundesratsparteien angehören. Im Anschluss an die Präsentation des Stiftungskonzepts Ende Oktober signalisierten SP, FDP, CVP und Grüne ihre Zustimmung, während die SVP skeptisch blieb. Massive Kritik an dem vorgestellten Konzept äusserten hingegen Vertreter diverser internationaler jüdischer Organisationen, da dieses nicht explizit finanzielle Leistungen für Überlebende des Holocaust vorsehe.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Mitte April lancierte die von Blocher präsidierte Zürcher SVP eine Inserat- und Plakataktion, in welcher die Solidaritätsstiftung als Erpressung bekämpft wurde. Der Präsident der nationalen SVP, Nationalrat Maurer(ZH), hatte sich zuerst grundsätzlich mit der Stiftung einverstanden erklärt. Im Juni kündigte er dann aber an, dass seine Partei diese in der geplanten Form bekämpfen werde. Als Alternative für die Finanzierung über eine Bewirtschaftung eines Teils der Goldreserven schlug die SVP eine Sammlung in der Bevölkerung vor. Ende Juni kündigte Blocher - eingerahmt von heftigen Verbalattacken gegen andere Politiker, Medien- und Kulturschaffende - die Schaffung einer eigenen humanitären Stiftung an, welche vor allem aus grossen Beiträgen von vermögenden Personen gespiesen werden soll. Er erklärte sich bereit, dort eine Million einzubezahlen, wenn sich 200 bis 500 weitere Personen mit ähnlichen Beiträgen daran beteiligen würden. Nachdem das Echo beim angesprochenen Personenkreis unbefriedigend ausgefallen war, eröffnete er die Stiftung mit der von ihm versprochenen Million und rief in Inseraten zu weiteren Spenden auf.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Der Konflikt zeitigte zu Jahresbeginn jedoch auch personelle Konsequenzen. Die SonntagsZeitung veröffentlichte einige Passagen aus einem vertraulichen Situationsbericht des schweizerischen Botschafters in den USA, Carlo Jagmetti, und warf ihm in einem Kommentar absolutes Unverständnis für die berechtigte Kritik an der Schweiz vor. In seinem nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Bericht hatte Jagmetti die zuständigen Bundesstellen aufgefordert, diese Auseinandersetzung ernst zu nehmen, und davor gewarnt, die Gegenspieler, namentlich die jüdischen Organisationen in den USA, zu unterschätzen. In den in der SonntagsZeitung abgedruckten Passagen rief er die Behörden in martialischer Sprache dazu auf, sich auf einen Krieg vorzubereiten, der sowohl im Landesinneren als auch im Ausland (d.h. vor allem in den USA) geführt werden müsse. Von einem Teil der Medien und von der politischen Linken wurde er aufgrund dieser Auszüge als ungeeignet für die Vertretung der schweizerischen Interessen kritisiert. Diese Vorwürfe und das Zögern des Bundesrates, sich eindeutig hinter ihn zu stellen, veranlassten Jagmetti, sein Rücktrittsschreiben einzureichen.

Delamuraz

In der letzten Augustwoche fanden in Basel Feierlichkeiten zum Gedenken des Zionistenkongresses statt, der vor 100 Jahren in dieser Stadt stattgefunden hatte, und der als Geburtsstunde für die 1948 erfolgte Gründung des Staates Israel gilt. Unter grossen Sicherheitsvorkehrungen zum Schutz der Repräsentanten Israels trafen sich mehr als tausend Teilnehmer aus aller Welt zu Kongressen, Gedenkfeiern und anderen Anlässen. Die Schweiz war durch Bundesrätin Dreifuss und Nationalratspräsidentin Stamm (cvp, LU) vertreten; offizieller Vertreter Israels war der Präsident der Knesset, Dan Tichon. Zu den im Vorfeld befürchteten Demonstrationen von palästinenserfreundlichen Kreisen gegen den israelischen Staat kam es nicht.

