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  • Herzog, Verena (svp/udc, TG) NR/CN

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Verena Herzog (svp, TG) wollte in einer Motion den Bundesrat auffordern, die tatsächlichen Ursachen hinter der Diagnose der Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) anzugehen und auf diese Weise die Verschreibung von methylphenidathaltigen Medikamenten wie Ritalin in der Deutschschweiz und der Romandie zu reduzieren. Die Diagnosen von ADHS – eine der meistdiagnostizierten psychischen Störungen bei schulaltrigen Kindern in der Schweiz – sowie die verschriebenen Arzneimittel hätten während den vergangenen zwanzig Jahren stark zugenommen, was sie als äusserst beunruhigend empfinde, so die Motionärin. Die Verkaufszahlen von Methylphenidat hätten sich zwischen 2006 und 2011 auf 340 Kilogramm pro Jahr verdoppelt und würden seither auf diesem Niveau verharren. Herzog unterstrich, dass es nicht ihre Absicht sei, Ritalin an sich zu diffamieren, da das Medikament in Einzelfällen, wenn es spezifisch eingesetzt und mit anderen Massnahmen kombiniert werde, durchaus hilfreich sein könne. Das Problem sei vielmehr, dass es zu vielen Kindern verschrieben würde, weil diese «den Erziehungsvorstellungen und Leistungsanforderungen nicht gerecht würden». Dass es auch ohne dieses Ausmass an Verschreibungen gehe, zeige der Kanton Tessin. Dort werde Ritalin fünfmal weniger ärztlich verschrieben als in der restlichen Schweiz, was dem Kinderarzt Andreas Wechsler zufolge mit dem integrativen Schulsystem und der südlichen Mentalität zu tun habe. Weiter führte die Motionärin aus, dass es sich bei ADHS nicht um eine Erkrankung, sondern um «ein Paradebeispiel für eine fabrizierte Krankheit» handle. So würde ADHS viel zu schnell als genetische Veranlagung abgestempelt, obwohl psychosoziale Faktoren ebenfalls ermittelt werden sollten. Zudem sah Herzog eine Gefahr in der Einnahme von Ritalin durch gesunde Kinder und Jugendliche, die das Medikament zur mentalen Leistungssteigerung verwendeten.
Der Bundesrat äusserte sich negativ gegenüber dem Vorstoss. Zwar teile man die von der Motionärin definierten Ziele bezüglich der Verbesserung der Begleitmassnahmen und Arzneimittelreduktion, jedoch sei es sehr schwierig, eine alleinige Ursache für ADHS zu identifizieren. Vielmehr seien genetische, soziale und kulturelle Faktoren entscheidend. Daher sei es essentiell, gezielt auf die Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen. Es sei umstritten, «ob ADHS eine Krankheit im eigentlichen Sinne oder lediglich ein Störungsbild» sei, so der Bundesrat. Alain Berset erklärte sich die Zunahme an Diagnosen von ADHS und an Verschreibungen von Ritalin teilweise mit der vermehrten Aufmerksamkeit, die der Störung zukomme. Jedoch sei es wichtig, zu betonen, dass die Schweiz mit drei bis fünf Prozent der Schulkinder, welche von ADHS betroffen seien, immer noch unter dem europäischen Durchschnitt liege, welcher sich zwischen fünf und zehn Prozent befinde. Der Bundesrat war der Meinung, dass alleine der behandelnde Arzt unter Berücksichtigung der familiären Umstände des betroffenen Kindes über den Einsatz von Ritalin oder einem gleichartigen Medikament entscheiden sollte. Zudem habe der Expertenbericht «Leistungssteigernde Medikamente – Bedeutung, Anwendung und Auswirkungen» gezeigt, dass der schweizerische Umgang mit der Verschreibung methylphenidathaltiger Arzneimittel mit den internationalen Empfehlungen Hand in Hand gehe. Folglich sehe der Bundesrat «keinen Anlass, in die ärztliche Behandlungsfreiheit einzugreifen». Der Bund sei ohnehin nicht befugt, die Verschreibungspraxis systematisch zu kontrollieren, da die Kontrolle der Ärzteschaft im Kompetenzbereich der Kantone liege.
Obwohl der Bundesrat die Motion zur Ablehnung empfahl, wurde sie von der grossen Kammer mit 90 zu 81 Stimmen bei 4 Enthaltungen angenommen. Entscheidend für dieses Ergebnis waren vor allem die Fraktionen der SVP-, CVP- und der Grünen, die grossmehrheitlich für den Vorstoss stimmten, sowie vier von der Fraktionsmehrheit abweichende Stimmen aus der SP- und der FDP-Fraktion.

ADHS ist keine Krankheit
Dossier: Interventions sur le thème du TDAH

Ende November 2017 löste ein Artikel in der Zeitung Le Temps über Yannick Buttet (cvp, VS) eine Debatte aus, mit der die aktuellen Diskussionen um #metoo – ein Kürzel, das im Rahmen der Anklage gegen den US-amerikanischen Filmproduzenten Harvey Weinstein aufgekommen war und auf sexuelle Belästigung und sexuelle Übergriffe aufmerksam machen will – auch in Bundesbern virulent wurden und die letztlich zur Demission des Walliser Nationalrats führten.

