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Acteurs

  • Metzler, Ruth (cvp/pdc) alt-BR/ex-CF
  • Bäumle, Martin (glp/pvl, ZH) NR/CN
  • Minder, Thomas (parteilos/indépendant, SH) SR/CE

Processus

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Jahresrückblick 2019: Aussenpolitik

Im Jahr 2019 beschäftigte sich das Parlament im Rahmen der Schweizer Aussenpolitik mit Geschäften im Bereich der Aussenwirtschaft – wie Freihandelsabkommen und Doppelbesteuerungsabkommen – aber auch mit zwischenstaatlichen Beziehungen. Wie die Medienanalyse von APS zeigt, nahm das mediale Interesse – im Vergleich der letzten drei Jahre – an Geschäften, die sich mit Staatsverträgen oder Entwicklungspolitik befassten, tendenziell eher ab. Über die Beziehung zwischen der Schweiz und der EU wurde besonders oft berichtet. Dies dürfte insbesondere an den neuen Entwicklungen und Eskalationsstufen rund um das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU sowie an dem zweiten Beitrag an ausgewählte EU-Mitgliedsstaaten – in den Medien als Kohäsionsmilliarde bezeichnet – liegen.

Ein erster gewichtiger Schwerpunkt im Jahr 2019 bildete jedoch ein anderer Politikbereich, die Aussenwirtschaftspolitik. So entschieden die Räte unter anderem über aktualisierte Freihandelsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und der Türkei sowie Ecuador. Hinzu kam das revidierte Agrarabkommen zwischen der Schweiz und der Türkei. Insbesondere gegenüber Letzterem gab es aufgrund der kritischen Menschenrechtslage in der Türkei zwiespältige Gefühle. Eine Minderheit forderte, mit Verweis auf Berichte der EU und der UNO, gar die Rückweisung an den Bundesrat. Der Bundesbeschluss wurde aber vom Ständerat im März und vom Nationalrat im Juni angenommen. Die Kantone Thurgau (Kt.Iv. 17.317) und Genf (Kt.Iv. 18.303) hatten in den vergangenen Jahren Standesinitiativen lanciert, um bei den Verhandlungen von Freihandelsabkommen mit Malaysia und Indonesien die Zollbefreiung von Palmöl und Palmkernöl zu verhindern. Grund dafür war einerseits die Sorge, dass einheimische Ölproduzenten durch die Aufweichung der Grenzschutzmassnahmen benachteiligt werden könnten, andererseits wurden auch die negativen ökologischen Folgen der Palmölproduktion bemängelt. Im März wurden zwei dieser Initiativen durch den Nationalrat versenkt, drei weitere standen aber noch an, womit das Thema beileibe noch nicht vom Tisch war. Ebenfalls im März wurde im Nationalrat – als Zweitrat – eine Motion der APK-SR (Mo. 18.3717) angenommen, die verlangte, dass die beiden Freihandelsabkommen sich nicht negativ auf die inländische Ölproduktion auswirken dürfen. Diesen Forderungen wurde Rechnung getragen, woraufhin der Nationalrat dem Freihandelsabkommen mit Indonesien zustimmte. Eine Minderheit zeigte sich zwar mit den Regelungen zur Nachhaltigkeit von Palmöl nicht zufrieden, doch sie unterlag mit ihrem Antrag. Zwar noch kein konkretes FHA, aber dafür zumindest die Erlaubnis für erste Sondierungsgespräche über ein Freihandelsabkommen mit den USA gab es in der Sommersession. Die Motion von Ständerat Graber (cvp, LU; Mo. 18.3797) aus dem Jahr 2018 erhielt auch vonseiten des Bundesrats Unterstützung und wurde im Juni vom Nationalrat ebenfalls angenommen. Dadurch soll die Schweizer Exportindustrie gestärkt und der Zugang zum amerikanischen Markt, der sich seit 2016 immer protektionistischer gibt, gesichert werden.
Eine Änderung des Doppelbesteuerungsabkommens mit Grossbritannien wurde ebenso problemlos angenommen wie der Abschluss eines nach mehrjähriger Verhandlung erarbeiteten Doppelbesteuerungsabkommen mit Brasilien. Weitere Anpassungen an bestehenden Doppelbesteuerungsabkommen zur Implementierung von Mindeststandards stehen 2020 bevor.

Am meisten Gesprächsstoff boten sicherlich jene Debatten, welche die Beziehung zwischen der EU und der Schweiz zum Thema hatten. Für hitzige Diskussionen und Differenzen zwischen der Bundesversammlung und dem Bundesrat sorgte im Juni das kritisierte und noch immer nicht abgeschlossene institutionelle Rahmenabkommen zwischen der Schweiz und der EU. Ausdruck der Unzufriedenheit war die im März abgelehnte Motion von Ständerat Minder (parteilos, SH; Mo. 18.4165), die vom Bundesrat die Nichtunterzeichnung des Abkommens verlangte. Anfang Juni kam es schliesslich zu einer mehr oder weniger offenen Konfrontation zwischen Bundesbern und Brüssel, als der Bundesrat in einer Botschaft Klärung zu fundamentalen Fragen des institutionellen Abkommens forderte. Zwar schätzte man den Entwurf des Abkommens grundsätzlich positiv ein, doch die Europäische Kommission solle mehr Rücksicht auf nationale Prozesse nehmen, damit man in Fragen des Lohn- und Arbeitnehmerschutzes, der Unionsbürgerrichtlinie und der staatlichen Beihilfen eine Einigung finde. Auch der Ständerat schlug in die gleiche Kerbe, als er kurz darauf mittels Motion (Mo. 19.3416) die Regierung und deren Chefunterhändler mit Zusatzverhandlungen beauftragte. Des Weiteren hing die «Begrenzungsinitiative» der SVP quasi als Damoklesschwert über dem bilateralen Weg der Schweiz.
Die Antwort aus Brüssel liess nur einige Tage auf sich warten, als Kommissionspräsident Juncker durchblicken liess, dass Nachverhandlungen kaum eine Chance hätten. Die Medien berichtete, dass sich die EU offiziell «offen für ergänzende Gespräche» zeige, aber durch die Blume deutlich mache, dass der Schweiz kaum Spielraum eingeräumt werden würde. Für Empörung sorgte Jean-Claude Juncker mit seinem Ultimatum, dass die von der Schweiz geforderten ergänzenden Gespräche innert einer Woche abgehandelt werden müssten. Als Druckmittel hatte die EU noch immer die in der Luft hängende Verlängerung der Börsenäquivalenz in der Hinterhand, die bei Nichterfüllung des Ultimatums beendet werden könnte.

Ebenjene Entwicklungen hinsichtlich der Anerkennung der Börsenäquivalenz sorgten in der Schweiz mit ihrem traditionell starken Bankenplatz schon seit geraumer Zeit für rote Köpfe. Die Europäische Kommission hatte Ende Dezember 2017 die Verlängerung der Börsenäquivalenz von den Fortschritten bei den Verhandlungen über ein institutionelles Abkommen abhängig gemacht. Zwar hatte sie die EU anfänglich befristet bis zum 30. Juni 2019 verlängert, erklärte sie danach aber für beendet. Dementsprechend zahlten sich die 2018 ergriffenen Massnahmen des Bundesrats zum Schutz der Börseninfrastruktur im Fall einer Nichtverlängerung der Äquivalenzanerkennung aus. Auch medial war das bevorstehende Ende der Börsenäquivalenz – und damit gezwungenermassen das institutionelle Rahmenabkommen – das dominierende Thema. Eine drohende Eskalation, die mit der Aufhebung der Börsenäquivalenz erst ihren Anfang nähme, wurde befürchtet. Die medial kritisierte bilaterale «Trotzkopf-Logik», die sich durch gegenseitige angedrohte Sanktionen äussere, wurde für enorm kontraproduktiv befunden. Das effektive Ende der Börsenäquivalenz Anfang Juli wurde in der Presse hingegen eher nüchtern thematisiert; man verwies auf die in naher Zukunft marginalen, möglicherweise gar positiven Auswirkungen für die Schweizer Börse. Kritisiert wurde vor allem, dass diese gegenseitige Blockade keine positiven Signale hinsichtlich zukünftiger Verhandlungen über das Rahmenabkommen aussende.

Sehr umstritten war aufgrund dieser Kette von Ereignissen der zweite Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Staaten, der im März und Juni ausgiebig diskutiert wurde. Die Aufstockung der Mittel für den Migrationskredit auf Kosten des Kohäsionsrahmenkredits wurde vor allem von den linken Parteien kritisiert. Im Nationalrat errangen schliesslich zwar beide Kreditanträge eine Mehrheit, doch der Ständerat stimmte den vorgeschlagenen Änderungen nicht zu. Eng verbandelt mit dem Kohäsionskredit war ein Entwurf für eine Asylgesetzesänderung. Dieser sollte es dem Bundesrat erlauben, ohne Zustimmung des Parlaments internationale Abkommen im Rahmen des – vom Parlament bereits beschlossenen – Migrationskredits abzuschliessen. Bei beiden Geschäften entstanden Differenzen zwischen den beiden Parlamentskammern, denn es war bis anhin nicht eindeutig geklärt, ob die Massnahmen der EU – siehe Börsenäquivalenz – als diskriminierend eingestuft werden können, was wiederum die Blockierung der Schweizer Fördergelder zur Folge hätte. Der Bundesrat gelangte im Herbst zum Schluss, dass die EU-Massnahmen unter dem WTO-Gleichbehandlungsgebot tatsächlich als diskriminierend gelten. Somit würden die beiden Kredite selbst bei einer Genehmigung durch die Räte bis auf Weiteres nicht ausbezahlt werden. Im Dezember beriet der Nationalrat schliesslich ein letztes Mal über den zweiten Beitrag der Schweiz an die EU und bereinigte die Differenzen zum Ständerat. Somit waren die beiden Kredite zwar bewilligt, ausbezahlt werden sie aber erst, wenn die Börsenäquivalenz wiederhergestellt ist.
Im August zeigte sich Bundesrat Cassis nicht sehr optimistisch und bezeichnete eine Einigung im Rahmenabkommen mit der amtierenden Kommission als «ein Wunder». Nach ihrem Amtsantritt liess die neue Kommissionspräsidentin, Ursula von der Leyen verlauten, dass die Verhandlungen mit der Schweiz auch weiterhin Chefsache blieben. Die Medien zweifelten aber nach wie vor an einer Einigung vor der Abstimmung zur Begrenzungsinitiative.

Nicht alle Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz gestalteten sich so problematisch wie die bisher aufgeführten. Die Sicherheit des Schengen-Raums und eine qualitativ hochwertige Grenzkontrolle schienen diesbezüglich ein verbindendes Element zu sein. Auf alle Fälle sprachen sich Ständerat und Nationalrat mit grosser Mehrheit für den bundesrätlichen Entwurf zum EES (Entry-Exit-System / Einreise- und Ausreisesystem) und die damit verbundenen Anpassungen des Ausländer- und Integrationsgesetzes aus. Bereits im Mai hatte sich das Volk nachdrücklich zum Schengen-Raum bekannt, als es der Übernahme einer EU-Waffenrichtlinie zustimmte, die unter anderem den Besitz halbautomatischer Waffen verschärfen sollte.

Auch über die Rolle der Schweiz als Gastland und Zentrum der Global Governance wurde intensiv beraten. Ebendiese soll auch weiterhin gestärkt und ausgebaut werden, damit die Schweiz – und insbesondere Genf – weiterhin ein internationales Zentrum für Diplomatie, Krisenbewältigung und NGOs sein kann. In eine ähnliche Richtung zielte die Diskussion über die Erneuerung des Kredits für drei Genfer Zentren in der Herbstsession. Diese bemühen sich um politische Sicherheit, humanitäre Minenräumung und die demokratische Kontrolle von Streitkräften. Obwohl der Kredit noch nicht definitiv beschlossen wurde, zeigten sich beide Kammern von der Wichtigkeit der Schweizer Aussenwahrnehmung in diesen Politikfeldern überzeugt.

Jahresrückblick 2019: Aussenpolitik
Dossier: Rétrospective annuelle 2019

Die Digitalisierung bringt es mit sich, dass auch der Parlamentsbetrieb mit verschiedenen Ratings und Rankings vermessen werden kann, welche die Arbeit, den Einfluss oder die ideologische Positionierung der Parlamentsmitglieder zu bestimmen versuchen. Der Versuch, anschauliche Ranglisten zu erstellen und so auch durch Personalisierung die Komplexität von Politik zu reduzieren, dient vor allem den Medien, die sich auch 2019 den verschiedenen Analysen widmeten.

