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  • Rétrospective annuelle

Acteurs

  • Zelensky, Volodymyr
  • Sommaruga, Simonetta (sp/ps) BR UVEK / CF DETEC
  • Parmelin, Guy (svp/udc) BR WBF / CF DEFR

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Jahresrückblick 2022: Parteien

Die Parteien als wichtige politische Akteure werden in der Öffentlichkeit besonders stark im Zusammenhang mit Wahlen und Abstimmungen wahrgenommen. Mit den Bundesratsersatzwahlen vom Dezember 2022 schnellte insbesondere die Medienpräsenz der SVP und der SP, in geringerem Mass auch jene der Grünen in die Höhe (siehe Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2022 im Anhang).
Die SVP hatte dabei den zurücktretenden Ueli Maurer zu ersetzen. Zu reden gab dabei, dass die in den letzten Jahrzehnten tonangebende Zürcher Kantonalsektion erst nach längerer Suche überhaupt eine Kandidatur präsentieren konnte (alt Nationalrat Hans-Ueli Vogt), während die Berner Sektion mit Nationalrat Albert Rösti und Ständerat Werner Salzmann gleich zwei Kandidaten ins Rennen schicken konnte. Relativ früh zeichnete sich ab, dass es anders als bei früheren Bundesratswahlen bei der SVP zu keiner Zerreissprobe und allfälligen Parteiausschlüssen kommen würde, da die anderen Fraktionen keine Ambitionen erkennen liessen, eine Person ausserhalb des offiziellen SVP-Tickets zu wählen, für das die SVP-Fraktion letztlich Vogt und Rösti auswählte. Schliesslich erhielt die SVP mit Albert Rösti einen Bundesrat, der als linientreu und gleichzeitig umgänglich im Ton gilt.
Die SP wiederum hatte nach dem überraschenden Rücktritt von Simonetta Sommaruga nur wenig Zeit für die Nominierung ihrer Kandidaturen. Für gewisse Turbulenzen sorgte hier der von der Parteispitze rasch und offensiv kommunizierte Antrag an die Fraktion, sich auf Frauenkandidaturen zu beschränken. Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) rebellierte zunächst dagegen und gab seine eigene Kandidatur bekannt, zog diese aber wieder zurück, nachdem die SP-Fraktion dem Antrag der Parteispitze deutlich zugestimmt hatte. Mit einer «Roadshow» der Kandidatinnen in verschiedenen Landesteilen versuchte die SP trotz der knappen Zeit noch vom Schaufenstereffekt der Bundesratswahlen zu profitieren. Aufs Ticket setzte die Fraktion schliesslich die beiden Ständerätinnen und ehemaligen Regierungsrätinnen Eva Herzog (BS), die Mitglied der SP-Reformplattform ist und eher dem rechten Parteiflügel zugerechnet wird, und Elisabeth Baume-Schneider (JU), die als umgänglicher und weiter links stehend gilt. Im Parlament gingen in den ersten Wahlgängen überraschend viele Stimmen an den nicht auf dem Ticket stehenden Jositsch, bevor schliesslich Baume-Schneider den Vorzug vor Herzog erhielt. Wenig erbaut zeigte sich die SP von der anschliessenden Departementsverteilung, bei der Baume-Schneider das EJPD zugeteilt und Alain Berset ein angeblich gewünschter Wechsel aus dem EDI verwehrt wurde.
Dass weder die SVP noch die SP um ihre zweiten Bundesratssitze bangen mussten, hatte auch damit zu tun, dass sich die Grünen, die bei den letzten Gesamterneuerungswahlen noch mit einer Sprengkandidatur angetreten waren, selbst früh aus dem Rennen nahmen. Manche Beobachterinnen und Beobachter warfen den Grünen deswegen Harmlosigkeit und mangelnden Machtinstinkt vor. Die Grünen argumentierten dagegen, dass ein Angriff auf den SP-Sitz dem rot-grünen Lager keine Stärkung bringen würde und ein Angriff auf den SVP-Sitz aussichtslos gewesen wäre, weil das «Machtkartell» der bisherigen Bundesratsparteien keine Sitzverschiebungen wolle.

Alle 2022 durchgeführten kantonalen Wahlen wurden von den Medien auch als Tests für den Formstand der Parteien im Hinblick auf die eidgenössischen Wahlen im Herbst 2023 interpretiert. Die grossen Zwischenbilanzen, die im März nach den kantonalen Wahlen in Bern, der Waadt, Obwalden und Nidwalden gezogen wurden, bestätigten sich im Wesentlichen auch in den folgenden Glarner und Zuger Wahlen (allerdings nicht in Graubünden, das wegen einem Wechsel des Wahlsystems jedoch einen Sonderfall darstellt): Die «grüne Welle» rollte weiter, zumal die Grünen und noch stärker die GLP fast durchwegs Zugewinne verbuchen konnten. Demgegenüber büssten alle vier Bundesratsparteien Stimmenanteile ein, am deutlichsten die SP. Spekulationen über Gewinne und Verluste bei den nationalen Wahlen und mögliche Auswirkungen für die Sitzverteilung im Bundesrat sind freilich zu relativieren, weil sich Themen- und Parteienkonjunktur bis im Oktober 2023 noch deutlich verändern können und sich kantonale Wahlergebnisse aus mehreren Gründen nicht einfach auf die nationale Ebene übertragen lassen.

Misst man den Rückhalt der Parteien an ihrem Erfolg in den Volksabstimmungen, so ergibt sich ein etwas anderes Bild: Am häufigsten – nämlich bei 8 von 11 Abstimmungsvorlagen – stand dieses Jahr die EVP mit ihren Parolen auf der Siegerseite, gefolgt von EDU, FDP, GLP und Mitte (je 7). Seltener jubeln konnten die Parteien an den linken und rechten Polen des Spektrums (Grüne, PdA, SP und SVP: je 6). Freilich ist nicht jede Abstimmungsvorlage für jede Partei gleich wichtig. So war etwa für die SP das knappe Ja zur AHV-21-Reform mit der Frauenrentenaltererhöhung besonders schmerzhaft, die beiden Nein zu den Teilabschaffungen von Stempel- und Verrechnungssteuer hingegen besonders erfreulich. Für FDP und SVP war es gerade umgekehrt, daneben war für sie auch die Ablehnung des Medienpakets ein bedeutender Erfolg.

Mit Blick auf ihre Mitgliederzahlen sahen sich derweil fast alle grösseren Parteien im Aufwind: GLP, Grüne, Mitte, SP und SVP meldeten im Vergleich zu 2020 Mitgliederzuwächse im vierstelligen Bereich, die FDP hatte keine Informationen zu ihrer aktuellen Mitgliederentwicklung. Ein Grund für die vermehrte Hinwendung zu den Parteien könnte sein, dass die stark alltagsrelevante Covid-19-Pandemie, die intensivierte Diskussion um den Klimawandel und aussergewöhnlich intensive Abstimmungskämpfe etwa zur Konzernverantwortungsinitiative im November 2020 und zu den beiden Covid-19-Gesetzesvorlagen im Juni und im November 2021 viele Bürgerinnen und Bürger stärker politisiert haben.

Das Jahr brachte in der Schweizer Parteienlandschaft auch einige strukturelle Veränderungen. So ist mit der Gründung einer Kantonalsektion in Uri die GLP nun erstmals in sämtlichen Kantonen präsent. Bei der BDP fand zum Jahresbeginn der umgekehrte Weg seinen Abschluss: Am 1. Januar 2022 hörten die letzten beiden BDP-Kantonalsektionen auf zu existieren, nachdem die Partei auf nationaler Ebene schon ein Jahr davor in der Mitte aufgegangen war. Ganz aufgelöst wurde sodann die Partei national orientierter Schweizer (Pnos), die als parteipolitischer Arm der rechtsextremen Szene in der Schweiz gegolten hatte. Sie war im Parteiensystem nie über eine marginale Rolle hinausgekommen. Ihre Auflösung bedeutet allerdings nicht das Aussterben rechtsextremer Ideologien im Land, sondern lediglich das – vorläufige – Ende der parteipolitischen Aktionsform des Milieus.

Nachdem der Bundesrat im zu Ende gehenden Jahr das Gesetz und eine konkretisierende Verordnung zur Transparenz der Politikfinanzierung in Kraft gesetzt hat, werden sich die Parteien im neuen Jahr erstmals an die entsprechenden Regeln halten müssen. Die Parteien, die in der Bundesversammlung vertreten sind, haben unter anderem ihre Gesamteinnahmen sowie Zuwendungen von über CHF 15'000 offenzulegen.

Jahresrückblick 2022: Parteien
Dossier: Rétrospective annuelle 2022

Rétrospective annuelle 2022 : Problèmes politiques fondamentaux

En consultant leur boule de cristal pour les mois à venir dans leurs traditionnels articles de début d'année, peu de journaux auraient pu prédire les événements de 2022. Alors que la pandémie semblait s'essouffler, la guerre en Ukraine a pris le relais dans l'actualité. En lien avec le conflit, la question de l'approvisionnement énergétique a été l'une des trois préoccupations principales de la population, indique le baromètre des préoccupations 2022 du Credit Suisse. L'environnement et les retraites sont les deux autres thématiques les plus citées par les participantes et participants à l'enquête. Malgré les circonstances, les membres du Conseil fédéral ont quand même souhaité se montrer positifs dans leurs discours lors de la fête nationale. Le président de la Confédération Ignazio Cassis a d'ailleurs déclaré que le monde aurait besoin de plus de «suissitude» en ce moment. Une «suissitude» observable dans toute sa splendeur lors de la fête fédérale de lutte, qui s'est tenue à Pratteln (BL). Particulièrement populaire outre-Sarine, ce sport typiquement suisse a attiré plus de 400'000 personnes le temps d'un week-end. Un autre événement d'une ampleur particulière a eu lieu dans la vallée de Conches cet été. Le camp fédéral scout «Mova» a réuni 30'000 membres du mouvement de jeunesse, qui connaît un regain de forme ces dernières années. Occupant l'équivalent de 170 terrains de football, les scouts ont effectué diverses activités durant trois semaines, recevant notamment la visite de la conseillère fédérale Viola Amherd. Lors d'une fête de taille plus modeste, l'association des gardes suisses du Vatican a, de son côté, célébré ses 100 ans à Appenzell.

Selon Présence Suisse, l'image du pays à l'étranger demeure bonne. En 2021, c'est en particulier la rencontre entre Joe Biden et Vladimir Poutine, reçus à Genève par Guy Parmelin, qui a placé la Suisse sous le feu des projecteurs. En participant à l'exposition universelle de Dubaï, la Suisse souhaitait également soigner son image. Pourtant, l'exposition s'est plutôt attirée des critiques, notamment en raison de la démesure du site de l'événement et des accusations d'atteintes aux droits des travailleurs. En outre, la demande de crédit pour la participation de la Suisse à la prochaine exposition universelle a été validée, après de longues discussions, par le Conseil national. Quant au Conseil des États, il doit encore se prononcer. C'est la ville d'Osaka, au Japon, qui accueillera l'événement. Par ailleurs, les parlementaires ont jugé suffisantes les mesures prises par l'administration fédérale afin d'éviter des cas problématiques de parrainage privé d'événements publics. Suite à cela, Thomas Minder (sans parti, SH) a retiré son initiative parlementaire qui souhaitait l'interdiction pure et simple du sponsoring.
En ce qui concerne la tenue d'une nouvelle exposition nationale, plusieurs projets sont encore en concurrence. L'exposition pourrait avoir lieu en 2027, alors que 2022 marquait les vingt ans d'Expo.02.

Pour ce qui est de l'activité parlementaire, les chambres fédérales ont accepté deux motions similaires de Daniel Jositsch (ps, ZH) et Alfred Heer (udc, ZH), qui souhaitent ériger un lieu de commémoration en mémoire des victimes de l'Holocauste et du national-socialisme. En outre, une initiative parlementaire demandant la réhabilitation des Suisses et Suissesses ayant combattu dans la Résistance française doit encore passer devant le Parlement. Les commissions compétentes se sont prononcées en faveur de l'objet.
En proposant de modifier le préambule de la Constitution, Fabian Molina (ps, ZH) s'est heurté à une forte résistance au Conseil national, qui a refusé sa proposition. Le zurichois estimait que le préambule contrevient à la neutralité confessionnelle de l'État. Une discussion pourra à nouveau être menée à ce sujet si l'initiative pour une révision totale de la Constitution lancée en avril aboutit. Les initiants ont jusqu'à octobre 2023 pour récolter les 100'000 signatures.

En 2022, 2 pour cent du nombre total d'articles de presse sur la politique nationale traitaient de sujets liés au thème «Problèmes politiques fondamentaux», un peu moins qu'en 2021, indique l'analyse APS des journaux 2022. Sans surprise, c'est aux alentours du premier août que l'on retrouve la proportion la plus forte de coupures de presse consacrées à ce thème. Sans constituer l'activité principale des chambres fédérales, les discussions qui relèvent de ce chapitre donnent toujours matière à réflexion quant à la manière dont la société suisse soigne le vivre-ensemble, la cohésion nationale, et l'image de la Suisse à l'interne et à l'externe.

Rétrospective annuelle 2022: Problèmes politiques fondamentaux
Dossier: Rétrospective annuelle 2022

Jahresrückblick 2022: Institutionen und Volksrechte

Spätestens seit dem Rücktritt von Ueli Maurer als Bundesrat Ende September dominierte die Suche nach seiner Nachfolgerin oder seinem Nachfolger den Themenbereich «Institutionen und Volksrechte» (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse). Mit dem Rücktritt von Simonetta Sommaruga Ende November standen im Dezember 2022 gleich zwei Bundesratsersatzwahlen an. Maurer hatte seinen Rücktritt mit dem Wunsch begründet, noch einmal etwas Neues machen zu wollen, und Simonetta Sommaruga hatte sich entschieden, in Folge eines Schlaganfalles ihres Mannes ihr Leben neu auszurichten. Wie bei Bundesratsersatzwahlen üblich, überboten sich die Medien mit Spekulationen, Expertisen, Interpretationen und Prognosen. Bei der SVP galt die Kandidatur von Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der sich 2021 aus der Politik zurückgezogen hatte, als Überraschung. Dennoch zog ihn die SVP-Fraktion anderen Kandidatinnen und Kandidaten vor und nominierte ihn neben dem Favoriten Albert Rösti (svp, BE) als offiziellen Kandidaten. Bei der SP sorgte der sehr rasch nach der Rücktrittsrede von Simonetta Sommaruga verkündete Entscheid der Parteileitung, mit einem reinen Frauenticket antreten zu wollen, für Diskussionen. Die medialen Wogen gingen hoch, als Daniel Jositsch (ZH) dies als «Diskriminierung» bezeichnete und seine eigene Bundesratskandidatur verkündete. Die SP-Fraktion entschied sich in der Folge mit Elisabeth Baume-Schneider (sp, JU) und Eva Herzog (sp, BS) für zwei Kandidatinnen. Zum Nachfolger von Ueli Maurer wurde bereits im 1. Wahlgang Albert Rösti mit 131 von 243 gültigen Stimmen gewählt. Hans-Ueli Vogt hatte 98 Stimmen erhalten (Diverse: 14). Für die SP zog Elisabeth Baume-Schneider neu in die Regierung ein. Sie setzte sich im dritten Wahlgang mit 123 von 245 gültigen Stimmen gegen Eva Herzog mit 116 Stimmen durch. Daniel Jositsch hatte in allen drei Wahlgängen jeweils Stimmen erhalten – deren 6 noch im letzten Umgang. Die Wahl der ersten Bundesrätin aus dem Kanton Jura wurde von zahlreichen Beobachterinnen und Beobachtern nicht nur als Überraschung gewertet, sondern gar als Gefahr für das «Gleichgewicht» der Landesregierung kommentiert (Tages-Anzeiger). Die rurale Schweiz sei nun in der Exekutive übervertreten, wurde in zahlreichen Medien kritisiert.

Der Bundesrat stand aber nicht nur bei den Wahlen im Zentrum des Interesses. Diskutiert wurde auch über Vor- und Nachteile einer Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder, wie sie eine parlamentarische Initiative Pa.Iv. 19.503 forderte – es war bereits der sechste entsprechende Vorstoss in den letzten 30 Jahren. Die Begründungen hinter den jeweiligen Anläufen variieren zwar über die Zeit – der neueste Vorstoss wollte «die Konkordanz stärken», also mehr Spielraum für parteipolitische aber auch für gendergerechte Vertretung schaffen – die Projekte nahmen bisher aber stets denselben Verlauf: Auch in diesem Jahr bevorzugte das Parlament den Status quo.
Verbessert werden sollte hingegen die Krisenorganisation des Bundesrates. Dazu überwiesen beide Kammern gleichlautende Motionen und Postulate der GPK beider Räte, die Rechtsgrundlagen für einen Fach-Krisenstab sowie eine Gesamtbilanz der Krisenorganisation des Bundes anhand der Lehren aus der Corona-Pandemie verlangten.