Le Temps berichtete, dass gegen Buttet eine Klage wegen Stalking eingereicht worden sei. Er habe eine Frau, mit der er eine aussereheliche Beziehung gehabt habe, seit dem Ende dieser Beziehung über ein Jahr lang mit Sprachnachrichten und Telefonanrufen eingedeckt. Als er sie an ihrem Wohnort aufgesucht habe, habe die Frau die Polizei gerufen, die Buttet im Garten der ehemaligen Geliebten verhaftet habe.
Buttet bestritt die Vorwürfe nicht. Eine Ehekrise habe sein Verhalten beeinflusst und er entschuldige sich bei all jenen, «que j’ai pu blesser involontairement» (Le Temps). Anlass zu den Diskussionen gaben allerdings weniger das Privatleben von Buttet und der Stalking-Vorwurf – auch wenn zahlreiche Medien dem als wertkonservativ bezeichneten CVP-Vizepräsidenten, der sich für ein traditionelles Familienbild einsetze, Heuchelei vorwarfen («Ausgerechnet der Saubermann» titelte etwa der Tages-Anzeiger). Eine Debatte lösten vielmehr die von Le Temps in Bundesbern eingeholten Reaktionen verschiedener Politikerinnen und Journalistinnen auf die Affäre Buttet aus: Buttet habe «des pulsions sexuelles incontrôlées»; wenn er trinke, ändere sich seine Persönlichkeit: «Il se comporte mal et il a des gestes déplacés»; «il va trop loin et il ne connaît plus de limites», gaben die befragten Frauen zu Protokoll. Gar von «dérapages choquants» war die Rede. «Si tu couches, je vote pour ta motion» sei einer Parlamentarierin angeboten worden. Die Interviewten wollten allerdings anonym bleiben. Sie müssten um ihre Karriere fürchten, wenn sie sich öffentlich äussern würden. In der Folge nahm die Deutschschweizer Presse den Fall auf und weitete ihn aus. Anscheinend wisse nicht nur Buttet nicht, wo die Grenzen seien. Mehrere Parlamentarierinnen kamen zu Wort und berichteten über «unangebrachte Gesten, die sie wirklich darüber nachdenken lassen, wohin sie gehen oder ob sie es noch wagen, mit gewissen Personen den Lift zu nehmen» (Céline Amaudruz; svp, GE), über «sexistische Sprüche» (Yvonne Feri; sp, AG) oder gar Vergewaltigungsdrohungen in Kommissionssitzungen (Maria Roth-Bernasconi; sp, GE). Viele Parlamentarierinnen erhielten Bemerkungen zu ihrer Kleidung, ihrem Make-Up, ihren Beinen, ihren Brüsten; viele wüssten nicht, wie sie reagieren sollten, würden resignieren und versuchten, damit zu leben.
Maya Graf (gp, BL) forderte als Präsidentin des Frauendachverbandes Alliance F eine Meldestelle für Parlamentsmitglieder, bei der sexuelle Belästigung gemeldet werden könne. Sexismus gehöre leider immer noch zur Tagesordnung; das sei im Parlament nicht anders. Freilich gab es auch Stimmen, die ein Sexismus-Problem im Bundeshaus als «Blödsinn» bezeichneten (Verena Herzog; svp, TG) und keinen Handlungsbedarf sahen. Um gewählte Nationalrätin zu sein, müsse man stark und durchsetzungsfähig sein und könne sich wohl zur Wehr setzen, befand Andrea Gmür (cvp, LU). Natalie Rickli (svp, ZH) warnte davor, nun gleich alle Männer im Bundeshaus unter Generalverdacht zu stellen. Auch Kathrin Bertschy (glp, BE) betonte im Tages-Anzeiger, dass sich die grosse Mehrheit der männlichen Kollegen auch bei informelleren Anlässen, in denen Alkohol fliesse, «normal und anständig» verhalten würde. Wie überall gebe es aber auch hier «ein paar Typen, die enthemmter sind und die Grenzen nicht kennen.»

Wie ambivalent die Debatte um #metoo ist und wie schwierig es eben ist, sich zu wehren, zeigten die Auseinandersetzungen um die Anschuldigungen von Céline Amaudruz zu den unangebrachten Gesten und ihren Bedenken, mit gewissen Personen den Lift zu benutzen. Nachdem der Sonntags-Blick kolportiert hatte, dass ihre Andeutung wohl Buttet gegolten haben müsse – der Walliser soll sie beim Apéro nach der Wahl von Ignazio Cassis in stark angetrunkenem Zustand belästigt haben –, wurde die Genferin laut Medien in ihrer Fraktion von Adrian Amstutz (svp, BE) heftig kritisiert. Sie schade der Partei und allen Parlamentariern, wenn sie Äusserungen mache ohne konkret zu werden und Namen zu nennen. Laut Sonntags-Blick habe die Genferin darauf unter Tränen das Fraktionszimmer verlassen. In seinem Editorial in der Weltwoche doppelte Roger Köppel (svp, ZH) nach: Das Klima im Bundeshaus sei «sexismusfeindlich», Männer stünden unter Generalverdacht. Und weiter: «Eine Politikerin, die ich noch nie ohne kurzen Rock oder hautenge Bluse gesehen habe, beschwert sich, sie würde mit gewissen Herren niemals in den Lift steigen.» Das Problem sei, so die Tribune de Genève, dass Frauen von Opfern zu Täterinnen gemacht würden – auch im Bundeshaus. Die «manipulierende Wirkung der medialen Öffentlichkeit» – so die Wochen-Zeitung – sei vor allem für Frauen verheerend, denen, wenn sie eine Anschuldigung vorbrächten, eine mediale Hetzjagd und die Ausleuchtung ihres Privatlebens drohe: «Kann eine Situation juristisch nicht eindeutig geklärt werden, bleibt die Geschichte vor allem an der Frau kleben. Sie kriegt den Schlampenstempel aufgedrückt.»

Buttet wurde kurz nach Bekanntwerden der Anschuldigungen von seinem Amt als CVP-Vizepräsident suspendiert. Einen Rücktritt als Nationalrat schloss Buttet vorerst allerdings aus, auch wenn sich gar CVP-Bundesrätin Doris Leuthard in die Debatte einbrachte. Falls die Vorwürfe korrekt seien, habe Herr Buttet ein Problem, sagte die Magistratin bei einem TV-Interview: «Alle diese Herren, die sich nicht zu benehmen wissen, nerven mich [...]. In der Politik ist das inakzeptabel», wurde das Interview bei RTS im Blick zitiert. Rund fünf Tage nach Bekanntwerden des Stalking-Vorwurfs liess sich Buttet krank schreiben. Er wolle eine Kur beginnen, um sein Alkoholproblem in den Griff zu kriegen, liess er über seinen Anwalt verkünden. Damit vermied er eine geplante Anhörung durch die Parteileitung. CVP-Präsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) nahm in der Folge vor der Presse Stellung. Buttets Verhalten sei in der Tat inakzeptabel, aber auch für ihn gelte die Unschuldsvermutung.
Freilich wurden nicht nur die Rücktrittsforderungen, sondern auch die Forderungen nach einem Parteiausschluss lauter. Insbesondere nachdem in Le Temps sechs weitere Frauen zu Wort gekommen waren, die detailliert sexuelle Belästigungen von Buttet beschrieben, und nachdem bekannt wurde, dass die Walliser Staatsanwaltschaft ein Verfahren wegen Nötigung eingeleitet hatte. Ohne mit seiner Partei das Gespräch gesucht zu haben, zog Buttet wohl auch deshalb die Reissleine und gab am Sonntag, 18. Dezember 2017 seine Demission als Nationalrat bekannt. Er erklärte via Communiqué, im Interesse der CVP und seiner Familie zurückzutreten. Er wolle sein Umfeld schützen und die notwendige Ruhe für den Heilungsprozess von seiner Alkoholabhängigkeit schaffen. Für Buttet, der Gemeindepräsident von Collombey-Muraz (VS) blieb, rutschte Benjamin Roduit (cvp, VS) in den Nationalrat nach.

