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Acteurs

  • Metzler, Ruth (cvp/pdc) alt-BR/ex-CF
  • Beerli, Christine (BE, fdp/plr)
  • Zisyadis, Josef (pda/pdt, VD) NR/CN

Processus

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Lange Zeit waren die Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats fast eine Pflichtübung. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die eidgenössischen Wahlen lange Jahre kaum politische Verschiebungen nach sich zogen. Zwar war die alte Zauberformel (2 CVP, 2 FDP, 2 SP, 1 SVP) mit dem Wahlerfolg der SVP stark hinterfragt und schliesslich nach einigen Jahren der Transition mit mehr oder weniger gehässigen und aufreibenden Regierungswahlen, der Nichtwiederwahl von Ruth Metzler (2003) sowie Christoph Blocher (2007) und einem Intermezzo der BDP in der Regierung gesprengt worden. Nach den eidgenössischen Wahlen 2015, dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf aus der nationalen Exekutive und dem Einzug eines zweiten SVP-Regierungsmitglieds schien dann aber eine neue Formel gefunden: 2 FDP, 2 SP, 2 SVP, 1 CVP.

Schon im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen 2019 war freilich spekuliert worden, dass die Grüne Partei die CVP hinsichtlich des Wähleranteils überflügeln könnte und damit einen Anspruch auf einen Sitz in der nationalen Regierung hätte – umso mehr, wenn sich die Grünen mit der GLP quasi zu einem gemeinsamen Sitz für die «Öko-Parteien» zusammenraufen könnten, wie die Aargauer Zeitung spekulierte. Falls sich die CVP halten könnte, wäre auch der Angriff auf einen der beiden FDP-Sitze denkbar, so die Hypothese zahlreicher Medien. Die angegriffenen Parteien wehrten sich mit dem Argument, dass eine Partei ihren Wahlerfolg zuerst bestätigen müsse, bevor sie einen Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung erhalten könne. Dies sei auch bei der SVP der Fall gewesen – so etwa FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) bereits Mitte August 2019 in der Zeitung Blick. Zudem dürfe nicht nur der Wähleranteil bei den Nationalratswahlen in die Berechnung einfliessen, sondern man müsse auch die Vertretung im Ständerat berücksichtigen. Martin Bäumle (glp, ZH), Ex-Präsident der GLP, gab zudem zu verstehen, dass ein Öko-Lager aus GP und GLP kaum denkbar sei; zu unterschiedlich sei man in diversen Sachfragen. Ebenfalls früh wurde in den Medien über einen möglichen Rücktritt von Ueli Maurer spekuliert, was aus der vermeintlichen Pflichtübung eine spannende Wahl gemacht hätte. Maurer gab dann allerdings Anfang November bekannt, noch eine weitere Legislatur anzuhängen.

Die aussergewöhnlichen Erfolge der Grünen Partei bei den eidgenössischen Wahlen 2019 gaben dann den Diskussionen über die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrats sehr rasch wieder ganz viel Nahrung und schafften Raum für allerlei Reformvorschläge zur Bestimmung der Landesregierung. In der Tat hatten die Grünen mit 13 Prozent Wähleranteil die CVP (11.4%) deutlich überflügelt und als viertstärkste Partei abgelöst. Die GLP kam neu auf 7.8 Prozent. Die NZZ rechnete vor, dass die aktuelle Regierung so wenig Wählerinnen und Wähler vertrete wie zuletzt vor 60 Jahren. Die Grünen und die Grünliberalen hätten rein rechnerisch ein Anrecht auf je einen Bundesratssitz.
Neben den medial zahlreich vorgetragenen Berechnungen wurde allerdings auch inhaltlich und historisch argumentiert. Der Einbezug in die Regierung sei immer auch an den Umstand geknüpft gewesen, dass eine Oppositionspartei auch in verschiedenen Sachthemen glaubhaft ihre Referendumsmacht ausspielen könne, wurde etwa argumentiert. Zwar sei das Klimathema wichtig und würde wohl auch nachhaltig bleiben, die Grünen und die GLP müssten aber – wie auch die SVP mit ihren gewonnenen Volksbegehren – mit Abstimmungserfolgen ihren Anspruch noch untermauern, so ein Kommentar in der NZZ. Die Grünen würden trotz Wahlgewinnen keinen Regierungssitz erhalten, weil «niemand Angst vor ihnen hat», wie die Aargauer Zeitung diesen Umstand verdeutlichte. Argumentiert wurde zudem, dass eine «Abwahl» – eigentlich handelt es sich um eine Nichtwiederwahl – nicht dem politischen System der Schweiz entspreche. Es brauche mehrere Wahlen, bei denen sich eine Partei konsolidieren müsse, um die Stabilität in der Regierung auch über längere Zeit zu gewährleisten, kommentierte dazu der Blick.

Der Tages-Anzeiger führte gar eine Umfrage durch, die aufzeigte, dass eine Mehrheit der Befragten die Zeit für einen grünen Bundesrat noch nicht für gekommen hielt. Wer ein grünes Bundesratsmitglied jedoch befürwortete (rund 40% der Befragten), wünschte sich, dass dies auf Kosten eines Sitzes der SVP (50%) oder der FDP (21%), aber eher nicht auf Kosten der CVP (10%) oder der SP (6%) gehen solle.
Für die WoZ war allerdings klar: «Cassis muss weg!» In der Tat forderte auch Regula Rytz (gp, BE) via Medien, dass die FDP freiwillig auf einen Sitz verzichte, da sie als lediglich drittgrösste Partei keinen Anspruch auf zwei Sitze habe. In der Folge schienen sich die Medien dann in der Tat vor allem auf den zweiten Sitz der FDP einzuschiessen. Freilich wurden auch andere Modelle diskutiert – so etwa ein von Christoph Blocher in der Sonntagszeitung skizziertes Modell mit der SVP, die zwei Sitze behalten würde, und allen anderen grösseren Parteien (SP, FDP, CVP, GP, GLP) mit je einem Sitz –, «sämtliche Planspiele» drehten sich aber «um einen Namen: Aussenminister Ignazio Cassis», fasste die Aargauer Zeitung die allgemeine Stimmung zusammen. Er sei «der perfekte Feind», «visionslos und führungsschwach». Der Aussenminister befinde sich im «Trommelfeuer» befand die Weltwoche. Häufig wurde seine Haltung im Europadossier kritisiert und entweder ein Rücktritt oder wenigstens ein Departementswechsel gefordert. Mit Ersterem müsste allerdings die Minderheitenfrage neu gestellt werden, war doch die Vertretung des Tessins mit ein Hauptgrund für die Wahl Cassis im Jahr 2017. Der amtierende Aussenminister selber gab im Sonntags-Blick zu Protokoll, dass er sich als Tessiner häufig benachteiligt fühle und spielte so geschickt die Minderheitenkarte, wie verschiedene Medien tags darauf kommentierten. Die Sonntags-Zeitung wusste dann noch ein anderes Szenario zu präsentieren: Einige SVP-Parlamentarier – das Sonntagsblatt zitierte Andreas Glarner (svp, AG) und Mike Egger (svp, SG) – griffen Simonetta Sommaruga an und forderten, dass die SP zugunsten der Grünen auf einen Sitz verzichten müsse. Die CVP sei in «Versuchung», wagte sich dann auch die NZZ in die Debatte einzuschalten. Würde sie Hand bieten für einen grünen Sitz auf Kosten der FDP, dann könnte sie im Bundesrat «das Zünglein an der Waage» spielen und Mehrheiten nach links oder nach rechts schaffen. Die NZZ rechnete freilich auch vor, dass grün-links mit zusammen rund 30 Prozent Wähleranteil mit drei von sieben Regierungssitzen klar übervertreten wäre, denn die GLP dürfe man nicht zu den Grünen zählen. Dies hatten vor allem die Grünen selbst implizit immer wieder gemacht, indem sie vorrechneten, dass die GLP und die GP zusammen auf 21 Prozent Wähleranteile kämen.

