In seiner Botschaft zum revidierten Bundesgesetz über die politischen Rechte schlug der Bundesrat fünf hauptsächliche Neuerungen vor, die insbesondere die Organisation der Nationalratswahlen betreffen, die aufgrund der zunehmenden Kandidierenden- und Listenzahl sowie der wachsenden Zahl an Wahlberechtigten immer komplexer geworden sei: (1) Unzulässige Doppelkandidaturen sollen auch nach der Meldefrist noch gestrichen werden können. (2) Diese Meldefrist wird auf den August des Wahljahres konzentriert, damit das Wahlmaterial spätestens vier Wochen vor dem Wahltag verteilt werden kann. (3) Für die Erstellung einer Panaschierstatistik, die auf hohes Interesse stösst, soll eine Gesetzesgrundlage geschaffen werden. (4) Ein weiterer Revisionsvorschlag betraf die Nachzählung bei Volksabstimmungen, die auch bei sehr knappen Ergebnissen nur dann angewendet werden soll, wenn Unregelmässigkeiten glaubhaft gemacht werden können. Dieser Vorschlag war die Umsetzung einer parlamentarischen Initiative von Rudolf Joder (svp, BE). (5) Zudem war eine Gesetzesgrundlage vorgesehen, mit der Stimmberechtigte Urnengänge beobachten sollten, um solche Unregelmässigkeiten zu melden. Weil die weiteren Vorschläge (Differenzierung von Sammelfristen bei fakultativen Referenden zwischen Sammlung und Stimmrechtsbescheinigung, gehashte (verschlüsselte) AHV-Nummern für Nationalratskandidierende, Streichen der Berufsangabe von Kandidierenden) in der Vernehmlassung auf Widerstand gestossen waren, nahm sie der Bundesrat in seiner Botschaft nicht weiter auf.

Als Erstrat beugte sich der Nationalrat über die Revision. Eintreten war unbestritten. Zu diskutieren gab hingegen ein Antrag einer links-grünen Minderheit für einen Automatismus für Nachzählungen – ein Punkt, der auch vom Bundesgericht so angeregt worden war: Eine Nachzählung solle immer dann stattfinden, wenn die gesamteidgenössische Differenz weniger als 0,1 Prozent betrage und das Ständemehr durch Kantone mit deutlichen Entscheiden nicht bereits erreicht sei. Bisherige Lesart des Bundesgerichtes war, dass ein sehr knappes Resultat immer auch eine Unregelmässigkeit darstelle; allerdings sei vom Gesetzgeber zu präzisieren, was 'knapp' sei. Die bürgerliche Ratsmehrheit liess sich allerdings nicht überzeugen und stimmte für den bundesrätlichen Vorschlag und gegen einen Automatismus. Auf mehr Unterstützung stiess ein Einzelantrag Marianne Streiff (evp, BE), der verlangte, dass auch Unterlisten einer bei der Bundeskanzlei registrierten Partei von der Pflicht befreit werden, mit der Einreichung des Wahlvorschlages auch noch Unterschriften von Stimmberechtigten beilegen zu müssen. Zu diskutieren gab schliesslich, wie mit überzähligen Namen auf einer Liste umgegangen werden soll. Der Antrag der Kommissionsmehrheit, die lediglich mit Stichentscheid zustande gekommen war, wollte in jenem Fall, in dem auf einer Liste mehr Namen vermerkt wurden als der Kanton Sitze hat, die handschriftlich hinzugefügten Namen streichen, um die Kandidierenden auf den hinteren Listenplätzen nicht zu bestrafen. Die Minderheit, die dem Vorschlag des Bundesrates folgen wollte und sich letztlich durchsetzte, pochte hingegen auf die Überlegung, dass der Wählerwille handschriftlich eher hervortrete und deshalb die untersten gedruckten Namen auf einer Liste gestrichen werden sollen. Obwohl der Bundesrat die Idee der Differenzierung der Sammelfristen nicht mehr in die Botschaft aufgenommen hatte, plädierte eine Ratsminderheit für die Gültigkeit von Unterschriften, die während der Sammelfrist eingereicht, aber erst nach der Sammelfrist beglaubigt bei der Bundeskanzlei eintreffen. Das Hauptargument, das auf der vorjährigen Diskussion um die Versäumnisse einzelner Gemeinden bei den letztlich nicht zustande gekommenen Referenden gegen Doppelbesteuerungsabkommen beruhte, war die Einschränkung des Referendumsrechts, wenn eine Unterschrift zwar fristgerecht zustande käme, die Post oder eine Gemeinde aber zu langsam arbeite. Jene Parteien, die mit Unterschriftensammeln Erfahrungen haben, stimmten diesem Minderheitsantrag mehrheitlich zu: die SVP, die SP und die GP sagten mit 110 zu 76 Stimmen Ja. Gestrichen wurde dafür der Vorschlag des Bundesrates für eine Beobachtung von Urnengängen durch Stimmberechtigte. Der so doch recht stark abgeänderte Entwurf wurde mit 175 Stimmen einstimmig gutgeheissen.