Eine rasche Reaktion auf die Debatten zeigten die beiden Ratspräsidien. Karin Keller-Sutter (fdp, SG) und Dominique de Buman (cvp, FR) fassten eine «Lex Buttet» (Blick) ins Auge. Sexuelle Belästigung müsse verurteilt werden und gegen sie sei «mit aller Entschiedenheit» vorzugehen, so die Ständeratspräsidentin und der Nationalratspräsident in einem gemeinsamen Communiqué. Mitte Dezember legte die Verwaltungsdelegation in Absprache mit den Rats- und den Fraktionspräsidien dann ein Dokument vor, in dem den Parlamentsmitgliedern geraten wurde, sich bei sexueller Belästigung künftig an die Fraktionsspitzen oder eine externe Beratungsstelle zu wenden. Das Dokument hielt zudem den Unterschied zwischen einem Flirt und sexueller Belästigung fest, wie er auch im Ratgeber für Arbeitnehmende des Bundes vermerkt ist: Ein Flirt sei «aufbauend», «von beiden Seiten erwünscht» und löse «Freude aus», während sexuelle Belästigung «erniedrigend», «von einer Person nicht erwünscht» sei und «Ärger» auslöse. Mit diesem Dokument drifte die Debatte ins Lächerliche ab, bedauerte Natalie Rickli, als «fausse bonne idée» bezeichnete Doris Fiala (fdp, ZH) das Unterfangen laut Tages-Anzeiger. Leider mache man nur noch Witze, wenn man «wie Schulbuben» behandelt werde, obwohl es bei Stalking und sexuellen Belästigungen um wichtige Themen ginge. Géraldine Savary (sp, VD) befand es hingegen für nützlich, in Erinnerung zu rufen, «was normal sein sollte, es aber offenbar nicht für alle ist». Es sei gut darüber zu reden, weil das vor allem den Frauen helfe, sich bewusst zu werden, dass man Grenzen setzen dürfe und müsse, gab sie dem Tages-Anzeiger zu Protokoll.

Einige Medien reflektierten ihre eigene Rolle in der Affäre: Buttets Karriere ende, bevor erwiesen sei, ob und was er sich zuschulden habe kommen lassen – so etwa die Basler Zeitung. Die Unschuldsvermutung habe keinen Wert mehr und in den letzten drei Wochen habe eine «veritable Hetzjagd» mit zahlreichen anonymen Beschuldigungen stattgefunden. Nur eine Frau habe aber genug Rückgrat gehabt, Buttet anzuzeigen, seine ehemalige Geliebte. Die «tolérance zéro» sei zur Norm im Parlament geworden, urteilte die Tribune de Genève und stellte einen Vergleich mit dem Rücktritt von Jonas Fricker (gp, AG), dem Wirbel um ein aussereheliches Kind von Christophe Darbellay (VS, cvp) und der Affäre um Geri Müller (gp, AG) her. Jemand mache einen Fehler, es komme zu einem Mediengewitter und zu grossem politischen Druck, dem nur noch durch einen Rücktritt begegnet werden könne. Man müsse sich fragen, ob die immer schneller agierenden Medien Meinungen abbildeten oder selber formten. Sie hätten auf jeden Fall die Macht, zu definieren, was moralisch vertretbar sei. Die Vermischung von privatem und öffentlichem Leben nehme zu. Man müsse freilich unterscheiden zwischen moralischen und strafrechtlichen Verfehlungen – so die Tribune de Genève.

Mitte August 2018 wurde bekannt, dass Buttet wegen Nötigung und unrechtmässiger Aneignung zu einer Geldstrafe auf Bewährung verurteilt worden war. Er selber bezeichnete die damals publik gewordene Verhaftung laut der NZZ als Resultat einer politischen Verschwörung. Er überlege sich, im Herbst 2019 für den Ständerat zu kandidieren.

Affäre Buttet

Im September 2019 forderte die grüne Fraktion vom Bundesrat einen Bericht zu Möglichkeiten zur Verbesserung und Vereinheitlichung der Praxis der Prämienverbilligung in den Kantonen. Das bei Einführung des KVG formulierte Ziel einer Prämienbelastung von maximal 8 Prozent des Einkommens werde heute klar verfehlt, betonte die Fraktion.
Der Bundesrat verwies auf den im März 2017 angenommenen Entwurf zur finanziellen Entlastung der Familien bei der Krankenversicherung, mit dem die Situation von Familien mit unteren und mittleren Einkommen verbessert werden sollte. Des Weiteren betonte er den engen Zusammenhang zwischen Prämienverbilligungen, Ergänzungsleistungen und Sozialhilfe, der den grossen Handlungsspielraum der Kantone in diesem Bereich rechtfertige. Dennoch halte auch er den starken Rückzug mehrerer Kantone in diesem Bereich – zehn Kantone finanzierten 2016 weniger als einen Drittel, elf Kantone weniger als die Hälfte der Prämienverbilligungsbeiträge – für problematisch. Deshalb erklärte er sich bereit, einen entsprechenden Bericht, der auch das Postulat Humbel (cvp, AG; Po. 17.3880) aufnehmen und den Bericht zur Aufgabentrennung zwischen Bund und Kantonen berücksichtigen sollte, zu verfassen.
In der Wintersession 2017 bekämpfte Verena Herzog (svp, TG) das Postulat, das folglich in der Frühjahrssession 2018 vom Nationalrat behandelt wurde. Dabei verzichtete die Thurgauerin auf eine Stellungnahme. Der Bundesrat lud die Nationalrätinnen und Nationalräte nochmals dazu ein, das Postulat anzunehmen, zumal der Rat in der Wintersession 2017 bereits die für den Bundesrat inhaltlich nahezu identische Motion Humbel angenommen habe. Bei 96 zu 84 Stimmen (bei 1 Enthaltung) führten die geschlossen Nein-stimmenden SVP- und FDP-Fraktionen zur Ablehnung des Postulats der grünen Fraktion.

Prämienverbilligungen bei den Krankenkassen verbessern und vereinheitlichen (Po. 17.3877)
Dossier: Réduction de primes

Le postulat déposé par Verena Herzog (udc, TG) demande la simplification et la modernisation du droit du travail pour améliorer la compétitivité des entreprises du secteur des services. Le droit du travail est difficilement applicable pour les entreprises en raison des multiples révisions et ordonnances d'exécution. Le Conseil fédéral est donc chargé de le simplifier. De plus, il devra présenter un rapport exposant des mesures qui permettraient un renforcement de la compétitivité du secteur tertiaire. L'auteure du postulat juge que la loi sur le travail (LTr) est dépassée, du fait du développement du secteur des services et de l'essor de nouvelles formes de travail.
Le Conseil fédéral propose de rejeter ce postulat. Selon lui, au regard des discussions menées ces dernières années avec les partenaires sociaux et les cantons, il est plutôt souhaitable d'adapter ponctuellement la loi sur le travail au lieu de procéder à une révision totale de celle-ci. Le Conseil national a adopté ce postulat par 127 voix contre 60 et 2 absentions, les voix des Verts et des socialistes n'auront pas suffi pour rejeter le postulat.