Neben Kommentaren und Planspielen warteten die Medien auch mit möglichen grünen Bundesratsanwärterinnen und -anwärtern auf. Häufig gehandelte Namen waren die scheidende Parteipräsidentin Regula Rytz, die Waatländer Staatsrätin Béatrice Métraux (VD, gp), die Neo-Ständerätin Maya Graf (gp, BL), der Berner alt-Regierungsrat Bernhard Pulver (BE, gp), der amtierende Fraktionschef der Grünen, Balthasar Glättli (gp, ZH) oder der Zürcher Nationalrat Bastien Girod (gp, ZH). Ins Gespräch brachte sich zudem der Genfer Staatsrat Antonio Hodgers (GE, gp).

Die Grünen selber gaben sich lange Zeit bedeckt und waren sich wohl auch bewusst, dass eine Kampfkandidatur nur geringe Chancen hätte. Sie entschieden sich zwar an ihrer Delegiertenversammlung Anfang November in Bern für eine forschere Gangart und forderten einen grünen Bundesratssitz – Regula Rytz sprach davon, dass vorzeitige Rücktritte aus dem Bundesrat ein Ärgernis seien, weil sie Anpassungen nach Wahlverschiebungen erschweren würden. Mit der Forderung war einstweilen aber noch kein Name verknüpft, was der Partei prompt als «Lavieren» ausgelegt wurde (Blick). «Der grüne Favorit», wie der Tages-Anzeiger Bernhard Pulver betitelte, sagte Mitte November, dass er nicht zur Verfügung stehe. Auch der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (BE, gp) und die Aargauer alt-Regierungsrätin Susanne Hochuli (AG, gp), die ebenfalls als Kandidierende gehandelt worden waren, sagten via Medien, dass sie nicht zur Verfügung stünden.
Die «Kronfavoritin» (Tages-Anzeiger) Regula Rytz ihrerseits stand im zweiten Umgang der Ständeratswahlen im Kanton Bern. Ihr wurden intakte Chancen eingeräumt und wohl auch um diese nicht zu gefährden, versicherte sie, dass sie auf eine Bundesratskandidatur verzichten würde, sollte sie für den Kanton Bern in die kleine Kammer gewählt werden. Da sie dies allerdings verpasste, kündigte die Bernerin rund 20 Tage vor den Bundesratswahlen ihre Kandidatur an – noch bevor die Fraktion offiziell beschlossen hatte, eine Kandidatur einzureichen. Nach einer solchen Richtungswahl, wie es die eidgenössischen Wahlen gewesen seien, könne man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, erklärte sie gegenüber der Presse. Sie wolle für die Menschen und die Natur Verantwortung übernehmen. Ihr Angriff gelte aber nur dem FDP-Sitz von Ignazio Cassis. Würde sie für ein anderes Regierungsmitglied gewählt, würde sie die Wahl nicht annehmen – so die Bernerin. Die Fraktion der Grünen gab dann allerdings tags darauf bekannt, dass es nicht um die Person, sondern um die Übervertretung der FDP gehe. Ein Angriff auf Karin Keller-Sutter schien damit nicht wirklich ausgeschlossen. Die nach aussen als wenig abgesprochen erscheinende Strategie für die Ansage der Kampfwahl brachte der GP Kritik ein. Die Partei zeige sich «unbeholfen» und der Start sei «misslungen», urteilte etwa die NZZ. Auch die Weltwoche redete von einem «verpatzten Start» und die Sonntagszeitung sprach gar von dilettantischem Vorgehen. Es sei, als wären die Grünen ein Sprinter, der kurz vor dem Ziel auf die Uhr schaue und sich hinknie, um die Schuhe zu binden, so die Zeitung weiter.

Eine medial oft diskutierte Frage im Vorfeld der Wahlen war, welche Parteien die Grünen in ihrem Anliegen unterstützen würden. Klar schien, dass die FDP nicht Hand bieten würde. Auch die SVP würde – wenn überhaupt – die GP nur auf Kosten der SP unterstützen. Die CVP bzw. die neue Mitte-Fraktion (CVP zusammen mit BDP und EVP) entschied, Rytz nicht einmal zu einem Hearing einzuladen. Man sei nicht gegen eine grüne Vertretung in der Regierung, es sei aber «etwas zu früh», liess sich CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) in der Sonntagszeitung zitieren. Die GLP und die SP gaben bekannt, Rytz vor den Wahlen anhören zu wollen. Für Schlagzeilen sorgte dabei SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR), der die CVP aufforderte, mitzuhelfen, die Grünen in die Regierung zu hieven. Die Schweiz wäre sonst die einzige Demokratie, in der Wahlen keine Auswirkungen auf die Regierungszusammensetzung hätten. Zudem würde sich die Weigerung der CVP wohl über kurz oder lang rächen. Bei der GLP zeigte sich das Dilemma zwischen ökologischem und liberalem Gedankengut. Insbesondere in der Europafrage fanden sich die GLP und der amtierende Aussenminister eher auf der gleichen Linie. Für Rytz spreche das ökologische Anliegen, gegen sie ihre eher linke Ausrichtung, erklärte Tiana Moser (glp, ZH) dann den Entscheid für Stimmfreigabe der GLP. Zudem würde Rytz ohne Absprache mit den Grünliberalen den «Sitz der Ökokräfte» für sich beanspruchen. Letztlich stellte sich einzig die SP-Fraktion offiziell hinter Rytz. Die eher laue Unterstützung und der Versuch der amtierenden Regierungsparteien, die eigene Macht zu zementieren, mache das Unterfangen «grüne Bundesrätin» für Regula Rytz zu einer «mission impossible», fasste die Zeitung Le Temps die Situation dann kurz vor den Wahlen zusammen.