Den Beginn machte Anfang Juli eine neue Plattform namens «politik.ch» mit einer Auswertung der Präsenz während der ganzen bisherigen 50. Legislatur. «Präsenz» wurde dabei mit der Teilnahme an den total 4'076 Abstimmungen, die im Nationalrat bis zur vorletzten Session durchgeführt wurden, gemessen. Zum «Absenzenkönig von Bern» – so die Aargauer Zeitung, die über die Studie berichtete – wurde Roger Köppel (svp, ZH) gekürt. Er habe 22.4 Prozent aller Abstimmungen «geschwänzt», gefolgt von Martin Bäumle (glp, ZH; 21.9%) und Hans Grunder (bdp, BE; 21.7%). Frauen stimmten tendenziell disziplinierter ab, schloss die Zeitung, weil sich am anderen Ende der Skala Andrea Geissbühler (svp, BE), Barbara Keller-Inhelder (svp, SG) und Sandra Sollberger (svp, BL) fanden, die alle weniger als sechs der über 4'000 Abstimmungen verpasst hatten. Die Aargauer Zeitung liess die Protagonisten zu Wort kommen. Bei wichtigen Abstimmungen sei er vor Ort, nicht aber, wenn «das ausufernde Berufsparlament mit sich selbst beschäftigt» sei, verteidigte sich Roger Köppel. «Das Volk» habe sie ins Parlament gewählt und erwarte, dass sie an den Abstimmungen teilnehme, befand hingegen Andrea Geissbühler. Im Schnitt hatten die Nationalrätinnen und Nationalräte drei Prozent der Abstimmungen verpasst. Im Tages-Anzeiger wurde daran erinnert, dass «immer brav auf dem ehrwürdigen Nationalratssessel zu sitzen» nicht mit politischem Einfluss gleichzusetzen sei. Die wichtigsten Entscheidungen fielen nicht im Ratssaal, sondern «in den Kommissionen, in den Hinterzimmern des Bundeshauses und den Salons des Bellevue-Hotels».

Einen Versuch, diese Art von Einfluss zu messen, unternahm die Sonntagszeitung mit ihrem alle zwei Jahre publizierten «Parlamentarier-Rating». Hier erhält Punkte, wer viele Reden hält, in wichtigen Kommissionen sitzt und erfolgreich Vorstösse einreicht; wer innerhalb der eigenen Partei wichtige Funktionen innehat, einer starken Fraktion angehört, hohe Medienpräsenz hat und ausserhalb des Parlaments gut vernetzt ist. Wie schon zwei Jahre zuvor wies die Zeitung SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) als «mächtigsten» Parlamentarier aus, gefolgt von Pirmin Bischof (cvp, SO) und Thomas Aeschi (svp, ZG). Levrat sei «immer dabei, wenn es in der Schweizer Politik etwas anzuschieben oder zu blockieren» gelte. Allerdings falle die SP-interne grosse Lücke hinter Levrat auf. In den Top Ten gebe es kein weiteres SP-Mitglied, was darauf hindeute, dass die parteiinterne Erneuerung wohl noch nicht geschafft sei. Ausgerechnet bei den Frauen schneide die SP schlecht ab. Unter den 15 höchst bewerteten Frauen – diese Liste wurde von Tiana Angelina Moser (glp, ZH; total Rang 6) und Lisa Mazzone (gp, GE; Rang 13) angeführt – fänden sich lediglich zwei Genossinen: Maria Carobbio Guscetti (sp, TI; Rang 23) und Barbara Gysi (sp, SG; Rang 34). Für das Rating berücksichtigt wurden nur jene Parlamentsmitglieder, die seit Beginn der Legislatur in den Räten gesessen hatten und bei den eidgenössischen Wahlen 2019 wieder antreten wollten. Entsprechend war der 173. Rang auch der letzte. Dort befand sich Bruno Walliser (svp, ZH). Indem die Sonntagszeitung die Rangierung hinsichtlich Medienpräsenz mit der Gesamtrangierung verglich, machte sie auch «die grössten Blender» aus. Die drei Zürcher Abgeordneten Claudio Zanetti (svp), Roger Köppel (svp) und Regine Sauter (fdp) seien zwar «Lieblinge der Medien», spielten im Parlament aber «eine bescheidene Rolle».

Auf der Basis der Abstimmungen im Nationalrat berechnete die Sonntagszeitung in einer weiteren Analyse, wie häufig alle Volksvertreterinnen und -vertreter bei Gesamtabstimmungen in der 50. Legislatur zur Mehrheit gehört hatten. Wenig überraschend fanden sich auf den vorderen Rängen – die Sonntagszeitung nannte sie «die Erfolgreichsten» – Mitglieder der CVP- und der BDP-Fraktion, die jeweils mit links oder rechts oder innerhalb einer grossen Koalition Mehrheiten schaffen. Angeführt wurde die Liste von Elisabeth Schneider-Schneiter (cvp, BL), die bei 98.5 Prozent aller Gesamtabstimmungen gleich wie die Mehrheit gestimmt hatte, was ihr in der Weltwoche den Titel «[d]ie mit dem Strom schwimmt» einbrachte. Auf Platz zwei und drei folgten Viola Amherd (cvp, VS; 98.3%) und Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS; 98.2%). Bei den 68 «Erfolglosesten» handelte es sich durchgängig um SVP-Fraktionsmitglieder, angeführt von Erich Hess (svp, BE; 46.8%), Toni Brunner (svp, SG; 48.8)%) und Pirmin Schwander (svp, SZ; 49.8%).

Mitte Oktober warteten dann schliesslich die NZZ und Le Temps mit ihrem alljährlich erscheinenden «Parlamentarier-Rating» auf. Erneut wiesen die auf der Basis des Abstimmungsverhaltens vorgenommenen Positionierungen der Parlamentsmitglieder auf einer Skala von -10 (ganz links) bis +10 (ganz rechts) auf eine zunehmende Homogenisierung innerhalb der Parteien hin. Insbesondere an den Polen habe die Fraktionsdisziplin ein noch nie gekanntes Ausmass erreicht, so die NZZ. So hätten sich die Mitglieder der SP-Fraktion vor den Wahlen 2015 auf einer Skalen-Spannweite von 3.4 Punkten verteilt, im aktuellen Rating betrage dieser Wert lediglich noch 1.2 Punkte. Die Extrempositionen in der SP besetzten im aktuellen Rating Silvia Schenker (sp, BS; -10.0) und Adrian Wüthrich (sp, BE; -8.8). Eine im Vergleich zu 2015 wesentlich grössere Fraktionsdisziplin wiesen bei dieser Berechnung auch die Grünen auf. Lagen das am meisten linke und am meisten rechte grüne Fraktionsmitglied 2015 noch um 2.7 Skalenpunkte auseinander, trennten Maya Graf (gp, BL; -9.2) und die drei ganz am linken Rand politisierenden Michael Töngi (gp, LU; -10.0), Irène Kälin (gp, AG; -10.0) und Regula Rytz (gp, BE; -10.0) im Jahr 2019 lediglich noch 0.8 Skalenpunkte. Damit waren die Grünen im Durchschnitt erstmals seit 2011 wieder weiter links positioniert als die SP: «Les Verts n'ont jamais été aussi à gauche», war dies Le Temps gar die Überschrift der Analyse wert. Am anderen Ende der Skala, bei der SVP, verringerte sich der Wert der Spannweite von 3.7 auf 1.2 Punkte – ohne Berücksichtigung von Roberta Pantani (lega, TI), die zwar der SVP-Fraktion angehört, aber die Lega vertritt und mit einem Wert von 8.2 die am weitesten «linke» Position in der SVP-Fraktion im Nationalrat vertrat. Gleich drei SVP-Nationalräte politisierten ganz rechts aussen und wiesen einen Skalenwert von 10.0 aus: Toni Brunner, Luzi Stamm (svp, AG) und Adrian Amstutz (svp, BE). Jean-Pierre Grin (svp, VD) fand sich bei Position 8.8 und war damit das am weitesten links positionierte Mitglied der SVP im Nationalrat. Selbst bei der CVP war eine Disziplinierung festzustellen: Es zeigte sich im Vergleich zu 2015 ein Rückgang der Spannweite von 3.6 auf 2.6 Punkte, wobei die Fraktion im Vergleich zum Vorjahr zahlreiche Mitglieder leicht rechts von der Mitte aufwies und sich von -1.0 (Dominique de Buman; cvp, FR) bis 1.6 (Philipp-Matthias Bregy; cvp, VS) erstreckte. Die der CVP-Fraktion angehörenden EVP-Mitglieder waren wesentlich weiter links als ihre Fraktion: Niklaus Gugger (ZH) wurde auf der Skala bei -4.2 und Marianne Streiff-Feller (BE) bei -4.3 eingestuft. Die restlichen drei Fraktionen hingegen waren im Vergleich zu 2015 heterogener geworden. Bei der FDP war die Zunahme von 2.5 auf 2.6 Skalenpunkte freilich minim. Die Fraktionsgrenzen wurden bei den Freisinnigen von Walter Müller (fdp, SG; 4.5) und Christa Markwalder (fdp, BE; 1.9) eingenommen. Grössere Sprünge machten die BDP und die GLP. Während sich bei der BDP die Spannweite im Vergleich zu 2015 von 1.2 auf 2.0 fast verdoppelte – wie schon 2015 deckte Rosmarie Quadranti (bdp, ZH; -1.7) die linke Flanke ab, während sich Hans Grunder (bdp, BE; 0.3) am rechten Rand der BDP positionierte – wuchs die Heterogenität innerhalb der traditionell eigentlich sehr homogenen GLP von 0.5 auf 2.7 Skalenpunkte an. Hauptgrund dafür war Daniel Frei (glp, ZH), der von der SP in die GLP gewechselt hatte und mit seiner Position von -5.7 zwar weit weg vom rechten Rand der SP (-8.8), aber auch weit weg vom linken Rand der bisherigen GLP-Mitglieder war. Dieser wurde von Kathrin Bertschy (glp, BE; -3.5) eingenommen, die in der Tat lediglich 0.5 Skalenpunkte von Martin Bäumle (-3.0), also dem rechten GLP-Rand, positioniert war. Die politische Landschaft verarme, schloss die NZZ aus diesen Zahlen. Vor allem zwischen den Mitte- und den Polparteien klaffe eine Lücke. Dort hätten früher moderate SVP- und SP-Vertreter als Brückenbauer gewirkt. Schuld für die zunehmende Fraktionsdisziplin seien aber nicht nur die Parteizentralen, sondern auch die wachsende Zahl an zu behandelnden Geschäften, bei denen Parlamentsmitglieder keine fundierte eigene Meinung mehr bilden könnten und deshalb gemäss der Empfehlung der Parteileitung stimmten.
Die zahlreichen auf die neue Legislatur 2019 bis 2023 hin angekündigten Rücktritte im Ständerat veranlasste die Verfasser des Ratings zur Spekulation eines Rechtsrutschs der kleinen Kammer nach den Wahlen 2019. Die politische Mitte des Ständerats befinde sich bei Pirmin Bischof, also bei -2.8. Da elf zurücktretende Kantonsvertreterinnen und -vertreter links und lediglich sieben rechts von Bischof seien und alle zurücktretenden im Schnitt deutlich linker (-5.3) positioniert seien als die wieder antretenden (-2.3), stellten die Ständeratswahlen vor allem für Mitte-Links eine Herausforderung dar, so die NZZ. Eindrücklich liess sich dies anhand von Raphaël Comte (fdp, NE) nachzeichnen. Der Neuenburger Freisinnige positionierte sich mit -5.7 näher bei Daniel Jositsch (sp, ZH), der mit -6.8 den rechten Rand der SP in der kleinen Kammer besetzte, als bei seinem am weitesten rechts positionierten Fraktionskollegen Philipp Müller (fdp, AG; 4.5) und dem Schnitt der FDP (2.3). Da Comte nicht mehr antrete, sei wohl auch in der FDP mit einem Rechtsrutsch in der kleinen Kammer zu rechnen.

Nationalratsrating

In der Wintersession 2019 gelangte das Geschäft zur Genehmigung des Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien in den Ständerat. Nachdem sich im Nationalrat noch eine sehr ausführliche inhaltliche Debatte entsponnen hatte, hielt sich der Ständerat relativ kurz. Christian Levrat (sp, FR) empfahl im Namen der APK-SR die Genehmigung des Abkommens. Er hob die vielversprechenden Wachstumsprognosen des SECO im Hinblick auf das Handelsvolumen der beiden Länder hervor und verwies auf die Umsetzung gewisser Nachhaltigkeits-Richtlinien. Dazu gehöre unter anderem die Gewährleistung der Rückverfolgbarkeit des Palmöls und die Absicht, die Zollpräferenzen nur für nachhaltiges Palmöl anzuwenden. Für Levrat war klar, dass die Schweiz bei der Entwicklung internationaler Standards und Zertifikaten mitwirken müsse, damit der Palmölhandel den Anforderungen von Unternehmen und Umweltorganisationen entspräche. Thomas Minder (parteilos, SH) kritisierte indes die gelebte Doppelmoral des Parlaments, welches einerseits den Klimaschutz proklamiere, andererseits aber den Freihandel fördere. Damian Müller (fdp, AG) hingegen versuchte dem Abkommen auch auf der Ebene der Nachhaltigkeit etwas Positives abzugewinnen. Er unterstütze den Vertrag auch deswegen, weil damit «verpflichtende Bedingungen» eingegangen würden, die mittel- und langfristig die Situation in Indonesien verbessern sollten. Der anwesende Bundesrat Guy Parmelin verdeutlichte zum Abschluss noch einmal, dass auch den Interessen der Schweizer Landwirtschaft Rechnung getragen werde. Der Ständerat folgte der Empfehlung seiner Kommission und nahm das Geschäft mit 34 zu 6 Stimmen (bei 4 Enthaltungen) deutlich an. Auch in der Schlussabstimmung am darauffolgenden Tag sprachen sich beide Räte für das Geschäft aus.