Auch das Parlament sollte als Lehre aus der Pandemie krisenresistenter gemacht werden. Aus verschiedenen, von Parlamentsmitgliedern eingereichten Ideen hatte die SPK-NR eine einzige Vorlage geschnürt, die 2022 von den Räten behandelt wurde. Dabei sollten aber weder der Bundesrat in seiner Macht beschränkt, noch neue Instrumente für das Parlament geschaffen werden – wie ursprünglich gefordert worden war. Vielmehr sah der Entwurf Möglichkeiten für virtuelle Sitzungsteilnahme im Falle physischer Verhinderung aufgrund höherer Gewalt und die Verpflichtung des Bundesrates zu schnelleren Stellungnahmen bei gleichlautenden dringlichen Kommissionsmotionen vor. Umstritten blieb die Frage, ob es statt der heutigen Verwaltungsdelegation neu eine ständige Verwaltungskommission braucht. Der Nationalrat setzte sich für eine solche ein, der Ständerat lehnte sie ab – eine Differenz, die ins Jahr 2023 mitgenommen wird.
Nicht nur die Verwaltungskommission, auch die Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation war umstritten. Die vom Nationalrat jeweils mit grosser Mehrheit unterstützte Idee, dass es neben der PUK und den Aufsichtskommissionen ein mit starken Informationsrechten ausgerüstetes Gremium geben soll, das als problematisch beurteilte Vorkommnisse in der Verwaltung rasch untersuchen könnte, war beim Ständerat stets auf Unwille gestossen. Auch nach einer Einigungskonferenz konnten sich die Räte nicht auf eine Lösung verständigen, woraufhin der Ständerat das Anliegen versenkte, zumal er die bestehenden Instrumente und Akteure als genügend stark erachtete.

Seit vielen Jahren Zankapfel zwischen den Räten ist die Frage nach der Höhe der Löhne in der Bundesverwaltung. In diesem Jahr beendete der Ständerat eine beinahe sechsjährige Diskussion dazu, indem er auf eine entsprechende Vorlage der SPK-SR auch in der zweiten Runde nicht eintrat, obwohl der Nationalrat deutlich für eine Obergrenze von CHF 1 Mio. votiert hatte. Die SPK-NR sorgte in der Folge mit einer neuerlichen parlamentarischen Initiative für ein Verbot von «goldenen Fallschirmen» für Bundeskader dafür, dass diese Auseinandersetzung weitergehen wird.

In schöner Regelmässigkeit wird im Parlament auch die Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit diskutiert. Zwei entsprechende Motionen wurden in diesem Jahr von der Mehrheit des Ständerats abgelehnt, da das aktuelle System, in welchem die Letztentscheidung dem direktdemokratischen Element und nicht der Judikative überlassen wird, so gut austariert sei, dass ein Verfassungsgericht nicht nötig sei. Freilich ist sich das Parlament der Bedeutung der obersten Bundesgerichte durchaus bewusst. Ein Problem stellt dort seit einiger Zeit vor allem die chronische Überlastung aufgrund der hohen Fallzahlen dar. Daher werde gemäss Justizministerin Karin Keller-Sutter mittelfristig eine Modernisierung des Bundesgerichtsgesetzes geprüft, kurzfristig sei eine Entlastung aber nur durch eine Erhöhung der Zahl der ordentlichen Richterinnen und Richter zu erreichen. Eine entsprechende parlamentarische Initiative der RK-NR hiessen beide Kammern gut, allerdings jeweils gegen die geschlossen stimmende SVP-Fraktion, die in der Erhöhung lediglich «Flickwerk» sah.

Die mittels direktdemokratischer Abstimmungen verhandelte Schweizer Politik zeigte sich 2022 einigermassen reformresistent. Nachdem im Februar gleich beide zur Abstimmung stehenden fakultativen Referenden (Gesetz über die Stempelabgaben und Medienpaket) erfolgreich waren, wurde in den Medien gar spekuliert, ob die Bundespolitik sich nun vermehrt auf Blockaden einstellen müsse. Allerdings passierten dann im Mai und im September 4 von 5 mittels Referenden angegriffenen Bundesbeschlüsse die Hürde der Volksabstimmung (Filmgesetz, Organspende, Frontex, AHV21). Einzig die Revision des Verrechnungssteuergesetzes wurde im September an der Urne ausgebremst. 2022 war zudem die insgesamt 25. Volksinitiative erfolgreich: Volk und Stände hiessen die Initiative «Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung» gut. Die beiden anderen Volksbegehren (Massentierhaltungsinitiative, Initiative für ein Verbot von Tier- und Menschenversuchen) wurden hingegen abgelehnt.

Dass in der Schweizer Politik manchmal nur ganz kleine Schritte möglich sind, zeigen die erfolglosen Bemühungen, den Umfang an Stimm- und Wahlberechtigten zu erhöhen. Der Nationalrat lehnte zwei Vorstösse ab, mit denen das Stimmrecht auf Personen ohne Schweizer Pass hätte ausgeweitet werden sollen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Stimmrechtsalter in naher Zukunft auf 16 gesenkt werden wird, hat sich im Jahr 2022 eher verringert: Zwar wies eine knappe Mehrheit des Nationalrats den Abschreibungsantrag für eine parlamentarische Initiative, welche eine Senkung des Alters für das aktive Stimmrecht verlangt und welcher 2021 beide Kammern Folge gegeben hatten, ab und wies sie an die SPK-NR zurück, damit diese eine Vorlage ausarbeitet. In zwei Kantonen wurde die Senkung des Stimmrechtsalters im Jahr 2022 an der Urne aber deutlich verworfen: in Zürich im Mai mit 64.8 Prozent Nein-Stimmenanteil, in Bern im September mit 67.2 Prozent Nein-Stimmenanteil.

Allerdings fielen 2022 auch Entscheide, aufgrund derer sich das halbdirektdemokratische System der Schweiz weiterentwickeln wird. Zu denken ist dabei einerseits an Vorstösse, mit denen Menschen mit Behinderungen stärker in den politischen Prozess eingebunden werden sollen – 2022 nahmen etwa beide Kammern eine Motion an, mit der Einrichtungen geschaffen werden, die helfen, das Stimmgeheimnis für Menschen mit Sehbehinderung zu gewährleisten. Zudem gaben National- und Ständerat einer parlamentarischen Initiative für die Barrierefreiheit des Live-Streams der Parlamentsdebatten Folge, damit auch hörgeschädigte Menschen diesen folgen können. Andererseits verabschiedete der Bundesrat die Verordnung zu den künftigen Transparenzbestimmungen bei Wahlen und Abstimmungen. Ob und wie die erstmals für die eidgenössischen Wahlen 2023 bzw. für das Finanzjahr 2023 vorzulegenden Kampagnen- und Parteibudgets die politischen Debatten beeinflussen werden, wird sich weisen.

Jahresrückblick 2021: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Rétrospective annuelle 2022

Rétrospective annuelle 2022 : Énergie

En 2022, le thème de l'énergie, et plus particulièrement la menace sur la sécurité de l'approvisionnement énergétique de la Suisse, a mis sous tension l'ensemble du réseau politique. Pour faire face à cette menace, le Conseil fédéral a été forcé d'ouvrir en urgence le tableau électrique helvétique. Il n'a pas été le seul à enfiler son bleu de travail. Politiciens et politiciennes, experts et expertes, ou même citoyens et citoyennes, n'ont pas hésité à s'exprimer pour soutenir ou court-circuiter la démarche gouvernementale. Ainsi, en 2022, l'analyse APS des journaux démontre que neuf pour cent des articles sur la politique helvétique traitaient du thème de l'énergie. Un pic, à dix-sept pour cent, notamment induit par les discussions sur la hausse des prix et les mises en consultation de diverses ordonnances du Conseil fédéral, a été enregistré à la rentrée de septembre 2022. En comparaison, le thème de l'énergie n'a représenté que 2.2 pourcent des articles sur la politique helvétique de 2016 à 2021.

La forte volatilité sur les marchés internationaux de l'énergie, renforcée par la guerre en Ukraine et les sanctions occidentales qui l'ont accompagnées, notamment dans le secteur du gaz, ainsi que la hausse des prix et de la demande en électricité, mais également l'instabilité des centrales nucléaires françaises ont plongé dans le noir la politique énergétique helvétique. Le Conseil fédéral a donc été obligé d'avancer à tâtons. Cette incertitude l'a forcé à décliner sa stratégie tout au long de l'année. Premièrement, le gouvernement a préconisé la création d'une réserve hydroélectrique et de centrales à gaz de réserve pour éviter un black-out électrique. Dans l'optique d'une «réserve hiver», la centrale à gaz de réserve de Birr (AG) devrait être opérationnelle en février 2023. En parallèle, le Conseil fédéral a adopté une ordonnance pour augmenter temporairement la production des centrales hydroélectriques en abaissant le débit résiduel d'eau. Deuxièmement, la conseillère fédérale Simonetta Sommaruga a suggéré une accélération et simplification des procédures d'autorisation pour les installations hydroélectriques et éoliennes de grandes tailles. Une initiative parlementaire pour accélérer les projets de parcs éoliens et les grands projets de centrales hydrauliques a également été déposée au Parlement. Troisièmement, pour faire face à la volatilité des prix de l'électricité et éviter un écroulement de l'approvisionnement électrique Suisse, le gouvernement a soumis au Parlement un mécanisme de sauvetage des entreprises électriques d'importance systémiques. Cette loi fédérale sur les aides financières subsidiaires (LFiEl) est une réponse aux manques de liquidités subies par Alpiq, à la fin décembre 2021, et au sauvetage d'Axpo en septembre 2022. Quatrièmement, le Conseil fédéral a présenté ses mesures prévues en cas de pénurie d'électricité. Ce plan en quatre étapes évolue de la demande de réduction de la consommation au délestage électrique par zone. Cinquièmement, le Conseil fédéral a lancé une campagne d'information intitulée «L'énergie est limitée. Ne la gaspillons pas». Cette campagne a pour objectif de renforcer l'efficacité énergétique en modifiant les habitudes de consommation des Helvètes. Sixièmement, la guerre en Ukraine a mis en lumière le rôle du gaz dans le mix énergétique Suisse. D'un côté, le Conseil fédéral a joué des coudes à l'internationale pour sécuriser des livraisons supplémentaires de gaz non russe, et également collaborer à la mise en place d'une réserve de gaz à l'échelle européenne. D'un autre côté, le Conseil fédéral a concrétisé son plan de gestion réglementé en cas de pénurie de gaz. Ce plan par étape prévoit, par exemple, une limite de température de 20 degrés Celsius à l'intérieur des bâtiments, ou encore des contingentements immédiats en cas de pénurie grave. Finalement, le gouvernement a institutionnalisé un état-major «Pénurie d'énergie».

Présentée en 2021, la loi fédérale relative à un approvisionnement en électricité sûr reposant sur des énergies renouvelables s'est également branchée sur le courant continu de 2022. L'électricité des débats sur la crise énergétique a envahi la Coupole fédérale et le Parlement a remodelé le projet de réforme de l'énergie avec des objectifs beaucoup plus ambitieux. Dans cette optique, le Conseil fédéral et le Parlement ont coupé le courant de la libéralisation du marché de l'électricité.

En parallèle des efforts gouvernementaux à court-terme, pour répondre à une menace urgente, le Parlement a validé une multitude d'objets parlementaires qui avaient pour objectif de sécuriser, à long-terme, l'approvisionnement énergétique suisse. De janvier 2022 à décembre 2022, le Parlement a adopté des motions, postulats et initiatives parlementaires pour renforcer l'efficacité énergétique, modifier les habitudes de consommation d'énergie des Helvètes, accélérer le remplacement des chauffages à énergie fossile, exploiter le stockage saisonnier de chaleur, réduire la période de référence de marquage de l'électricité, donner accès au réseau électrique aux personnes produisant leur propre électricité, exploiter la flexibilité de la consommation individuelle d'électricité, intégrer les acteurs de petite ou moyenne taille sur le marché de l'énergie de réglage, développer les réseaux intelligents, exploiter le parc de véhicules électrique pour stocker l'énergie excédentaire, évaluer le potentiel hydraulique de la fonte des glaciers, développer une stratégie nationale pour une production d'hydrogène neutre en CO2, encourager le remplacement des anciennes chaudières à bois, soutenir le développement du stockage de l'énergie solaire sous forme de gaz de synthèse, favoriser l'installation de panneaux photovoltaïques dans les décharges et carrières abandonnées, soumettre les inventaires fédéraux à l'approbation du Parlement, simplifier l'installation de pompes à chaleur et soutenir le biogaz indigène. Au final, il est intéressant de noter que la majorité de ces objets parlementaires ont été adoptés tacitement par les chambres. En 2022, le simple argument d'un renforcement potentiel de la sécurité d'approvisionnement suffisait pour convaincre la totalité du spectre politique.

Pour sa part, l'énergie solaire s'est retrouvée sous le feu des projecteurs. En 2022, une large majorité des réponses à la crise énergétique tournaient autour du soleil. En février, le Conseil fédéral clamait sa volonté de créer des conditions-cadres pour un boom du photovoltaïque en Suisse. Étant donné l'urgence de la situation, le Parlement a étudié la réquisition du moindre centimètre carré pour installer des panneaux photovoltaïques: le patrimoine immobilier de la Confédération, les murs antibruit, les façades, les toits et les couvertures existantes des CFF et de l'OFROU, les surfaces disponibles le long des routes nationales et les grandes surfaces dans les régions de montagne.

Si la politique helvétique s'est évertuée à stocker ou produire un maximum de kilowattheures, les débats sociétaux et économiques se sont véritablement concentrés sur la hausse du prix de l'énergie. La hausse du prix de l'essence a occupé tous les esprits durant le printemps et l'été 2022 et la hausse des prix de l'électricité pour 2023 a affolé les compteurs au début de l'automne. D'après les entrepreneurs helvétiques, la hausse du prix de l'énergie serait un fardeau plus lourd à porter que le franc fort ou le Covid-19. Dans un premier temps, le Conseil fédéral a mis sur pied un groupe de travail pour étudier différentes mesures pour aider les ménages et les entreprises face à la hausse des prix de l'énergie. Puis, plusieurs parlementaires ont déposé des objets pour soutenir les ménages à faibles revenus grâce à des aides financières temporaires, ou une allocation énergie. Néanmoins, ces propositions ont été balayées dans les chambres. À l'identique, le Conseil fédéral a finalement conclu, à partir des recommandations du groupe de travail, qu'il n'était pas nécessaires de prendre de mesures extraordinaires pour soutenir les entreprises ou les ménages face à la hausse des prix de l'énergie.

En dehors de la Coupole fédérale, les partis politiques ont mis toute leur énergie à trouver un coupable indigène à la crise énergétique actuelle. L'UDC a notamment déclaré que les maux énergétiques que la Suisse rencontre actuellement ne seraient que le fruit d'une mauvaise gestion du conseiller et des conseillères fédérales socialistes et démocrate-chrétienne qui se sont partagés le siège du Département fédéral de l'énergie depuis 1995. L'élection d'Albert Rösti, et la nouvelle répartition des départements, a fait écho à ces critiques. En effet, dès 2023, un agrarien sera à la tête du Département de l'environnement, des transports, de l'énergie et de la communication (DETEC). Sinon, la plupart des partis politique ont mijoté leur propre solution pour résoudre cette crise. Par exemple, le Parti socialiste a revendiqué une restructuration complète du marché de l'électricité. L'UDC a proposé la nomination d'un général de l'électricité et lancé une campagne d'affiches publicitaires sur la hausse du prix de l'essence. Mais surtout, le PLR a proposé la levée de l'interdiction de construire des nouvelles centrales nucléaires, décidée en mai 2017 lors de la votation populaire sur la Stratégie énergétique 2050. Un comité d'élus de partis de droite, et des représentant.e.s de l'économie, ont ainsi lancé l'initiative populaire «De l'électricité pour tous en tout temps». Ces débats sur l'atome ont eu lieu en parallèle de la décision de la Nagra d'entreposer les déchets nucléaires suisses sur le site des Lägern, entre les cantons d'Argovie et de Zürich.

En conclusion, la politique énergétique suisse a été marquée, d'un côté, par l'activité gouvernementale pour sécuriser l'approvisionnement énergétique helvétique à court-terme et l'unité des partis politiques pour adopter tacitement une multitude d'objets parlementaires liés à la sécurité de l'approvisionnement énergétique à long-terme. Alors que, d'un autre côté, les (en)jeux politiques dans la presse et la décision de ne pas aider les ménages et entreprises face à la hausse des prix de l'énergie, malgré les nombreux appels du pied relayés par la presse, ont également résonné en Suisse.

Rétrospective annuelle 2022: Énergie
Dossier: Rétrospective annuelle 2022

Jahresrückblick 2021: Raumplanung und Wohnungswesen

Weder Raumplanung noch Wohnungswesen gehörten 2021 zu den dominierenden politischen oder gesellschaftlichen Themen. Wie eine Auswertung von Zeitungsartikeln durch Année Politique Suisse zeigt, tangierten nur knapp ein Prozent der erfassten Artikel eines der beiden Themen (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang). Dieser Anteil ist damit klar tiefer als in den letzten beiden Jahren. In den Medien noch am meisten zu reden gaben die im Berichtsjahr stark gestiegenen Immobilienpreise, welche insbesondere im Juli für einen grossen Teil der Berichterstattung im Themenbereich verantwortlich waren. Nicht zuletzt wegen der relativ grossen Anzahl Artikel über den Immobilienmarkt wurden dieses Jahr erneut deutlich mehr Zeitungsartikel über das Wohnungswesen als über die Raumplanung verfasst. Letztere war in der Schweizer Presse im Berichtsjahr kaum je präsent.