Nicht die Medien, nicht Umfragen und «nicht die Wahlprozente» (NZZ), sondern die Vereinigte Bundesversammlung bestimmt freilich letztlich, welche Parteien in der Regierung vertreten sein sollen. Und diese Entscheidung brachte das Resultat, das viele im Vorfeld aufgrund der Aussagen der verschiedenen Parteien auch erwartet hatten: die Wiederwahl aller Amtierenden und das Scheitern des Angriffs der Grünen. Auch die Ansprachen der Fraktionschefinnen und -chefs im Vorfeld der einzelnen Wahlen – die Erneuerungswahlen finden in der Reihenfolge der Amtszeit der Bundesratsmitglieder statt – machten dies bereits deutlich. Die CVP plädierte für Konkordanz und Stabilität und die SVP betonte, dass zum Erfolgsmodell Schweiz die angemessene Vertretung der Landesteile in der Regierung gehöre – die Diskriminierung der kleinsten Sprachregion durch die Grüne Partei sei abzulehnen. Die GLP erklärte, dass die Stärkung der ökologischen Anliegen und der Wähleranteil der Grünen zum Vorteil für Rytz gereiche, ihre Positionierung am linken Rand und der fehlende Anspruch von links-grün auf drei Sitze aber gegen sie spreche. Die SP erklärte, die Zauberformel sei keine exakte Wissenschaft, aber die beiden stärksten Parteien sollten zwei Sitze und die restlichen jeweils einen Sitz erhalten, was für Regula Rytz spreche. Die Fraktion der Grünen geisselte den Umstand, dass die Regierungsparteien während der Legislatur Sitze «austauschten» und so bewusst verunmöglichten, dass das Parlament die Resultate nach eidgenössischen Wahlen berücksichtigen könne. Die FDP schliesslich wollte sich einer künftigen Diskussion um eine Anpassung der Zusammensetzung des Bundesrats nicht verschliessen, amtierende Regierungsmitglieder dürften aber nicht abgewählt werden.

Der Angriff der Grünen folgte bei der fünften Wahl, auch wenn der Name Regula Rytz schon bei der Bestätigungswahl von Simonetta Sommaruga auftauchte. Gegen die 145 Stimmen, die Ignazio Cassis erhielt, war Regula Rytz jedoch chancenlos. Sie erhielt 82 Stimmen, was in den Medien als schlechtes Abschneiden kommentiert wurde, hätten doch die Grünen (35 Stimmen) und die SP (48 Stimmen) in der Vereinigten Bundesversammlung gemeinsam über 83 Stimmen verfügt. Weil darunter sicherlich auch ein paar CVP- und GLP-Stimmen seien, müsse dies wohl so interpretiert werden, dass einige SP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier die grüne Konkurrenz fürchteten; Ignazio Cassis könne hingegen zufrieden sein. Von den 244 Wahlzetteln waren 6 leer geblieben und 11 enthielten andere Namen als «Rytz» oder «Cassis».
Schon zuvor hatten die meisten Parlamentsmitglieder auf Experimente verzichtet. Bei der ersten Wahl wurde der amtsälteste Bundesrat, Ueli Maurer, mit 213 von 221 gültigen Wahlzetteln gewählt. 23 der 244 ausgeteilten Bulletins waren leer geblieben und acht auf Diverse entfallen. Beim Wahlgang für Simonetta Sommaruga entfielen 13 Stimmen auf Regula Rytz und 13 Stimmen auf Diverse. Da ein Wahlzettel ungültig war und 25 leer blieben, durfte sich die künftige Bundespräsidentin über 192 Stimmen freuen. Alain Berset erhielt 214 Stimmen. Bei ihm waren 14 Wahlzettel leer geblieben und 16 auf Diverse entfallen. Die Anzahl ungültige (1) und Leerstimmen (39) wuchs dann bei Guy Parmelin wieder an, so dass der Wirtschaftsminister noch 191 Stimmen erhielt – 13 Stimmen entfielen auf Diverse. Einen eigentlichen «Exploit» (Tages-Anzeiger) erzielte Viola Amherd bei der sechsten Wahl. Mit 218 Stimmen erhielt sie die zweitmeisten Stimmen der Geschichte; nur Hans-Peter Tschudi hatte 1971 mehr Stimmen erhalten, nämlich 220. Elf Stimmen blieben leer und 14 entfielen auf Diverse. Eingelangt waren nur noch 243 Wahlzettel. Ein etwas seltsames Gebaren zeigt sich bei der letzten Wahl. Karin Keller-Sutter wurde zwar auch hier im Amt bestätigt, sie erhielt aber lediglich 169 Stimmen, da von den 244 ausgeteilten Wahlzetteln 37 leer und einer ungültig eingelegt wurden und 21 Stimmen auf Marcel Dobler (fdp, SG) sowie 16 auf Diverse entfielen. In den Medien wurde spekuliert, dass dies wohl eine Retourkutsche vor allem von Ostschweizer SVP-Mitgliedern gewesen sei, weil Keller-Sutter sich im St. Galler Ständeratswahlkampf zugunsten von Paul Rechsteiner (sp, SG) ausgesprochen habe.

Der Angriff der Grünen sei zwar gescheitert, dies könne für die Partei aber auch befreiend sein, könne sie nun doch Oppositionspolitik betreiben und mit Hilfe der direkten Demokratie den Druck auf die anderen Parteien erhöhen, urteilte Le Temps nach den Wahlen. Ihr Anspruch auf einen Bundesratssitz sei nach diesen Bundesratswahlen nicht einfach vom Tisch, kommentierte Balthasar Glättli. In zahlreichen Medien wurde zudem die Stabilität des politischen Systems betont – auch der Umstand, dass es zu keinem Departementswechsel kam, obwohl kurz über einen Wechsel zwischen Alain Berset und Ignazio Cassis spekuliert worden war, wurde als Indiz dafür gewertet. Doch Stabilität bedeute nicht Stillstand; die neuen Mehrheiten im Nationalrat müssten sich auch auf die Diskussionen um eine neue Zauberformel auswirken – so die einhellige Meinung der Kommentatoren. An einem vor allem von der CVP geforderten «Konkordanzgipfel» sollten Ideen für die künftige Zusammensetzung der Landesregierung beraten werden. Entsprechende Gespräche wurden auf Frühling 2020 terminiert.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2019
Dossier: Élection du Conseil fédéral depuis 2008