Zionistenkongresses

Unter dem Eindruck der teilweise gehässigen Diskussion über den Zweiten Weltkrieg standen auch drei vom Nationalrat als Postulate überwiesene Vorstösse. Bühlmann (gp, LU) verlangte mit zwei Motionen die Einrichtung eines Lehrstuhls für die Erforschung von Antisemitismus und Rassismus an der ETH resp. mehr Bundesgelder für die an der ETH angesiedelte Stiftung Jüdische Zeitgeschichte. Hochreutener (cvp, BE) lud den Bundesrat ein, ein Museum oder eine Gedenkstätte gegen das Vergessen des Holocaust und anderer schrecklicher Menschenrechtsverletzungen zu errichten. In seiner Antwort auf eine Interpellation Ruffy (sp, VD) führte der Bundesrat aus, dass der Bund bereits jetzt verschiedene Projekte unterstütze, welche schriftliche und audiovisuelle Dokumente über den Holocaust und die Politik der Schweiz während dieser Zeit zusammenstellen und einer breiten Öffentlichkeit bekanntmachen; ob aber eine spezielle Gedenkstätte errichtet werden soll, müsse später abgeklärt werden.

Erforschung von Antisemitismus und Rassismus

Angesichts der emotionalen Bindung vieler Bürger an die Golddeckung des Frankens und den Risiken, die deshalb in einer Volksabstimmung drohen, beantragte Nationalrat Stucky (fdp, ZG) später ein anderes Finanzierungsmodell. Er schlug im Rahmen der Revision einiger Anlagebestimmungen im Nationalbankgesetz vor, den davon erwarten Zusatzertrag der Nationalbank von rund 400 Mio Fr. pro Jahr für die vom Fonds vorgesehenen Zwecke zu verwenden. Angesichts der ablehnenden Haltung sowohl von Bundesrat Villiger als auch seiner eigenen Fraktion zog er seinen Antrag zurück.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

In die Debatte schaltete sich auch der nach dem Krieg gegründete und heute noch rund 6500 Mitglieder zählende Verein Schweizer Armeeveteranen ein. In einem Manifest protestierten sie dagegen, dass die Leistungen der damaligen Bevölkerung als irrelevant für die Wahrung der Unabhängigkeit bezeichnet und der älteren Generation eine Kollektivschuld für angebliche Fehler von Behörden und Wirtschaft angelastet werden. Ihre Exponenten räumten ein, dass gegen historische Forschung, wie sie die Bergier-Kommission betreibt, nichts einzuwenden sei. Es gehe aber nicht an, dass junge Journalisten und Historiker bei der Beurteilung einzelner Handlungen von heutigen Moralvorstellungen ausgehen und die damaligen Zeitumstände nicht berücksichtigten.

Armeeveteranen

Neben dem Umgang der Banken mit den ihnen von Holocaustopfern anvertrauten Geldern und den Goldgeschäften der Nationalbank gehörte die Flüchtlingspolitik zu den wichtigsten Streitpunkten in der aktuellen Debatte. Der Bundesrat empfahl im Januar der Historikerkommission Bergier, die beiden letztgenannten Bereiche prioritär zu behandeln. Im Rahmen einer breiten Diskussion zur Aufarbeitung der Geschichte im Nationalrat verlangte de Dardel (sp, GE) mit einer Motion, dass Listen mit den Namen aller an der Landesgrenze zurückgewiesenen Personen, welche später dem Holocaust zum Opfer fielen, erstellt und publiziert werden. Nachdem der Bundesrat zugesichert hatte, dass man daran sei, derartige Datenbanken zu erstellen und diese auch frei zugänglich gemacht würden, überwies der Rat den Vorstoss in Postulatsform.

Flüchtlingspolitik

Der Umstand, dass lange Zeit sowohl von den Banken als auch von den Bundesbehörden die Tragweite der aufgeworfenen Fragen unterschätzt worden war, führte auch zur Forderung nach Instrumenten zur Früherkennung von Krisen und nach einem effektiveren Krisenmanagement, als es die siebenköpfige Kollegialregierung zu leisten imstande ist. Nachdem die Geschäftsprüfungskommissionen beider Räte die Lage analysiert hatten, beschlossen Bundesrat und Parlament erste diesbezügliche Massnahmen.

