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Acteurs

  • Lobsiger, Adrian

Processus

  • Débat public
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Im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus setzten mehrere früh von der Pandemie betroffene Länder, beispielsweise China, Singapur, Südkorea oder Taiwan, auf staatlich verordnetes Mobiltelefon-Tracking, damit die Behörden den Standort einer Person verfolgen und so einerseits die Einhaltung von Isolation und Quarantäne überwachen und andererseits Passanten vor infizierten Personen warnen konnten. Ende März berichtete die Presse, dass auch in der Schweiz das BAG Handydaten zur Bewältigung der Pandemie nutze. Im Fokus stand dabei jedoch nicht das personalisierte Tracking, sondern die Auswertung anonymisierter Massendaten aus dem Mobilfunknetz der Swisscom, um zu überprüfen, ob sich die Bevölkerung an das Verbot von Ansammlungen von mehr als fünf Personen im öffentlichen Raum hielt und wo sich allenfalls zu grosse Menschenansammlungen bildeten. Auf Kritik aus Datenschutzkreisen entgegnete das BAG in der Presse, die Daten liessen keine Rückschlüsse auf einzelne Personen zu und würden nicht in Echtzeit verwendet, weshalb es sich nicht um eine Überwachung, sondern um eine verhältnismässige Massnahme handle.
Die permanente Mitverfolgung des Standorts aller Personen durch den Staat, mit der einige asiatische Länder schnelle Erfolge in der Eindämmung der Pandemie erzielten, war in Europa datenschutzrechtlich undenkbar. Ein paneuropäisches Konsortium von 130 Forschungseinrichtungen aus acht Ländern, darunter auch die ETHZ und die EPFL, das Anfang April in den Medien vorgestellt wurde, arbeitete daher an einer auf Europa zugeschnittenen, die Privatsphäre bewahrenden Lösung, um die Rückverfolgung der Kontakte infizierter Personen zu unterstützen. Ziel war eine Smartphone-App zum Proximity Tracing, d.h. zum Erkennen, welche Personen sich so nah waren, dass eine Übertragung des Coronavirus möglich gewesen wäre. Die europäische App setzte allerdings nicht auf die Standort-Lokalisierung der Nutzerinnen und Nutzer, sondern auf eine extra zu diesem Zweck von Apple und Google gemeinsam entwickelte Bluetooth-Schnittstelle. Über Bluetooth soll die App andere Smartphones in einem gewissen Umkreis erkennen, auf denen die Anwendung ebenfalls aktiviert ist, und diese Kontakte anonym speichern. Eine positiv auf das Coronavirus getestete Person kann dann über die App die registrierten Kontaktpersonen warnen, sodass sich diese frühzeitig in Quarantäne begeben und testen lassen können. Für den Bundesrat sei diese Anwendung «interessant», wie Karin Keller-Sutter gegenüber dem Tages-Anzeiger sagte. Man kläre derzeit ab, wie dieses System in der Schweiz zum Einsatz kommen könnte und wie die Rechtslage aussehe. Aus Datenschutzsicht hielt EDÖB Adrian Lobsiger diesen Weg gemäss Tages-Anzeiger für «gangbar», solange das Herunterladen der App freiwillig sei. Wie in den Medien erklärt wurde, sammle das System keine personalisierten Daten; vielmehr würden die Kontakte für eine begrenzte Zeit als verschlüsselte Codes abgespeichert.