Simplification et modernisation du droit du travail (Po. 15.3679)

In der Sommersession 2017 stimmte nach dem Ständerat auch der Nationalrat mit 113 zu 67 Stimmen (1 Enthaltung) für die Motion SGK-SR und damit für eine länger dauernde Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt eines Neugeborenen. Zuvor hatte sich bereits die SGK-NR nach Kenntnisnahme des bundesrätlichen Berichts „Einkommen der Mutter bei Aufschub der Mutterschaftsentschädigung infolge längeren Spitalaufenthalts des neugeborenen Kindes“ für eine Anpassung des Erwerbsersatzgesetzes (EOG) ausgesprochen. In der Nationalratsdebatte bat Verena Herzog (svp, TG) im Namen der Minderheit der SGK-NR um eine Ablehnung der Motion, da der Zweck des Mutterschaftsurlaubs – die Erholung der Mutter und der Aufbau einer Bindung zum Kind – auch im Spital erfüllt werden könne. Die Argumente, wonach die Mütter einen Aufschub des Entschädigungsanspruches eigenverantwortlich regeln könnten, ein Gesetz nicht alle Härtefälle abdecken könne und eine solche Regelung die bereits stark belastete EO weitere CHF 4 bis 5 Mio. kosten würde, fanden jedoch nur bei der SVP-Fraktion mehrheitlich Anklang.

Länger dauernde Mutterschaftsentschädigung bei längerem Spitalaufenthalt des Neugeborenen

Eine Übersicht über die rechtliche Gleichstellung der öffentlichen und privaten Spitex zu erhalten, war das Bedürfnis der SGK des Nationalrates, die mit ihrem entsprechenden Postulat eine Bestandsaufnahme vom Bundesrat verlangte. Sie nahm damit ein älteres Anliegen auf. Dabei sollte besonderes Augenmerk auf allfällige Ungleichbehandlungen der Kundinnen und Kunden privater und öffentlicher Spitexorganisationen bezüglich deren Rechte und Pflichten gelegt werden. Finanzierung, Mehrwertsteuer, die Qualität der Leistungen, Anstellungsbedingungen sowie Modalitäten über den Ausbildungsstand der Pflegenden sollten im geforderten Bericht erläutert werden. Ebenso sollte die Versorgungssicherheit thematisiert werden. Einstimmig hatte sich die Kommission entschlossen, dieses Postulat einzureichen. Ihre Sprecherin Herzog (svp, TG) verdeutlichte die Beweggründe für diesen Schritt mit der demografischen Entwicklung und den daher rührenden Herausforderungen für die Pflege und die Altershilfe. Grundsätzlich werde davon ausgegangen, dass es sowohl privater, als auch öffentlicher Dienstleister bedürfe, die Rahmenbedingungen für deren Tätigkeiten müssten jedoch abgesteckt werden. Gerade in Entlöhnungsfragen und buchhalterischen Bestimmungen zu Mehrwertsteuerpflicht und Subventionierung müsse Klarheit geschaffen werden. Die Kommission stützte sich für ihren Ausblick auch auf eine Studie der Universität Basel, gemäss welcher die Kosten im Pflegebereich bis 2035 beträchtlich steigen und jährlich über CHF 30 Mrd. betragen werden. Gegenüber dem Jahr 2012 entspreche dies einem Plus von 177 Prozent – eine „Kostenexplosion”, vor der Herzog und mit ihr die Kommission warnen wollte. In ihrem Votum wurde auch die Marktsituation angesprochen, die momentan neuen Modellen hinderlich sei. Insofern müsse man sich vergegenwärtigen, wie auch eine Versorgungslücke in der Pflege verhindert werden könne.
Der Bundesrat wollte von diesem Auftrag nichts wissen respektive verwies auf laufende Projekte, wie die Evaluation der Neuordnung der Pflegefinanzierung, zu welcher der Schlussbericht zu diesem Zeitpunkt noch nicht vorgelegt worden war. Zudem gab die Regierung auch zu bedenken, dass die Reglementierung von Spitexorganisationen Sache der Kantone sei, weswegen die Bundesgesetzgebung ohnehin nur beschränkte Wirkung entfalten könne. Einen Bericht zu erstellen sei daher nicht nötig. Gesundheitsminister Berset erwähnte im Rahmen der Behandlung des Postulats im Nationalrat in puncto Mehrwertsteuerpflicht auch noch einmal die Ansicht der Regierung, wie sie bereits zu einem älteren Geschäft formuliert worden war und offensichtlich immer noch ihre Gültigkeit hatte: Steuerausnahmen beeinträchtigten die Wettbewerbsneutralität der Mehrwertsteuer, was zu Wettbewerbsverzerrungen führen könne. Gegen den Willen der Regierung wurde das Postulat vom Plenum aber mit 114 zu 61 Stimmen und 7 Enthaltungen gutgeheissen.

Rechtliche Gleichstellung der öffentlichen und privaten Spitex (Po. 16.3909)
Dossier: Droits et obligations de diverses organisations d'aide à domicile