Obwohl man den Standesinitiativen aus Bern (Kt. Iv. 18.317), Genf (Kt.Iv. 18.303), Freiburg (Kt. Iv. FR 18.320), Thurgau (Kt.Iv. 17.317) und dem Jura (Kt. Iv. 18.325) Rechnung getragen hatte, regte sich im Januar 2020 erneuter Widerstand gegen das Freihandelsabkommen. Ein Komitee «Stop Palmöl aus Indonesien» fasste den Beschluss, das erste Referendum überhaupt gegen ein Freihandelsabkommen zu ergreifen. Nachhaltiges Palmöl gebe es gemäss Komitee nicht, daher würde man mit dem Abkommen der Umwelt und aufgrund der Zollerleichterungen auch den Schweizer Bauern schaden. An die Spitze des Komitees stellte sich die Biobauerngewerkschaft Uniterre gemeinsam mit Umweltorganisationen wie der Klimastreikbewegung.

Genehmigung des Wirtschaftspartnerschaftsabkommen zwischen den EFTA-Staaten und Indonesien (BRG 19.036)
Dossier: L'huile de palme, au coeur des négociations de libre-échange avec la Malaisie et l'Indonésie
Accords de libre-échange

In der Wintersession 2019 befasste sich der Ständerat als Zweitrat mit der Motion Seiler Graf (sp, ZH) für eine schweizweite Regelung privater Sicherheitsdienstleistungen. Nachdem die SiK-SR die KKJPD angehört und sich darüber unterrichten lassen hatte, dass die aktuelle Situation «unhaltbar» sei, gleichzeitig aber keine Aussicht auf eine Harmonisierung des kantonalen Rechts in diesem Bereich bestehe und eine einheitliche Regelung nur mittels Bundesgesetz erreicht werden könne, beantragte sie die Motion ihrem Rat mehrheitlich zur Annahme. Die Minderheit anerkannte zwar den Handlungsbedarf, wollte jedoch nicht – nicht einmal auf deren ausdrückliche Bitte hin – in die Kompetenz der Kantone eingreifen, weil sie weitere ähnliche Kompetenzabtretungen in Zukunft fürchtete und damit den Föderalismus in Gefahr sah. Aus diesem Grund hatte die Kommission bereits einige Monate zuvor – noch vor der erwähnten Anhörung der KKJPD – eine praktisch gleichlautende Motion Rechsteiner (sp, SG; Mo. 17.4101) mehrheitlich abgelehnt, die der Motionär daraufhin zurückzog. Die Motion Seiler Graf wurde im Ständerat mit der knappen Mehrheit von 23 zu 21 Stimmen bei einer Enthaltung abgelehnt. Laut Minderheitsvertreter Thomas Minder (parteilos, SH) sei dies ein «starkes Zeichen an die Kantone, ihre verhältnismässig kleinen Probleme im Bereich der inneren Sicherheit selbst zu lösen». Ständeratspräsident Hans Stöckli (sp, BE) erheiterte das Plenum zum Schluss der Debatte mit der Bemerkung, die Motion sei damit erledigt, «aber das Problem wahrscheinlich nicht».
In der Tat hatten sich nicht nur der Polizeiverband, der gemäss der NZZ seit längerer Zeit vor Wildwuchs im Sicherheitsbereich gewarnt hatte, sondern auch der Verband Schweizerischer Sicherheitsdienstleistungsunternehmen (VSSU) und damit die Security-Branche selbst einheitliche Qualitätsstandards gewünscht. «Die private Sicherheitsbranche kann sich längerfristig nur entwickeln, wenn sie von der Öffentlichkeit als kompetent wahrgenommen wird», erklärte VSSU-Vertreter Matthias Fluri gegenüber der NZZ. Mit der Ablehnung durch den Ständerat ist das «Ende des Trauerspiels» (NZZ) jedoch wohl wieder ausser Sichtweite gerückt.

Private Sicherheitsdienstleistungen endlich schweizweit regeln (Mo. 16.3723)

Dans les sociétés anonymes cotées en bourse, les conseiller-ère-s en vote exercent une influence sur les voix des actionnaires. Pour être précis, ces conseiller-ère-s en vote analysent l'entreprise et produisent une recommandation de vote. Or, des conflits d'intérêts existent potentiellement. L'UE, la bourse américaine et la bourse helvétique ont pointé du doigt les risque de conflits d'intérêts pour les conseiller-ère-s en vote. Alors que le projet initial de révision du droit de la société anonyme (MCF 16.077) s'attaquait à la problématique, l'article 700a P-CO a finalement été supprimé de la révision. Thomas Minder (indépendant, SH) a donc déposé une motion pour légiférer sur les conseiller-ère-s en vote.
Le Conseil fédéral a recommandé d'adopter la motion. Elle a été validée par la chambre haute sans opposition.

Conseillers en vote et sociétés anonymes cotées en Bourse. Rendre publics et prévenir les conflits d'intérêts (Mo. 19.4122)

Lange Zeit waren die Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats fast eine Pflichtübung. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die eidgenössischen Wahlen lange Jahre kaum politische Verschiebungen nach sich zogen. Zwar war die alte Zauberformel (2 CVP, 2 FDP, 2 SP, 1 SVP) mit dem Wahlerfolg der SVP stark hinterfragt und schliesslich nach einigen Jahren der Transition mit mehr oder weniger gehässigen und aufreibenden Regierungswahlen, der Nichtwiederwahl von Ruth Metzler (2003) sowie Christoph Blocher (2007) und einem Intermezzo der BDP in der Regierung gesprengt worden. Nach den eidgenössischen Wahlen 2015, dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf aus der nationalen Exekutive und dem Einzug eines zweiten SVP-Regierungsmitglieds schien dann aber eine neue Formel gefunden: 2 FDP, 2 SP, 2 SVP, 1 CVP.

Schon im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen 2019 war freilich spekuliert worden, dass die Grüne Partei die CVP hinsichtlich des Wähleranteils überflügeln könnte und damit einen Anspruch auf einen Sitz in der nationalen Regierung hätte – umso mehr, wenn sich die Grünen mit der GLP quasi zu einem gemeinsamen Sitz für die «Öko-Parteien» zusammenraufen könnten, wie die Aargauer Zeitung spekulierte. Falls sich die CVP halten könnte, wäre auch der Angriff auf einen der beiden FDP-Sitze denkbar, so die Hypothese zahlreicher Medien. Die angegriffenen Parteien wehrten sich mit dem Argument, dass eine Partei ihren Wahlerfolg zuerst bestätigen müsse, bevor sie einen Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung erhalten könne. Dies sei auch bei der SVP der Fall gewesen – so etwa FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) bereits Mitte August 2019 in der Zeitung Blick. Zudem dürfe nicht nur der Wähleranteil bei den Nationalratswahlen in die Berechnung einfliessen, sondern man müsse auch die Vertretung im Ständerat berücksichtigen. Martin Bäumle (glp, ZH), Ex-Präsident der GLP, gab zudem zu verstehen, dass ein Öko-Lager aus GP und GLP kaum denkbar sei; zu unterschiedlich sei man in diversen Sachfragen. Ebenfalls früh wurde in den Medien über einen möglichen Rücktritt von Ueli Maurer spekuliert, was aus der vermeintlichen Pflichtübung eine spannende Wahl gemacht hätte. Maurer gab dann allerdings Anfang November bekannt, noch eine weitere Legislatur anzuhängen.

Die aussergewöhnlichen Erfolge der Grünen Partei bei den eidgenössischen Wahlen 2019 gaben dann den Diskussionen über die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrats sehr rasch wieder ganz viel Nahrung und schafften Raum für allerlei Reformvorschläge zur Bestimmung der Landesregierung. In der Tat hatten die Grünen mit 13 Prozent Wähleranteil die CVP (11.4%) deutlich überflügelt und als viertstärkste Partei abgelöst. Die GLP kam neu auf 7.8 Prozent. Die NZZ rechnete vor, dass die aktuelle Regierung so wenig Wählerinnen und Wähler vertrete wie zuletzt vor 60 Jahren. Die Grünen und die Grünliberalen hätten rein rechnerisch ein Anrecht auf je einen Bundesratssitz.
Neben den medial zahlreich vorgetragenen Berechnungen wurde allerdings auch inhaltlich und historisch argumentiert. Der Einbezug in die Regierung sei immer auch an den Umstand geknüpft gewesen, dass eine Oppositionspartei auch in verschiedenen Sachthemen glaubhaft ihre Referendumsmacht ausspielen könne, wurde etwa argumentiert. Zwar sei das Klimathema wichtig und würde wohl auch nachhaltig bleiben, die Grünen und die GLP müssten aber – wie auch die SVP mit ihren gewonnenen Volksbegehren – mit Abstimmungserfolgen ihren Anspruch noch untermauern, so ein Kommentar in der NZZ. Die Grünen würden trotz Wahlgewinnen keinen Regierungssitz erhalten, weil «niemand Angst vor ihnen hat», wie die Aargauer Zeitung diesen Umstand verdeutlichte. Argumentiert wurde zudem, dass eine «Abwahl» – eigentlich handelt es sich um eine Nichtwiederwahl – nicht dem politischen System der Schweiz entspreche. Es brauche mehrere Wahlen, bei denen sich eine Partei konsolidieren müsse, um die Stabilität in der Regierung auch über längere Zeit zu gewährleisten, kommentierte dazu der Blick.

Der Tages-Anzeiger führte gar eine Umfrage durch, die aufzeigte, dass eine Mehrheit der Befragten die Zeit für einen grünen Bundesrat noch nicht für gekommen hielt. Wer ein grünes Bundesratsmitglied jedoch befürwortete (rund 40% der Befragten), wünschte sich, dass dies auf Kosten eines Sitzes der SVP (50%) oder der FDP (21%), aber eher nicht auf Kosten der CVP (10%) oder der SP (6%) gehen solle.
Für die WoZ war allerdings klar: «Cassis muss weg!» In der Tat forderte auch Regula Rytz (gp, BE) via Medien, dass die FDP freiwillig auf einen Sitz verzichte, da sie als lediglich drittgrösste Partei keinen Anspruch auf zwei Sitze habe. In der Folge schienen sich die Medien dann in der Tat vor allem auf den zweiten Sitz der FDP einzuschiessen. Freilich wurden auch andere Modelle diskutiert – so etwa ein von Christoph Blocher in der Sonntagszeitung skizziertes Modell mit der SVP, die zwei Sitze behalten würde, und allen anderen grösseren Parteien (SP, FDP, CVP, GP, GLP) mit je einem Sitz –, «sämtliche Planspiele» drehten sich aber «um einen Namen: Aussenminister Ignazio Cassis», fasste die Aargauer Zeitung die allgemeine Stimmung zusammen. Er sei «der perfekte Feind», «visionslos und führungsschwach». Der Aussenminister befinde sich im «Trommelfeuer» befand die Weltwoche. Häufig wurde seine Haltung im Europadossier kritisiert und entweder ein Rücktritt oder wenigstens ein Departementswechsel gefordert. Mit Ersterem müsste allerdings die Minderheitenfrage neu gestellt werden, war doch die Vertretung des Tessins mit ein Hauptgrund für die Wahl Cassis im Jahr 2017. Der amtierende Aussenminister selber gab im Sonntags-Blick zu Protokoll, dass er sich als Tessiner häufig benachteiligt fühle und spielte so geschickt die Minderheitenkarte, wie verschiedene Medien tags darauf kommentierten. Die Sonntags-Zeitung wusste dann noch ein anderes Szenario zu präsentieren: Einige SVP-Parlamentarier – das Sonntagsblatt zitierte Andreas Glarner (svp, AG) und Mike Egger (svp, SG) – griffen Simonetta Sommaruga an und forderten, dass die SP zugunsten der Grünen auf einen Sitz verzichten müsse. Die CVP sei in «Versuchung», wagte sich dann auch die NZZ in die Debatte einzuschalten. Würde sie Hand bieten für einen grünen Sitz auf Kosten der FDP, dann könnte sie im Bundesrat «das Zünglein an der Waage» spielen und Mehrheiten nach links oder nach rechts schaffen. Die NZZ rechnete freilich auch vor, dass grün-links mit zusammen rund 30 Prozent Wähleranteil mit drei von sieben Regierungssitzen klar übervertreten wäre, denn die GLP dürfe man nicht zu den Grünen zählen. Dies hatten vor allem die Grünen selbst implizit immer wieder gemacht, indem sie vorrechneten, dass die GLP und die GP zusammen auf 21 Prozent Wähleranteile kämen.

Neben Kommentaren und Planspielen warteten die Medien auch mit möglichen grünen Bundesratsanwärterinnen und -anwärtern auf. Häufig gehandelte Namen waren die scheidende Parteipräsidentin Regula Rytz, die Waatländer Staatsrätin Béatrice Métraux (VD, gp), die Neo-Ständerätin Maya Graf (gp, BL), der Berner alt-Regierungsrat Bernhard Pulver (BE, gp), der amtierende Fraktionschef der Grünen, Balthasar Glättli (gp, ZH) oder der Zürcher Nationalrat Bastien Girod (gp, ZH). Ins Gespräch brachte sich zudem der Genfer Staatsrat Antonio Hodgers (GE, gp).