En vue des élections pour le Conseil national, 377 personnes, dont 145 femmes, se sont portées candidates dans le canton de Vaud. Représentant un nouveau record (il y en avait 327 en 2015), ces candidatures étaient réparties sur 24 listes. La part des femmes sur l'ensemble des candidatures s'est élevée à 38.5 pour cent, contre 34.7 quatre ans auparavant. Parmi les 18 parlementaires sortant.e.s, 16 ont brigué un nouveau mandat. En raison de la «prime» aux sortant.e.s, qui leur garantit un avantage en vue d'une réélection, il ne fallait pas s'attendre à de grands chambardements. Cependant, la campagne n'a pas manqué de sel, avec notamment la course au 19ème siège obtenu par le canton en raison de la croissance de sa population. Ce fauteuil supplémentaire a évidemment aiguisé l'appétit de plusieurs partis. Lors de la dernière législature, la délégation vaudoise, troisième plus importante après celles de Zurich et Berne, comptait sept élu.e.s de gauche (cinq PS et deux vert.e.s), deux du centre (un PDC et une verte libérale) et neuf de droite (cinq PLR et quatre UDC). Les partis écologistes, grâce à la prépondérance de la question climatique dans le débat public, espéraient se renforcer, alors que le PDC et l'UDC souhaitaient conserver leurs acquis. Du côté des mastodontes que sont le PS et le PLR, on rêvait d'un mandat supplémentaire. En parallèle, l'objectif était de conserver leurs sièges respectifs au Conseil des États.
Le PLR, en plus de ses quatre sortant.e.s Olivier Feller, Frédéric Borloz, Laurent Wehrli et Isabelle Moret, a présenté la conseillère d'État Jacqueline de Quattro pour conserver ses cinq sièges. En effet, Fathi Derder (plr) a souhaité se retirer de la vie politique, après deux mandats durant lesquels il s'est battu pour mettre en place une politique de soutien aux starts-up au niveau fédéral. Malgré cela, il a regretté que la Suisse ne se soit pas encore dotée d'un programme d'innovation clair. Sur la liste du parti libéral-radical a aussi figuré le sénateur Olivier Français, qui faisait face à la concurrence de la gauche en vue de sa réélection aux États. Si tout se passait comme prévu par les stratèges du parti, les élu.e.s sortant.e.s devaient conserver leur siège, alors que le fauteuil vacant semblait promis à Jacqueline de Quattro, dont l'élection ne faisait peu de doute en raison des scores élevés qu'elle a réalisés à plusieurs reprises lors des élections du gouvernement cantonal.
Chez les socialistes, la 50e législature (2015-2019) a vu le départ de trois élu.e.s en cours de route. En effet, en 2017, Cesla Amarelle (ps) a quitté le Conseil national pour reprendre le flambeau d'Anne-Catherine Lyon (ps) au gouvernement cantonal, tandis que Jean Christophe Schwaab (ps) a quitté son siège sous la coupole en 2017 pour s'occuper de son fils aîné souffrant de troubles du développement. Enfin, Rebecca Ruiz (ps) a pris la même direction que Cesla Amarelle, en remplaçant Pierre-Yves Maillard (ps) au Conseil d'État vaudois au début de l'année 2019. Leurs fauteuils sont revenus aux viennent-ensuite de 2015, Samuel Bendahan (ps), Brigitte Crottaz (ps) et Nicolas Rochat Fernandez (ps). Pour cette élection, les socialistes avaient comme objectif de conserver leurs cinq mandats, lorgnant même sur un sixième siège, comme c'était le cas entre 2011 et 2015. Leur résultat s'annonçait étroitement lié à la probable progression de leurs alliés écologistes, susceptibles de marcher sur les plates-bandes socialistes en cas de bon score. Comme l'a relevé 24Heures, la section vaudoise du parti à la rose disposait cependant de plusieurs locomotives électorales: Ada Marra, vice-présidente romande du PS suisse et candidate à la succession de Géraldine Savary au Conseil des États à côté de sa candidature au national, Roger Nordmann, chef de la fraction socialiste au Parlement, et Pierre-Yves Maillard, nouveau président de l'Union syndicale suisse (USS), semblaient capables de mobiliser l'électorat socialiste. Ce dernier, dont l'accession à la présidence de l'USS l'obligeait à obtenir un siège, avait déjà siégé au national entre 1999 et 2004, avant son entrée au Conseil d'État vaudois. Il a par ailleurs renoncé à viser la chambre haute pour soutenir la candidature féminine d'Ada Marra.
Du côté des vert.e.s, les auspices étaient favorables, les grèves pour le climat ayant notamment fait grand bruit au cours de l'année 2019. Alors qu'Adèle Thorens Goumaz (vert.e.s), à la chambre du peuple depuis 2007, a présenté une double candidature pour les deux chambres, Daniel Brélaz (vert.e.s) a visé un nouveau mandat au national. La candidature du premier écologiste mondialement élu dans un parlement national – c'était en 1979 – a créé des remous au sein de son parti. En effet, certains membres de la section vaudoise ont souhaité que Brélaz laisse sa place aux plus jeunes, pour permettre à une nouvelle génération d'émerger. Brélaz a assuré qu'il partirait en cours de mandat en cas d'élection. Stratégiquement, le retirer de la liste serait revenu à se priver d'une locomotive électorale. À ses côtés, la secrétaire générale de la fédération romande des consommateurs (FRC) Sophie Michaud Gigon (vert.e.s) s'est présentée. Parmi les papables, 24Heures a encore cité Léonore Porchet (vert.e.s), Alberto Mocchi (vert.e.s) – président de la section cantonale –, et Raphaël Mahaim (vert.e.s), dont les candidatures devaient permettre aux vert.e.s de récupérer le troisième siège perdu en 2015. Les plus optimistes se sont même mis à rêver d'un quatrième siège.
De l'autre côté de l'échiquier politique, la position de l'UDC était jugée fragile par de nombreux observateurs et observatrices. Alice Glauser-Zufferey (udc), élue entre 2007 et 2011 puis en 2016 suite à l'accession du Guy Parmelin au Conseil fédéral, n'a pas souhaité briguer un mandat supplémentaire. Aucune candidate n'ayant émergée pour prendre sa succession, ce sont donc sur des têtes – masculines – connues qu'ont reposées les ambitions agrariennes de conserver les quatre sièges. Jean-Pierre Grin (udc) et Michaël Buffat (udc), élus depuis 2007 et 2011, n'avaient pas de souci à se faire à l'idée de rempiler pour une nouvelle législature, selon 24Heures. Élu en 2015, Jacques Nicolet (udc) pouvait également légitimement viser une réélection, d'autant plus que le président de la section cantonale avait réussi à mettre de l'ordre dans les tensions internes qui ont miné l'UDC vaudoise ces dernières années, menant notamment à l'exclusion de Claude-Alain Voiblet. Celui-ci avait collé des affiches électorales personnelles par-dessus celles de son parti lors de la campagne fédérale de 2015. Derrières les sortants, quelques députés au Grand Conseil nourrissaient l'ambition de passer à l'échelon fédéral.
L'extrême-gauche a elle aussi affiché ses ambitions en vue de l'élection. Le POP a présenté 19 candidatures, avec comme têtes de liste Anaïs Timofte, déjà candidate au Conseil d'État lors de l'élection complémentaire pour succéder à Pierre-Yves Maillard, et Bernard Borel. Ensemble à gauche, qui a regroupé sous sa bannière SolidaritéS, Décroissance-Alternatives et Solidarité & Écologie, a présenté une liste complète de 19 candidatures. Un sous-apparentement a été conclu avec le POP. Celui-ci s'est inscrit dans la grande alliance de gauche qui comprenait également le PS, les vert.e.s ainsi que leurs listes jeunes. L'extrême-gauche vaudoise n'était plus représentée à Berne depuis le départ de Josef Zisyadis en 2011 et espérait donc faire son retour sous la coupole.
Le PDC avait pour but de conserver le siège de Claude Béglé. Ce dernier, élu en 2015 à la place de Jacques Neirynck (pdc), a – selon la presse – donné durant la législature une image d'élu isolé, dont l'avis ne pèse pas à Berne. Certes, son «esprit libre et franc du collier» a été apprécié, mais ses voyages diplomatiques «parallèles», selon ses propres termes, ont fait des vagues durant la campagne. En effet, à la suite d'un voyage privé en Corée du Nord, le membre de la commission de politique extérieure (CPE) s'est fait tirer dessus à boulets rouges par la presse: dans des tweets, il avait fait l'éloge du régime de Kim Jong-Un, saluant un système qui fonctionne «bien mieux qu'on pourrait l'imaginer», avec de bas salaires certes, mais où «tout est fourni gratuitement par l'État». Alors que son parti s'est distancé de ses propos, son comportement n'a pas plu parmi ses pairs. Le conseiller national genevois Carlo Sommaruga (ps) lui a notamment reproché de «profiter de son statut de parlementaire pour voyager et exister dans les médias, sans prendre aucune distance avec ce qu'il voit». Cette polémique n'a pas arrangé les affaires du PDC vaudois, déjà en perte de vitesse ces dernières années. Le parti n'est plus représenté que par un député au Grand Conseil, contre quatre lors de la législature précédente. Pour garder sa place à Berne, il a compté sur une alliance des partis du centre avec le PBD, le PEV et l'UDF. En revanche, le parti vert'libéral n'a pas souhaité s'associer aux démocrates-chrétiens. Les vert'libéraux se sont alliés au Parti Pirate. Espérant bénéficier d'une vague verte, le parti a visé un deuxième siège. Seule élue verte libérale romande lors de la dernière législature, Isabelle Chevalley, figure de proue du parti, avait bon espoir de recevoir du soutien pour mettre en avant une transition écologique qui se fait main dans la main avec l'économie. Ce point constituait le cœur du programme du parti vert'libéral, qui a indiqué compter sur une politique d'incitation et sur l'innovation pour résoudre le défi climatique.
Dans le grand jeu des alliances, le PLR a exclu tout accord avec les vert'libéraux, trop à gauche selon lui. Entre l'UDC et le PLR, les stratèges étaient conscients qu'un accord aurait augmenté les possibilités de conquérir un siège supplémentaire. Cependant, les positions de deux partis divergeaient fondamentalement sur la direction à prendre quant aux relations avec l'UE. L'accord-cadre, un des thèmes les plus discutés durant la campagne, était soutenu par le PLR, alors que l'UDC le rejetait. Finalement, la droite s'est donc lancée en ordre dispersé dans la bataille.
De manière générale, le thème au centre des discussions durant la campagne a été celui du climat. Tous les partis s'en sont emparé, y compris l'UDC, qui a souligné l'importance de défendre la production alimentaire locale. Le parti agrarien a critiqué les taxes, «seules solutions concrètes proposées par les autres partis, qui remplissent les caisses de l'État sans incidence sur l'environnement». Dans le camp opposé, la gauche radicale a émis le souhait d'atteindre la neutralité carbone d'ici à 2030. Ses objectifs principaux étaient d'une part la «justice climatique» et d'autre part l'égalité «pour tous», avec notamment la volonté de rendre les transports publics gratuits.
Concernant les budgets, le PLR (CHF 400'000) et le PS (CHF 294'000) sont les partis ayant alloués le plus de fonds à la campagne. Suivaient les vert.e.s avec CHF 220'000, l'UDC avec CHF 150'000 et le parti vert'libéral avec CHF 86'000.