Mit einer parlamentarischen Initiative „Praxisorientierte Gestaltung der Übergangspflege“ wollte Ruth Humbel (cvp, AG) das KVG dergestalt anpassen, dass die Leistungen der Akut- und Übergangspflege vollumfänglich nach den Bestimmungen der Spitalfinanzierung abgerechnet werden können. Diese Leistungen fallen nach einem stationären Spitalaufenthalt an, wenn Patienten aus medizinischer Sicht zwar nicht mehr hospitalisierungsbedürftig sind, jedoch gleichzeitig noch nicht wieder fähig sind, den Alltag eigenständig zu bewältigen. Vor allem ältere Personen dürften nach Entlassung aus der stationären Behandlung noch Schwierigkeiten haben, weswegen eine Übergangspflege, die ebenfalls in einem stationären Umfeld stattfindet, hier ansetzen kann. Die Pflegekosten werden gegenwärtig nach den Regeln der Spitalfinanzierung aufgeteilt, die Hotelleriekosten müssen jedoch die Patienten selbst tragen. Die Übergangspflege erfülle so ihren Zweck nicht, so die Initiantin. Folge sei, dass die Patientinnen zu lange im Akutspital hospitalisiert oder dass sie zu früh entlassen werden. Dies sei aber auch nicht zielführend. Die gegenwärtig geltende Dauer der finanzierten Übergangspflege von 14 Tagen sei ferner zu kurz, wie auch der Spitalverband H+ bestätigte. Auch hier sollte eine Justierung vorgenommen werden.
Die SGK-NR des Nationalrates gab der Initiative im November 2015 mit 17 zu 3 stimmen und 2 Enthaltungen Folge. Sie war der Ansicht, dass die Leistungen der Akut- und Übergangspflege vollumfänglich getragen werden sollen. Die Schwesterkommission hiess das Anliegen aber nicht gut und gab der Initiative im Frühjahr 2016 keine Folge. Mit 9 zu 2 Stimmen und 2 Enthaltungen vertrat die Kommission die Haltung, dass zuerst die Evaluation der neuen Pflegefinanzierung abgewartet werden soll. Eine Änderung des KVG zum gegenwärtigen Zeitpunkt erachtete sie deswegen als verfrüht.
Somit wurde die Initiative Ende 2016 im Plenum der grossen Kammer traktandiert. Mit 11 zu 8 Stimmen und einer Enthaltung beantragte die SGK-NR erneut, dem Vorstoss Folge zu geben, eine Minderheit Herzog (svp, TG) stellte sich jedoch dagegen. Sie bezweifelte nicht, dass es grundsätzlich Handlungsbedarf gebe, sondern kritisierte, dass nicht genügend Fakten vorhanden seien. So sei beispielsweise die Evaluation der Neuordnung der Pflegefinanzierung abzuwarten, die in Arbeit sei und per Herbst 2017 erwartet werden könne. Die Kommissionsminderheit stellte sich damit auf den Standpunkt der SGK-SR. Anders äusserte sich die Initiantin selbst, die mit zwei Argumenten den Marschhalt abwenden wollte. Einerseits verwies sie auf die kurz zuvor verabschiedete Nachbesserung der Pflegefinanzierung zur Gewährleistung der Freizügigkeit, wobei die erwähnte Evaluation auch nicht abgewartet wurde. Und zweitens sei die Evaluation gar nicht wegweisend, weil sie nicht das aufzudecken vermöge, was erwartet werde: Das kleine Volumen von Übergangspflegeplätzen, gemessen am Total von Langzeitpflegeplätzen, reiche nicht aus, um schlüssige Resultate zu erhalten. Die Abstimmung fiel äusserst knapp aus: Mit nur einer Stimme Unterschied wurde die Initiative abgelehnt. Alle Fraktionen stimmten geschlossen, aufgrund diverser Absenzen reichte der Schulterschluss von FDP- und SVP-Fraktion aus, um die obsiegenden 94 Stimmen zu vereinen. Die Initiative war damit vom Tisch.

Praxisorientierte Gestaltung der Übergangspflege

Das Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe (GesBG), vom Ständerat unverändert an den Nationalrat überwiesen, stand im Sommer 2016 auf der Agenda der grossen Kammer. Deren Kommission für Wissenschaft, Bildung und Kultur beantragte einstimmig, auf die Vorlage einzutreten. Eine Besonderheit ergab sich jedoch: Nach der Debatte im Ständerat hatte der Bundesrat neue Vorschläge zum GesBG in den Raum gestellt, dies, nachdem die Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative im Parlament beschlossen worden war. Insofern gab es bezüglich des GesBG noch Punkte, die im Ständerat gar nicht zur Debatte gestanden waren. Die Einschübe des Bundesrates hatten mit dessen Fachkräfte-Initiative zu tun, die auch Implikationen auf das GesBG hat. Diese Einschübe führten nicht nur dazu, dass ein neues Kapitel im GesBG geschaffen wurde; dem GesBG angefügt wurde gar eine ganz neue Vorlage, nämlich der Bundesbeschluss über Finanzhilfen zur Förderung der Effizienz in der medizinischen Grundversorgung, insbesondere der Interprofessionalität für vier Jahre. Dem GesBG fügte der Bundesrat ein korrespondierendes Kapitel 6a hinzu. Dieses umfasste Massnahmen zur Förderung der Effizienz in der medizinischen Grundversorgung sowie deren Finanzierung: Mit einem mehrjährigen Verpflichtungskredit sollte ein Höchstbetrag durch die Bundesversammlung festgelegt werden. Namens der Kommission schlug Jean-François Steiert (sp, FR) aufgrund der nachträglich erfolgten bundesrätlichen Änderungen vor, dass man mindestens eine Differenz zum Ständerat schaffen möge, damit dieser sich noch zu den neuen Vorschlägen äussern könne.

Obwohl Eintreten über alle Fraktionen hinweg unbestritten war, zeichnete sich in der darauf folgenden Detailberatung anhand der zahlreichen Minderheitsanträge relativ rasch ab, dass eine Differenzbereinigung ohnehin wahrscheinlich sein würde. Die Minderheitsanträge fanden ihren Ursprung in unterschiedlichen Lagern und betrafen diverse Paragraphen. In den meisten Fällen ging es allerdings um einzelne Berufe und/oder deren Ausbildungsstufe, die im Gesetz genannt und damit durch ebendieses geregelt werden. Als Erstes gelangten die Osteopathen ins Visier der Parlamentarierinnen und Parlamentarier. Ein Antrag Herzog (svp, TG) sollte dazu führen, dass dieser Beruf nicht vom Gesetz betroffen wird, da Leistungen einer osteopathischen Behandlung schliesslich auch nicht über die Grundversicherung abgerechnet werden können. Die Aufnahme der Osteopathie in den Katalog anerkannter Gesundheitsberufe wecke Begehren auf verschiedenen Ebenen: Andere Berufsgruppen könnten so ebenfalls die Aufnahme in den Katalog fordern, zudem könnten Patienten durch die Aufnahme der Osteopathie vermehrt geneigt sein, auf solche Behandlungen zurückzugreifen. All dies habe zur Folge, dass die Kosten im Gesundheitswesen stiegen – etwas, wogegen die SVP-Fraktion ankämpfe, so die Thurgauerin. Dem in der Kommission knapp abgelehnten Antrag (12 zu 11 Stimmen) blieb auch im Plenum die Unterstützung versagt – hier jedoch deutlich (134 zu 52 Stimmen). Ebenso wurde ein Antrag Reynard (sp, VS) abgelehnt (mit 122 zu 66 Stimmen), mit dem der Bundesrat die Kompetenz erhalten sollte, den Berufekatalog zu definieren – so könne die Regierung besser auf das sich ändernde Umfeld im Bereich der Ausbildungen im Gesundheitswesen reagieren. Ein Antrag Quadranti (bdp, ZH), mit dem die bereits im Ständerat umstrittene Bestimmung zum Abschluss des Masterstudiengangs APN ("Advanced Practice Nurse") reguliert werden sollte, fand auch im Nationalrat keine Mehrheit. Es blieb also dabei, dass die Kompetenzen für die Bachelorstufe im Gesetz umschrieben werden, nicht jedoch diejenigen für den Masterstudiengang. Ein links-rechts Graben führte dazu, dass das Anliegen im Sinne der bürgerlichen Ratsmehrheit abgelehnt wurde (118 zu 73 Stimmen). Der Katalog der Berufe, die im Gesetz geregelt werden, blieb also im Vergleich zum bundesrätlichen Vorschlag letztlich trotz Gegenanträge auch im Nationalrat unverändert. Die Streichung eines Berufsregisters, wie es seitens der SVP-Fraktion gefordert wurde, fand auch im Plenum keinen Rückhalt. Erst mit einem Detail zum Berufsgeheimnis wurde eine Differenz zum Erstrat geschaffen.
Dabei blieb es jedoch nicht. Wesentliche Veränderungen wurden vom Nationalrat bezüglich der Finanzhilfen vorgenommen, dies im Zusammenhang mit der bereits eingangs erwähnten Fachkräfte-Initiative des Bundesrates. Umstritten war das Volumen von CHF 8 Mio., das für die Förderprogramme ausgeschüttet werden sollte. Dagegen regte sich Widerstand aus den Reihen der SVP, aber auch andere bürgerliche Parteien waren diesbezüglich skeptisch. Die im Gesundheitsberufegesetz vorgesehene Grundlage für die Umsetzung der Fachkräfte-Initiative im Gesundheitsbereich erhielt jedoch eine knappe Mehrheit der Stimmen: Mit 96 zu 93 obsiegte hier der bundesrätliche Vorschlag. Der Bundesbeschluss hierzu wurde jedoch noch knapper abgelehnt. Dabei setzte sich eine Minderheit Wasserfallen (fdp, BE) mit 95 zu 94 Stimmen bei einer Enthaltung durch. Inhaltlich sprach sich also die grosse Kammer dafür aus, Finanzhilfen vorzusehen; sie unterliess es jedoch, diese auch in Zahlen zu fassen.