Früherkennung von Krisen effektiveren Krisenmanagement

Rund zwei Wochen nach der Ankündigung durch Bundespräsident Koller hielt der Vorsteher des Finanzdepartementes, Bundesrat Villiger, im Nationalrat fest, dass zwar die Idee der Solidaritätsstiftung im Zusammenhang mit den Kritiken an der Schweiz wegen ihres Verhaltens während des Zweiten Weltkriegs entstanden ist. Diese Stiftung werde aber, im Gegensatz zu dem von den Banken initiierten humanitären Fonds, nicht damaligen Opfern helfen, sondern einen Beitrag zur Linderung von Not und zur Verhinderung von gewalttätigen Auseinandersetzungen in der Gegenwart und in der Zukunft leisten. In ähnlicher Weise äusserte sich der Bundesrat auch in seiner Antwort auf eine am 3. März - also noch vor Kollers Rede - eingereichte und noch nicht abschliessend behandelte Motion Grendelmeier (ldu, ZH), welche eine spezielle Bundesstiftung für Holocaustopfer fordert.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Als engagiertester Gegner dieser Solidaritätsstiftung profilierte sich der Zürcher Nationalrat Blocher (svp). Bereits eine Woche vor deren Ankündigung hatte er in einer Ansprache vor mehr als 1000 Personen seine Sicht der Dinge vorgetragen. Seiner Meinung nach habe die Schweiz als Staat in der damaligen Zeit keine Fehler begangen. Auch die Behörden hätten ihre Hauptaufgabe, die Wahrung der Unabhängigkeit und das Vermeiden der Verwicklung in Kriegshandlungen, erfüllt. Fehler seien zwar gemacht worden, aber nicht vom Staat und seinen Behörden, und schon gar nicht vom Volk als Ganzem, sondern von einzelnen Personen, von Banken und Unternehmen. Dieser historische Teil seiner Rede wurde auch von ihm kritisch gesinnten Medien als einigermassen akzeptabel gewürdigt. Unter heftigen Beschuss geriet er jedoch wegen Äusserungen, in denen er Parallelen zog zwischen der damaligen Bedrohung und der aktuellen Situation der Schweiz als von der Europäischen Union umschlossenes Land. Anlässlich der Mitte März von einer dringlichen Interpellation ausgelösten Debatte im Nationalrat kritisierte Blocher, dass die Solidaritätsstiftung als Wiedergutmachung für angebliche Fehler, welche die Schweiz während des 2. Weltkriegs begangen habe, konzipiert sei und auf jeden Fall im Ausland so interpretiert werde. Da der Staat und das Volk aber keine derartigen Fehler begangen haben, gebe es auch keinen Grund für Entschuldigungen und staatliche Wiedergutmachungszahlungen.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Auf die zum Teil sehr aggressiv vorgebrachten Beschuldigungen und Forderungen von Repräsentanten internationaler jüdischer Organisationen reagierten einige Personen mit anonymen Schmähbriefen und Drohungen an schweizerische jüdische Organisationen und Persönlichkeiten sowie mit verbal oder in Leserbriefen geäusserten antisemitischen Stereotypen. Von der SP-Fraktion und von Nationalrat Suter (fdp, BE) mit Interpellationen zu einer Stellungnahme aufgefordert, verurteilte der Bundesrat derartige Aktivitäten und Pauschalurteile und betonte, dass er sich dafür einsetze, Rassismus, Antisemitismus und andere diskriminierende Haltungen gegen Minderheiten an der Wurzel zu bekämpfen. Die Eidgenössische Kommission gegen Rassismus lancierte im Sommer eine breite Inserat- und Plakataktion gegen rassistische und antisemitische Vorurteile und Diskriminierungen.