Avec une participation de 41.4 pour cent (42.9% en 2015), les partis écologistes ont été les grands vainqueurs du dimanche électoral. Les vert.es et les vert'libéraux ont doublé leur députation, décrochant respectivement 4 et 2 sièges. Cette progression s'est faite au profit de l'UDC, qui est passé de quatre à trois fauteuils, et surtout du PDC, qui n'a pas décroché de mandat. Le PLR et le PS ont conservé leurs cinq sièges.
Pour être précis, la plus forte progression est à mettre au crédit des vert.e.s, qui ont récolté 19.7 pour cent des voix (+8.4 points de pourcentage (pp) par rapport à 2015). Adèle Thorens Goumaz (47'674 voix), Daniel Brélaz (37'667 voix), Sophie Michaud Gigon (32'205 voix) et Léonore Porchet (30'860 voix) ont gagné un ticket pour Berne. Avec l'élection de Thorens Goumaz à la chambre haute, Valentine Python a finalement accédé au Conseil national en tant que première viennent-ensuite (30'314 voix). Cette dernière a symbolisé à merveille le succès des écologistes: novice en politique et climatologue de profession, son élection était révélatrice d'un électorat à la recherche «de compétences scientifiques pour répondre aux préoccupations sur l'avenir de la planète», selon 24Heures. Avec une députation passant de 7 à 9 élu.e.s, la gauche a globalement été à la fête. Malgré une légère régression, le PS a recueilli 20.4 pour cent des suffrages (-1.8pp). Ada Marra (49'953 voix), Roger Nordmann (45'649 voix), Samuel Bendahan (37'923 voix) et Brigitte Crottaz (37'755 voix) ont conservé leur siège, alors que Pierre-Yves Maillard a caracolé en tête des suffrages. Le poids-lourd de la politique vaudoise a été le candidat le mieux élu, avec 59'514 voix. Nicolas Rochat Fernandez (31'050 voix) a fait les frais de l'élection de Maillard, ne conservant pas le siège qu'il aura occupé pendant deux sessions seulement. Avec 4.1 pour cent des suffrages (+1.2pp), la gauche de la gauche a apporté sa pierre à l'édifice mais n'a pas été récompensée par un siège.
En obtenant 8.3 pour cent des voix, le PVL a plus que doublé son score de 2015, qui était de 3.9 pour cent (+4.4pp). Son allié, le parti pirate, a engrangé 0.8 pour cent des voix. Ce résultat historique a donné le droit au président de la section cantonale François Pointet (13'390 voix) de rejoindre sa camarade Isabelle Chevalley (26'488 voix) dans les travées du parlement. Le PDC a fait les frais de la progression de son concurrent du centre. Son score – 2.4 pour cent (-2.2pp) – n'a pas suffi à conserver le siège de Claude Béglé, malgré l'apport, certes minime, du PEV (1.3%), du PBD (0.4%) et de l'UDF (0.3%). Béglé a sans doute payé ses propos sur la Corée du Nord. En effet, il n'a récolté que 5'459 bulletins, contre 12'367 en 2015. Comme pronostiqué dans la presse, l'UDC a également souffert en n'obtenant que 17.4 pour cent des suffrages (-5.2pp). Dépassé par les vert.e.s, le parti agrarien a dû abandonner un siège. Les sortants Jean-Pierre Grin (35'966 voix), Jacques Nicolet (33'537 voix) et Michaël Buffat (31'677 voix) ont été réélus. Enfin, le parti libéral-radical est resté le premier parti du canton. En récoltant 23.3 pour cent des suffrages, il a néanmoins enregistré un recul de 3.5pp par rapport à 2015. Cela ne lui a pas porté préjudice, puisqu'il a conservé ses cinq sièges. Olivier Français a reçu le plus de voix (50'328), mais comme celui-ci a ensuite été élu au Conseil des États, ce sont Isabelle Moret (48'664 voix), Olivier Feller (46'542 voix), Jacqueline de Quattro (44'996 voix), Frédéric Borloz (40'962 voix) et Laurent Wehrli (40'339 voix), en tant que premier viennent-ensuite, qui siégeront à la chambre du peuple. Suite à son élection, Jacqueline de Quattro a comme prévu quitté le Conseil d'État, ce qui a donné lieu à une élection complémentaire.
En résumé, la députation vaudoise pour la 51ème législature se compose de 5 PLR, 5 PS, 4 vert.e.s, 3 UDC et 2 vert'libéraux. 11 hommes et 8 femmes ont été élu.e.s par la population vaudoise.