Dass insgesamt relativ wenig über Raumplanung und Wohnungswesen berichtet wurde, hing wohl auch damit zusammen, dass die beiden Themen dieses Jahr verhältnismässig wenig durch die 2021 immer noch allgegenwärtige Covid-19-Pandemie beeinflusst waren. Am ehesten noch Thema war die Pandemie bei den Diskussionen um eine Lösung bei den Geschäftsmieten. 2020 waren die Geschäftsmieten noch ein allgegenwärtiges Thema im öffentlichen Diskurs gewesen. Diese Diskussionen setzten sich 2021 anfänglich fort, da weiterhin weder eine nationale Lösung für Unterstützungsmodelle noch ein richtungsweisendes Gerichtsurteil bezüglich der Frage, ob die Geschäftsmietenden ihre Miete aus den Lockdownmonaten schuldig waren, vorlagen. Aufgrund des im Januar gefällten bundesrätlichen Entscheids, die Härtefallgelder zu erhöhen, fielen die Diskussionen bezüglich den Geschäftsmieten 2021 jedoch etwas weniger hitzig aus als noch im Vorjahr und die Thematik verschwand nach und nach aus den Schlagzeilen. Gelöst war die Problematik damit jedoch noch nicht: Trotz den Härtefallgeldern gerieten zahlreiche Geschäftsmieterinnen und -mieter aufgrund der erneuten Schutzmassnahmen in finanzielle Schwierigkeiten, wie der im Juni veröffentlichte zweite Monitoringbericht Geschäftsmieten zeigte.

Das Parlament beschäftigte sich 2021 mit einigen wichtigen Vorlagen im Bereich Raumplanung und Wohnungswesen, die jedoch bis Ende des Jahres nicht abgeschlossen werden konnten. Die UREK-SR wagte im Berichtsjahr einen Neustart bei der zweiten Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes und gab im September einen entsprechenden Entwurf in die Vernehmlassung. Mit dieser neuen, etwas abgespeckten Vorlage will die Kommission unter anderem den Kantonen mehr Handlungsspielraum bezüglich des Bauens ausserhalb von Bauzonen gewähren. Ausserdem soll die Anzahl Bauten ausserhalb der Bauzonen mit Anreizen stabilisiert werden, weshalb die Kommission die Vorlage auch als indirekten Gegenvorschlag zur Landschaftsinitiative präsentierte. Der Bundesrat, der die Initiative ebenso wie das Parlament ablehnte, verzichtete daraufhin auf einen eigenen Gegenvorschlag.

Die WAK-SR machte vorwärts mit ihrem Versuch, den umstrittenen Eigenmietwert abzuschaffen. Das aktuelle System der Wohneigentumsbesteuerung sieht vor, dass die Besitzerinnen und Besitzer von selbstbewohntem Wohneigentum eine Steuer auf ihre theoretischen Mieteinnahmen zahlen müssen. Diese Steuer auf ein «fiktives Einkommen» ist vielen Wohneigentumsbesitzenden schon lange ein Dorn im Auge. Befürworterinnen und Befürworter einer Beibehaltung des Eigenmietwerts argumentieren hingegen, dass dieser steuerpolitisch sinnvoll ist und eine Abschaffung zudem grosse Mindereinnahmen für Bund und Kantone zur Folge haben könnte. Der Ständerat hiess die Vorlage der Kommission über den Systemwechsel in der Wohneigentumsbesteuerung in der Herbstsession gut.

Die WAK-NR nahm sich derweil einen weiteren Dauerbrenner vor: das Bundesgesetz über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland («Lex Koller»). Die Kommission forderte den Bundesrat in einer Motion auf, einen von der Regierung eigentlich bereits beerdigten Vorentwurf einer Revision der Lex Koller dem Parlament vorzulegen. Dank einem Umdenken der SVP-Fraktion passierte die Motion erfolgreich den Nationalrat. Sollte der Ständerat diesem Entscheid folgen, würden die Räte bald über Verschärfungen der Lex Koller diskutieren. Die kleine Kammer lehnte jedoch in der Sommersession eine andere Motion ab, welche ein im Vorentwurf enthaltenes Anliegen beinhaltete. Diese Motion hätte es nämlich in der Schweiz ansässigen aussereuropäischen Staatsangehörigen ermöglichen wollen, Anteilscheine von Wohnbaugenossenschaften zu erwerben, wodurch diese einen besseren Zugang zu günstigem Wohnraum erhalten hätten.

Die RK-NR machte sich schliesslich an die Umsetzung von vier parlamentarischen Initiativen – allesamt im Interesse der Vermieterschaft. Insbesondere die Verschärfungen der Regelungen zur Untermiete sowie die Erleichterung der Kündigung eines Mietverhältnisses bei Eigenbedarf dürften in den Räten noch zu intensiven Diskussionen führen. Eine «ausgewogene Revision der Mietzinsgestaltung», wie dies die RK-SR in einer Motion gefordert hatte, beachtete eine Mehrheit des Nationalrats hingegen als politisch derzeit nicht machbar, da die Positionen in den Räten sowie zwischen den Vertreterinnen und Vertretern der Mieter- und Vermieterschaft zu verhärtet seien. Daran änderte auch ein von Bundespräsident Guy Parmelin organisierter runder Tisch zum Mietrecht nichts. Aufgrund der Blockade im Parlament wurde in diesem Bereich auch 2021 der Rechtsprechung eine grosse Rolle zuteil – wie beispielsweise durch ein Urteil des Bundesgerichts, das in Fällen von angefochtenen starken Mietzinserhöhungen die Beweisführung für die Vermieterschaft erleichterte.

Jahresrückblick 2021: Raumplanung und Wohnungswesen
Dossier: Rétrospective annuelle 2021

Jahresrückblick 2021: Energie

Die Schweizer Energiepolitik im Jahr 2021 war zum einen geprägt von zwei grossen Geschäften – eines zur längerfristigen Förderung und zum Umbau der Energieversorgung und eines zu zwischenzeitlichen Übergangslösungen, um kurzfristig das Auslaufen bestehender Energiefördermassnahmen zu verhindern. Zum anderen stand in den Medien in erster Linie die Frage im Fokus, wie die Schweiz künftig – insbesondere auch ohne Stromabkommen mit der EU – eine Strommangellage während den Wintermonaten verhindern kann. Insgesamt interessierte sich die Presse im Jahr 2021 gemäss der APS-Zeitungsanalyse 2021 ähnlich stark für Energiepolitik wie in den Jahren 2018 und 2019 – einzig im Vorjahr hatte es Corona-bedingt einen deutlichen Einbruch in der Berichterstattung zu Energiefragen gegeben (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang).

Ein wichtiges Ereignis, das den Schweizer Energiemarkt im Jahr 2021 durchschüttelte, war der Abbruch der Verhandlungen über ein Rahmenabkommen mit der EU. Diese Absage an Brüssel vonseiten des Bundesrates Ende Mai hatte direkt zur Folge, dass das sektorielle Abkommen im Strombereich ebenfalls vorläufig auf Eis gelegt wurde. Von einem bilateralen Stromabkommen erhofften sich beide Seiten eine verbesserte Zusammenarbeit im internationalen Stromhandel und eine Verbesserung der Stromversorgungssicherheit. Vornehmlich in den Medien wurde darüber diskutiert, wie die Schweiz ohne Abkommen mit der EU die Stromversorgung sicherstellen kann. Das Ausmass dieser Diskussionen verdeutlichte auch die APS-Zeitungsanalyse 2021, die im Sommer einen deutlichen Anstieg der medialen Berichterstattung über Energiefragen feststellte (vgl. Abbildung 1 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang).

Einen Coup bei der Frage nach der Stromversorgungssicherheit landete Bundesrat Guy Parmelin im Herbst mit einer Videobotschaft an Vertreterinnen und Vertreter der Wirtschaft. Im Video warnte der Wirtschaftsminister davor, dass die Schweiz schon in wenigen Jahren mit einer Strommangellage rechnen müsse. So würden Stromlieferungen aus der EU in die Schweiz ab 2025 zurückgehen, da die Union ab dann vorschreibt, dass 70 Prozent des grenzüberschreitenden Stromhandels innerhalb des EU-Strombinnenmarktes – dem die Schweiz ohne Stromabkommen nicht angehört – stattfinden muss. Guy Parmelin forderte die Schweizer Unternehmen deshalb auf, sich Konzepte zur kurzfristigen Reduktion von stromintensiven Produktionen zu überlegen, um einen Zusammenbruch des Stromnetzes zu verhindern. Die Frage einer allfälligen Stromknappheit war zwar nicht neu, dennoch griffen die Medien dieses Thema erneut stark auf – wie auch ein Blick auf die APS-Zeitungsanalyse verdeutlicht – und spekulierten, ob allenfalls in wenigen Jahren schon einzelne Trams und Züge im Winter nicht mehr würden fahren können, sollte die Nachfrage das Angebot an Strom in der Schweiz übersteigen. Die warnenden Worte vor einer Strommangellage veranlassten Skeptikerinnen und Skeptiker der Energiewende gar dazu, die Energiestrategie 2050 für gescheitert zu erklären. Zudem kursierten verschiedenste Ideen, wie der heiklen Lage begegnet werden sollte. Während beispielsweise die ElCom erneut die Idee von Gaskombikraftwerken in die Debatte einbrachte, die bei Strommangellagen kurzfristig einspringen und die nötige Strommenge ins Netz einspeisen könnten, stellten insbesondere Vertreterinnen und Vertreter der SVP die Forderung nach einem Neubau oder zumindest dem langfristigen Weiterbetrieb der Schweizer AKWs in den Raum.

Energieministerin Simonetta Sommaruga hatte dem Parlament bereits im Sommer die Botschaft für das Bundesgesetz über eine sichere Stromversorgung mit erneuerbaren Energien vorgelegt und gab damit den Fahrplan und den Lösungsansatz des Bundesrates für den Stromsektor bekannt. Nach Ansinnen der Energieministerin soll der Ausbau von erneuerbaren Energien – und damit die inländischen Kapazitäten – stark gefördert und gleichzeitig eine Stromreserve für den Winter geschaffen werden, damit die Schweiz ihre Stromversorgung zukünftig verstärkt eigenständig gewährleisten kann. Gleichzeitig wollte die Energieministerin eine seit Jahren im Raum stehende Forderung nach einer vollständigen Liberalisierung des Schweizer Strommarktes in das Gesetzespaket aufnehmen. Dieses System ist in der EU seit Jahren Realität und bildet unter anderem eine Voraussetzung vonseiten der Union für den Abschluss eines sektoriellen Stromabkommens mit der Schweiz.

Obwohl das Parlament die Pläne der Energieministerin zur Kenntnis genommen hatte, wollte es im Hinblick auf die lange Planungszeit kein Risiko eingehen und bereits eine Übergangslösung schaffen, um Ende 2022 ein Auslaufen einiger im ersten Energiepaket der Energiestrategie 2050 festgelegten Energieförderungsmassnahmen zu verhindern. Im Rahmen einer parlamentarischen Initiative stellte das Parlament deshalb in der Herbstsession im Eiltempo bereits Weichen für die zukünftige Energiepolitik, obwohl die Vorlage ursprünglich nur als Übergangslösung angedacht gewesen war. Demnach soll für Sonnen-, Wind-, Geothermie- und Wasserkraftanlagen eine Förderung mittels Investitionsbeiträgen von bis zu 60 Prozent der Kosten eingeführt werden, wodurch die bisher vorherrschende Praxis von Einspeisevergütungen durch Einmalvergütungen ersetzt wird. Zudem verlängerte das Parlament die Marktprämie bei bestehenden Grosswasserkraftanlagen sowie den maximalen Wasserzins bis Ende 2030.

In verschiedenen kleineren Geschäften machte das eidgenössische Parlament zudem Schritte in Richtung einer Verbesserung der Rahmenbedingungen für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Vor allem der Nationalrat setzte Zeichen für einen Wandel in der Energiepolitik, indem er beispielsweise als Erstrat stillschweigend ein vereinfachtes Verfahren bei der Erstellung von Fotovoltaikanlagen in Industriegebieten befürwortete oder den Ausbau der Fotovoltaik auf den Dächern von Immobilien des Bundes vorantreiben wollte. Ein angenommenes Postulat soll zudem das Potenzial von Fotovoltaikanlagen auf Gebäuden der Schweizer Armee eruieren. Stillschweigend passierte auch eine steuerpolitische Regelung die beiden Räte, sodass nachträgliche, energetisch sinnvolle Investitionen bei Neubauten zukünftig schon nach wenigen Jahren steuerlich abzugsfähig werden. Gleichzeitig wollte der Nationalrat sicherstellen, dass die bestehenden Stromnetze möglichst effizient genutzt werden und teure Kapazitätsausbauten aufgrund dezentraler, erneuerbarer Energieproduktionsstätten verhindert werden, indem mit flexibleren Preisen die Nutzung besser geglättet werden kann.

An ein heisses Eisen wagte sich schliesslich die UREK-NR im August 2021: Sie befürwortete eine parlamentarische Initiative, mit der die nationalen Nutzungsinteressen bei einem Projekt zum Ausbau der erneuerbaren Energien zukünftig gegenüber anderen Interessen, wie beispielsweise dem Schutz der Umwelt, als vorrangig erachtet werden sollen. Diese Frage hatte bereits in verschiedensten Beratungen zu hitzigen Diskussionen geführt – die parlamentarische Beratung zur Initiative stand bis Ende 2021 jedoch noch aus. In eine ähnliche Richtung zielte eine Motion, welche den Prozess der Interessenabwägung zeitlich verkürzen möchte, damit der Ausbau der erneuerbaren Energien von nationalem Interesse rascher vonstatten geht – dieses Anliegen hiess der Nationalrat gut.

Jahresrückblick 2021: Energie
Dossier: Rétrospective annuelle 2021

Rétrospective annuelle 2021: Problèmes politiques fondamentaux

Encore agitée par la pandémie de Covid-19, l'année 2021 s'est caractérisée par un climat politique mouvementé. Mis à part les tensions liées à la crise sanitaire, le clivage entre villes et campagne s'est également retrouvé sur le devant de la scène. Divers événements, tels que le championnat d'Europe de football, la fête nationale ou les jeux olympiques, ont mis du baume au cœur de la population et ont contribué à renforcer la cohésion nationale. Au niveau parlementaire, peu d'objets concernant les problèmes politiques fondamentaux se sont retrouvés à l'agenda de l'Assemblée fédérale.

Au début de l'année 2021, le conseiller fédéral Alain Berset revenait sur la résilience dont a fait preuve la population suisse en 2020 face à la pandémie. Il constatait néanmoins que la vague de solidarité du début s'était essoufflée lors de la deuxième vague, à l'automne 2020. Cette tendance s'est confirmée au cours de l'année 2021. Alors que les restrictions perduraient durant l'hiver, l'arrivée du vaccin donnait des signes d'espoir d'un retour à la normale, qui se faisait cependant attendre. Au printemps 2021, la population manifestait son ras-le-bol à plusieurs reprises. C'est en particulier la jeunesse qui souffrait de la situation, comme le démontrait une étude effectuée durant le confinement. Dans ce contexte d'incertitudes, certain.e.s politicien.ne.s s'exprimaient avec véhémence à l'encontre de la politique du Conseil fédéral. Pour être précis, l'UDC se positionnait en défenseur d'une partie de la population réfractaire aux mesures sanitaires. La mise en place du certificat sanitaire augmentait les tensions d'un cran, créant selon ses opposant.e.s des disparités entre les personnes vaccinées et celles qui ne l'étaient pas.

Evoquée à maintes reprises par la presse, la dégradation du climat politique s'est traduite par une augmentation des menaces à l'encontre du personnel politique. Comme le montrent les chiffres de Fedpol pour l'année 2020, une augmentation des messages «litigieux» adressés aux parlementaires fédéraux a été constatée. D'autres thèmes que la pandémie ont attisé des tensions: les deux initiatives anti-pesticide, soumises à votation en juin, ont suscité des débats houleux. Plutôt bien accueillies dans les villes, celles-ci ont été largement refusées dans les campagnes. La forte mobilisation du monde rural à cette occasion a également entraîné le refus de la loi sur le CO2. Voyant là un potentiel d'électeurs et électrices en vue des prochaines élections fédérales, l'UDC a profité de la fête nationale pour déployer sa stratégie d'opposition entre les villes et les campagnes. Traitant les villes rose-vertes de «parasites», le président du parti agrarien Marco Chiesa a jeté de l'huile sur le feu, insistant ainsi sur un clivage apparu à l'occasion de plusieurs votations ces dernières années.

Dans un registre plus fédérateur, le 1er août a été placé sous le sceau des 50 ans du droit de vote des femmes, introduit en 1971. Pour commémorer cet anniversaire, plus de 500 femmes en provenance de toute la Suisse se sont réunies sur la prairie du Grütli le premier août. En présence des conseillères fédérales Simonetta Sommaruga et Viola Amherd, l'occupation de ce bastion historiquement masculin par une audience presque exclusivement féminine a représenté un symbole fort. La Suisse s'apprête à fêter un autre anniversaire en 2023, année qui marquera les 175 ans de l'adoption de la première Constitution fédérale, en 1848. Dans cette optique, les députés Beat Flach (pvl, AG) et Hans Stöckli (ps, BE) ont demandé dans une motion aux Services du Parlement d'organiser des festivités. En outre, des motions demandant la création d'un lieu de commémoration officiel des victimes du national-socialisme en Suisse ont été acceptées par les chambres fédérales. Ces motions de Daniel Jositsch (ps, ZH) et Alfred Heer (udc, ZH) s'inscrivaient dans les traces de nombreux objets parlementaires exprimant la même volonté mais n'ayant jamais aboutis.