Die Grünen selber gaben sich lange Zeit bedeckt und waren sich wohl auch bewusst, dass eine Kampfkandidatur nur geringe Chancen hätte. Sie entschieden sich zwar an ihrer Delegiertenversammlung Anfang November in Bern für eine forschere Gangart und forderten einen grünen Bundesratssitz – Regula Rytz sprach davon, dass vorzeitige Rücktritte aus dem Bundesrat ein Ärgernis seien, weil sie Anpassungen nach Wahlverschiebungen erschweren würden. Mit der Forderung war einstweilen aber noch kein Name verknüpft, was der Partei prompt als «Lavieren» ausgelegt wurde (Blick). «Der grüne Favorit», wie der Tages-Anzeiger Bernhard Pulver betitelte, sagte Mitte November, dass er nicht zur Verfügung stehe. Auch der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (BE, gp) und die Aargauer alt-Regierungsrätin Susanne Hochuli (AG, gp), die ebenfalls als Kandidierende gehandelt worden waren, sagten via Medien, dass sie nicht zur Verfügung stünden.
Die «Kronfavoritin» (Tages-Anzeiger) Regula Rytz ihrerseits stand im zweiten Umgang der Ständeratswahlen im Kanton Bern. Ihr wurden intakte Chancen eingeräumt und wohl auch um diese nicht zu gefährden, versicherte sie, dass sie auf eine Bundesratskandidatur verzichten würde, sollte sie für den Kanton Bern in die kleine Kammer gewählt werden. Da sie dies allerdings verpasste, kündigte die Bernerin rund 20 Tage vor den Bundesratswahlen ihre Kandidatur an – noch bevor die Fraktion offiziell beschlossen hatte, eine Kandidatur einzureichen. Nach einer solchen Richtungswahl, wie es die eidgenössischen Wahlen gewesen seien, könne man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, erklärte sie gegenüber der Presse. Sie wolle für die Menschen und die Natur Verantwortung übernehmen. Ihr Angriff gelte aber nur dem FDP-Sitz von Ignazio Cassis. Würde sie für ein anderes Regierungsmitglied gewählt, würde sie die Wahl nicht annehmen – so die Bernerin. Die Fraktion der Grünen gab dann allerdings tags darauf bekannt, dass es nicht um die Person, sondern um die Übervertretung der FDP gehe. Ein Angriff auf Karin Keller-Sutter schien damit nicht wirklich ausgeschlossen. Die nach aussen als wenig abgesprochen erscheinende Strategie für die Ansage der Kampfwahl brachte der GP Kritik ein. Die Partei zeige sich «unbeholfen» und der Start sei «misslungen», urteilte etwa die NZZ. Auch die Weltwoche redete von einem «verpatzten Start» und die Sonntagszeitung sprach gar von dilettantischem Vorgehen. Es sei, als wären die Grünen ein Sprinter, der kurz vor dem Ziel auf die Uhr schaue und sich hinknie, um die Schuhe zu binden, so die Zeitung weiter.

Eine medial oft diskutierte Frage im Vorfeld der Wahlen war, welche Parteien die Grünen in ihrem Anliegen unterstützen würden. Klar schien, dass die FDP nicht Hand bieten würde. Auch die SVP würde – wenn überhaupt – die GP nur auf Kosten der SP unterstützen. Die CVP bzw. die neue Mitte-Fraktion (CVP zusammen mit BDP und EVP) entschied, Rytz nicht einmal zu einem Hearing einzuladen. Man sei nicht gegen eine grüne Vertretung in der Regierung, es sei aber «etwas zu früh», liess sich CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) in der Sonntagszeitung zitieren. Die GLP und die SP gaben bekannt, Rytz vor den Wahlen anhören zu wollen. Für Schlagzeilen sorgte dabei SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR), der die CVP aufforderte, mitzuhelfen, die Grünen in die Regierung zu hieven. Die Schweiz wäre sonst die einzige Demokratie, in der Wahlen keine Auswirkungen auf die Regierungszusammensetzung hätten. Zudem würde sich die Weigerung der CVP wohl über kurz oder lang rächen. Bei der GLP zeigte sich das Dilemma zwischen ökologischem und liberalem Gedankengut. Insbesondere in der Europafrage fanden sich die GLP und der amtierende Aussenminister eher auf der gleichen Linie. Für Rytz spreche das ökologische Anliegen, gegen sie ihre eher linke Ausrichtung, erklärte Tiana Moser (glp, ZH) dann den Entscheid für Stimmfreigabe der GLP. Zudem würde Rytz ohne Absprache mit den Grünliberalen den «Sitz der Ökokräfte» für sich beanspruchen. Letztlich stellte sich einzig die SP-Fraktion offiziell hinter Rytz. Die eher laue Unterstützung und der Versuch der amtierenden Regierungsparteien, die eigene Macht zu zementieren, mache das Unterfangen «grüne Bundesrätin» für Regula Rytz zu einer «mission impossible», fasste die Zeitung Le Temps die Situation dann kurz vor den Wahlen zusammen.

Nicht die Medien, nicht Umfragen und «nicht die Wahlprozente» (NZZ), sondern die Vereinigte Bundesversammlung bestimmt freilich letztlich, welche Parteien in der Regierung vertreten sein sollen. Und diese Entscheidung brachte das Resultat, das viele im Vorfeld aufgrund der Aussagen der verschiedenen Parteien auch erwartet hatten: die Wiederwahl aller Amtierenden und das Scheitern des Angriffs der Grünen. Auch die Ansprachen der Fraktionschefinnen und -chefs im Vorfeld der einzelnen Wahlen – die Erneuerungswahlen finden in der Reihenfolge der Amtszeit der Bundesratsmitglieder statt – machten dies bereits deutlich. Die CVP plädierte für Konkordanz und Stabilität und die SVP betonte, dass zum Erfolgsmodell Schweiz die angemessene Vertretung der Landesteile in der Regierung gehöre – die Diskriminierung der kleinsten Sprachregion durch die Grüne Partei sei abzulehnen. Die GLP erklärte, dass die Stärkung der ökologischen Anliegen und der Wähleranteil der Grünen zum Vorteil für Rytz gereiche, ihre Positionierung am linken Rand und der fehlende Anspruch von links-grün auf drei Sitze aber gegen sie spreche. Die SP erklärte, die Zauberformel sei keine exakte Wissenschaft, aber die beiden stärksten Parteien sollten zwei Sitze und die restlichen jeweils einen Sitz erhalten, was für Regula Rytz spreche. Die Fraktion der Grünen geisselte den Umstand, dass die Regierungsparteien während der Legislatur Sitze «austauschten» und so bewusst verunmöglichten, dass das Parlament die Resultate nach eidgenössischen Wahlen berücksichtigen könne. Die FDP schliesslich wollte sich einer künftigen Diskussion um eine Anpassung der Zusammensetzung des Bundesrats nicht verschliessen, amtierende Regierungsmitglieder dürften aber nicht abgewählt werden.

Der Angriff der Grünen folgte bei der fünften Wahl, auch wenn der Name Regula Rytz schon bei der Bestätigungswahl von Simonetta Sommaruga auftauchte. Gegen die 145 Stimmen, die Ignazio Cassis erhielt, war Regula Rytz jedoch chancenlos. Sie erhielt 82 Stimmen, was in den Medien als schlechtes Abschneiden kommentiert wurde, hätten doch die Grünen (35 Stimmen) und die SP (48 Stimmen) in der Vereinigten Bundesversammlung gemeinsam über 83 Stimmen verfügt. Weil darunter sicherlich auch ein paar CVP- und GLP-Stimmen seien, müsse dies wohl so interpretiert werden, dass einige SP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier die grüne Konkurrenz fürchteten; Ignazio Cassis könne hingegen zufrieden sein. Von den 244 Wahlzetteln waren 6 leer geblieben und 11 enthielten andere Namen als «Rytz» oder «Cassis».
Schon zuvor hatten die meisten Parlamentsmitglieder auf Experimente verzichtet. Bei der ersten Wahl wurde der amtsälteste Bundesrat, Ueli Maurer, mit 213 von 221 gültigen Wahlzetteln gewählt. 23 der 244 ausgeteilten Bulletins waren leer geblieben und acht auf Diverse entfallen. Beim Wahlgang für Simonetta Sommaruga entfielen 13 Stimmen auf Regula Rytz und 13 Stimmen auf Diverse. Da ein Wahlzettel ungültig war und 25 leer blieben, durfte sich die künftige Bundespräsidentin über 192 Stimmen freuen. Alain Berset erhielt 214 Stimmen. Bei ihm waren 14 Wahlzettel leer geblieben und 16 auf Diverse entfallen. Die Anzahl ungültige (1) und Leerstimmen (39) wuchs dann bei Guy Parmelin wieder an, so dass der Wirtschaftsminister noch 191 Stimmen erhielt – 13 Stimmen entfielen auf Diverse. Einen eigentlichen «Exploit» (Tages-Anzeiger) erzielte Viola Amherd bei der sechsten Wahl. Mit 218 Stimmen erhielt sie die zweitmeisten Stimmen der Geschichte; nur Hans-Peter Tschudi hatte 1971 mehr Stimmen erhalten, nämlich 220. Elf Stimmen blieben leer und 14 entfielen auf Diverse. Eingelangt waren nur noch 243 Wahlzettel. Ein etwas seltsames Gebaren zeigt sich bei der letzten Wahl. Karin Keller-Sutter wurde zwar auch hier im Amt bestätigt, sie erhielt aber lediglich 169 Stimmen, da von den 244 ausgeteilten Wahlzetteln 37 leer und einer ungültig eingelegt wurden und 21 Stimmen auf Marcel Dobler (fdp, SG) sowie 16 auf Diverse entfielen. In den Medien wurde spekuliert, dass dies wohl eine Retourkutsche vor allem von Ostschweizer SVP-Mitgliedern gewesen sei, weil Keller-Sutter sich im St. Galler Ständeratswahlkampf zugunsten von Paul Rechsteiner (sp, SG) ausgesprochen habe.

Der Angriff der Grünen sei zwar gescheitert, dies könne für die Partei aber auch befreiend sein, könne sie nun doch Oppositionspolitik betreiben und mit Hilfe der direkten Demokratie den Druck auf die anderen Parteien erhöhen, urteilte Le Temps nach den Wahlen. Ihr Anspruch auf einen Bundesratssitz sei nach diesen Bundesratswahlen nicht einfach vom Tisch, kommentierte Balthasar Glättli. In zahlreichen Medien wurde zudem die Stabilität des politischen Systems betont – auch der Umstand, dass es zu keinem Departementswechsel kam, obwohl kurz über einen Wechsel zwischen Alain Berset und Ignazio Cassis spekuliert worden war, wurde als Indiz dafür gewertet. Doch Stabilität bedeute nicht Stillstand; die neuen Mehrheiten im Nationalrat müssten sich auch auf die Diskussionen um eine neue Zauberformel auswirken – so die einhellige Meinung der Kommentatoren. An einem vor allem von der CVP geforderten «Konkordanzgipfel» sollten Ideen für die künftige Zusammensetzung der Landesregierung beraten werden. Entsprechende Gespräche wurden auf Frühling 2020 terminiert.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2019
Dossier: Élection du Conseil fédéral depuis 2008

Die APK-SR hatte sich bereits in der Herbstsession 2019 mit der Motion «Aussenpolitische China-Strategie und Stärkung der interdepartementalen Verwaltungszusammenarbeit» von Fabian Molina (sp, ZH) befasst. Mit 7 zu 3 Stimmen hatte sie die Motion zur Annahme empfohlen, um damit den Druck auf den Bundesrat aufrechtzuerhalten.
In der Wintersession gelangte die Motion in den Ständerat. Für Ständerat Germann (svp, SH) war die Motion bereits erledigt, denn der Bundesrat habe der Kommission die Aussenpolitische Strategie für die Legislaturperiode 2020-2023 in ihren Grundzügen bereits vorgestellt. Erfüllte Vorstösse – so Germann – sollten aus ordnungspolitischer Sicht nicht angenommen werden. Dieser Meinung schloss sich auch Thomas Minder (parteilos, SH) an und auch Damian Müller (fdp, LU) bezeichnete eine mögliche Annahme als «parlamentarischen Leerlauf». Letzterer zeigte sich zudem unzufrieden damit, wie intransparent die China-Strategie der Schweiz gehandhabt werde, und wünschte sich eine offenere Kommunikation gegenüber der Kommission. Somit bestritt inhaltlich niemand die Notwendigkeit einer stärkeren Koordinierung im Umgang mit China, doch aus formellen Gründen schien die Motion obsolet. Christian Levrat (sp, FR), der die Kommissionsmehrheit vertrat, zeigte sich dennoch irritiert über die vorherrschende Meinung im Ständerat. Nur durch die Ankündigung einer zukünftigen Strategie sei eine Motion noch nicht erfüllt, denn eine inhaltliche Diskussion habe noch nicht stattfinden können. Der anwesende Bundesrat Cassis versuchte die Gemüter ein wenig zu beruhigen, indem er festhielt, dass die Motion sowieso kaum Einfluss auf das bereits bestehende Vorhaben einer neuen China-Strategie haben werde. Die inhaltliche Diskussion solle man danach in den Kommissionen führen. Der Antrag der Kommissionsminderheit setzte sich schliesslich mit 25 zu 14 Stimmen (bei 1 Enthaltung) durch, damit wurde die Motion abgelehnt.