antisemitischen Stereotypen

Die Reaktion auf Kollers Rede fiel in den in- und ausländischen Medien weitgehend positiv aus; allerdings fehlte es nicht an Bedenken in bezug auf die politische Realisierbarkeit dieser angekündigten Stiftung. Auch die jüdischen Organisationen in den USA und Vertreter der amerikanischen Regierung begrüssten das Projekt. Die Reaktion der jüdischen Organisationen ist freilich vor dem Hintergrund zu sehen, dass wichtige amerikanische Medien reichlich verzerrt über Funktionsweise und Zweck der Stiftung berichtet hatten, indem sie meldeten, dass die Schweiz beabsichtige, Gold im Wert von 7 Mia Fr. an Holocaustopfer zu verteilen. Ein Teil der europäischen Medien kommentierte zudem die Stiftung als Wiedergutmachungsaktion für schweizerisches Fehlverhalten im Zweiten Weltkrieg; eine Interpretation, gegen welche sich Koller in seiner Rede explizit ausgesprochen hatte. In ersten Stellungnahmen signalisierten die FDP, die CVP und die SP gedämpfte Zustimmung zum Vorschlag des Bundesrates, wobei die beiden ersteren allerdings bloss von einer überprüfenswerten Idee sprachen und die SP Vorbehalte in bezug auf den Finanzierungsmodus anmeldete. Für die SVP stellte die Solidaritätsstiftung hingegen ein überstürzter und schlecht vorbereiteter Schritt dar, der zudem falsche Signale an das Ausland aussende und zu neuen Geldforderungen führen werde.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Am 5. März gab Bundespräsident Koller im Namen des Bundesrats vor der Vereinigten Bundesversammlung eine Erklärung zu den in den letzten Jahren aufgeworfenen Fragen im Zusammenhang mit der schweizerischen Politik während des Zweiten Weltkriegs ab. Er bekannte sich darin zu einer vorurteilslosen und kritischen Erforschung der damaligen Geschehnisse und Umstände. Dies sei zwar bereits früher geschehen, aber die Ergebnisse dieser Untersuchungen seien nicht immer genügend zur Kenntnis genommen worden. Mit der 1996 erfolgten Einsetzung der internationalen Historikerkommission werde dieser notwendige Prozess nun intensiviert. Koller räumte auch ein, dass das Ziel der Wahrung der Unabhängigkeit des Landes nicht alle damals getroffenen Entscheidungen rechtfertigen könne. Als Schlusspunkt seiner halbstündigen Rede kündigte Koller die Schaffung einer Solidaritätsstiftung an. Diese solle ein Zeichen sein für die "Bekräftigung der humanitären Tradition der Schweiz und der Dankbarkeit für das Verschontwerden von zwei Weltkriegen". Als Zweck dieser Stiftung nannte er die Unterstützung von Opfern "von schwerer Armut, Katastrophen, Genozid, Folter und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen". Die Mittel sollen je zur Hälfte im Inland und im Ausland eingesetzt werden. Finanzielle Beiträge an bedürftige Holocaustopfer schloss Koller nicht aus; er verwies aber darauf, dass diese vor allem auf die rasche Hilfe durch den von den Banken ins Leben gerufenen und auch von der Nationalbank mitgetragenen Spezialfonds angewiesen seien.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Als Finanzierungsinstrument schlug Koller eine teilweise Anpassung der Bewertung der 2600 Tonnen Goldreserven der Nationalbank an die rund viermal höheren Marktpreise vor. Eine Aufwertung auf 60% des Marktpreises würde den Buchwert dieses Goldbestandes von 12 Mia Fr. auf 26 Mia Fr. erhöhen. Gold im Wert der Hälfte dieses Aufwertungsgewinns (7 Mia Fr.), d.h. gut 400 Tonnen, würde dann schrittweise in Wertpapiere umgewandelt und in den Fonds eingelegt, welcher mit dem jährlichen Zinsertrag von rund 350 Mio Fr. humanitäre Aufgaben finanzieren könnte.

Schaffung einer Solidaritätsstiftung

Zu Jahresbeginn gab vor allem die Ende 1996 vom abtretenden Bundespräsidenten Delamuraz in einem Zeitungsinterview gemachte Aussage, die von den jüdischen Organisationen geforderten Globalzahlungen kämen einer Lösegelderpressung gleich, zu reden. Jüdische Organisationen aus den USA drohten mit Boykottmassnahmen, falls sich der Bundesrat nicht innert Monatsfrist von diesen Worten distanziere, die als an Antisemitismus grenzend und diesen fördernd bezeichnet wurden. Der Bundesrat ging auf diese Begehren nicht ein und rief alle beteiligten Stellen zur Fortsetzung des Dialogs auf. Die SP und die Grünen kritisierten Delamuraz ebenfalls, weil seine Aussagen geeignet seien, antisemitische Stimmungen hervorzurufen, und verlangten vom Gesamtbundesrat, sich von Delamuraz' Worten zu distanzieren. Später verabschiedete der SP-Vorstand gar eine Resolution, worin er Delamuraz zum Rücktritt aufforderte; die SP-Fraktion entschied jedoch, sich dieser Forderung nicht anzuschliessen. Bundesrat Delamuraz selbst nahm seine Worte nicht zurück, sondern äusserte zuerst sein Bedauern darüber, dass seine Äusserungen falsch verstanden worden seien; später ergänzte er noch, dass er seine kritisierte Aussage aufgrund von unpräzisen Informationen gemacht habe. Als Reaktion auf die Äusserungen von Delamuraz lancierten Personen aus der politischen Linken und der Kultur ein Manifest, worin sie den Bundesrat unter anderem aufforderten, aktiv gegen jegliche antisemitische Tendenzen zu kämpfen.