Si des divisions sont apparues au sein de la population, plusieurs événements, notamment sportifs, ont permis de retrouver un sentiment d'unité nationale. Largement relayée par les médias, la performance historique de l'équipe nationale suisse de football lors du championnat d'Europe a déclenché la ferveur des supporters et supportrices. L'autre événement sportif phare de l'été, à savoir les jeux olympiques de Tokyo, a notamment été le théâtre d'un triplé des suissesses lors de l'épreuve de VTT. Alors que ce sport a connu un succès grandissant avec la pandémie, la presse n'a pas manqué de rappeler les raisons qui font de la Suisse la nation du VTT.

Vue de l'étranger, la Suisse est perçue de manière positive, indique Présence Suisse dans son rapport pour l'année 2020. En prenant la huitième place du Nation Brands Index, la Suisse est le premier pays de taille moyenne de ce classement. Comme les années précédentes, le pays occupe les premières positions de plusieurs rankings. En effet, le Global Wealth Report 2021 désigne la Suisse en tant que pays avec la richesse moyenne par adulte la plus élevée, alors qu'elle serait le troisième pays le plus heureux du monde selon le World Happiness Report 2021.

En 2021, la thématique des problèmes politiques fondamentaux s'est frayée une place significative dans l'espace médiatique. En effet, plus de 2 pour cent des articles de presse étaient consacrés à ce thème, alors que ce taux naviguait autour de 1.5 pour cent les années précédentes. Avec les nombreuses coupures de presse relatant la performance de la Suisse à l'Euro ainsi que l'approche de la fête nationale, le mois de juillet a connu la plus forte part des articles consacrés à ce chapitre (presque 4%; cf. figure 1 sur l’évolution des médias 2021 en annexe).

Rétrospective annuelle 2021: Problèmes politiques fondamentaux
Dossier: Rétrospective annuelle 2021

Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik

Nach dem Jahr 2020, das auch im Bereich der Aussenpolitik mehrheitlich von der Covid-19-Pandemie dominiert worden war, kehrten 2021 wieder andere Themen ins Scheinwerferlicht zurück. Allen voran gewannen die Beziehungen zur EU aufgrund unvorhergesehener Ereignisse an Salienz. Die Zeitungsanalyse 2021 von Année Politique Suisse unterstreicht diese Entwicklung eindrücklich: Zeitungsartikel zu den Beziehungen zwischen der Schweiz und Europa machten im vergangenen Kalenderjahr rund die Hälfte aller Artikel im Themenbereich Aussenpolitik aus (vgl. Abbildung 2 der APS-Zeitungsanalyse 2021 im Anhang).

Hauptgrund für die Prominenz der bilateralen Beziehungen in den Medien dürfte das Ende der Verhandlungen über das Rahmenabkommen mit der EU im Mai 2021 gewesen sein. Zwar widerspiegelte der mediale Tonfall nach dem Treffen zwischen Bundespräsident Parmelin und EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen Ende April die Hoffnung, dass sich die Verhandlungen in eine weitere Runde würden retten können, doch die Reaktionen aus Politik und Wirtschaft zeigten die verhärteten Fronten in der Diskussion in der Schweiz auf. Auch das Parlament übte Ende April/Anfang Mai zunehmend Druck auf den Bundesrat aus, endlich neue Ansätze in die seit längerem blockierten Verhandlungen zu bringen. Ein Abbruch der Verhandlungen schien für den Bundesrat schliesslich angesichts der bestehenden Differenzen unvermeidlich, wobei die einseitige Entscheidung von der EU überhaupt nicht begrüsst wurde. Verschiedene politische und zivilgesellschaftliche Akteure wie die SP und die Operation Libero drängten nach dem Verhandlungsabbruch auf neue Lösungsansätze, der polarisierendste zielte gar auf einen EU-Beitritt ab. Eine in der Folge rasch ergriffene Massnahme betraf die seit 2019 blockierte zweite Kohäsionsmilliarde, die auf Initiative des Bundesrats in der Herbstsession von beiden Räten freigegeben wurde. Nachdem dieser zweite Schweizer Beitrag aufgrund der Nichtverlängerung der Börsenäquivalenz 2019 blockiert worden war, erhoffte sich der Bundesrat von der Freigabe nun die Assoziierung an Horizon Europe.

Die Verschlechterung der Beziehungen zur EU hatte sich zu Beginn des Jahres noch nicht unbedingt abgezeichnet. Im März hatte der Bundesrat die Botschaft zur Prümer Zusammenarbeit und dem Eurodac-Protokoll veröffentlicht und damit die Grundlage für eine vertiefte Kooperation mit der EU in Sachen Kriminalitätsbekämpfung gelegt. Diese waren in den beiden Räten unbestritten und wurden einstimmig angenommen. Auch ein weiteres Geschäft im Rahmen der Schengen-Weiterentwicklung, die Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen, fand im Ständerat eine grosse Mehrheit. Etwas umstrittener gestalteten sich die Ratsdebatten über die Schweizer Beteiligung an der Weiterentwicklung von Frontex und über eine dafür nötige Revision des AIG. Da die Räte und die vorberatenden Kommissionen der EU-Migrationspolitik kritisch gegenüberstanden, brachten sie Ausgleichsmassnahmen in die Vorlage ein, um der humanitären Tradition der Schweiz gerecht zu werden. In der Folge wurde vor allem über deren Ausgestaltung diskutiert und weniger über den Frontex-Beitrag, der personelle und finanzielle Mittel umfasste und aufgrund der drohenden Beendigung der Schengen-Assoziierung bei einer Nichtübernahme unbestritten schien.

Deutlich positiver als die EU-Politik liest sich die Bilanz der Schweiz im Hinblick auf die Kooperation mit einzelnen europäischen Staaten. Die bilateralen Beziehungen zum Vereinigten Königreich im Nachgang des Brexit nahmen 2021 weiter Form an. Im Januar nahm der Ständerat als Zweitrat eine Motion Cottier (fdp, NR) an, die eine vertiefte Handelsbeziehung im Rahmen der «Mind the Gap-Strategie» des Bundesrats verlangte. Zudem veröffentlichte der Bundesrat im Juni die Botschaft zum Abkommen mit dem Vereinigten Königreich über die Mobilität von Dienstleistungserbringenden, durch das die Schweiz einen vereinfachten Zugang zum britischen Arbeitsmarkt erhalten soll. Dieses nahm die kleine Kammer in der Wintersession einstimmig an. Auch die Nutzung des französischen Satellitensystems «Composante Spatiale Optique» wurde von beiden Räten ohne grösseren Widerstand angenommen.

Auch in der Aussenwirtschaftspolitik ereignete sich im vergangenen Jahr einiges, angefangen mit der Abstimmung über das Freihandelsabkommen mit Indonesien, welches die Schweizer Bevölkerung im März mit 51.6 Prozent Ja-Stimmen knapper als erwartet annahm. Deshalb werteten auch die unterlegenen Gegner und Gegnerinnen des Abkommens dieses Resultat als Erfolg, insbesondere im Hinblick auf das Freihandelsabkommen mit dem Mercosur, welches gemäss geltender Gesetzgebung automatisch dem fakultativen Referendum unterstellt werden soll. Erwähnenswert war im Kontext des Aussenhandels auch die Anpassung des Embargogesetzes, durch die das Einfuhrverbot von Feuerwaffen, Waffenbestandteilen, Munition und weiteren Gütern aus Russland und der Ukraine fortgeführt werden konnte und die es dem Bundesrat erlaubt, in vergleichbaren Situationen nicht mehr die Bundesverfassung für ein Embargo bemühen zu müssen.

Deutlich weniger Veränderungen als in anderen Jahren gab es bei den Beziehungen zu internationalen Organisationen. Hervorzuheben ist hier die Sistierung des UNO-Migrationspakts durch den Ständerat, welcher die Ergebnisse der Subkommissionen der aussenpolitischen Kommissionen zum Thema «Soft Law» abwarten wollte. Ebenfalls von Bedeutung waren die Bewilligung der von der WAK-SR geforderten ständigen parlamentarischen Delegation bei der OECD durch die beiden Räte in der Herbstsession und die Ratifikation der ILO-Übereinkommen 170 und 174.

Einen Bedeutungsaufschwung erlebten die bilateralen Beziehungen der Schweiz mit China, was sich in einer Vielzahl an parlamentarischen Vorstössen äusserte. Auslöser für die rege Tätigkeit des Parlaments war die mit Spannung erwartete Publikation der Schweizer China-Strategie im März. Diese wurde unter anderem für ihren unklaren Umgang mit den chinesischen Menschenrechtsverletzungen kritisiert, weshalb die aussenpolitischen Kommissionen der Räte selbst aktiv wurden. Bereits vor Veröffentlichung der China-Strategie hatte die APK-NR in der Frühjahrssession einen Bericht zur Umsetzung des bilateralen Menschenrechtsdialogs eingefordert – mit diesem sollte die China-Strategie beurteilt werden. Auch die Situation der tibetischen Exilgemeinschaft in der Schweiz, die laut APK-NR unter der zunehmenden Einflussnahme Chinas leidet, wurde in der Frühjahrssession thematisiert. Kurz darauf engagierte sich die APK-NR auch in diesem Themenfeld: Mittels Motion forderte sie einen stärkeren Fokus der Schweiz auf die Förderung der Menschenrechte in China, der auch in der Schweizer China-Strategie zum Ausdruck kommen sollte. Die Motion wurde vom Nationalrat zwar befürwortet, aber vom Ständerat abgelehnt. Die APK-NR war es auch, die den Bundesrat im Sommer mit einem Postulat ins Schwitzen brachte, das die Prüfung von vertieften Beziehungen mit Taiwan – unter anderem auf politischer Ebene – forderte, was ganz und gar nicht zur Ein-China-Politik der Schweiz passte und vom Bundesrat daher abgelehnt wurde. Anders sah dies der Nationalrat, der das Postulat überwies. Etwas allgemeiner ging die APK-SR vor, die in einer von ihrem Rats bereits unterstützten Motion eine Institutionalisierung des zwischenstaatlichen Austauschs und der Koordination von Schweizer Akteuren mit China verlangte, um die politische Kohärenz der China-Politik sicherzustellen.

Zu kleineren Ausschlägen in der APS-Zeitungsanalyse 2021 führten zudem die Guten Dienste der Schweiz (vgl. Abbildung 1). Im Juni fand in Genf das viel beachtete Treffen zwischen US-Präsident Biden und dem russischen Präsidenten Putin statt, das von den Bundesräten Cassis und Parmelin genutzt wurde, um die Bedeutung des internationalen Genfs als Standort für interdisziplinäre Kooperation hervorzuheben. Im August verstärkte sich die Berichterstattung in diesem Themenbereich aufgrund der durch die Machtübernahme der Taliban ausgelösten Krise in Afghanistan. In deren Wirren evakuierte die Schweiz ihr DEZA-Kooperationsbüro in Kabul und vergab den lokalen Mitarbeitenden der Schweizer Aussenstellen insgesamt 230 humanitäre Visa. Im Bereich der Menschenrechte hatte der Bundesrat noch vor diesen beiden Grossereignissen die Leitlinien Menschenrechte 2021-2024 publiziert.

Die vorübergehenden Lockerungen der globalen Corona-Massnahmen machte sich im EDA vor allem anhand der Auslandreisen von Aussenminister Cassis bemerkbar. Nach einem mageren 2020 schien der EDA-Vorsteher 2021 einiges nachzuholen und reiste in mehrere Länder, die im Fokus der Schweizer MENA-Strategie standen, darunter Algerien, Mali, Senegal, Gambia, Irak, Oman, Libanon, Libyen und Saudi-Arabien. Von besonderer Bedeutung war der Staatsbesuch in der Ukraine, den Cassis zum Anlass nahm, um den Vorbereitungsprozess für die Ukraine-Reformkonferenz 2022 einzuläuten.

Jahresrückblick 2021: Aussenpolitik
Dossier: Rétrospective annuelle 2021

Fin d'année rime traditionnellement dans la presse avec bilan des douze mois écoulés et perspectives des douze prochains. Avec son caractère hors du commun, 2020 n'a pas dérogé à cette règle. C'est dans cette optique que Le Temps a réuni pour une heure de discussion Alain Berset et Alexandre Jollien. Le conseiller fédéral et le philosophe ont échangé leurs réflexions sur la crise du Covid-19 et ses incertitudes. Si Alain Berset a souligné que «l'absence de certitudes est précisément ce qui caractérise le mieux une crise», Alexandre Jollien, qui a été confiné enfant et adolescent dans une institution pour personnes en situation de handicap, a rappelé que «certains n'ont pas eu besoin de cette crise pour se prendre l'imprévu dans la figure». Pour lui, les personnes malades ou en situation de handicap étaient déjà conscientes avant cela que «l'imprévu, le tragique de l'existence constituent un monde». Cependant, c'est collectivement que la société y a été confrontée avec la pandémie. Le retour de la collectivité a marqué Alain Berset: «Avec cette crise, l'individualisme martelé durant des décennies comme un idéal s'est effondré. Dès qu'une crise apparaît, le collectif s'impose.» Le conseiller fédéral fribourgeois a apprécié la solidarité entre des personnes qui ne se connaissaient pas, notamment lorsque la jeunesse proposait des services aux plus âgé.e.s, qui devaient éviter de sortir de chez eux au plus fort de la première vague, ainsi que la cohésion symbolisée par les applaudissements quotidiens adressés au personnel soignant. Il a cependant relevé que la deuxième vague a brisé cette union sacrée, provoquant un contrecoup compréhensible: «Après dix mois d'incertitudes, nous sommes toutes et tous épuisés.» Lui le premier, puisqu'il a avoué que cette crise, «le pire choc dans [sa] carrière politique», l'a porté «aux limites physique de ce que l'on peut supporter dans le travail». Répondant à Alexandre Jollien, qui lui demandait comment il fait pour «ne pas être bouffé par les critiques», le conseiller fédéral a confié n'avoir que peu lu les médias ou passé de temps sur les réseaux sociaux, laissant son équipe jouer le rôle de «filtre» afin de se concentrer sur ses responsabilités. Il a également souligné que le Conseil fédéral avait «toujours eu la conviction d'avoir pris les bonnes décisions pour le pays».

Dans un entretien accordé au Temps, Simonetta Sommaruga a également défendu les décisions prises par le Conseil fédéral durant l'année. Tirant le bilan de son année de présidence, la conseillère fédérale a notamment relevé que les mesures prises en octobre, qui laissaient une grande marge de manœuvre aux cantons, ont été très appréciées sur le moment, bien qu'elles furent ensuite passablement critiquées. Elle concède cependant avoir sous-estimé le fait qu'il n'est pas facile de «trouver un chemin commun au sein des 26 gouvernements cantonaux». La pandémie constitue en ce sens un grand défi pour le fédéralisme, selon la bernoise. Soulignant l'importance d'être honnête et transparente, la ministre socialiste a avoué s'être parfois trompée, par exemple à propos du port du masque dans les transports publics, qui aurait probablement dû être rendu obligatoire plus tôt. A la question de savoir si le virus, qui a fortement touché la Suisse durant la seconde vague, a écorné l'image du pays à l'étranger, la présidente a rétorqué que l'image n'est pas primordiale. C'est la situation réelle qui est préoccupante, en particulier le nombre de décès. Elle a ainsi envoyé des pensées «aux personnes qui n'ont pas pu prendre congé de leurs proches dans des conditions dignes».
Simonetta Sommaruga est également revenue sur d'autres moments forts qui ont émaillé son année présidentielle. Si de nombreux voyages ont dû être annulés, elle a néanmoins pu se rendre en Ukraine fin juillet. Là-bas, elle s'est rendue sur la ligne de front du conflit avec le président Volodymyr Zelensky. Malgré les menaces et la peur, les deux dirigeants ne se sont pas laisser intimider. La présidente a ainsi confié avoir entendu Zelensky dire à un de ses gardes: «She is a strong lady» («Elle est une femme forte»). Le reste de son agenda diplomatique s'est majoritairement résumé à des visioconférences ou des appels téléphoniques. Elle a aussi été marquée par la mobilisation des jeunes pour le climat. L'occupation par des activistes de la place fédérale en septembre a permis de rappeler que la crise climatique n'a pas disparu avec l'arrivée de celle du Covid-19. L'occasion pour elle de souligner que le peuple votera en 2021 sur la loi sur le CO2. 2021 sera aussi l'année des 50 ans du droit de vote des femmes: la ministre avait 11 ans lors de son introduction en 1971. Elle a raconté se souvenir du moment où sa mère a pu voter pour la première fois, sans devoir se contenter de regarder son père le faire. Quand elle était encore ministre de la justice, elle s'est battue pour la loi sur l'égalité, entrée en vigueur en juillet 2020. Elle rappelle cependant que si sur le papier, l'égalité existe, il reste dans les faits de nombreux progrès à faire: «Durant la crise, ce sont beaucoup les femmes qui ont dû s'occuper des enfants, du ménage en plus de leur job.»

En 2021, c'est Guy Parmelin qui a succédé à Sommaruga à la présidence de la Confédération. Dans un entretien accordé à La Liberté, il a lui aussi mis en avant le rôle du Conseil fédéral, qui doit s'assurer de l'adhésion de la population aux mesures sanitaires. En ce sens, il est important pour lui que le gouvernement travaille en équipe, malgré les critiques émanant des partis envers certains conseillers fédéraux. S'il compte se rendre à l'étranger si cela est possible, le vaudois perçoit cependant sa présidence comme tournée vers l'intérieur du pays. De nombreux défis l'attendent, que ce soit au niveau de la gestion sanitaire de la crise, mais également sur le front des aides économiques aux entreprises. Le président aura également un rôle crucial à jouer sur le dossier de l'accord-cadre avec l'Union européenne. Si son parti combat cet accord, Guy Parmelin relève que le peuple suisse a dit clairement qu'il ne voulait pas abandonner la voie bilatérale lors de la votation sur l'initiative de limitation en septembre 2020.