Alle übrigen Gesetzesartikel wurden im Sinne der WBK beschlossen. Mit 181 zu 5 Stimmen in der Gesamtabstimmung schien dann das positive Signal an den Ständerat doch recht deutlich zu sein. Letzterer hatte sich in der anstehenden Herbstsession zur nun erweiterten Vorlage zu äussern.

Bundesgesetz über die Gesundheitsberufe

In der Maisession 2016 befasste sich der Nationalrat mit einer parlamentarischen Initiative der SVP-Fraktion zur Ausdehnung der Karenzfrist für Ergänzungsleistungen, welche für Ausländerinnen und Ausländer gelte. Seit ihrer ersten Beratung hatte die SGK-NR ihre Haltung zum Vorstoss geändert, eine Mehrheit sprach sich nun dagegen aus. Eine Minderheit Herzog (svp, TG) plädiert für Folge geben. Der Fraktionssprecher der SVP argumentierte, der Vorstoss ziele auf die Gleichbehandlung aller Ausländergruppen ab, wolle aber auch einen „Sozialversicherungstourismus" unterbinden. Die Minderheitssprecherin verwies auf den starken Kostenanstieg bei den Ergänzungsleistungen und die deswegen nötigen Sparmassnahmen. Ausländerinnen und Ausländer, insbesondere aus dem EU-EFTA-Raum, seien bei den EL-Beziehenden zudem massiv übervertreten. Bei Problemen mit dem Personenfreizügigkeitsabkommen gelte es, dieses nachzuverhandeln, wie es auch das EU-Land Grossbritannien geschafft habe. Die Mehrheitssprecherin hielt dagegen, der Gleichbehandlungsgrundsatz – hier im Sinne einer gleichen Behandlung von Schweizerinnen und Ausländern aus dem EU-Raum – sei zentraler Bestandteil des Freizügigkeitsabkommens und ihm könnte nur Genüge getan werden, wenn auch für Schweizer Staatsangehörige eine Karenzfrist von zehn Jahren eingeführt würde. Eine Mehrheit von 122 zu 69 Parlamentarierinnen und Parlamentariern folgte der Kommission und gab der Initiative keine Folge. Der Entscheid fiel ohne Enthaltungen und bei annähernder Geschlossenheit der Fraktionen.

Karenzfrist für Ergänzungsleistungen

Die Kommissionen für soziale Sicherheit und Gesundheit der beiden Räte befassten sich mit einer parlamentarischen Initiative Herzog (svp, TG) zur Wiederherstellung des Tariffriedens im KVG. Parallel wurden zwei weitere, identische parlamentarische Initiativen behandelt, eine (15.402) der FDP-Liberalen Fraktion sowie eine (15.404) von Nationalrat Hess (bdp, BE). Die Vorstösse verlangten, dass weder die Tarifstrukturen noch die Preise selbst von den kantonalen Exekutiven oder vom Bundesrat genehmigt oder bestimmt werden können. Stattdessen sollen ausschliesslich die Tarifpartner dafür verantwortlich sein und sich bei Streitigkeiten an ein von ihnen eingesetztes Schiedsgericht wenden, mit der Möglichkeit, dessen Entscheid an das Bundesverwaltungsgericht weiterzuziehen. So sollen langwierige rechtliche Auseinandersetzungen und die Involvierung der oft nicht mit den nötigen Fachkompetenzen für das sehr komplexe Gebiet ausgestatteten Kantonsregierungen vermieden werden, hiess es in der Begründung. Die SGK-NR gab den parlamentarischen Initiativen im Mai 2016 vorerst Folge, mit 13 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung. Es gehe der Kommissionsmehrheit mit dem Entscheid vor allem darum, die Mehrfachrolle der Kantone im Gesundheitswesen einzuschränken, hiess es in ihrer Medienmitteilung. Die ständerätliche Schwesterkommission entschied im folgenden Juli über die Vorstösse und erteilte ihnen einstimmig eine Absage. Die Kantone, welche die Spitäler und die Prämienverbilligung mitfinanzieren, müssten eine Kontrolle darüber haben, ob die Tarife angemessen sind. Dem folgte die Nationalratskommission im Februar 2017, worauf die Vorstösse zurückgezogen wurden.