Delamuraz

Der Bundesrat begegnete dem massiven aussenpolitischen Druck, indem er eine unter der Leitung des Diplomaten Thomas Borer stehende Arbeitsgruppe (task force) einsetzte. Im Parlament gab eine von Verena Grendelmeier (ldu, ZH) im März 1995 eingereichte parlamentarische Initiative den Anstoss zur Aufarbeitung der Vergangenheit. Der daraus hervorgegangene Bundesbeschluss über die umfassende Aufklärung der Rolle des schweizerischen Finanzplatzes vor, während und unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg wurde von beiden Räten für dringlich erklärt und einstimmig angenommen. Die mit dieser Untersuchung beauftragte und von François Bergier präsidierte internationale Historikerkommission wurde vom Bundesrat noch vor Jahresende eingesetzt.

umfassende Aufklärung der Rolle des schweizerischen Finanzplatzes

Die in Gang gekommene Debatte diente einerseits zur Aufarbeitung der jüngeren Vergangenheit, wobei Linke und Grüne vornehmlich dazu aufforderten, die Diskussion dazu zu benutzen, lang gehegte historische Mythen hinsichtlich der Rolle der Schweiz im nationalsozialistischen Herrschaftssystem endlich zu überwinden, während die Rechte auf die damalige politische, militärische und wirtschaftliche Bedrohung durch das III. Reich verwies. Andererseits wurde - nicht nur von Sozialdemokraten - gefordert, aus der Vergangenheit Lehren für die Zukunft zu ziehen, sei es bei der Verwaltung von Geldern ausländischer Potentaten, wie der ehemaligen Präsidenten Mobutu oder Marcos, sei es durch eine stärkere Einbindung der Schweiz in europäische oder internationale Organisationen.

umfassende Aufklärung der Rolle des schweizerischen Finanzplatzes

Am 19. September feierten die Schweiz und besonders die Stadt Zürich den 50. Jahrestag des Besuchs des damaligen britischen Premiers, Winston Churchill. Churchill hatte an diesem Tag seine später berühmt gewordene Zürcher Rede gehalten, in der er zu einer engen Kooperation unter den europäischen Staaten aufgerufen hatte. Der Anlass wurde in Zürich mit einer Reihe von Gedenkveranstaltungen und im Beisein zahlreicher politischer Prominenz begangen.

Zürcher Rede

Gerade die britische Presse nahm die Gedenkveranstaltung, an welcher auch der britische Aussenminister Rifkind teilnahm, zum Anlass, die dunkleren Seiten der schweizerischen Geschichte während des Zweiten Weltkriegs aufzuzeigen. In einer oft polemischen antischweizerischen Kampagne wies sie auf die Kooperation der Schweizer Behörden und Unternehmen mit den nationalsozialistischen Herrschern in Deutschland hin. Ins gleiche Horn stiess der Vorsitzende des Bankenausschusses des amerikanischen Senats, Alfonse D'Amato, welcher sich als eifrigster Kritiker der Schweiz profilierte.

Zürcher Rede

Am 12. September, dem Jahrestag der Annahme der Bundesverfassung von 1848 durch das Volk, orientierte Bundesrätin Dreifuss über den Stand der Vorbereitungsarbeiten zum Bundesjubiläum. Als Höhepunkt des Jubiläumsjahres ist ein Fest der Jugend in Bern geplant, das als nationale Klammer der zahlreichen kantonalen Gedenkveranstaltungen wirken soll. Mit zwei Grossausstellungen im Bundeshaus und im Landesmuseum sowie der Eröffnung der Zweigstelle des Landesmuseums in Prangins (VD) organisiert der Bund drei weitere Gedenkanlässe.

Auswahl der Projekte zum Jubiläum des Bundesstaats

Die unabhängige Fachgruppe für die Auswahl der Projekte zum Jubiläum des Bundesstaats im Jahr 1998 entschied sich im März für die Unterstützung von 35 der eingegangenen 86 Vorschläge. Für die Verwirklichung der hauptsächlich im historischen und kulturellen Bereich liegenden Projekte stellt der Bund 9 Mio Fr. zur Verfügung.

Auswahl der Projekte zum Jubiläum des Bundesstaats