Perspectives globales et solidarité
Dossier: Rétrospectives sur les années précédentes et perspectives d'avenir dans la presse

Jahresrückblick 2020: Politische Grundfragen

Viele der in den Medien diskutierten politischen Grundfragen waren 2020 gesellschaftlicher, historischer und auch prospektiver Natur; politische Geschäfte zu diesem Thema wurden in den Räten keine behandelt. Grossen Einfluss auf die Themen, vor allem in der ersten Jahreshälfte, hatte wie auch andernorts die Corona-Pandemie.

So beeinflusste das Coronavirus den nationalen Zusammenhalt und die Stimmungslage in der Bevölkerung. Während der Corona-bedingten ausserordentlichen Lage im Frühling stellte die Schweizer Bevölkerung ihre Hilfsbereitschaft unter Beweis, wie die Medien während dem Lockdown ausgiebig berichteten: Viele Schweizerinnen und Schweizer erlebten demnach von ihren Mitmenschen eine Welle der Solidarität. Der Lockdown führte anfänglich aber auch vermehrt zu Angst in der Bevölkerung vor dem Virus, da die einschneidenden Massnahmen dieses greifbar machten und eine psychische Belastung darstellten, wie die Presse und eine Umfrage des LINK-Instituts festhielten. Die Pandemie machte auch bestehende politische und kulturelle Differenzen sichtbar: Die normalerweise als Röstigraben bekannte Sprachgrenze verkam 2020 zum Coronagraben. Die Bezeichnung war den ungleich höheren Infektionszahlen in den lateinischsprachigen Kantonen geschuldet, begründet etwa mit deren geographischer Nähe zu den stärker von der Pandemie betroffenen Ländern Italien und Frankreich.
Ferner wurde in der Presse darüber gemutmasst, inwiefern die Coronakrise die Welt und insbesondere die Schweiz nachhaltig beeinflussen wird, und Kritik an den zur Bekämpfung der Pandemie getroffenen Massnahmen geäussert: So nahm etwa Schriftsteller und Literaturpreisträger Lukas Bärfuss mittels eines Essays im Sonntags-Blick mehrmals zur Coronakrise Stellung.
Zu reden gab schliesslich auch die Frage, wie ein Nationalfeiertag in Zeiten von Corona gebührend abgehalten werden könne. Vielerorts konnte der Feiertag nicht oder aufgrund der geltenden Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie nur unter Einschränkungen begangen werden. Auch die Feier auf dem Rütli fand unter speziellen Umständen statt: Unter Ausschluss der Öffentlichkeit und nur vor geladenen Gästen hielt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga ihre Erste-August-Rede.

Natürlich tat sich auch Abseits von Corona einiges: Mit 2020 brach ein neues Jahrzehnt an und das bot Anlass, auf die vergangene Dekade zurückzublicken. Die Sonntagszeitung publizierte gleich zu Jahresbeginn eine Retrospektive, welche die gesellschaftlichen und technischen Errungenschaften der 2010er-Jahre thematisierte. In einigen Zeitungen versuchte man derweil, unter Beizug von Zukunftsforschern auch das neue Jahrzehnt zu deuten und mögliche Entwicklungen vorauszuahnen. Thematisch dominierten der Klimawandel, geopolitische Einschätzungen und allerlei technologische Entwicklungen diese Einschätzungen.

Zur Gedenkfeier der sich zum 75. Mal jährenden Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27. Januar 1945 reiste Bundespräsidentin Sommaruga nach Polen und legte einen Kranz für die Opfer des Lagers nieder. Ein Buch arbeitete das Schicksal der in den Konzentrationslagern getöteten Schweizerinnen und Schweizer auf, ferner forderte die ASO eine Gedenkstätte für ebendiese ermordeten Schweizerinnen und Schweizer. Des Weiteren jährte sich in den Jahren 2019 respektive 2020 der Beginn des Zweiten Weltkriegs zum 80. und das Ende des Krieges zum 75. Mal. Ausgesprochen häufig wurde in den Medien in der Folge über die unzähligen Aspekte des Krieges und dessen Auswirkungen auf die Schweiz berichtet.

Das Image der Schweiz im Ausland untersuchte die dafür zuständige Stelle des Bundes «Präsenz Schweiz». Dieses sei für das Untersuchungsjahr 2019 «gut und stabil gewesen», wie im Februar 2020 bekannt gegeben wurde. Thematisch hatten etwa der Frauenstreik, die Europapolitik oder die Gletscherschmelze besonders grosse Strahlkraft in ausländischen Medien, wenn diese über die Schweiz berichteten.
Nachdem der Bund im Zuge der letztjährigen Spendenaffäre im Zusammenhang mit dem Expo-Pavillon an der Weltausstellung 2020 in Dubai in die Kritik geraten war, hatte das EDA laut Medienberichten Mühe, die fehlenden Gelder für die Ausstellung zusammenzutragen. Am 29. Mai teilte dann das BIE mit, die Ausstellung in Dubai werde wegen der Corona-Pandemie verschoben und neu vom 31. Oktober 2021 bis 31. März 2022 stattfinden. Damit bleibt dem Bund noch etwas Zeit, die nötige Finanzierung sicherzustellen.
Nicht im Rahmen der Welt-, sondern der nächsten Landesausstellung schritten verschiedene Projekte weiter voran. Besonders das Projekt «Svizra27» nahm Fahrt auf und konnte prominente Unterstützung durch Doris Leuthard und Bertrand Piccard gewinnen. Im Sommer lancierte die «Svizra27» einen Ideenwettbewerb, damit die Bevölkerung die Expo mitgestalten kann. Mit der «Muntagna» wurde 2020 zudem ein weiteres Projekt lanciert. Das unterdessen vierte laufende Expo-Projekte beabsichtigt eine Landesausstellung, welche sich des Alpenraums annimmt.

Auch 2020 war die Schweiz Bestandteil mehrerer Ländervergleiche- und Studien: So hielt der jährlich verfasste Global Wealth Report der Credit Suisse Ende Oktober fest, dass die Schweiz wie bereits in den Vorgängerjahren auch 2020 und trotz Corona das wohlhabendste Land der Welt war respektive dass Schweizerinnen und Schweizer, gemessen in US-Dollar, weltweit über die höchsten Vermögen verfügten. Langfristige Auswirkungen der Pandemie konnten in der Studie aber noch nicht ermittelt werden.
Im ebenfalls jährlich erscheinenden World Happiness Report belegte die Schweiz im März den dritten Platz, nachdem sie letztes Jahr auf den sechsten Platz abgerutscht war. Die Studie bezog sich auf den Untersuchungszeitraum 2019, die Corona-Pandemie wurde somit nicht miteinbezogen – anders als in dem am 19. November erschienenen Sorgenbarometer der Credit Suisse, worin anhand von Daten des Umfrageinstituts gfs.bern die Sorgen der Schweizer Bevölkerung eruiert wurden. Die Corona-Pandemie und deren Folgen stellten wenig überraschend die Hauptsorge der Schweizerinnen und Schweizer dar, gefolgt von der Finanzierung der Altersvorsorge und von der Arbeitslosigkeit – Sorgen, die wiederum durch die Pandemie bedingt noch verstärkt wurden.

Zu Jahresbeginn lag der Anteil der erfassten Zeitungsberichte zum Thema «Politische Grundfragen» gemessen an allen anderen 2020 durch Année Politique Suisse erfassten Zeitungsberichte bei 2.5 Prozent und erreichte kurz vor dem 1. August mit gut 3 Prozent seinen Höchststand, ehe er bis Ende Jahr auf unter 1 Prozent fiel. Der durchschnittliche Jahresgesamtanteil von etwas über 1.6 Prozent entspricht in etwa jenem der Vorjahre, was trotz der speziellen Corona-Situation im Vergleich zu den drei Vorjahren auf eine gleichbleibende Bedeutung der politischen Grundfragen in Gesellschaft und Politik hindeutet.

Jahresrückblick 2020: Politische Grundfragen
Dossier: Rétrospective annuelle 2020

Jahresrückblick 2020: Bildung und Forschung

Der Bereich Bildung und Forschung war in 2020 zum einen durch einige grössere Bundesratsgeschäfte geprägt (BFI-Botschaft 2021-2024, EHB-Reform und die Programme Erasmus+ und Horizon). Zum anderen hatte auch in diesem Themenfeld die Corona-Pandemie Auswirkungen auf verschiedene Bereiche (temporäre Schliessung der Schulen, erschwerte Lehrstellensuche, Suche nach Impfstoffen), die in anderen Jahren naturgemäss weniger im Fokus standen.

In mehreren Sitzungen zwischen Juni und Dezember 2020 berieten die beiden Räte die BFI-Botschaft für die nächsten vier Jahre. Das Ziel des Bundesrates blieb, wie in den vergangenen Jahren auch, dass die Schweiz in Bildung, Forschung und Innovation führend bleibt und die Chancen der Digitalisierung nutzt. Mit der in der Wintersession erfolgten Verabschiedung des Geschäfts genehmigten die Räte rund CHF 28 Mrd. für so verschiedene Gebiete wie die Berufsbildung, die Weiterbildung, den ETH-Bereich oder auch für die Institutionen der Forschungsförderung. Zum Vergleich: Für die vorangehende BFI-Periode 2017-2020 hatten die Räte rund CHF 26.4 Mrd. gesprochen.
Ein weiteres wichtiges Geschäft stellte auch das EHB-Gesetz dar. Mit dieser Vorlage erhielt das ehemalige Eidgenössische Hochschulinstitut für Berufsbildung ein eigenes Gesetz und den Status einer Hochschule. Das spezifische Profil der EHB – der Fokus auf die Berufsbildung und die damit verbundene Ausrichtung auf die Arbeitswelt – wird auch mit dem neuen Gesetz beibehalten.
Im Bereich der internationalen Beziehungen, und insbesondere der Beziehungen zur EU, standen die beiden Programme Horizon Europe 2021-2027 und das Nachfolgeprogramm von Erasmus+ im Mittelpunkt zahlreicher Debatten. Der Bundesrat legte im Mai 2020 die Finanzierungsbotschaft für die Beteiligung am Horizon-Paket 2021–2027 der EU vor. Neben dem Kernstück «Horizon Europe» umfasst das Paket auch das Euratom-Programm, das Programm ITER (Fusionsforschung) und das Digital Europe Programme. Der Bundesrat beantragte dafür insgesamt CHF 6.15 Mrd. Ständerat und Nationalrat stimmten der Vorlage in der Herbst- respektive der Wintersession zu. Die Frage der Assoziierung an die Nachfolge des Austauschprogramms Erasmus+ (2014-2020) gestaltete sich etwas komplexer. Im Jahr 2020 berieten und beschlossen die Räte die Totalrevision des Gesetzes über die internationale Zusammenarbeit und Mobilität in der Bildung. Mit dem totalrevidierten Gesetz wird die Umsetzung eigener Schweizer Förderprogramme mit der Assoziierung an EU-Bildungsprogramme rechtlich gleichgestellt — bislang waren die Schweizer Programme lediglich eine untergeordnete Möglichkeit. Das weitere Vorgehen in Sachen Erasmus+ werde mit dem Gesetz aber nicht vorweggenommen; der Bundesrat werde dem Parlament die Assoziierung an EU-Bildungsprogramme und deren Finanzierung gegebenenfalls im Rahmen von separaten Vorlagen vorschlagen, erklärte der Bundesrat und bestätigte dies auch noch einmal mit der Empfehlung zur Annahme des Postulats der WBK-NR (Po. 20.3928), welches für 2021 eine Auslegeordnung bezüglich einer möglichen Schweizer Assoziierung an internationale Programme im Bereich der internationalen Zusammenarbeit und Mobilität für die Zeit nach Ende des Programms Erasmus+ forderte. Im Rahmen der Debatte um die BFI-Botschaft 2021-2024 baten mehrere Nationalrätinnen und Nationalräte den Bundesrat, rasch eine Finanzierungsbotschaft zu Erasmus+ vorzulegen. Bildungsminister Parmelin wies dabei mehrmals darauf hin, dass auf EU-Ebene noch technische und finanzielle Fragen zur Nachfolgelösung von Erasmus+ offen seien; solange dies der Fall sei, könne die Schweiz noch keine Botschaft vorlegen.

Die Covid-19-Krise zeitigte auch auf den Bildungs- und Forschungsbereich starke Auswirkungen. So wurden aufgrund der Corona-Pandemie während der ersten Welle sämtliche Schulen, einschliesslich Kindergärten, Grundschulen, Sekundarschulen, Gymnasien, Berufsschulen und Hochschulen im Lande für circa acht Wochen geschlossen. In der Folge lernten die Kinder, Jugendlichen und die Studierenden von zu Hause aus. In den Medien wurde intensiv über das so genannte Homeschooling berichtet, besonders interessiert waren die Medien an einer möglichen Überforderung der Eltern und an einer leidenden Chancengerechtigkeit. Bald wurde der Ruf nach Öffnung der Schulen laut, diesen erhörte der Bundesrat aber erst Mitte Mai 2020, als die Schulen wieder geöffnet werden konnten.
Auch auf die Berufsschulen hatte Covid-19 Einfluss. Für viele Jugendliche und junge Erwachsene gestaltete sich die Suche nach einer Lehrstelle respektive nach einer Stelle im Anschluss an die Ausbildung schwierig, was auch die Politik auf den Plan rief. Mit einer Motion der WAK-SR (Mo. 20.3163) wurde der Bundesrat beauftragt, in Koordination mit den Kantonen sowie den Organisationen der Arbeitswelt Massnahmen zu ergreifen, damit die Lehrbetriebe trotz der Krise weiterhin Lernende beschäftigen und anstellen können. Der Bund gründete daraufhin eine Task Force und betraute diese mit der Aufgabe, die Situation in den Kantonen zu beobachten und, wenn nötig, stabilisierend einzugreifen. Zudem ermöglichte er im Rahmen des Lockdowns einerseits Lernenden den Zugang zu Kurzarbeit – so dass die Unternehmen nicht gezwungen würden, die Lehrverträge zu kündigen – und ersetzte diese nach der erfolgten Öffnung durch Kurzarbeit für Berufsbildnerinnen und Berufsbildner: Diese sollten die Zeit, welche sie für die Ausbildung von Lernenden aufwendeten, als Arbeitsausfall im Sinne von KAE anrechnen können.

Die Corona-Pandemie hatte auch einen gravierenden Einfluss auf die Forschungslandschaft. Weltweit wurde 2020 intensiv an einem Impfstoff gegen Covid-19 geforscht, auch unter Schweizer Beteiligung. Der SNF widmete der Corona-Pandemie ein eigenes NFP und vergab in dessen Rahmen CHF 18.6 Mio. für Forschungsprojekte. Mit weiteren CHF 10 Mio. unterstützte er Forschungsprojekte, welche die gesellschaftlichen und biomedizinischen Aspekte von Epidemien erforschen.

Anteilsmässig bewegte sich die Zeitungsberichterstattung im Bereich Bildung und Forschung in etwa auf demselben tiefen Niveau wie in den letzten Jahren und entsprach einem Anteil von rund 2.5 Prozent an der gesamten Berichterstattung zur Schweizer Politik. Was aber auffällt, ist ein im Bereich Grundschulen/Gymnasien ansteigender Wert im März und ein Peak im April 2020, was auf den Corona-bedingten Lockdown respektive auf die Berichterstattung über die Schliessung der Schulen zurückgeführt werden kann.

Jahresrückblick 2020: Bildung und Forschung
Dossier: Rétrospective annuelle 2020

Rétrospective annuelle 2020: Agriculture

La pandémie du coronavirus a également marqué le monde agricole en cette année 2020. En effet, cette crise a amené une multitude d'incertitudes dans le secteur. La capacité d'approvisionnement de la Suisse en denrées alimentaires ainsi que les risques de pénurie de main d'œuvre provenant de l'étranger ont été deux sujets de préoccupation centraux.
Les premiers chiffres disponibles montrent que l'agriculture suisse a globalement bien résisté à la pandémie, augmentant même de 5.8 pourcent la valeur ajoutée brute en comparaison avec l'année 2019. La production totale est restée stable (avec des variabilités entre secteurs), tandis que les coûts ont baissé. Les stratégies développées par le monde agricole durant la crise lui ont permis de résister, à l'image de la vente directe qui a fortement augmenté.
Quelques secteurs ont toutefois souffert, tels que le secteur viticole qui connaissait déjà des difficultés à écouler la production de l'année précédente. Durant cette année, marquée par des fermetures successives des cafés, bars et restaurants, le secteur s'est retrouvé démuni face à l'impossibilité d'écouler sa production. Ces fermetures ont également eu un impact sur les ventes de pommes de terre destinées à finir en frites. Avec la chute de la consommation dans les restaurants, ces tubercules n'ont pas trouvé preneur. Tout au contraire, la production de beurre indigène a été insuffisante pour satisfaire la consommation nationale, contraignant les autorités à rehausser les contingents d'importations à deux reprises. Bien que sollicitée par l'interprofession du lait (IP-Lait), cette mesure a suscité la colère de certains cercles paysans, à l'image du syndicat Uniterre. Cette pénurie s'explique, en partie, par le changement des habitudes de consommation des Suisse.sse.s qui ont consommé plus de fromage lors du semi-confinement, poussant donc les transformateurs à privilégier cette filière plus lucrative.