Election Conseil national 2019 – Vaud
Dossier: Elections fédérales 2019 - aperçu

Mit dem Postulat Feri sollte eine Prüfung der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Politik vorgenommen werden. Yvonne Feri (sp, AG) wies in ihrem Anliegen darauf hin, dass sich die Parlamentsarbeit stark verändert habe, die Komplexität der Dossiers zunehme und immer mehr Parlamentarierinnen und Parlamentarier Familienarbeit übernähmen. Eine Studie habe zudem gezeigt, dass Parlamentsmitglieder sehr viel Zeit für politische Arbeit aufwendeten. Um Milizarbeit leben zu können, müsse also die Vereinbarkeit von Parlamentsarbeit, Beruf und Betreuungsarbeit analysiert werden.
Dies sah auch das Büro-NR so und erwähnte in seiner Begründung gleich einen ganzen Strauss verschiedener Vorstösse, die in letzter Zeit ähnliche Ideen verfolgt hatten. Die parlamentarischen Initiativen Aebischer (sp, BE; Pa.Iv. 15.445), Roth-Bernasconi (sp, GE; Pa.Iv. 14.463), Feri (Pa.Iv. 13.410), Galladé (sp, ZH; Pa.Iv. 11.453) und Dupraz (fdp, GE; Pa.Iv. 04.483), oder die Postulate Feri (Po. 13.3691), Teuscher (gp, BE; Po. 06.3844) oder Zisyadis (pda, VD; Po. 01.3232) seien zwar mehrheitlich erfolglos geblieben, die Regelmässigkeit der Einreichung dieser Vorstösse zeige aber, dass das Anliegen nicht nur dauerhaft aktuell sei, sondern zukünftig wohl auch noch an Bedeutung gewinnen könnte. Das Büro beantragte deshalb Annahme des Postulats und forderte einen umfassenden Bericht, der auch mögliche Verbesserungen und Anpassungen aufzeigen sollte.
Keine Freude an dieser Empfehlung, die in der Regel zu einer stillschweigenden Überweisung führt, hatte Thomas Aeschi (svp, ZG), der das Postulat bekämpfte, was bedeutet, dass es in einer der nächsten Nationalratssessionen zur Diskussion traktandiert werden wird.

Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Politik (Po. 18.4252)
Dossier: L'indemnisation des député.e.s
Dossier: Part de femmes au parlement
Dossier: Compatibilité du travail parlementaire avec la vie familiale et professionnelle

Das Salär eines Bundesrates ist immer mal wieder Gegenstand medialer Debatten. Zudem war der Durchschnittslohn der Magistratinnen und Magistraten auch Gegenstand in der Debatte um die Kaderlöhne in bundesnahen Betrieben. Die Kosten eines Bundesratsmitglieds bemessen sich aus seinem an die Teuerung angepassten Lohn, der – Stand Januar 2017 – CHF 445'163 beträgt, und einer Spesenpauschale von CHF 30'000 pro Jahr. Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin erhalten zusätzlich CHF 12'000. Darüber hinaus übernimmt der Bund die Kosten für Festnetzanschluss, Mobilteleton und PC und die Magistratinnen und Magistraten dürfen ein Repräsentations- und ein Dienstfahrzeug nutzen, bezahlen für deren private Nutzung allerdings 0.8 Prozent des Neupreises pro Monat. In den Leistungen inbegriffen sind zudem ein SBB-Generalabonnement für die erste Klasse und ein GA für die Schweizer Seilbahnen.
Zu reden gibt aber insbesondere die Rente, die zurückgetretene Bundesrätinnen und Bundesräte auf Lebenszeit erhalten. Sie beträgt CHF 220'000 pro Jahr, also rund die Hälfte des ursprünglichen Lohnes. Nur wenn ein ehemaliges Bundesratsmitglied nach seinem oder ihrem Rücktritt mehr verdient als im Amt, wird die „Versorgung der Magistratspersonen” entsprechend gekürzt. Der Tages-Anzeiger rechnete aus, dass ein Grund für das Wachstum des Personalaufwandes der Bundesverwaltung ebendiese Ruhegehälter sind, deren Reserve laut Staatsrechnung stark aufgestockt werden musste. 2017 waren 20 Personen – neben den Exekutivmitgliedern erhalten auch ehemalige Bundeskanzlerinnen und -kanzler sowie Bundesrichterinnen und -richter eine Rente – bezugsberechtigt. 17 dieser 20 Personen und drei Witwen erhielten eine Rente, wobei nicht bekannt gegeben wird, um wen es sich dabei handelt. Der Tages-Anzeiger mutmasste, dass Christoph Blocher, Ruth Metzler und Joseph Deiss die Rente nicht beziehen. Insgesamt wurden laut Staatsrechnung 2016 CHF 10.67 Mio. an pensionierte Richterinnen und Richter und CHF 4.28 Mio. an ehemalige Magistratspersonen, Kanzlerinnen und Kanzler sowie Bundesratswitwen ausbezahlt. Diese Summe wurde verschiedentlich als zu hoch betrachtet. Thomas Burgherr (svp, AG) kündigte eine parlamentarische Initiative an, mit der nur noch jene Alt-Bundesrätinnen und Alt-Bundesräte ein Ruhegehalt beziehen sollen, die im Pensionsalter abtreten.