KVG. Wiederherstellung des Tariffriedens

Lors de la session de printemps 2016, les députés ont mené un débat portant sur la modernisation du droit de la famille et notamment la possibilité d'introduire un PACS pour la Suisse. Trois objets y ont été traités: le postulat d'Andrea Caroni (plr, AR) (Po. 15.3431) et celui de la Commission de la science, de l'éducation et de la culture du Conseil national (CSEC-CN), portant sur le PACS (Po. 15.4082); ainsi qu'une motion encourageant le Conseil fédéral à moderniser le droit de la famille en se fondant sur des travaux scientifiques (Mo. 15.4081). Le premier orateur a été le député Hans-Peter Portmann (plr, ZH), qui avait repris le postulat Caroni, ce dernier ayant été entretemps élu au Conseil des Etats. Il justifie la mise en commun des différents objets par la nécessité d'une adaptation du droit de la famille aux nouvelles réalités sociales, en arguant notamment que les formes d'union évoluent, comme le démontre l'augmentation des couples concubins face aux couples mariés. Le député y voit la nécessité d'un entre-deux, à savoir la possibilité d'une forme de partenariat enregistré pour les couples hétérosexuels également. C'est pour cela qu'il demande au Conseil fédéral un rapport qui serait un plan d'action, scientifiquement fondé, sur les possibilités d'évolution du droit civil en ce qui concerne les formes d'union. Le député Matthias Reynard (ps, VS) s'exprime au nom de la Commission de la science, de l'éducation et de la culture, qui a donné un préavis favorable aux trois objets. Une minorité, représentée par plusieurs membres des groupes PDC et UDC s'opposent aux trois propositions, et sont représentés durant le débat par la députée Verena Herzog (udc,TG). Dans sa prise de parole, elle exprime l'importance et l'actualité du mariage comme institution, et estime que les objets proposés au parlement le mettent en danger. L'adoption d'un PACS pour tout le monde revient pour elle à accepter une solution "light", qui met en danger le besoin de stabilité des enfants dans une famille. Le député Yannick Buttet (pdc, VS) prend la parole pour soutenir la minorité, n'hésitant pas à dénoncer un "lobby homosexuel" qui pousserait les députés à faire des concessions inutiles. C'est la conseillère fédérale Sommaruga qui est chargée de représenter la position des sept sages. Dans son allocution, elle propose de rejeter la motion de la Commission, qui demande la rédaction d'un nouveau rapport sur la modernisation du droit de la famille, estimant que le travail effectué par le Conseil fédéral en réponse au postulat Fehr est suffisant. Elle se montre cependant favoarble à l'introduction d'un PACS, précisant au passage que l'introduction d'une nouvelle forme d'union n'annule en aucun cas les autres, qui pourront continuer à être usitées par ceux qui le souhaitent. Au moment du vote, la motion de la Commission a été rejetée par 100 voix contre 83, avec 4 abstentions. Le postulat de la Commission a obtenu 96 voix favorables contre 83 avec 7 abstentions. Enfin, le postulat Caroni a obtenu 96 voix pour, 82 contre et 9 abstentions.

Un PACS pour la Suisse (Po. 15.3431; Po. 15.4082)
Dossier: Une mouture suisse du PACS ?

Eine von Verena Herzog (svp, TG) übernommene, von Nationalrat Joder (svp, BE) 2014 eingereichte parlamentarische Initiative zur rechtlichen Gleichstellung der öffentlichen und privaten Spitex erhielt im Februar 2016 Auftrieb. Der Initiant wollte alle Spitexorganisationen rechtlich gleich behandeln, ungeachtet ihres institutionellen Status. Besonders bezüglich Mehrwertbesteuerung und des Bezugs von Fördergeldern für die Altershilfe sollten die Spiesse gleich lang gemacht werden. In Joders Fokus standen dabei besonders die privaten Spitexorganisationen, die einen Wettbewerbsnachteil hätten. Die SGK des Nationalrates stimmte Anfang 2016 mit 13 zu 10 Stimmen (2 Enthaltungen) der Initiative mit dem Ziel zu, eine Vielfalt von Spitex-Angeboten zu fördern und eine Vereinheitlichung bezüglich der Mehrwertsteuerpflicht herbeizuführen. Die Kommission wollte eine gute ambulante Versorgung durch gemeinnützige öffentliche, wie auch gewinnorientierte und innovative private Spitex-Dienstleister sicherstellen.

Rechtliche Gleichstellung der öffentlichen und privaten Spitex (Pa.Iv. 14.468)
Dossier: Droits et obligations de diverses organisations d'aide à domicile

Wie schon bei den letzten Nationalratswahlen erreichte die Zahl der Kandidierenden im Kanton Thurgau ein neues Höchstmass. Die 123 Anwärter verteilten sich auf 22 verschiedene Listen, welche fast ausnahmslos von den etablierten Mutter- und Jungparteien präsentiert wurden. Die hohe Zahl der Listen lässt sich dadurch erklären, dass teilweise selbst kleine Parteien wie die GLP oder die EDU noch Speziallisten einreichten (GLPKMU, EDU Gewerbe) und sogar die Jungfreisinnigen geteilt antraten (JF Thurgau, JF Bodensee). Der Frauenanteil ging verglichen mit 2011 nochmals leicht zurück von 35.3% auf 33.3%. Zu vergeben waren im Ostschweizer Kanton insgesamt sechs Nationalratssitze.

Im Hinblick auf die Wahlen befanden sich insbesondere die beiden ökologischen Parteien – die Grünen und die GLP – in einer schwierigen Situation. Der kantonale und nationale Trend deutete für beide auf Verluste hin. Für die Grünen stellte sich die Frage, ob sie wie 2011 mit den Sozialdemokraten eine Verbindung eingehen oder sich gar mit der GLP zusammentun sollten. In ersterem Szenario wäre die Sicherung des Mandats von SP-Nationalrätin Edith Graf-Litscher höchstwahrscheinlich gewesen, in letzterem Szenario hätte jedoch ein potenzieller Sitzgewinn gewunken. Angesichts der schlechten Prognosen sowohl für die Grünen selber als auch für die GLP wäre dies aber mit einem hohen Risiko verbunden gewesen. Aus diesem Grund kam es im linken Lager wiederum zum klassischen Schulterschluss zwischen GPS und SP.
In der Mitte verblieben die Grünliberalen zunächst alleine, da die anderen Zentrumsparteien CVP, BDP und EVP bereits mit der FDP eine grosse Allianz geschmiedet hatten. Rein rechnerisch war damit praktisch klar, dass die FDP ihren 2011 an die GLP verlorenen Sitz zurückholen würde. Ein Hauptgrund für den freisinnigen Sitzverlust bei den letzten nationalen Wahlen war im Alleingang des Freisinns gefunden worden. Die GLP entschied sich schliesslich doch noch, mit ihrem Nationalrat Thomas Böhni der Mitte-Verbindung beizutreten, da ein potenzieller Sitzgewinn dieser Koalition auf Kosten der SVP möglicherweise doch noch den GLP-Sitz retten konnte. Wahrscheinlicher war jedoch, dass die CVP, die mit Christian Lohr einen ungefährdeten Sitz zu verteidigen hatte, vom potenziellen Verlust des SVP-Mandat profitieren könnte.
Die SVP ihrerseits schloss sich mit der EDU zusammen, nachdem letztere bei den vorhergehenden Wahlen noch in der Mitteallianz vertreten gewesen war. Angesichts des im nationalen Vergleichs hohen Wähleranteils der EDU (3.5%) und der knappen Ausgangslage was die Sitzverteilung betrifft, erschien eine solche Verbindung für die SVP einleuchtend. Nach dem Rücktritt von Peter Spuhler aus dem Nationalrat musste die Thurgauer SVP erstmals wieder ohne ihre starke „Lokomotive“ in den Wahlkampf ziehen. Dieser Umstand sorgte, neben den wahltaktischen Diskussionen, als beinahe einziges Thema für Gesprächsstoff im Hinblick auf die Wahlen. Im August beklagte sich Ex-Nationalrat Spuhler über die starke Fokussierung des nationalen SVP-Wahlkampfs auf die Asylpolitik. Seines Erachtens hätte man sich vermehrt Wirtschafts- und Gewerbethemen widmen sollen. Im Kanton selber sorgte die Entscheidung der Thurgauer Industrie- und Handelskammer für Erstaunen, da sich diese für keines der bisherigen Nationalratsmitglieder aussprach. Die amtierenden Nationalräte der SVP, Hansjörg Walter, Markus Hausammann und die nachgerückte Verena Herzog figurierten nicht auf der Liste der Empfehlungen der Industrie- und Handelskammer.