Autre secteur ayant connu des difficultés, la production de betterave sucrière n'a, elle, pas souffert de la pandémie. Ce sont de toutes autres raisons qui ont mis cette filière à mal, dont la concurrence avec ses voisins européens (source de discussions au Parlement) et l'interdiction d'utilisation d'un pesticide – connu sous le nom de Gaucho – utilisé dans la lutte contre un puceron qui semble toucher, cette année, l'ouest du pays. Cette interdiction, survenue en 2019, mais réitérée en 2020 par l'OFAG intervient dans un contexte particulier. En effet, deux initiatives populaires traitant de la question des pesticides passeront devant la population en 2021 sans contre-projet labellisé tel quel (initiative pour une eau potable propre et initiative pour un interdiction des pesticides de synthèse). En parallèle à ces deux textes provenant de la population, le Parlement débat d'une initiative parlementaire élaborée par la CER-CE qui vise à réduire les intrants fertilisants ainsi que les risques liés aux produits phytosanitaires et qui représente, en partie, une réponse aux deux initiatives.

Une partie de cette initiative parlementaire s'appuie sur la nouvelle mouture de la politique agricole 22+ (PA 22+) présentée par le Conseil fédéral en début d'année. La réforme, titrée dans les médias du pays comme un verdissement de l'agriculture, a été critiquée de toute part. L'USP estimait que cela allait trop loin, l'Association des petits paysans déplorait, au contraire, que les efforts prévus n'étaient pas assez grands. Une majorité de la commission de l'économie et des redevances du Conseil des Etats aura finalement décidé de suivre l'avis de l'USP et de l'UDC en proposant de mettre en pause les discussions autour de la PA22+, le temps d'analyser ses effets, entre autres, sur le taux d'auto-approvisionnement et les importations. Cette proposition de suspension ainsi que le rapport demandé ont été acceptés par la Chambre haute. Le rapport ne sera publié qu'en 2022 ce qui permettra, selon certains médias, de redéfinir une politique agricole après que la population aura voté en 2021 contre les deux initiatives sur les pesticides mentionnées auparavant et donc d'être moins ambitieux quant aux objectifs écologiques.

Ces deux initiatives sont fortement redoutées par le monde agricole conventionnel, d'autant plus que les ONG environnementales – qui pourraient soutenir activement les initiatives – ont gagné une votation cette année. En effet, elles ont réussi à convaincre une majorité du corps électoral de refuser la révision de la loi sur la chasse élaborée par le Conseil fédéral et retravaillée par le Parlement. Pour certain.e.s, cela a démontré la force de frappe de ces ONG qui auront réussi à faire capoter une révision vue comme rétrograde pour la biodiversité. L'écho médiatique de cette votation a été assez important, comme le montre une analyse effectuée par Année Politique Suisse. Le loup était au centre des débats, la nouvelle loi permettant un abattage facilité du grand prédateur. Tandis que les cantons montagnards ont voté en faveur de la nouvelle loi, les cantons plus urbains s'y sont opposés, créant des tensions entre villes et campagne. La loi aurait, en effet, donné plus de prérogatives aux cantons, ceux-ci étant diversement touché par ces problématiques.

La décentralisation était également en discussion dans un tout autre domaine, à savoir la restructuration d'Agroscope. En effet, après une vague de contestations face aux premiers plans de restructuration élaborés sous la houlette de l'ancien ministre de l'économie, Johann Schneider-Ammann, la nouvelle mouture présentée par Guy Parmelin semble être bien plus consensuelle. Respectant la volonté du Parlement, ce nouveau projet ne prévoit plus de forte centralisation sur un seul site, mais souhaite conserver une certaine décentralisation des stations de recherche.

Rétrospective annuelle 2020: Agriculture
Dossier: Rétrospective annuelle 2020
Dossier: Chiffres annuels pour l'agriculture suisse

Jahresrückblick 2020: Institutionen und Volksrechte

Der Bundesrat stand als Führungsgremium 2020 ganz besonders auf dem Prüfstand, musste er doch aufgrund der Corona-Pandemie mittels Notrechts regieren. Darüber, wie gut ihm dies gelang, gingen die Meinungen auseinander. Die Konjunktur der sich bunt ablösenden Vertrauensbekundungen und Kritiken schien sich dabei mit der Virulenz der Pandemiewellen zu decken. War das entgegengebrachte Vertrauen zu Beginn des Lockdowns im März sehr gross, nahm die Kritik am Führungsstil der Exekutive und an den föderalistischen Lösungen mit dem Rückgang der Fallzahlen und insbesondere auch in der zweiten Welle zu. Eine parlamentarische Aufarbeitung der Bewältigung der Pandemie durch die Bundesbehörden durch die GPK, aber auch verschiedene Vorstösse zum Umgang des Bundesrats mit Notrecht werden wohl noch einige Zeit zu reden geben. Für eine Weile ausser Rang und Traktanden fallen werden hingegen die alle vier Jahre nach den eidgenössischen Wahlen stattfindenden Diskussionen um die parlamentarische Behandlung der Legislaturplanung sowie die bereits fünfjährige Diskussion über ein Verordnungsveto, die vom Ständerat abrupt beendet wurde. Im Gegensatz dazu wird wohl die Regelung über das Ruhegehalt ehemaliger Magistratspersonen noch Anlass zu Diskussionen geben. Den Stein ins Rollen brachte 2020 die medial virulent kommentierte Rückzahlung der Ruhestandsrente an alt-Bundesrat Christoph Blocher.

Wie kann und soll das Parlament seine Aufsicht über die Verwaltung verbessern? Diese Frage stand auch aufgrund des Jahresberichts der GPK und der GPDel im Raum. Dieser machte auf einige Mängel aufmerksam, was unter anderem zur Forderung an den Bundesrat führte, eine Beratungs- und Anlaufstelle bei Administrativ- und Disziplinaruntersuchungen einzurichten. Der seit 2016 in den Räten debattierten Schaffung einer ausserordentlichen Aufsichtsdelegation, die mit den Rechten einer PUK ausgestattet wäre, aber wesentlich schneller eingesetzt werden könnte, blies hingegen vor allem aus dem Ständerat ein steifer Wind entgegen. Ein Dorn im Auge waren dem Parlament auch die Kader der bundesnahen Betriebe: 2021 wird das Parlament über einen Lohndeckel und ein Verbot von Abgangsentschädigungen diskutieren.

Das Parlament selber machte im Pandemie-Jahr eher negativ auf sich aufmerksam. Paul Rechsteiner (sp, SG) sprach mit Bezug auf den der Covid-19-Pandemie geschuldeten, jähen Abbruch der Frühjahrssession von einem «Tiefpunkt der Parlamentsgeschichte des Landes». Das Parlament nahm seine Arbeit jedoch bereits im Mai 2020 im Rahmen einer ausserordentlichen Session zur Bewältigung der Covid-19-Krise wieder auf; Teile davon, etwa die FinDel waren auch in der Zwischenzeit tätig geblieben. Dass die ausserordentliche Session aufgrund von Hygienevorschriften an einem alternativen Standort durchgeführt werden musste – man einigte sich für diese Session und für die ordentliche Sommersession auf den Standort BernExpo – machte eine Reihe von Anpassungen des Parlamentsrechts nötig. Diese evozierten im Falle der Abstimmungsmodalitäten im Ständerat einen medialen Sturm im Wasserglas. Die Pandemie vermochte damit ziemlich gut zu verdeutlichen, wie wenig krisenresistent die Parlamentsstrukturen sind, was zahlreiche Vorstösse für mögliche Verbesserungen nach sich zog. Kritisiert wurde das Parlament auch abgesehen von Covid-19 und zwar, weil der Nationalrat eine eher zahnlos gewordene, schon 2015 gestellte Forderung für transparenteres Lobbying versenkte und damit auch künftig wenig darüber bekannt sein wird, wer im Bundeshaus zur Vertretung welcher Interessen ein- und ausgeht.

Der Zufall will es, dass die SVP 2021 turnusgemäss gleichzeitig alle drei höchsten politischen Ämter besetzen wird. In der Wintersession wurden Andreas Aebi (svp, BE) zum Nationalratspräsidenten, Alex Kuprecht (svp, SZ) zum Ständeratspräsidenten und Guy Parmelin zum Bundespräsidenten gekürt. In den Medien wurde diskutiert, wie es Parmelin wohl gelingen werde, die Schweiz aus der Covid-19-Krise zu führen. 2020 standen Regierung und Parlament aber nur selten im Fokus der Medien – ganz im Gegensatz zu den Vorjahren als die Bundesratserneuerungs- und -ersatzwahlen für viel Medienrummel gesorgt hatten (vgl. Abb. 2: Anteil Zeitungsberichte pro Jahr).

Viel Druckerschwärze verbrauchten die Medien für verschiedene Ereignisse hinsichtlich der Organisation der Bundesrechtspflege. Zum einen gab die Causa Lauber viel zu reden. Gegen den Bundesanwalt wurde ein Amtsenthebungsverfahren angestrengt, dem Michael Lauber mit seinem Rücktritt allerdings zuvorkam. Die Wahl eines neuen Bundesanwalts wurde zwar auf die Wintersession 2020 angesetzt, mangels geeigneter Kandidierender freilich auf 2021 verschoben. Die zunehmend in die mediale Kritik geratenen eidgenössischen Gerichte, aber auch der Vorschlag der SVP, ihren eigenen Bundesrichter abzuwählen, waren Nahrung für die 2021 anstehenden Diskussionen um die Justizinitiative. Was Letztere anbelangt, beschlossen die beiden Rechtskommissionen Ende Jahr, einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative auszuarbeiten.

Auch die direkte Demokratie wurde von den Auswirkungen der Covid-Pandemie nicht verschont, mussten doch die Volksabstimmungen vom 20. Mai verschoben werden. Darüber hinaus verfügte der Bundesrat Ende März einen Fristenstillstand bei den Initiativen und fakultativen Referenden: Bis Ende Mai durften keine Unterschriften mehr gesammelt werden und die Sammelfristen wurden entsprechend verlängert. Auftrieb erhielten dadurch Forderungen nach Digitalisierung der Ausübung politischer Rechte (z.B. Mo. 20.3908 oder der Bericht zu Civic Tech). Viel Aufmerksamkeit erhielt dadurch auch der in den Medien so benannte «Supersonntag»: Beim Urnengang vom 27. September standen gleich fünf Vorlagen zur Entscheidung (Begrenzungsinitiative, Kampfjetbeschaffung, Jagdgesetz, Vaterschaftsurlaub, Kinderabzüge). Nachdem Covid-19 die direkte Demokratie eine Weile ausser Gefecht gesetzt hatte, wurde die Abstimmung sozusagen als «Frischzellenkur» betrachtet. In der Tat wurde – trotz Corona-bedingt schwierigerer Meinungsbildung – seit 1971 erst an vier anderen Wochenenden eine höhere Stimmbeteiligung gemessen, als die am Supersonntag erreichten 59.3 Prozent.
Das Parlament beschäftigte sich 2020 mit zwei weiteren Geschäften, die einen Einfluss auf die Volksrechte haben könnten: Mit der ständerätlichen Detailberatung in der Herbstsession übersprang die Idee, völkerrechtliche Verträge mit Verfassungscharakter dem obligatorischen Referendum zu unterstellen, eine erste Hürde. Auf der langen Bank befand sich hingegen die Transparenzinitiative, deren Aushandlung eines indirekten Gegenvorschlags die Räte 2020 in Beschlag genommen hatte; Letzterer wird aber wohl aufgrund des Widerstands im Nationalrat eher nicht zustandekommen.

Jahresrückblick 2020: Institutionen und Volksrechte
Dossier: Rétrospective annuelle 2020

Jahresrückblick 2020: Föderativer Aufbau

Im Zuge der Covid-19-Pandemie rückte der Föderalismus 2020 ins Zentrum der öffentlichen Debatte. Zu Beginn der Pandemie beschlossen vor allem vom Virus besonders stark betroffene Kantone, wie der Kanton Tessin, strenge Massnahmen, beispielsweise die Schliessung von Läden und Restaurants. Nach einem starken Anstieg der Fälle rief der Bundesrat jedoch am 16. März die im Epidemiengesetz vorgesehene höchste Alarmstufe, die ausserordentliche Lage, aus, was ihn bemächtigte, ohne die Zustimmung von Parlament oder Kantone Beschlüsse mit Massnahmen für die ganze Schweiz zu erlassen. In der Anfangsphase dieses Corona-Regimes des Bundesrates bezichtigte das BJ vom Kanton Tessin beschlossene Verschärfungen der Vorschriften, welche über diejenigen des Bundesrates hinausgingen, als rechtswidrig. Wenig später beschloss der Bundesrat, für besonders betroffene Kantone zeitlich limitierte Abweichungen der nationalen Massnahmen zu erlauben. Erst mit der Rückkehr in die «besondere Lage» Mitte Juni übernahmen die Kantone wieder die Hauptverantwortung über die Pandemiebekämpfung. Der Bundesrat überwachte die Kantone jedoch und gab Empfehlungen ab, wenn er gewisse kantonale Massnahmen als ungenügend einstufte. In der Folge sorgte dieses geteilte Corona-Regime von Bund und Kantonen immer wieder für Diskussionen, insbesondere bei der Einführung neuer Massnahmen – beispielsweise bei der Maskenpflicht in Einkaufsläden. Weil sich die Kantone im Rahmen der GDK nicht auf einheitliche Massnahmen einigen konnten, glich die Schweizer Massnahmen-Landschaft bald einem «Flickenteppich», so verschiedene Medienberichte. Als die Fallzahlen ab Oktober noch einmal stark anstiegen, erliess der Bundesrat wieder strengere Regeln auf nationaler Ebene, ohne jedoch erneut die ausserordentliche Lage auszurufen. Bund und Kantone müssten aber stärker zusammenarbeiten, «damit das ‘Gstürm’ endlich aufhöre», so Bundesrätin Sommaruga.

Auch in diesem Jahr gab es wieder Neuigkeiten bezüglich der Jurafrage in Moutier: Die Tripartite Jurakonferenz einigte sich nach langem Seilziehen darauf, die Wiederholung der 2018 annullierten Abstimmung in Moutier über einen Kantonswechsel vom Kanton Bern in den Kanton Jura auf den 28. März 2021 anzusetzen. Um einen korrekten Ablauf zu garantieren und eine erneute Annullierung der Abstimmung zu verhindern, wird das BJ diesmal eine Schlüsselrolle in der Organisation des Urnengangs übernehmen. Bis dahin müssen noch einige vom Kanton Bern angeprangerte Unklarheiten in Moutiers Stimmregister, bezüglich des tatsächlichen Wohnsitzes von Personen, die zurzeit in der Gemeinde stimmberechtigt sind, geklärt werden.

Eine andere Territorialfrage konnte dieses Jahr weitaus weniger kontrovers gelöst werden: Nach der Zustimmung der Einwohnerinnen und Einwohner beider betroffenen Kantone an der Urne und der Genehmigung durch die Bundesversammlung wechselt die Gemeinde Clavaleyres voraussichtlich am 1. Januar 2022 vom Kanton Bern in den Kanton Fribourg. Das ist das erste Mal seit 1996, dass sich zwei Kantone auf den Kantonswechsel einer Gemeinde einigten.

Der Bundesrat und das Parlament gewährleisteten im Berichtsjahr Änderungen in den Kantonsverfassungen der Kantone Uri, Tessin, Waadt und Genf sowie der Kantone Glarus, Thurgau und Genf. Für einigen Diskussionsstoff sorgte dabei die Ausweitung des Majorzsystems im Kanton Uri auf Gemeinden mit bis zu vier Abgeordneten im Landrat. Trotz des Widerstandes der Grünen, der SP und der GLP, welche argumentierten, die Änderung sei bundesrechtswidrig, stimmten schlussendlich beide Kammern der Gewährleistung der Verfassungsänderungen von Uri und der weiteren betroffenen Kantone zu.

Wie die Zeitungsanalyse von APS zeigt, berichteten die Schweizer Zeitungen während den Monaten März und Oktober, in denen die Covid-19-Fallzahlen jeweils stark anstiegen, besonders häufig über den Föderalismus. Auch im Juli und August, als die Diskussion um den Massnahmen-Flickenteppich in vollem Gange war, erschien der Föderalismus häufig als Thema in Zeitungsberichten. Trotz der anhaltenden Berichterstattung über die Aufgabenteilung von Bund und Kantonen im Zusammenhang mit der Covid-19-Pandemie wurden dieses Jahr weniger als 1 Prozent der Zeitungsartikel dem Föderalismus gewidmet, was etwas über dem Anteil der Berichterstattung im Vorjahr liegt und mit demjenigen von 2018 vergleichbar ist. Anteilsmässig generierte der Föderalismus im Jahr 2020 jedoch immer noch etwas weniger als halb so viel Medienaufmerksamkeit wie im Jahr 2017, als insbesondere die Abstimmung in Moutier über einen Kantonswechsel der Gemeinde von Bern zum Jura grosse Wellen schlug.