Den beiden Schweizer Hochschulen erschien das europäische Projekt nach einiger Zeit jedoch zu wenig transparent und sie befanden, es lege zu wenig Wert auf den Schutz der Privatsphäre. Mitte April zogen sie sich daher – wie auch einige weitere Institutionen, die zum gleichen Schluss gekommen waren – daraus zurück und kündigten an, stattdessen eine eigene Lösung zu entwickeln, die im Gegensatz zum europäischen System keine Kontaktdaten sammle, sondern sie jeweils dezentral direkt auf dem Smartphone speichere. So könne weder nachverfolgt werden, welche Personen miteinander in Kontakt waren, noch welche sich infiziert und damit eine Warnung ausgelöst haben, selbst wenn die Server der App-Betreiber gehackt werden sollten, erklärten die Medien. Auch der EDÖB, das Nationale Zentrum für Cybersicherheit und die Nationale Ethikkommission zeigten sich in der Presse zufrieden mit dem gewählten dezentralen Ansatz: Damit werde die Privatsphäre bestmöglich geschützt.
In seiner Medienkonferenz vom 29. April bestätigte der Bundesrat schliesslich, dass er plane, der Bevölkerung zeitnah eine solche Corona-Warn-App zur Verfügung zu stellen; diese werde derzeit von der ETHZ und der EPFL gemeinsam mit dem Bund entwickelt. Weiter versicherte die Regierung, dass der Gebrauch der App freiwillig sein und sie nur für die Dauer der Krise eingesetzt werde. Bis anhin hatte sich der Bundesrat dazu nur sehr zurückhaltend geäussert, was in den Medien bereits für Spekulationen gesorgt hatte, weil vonseiten des BAG und der beteiligten Hochschulen bereits Tage zuvor ein konkretes Datum kommuniziert worden war, an dem die App bereitstehen sollte.
Gleichzeitig erörterte die Presse viele noch offene Fragen zur geplanten Corona-Warn-App. Vor dem Hintergrund einer Experteneinschätzung, wonach 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzen müssten, damit sie wirksam sei, wurde debattiert, ob die Freiwilligkeit der richtige Weg sei. Dies wurde aus ethischen Gründen – namentlich, weil ein App-Zwang einen inakzeptablen Eingriff in die persönliche Selbstbestimmung darstellte – grösstenteils bejaht, aber gleichzeitig anerkannt, dass eine so weit verbreitete, freiwillige Verwendung der App eine grosse Akzeptanz und damit ein grosses Vertrauen seitens der Bevölkerung voraussetze. Dieses Vertrauen basiere seinerseits gerade auf der Freiwilligkeit und nur schon der geringste Anschein, der Staat wolle die Menschen zur Benutzung der App drängen, könnte es zerstören, warnte etwa die Zürcher GLP-Nationalrätin und Geschäftsführerin des IT-Verbandes Swico Judith Bellaïche im Tages-Anzeiger. Gegen die App wurde indessen das Argument ins Feld geführt, sie bringe nichts, weil sie das manuelle Contact Tracing nicht ersetzen könne. Dem widersprach der massgeblich an der Entwicklung der App beteiligte EPFL-Epidemiologe Marcel Salathé nicht, erklärte aber gegenüber dem «Blick», dass die Contact-Tracing-Stellen durch die App entscheidend entlastet werden könnten und dass jede Installation helfe, auch wenn weniger als 60 Prozent der Bevölkerung die App nutzten.
Eine Mitte April im Auftrag der NZZ durchgeführte Befragung, deren Ergebnisse die Zeitung Anfang Mai publizierte, hatte ergeben, dass knapp drei Viertel der Schweizer Bevölkerung sich bereit erklärten, eine Tracking-App zu installieren, wenn diese zur Eindämmung des Coronavirus und damit zur Verkürzung des Lockdowns beitragen könnte. Dabei würden die Befragten am ehesten eine App installieren, die vom Bundesrat herausgegeben würde – gut die Hälfte erklärte sich dazu bereit –, während das BAG, die Kantone und andere vorgeschlagene Institutionen deutlich weniger Vertrauen genossen. Bei den Bundesparlamentarierinnen und -parlamentariern, unter denen die NZZ eine ähnliche Umfrage durchgeführt hatte, konnte sich ebenfalls gut die Hälfte vorstellen, die Corona-App des Bundes zu installieren, wobei einzig in der Grünen Fraktion klar die Skepsis überwog. Ein Obligatorium für die Anwendung wurde von den Parlamentarierinnen und Parlamentariern hingegen grossmehrheitlich abgelehnt.