Aussenpolitische China-Strategie und Stärkung der interdepartementalen Verwaltungszusammenarbeit (Mo. 18.4336)
Dossier: Stratégie de politique étrangère dans les relations bilatérales avec la Chine

Die Terrorismusbekämpfung umfasse, führte Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) als Berichterstatter der SiK-SR in der Wintersession 2019 vor dem Ratsplenum aus, die drei Elemente des Nachrichtendiensts, der strafrechtlichen Instrumente und der polizeilichen Instrumente. Da der Ständerat die Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus gerade eben an die Kommission zurückgewiesen habe, müsse man das mit jener über die polizeilichen Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) wohl auch tun, weil «die beiden Vorlagen eine Gesamtheit» bildeten, folgerte Jositsch. Der entsprechende Antrag auf Rückweisung mit dem Ziel, die beiden Vorlagen dann gemeinsam behandeln zu können, stammte von Ständerat Roberto Zanetti (sp, SO) und wurde von der Mehrheit der Kantonskammer mit 34 zu 10 Stimmen unterstützt.
Um überhaupt über die Rückweisung befinden zu können, hatte der Rat aber zuerst auf das Geschäft eintreten müssen. In der Eintretensdebatte hatte Ständerat Thomas Minder (parteilos, SH) deutliche Worte für das seiner Meinung nach zu lasche «Kuschelgesetz» gefunden. Obwohl er «von diesen präventiven Soft-Massnahmen nicht begeistert» sei, seien sie immerhin «besser als gar nichts», hatte er seine Absicht begründet, dennoch einzutreten. Sowohl Kommissionssprecher Jositsch als auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatten der Kritik entgegengesetzt, man habe die innerhalb der Grenzen des Rechtsstaats gelegenen Möglichkeiten ausgeschöpft. Die von Minder geforderte Präventivhaft für terroristische Gefährderinnen und Gefährder bedeute letztlich, Personen aufgrund ihrer Gesinnung zu inhaftieren. «Man muss sich immer überlegen, wie es wäre, wenn ein solches Instrument in den Händen des politischen Gegners wäre. Das möchte ich mir also nicht unbedingt vorstellen müssen», so die Justizministerin.

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Stratégie de la Suisse pour la lutte contre le terrorisme
Dossier: MPT et mise en œvre des interventions
Dossier: Interventions et mesures luttant contre les tendances à la radicalisation islamiste

Im Dezember 2019 nahm sich der Nationalrat einer parlamentarischen Initiative Weibel (glp, ZH) an, welche nach dem Ausscheiden Weibels aus der grossen Kammer von Martin Bäumle (glp, ZH) übernommen worden war und eine Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme zum Gegenstand hatte. Bäumle, Kommissionssprecher Nantermod (fdp, VS) sowie Kommissionssprecherin Bertschy (glp, BE) erklärten, mit der geforderten Gebühr werde darauf abgezielt, dass die betroffenen Personen bei Bagatellfällen zuerst den Hausarzt respektive die Hausärztin, den 24-Stunden-Notfall-Dienst oder eine Apotheke aufsuchen, bevor sie sich in den Spitalnotfall begeben. Dadurch könnte nicht nur das Kostenwachstum im Gesundheitswesen abgeschwächt, sondern auch die Notfallstationen in den Spitälern entlastet werden, was für die Behandlung tatsächlicher Notfälle essentiell sei. Im Kanton Aargau würden sogenannte Walk-in-Gebühren beispielsweise bereits diskutiert. Dafür bedürfe es allerdings einer entsprechenden gesetzlichen Grundlage auf Bundesebene, welche durch die vorliegende parlamentarische Initiative geschaffen werden solle. Von den Gebühren ausgenommen werden sollen Patientinnen und Patienten unter 16 Jahren, solche mit einer Zuweisung einer Ärztin oder eines Arztes sowie Personen, die in der Folge stationär behandelt werden müssen. Eine Minderheit rund um Yvonne Feri (sp, AG), welche beantragte, dem Anliegen keine Folge zu geben, hielt dieser Argumentation entgegen, dass eine solche Gebühr primär eine Belastung für Arme, ältere Personen sowie chronisch Kranke darstelle. Ferner könne sie gegebenenfalls auch Fehlanreize schaffen, indem die Patientinnen und Patienten darauf bestünden, stationär behandelt zu werden. Diene die Gebühr zur Abschreckung, werde dadurch auch die freie Arzt- und Spitalwahl untergraben. Viele Menschen hätten zudem keinen Hausarzt oder keine Hausärztin mehr – gerade auf dem Land sei es schwierig, einen entsprechenden Arzt oder eine entsprechende Ärztin zu finden. Bezüglich der Kapazitäten für tatsächliche Notfälle meinte Feri, die Krankenhäuser hätten in der Notfallaufnahme bereits vor einiger Zeit ein Triagesystem eingeführt, das zwischen leichten, mittelschweren und schweren Notfällen unterscheide. Den Nationalrat vermochten die Worte der Kommissionsmehrheit anscheinend mehr zu überzeugen und so sprach er sich mit 108 zu 85 Stimmen (bei 1 Enthaltung) für Folgegeben aus.

Gebühr für Bagatellfälle in der Spitalnotfallaufnahme (Pa.Iv. 17.480)

Am ersten Tag der neuen Legislatur nahm Thomas Minder (parteilos, SH) neuerlich einen Anlauf für öffentliche Abstimmungen im Ständerat. Er reichte eine parlamentarische Initiative ein, mit der er auch die «grauen Ecken» ausleuchten wolle, die es im Ständerat immer noch gebe, obwohl dieser freilich keine Dunkelkammer mehr sei, wie der Schaffhauser in der Aargauer Zeitung betonte. Zwar war 2014 beschlossen worden, analog zum Nationalrat auch im Ständerat eine elektronische Abstimmungsanlage einzuführen, die Resultate der Abstimmungen werden aber lediglich bei Gesamt- und Schlussabstimmungen veröffentlicht. Das Abstimmungsverhalten von Ständerätinnen und Ständeräten bei Vorstössen oder einzelnen Gesetzesartikeln wird hingegen nicht ersichtlich gemacht.
Beim damaligen Entscheid sei argumentiert worden, dass man nicht scheibchenweise zu einem kleinen Nationalrat werden wolle. Die Forderungen nach mehr Transparenz kämen nicht von der Bevölkerung, sondern von Journalistinnen und Journalisten sowie Forschenden aus der Politikwissenschaft, die Rankings erstellen wollten, zitierte die Aargauer Zeitung ein Statement der damaligen Ständerätin Karin Keller-Sutter (fdp, SG). Minder konterte in der Begründung seiner Initiative, dass die «Vermessung» sowieso stattfinde und das Abstimmungsverhalten auch auf Basis der Videoaufnahmen eruiert werden könne. Er hoffte laut Medien, dass sein Vorstoss dank neuer Mitglieder in der kleinen Kammer eher eine Chance habe. Immerhin sei Abstimmungstransparenz für die elf vom Nationalrat in den Ständerat wechselnden neuen Mitglieder Usus.

Öffentliche Abstimmungen im Ständerat (Pa.Iv. 19.498)
Dossier: Votes publics au Conseil des États

Um im Nationalrat eine Fraktion bilden zu können, braucht eine Partei mindestens fünf Mandate. Hat sie weniger Sitze, bleiben ihre Mitglieder entweder fraktionslos oder aber müssen sich mit anderen Parteien zu einer Fraktion zusammenschliessen. Fraktionslosigkeit hat in den letzten Jahren stark abgenommen, wie eine Studie der Universität Bern zeigte. Dies hat auch damit zu tun, dass Fraktionszugehörigkeit eine Reihe von Vorteilen mit sich bringt. So erhalten Fraktionen nicht nur finanzielle Ressourcen, sondern auch der Zugang zu Kommissionen, und die Vertretung im Ratsbüro, das unter anderem zuständig ist für die Sessionsprogramme, sind Fraktionsmitgliedern vorbehalten. Darüber hinaus haben Fraktionslose beschränkte Redezeiten und ihre mangelnde Verknüpfung schränkt ihren politischen Einfluss weiter ein. Der Anreiz, einer Fraktion anzugehören, ist also auch für eine kleine Partei gross.

Fraktionslosigkeit drohte nach den eidgenössischen Wahlen 2019 der BDP, die von ihren sieben Sitze vier abgeben musste und deshalb keine eigene Fraktion mehr bilden konnte. Unterschlupf fanden die drei verbliebenen BDP-Mitglieder bei der CVP. Zusammen mit der EVP bildeten sie die neue «Mitte-Fraktion». Politisch passe die BDP gut zur CVP, urteilte die NZZ basierend auf dem Parlamentarier-Rating 2019, bei dem sich die beiden Parteien auf einer Links-Rechts-Skala überlappten. Die EVP, die ebenfalls drei Sitze beisteuerte, sei wesentlich weiter links angesiedelt. Die Schweiz brauche eine starke politische Mitte, gaben die Verantwortlichen bekannt.
Nun werde Gerhard Pfister (cvp, ZG) noch mächtiger, titelte der «Blick». In der Tat überholte die Mitte-Fraktion hinsichtlich der Anzahl Mitglieder die FDP-Liberale Fraktion. Mit 44 Mitgliedern (31 im National- und 13 im Ständerat) hatte sie drei Mitglieder mehr als die FDP (29 und 12) und war damit hinter der SVP- (55 und 7) und der SP-Fraktion (39 und 9) drittstärkste Kraft im Parlament. In der Aargauer Zeitung wurde auf die vor Jahren diskutierte Fusion zwischen BDP und CVP angespielt. Das sei aber kein Thema, gaben die CVP-Spitzen bekannt; die Fraktion sei nur ein wichtiges Arbeitsinstrument. Die Mitte-Fraktion werde wohl häufig die Rolle der Schiedsrichterin spielen, vermutete die Zeitung Le Temps.

Nicht nur die Mitte-Fraktion bestand aus mehreren Parteien, sondern auch die SVP-Fraktion nahm Parteifremde in ihrem Schoss auf: Thomas Minder (parteilos, SH) und Lorenzo Quadri (lega, TI) hatten schon in den vorhergehenden Legislaturen in der Fraktion der Schweizerischen Volkspartei Unterschlupf gefunden. Neu hinzu stiess Andreas Gafner (edu, BE), der für die EDU im Kanton Bern einen Sitz erobert hatte. Auch die Grüne Fraktion, die 35 Mitglieder (30 und 5) aufwies, umfasste zwei weitere Parteien, nämlich die PdA – auch hier hatte Denis de la Reussille (pda, NE) schon in der 50. Legislatur bei den Grünen gesessen – und Ensemble à Gauche, für die Stéfanie Prezioso Batou (egsols, GE) einen Sitz gewonnen hatte. Die kleinste Fraktion der 51. Legislaturperiode war damit die Grünliberale Fraktion, die aus 16 Nationalratsmitgliedern bestand.

Mitte-Fraktion

Bei den Ständeratswahlen 2019 im Kanton Schaffhausen stiegen die beiden Bisherigen, Hannes Germann (SVP) und Thomas Minder (parteilos), als Favoriten ins Rennen. 2015 hatten beide dem Angriff der Kandidaten der SP und der FDP standgehalten und wurden im ersten Wahlgang gewählt. Auch dieses Jahr kamen ihre Herausforderer wieder aus diesen zwei Parteien. Die SP schickte den erst 30-Jährigen Kantonsrat Patrick Portmann, früher Mitglied der JCVP, ins Rennen. Die FDP nominierte Christian Amsler, langjähriger Regierungsrat und Vorsteher des Erziehungsdepartements. Amsler hatte 2018 noch erfolglos für den Bundesrat kandidiert. Im Wahlkampf sorgte er vor allem wegen anhaltender Krisen in seinem Departement für Schlagzeilen. Zum einen rief das Schaffhauser Parlament eine PUK ins Leben, um zu prüfen, ob Amslers Departement Missstände in der Schaffhauser Schulzahnklinik ungenügend untersucht hatte. Zum anderen musste er einen Konflikt mit dem Rektor des Berufsbildungszentrums (BBZ) Schaffhausen lösen. Zudem warf die SVP Amsler wiederholt unmissverständlich vor, als Regierungsrat ungeeignet zu sein. Die Vorwürfe der SVP trugen unter anderem dazu bei, dass die FDP-Delegierten sich weigerten, bei den Nationalratswahlen mit der SVP eine Listenverbindung einzugehen. Aber auch die FDP-Parteileitung bat Amsler, sich zu überlegen, ob er wirklich kandidieren wolle. Dieser bekräftigte seine Ambitionen nach kurzer Bedenkzeit. Neben all dem Rummel um den FDP-Kandidaten, rückten die beiden Bisherigen fast schon in den Hintergrund. Hannes Germann, der schon seit 2002 im Ständerat sass und mittlerweile in Schaffhausen als unanfechtbar galt, musste nur bei der Kontroverse um das Apfel-Plakat der SVP Schweiz einen heiklen Moment überstehen. Thomas Minder zehrte derweil in der Bevölkerung weiter von seinem Erfolg mit der «Abzocker-Initiative». Im Parlament war er während der vergangenen Legislatur Teil der SVP-Fraktion, nachdem ihn die GLP nicht aufnehmen wollte.