Am Wahltag zeigten sich im für stabile politische Verhältnisse bekannten Thurgau keine grossen Veränderungen. Als Wahlsiegerin konnte sich die FDP feiern lassen, welche nicht nur den grössten Gewinn verzeichnete (+1.8 Prozentpunkte, neu: 13%), sondern auch wie erwartet den 2011 an die GLP verlorenen Sitz wieder zurückeroberte. Für die Freisinnigen schaffte der Unternehmer Hermann Hess den Sprung nach Bern. Die Grünliberalen mussten trotz Wählerzuwachs (+1.0 Prozentpunkte, neu: 6.2%) ihr einziges Mandat abgeben, was für Thomas Böhni die Abwahl bedeutete. Die SVP legte als zweite Wahlsiegerin überraschend um 1.2 Prozentpunkte zu (neu: 39.9%) und verteidigte unterstützt von der EDU (3.5%, +0.1 Prozentpunkte) locker ihre drei Sitze. Die CVP mit Christian Lohr verlor (-1.3 Prozentpunkte, neu: 13.1%) ebenso wie die BDP (-1.2 Prozentpunkte, neu: 3.8%). Die SP sicherte sich mit den Grünen im Schlepptau den Sitz von Edith Graf-Litscher ohne Probleme. Die Sozialdemokraten legten dabei um 1 Prozentpunkt zu (neu: 12.7%), während die Grünen wie erwartet Federn lassen mussten (-1.6 Prozentpunkte, neu: 5.4%). Die Thurgauer Delegation sieht neu folgendermassen aus: 3 SVP, 1 FDP, 1 CVP, 1 SP. Die Wahlbeteiligung war mit 46.6% fast so hoch wie 2011 (46.7%) und der Frauenanteil blieb unverändert bei einem Drittel.

Kanton Thurgau -Nationalratswahlen 2015
Dossier: Résultats des élections au Conseil national 2015 (par canton)

Zwei parlamentarische Initiativen Herzog (svp, TG; Pa.Iv. 13.453) und Rickli (svp, ZH); Pa.Iv. 13.461) wollten das Strafgesetzbuch dahingehend ändern, dass Verwahrungen zu Lasten stationärer Massnahmen mehr Gewicht erhalten. Während nach Ricklis Forderung eine Therapie gar nicht mehr infrage kommen sollte, wenn die Voraussetzungen für eine Verwahrung erfüllt sind, verlangte Herzog eine mindestens fünfzigprozentige Erfolgschance als Bedingung für eine Therapie. Beide Initiantinnen erhofften sich durch die Änderungen sowohl Kosteneinsparungen als auch mehr Sicherheit für die Bevölkerung. Der Kommissionsmehrheit folgend erteilte die Mehrheit im Nationalrat beiden Vorstössen aber eine Absage. Bedenken hinsichtlich der Zweckmässigkeit, der Rechtsstaatlichkeit und der Vereinbarkeit mit dem Prinzip der Resozialisierung wurden geäussert. Darüber hinaus könnte konkreter Handlungsbedarf in diesem Bereich in einem noch ausstehenden Bericht zur Verwahrungspraxis (in Erfüllung eines Postulats Rickli, Po. 13.3978) aufgezeigt werden.

Pa.Ivs. Herzog und Rickli: Verwahrung vor Therapie

Im Berichtjahr wurden nicht weniger als elf Parlamentsmandate neu besetzt. Die Mutationen waren einerseits Folgen kantonaler Wahlen. Gleich drei Genfer Nationalräte – Luc Barthassat (cvp), Antonio Hodgers (gp) und Mauro Poggia (mcg) – wurden in den Genfer Regierungsrat gewählt. Auch Yvan Perrin (svp) und Alain Ribaux (fdp) zogen das kantonale Exekutivamt in Neuenburg dem nationalen Parlamentsmandat vor. Für die fünf abtretenden Parlamentarier rutschten Guillaume Barazzone(cvp/pdc GE), NR/CN] (cvp, GE), Anne Mahrer (gp, GE), Roger Golay (mcg, GE), Raymond Clottu (svp, NE) und Sylvie Perrinjaquet (fdp, NE) nach. Golay wurde – im Gegensatz zu seinem Vorgänger Poggia – in die SVP-Fraktion aufgenommen. Bereits 2012 waren Franziska Teuscher (gp, BE) und Ursula Wyss (sp, BE) in die Stadtberner Regierung gewählt worden. Sie traten ebenfalls von ihren Nationalratsmandaten zurück und wurden im Berichtjahr durch Aline Trede (gp, BE) und Nadine Masshardt (sp, BE) ersetzt. Bereits 2012 ihren Rücktritt angekündigt hatten Hildegard Fässler-Osterwalder (sp, SG) und Peter Spuhler (svp, TG), nach 16 resp. 13 Jahren Tätigkeit im nationalen Parlament. Hans-Jürg Fehr (sp, SH), ein weiterer lang gedienter Parlamentarier, trat nach 14 Jahren zurück. Für die SP St. Gallen wurden Claudia Friedl, für die SP Schaffhausen Martina Munz und für die SVP Thurgau Verena Herzog neu vereidigt. Seinen Rücktritt für 2014 kündigte Fulvio Pelli (fdp, TI) an. Auch im Ständerat wird es noch vor den Gesamterneuerungswahlen 2015 zu Veränderungen kommen. Für den verstorbenen Pankraz Freitag (fdp, GL) musste im Kanton Glarus eine Ersatzwahl durchgeführt werden, die auf das Frühjahr 2014 angesetzt wurde.

Mutationen 2013
Dossier: Mutations a l'Assemblée fédérale