Einführung der SwissCovid-App

Ende August 2019 eröffnete der Bundesrat die Vernehmlassung zu einer Anpassung des DNA-Profil-Gesetzes. Die Strafverfolgungsbehörden sollen aus einer am Tatort gefundenen DNA-Spur nicht mehr nur das Geschlecht, sondern neu auch die Augen-, Haar- und Hautfarbe, die biogeografische Herkunft und das Alter der Person bestimmen dürfen. Ziel dieser sogenannten Phänotypisierung ist es, Ermittlungen und Fahndungen fokussierter durchführen, den potenziellen Täterkreis eingrenzen und Unbeteiligte rasch ausschliessen zu können. Eine Phänotypisierung soll auf Anordnung der Staatsanwaltschaft und nur bei Verbrechen, d.h. Straftatbeständen mit einer minimalen Strafandrohung von drei Jahren Freiheitsstrafe, durchgeführt werden dürfen. Die Verwendung der Analyseergebnisse ist auf die Ermittlungen in einem konkreten, aktuellen Fall begrenzt; sie sollen nicht in der DNA-Datenbank gespeichert werden. Damit wird eine vom Parlament überwiesene Motion Vitali (fdp, LU; Mo. 15.4150) umgesetzt, die eine gesetzliche Grundlage für die Auswertung der codierenden DNA-Abschnitte forderte. Weiter will der Bundesrat in Umsetzung des Postulats 16.3003 die Regelung zur Löschung von DNA-Profilen vereinfachen. Er sieht vor, dass neu bereits im Strafurteil festgelegt werden soll, wie lange das DNA-Profil eines Täters oder einer Täterin in der DNA-Datenbank aufbewahrt wird. Zudem soll die vom Bundesstrafgericht für zulässig erklärte Ermittlungsmethode des erweiterten Suchlaufs mit Verwandtschaftsbezug ausdrücklich im Gesetz verankert werden: Kann einer am Tatort gefundenen DNA-Spur kein Treffer in der Datenbank zugeordnet werden, darf geprüft werden, ob im System sehr ähnliche Profile, d.h. nahe Verwandte der gesuchten Person, verzeichnet sind. Über eine Kontaktaufnahme zu den Verwandten können die Strafverfolgungsbehörden anschliessend versuchen, die gesuchte Person ausfindig zu machen.
In der Presse zeigte sich die Luzerner Staatsanwaltschaft entschlossen, die Ermittlungen im sistierten «Fall Emmen» wieder aufzunehmen, sobald die neue Gesetzesgrundlage in Kraft trete. Im Sommer 2015 hatte die Vergewaltigung einer seither querschnittgelähmten jungen Frau in Emmen (LU), bei der der Täter trotz DNA-Massentest bisher nicht gefunden werden konnte, eine öffentliche Debatte über die DNA-Analyse als Ermittlungsmethode angestossen. Der Fall hatte auch am Ursprung der Motion Vitali gestanden, die mit der vorgeschlagenen Gesetzesänderung umgesetzt werden soll. Bedenken wegen des zusätzlichen Eingriffs in die Grundrechte äusserte dagegen der EDÖB Adrian Lobsiger. Er zöge es vor, wenn die Phänotypisierung nur bei schweren Verbrechen gegen Leib und Leben, die Freiheit oder die sexuelle Integrität zulässig wäre und nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern nur von einem Zwangsmassnahmengericht angeordnet werden dürfte. Ausserdem betonte er die eingeschränkte Genauigkeit der Phänotypisierung – bei blonden Haaren beispielsweise sei die Vorhersage nur zu 69 Prozent zutreffend –, weshalb die Analyseergebnisse nicht als Beweise missverstanden werden dürften.

Änderung des DNA-Profil-Gesetzes (BRG 20.088)
Dossier: Profils d'ADN