Wie erwartet setzten sich die beiden Bisherigen Hannes Germann (17'333 Stimmen) und Thomas Minder (14'813) am Wahlsonntag durch. Beide übertrafen das absolute Mehr von 13'029 Stimmen und waren damit schon im ersten Wahlgang gewählt. Ein kleiner Wermutstropfen für Germann war, dass er verglichen mit seinem Glanzresultat bei den Wahlen 2015 über 3400 Stimmen weniger erhielt. Dahinter platzierte sich Patrick Portmann, der 9'952 Stimmen holte und damit einen Achtungserfolg verzeichnete. Eine Schlappe musste FDP-Kandidat Christian Amsler hinnehmen. Mit 6'346 Stimmen landete er abgeschlagen auf dem letzten Platz und erzielte damit das schlechteste Resultat eines FDP-Ständeratskandidaten in den vergangenen Jahren.

Ständeratswahlen 2019 – Schaffhausen
Dossier: Résultats des élections au Conseil des Etats 2019 (par canton)
Dossier: Elections fédérales 2019 - aperçu

Um die derzeitigen Bürokratiehürden bei der Installation von neuen Solaranlagen zu verringern, forderte Nationalrat Martin Bäumle (glp, ZH) mittels Postulat einen Bericht, der verschiedene Möglichkeiten aufzeigt, wie die derzeitigen Rahmenbedingungen für Neuinstallationen verbessert und vereinfacht werden könnten. Konkret schlug er die Prüfung einer sogenannten One-Stop-Shop-Lösung vor, die das System insoweit vereinfachen würde, als nur noch ein einzelnes digitales Formular ausgefüllt werden müsste, welches die einzelnen föderalen Behörden durchlaufen würde. Das Begehren erfuhr im Nationalrat grossen Zuspruch. Die grosse Kammer nahm das Postulat in der Herbstsession 2019 diskussionslos und stillschweigend an, nachdem auch der Bundesrat schon für dessen Annahme plädiert hatte.

Reduktion der Bürokratie. One-Stop-Shop-Lösung für Solaranlagen (Po. Bäumlin 19.3509)

In der Herbstsession 2019 befasste sich der Ständerat als Erstrat mit der Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» sowie mit dem indirekten Gegenvorschlag des Bundesrates, dem Bundesgesetz über die Gesichtsverhüllung. In der ausführlichen Debatte über die Symbolik der Gesichtsverhüllung und deren Vereinbarkeit mit in der Schweizer Gesellschaft zentralen Werten war der Grundtenor parteienübergreifend derselbe: Man sei nicht für die Burka, denn sie sei tatsächlich Ausdruck eines fundamentalistischen Islams und der Unterdrückung der Frau und als solcher in der Schweizer Gesellschaft problematisch. Ausserhalb der SVP-Fraktion setzte sich dennoch keine Kantonsvertreterin und kein Kantonsvertreter für die Annahme der Initiative ein, da sie mehrheitlich nicht als Lösung des Problems gesehen wurde. Ein solches Verbot tauge nicht, da das – allseits anerkannte – Problem nicht rechtlicher, sondern gesellschaftlicher Natur sei, wie Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) argumentierte: «Wir können nicht mit dem Gesetz gewissermassen am gesellschaftlichen Grashalm ziehen [...].» Mit 34 zu 9 Stimmen bei 2 Enthaltungen empfahl der Ständerat die Initiative zur Ablehnung und versenkte einen Minderheitsantrag Minder (parteilos, SH)/Föhn (svp, SZ) auf Empfehlung zur Annahme.
Der bundesrätliche Gegenvorschlag hatte unterdessen in der SPK-SR zwei Änderungen erfahren, die die Ständekammer beide stillschweigend genehmigte. Erstens soll nicht nur, wer sich wiederholt der Aufforderung zur Enthüllung widersetzt, mit Busse bestraft werden, sondern generell, wer sich dieser Aufforderung widersetzt. Zweitens wurde ein neuer Absatz eingefügt, demnach bei Verletzung der Enthüllungspflicht eine allfällig verlangte Leistung verweigert werden kann, sofern das anwendbare materielle Recht eine solche Verweigerung nicht ausschliesst. Das so angepasste Bundesgesetz über die Gesichtsverhüllung nahm der Ständerat mit 35 zu 8 Stimmen bei 2 Enthaltungen an. Obwohl er nicht restlos zu überzeugen vermochte, führe letztlich nichts am Gegenvorschlag vorbei, resümierte Werner Luginbühl (bdp, BE).
Schliesslich stimmte die kleine Kammer auch der Fristverlängerung für die Behandlung der Volksinitiative um ein Jahr zu und nahm zur Kenntnis, dass ihre Kommission der Petition für die Ungültigerklärung der Initiative aus Gründen der Einheit der Materie (Pet. 15.2044) keine Folge gegeben hatte. Wie Kommissionssprecherin Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) erläuterte, sei die Kommission zum Schluss gekommen, dass der Initiativtext ein einziges Sachthema betreffe, nämlich die Frage nach dem Umgang mit verhüllten Personen in der Öffentlichkeit, und die Einheit der Materie somit gegeben sei.

Volksinitiative «Ja zum Verhüllungsverbot» und indirekter Gegenvorschlag (19.023)
Dossier: Interdiction nationale de la burqa

Unter dem Titel «Schweizer Sitz im UNO-Sicherheitsrat. Einbezug des Parlamentes» wollte die APK-SR mittels eines Postulats den Bundesrat mit der Erarbeitung eines Berichts bis Mitte 2020 beauftragen. Darin soll dargelegt werden in welcher Form und mit welchen Instrumenten der Bundesrat plant, das Parlament während des Schweizer Einsitzes im UNO-Sicherheitsrat miteinzubeziehen. Das Anliegen der APK-SR kam im September 2019 in den Ständerat. Im Plenum äusserte sich Ständerat Minder (parteilos, SH) kritisch zum voraussichtlichen Involvement der Schweiz, da er befürchtete, dass die Schweiz durch Äusserungen zu zwischenstaatlichen Konflikten ihre Neutralität gefährden würde. Hinzu käme die hohe Frequenz an Resolutionen des Sicherheitsrates, über die man weder die APK, geschweige denn das Parlament, frühzeitig genug informieren könne, um einen effektiven Miteinbezug zu garantieren.
Der in der Debatte anwesende Bundesrat Cassis betonte, dass die Wahl in den UNO-Sicherheitsrat erst für 2022 angesetzt sei. Der Einsitz im Sicherheitsrat sei für die Schweiz ein Novum, daher müsse man sich fortlaufend Gedanken machen, wie das Parlament beteiligt werden könne. Die Frage, wie die Rolle des Miliz-Parlaments in der immer schneller und flexibler werdenden internationalen Politik ausgestaltet werden solle, werde auch in der zukünftigen Legislatur ein Thema sein. Bisherige Vorschläge seien beispielsweise die Einrichtung einer Begleitdelegation oder regelmässige Berichterstattung durch die Präsidenten der Aussenpolitischen Kommissionen. Der Bundesrat beantragte die Annahme des Postulats und der Ständerat folgte diesem Antrag oppositionslos.

Schweizer Sitz im Uno Sicherheitsrat (Po. 19.3967)
Dossier: Mandat de la Suisse au Conseil de sécurité de l'ONU

Die SiK der Ständekammer behandelte die BZG-Revision im August 2019 und stimmte der Vorlage einstimmig zu. Die Kommissionsarbeit stand dabei im Zeichen der Revision des Zivildienstgesetzes, zu dem der Bundesrat Anfang 2019 seine Botschaft publiziert hatte. Bezüglich der BZG-Revision beschloss die Kommission eine Reihe von Ergänzungsvorschlägen gegenüber der vom Nationalrat verabschiedeten Fassung aus der vergangenen Sommersession. So sollen Schutzdienstleistenden auch freiwillig geleistete Diensttage für die Berechnung der Wehrpflichtersatzabgabe angerechnet werden können. Ebenso möchte die Kommission im Gesetz verankern, dass mit den Alarmierungs- und Informationssystemen auch Menschen mit Behinderungen erreicht werden, wozu das Notfallradio behindertenfreundlicher ausgestaltet werden muss. Auch bezüglich der Schutzräume, die bereits im Erstrat für Diskussionen gesorgt hatten, schlug die Kommission leichte Anpassungen gegenüber der Version des Nationalrats vor. Ob der Zivildienst als Partnerorganisation im BZG aufgeführt werden soll oder nicht, beschäftigte die Kommission ebenfalls. Eine entsprechende Regelung verwarf die SiK-SR jedoch aus denselben Gründen, wie sie auch der Nationalrat angeführt hatte. Die Kommission lehnte überdies auch Auslandeinsätze von Schutzdienstpflichtigen sowie das Durchdienermodell für den Zivilschutz ab.

In der Herbstsession gelangte das Projekt in den Ständerat, wo sich der Schlagabtausch jedoch in Grenzen hielt. Nachdem Kommisionssprecher Dittli (fdp, UR) im Plenum die Kommissionsarbeit vorgestellt hatte, folgte Ständerat Minder (parteilos, SH), der sich über das Verhalten der Kommission aufregte. Es sei unverständlich, dass die Kommission ein von der Regierungskonferenz moniertes Problem – zu tiefe Bestände im Zivilschutz – nicht ernsthaft angehe. Sein Verständnis von Zusammenarbeit von Bund und Kantonen im Bereich der inneren Sicherheit sei ein anderes. Nach dem Referat von Bundesrätin Amherd schritt der Rat zur Detailberatung, Eintreten war unbestritten.
Der Ständerat folgte weitgehend seiner Kommission und nahm sämtliche Änderungsanträge an. Verworfen wurden zwei Minderheitsanträge. Ein Antrag Hêche (sp, JU) kam auf die Nennung des Zivildienstes als Partnerorganisation zurück, der Antrag blieb aber auch im Ständerat erfolglos. Ein Antrag Français (fdp, VD) regte an, dass auch Auslandeinsätze im Zivilschutz geleistet werden können, auch dieser Vorschlag scheiterte mit 23 zu 16 Stimmen und einer Enthaltung deutlich. Daneben standen auch zwei Anträge des Bundesrates im Raum. Zunächst wollte die Regierung entgegen der Kommission auf die Präzisierungen im Bereich der Behindertenfreundlichkeit bei den Alarmierungen verzichten. Dabei ging es nicht um eine grundsätzliche Ablehnung des Vorschlags, so die Verteidigungsministerin, denn die Berücksichtigung und der Schutz aller Menschen seien selbstverständlich. Im Sinne einer schlanken Gesetzgebung solle dies aber nicht im BZG verankert, sondern anderweitig realisiert werden, wozu bereits Projekte in Umsetzung seien. Sie unterlag jedoch mit 32 zu 8 Stimmen und einer Enthaltung. Weiter verwarf der Ständerat einen Antrag der Regierung zur Steuerung des Schutzraumbaus. Eigentlich ging es dabei lediglich um ein Detail im Wortlaut, Bundesrätin Amherd sah dort aber ein entscheidendes Merkmal verborgen: Namentlich stand zur Debatte, ob Ersatzbeiträge sämtliche Kosten decken sollten oder nicht. Statt das Anspruchsrecht für anfallende Ausgaben beim privaten oder öffentlichen Schutzraumbau pauschal im Gesetz zu formulieren, regte die Regierung an, die Präzisierungen in der entsprechenden Verordnung zu regeln. Dies lehnte der Nationalrat jedoch ab, so dass die Bundesrätin zum zweiten Mal mit einem Korrekturversuch unterlag.
Damit fand einzig der Minderheitsantrag von Roberto Zanetti (sp, SO) eine Mehrheit im Plenum; dabei handelte es sich jedoch nur um ein sprachliches Detail respektive um eine Unklarheit, die von der Redaktionskommission angemerkt worden war. Da jedoch nicht auszuschliessen war, dass die Annahme des Antrages doch eine materielle Differenz gegenüber der Version des Nationalrates schaffen würde, solle der Antrag Zanetti aus taktischen Gründen angenommen werden, damit sich die Schwesterkommission präziser mit dieser Frage auseinander setzen könne, hatte die Kommission zuvor erklärt. In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetz einstimmig mit 41 Stimmen bei einer Enthaltung dem Nationalrat für die Differenzbereinigung überlassen. Auf die Abschreibung der Motion Müller (Mo. 14.3590) wurde auch im Ständerat verzichtet.

Zivilschutzgesetz. Änderung

Mit 13 zu 10 Stimmen bei 2 Enthaltungen gab die SPK-NR der parlamentarischen Initiative Minder (parteilos, SH) keine Folge. Es sei in der Praxis kaum möglich, zu entscheiden, ob die Einheit der Materie bei Erlassen der Bundesversammlung gegeben sei. Ob ein, wie von Minder geforderter, sachlicher Zusammenhang von Teilen einer Vorlage bestehe – immerhin eine Grundlage für den Entscheid über die Gültigkeit einer Volksinitiative –, könne in der Praxis bei Erlassen nicht «trennscharf» beurteilt werden. Zudem könne eine solche Forderung den Spielraum des Parlaments beim Finden von Kompromisslösungen zu stark einschränken, so die Kommissionsmehrheit bei ihrer Begründung. Eine Vorlage könne per Referendum bekämpft werden, wenn man mit der Verknüpfung unterschiedlicher Themen nicht einverstanden sei. Die starke Kommissionsminderheit war allerdings der Meinung, dass Erlasse gleich behandelt werden sollten wie Volksbegehren. Ungeachtet dessen ging die Initiative anschliessend zurück an die SPK-SR, die ihr bereits Folge gegeben hatte.