Jahresrückblick 2020: Föderativer Aufbau
Dossier: Rétrospective annuelle 2020

Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation

Ein zentraler Punkt der Verkehrspolitik war 2019 der Ausbau der Verkehrsinfrastruktur: Das Parlament hatte über die nächsten Ausbauschritte der strategischen Entwicklungsprogramme (STEP) «Nationalstrassen» und «Eisenbahninfrastruktur» sowie über die Verpflichtungskredite des Programms Agglomerationsverkehr zu befinden. Dabei ging es bei jedem Geschäft über die Vorlagen des Bundesrates hinaus, nahm zusätzliche Projekte in die Ausbauschritte auf und erhöhte die Verpflichtungskredite. Dem Ausbauschritt 2019 STEP Nationalstrassen fügte das Parlament zwei Projekte hinzu – die Umfahrungen Näfels und La Chaux-de-Fonds – und erhöhte den Verpflichtungskredit für den Ausbauschritt um eine Milliarde auf CHF 5.651 Mrd. Zusätzliche Viertel- und Halbstundentakte, mehr Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit: Den Ausbau des Schienennetzes wollte der Bundesrat mit Investitionen von CHF 11.9 Mrd. vorantreiben. Doch auch beim Strategischen Entwicklungsprogramm Eisenbahninfrastruktur (Ausbauschritt 2035) nahmen beide Kammern weitere Projekte auf: Die kleine Kammer ergänzte den Ausbauschritt im März auf Antrag ihrer Verkehrskommission um die Projektierungen des Durchgangsbahnhofes Luzern und der trinationalen S-Bahn Basel sowie um den Neubau der Strecke Neuenburg – La-Chaux-de-Fonds anstelle der vom Bundesrat vorgeschlagenen Modernisierung der bestehenden Strecke. Der Ständerat erhöhte den Investitionsbetrag einstimmig um CHF 919 Mio. auf CHF 12.8 Mia. Im Juni ging der Nationalrat sogar noch weiter und nahm mit den Bahnhöfen Winterthur-Grüze und Thun Nord zwei weitere Projekte in das Geschäft auf. Einstimmig erhöhte die grosse Kammer den Kreditbetrag um CHF 69 Mio. auf insgesamt CHF 12.89 Mrd. Obschon Bundesrätin Sommaruga erklärte, die vom Nationalrat zuletzt hinzugefügten Bahnhofsprojekte seien verfrüht, stimmte der Ständerat der grossen Kammer einstimmig zu. Schliesslich zeigte sich das Parlament auch bei den Verpflichtungskrediten ab 2019 des Programms Agglomerationsverkehr spendabel: Der Bundesrat hatte CHF 1.35 Mrd. für die Mitfinanzierung von Projekten der dritten Generation im Programm Agglomerationsverkehr beantragt. Der Nationalrat, der im März über die Vorlage beriet, nahm wie von seiner Verkehrskommission gefordert vier zusätzliche Projekte auf: Die Projekte Aargau-Ost, Delémont und Luganese sowie die Umfahrung Oberburg (BE). Weil die grosse Kammer auch für die Programme in Grand Genève und Bulle den Beitragssatz des Bundes erhöhte, wuchs der Bundesbeitrag für den Agglomerationsverkehr um CHF 145 Mio. auf Total CHF 1.49 Mrd. Im Juni kippte der Ständerat die Umfahrung Oberburg (BE) wieder aus der Vorlage; danach ging das Geschäft wegen dieser Differenz zwischen den Räten hin und her, bis im September in der Einigungskonferenz ein Kompromiss gefunden wurde, dem beide Kammern einstimmig zustimmten: Die Umfahrung Oberburg wird folglich als integraler Bestandteil dem Projekt Burgdorf zugeschrieben und mit nicht ausgeschöpften Mitteln aus den Programmen 2019, 2014 und 2010 finanziert.

Die Zeitungsanalyse von Année Politique Suisse zeigt, dass die Berichterstattung der Tagespresse zur Verkehrspolitik im August besonders umfassend war. Dies lag zu einem guten Teil an der sogenannten SBB-Krise: Anfang August kam es zu einem tödlichen Arbeitsunfall eines Zugbegleiters der SBB. In der Folge kam aus, dass die Türschliess-, Einklemmschutz- und Kontrollmechanismen an den Einheitswagen IV oft nicht korrekt funktionierten. Das Bundesamt für Verkehr verpflichtete die SBB, diese Mechanismen zu überholen. Zu den Sicherheitsrisiken bei den Türschliesssystemen kam eine Häufung der Betriebsstörungen: Verspätungen, Stellwerkstörungen, Zugausfälle wegen Baustellen. In den Kommentarspalten der Tageszeitungen war zu lesen, die SBB habe sich vom einstigen Aushängeschild der Schweiz in Sachen Zuverlässigkeit zu einem Lotterbetrieb gewandelt, das Vertrauen der Bevölkerung in die Bundesbahnen habe Schaden genommen. Der öffentliche Druck wurde so gross, dass die Führung der SBB von der Verkehrskommission zu einem Hearing eingeladen wurde. SBB-CEO Andreas Meyer stand der KVF-SR Rede und Antwort und verteidigte dabei die SBB und die Arbeit der SBB-Führung. Rund zwei Wochen nach dem Hearing verkündete Meyer seinen Rücktritt im Jahr 2020. Dieser Schritt sei schon länger geplant gewesen und habe mit den Schwierigkeiten im Betrieb nichts zu tun. Ende September gaben die SBB bekannt, dass die Einsteigeroutine des Personals geändert worden sei und die Schliesssysteme sämtlicher Einheitswagen IV bis 2024 überholt würden.

Beim Strassenverkehr sorgten vor allem Anliegen zur Verkehrssicherheit und zur Elektromobilität für Gesprächsstoff im Parlament. Ein politischer Dauerbrenner bei der Verkehrssicherheit blieben die Strafbestimmungen der Via sicura: Auch 2019 wurden einige Änderungen der Strafbestimmungen beraten, so die parlamentarische Initiative Grin (svp, VD; Pa.Iv. 18.431) für verhältnismässige Sanktionen, die Motion Graf-Litscher (sp, TG; Mo. 17.3520) gegen die doppelte Strafe für Berufsfahrer und Berufsfahrerinnen sowie die Motion Giezendanner (svp, AG; Mo. 17.3590) für einen differenzierten Führerausweisentzug. Zwar hatte die KVF-SR im April der parlamentarischen Initiative Grin keine Folge gegeben, doch der Nationalrat stimmte allen Geschäften zu und sprach sich damit für mildere Regelungen beim Führerausweisentzug aus.
Mit dem wachsenden Anteil elektrisch betriebener Fahrzeuge im Strassenverkehr wurde die Elektromobilität vermehrt ein Thema im Parlament. Dabei ging es etwa um grüne Zonen für Elektrofahrzeuge (Mo. 17.4040), um Auswirkungen von Fahrassistenzsystemen auf die Verkehrssicherheit (Po. 17.4041), um die Möglichkeiten der «Mobilität 4.0» (Po. 17.4043) oder um die Finanzierungslücke bei der Strassenverkehrsinfrastruktur durch die Ausfälle bei der Mineralölsteuer infolge der Zunahme von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (Mo. 19.3741). Vorwärts ging es mit der digitalen Vignette: Im März nahm der Nationalrat die Motion Candinas (cvp, GR; Mo. 18.3701) knapp an, der Ständerat folgte im September – obschon der Bundesrat in der Zwischenzeit eine Vorlage betreffend einer freiwilligen digitalen Vignette ans Parlament verabschiedet hatte.

Im Nachgang des Postauto-Skandals stand das Controlling des Bundesamtes für Verkehr mehrfach in der Kritik. Im März kam aus, dass das Bahnunternehmen BLS über Jahre insgesamt rund CHF 45 Mio. zu viel an Abgeltungen erhalten hatte. Zwar lagen im Gegensatz zum Postauto-Skandal keine betrügerischen Machenschaften vor, sondern nur ein unzureichend angepasstes Zinsglättungsmodell, allerdings zeigte sich eine Parallele zum Postauto-Skandal: Im Bundesamt für Verkehr blieben Hinweise auf die Differenzen zu lange folgenlos. Nach einem Audit beim BAV durch das UVEK wurden im Mai fünf Massnahmen zur Verstärkung der Aufsicht bei Transportunternehmen vorgelegt. Im Rahmen der verstärkten Aufsicht wurden im Bundesamt für Verkehr für Controlling und Revision acht zusätzliche Stellen geschaffen. Mit ihrer Motion «Teurere Kontrollen durch das BAV sollen die Verursacher bezahlen» verlangte Nadja Pieren (svp, BE; Mo. 19.3502), dass der Bund die Mehrkosten dieser Stellen auf die Verursacher abwälze. Im September lehnte der Nationalrat die Motion Pieren jedoch diskussionslos ab.

Nachdem die Postgesetzgebung in den Räten schon in den Vorjahren ein grosses Thema gewesen war, führten insbesondere der Service public der Post und die Schliessung von Poststellen auch 2019 zu einigen Debatten. In den Vorjahren waren viele Vorstösse angenommen worden, 2019 zeigten sich die Räte aber zurückhaltender: Den Standesinitiativen von Genf (Kt.Iv. 18.312), Basel-Stadt (Kt.Iv. 18.314), Solothurn (Kt.Iv. 18.315) sowie Tessin (Kt.Iv. 16.320) und Wallis (Kt.Iv. 17.302) wurde keine Folge gegeben, weil 2018 die Standesinitiative Jura (Kt.Iv. 17.314) Zustimmung gefunden hatte und die Kommissionen bei der Umsetzung dieser Initiative alle Anliegen zur Postgesetzgebung überprüfen und einbeziehen wollten. Die KVF-SR kündigte an, die Umsetzung der Standesinitiative Jura nach einer Gesamtschau zur Post im Frühjahr 2020 an die Hand zu nehmen.
Der Ständerat lehnte weitere Vorstösse zur Post ab (Motion Berberat, sp, NE, Mo. 19.3749; Postulat Béglé, cvp, VD, Po. 17.3615; Motion Feller, fdp, VD, Mo. 17.3053), der Nationalrat nahm jedoch weitere Anliegen entgegen: Ein Postulat der KVF-NR zur «längerfristigen Weiterentwicklung des Zugangs zu Dienstleistungen der postalischen Grundversorgung» (Po. 19.3532) wurde im Nationalrat angenommen, weil die damit vom Bundesrat und der Post verlangte Planung auch über die Umsetzung der Standesinitiative Jura Auskunft geben könnte. Auch die Motionen Müller-Altermatt (cvp, SO; Mo. 17.3938) für eine «mittel- und langfristige Planung bei Poststellen und Postagenturen» und Grin (svp, VD; Mo. 17.3888) zur «Schliessung von Poststellen an zentralen Orten» fanden in der grossen Kammer Zustimmung.

Im März schloss das Parlament die 2018 begonnene Revision des Fernmeldegesetzes ab. In vier Sitzungen wurden die verbliebenen Differenzen zur Netzneutralität, zur Meldepflicht der Provider bei verbotenen pornographischen Inhalten, zur Befreiung der Blaulichtorganisationen von den Verwaltungsgebühren der verwendeten Funkfrequenzen, zur Finanzierung von Anschlüssen in Gebäuden und zu weiteren, technischen Detailfragen beigelegt. Ende März nahmen beide Kammern die Revision an.

Der Ausbau des Mobilfunk-Netzes auf 5G wurde von Teilen der Bevölkerung sehr kritisch aufgenommen. Ausdruck fand diese kritische Haltung in zwei Volksinitiativen, die im Oktober von Privatpersonen lanciert wurden. Während die eine Initiative die Strahlungsbelastung reduzieren will, verlangt die andere, dass Mobilfunkbetreiber für Strahlungsschäden haften. Die Sammelfrist läuft bis zum 22. April 2021.

Jahresrückblick 2019: Verkehr und Kommunikation
Dossier: Rétrospective annuelle 2019

Jahresrückblick 2019: Medien

Medienfragen wurden 2019 verglichen mit den Jahren zuvor sowohl medial als auch im Parlament eher selten diskutiert. Nach dem Peak im Jahr 2018 mit der No-Billag-Initiative standen 2019 vor allem der Umzug des SRG-Radiostudios von Bern nach Zürich und eines Grossteils des Fernsehens von Genf nach Lausanne sowie das neue Gesetz über elektronische Medien im Mittelpunkt des Interesses.

Nachdem sich der SRG-Verwaltungsrat im September 2019 für den Umzug eines Teils des SRG-Radiostudios und seiner Mitarbeitenden von Bern nach Zürich entschieden und die SRG überdies angekündigt hatte, dass Ähnliches womöglich auch der Fernsehproduktion in Genf drohe, hatten vier Parteipräsidenten sowie ein Vizepräsident (Pfister, cvp, ZG; Rytz, gp, BE; Landolt, bdp, GL; Rösti, svp, BE; Jans, sp, BS) im Nationalrat und ein in dieser Frage sehr engagierter Beat Vonlanthen (cvp, FR) im Ständerat gleichlautende parlamentarische Initiativen eingereicht, mit denen der SRG ihre Produktionsstandorte ausdrücklich vorgeschrieben werden sollten. Nach den ablehnenden Entscheiden der beiden Kommissionen zeigte sich bei der Behandlung der entsprechende Initiative von Beat Vonlanthen im Ständerat schnell, dass sie auch dort chancenlos sein würde. Um eine Niederlage zu verhindern, zog der Initiant seine Initiative vor der Abstimmung zurück. Ganz anders sah die Situation eine Woche später im Nationalrat aus: Mit 120 zu 54 Stimmen (bei 10 Enthaltungen) gab der Nationalrat den fünf nationalrätlichen Vorstössen Folge. Im Anschluss daran gab der SRG-Verwaltungsrat bekannt, das Zügelprojekt durch eine gesamthafte Audiostrategie zu ersetzen. Ein Teil des Umzugs würde dadurch verhindert, rund 80 Arbeitsplätze würden aber dennoch nach Zürich verlegt. Medien und Politik zeigten sich unschlüssig darüber, ob diese Nachricht als grosses Entgegenkommen der SRG oder als «halbherziges, dem politischen Druck geschuldetes Bekenntnis», wie es Martin Landolt ausdrückte, verstanden werden soll. Dennoch verzichtete der Ständerat im September stillschweigend darauf, den Initiativen sowie einer Standesinitiative des Kantons Genf (Kt.Iv. 19.306) mit einem ähnlichen Anliegen Folge zu geben.

Neben der Umzugsfrage drohte der SRG 2019 weiteres Ungemach aus dem Parlament: So standen einige Vorlagen im Raum, die die RTVG-Abgabe für Unternehmen und damit einen Teil der Einnahmen der SRG streichen wollten. Im Mittelpunkt stand die parlamentarische Initiative Rutz (svp, ZH; Pa.Iv. 18.405), welcher der Nationalrat im September Folge gab. Da Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Unternehmen bereits privat die Empfangsgebühr zu entrichten hätten, stelle die Unternehmensabgabe eine Doppelbelastung dar, hatte zuvor die KVF-NR in ihrer Empfehlung für Folge geben erklärt. In der Wintersession stimmte der Ständerat jedoch auf Antrag seiner KVF-SR dem Folgegeben des Nationalrats nicht zu. Die von den Stimmbürgern 2015 bestätigte Regelung sei erst Anfang 2019 in Kraft getreten und solle nun zuerst einmal beurteilt werden. Zudem würden die SRG und die privaten Radio- und Fernsehstationen bei Umsetzung der Initiative deutlich weniger Geld erhalten als bisher.
Bereits vor der anfänglichen Zustimmung zum Vorschlag von Gregor Rutz im Nationalrat hatte sich der Ständerat jedoch einverstanden gezeigt, im Rahmen eines Postulats Abate (fdp, TI; Po. 19.3235) Alternativen zur Methode der heutigen umsatzabhängigen Berechnung der Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen prüfen zu lassen. Zur Verhinderung von Doppelzählungen des Umsatzes von Arbeitsgemeinschaften, Holdings und dauerhaft miteinander verbundenen Unternehmen bei der Festlegung der Höhe der Abgabe gaben die beiden Kommissionen zudem einer parlamentarische Initiative Wicki (fdp, NW; Pa. Iv. 19.413) Folge. Anfang Dezember entschied überdies das Bundesverwaltungsgericht, dass die lediglich sechs Tarifstufen für die Festlegung der Unternehmensabgabe verfassungswidrig seien. Aufgrund der Rechtssicherheit sei die aktuelle Regelung bis zum Erlass einer neuen aber weiterhin anzuwenden.

Die Frage, wer zukünftig von der RTVG-Abgabe profitieren soll, wurde im Rahmen des neuen Gesetzes über elektronische Medien diskutiert. Dieses war von Bundesrätin Leuthard im Juni 2019 in die Vernehmlassung gegeben worden, wo es auf breite Kritik stiess. Simonetta Sommaruga, die 2019 das UVEK und somit auch dieses Dossier von Doris Leuthard übernahm, entschied schliesslich nach langen Diskussionen und Spekulationen über die Zukunft des Gesetzes, dieses nicht weiterzuverfolgen und stattdessen einzelne Probleme mithilfe eines Massnahmenpakets punktuell anzugehen. Neu sollen auch Onlineportale mit audio- und audiovisuellen, aber auch mit textlastigen Beiträgen einen Teil der Radio- und Fernsehabgabe erhalten, sofern sie kostenpflichtig sind. Zudem soll die indirekte Presseförderung in Form einer finanziellen Unterstützung der Postzustellung auf zusätzliche Titel ausgeweitet und erhöht werden – jedoch nur auf CHF 50 Mio. statt auf CHF 120 Mio., wie vorgängig von den Verlagen gefordert worden war.
Dass diese Aufstockung der indirekten Presseförderung die KVF-NR nicht vollständig zu überzeugen vermochte, zeigte die Annahme der parlamentarischen Initiative Engler (cvp, GR; Pa.Iv. 18.479) für eine Unterstützung der Presse in der digitalen Transformation, welche ihre Schwesterkommission bereits vor der Ankündigung des Bundesrates angenommen hatte. Im Unterschied zur KVF-SR lehnte die nationalrätliche Kommission gleichzeitig jedoch eine parlamentarische Initiative Savary (sp, VD; Pa.Iv. 18.480) ab, die diese Unterstützung nicht wie die Motion Engler aus allgemeinen Mitteln, sondern durch einen Teil der Abgabe für Radio und Fernsehen und durch die Überschüsse aus den Abgabenanteilen finanzieren wollte. Eher zufrieden mit dem bundesrätlichen Entscheid zum neuen Gesetz über elektronische Medien zeigte sich Michael Töngi (gp, LU; Pa.Iv. 19.417), der seine parlamentarische Initiative für ein Fördermodell für die elektronischen Medien mit der Begründung zurückzog, dass das vom Bundesrat vorgeschlagene Projekt «in die richtige Richtung» gehe.