Kosten eines Bundesrates
Dossier: Retraites des magistrat.e.s

Die SGG ergriff im Berichtsjahr neue Massnahmen, um der 2015 mittels eines Wettbewerbs auserkorenen inoffiziellen Nationalhymne weiteren Schub zu verleihen. So sei der Text nochmals in allen Landessprachen leicht überarbeitet worden und es seien erneut sämtliche Veranstalter von 1.-August-Feiern gebeten worden, den Hymnen-Vorschlag der SGG ins Festprogramm aufzunehmen. Die grösste Aufmerksamkeit erregte jedoch die Gründung eines Komitees mit vielen prominenten Befürworterinnen und Befürwortern der neuen Hymne. Im 70-köpfigen Gremium befanden sich neben Persönlichkeiten aus Kultur, Wirtschaft und Sport auch die drei Alt-Bundesrätinnen Ruth Dreifuss, Ruth Metzler und Eveline Widmer-Schlumpf sowie Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger. Der ehemalige SP-Bundesrat Leuenberger gestand auf der SGG-Webseite, dass er beim Singen der offiziellen Hymne am Schluss oft nur noch die Lippen bewegt habe, weil er die «schwülstigen Teile» nicht habe auswendig lernen wollen. Und die ehemalige CVP-Magistratin Ruth Metzler bekannte sich zur neuen Hymne, weil diese vielsagender sei als die offizielle Landeshymne und der Vielfalt der Schweiz «ausgezeichnet Rechnung trägt». So habe sie die Hymne der SGG an der letztjährigen 1. August-Feier auf dem Rütli mit «grosser Freude und Überzeugung gesungen». SGG-Geschäftsführer Lukas Niederberger sagte im St. Galler Tagblatt, dass es der SGG nicht darum ginge, den neuen Text möglichst rasch zur neuen offiziellen Hymne zu machen. Vielmehr solle damit eine Diskussion angeregt werden, was eine Hymne beinhalten sollte und «welche Werte uns heute und morgen leiten sollten».

Neue Nationalhymne?
Dossier: L'importance de l'hymne national et les tentatives de renouvellement

Nicht nur Wirtschaftskader geraten ob ihrer Entlohnung in die Medien, sondern in schöner Regelmässigkeit auch immer wieder die Bundesrätinnen und Bundesräte. Laut der Bundesinformationsseite ch.ch verdiente ein Mitglied der Landesregierung im Jahr 2015 rund CHF 445'000 zuzüglich etwa CHF 30'000 Spesenentschädigung. Das Präsidialamt wird mit zusätzlichen CHF 12'000 pro Jahr entschädigt. Zu diskutieren gaben allerdings nicht die im Vergleich zur Privatwirtschaft eher geringen Saläre der aktiven Bundesrätinnen und Bundesräte als vielmehr die Ruhegehälter der ehemaligen Magistratinnen und Magistrate. Diese erhalten in der Regel die Hälfte des Lohnes, den sie während ihrer Amtszeit bezogen hatten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Amtszeit mindestens vier Jahre betragen hat. War dies nicht der Fall oder ist ein ehemaliges Regierungsmitglied weiterhin arbeitstätig, wird das Ruhegehalt gekürzt - insbesondere dürfen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit und die Pension zusammen den Lohn während der Amtszeit nicht übersteigen. Auch die Witwen ehemaliger Bundesräte erhalten eine Entschädigung, die in etwa ein Viertel des Lohnes des Verstorbenen ausmacht. Diese seit 1919 geltende Regel war nach der Nicht-Bestätigung von Ruth Metzler in Anbetracht des jungen Alters der CVP-Magistratin virulent diskutiert worden. Auch Parlamentarier stiessen sich damals am Umstand, dass die junge Ex-Magistratin während langer Zeit ein Ruhegehalt beziehen würde. Metzler gab damals ihren Verzicht auf die Rente bekannt. Mediale und parlamentarische Auseinandersetzungen zum Thema Ruhegehalt löste auch die Bekanntgabe von alt-Bundesrat Moritz Leuenberger aus, dass dieser bei der Implenia ein Verwaltungsratsmandat übernommen hatte. 2015 störte sich der Blick am Umstand, dass Alt-Bundesrat Kaspar Villiger trotz eines mehrere Millionen umfassenden Vermögens das volle Ruhestandsgehalt erhielt. Die Weltwoche berichtete über den Versuch der Bundeskanzlerin Corina Casanova, Licht ins Dunkel der Ruhegehälter zu bringen. Wer genau wie viel Ruhegehalt bezieht, ist nämlich ein gut gehütetes Geheimnis und es werden lediglich die Gesamtsumme und die Anzahl Renten öffentlich gemacht – laut Weltwoche bezogen 2014 fünfzehn ehemalige Bundes­räte, drei ehemalige Bundeskanzler sowie vier Witwen insgesamt CHF 4,4 Mio. Ruhegehalt. Unklar bleibt somit zum Beispiel, ob Ruth Metzler, Joseph Deiss oder Christoph Blocher nach wie vor auf ihre Rente verzichten, wie sie dies in der Presse verlauten liessen. Laut Weltwoche prallte die Bundeskanzlerin mit ihrem Begehren, das sie mit immer zahlreicher werdenden Anfragen seitens der Medien begründete, an einer Mauer des Schweigens ab: Die angefragten ehemaligen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger möchten Anonymität in Sachen Ruhegelder bewahren – so das Fazit des Wochenblattes.