Einheit der Materie (Pa. Iv. 18.436)

Die Kritik an der Unternehmensbesteuerung im Bereich der Medienabgabe dauerte 2019 weiter an. Mit einem Postulat wollte der Tessiner Abgeordnete Fabio Abate (fdp, TI) den Bundesrat prüfen lassen, wie die umsatzabhängige Berechnung der Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen anderweitig definiert werden könnte. Die gegenwärtige Berechnung empfand der Postulant als unverhältnismässig. Gemäss Bundesgesetz müssen Unternehmen mit einem Jahresumsatz ab CHF 500'000 die Abgabe entrichten. Dabei werde kein Unterschied gemacht, ob darunter auch Leistungen mitgerechnet werden, die im Einzelnen nicht mehrwertsteuerpflichtig oder mehrwertsteuerbefreit seien. Die dadurch errechneten Umsätze seien aber nicht in einen tatsächlichen Gewinn übersetzbar, was wiederum zu Schwierigkeiten führe. Zahlreiche Unternehmen wiesen eine Umsatzspanne von bis zu CHF 5 Mio. auf und müssten somit CHF 2280 entrichten. Dies sei viel zu viel, so Abate. Er wolle mit seinem Vorstoss jedoch nicht die Steuerpflicht von Unternehmen hinterfragen, sondern lediglich ein anderes System zur Berechnung der Abgaben anregen.
In seiner Stellungnahme musste der Bundesrat zuerst eine Richtigstellung vornehmen: Der Postulant sei von einem falschen Betrag ausgegangen, Unternehmen mit einem Umsatz zwischen CHF 1 und 5 Mio. müssten lediglich CHF 910 bezahlen, betonte er. Im Übrigen teilte der Bundesrat die Ansichten des Postulanten nicht. Die inkraftstehende Berechungsmethode sei aus einer Vielzahl an geprüften Alternativen die am besten geeignete, um die gesteckten Ziele zu erreichen, ohne gleichzeitig einen hohen Verwaltungsaufwand auszulösen. Die Möglichkeit für kleine Unternehmen mit einem Umsatz von unter CHF 1 Mio., sich von der Abgabe befreien zu lassen, könne im Sinne einer Härtefallregelung entgegenkommend wirken, wenn in einem Abgabejahr nur ein kleiner oder gar kein Gewinn erzielt werde. Ferner war die Regierung der Meinung, man solle nicht bereits wieder einen Wechsel beim Abgabensystem anstreben, weil dies zu Verunsicherung führe. Der Bundesrat zeigte sich aber bereit, in Anlehnung an frühere Entscheide, die Auswirkungen des Abgabensystems im Jahr 2020 zu prüfen. Falls sich dann Handlungsanweisungen abzeichneten, sei er bereit, entsprechende gesetzgeberische Schritte anzugehen.

In der Sommersession 2019 setzte sich die kleine Kammer mit dem Vorstoss auseinander. Es entwickelte sich dabei keine längere Debatte. Ständerat Abate hielt sich eher kurz, er wurde aber wortreich von seinem Ratskollegen Thomas Minder (parteilos, SH) unterstützt. Der Grundsatz der Erhebung einer Unternehmensabgabe stellte auch er nicht in Frage, die Berechnungsmethode hingegen schon. Problematisch sei vor allem die Ableitung der Abgabenhöhe aus dem erzielten Umsatz. Dies sage, so Minder, nichts über den Firmenerfolg aus. Umsatzstarke Branchen verdienten nicht unbedingt viel Geld, deshalb seien die entsprechenden Unternehmen bezüglich der Abgabe benachteiligt. Weil der Bundesrat ohnehin die Absicht äusserte, die Berechnungsmethode zu prüfen, komme das Postulat zum richtigen Zeitpunkt.
Trotz der kurzen Dauer der Auseinandersetzung war diese nicht emotionslos. Bundesrätin Sommaruga zeigte sich etwas irritiert ob dem Vorwurf, man habe nicht sorgfältig evaluiert, welche Berechnungsgrundlage installiert wurde. Zudem merkte sie an, dass drei Viertel aller Schweizer Unternehmen abgabebefreit seien, man diskutiere also über eine Anpassung für nur einen Viertel der Firmen. Die erhobene Abgabe und deren Höhe sei ferner vom Parlament beschlossen und von der Bevölkerung in einer Volksabstimmung gestützt worden. Dass nun dieses Postulat im Raum stand, wollte sie auch nicht als Auftrag zur Veränderung der Beträge verstanden wissen; «null und nichts» versprach sie sodann auch in dieser Hinsicht. So fand die Bundesrätin auch, dass man an der Beitragshöhe nichts ändern müsste, zumal der überwiegende Anteil der Mediensteuer durch Privathaushalte erbracht werde. Postulant Abate legte Wert darauf, klarzustellen, dass er das Prinzip der Unternehmenssteuerabgabe nicht zur Diskussion habe stellen wollen. Weil ihn die Ausführungen der Bundesrätin nicht überzeugten, verlangte er eine Abstimmung zu seinem Postulat und gewann diese. Mit 25 zu 11 Stimmen bei zwei Enthaltungen wurde sein Postulat angenommen.

Die umsatzabhängige Berechnung der Radio- und Fernsehabgabe für Unternehmen ist problematisch (Po. 19.3235)
Dossier: La redevance de radio-télévision des entreprises est soumise aux critiques

Le Conseil national s'empare, à son tour, de la modification de la loi sur la chasse. Lors de ce débat fleuve divisé en trois blocs en plus des discussions sur l'entrée en matière, le Conseil national adopte le projet du Conseil des Etats agrémenté de quelques modifications qui feront l'objet d'un règlement des divergences.
La CEATE-CN proposait à sa chambre d'accepter l'entrée en matière de la modification d'une loi datant de 1986 – à une époque où les enjeux étaient différents, comme argumenté par le rapporteur francophone de la commission, Pierre-André Page (udc, FR) durant les débats introductifs. Selon ce dernier, trois raisons expliquent la nécessité de modifier cette loi: premièrement, la présence de plus en plus importante du loup; deuxièmement, la réponse du Conseil fédéral au postulat Landolt (pbd, GL) 14.3818 qui souhaite une reconnaissance nationale des permis de chasse; et troisièmement, la volonté de changer la dénomination «districts francs» en «zones de protection de la faune sauvage». Une minorité s'est toutefois formée au sein de la commission, celle-ci souhaitant que le projet soit renvoyé au Conseil fédéral pour qu'il en élabore une meilleure mouture. Représentant la voix de la minorité, Silva Semadeni (ps, GR) est particulièrement critique envers l'allègement des possibilités d'abattage du loup prévu dans ces modifications. Reprenant les propos de gardes-forestiers, elle postule que le loup a fait sa place, les forêts sont plus saines. Le loup n'est donc pas à considérer uniquement comme un problème. La minorité combat également le principe de précaution permettant aux autorités d'abattre des animaux qui pourraient potentiellement être problématiques pour les activités humaines. Le parti socialiste, les Verts ainsi que le parti vert libéral soutiennent le renvoi au Conseil fédéral, le président des verts-libéraux, Martin Bäumle (pvl, ZH), précisant que sans amélioration du projet de loi, son parti soutiendrait le lancement d'un référendum. Les autres partis souhaitent, eux, débattre du présent projet. C'est à une large majorité que les députées et députés rejettent la proposition de la socialiste Silva Semadeni (126 voix contre 58).
Dans le premier bloc mis en discussion (principes, autorisation de chasser, protection des espèces), l'ensemble des propositions émanant des majorités de la commission sont acceptées par la chambre basse, à une exception près. Tant les propositions minoritaires provenant de parlementaires de droite que de gauche ne réussissent à convaincre une majorité des élu.e.s. Ainsi est accepté le changement de dénomination de «districts francs» par «sites de protection de la faune sauvage», les modifications de l'article 4 sur l'examen cantonal de chasse telles que proposées par le Conseil fédéral (ne suivant ainsi pas sa chambre sœur qui ne souhaitait pas de ces modifications), la suppression de l'assentiment jusqu'ici obligatoire de l'OFEV si un canton souhaite écourter temporairement les périodes de protection des espèces (l'office sera simplement écouté). Seule la proposition de la minorité Hess (pbd, BE) de biffer un alinéa émanant du Conseil des Etats concernant la non-possibilité de faire recours contre les décisions des autorités cantonales portant sur les espèces pouvant être chassées a été acceptée grâce à un soutien faisant fi des appartenances partisanes.
Dans le deuxième bloc (régulation des populations), la discussion tournait principalement autour du cas du loup, du lynx, du castor ainsi que des périodes durant lesquelles la chasse est autorisée selon les espèces. Ainsi a-t-il été décidé de refuser la proposition de la minorité Semadeni que les cantons obtiennent tout d'abord le feu vert de l'OFEV avant d'instaurer des périodes de chasse pour le bouquetin, le loup ainsi que le castor – pour ce dernier le vote était serré, 95 parlementaires le souhaitant sur la liste, contre 91 et 4 abstentions, suivant ainsi la proposition de la minorité. Les cantons devront ainsi simplement demander l'avis de l'office fédéral de l'environnement avant d'effectuer ces modifications. Le Conseil national refuse toutefois d'inclure dans cette liste le lynx, le héron cendré ainsi que le harle bièvre. Dans ce même bloc, il accepte de rajouter une lettre c à l'alinéa 2 de l'article 7a, selon la proposition du député tessinois Fabio Regazzi (pdc, TI) qui souhaitait autoriser les cantons à réguler les espèces protégées si celles-ci constituent un danger pour la faune sauvage locale. Toutes les autres propositions émanant de minorités sont rejetées. Une majorité du parlement refuse donc que le danger pour l'abattage d'espèces protégées soit «concret» pour l'homme ou que les dégâts soient «importants», comme formulé dans le projet du Conseil fédéral. Il suffira qu'un tel animal présente un comportement attirant l'attention, ce qui est, selon l'élue verte Adèle Thorens (verts, VD), représentatif du changement de paradigme intervenant dans cette révision. Les autorités pourront à l'avenir agir de manière préventive, alors qu'auparavant, des dégâts avérés du spécimen en question devaient avoir été commis.
Dans le troisième bloc (protection de la faune sauvage, prévention), seule la minorité Vogler (pcs, OW) passe la rampe, celle-ci proposant que la Confédération soutienne par des subventions la conservation des espèces et des milieux naturels dans les réserves d'oiseaux et les districts francs.
Lors du vote sur l'ensemble, la chambre basse accepte le texte par 115 voix contre 67 et 3 absentions. Malgré le rejet de ce projet par 6 parlementaires PLR ainsi qu'un élu UDC – rejoignant la gauche sur ce vote –, une opposition gauche-droite est clairement visible. Le texte retourne aux mains de la chambre haute afin de régler les divergences.

Modifications de la loi sur la chasse (MCF 17.052)
Dossier: Changement de loi fédérale sur la chasse et la protection des mammifères et oiseaux sauvages

Eine Mehrheit des Nationalrates votierte in der Sondersession im Mai 2019 mit 119 zu 63 Stimmen gegen eine parlamentarische Initiative Flach (glp, AG), die forderte, AKWs nach zwei Jahren Stillstand die Betriebsbewilligung automatisch zu entziehen. Während Initiant Beat Flach und Kommissionsminderheitsvertreter Martin Bäumle (glp, ZH) vergebens auf die Sicherheitsfrage und auf ihr Vorbild Frankreich verwiesen, wo genau diese Praxis angewandt werde, führte Kommissionssprecherin Géraldine Marchand-Balet (cvp, VS) die bestehenden und ihrer Meinung nach ausreichenden rechtlichen Regelungen an.

Klarheit und mehr Sicherheit für stillstehende AKWs (Pa.Iv. 17.487)

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Résumé
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Élections fédérales 2019


Des vagues vertes et violettes ont déferlé sur la Suisse lors des élections fédérales de 2019. En effet, celles-ci ont été marquées par la progression des partis écologistes et par une meilleure représentation des femmes sous la coupole. Portés par la présence de la question climatique dans le débat public, les vert.e.s sont passés de 13 à 35 parlementaires, et les vert'libéraux de 7 à 16. Les manifestations pour le climat ont permis à ce thème d'occuper le devant de la scène au cours de la campagne. De manière similaire, la grève des femmes du 14 juin 2019 a bénéficié d'une importante couverture médiatique. Dans les urnes, cela s'est traduit par une augmentation significative de la délégation féminine dans les deux chambres. 95 élues siégeront entre 2019 et 2023, contre 71 lors de la législature précédente.
En outre, la cuvée 2019 des élections fédérales s'est distinguée par un nombre record de candidatures. 4'645 personnes ont brigué un siège au Conseil national, contre 3'788 en 2015. Cette augmentation s'explique notamment par l'abandon des parrainages: les partis ont été exemptés de collecter des signatures pour présenter plusieurs listes. Ainsi, de multiples listes «jeunes», «femmes», «écologistes», «seniors» ou encore «innovation» ont été lancées. Avec divers apparentements, cela a permis à certain.e.s de grignoter les pourcentages nécessaires à la conquête d'un siège supplémentaire.