Der Ständerat beriet das Geschäft in der Sommersession. Wie die Mehrheit des Nationalrates wollte auch die kleine Kammer keinen Automatismus für Nachzählungen bei knappen Volksentscheiden. Nur ganz knapp verzichtete die kleine Kammer darauf, wie ursprünglich vorgesehen die Berufsangaben der Kandidierenden bei den Nationalratswahlen zu streichen. Die Kommissionsmehrheit argumentierte vergeblich, dass es praktisch unmöglich sei, zu überprüfen, ob die Angaben auch wirklich stimmten. Auch den Antrag Streiff (evp, BE) und den Vorschlag, die vorgedruckten und nicht die handschriftlichen Namen auf einer Liste mit zu vielen Kandidierenden zu streichen, hiess die kleine Kammer entsprechend den Vorschlägen der Volksvertreterinnen und Volksvertreter gut. Sie schuf allerdings auch einige Differenzen. So wurde ein Einzelantrag Ivo Bischofberger (cvp, AI) angenommen, der die Voranmeldepflicht der Kandidierenden für Majorzkantone streichen wollte. Die Pflicht zu Voranmeldungen mache in Einerwahlkreisen keinen Sinn. Zudem stellte sich der Ständerat gegen die Differenzierung von Sammel- und Einreichefrist bei Volksbegehren. Die kleine Kammer wollte vielmehr die Komitees in die Pflicht nehmen, die genügend Zeit für die Einholung der Beglaubigungen einplanen müssten. Der in der Zwischenzeit von der Bundeskanzlei ausgearbeitete Leitfaden für die Gemeinden und der Vorschlag des Bundesrates, die Komitees gesetzlich zu verpflichten, die Unterschriftenlisten laufend und nicht erst kurz vor Ablauf der Sammelfrist einzureichen, wurden begrüsst. Damit lag die gleiche Differenz zwischen den Räten vor wie bei der 2012 von der SPK-NR eingereichten Motion, die ebenfalls eine Differenzierung der Fristen gefordert hätte und vom Nationalrat angenommen, vom Ständerat aber abgelehnt worden war. Weiter schuf der Ständerat einen neuen Absatz, mit dem die im Nationalrat unbestrittene Verlängerung der Fristen für die Ansetzung von Volksinitiativen nicht generell, sondern nur in Wahljahren, dann aber um sechs Monate möglich sein soll. Schliesslich setzte sich der Ständerat für die im Nationalrat abgelehnte Idee der Beobachtung von Urnengängen ein. Auch der Ständerat hiess den so veränderten Entwurf einstimmig gut.

In der ersten Runde der Differenzbereinigung gab der Nationalrat zumindest teilweise nach. Er lenkte ein bei der Diskussion um die Differenzierung der Sammelfristen, die letztlich auf eine Verlängerung der bisherigen Referendumsfrist von 100 Tagen hinausgelaufen wäre. Die grosse Kammer unterstützte auch die Idee der Verpflichtung der Komitees, gesammelte Unterschriften laufend für die Beglaubigung in den Gemeinden einzureichen. Umgeschwenkt war hier die SVP, bei der die Mehrheit nun für den Vorschlag des Ständerates stimmte. Zustimmung gab es in der grossen Kammer auch für die Berücksichtigung der Besonderheiten der Einerwahlkreise und die Fristverlängerung für die Behandlung von Volksinitiativen in Wahljahren. Allerdings beharrte der Nationalrat auf seiner Ablehnung gegen die Beobachtung von Urnengängen. Diese Differenz wurde dann im Ständerat knapp mit 23 zu 21 Stimmen ausgeräumt. Die Ratsmehrheit folgte dabei der Kommissionsminderheit, die argumentierte, dass die Beobachtung weiterhin möglich sei, aber nicht im Gesetz verankert werden müsse. Es wäre ein Armutszeugnis, wenn die Vorlage aufgrund dieser geringen Differenz noch scheitern würde. In den Schlussabstimmungen wurde das neue Bundesgesetz im Nationalrat mit 172 zu 0 (bei 26 Enthaltungen aus der SP- und der GP-Fraktion) und im Ständerat mit 38 zu 4 Stimmen (bei 3 Enthaltungen) angenommen.

Bundesgesetzes über die politischen Rechte