Fortschritte gab es in der Frage um die Rückzahlung der zu Unrecht erhobenen Mehrwertsteuerbeträge. In Reaktion auf einen Bundesgerichtsentscheid vom November 2018 und eine überwiesene Motion Flückiger-Bäni (svp, AG; Mo. 15.3416) schickte das UVEK im Frühjahr einen Vorentwurf in die Vernehmlassung, der eine pauschale Rückvergütung an alle Haushalte in der Höhe von CHF 50 vorsah. Aufgrund der grossmehrheitlich positiven Stellungnahmen präsentierte der Bundesrat im November seine Botschaft zuhanden des Parlaments.

Jahresrückblick 2019: Medien
Dossier: Rétrospective annuelle 2019

APS-Jahresrückblick 2019

Was bewegte 2019 die Schweizer Politik? Welches waren die wichtigen Geschäfte im Parlament? Und was hat die politisch interessierte Öffentlichkeit bewegt? Année Politique Suisse erstellt seit 1965 eine Chronologie der Ereignisse zur Schweizer Politik.
Drei zentrale Befunde stechen 2019 hervor.
(1) Die Umweltpolitik war zentrales Thema in den Medien. Auch im Parlament wurde das Thema etwas häufiger debattiert als in den Vorjahren. Umweltschutz wird wohl wichtig bleiben, da 2019 so viele Vorstösse zu diesem Thema eingereicht wurden wie nie zuvor in den letzten beiden Legislaturen.
(2) Obwohl im Parlament im Vergleich zu den Vorjahren mehr zu den Themen Verkehr und Sozialversicherungen gearbeitet wurde, fanden die beiden Themen in den Medien nicht mehr Beachtung als in den Vorjahren.
(3) Wesentlich weniger wichtig als in den Vorjahren – sowohl im Parlament bezüglich bearbeiteter Geschäfte und neuer Vorstösse als auch in den Medien – waren 2019 die Migrations- und die Aussenpolitik.

Noch einer dieser zahlreichen Rückblicke am Ende des Jahres? Ja, aber beim APS-Jahresrückblick 2019 wird herausgehoben, was im vergangenen Jahr im Vergleich zu den Vorjahren besonders im Vordergrund gestanden hat. Wir haben uns die Frage gestellt, wie man wissenschaftlich(er), messen könnte, was 2019 wichtig war. Beim APS-Jahresrückblick richten wir uns einerseits nach den 2019 im Vergleich zu 2016 bis 2018 neu im Parlament eingereichten Vorstössen sowie nach den im Parlament behandelten Geschäften und messen damit, was für die Parlamentarierinnen und Parlamentarier wichtiger oder aktueller war als in den Jahren zuvor (Abbildung 2 im Quellenanhang). Andererseits orientieren wir uns an der Medienberichterstattung, indem wir den Anteil Medienberichte zu einem Thema 2019 mit dem durchschnittlichen Anteil des Themas 2016 bis 2018 vergleichen (Abbildung 1 im Quellenanhang). Wir gehen davon aus, dass die Medien dazu beitragen, die breite Öffentlichkeit an ansonsten grösstenteils geschlossenen Veranstaltungen teilnehmen zu lassen, gleichzeitig aber auch als Pförtner (Gatekeeper) einigen Themen einfacher Zugang zu dieser Öffentlichkeit verschaffen als anderen. Beide Masse vermögen zu zeigen, welche Themen 2019 wichtig waren und/oder welche vom Parlament bzw. von den Medien als wichtig erachtet wurden.

Zentrales Ereignis stellten 2019 die eidgenössischen Gesamterneuerungswahlen dar, deren Resultate als Indikatoren für die weiter zunehmende Volatilität des Schweizer Parteiensystems betrachtet werden können. In den meisten Kantonen trat nicht nur eine neue Rekordzahl an Kandidierenden auf einer neuen Rekordzahl an Listen an, darunter waren auch wesentlich mehr Frauen als früher. Dies wirkte sich auf die Neubesetzung des Parlaments aus, das vor allem weiblicher, aber auch jünger und grüner wurde. Wahlsiegerinnen waren ohne Zweifel die Grünen und die GLP, die auf Kosten der etablierten Parteien eine in diesem Umfang noch nie da-gewesene Zahl an Sitzen hinzugewinnen konnten. Auch in den Medien fanden die Wahlen wenig überraschend grossen Widerhall. Zu kaum einem Thema wurden 2019 ähnlich viele Artikel publiziert; und vor allem im Vergleich zu den Jahren 2016 bis 2018 stechen die Parlamentswahlen heraus: 13.2 Prozentpunkte mehr Artikel als in den drei Jahren zuvor publizierte die Presse 2019 zu diesem Thema. Ob der in den Medien kolportierte frische Wind, die Aufbruchstimmung und die neue Kollegialität auch zu unterschiedlicher Betonung der verschiedenen Themenfelder führen wird, muss sich weisen.

Dies könnte etwa der Fall sein beim «Umweltschutz», dem politischen Thema schlechthin im Jahr 2019. In den Medien, in denen über das inhaltlich wichtigste Thema 2019 wesentlich häufiger berichtet wurde als noch in den Vorjahren (+4.6 Prozentpunkte), wurde auch eine wichtige Wirkung von Umwelt- und Klimafragen auf den Wahlausgang diskutiert. Neben den zahlreichen Klimastreiks und -Demonstrationen debattierte auch das Parlament über verschiedene politische Vorstösse zu diesem Thema (etwa Po. 18.4211 oder Po. 19.3385) sowie über die Revision des CO2-Gesetzes. Im Parlament scheint man die Zeichen der Zeit verstanden zu haben: In keinem anderen Thema im Vergleich zu den Vorjahren nahm die Zahl neuer Vorstösse 2019 derart zu wie beim Umweltschutz (+3.1 Prozentpunkte). Eine zentrale Frage der neuen Legislatur wird sicherlich sein, ob diesen Vorstössen auch Erfolg bescheiden sein wird.

Dass sich medial vermittelte öffentliche Meinung und Aktivität im Parlament nicht immer kongruent entwickeln, zeigt sich bei einem weiteren im Wahlkampf sowie im Vergleich mit den Vorjahren in den Medien 2019 wichtigen Thema (Teil des Kapitels Soziale Gruppen), nämlich bei Fragen zur Gleichstellung von Mann und Frau (+2 Prozentpunkte). Der Frauenstreik und verschiedene damit verbundene Aktionen halfen zwar wohl mit, dass in der 51. Legislatur ein rekordhoher Anteil an Frauen Einsitz im Bundeshaus genommen hat, in den parlamentarischen Beratungen selber hatte die Gleichstellung von Mann und Frau aber 2019 nicht die gleiche Bedeutung. Eine Genfer Standesinitiative, die den Kantonen Möglichkeiten geben wollte, die Gleichstellung von Männern und Frauen aktiv zu fördern oder die Schaffung einer unabhängigen Lohngleichheitskommission wurden abgelehnt.

Gemessen an der reinen Anzahl Artikel ist das Thema «Verkehr und Kommunikation» sehr häufig Gegenstand in den Medien. Verglichen mit den Vorjahren ist die Zunahme an Artikeln aber eher gering. Dies gilt allerdings nicht für das Parlament, das im Bereich Verkehr und Kommunikation mehr Geschäfte behandelte als in den Vorjahren – darunter Infrastrukturprojekte (Schiene, Strasse und Agglomerationsverkehr), Vorstösse mit denen Via Sicura aufgeweicht werden soll, zahlreiche Vorstösse zur Post sowie die Revision des Fernmeldegesetzes. Darüber hinaus wurden 2019 auch wieder wesentlich mehr Vorstösse zum Thema «Verkehr und Kommunikation» eingereicht als früher (+1.8 Prozentpunkte). Mit insgesamt 101 neu eingereichten Anliegen – im Themenvergleich am meisten neue Vorstösse – wird das Thema «Verkehr und Kommunikation» auch in nächster Zeit die parlamentarische Aufmerksamkeit in Anspruch nehmen.

Ähnlich wie beim Thema Verkehr hat das Parlament auch zum Thema Sozialversicherungen 2019 mehr gearbeitet und mehr Vorstösse eingereicht als in den Vorjahren – etwas, das sich auch hier nicht in vermehrter Medienberichterstattung niederschlägt. Zwar fanden die wichtigen parlamentarischen Debatten zur STAF, zur AHV21, zur Revision der Pensionskassen, zur Reform der Ergänzungsleistungen oder zur Weiterentwicklung der IV in den Medien Widerhall. Interessanterweise blieben aber etwa die Debatten um die Beibehaltung der Einteilung der Prämienregionen ohne mediales Echo.

Des Weiteren berichteten die Medien 2019 angesichts des sukzessive sinkenden BIP und des sinkenden Produktionsindexes, aber auch des chinesisch-amerikanischen Handelskriegs und des Brexit vergleichsweise häufig über Konjunkturfragen (+1.5 Prozentpunkte; vgl. Thema «Wirtschaftspolitik»). Diesbezüglich beriet das Parlament die Botschaft zur Standortförderung 2020-2023, deren Anfangsbudget es von CHF 373.1 Mio. auf CHF 389.8 Mio erhöhte. Damit sollen durch den Ausbau von E-Government und den Abbau von administrativen Hürden vor allem KMU unterstützt, durch Förderung von Digitalisierungsprojekten dem Tourismus geholfen und die neue Regionalpolitik (NRP) gestärkt werden. Auffallend ist, dass der Anteil neuer wirtschaftspolitischer Vorstösse im Vergleich zu den Vorjahren rückläufig ist.

Auch die Gerichte waren in der medialen Berichterstattung 2019 vergleichsweise stärker repräsentiert als in den Vorjahren (+1.0 Prozentpunkte). Die nationalrätliche Debatte über das ziemlich umstrittene Bundesgerichtsgesetz; die Ersatzwahl ans Bundesgericht, bei der die GK entgegen den Gepflogenheiten nicht die am stärksten untervertretene SVP, sondern die CVP berücksichtigte; die 2019 zustande gekommene Justizinitiative, die vorschlägt, oberste Richterinnen und Richter per Losverfahren zu bestimmen, sowie die umstrittene und äusserst knappe Wiederwahl des Bundesanwalts Michael Lauber wurden von den Medien relativ breit diskutiert. Beim Thema «Institutionen und Volksrechte», zu dem die Gerichte gezählt werden, und das im Parlament 2019 häufiger debattiert wurde als noch in den Vorjahren (+1.65 Prozentpunkte), werden zwar das Verordnungsveto und die Fragen zu Lobbying im Parlament und Transparenz bei der Finanzierung von Wahl- und Abstimmungskampagnen auch in der neuen Legislatur zu parlamentarischen Debatten führen, im Vergleich zu früher hat der Anteil neuer Vorstösse in diesem Themenbereich allerdings abgenommen.

Beim Thema «Detailhandel» – medial relevanter als in früheren Jahren (+0.9 Prozentpunkte; vgl. das Kapitel «Wirtschaftspolitik») – stand die Hochpreisinsel Schweiz mit der entsprechenden Volksinitiative, zu der der Bundesrat 2019 einen indirekten Gegenvorschlag präsentiert hatte, im Mittelpunkt. Gleichzeitig wurden im Parlament mehrere Vorstösse zur Bekämpfung der Preisdifferenz zum Ausland mit unterschiedlichen Reformvorschlägen debattiert: eine Vereinfachung der Kontrollverfahren im Zusammenhang mit dem Cassis-de-Dijon-Prinzip, die Änderung des Kartellgesetzes, die Reduzierung oder Abschaffung der Wertzuschläge im Einkaufstourismus sowie die Modernisierung der Zollkontrollen.

Verglichen mit den drei Vorjahren übervertreten war die Raumplanung (+0.8 Prozentpunkte), was auf die Abstimmung über die Zersiedelungsinitiative im Februar 2019 zurückgeführt werden kann: Mit 63.7 Prozent sprachen sich die Stimmberechtigten gegen die Initiative aus, obwohl sie – wie die Nachabstimmungsbefragung Voto zeigte – einen besseren Schutz der Schweizer Landwirtschaft und des Kulturlandes durchaus befürworteten. Sie erachteten dafür das neue Raumplanungsgesetz jedoch als genügend zielführend. Dass auch das Parlament diesem Thema 2019 im Vergleich zu den Vorjahren mehr Aufmerksamkeit zukommen liess, ist wohl auch auf die Diskussionen um die Aufhebung des Eigenmietwerts zurückzuführen.

In den Medien leicht überdurchschnittlich wichtig war 2019 auch das Thema «Gesundheit» (+0.7 Prozentpunkte), das vor allem durch die Breite der verschiedenen medial diskutierten Aspekten auffällt. Das Thema dürfte auch in Zukunft wichtig bleiben – darauf deutet auch die Zunahme bei den 2019 eingereichten Vorstössen hin, die vom neuen Parlament in der 51. Legislatur debattiert werden müssen.

Verglichen mit 2018 war das Thema «Europa» 2019 zwar deutlicher weniger virulent, berücksichtigt man jedoch den Zeitraum von 2016 bis 2018, erhielt es 2019 dennoch eine überdurchschnittliche Betonung in den Medien (+0.6 Prozentpunkte). Im Zentrum standen diesmal aber nicht das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU, sondern die verschiedenen Freihandelsabkommen, die Kohäsionsmilliarde sowie die Beendigung der Anerkennung der Börsenäquivalenz durch die EU. Die Aussenpolitik generell scheint aktuell im Parlament allerdings weniger wichtig zu sein als in früheren Jahren – darauf weist zumindest der vergleichsweise recht deutliche Rückgang der neu eingereichten Vorstösse hin (-2.3 Prozentpunkte im Vergleich zu 2016-2018).

Im Vergleich zu den Vorjahren medial kaum in Betracht fielen 2019 die Themenbereiche Asylpolitik (-2.8 Prozentpunkte), Migrationspolitik (-2.5 Prozentpunkte) und Medienpolitik (-1.7 Prozentpunkte). In der Asyl- und Migrationspolitik fehlten 2019 aufgrund der Entspannung im Asylbereich und mangels anstehender migrationspolitischer Abstimmungen aktuelle Aufhänger für die Medien. So wurden 2019 verschieden Asylzentren, darunter das Zentrum für renitente Asylbewerbende in Verrières (NE) geschlossen.

Beim Kapitel «Medien» standen der Umzug des SRG-Radiostudios von Bern nach Zürich und eines Teils des Fernsehstudios von Genf nach Lausanne sowie der Entscheid Simonetta Sommarugas gegen das Mediengesetz von Doris Leuthard im Vordergrund der Debatte. Dies reichte jedoch nicht, um an die Spitzenwerte dieses Themenbereichs 2017 und 2018 aufgrund der No-Billag-Initiative anzuknüpfen. Insbesondere mit den ersten beiden Themen hatte die SVP in den letzten Jahren jeweils stark mobilisiert, wie die Analyse der Abstimmungsinserate zu thematisch passenden Abstimmungen zeigt.

In Abbildung 2 (im Quellenanhang) sticht die im Vergleich zu den Vorjahren deutlich geringere Arbeitslast des Parlaments bezüglich des Themas «Rechtsordnung» ins Auge. In der Tat war der Anteil der im Parlament behandelten Geschäfte zur Rechtsordnung geringer als in den Vorjahren (-4.1 Prozentpunkte). Allerdings ist dies ein Rückgang auf hohem Niveau, war doch nach wie vor fast jedes 13te 2019 im Parlament behandelte Geschäft diesem Thema zuzuordnen, darunter etwa die Übernahme der EU-Waffenrichtlinie, das Verhüllungsverbot oder die Terrorismusbekämpfung.

Etwas weniger arbeitsintensiv ist in der Regel die Landwirtschaft, wobei 2019 im Parlament noch etwas weniger Geschäfte behandelt wurden als in den Vorjahren (-0.9 Prozentpunkte); darunter das umstrittene Jagdgesetz oder die Weiterentwicklung der Agrarpolitik. Die direkte Demokratie auf der einen Seite – die Initiative für sauberes Trinkwasser, die Initiative für eine Schweiz ohne synthetische Pestizide sowie die Initiative «Ja zum Tier- und Menschenversuchsverbot» werden 2020 von sich reden machen – und die im Vergleich zu den Vorjahren angestiegene Zahl an Vorstössen werden freilich dafür sorgen, dass das Thema Landwirtschaft auch im neuen Parlament virulent bleiben wird.

APS-Jahresrückblick 2019
Dossier: Rétrospective annuelle 2019