Lors de l'élection au Conseil national, les vert.e.s ont récolté 13.2 pour cent des voix (+6.1 points de pourcentage pp par rapport à 2015), franchissant ainsi pour la première fois la barre symbolique des dix pour cent. Leurs cousins vert'libéraux se sont établis à 7.8 pour cent (+3.2pp). Les partis gouvernementaux ont fait les frais de cette progression écologiste. Demeurant le premier parti du pays, l'UDC a cependant reculé à 25.6 pour cent (-3.8pp). Le PS a perdu 2pp pour s'établir à 16.8 pour cent, alors que le PLR a engrangé 15.1 pour cent des suffrages (-1.3pp). En perte de vitesse constante depuis plusieurs années, le PDC s'est fait passer devant par les vert.e.s. Avec 11.4 pour cent (-0.2pp), le parti démocrate-chrétien a réalisé le score le plus bas de son histoire. Enfin, le PBD a aussi perdu des plumes, avec un score de 2.5 pour cent (-1.6pp). En nombre effectif de mandats, 30 sièges sont revenus au groupe des vert.e.s, qui compte également deux membres de l'extrême-gauche (+18 par rapport à 2015). Les socialistes ont perdu 4 fauteuils mais en conservent 39. Les vert'libéraux obtiennent 16 mandats (+9) et le PLR 29 (-4). 31 parlementaires composent le groupe du centre (25 PDC, 3 PEV et 3 PBD), 5 de moins qu'en 2015. Malgré la perte de 12 sièges, le groupe UDC en compte encore 55, y compris un représentant de la Lega et un de l'UDF. Avec ce «Linksrutsch» («glissement à gauche»), les groupes UDC et PLR perdent la majorité absolue qu'ils détenaient entre 2015 et 2019.
Le vent de changement n'a en revanche pas atteint le Conseil des États. Favorisés par l'élection au système majoritaire pratiquée dans tous les cantons sauf le Jura et Neuchâtel, le PDC et le PLR demeurent les mieux représentés. Les démocrates-chrétiens ont conservé leurs 13 fauteuils. Le PLR en a perdu un pour s'établir à 12 mandats. Les vert.e.s ont progressé au détriment du PS. En effet, les écologistes (5 sièges) ont récolté 4 sièges supplémentaires, tandis que les socialistes (9 sièges) ont dû en abandonner 3. 6 sièges sont revenus à l'UDC (+1). Enfin, l'indépendant Thomas Minder a conservé son siège pour le canton de Schaffhouse.
L'étude électorale du FORS a révélé que le succès des vert.e.s était dû au soutien d'une grande part de l'électorat socialiste. En effet, un tiers des électeurs et électrices des vert.e.s avaient voté pour le PS en 2015. Globalement, le PES et le PVL ont bénéficié du soutien d'un électorat jeune. De son côté, l'UDC a eu de la peine à mobiliser son électorat, notamment car ses thèmes-phares, à savoir «l'immigration» et «l'asile», n'ont pas figuré en tête des problèmes jugés prioritaires par la population. Tandis que le PLR a aussi eu des difficultés à mobiliser son électorat, le PDC a pu compter sur ses fidèles. Pour le parti démocrate-chrétien, le bât blesse lorsqu'il s'agit de récolter des voix au-delà de ses troupes. En outre, la vague verte a été plus forte dans les villes que dans les campagnes. En revanche, pas de Röstigraben pour la progression écologiste, qui se fait ressentir tant en Suisse romande qu'en Suisse alémanique. Au Tessin, le succès des écologistes a été moins retentissant. L'arc lémanique et la région zurichoise ont connu les progressions les plus marquées des partis verts.
Poussé par son succès, le parti écologiste a revendiqué un siège au Conseil fédéral. Cependant, la candidature de la présidente du parti Regula Rytz (BE) n'a pas été couronnée de succès. Les partis bourgeois ont défendu le siège d'Ignazio Cassis et le Conseil fédéral a été renouvelé dans son intégralité.

Par canton:
Appenzell Rhodes-Extérieures: CE, CN
Appenzell Rhodes-Intérieures: CE, CN
Argovie: CE, CN
Bâle-Campagne: CE, CN
Bâle-Ville: CE, CN
Berne: CE, CN
Fribourg: CE, CN
Genève: CE, CN
Glaris: CE, CN
Grisons: CE, CN
Jura: CE, CN
Lucerne: CE, CN
Neuchâtel: CE, CN
Nidwald: CE, CN
Obwald: CE, CN
Saint-Gall: CE, CN
Schaffhouse: CE, CN
Schwytz: CE, CN
Soleure: CE, CN
Tessin: CE, CN
Thurgovie: CE, CN
Uri: CE, CN
Valais: CE, CN
Vaud: CE, CN
Zoug: CE, CN
Zurich: CE, CN
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Élections fédérales 2019 – Résumé / Eidgenössische Wahlen 2019 – Übersicht
Dossier: Elections fédérales 2019 - aperçu

Anders als zuvor der Nationalrat war die SPK-SR mehrheitlich (6 zu 4 Stimmen, 2 Enthaltungen) der Ansicht, das Non-Refoulement-Prinzip sei ein fester Bestandteil der Bundesverfassung und schütze selbst verurteilte Terroristinnen und Terroristen zu Recht vor der Ausschaffung in ein Land, wo ihnen Folter oder die Todesstrafe droht. Demzufolge beantragte sie die Motion Regazzi (cvp, TI), die die Ausweisung von Dschihadistinnen und Dschihadisten in Folterstaaten ermöglichen sollte, ohne Gegenantrag zur Ablehnung. Dem Ständeratsplenum wurde in der Frühjahrssession 2019 dann jedoch ein Einzelantrag Minder (parteilos, SH) auf Annahme der Motion vorgelegt. Der parteilose Antragsteller argumentierte, das zwingende Völkerrecht greife hier nicht, sei gar «für jeden Rechtsstaat absurd und total unbefriedigend», denn «diese Nichtrückkehrer, diese Dschihadisten, diese Gefährder» kosteten den Staat «Millionen von Franken» und verursachten «in den Kantonen, beim Bund und in der Bevölkerung Frust und Unverständnis». Nicht zuletzt nahm er damit Bezug auf die fünf wegen Terrorismus verurteilten Iraker der «Schaffhauser IS-Zelle», die nach verbüsster Strafe nicht in den Irak ausgeschafft werden können, da ihnen dort mutmasslich Folter droht. FDP-Ständerat Andrea Caroni (AR) entgegnete mit einem Plädoyer für den Rechtsstaat, in dem er seine Ratskolleginnen und -kollegen dazu aufrief, sich nicht für Folter herzugeben und nicht das «innere Heiligtum» des Rechtsstaats preiszugeben. Die Schweiz solle ihre «höchsten Werte [...] nicht im blinden Eifer gegen die blinden Eiferer zerstören, damit wir nicht eines Tages werden wie sie». Überdies sei der Fokus der Motion auf Dschihadistinnen und Dschihadisten – «das Feindbild du jour» – unverständlich, denn Massenmord und Terrorismus seien nicht an eine Religion gebunden. Gegen den Vorstoss argumentierte ebenso Justizministerin Karin Keller-Sutter: Das menschenrechtliche Rückschiebungsverbot könne als Teil des zwingenden Völkerrechts nicht einfach umgangen werden. Zusätzlich wies sie auf die laufenden Arbeiten zum Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus hin und erläuterte, es sei nicht ganz einfach, geforderte Massnahmen wie beispielsweise die geschützte Unterbringung von Gefährderinnen und Gefährdern grundrechtskonform umzusetzen. Doch damit biss sie – wie im Nationalrat schon ihre Vorgängerin – letztlich auf Granit. Mit 22 zu 18 Stimmen bei einer Enthaltung nahm die kleine Kammer die Motion an. Auch wenn man das zwingende Völkerrecht nicht brechen könne, so müsse doch etwas getan werden, war in etwa der Grundtenor des Entscheids.
Das für eine Motion ungewöhnlich grosse Medienecho widerspiegelte ebenfalls die Umstrittenheit des Entscheids. Angesichts der Kritik, die Motion stelle den Rechtsstaat infrage, verteidigten die Befürworter – allen voran Motionär Fabio Regazzi – ihren Standpunkt, verurteilte Terroristen müssten sich nicht auf die Menschenrechte berufen können und «man müsse die Sorgen der Bevölkerung ernst nehmen» (NZZ). Demgegenüber sprach Gegner und FDP-Nationalrat Kurt Fluri (SO) gegenüber der NZZ von «Hysterie» und «Populismus». Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International Schweiz bezeichnete den Gesetzgebungsauftrag als «inakzeptabel». Als Element des zwingenden Völkerrechts könne das Non-Refoulement-Prinzip in einem Rechtsstaat keinesfalls, auch nicht unter dem Deckmantel der inneren Sicherheit, derogiert werden. Wie der Bundesrat den verbindlichen Auftrag umsetzen will, war zunächst noch unklar; gemäss NZZ wolle das Justizdepartement «die Sache nun genauer analysieren».

Ausweisung von Terroristinnen und Terroristen in ihre Herkunftsländer, unabhängig davon, ob sie als sicher gelten oder nicht (Mo. 16.3982)

Au mois de mars 2019, le Conseil des Etats a rejeté (5 voix pour, 34 contre, 0 abstention) la motion déposée par Thomas Minder (indépendant, SH), intimant le Conseil fédéral à pas signer l'accord institutionnel entre la Suisse et l'UE.

Le Conseil fédéral ne doit pas signer l'accord institutionnel entre la Suisse et l'UE (Mo. 18.4165)
Dossier: Accord-cadre institutionnel

Ständerat Minder (parteilos, SH) reichte im November 2018 eine Motion ein, um wichtige UNO-Vereinbarungen innerstaatlich demokratisch zu legitimieren. Konkret beauftragte er den Bundesrat damit eine Verfassungsänderung zu erarbeiten, damit wichtige politische Vereinbarungen der UNO durch das Parlament genehmigt werden müssen. Der Motionär bemängelte, dass zahlreiche bindende Beschlüsse der UNO, wie zum Beispiel Änderungen der UNO-Charta oder Resolutionen des Sicherheitsrats, nicht als völkerrechtliche Verträge betrachtet werden und daher keiner Genehmigung des Parlaments bedürfen. Auch die nicht-bindenden Vereinbarungen, Deklarationen und Resolutionen, welche langfristig das völkerrechtliche Gewohnheitsrecht beeinflussen würden, würden dem Parlament nicht vorgelegt.
Der Bundesrat anerkannte die fehlende innenpolitische Legitimation derartiger Geschäfte, empfahl aber, den Bericht des Postulats der APK-SR zum Miteinbezug des Parlaments im Soft-Law-Bereich (vgl. dazu auch die im Nationalrat angenommene Motion 18.4113) abzuwarten und beantragte deshalb die Ablehnung der Motion.
In der Frühlingssession 2019 wurde die Motion im Ständerat mit 32 zu 6 Stimmen (bei einer Enthaltung) abgelehnt.

Innerstaatliche demokratische Legitimation von wichtigen Uno-Vereinbarungen

Im März diskutierte der Nationalrat als Zweitrat über die parlamentarische Initiative Minder (parteilos, SH), welche verlangte, die Landeshymne «demokratisch festzulegen». Diana Gutjahr (svp, TG) sprach sich für eine Annahme der Initiative aus und argumentierte, dass die gesetzliche Regelung der Landeshymne nicht abschliessend festgelegt sei, denn dass die Debatte überhaupt stattfinde, zeige, dass es Unsicherheiten gebe in der Angelegenheit. Die Hymne sei ein identitätsstiftendes Staatssymbol, welches es zu schützen und gesetzlich zu verankern gelte, wie dies auch bei der Schweizerfahne längst der Fall sei. Ferner sollte, wolle jemand eine Änderung der Hymne beantragen, das Volk über eine solche Änderung mitentscheiden können, was aber mit der aktuellen Gesetzeslage nicht gewährleistet sei.
Mit einer kleinen Gesangseinlage verkündete Isabelle Chevalley (glp, VD) dann die Beratungsergebnisse der WBK-NR, die wie bereits ihr ständerätliches Pendant ihr Vertrauen in den Bundesrat legte. Die Kommission beantragte mit 14 zu 10 Stimmen der Vorlage keine Folge zu geben, weil der Bundesrat garantiere, keine willkürlichen Anpassungen der Landeshymne vorzunehmen und für jede Änderung die Räte miteinzubeziehen. Kurz gesagt sei der Status Quo ausreichend, um die Landeshymne angemessen zu bewahren, weshalb in den Augen der Gegnerinnen und Gegner der Initiative kein Handlungsbedarf bestehe.
Schliesslich wurde die Initiative im Nationalrat abgelehnt: Ihrer Kommission folgend stimmten bei drei Enthaltungen 97 Nationalrätinnen und Nationalräte gegen und 85 für Folgegeben.

Die Landeshymne der Schweizerischen Eidgenossenschaft demokratisch festlegen (Pa.Iv. 17.478)
Dossier: L'importance de l'hymne national et les tentatives de renouvellement