Ruhegehälter der ehemaligen Magistratinnen und Magistraten
Dossier: Retraites des magistrat.e.s

Im Berichtjahr wurde über Massnahmen gegen die zunehmende Gesetzesflut diskutiert, wobei parlamentarische Initiativen von rechts und von links eingereicht wurden. Die Initiative Stahl (svp, ZH) (10.534) forderte eine Ergänzung in der Bundesverfassung, die den Gesetzgeber dazu verpflichten sollte, bei neuen Gesetzen sowie bei Revisionen systematisch die wirtschaftlichen Auswirkungen auf Institutionen, Bevölkerung und Unternehmen darzustellen. Die staatspolitische Kommission betrachtete das Anliegen in der Sache zwar gerechtfertigt, aber als im Parlamentsgesetz (Art. 141) bereits geregelt. Der Argumentation der Kommissionsminderheit, dem Anliegen durch eine Verankerung in der Bundesverfassung mehr Gewicht zu geben, folgte nur eine Ratsminderheit von 54 vorwiegend SVP-Fraktionsstimmen, die 129 Stimmen gegenüberstanden, welche der Initiative keine Folge gaben. Das gleiche Schicksal ereilte eine parlamentarische Initiative Zisyadis (lg, VD) die einen unbürokratischen Gesetzesvollzug und die Formulierung allseits verständlicher Gesetze gefordert hätte. Nachdem die SPK-NR im Vorjahr der Initiative Folge gegeben, ihre Schwesterkommission dazu allerdings ihre Zustimmung verweigert hatte, kam es im Berichtsjahr zu Debatten in den Räten. Im Nationalrat stiess das Begehren zwar noch auf offene Ohren und die grosse Kammer folgte ihrer Kommission mit 130 zu 40 Stimmen, den Ständerat passierte das Anliegen allerdings nicht. In der Zwischenzeit war die von der FDP lancierte Volksinitiative „Bürokratie-Stopp!“ mit praktisch identischem Text im Unterschriftenstadium knapp gescheitert (siehe dazu auch hier). Dies veranlasste zwar ein paar FDP-Ständeräte dazu, die parlamentarische Initiative zu unterstützen, die Mehrheit der kleinen Kammer (28:8 Stimmen) sprach sich aber gegen Folge geben aus.

Verständliche Gesetze und unbürokratischer Gesetzesvollzug (Pa.Iv. 10.537)
Dossier: Mesures contre trop d'interventions parlementaires

Kaum war der zweite Wahlgang für die Ständeratswahlen vorbei, wurde die Wählerschaft des Kantons Waadt wieder an die Urne gerufen. Der überraschende Tod des SVP-Staatsrats Jean-Claude Mermoud im September machte nur wenige Monate vor den regulären Erneuerungswahlen im März 2012 eine Ersatzwahl nötig. Insbesondere die Grünen hofften, an der bisherigen Regierungszusammensetzung (2 FDP, 2 SP, 1 LP, 1 GP und 1 SVP) rütteln zu können. Ihre Chance war auch deshalb realistisch, weil sich Guy Parmelin (svp) nicht zur Verfügung stellen wollte, obwohl er nicht nur von seiner eigenen Partei, sondern auch von der FDP und der LP dazu aufgefordert worden war. Nationalrat Parmelin wollte sich auf die nationale Politik konzentrieren. Die SVP nominierte in der Folge Grossrat Pierre-Yves Rapaz, der allerdings als nicht sehr moderat galt und dem die Befähigung für ein Regierungsamt hinter vorgehaltener Hand abgesprochen wurde. Die Unterstützung der FDP und der LP war in der Folge lediglich lau. Allerdings stellten auch die Grünen die relativ wenig bekannte Grossrätin und Fraktionspräsidentin Béatrice Métraux auf. Alle anderen Parteien – insbesondere die erstarkten Mitteparteien BDP oder GLP – reichten keine Kandidatur ein. Lediglich „Vaud libre“ wollte mit Emmanuel Gétaz den SVP-Sitz erobern. Das kleine Budget der Parteien nach den nationalen Wahlen im Herbst und die wenig bekannten Kandidierenden führten zu einer sehr schwachen Beteiligung von lediglich 31,3%. Der Linken war die Mobilisierung der Wählerschaft dabei anscheinend besser gelungen als der Rechten: Métraux (gp) verpasste zwar mit 54'833 Stimmen das absolute Mehr, liess aber Rapaz (svp) um 5'200 Stimmen überraschend deutlich hinter sich. Gétaz (Vaud libre) erhielt 12'416 Stimmen. Zahlreiche Wahlzettel wurden leer eingelegt, was als Zeichen für den Unmut der Wählerschaft über die beschränkte Auswahl gedeutet wurde. Gétaz zog sich in der Folge zurück und empfahl seiner Anhängerschaft, auf eine Wahl von Rapaz (svp) zu verzichten. Zu einer expliziten Empfehlung für Métraux (gp) konnte er sich allerdings nicht durchringen. Die BDP, die FDP und die LP sprachen sich im zweiten Wahlgang für Rapaz aus, allerdings wurde deutlich, dass man vor allem einen zweiten grünen Sitz und somit eine rot-grüne Mehrheit verhindern wollte. Die SP machte sich für Métraux (gp) stark. Beim zweiten Wahlgang konnte die Linke – bei einer noch einmal geringeren Wahlbeteiligung von 30,3% – erneut stärker mobilisieren: Métraux (gp) schien die meisten Stimmen von Gétaz (Vaud libre) auf sich vereinen zu können. Sie holte nämlich etwa 10% mehr Stimmen als noch im ersten Wahlgang (54%; 64'807 Stimmen). Rapaz (svp) konnte seinen Anteil hingegen nur leicht um drei Prozentpunkte auf 43% erhöhen (51'755 Stimmen). Die rot-grüne Mehrheit war damit Tatsache. Die SVP verlor dadurch – vier Tage nach der Niederlage bei den Bundesratswahlen – ihren einzigen Regierungssitz in der Romandie. Die Bürgerlichen hofften auf die Wahlen vom März 2012, Schon einmal war eine links-grüne Mehrheitsregierung nach kurzer Zeit gescheitert, als 1996 bei einer Ersatzwahl Joseph Zysiadis (pda) gewählt und zwei Jahre später nicht mehr bestätigt wurde.

Ersatzwahl Regierungsrat Waadt 2011
Dossier: Elections des exécutifs cantonaux 2011
Dossier: Elections cantonales - Vaud

Die Bundesratswahlen vom 14. Dezember verliefen schliesslich weit weniger spektakulär, als dies die Berichterstattung im Vorfeld hätte vermuten lassen. Die NZZ betitelte die Wahlen gar als „Ruhe nach dem Sturm“ und die AZ bezeichnete das Ereignis als „langweilig“, was Bundesratswahlen aber eigentlich gut anstünde. In den Fraktionserklärungen vor dem Wahlakt wurde noch einmal von allen Parteien die Konkordanz beschworen, wobei Antonio Hodgers (gp) auf den Punkt brachte, dass es zwischen den Parteien eben „keine Konkordanz darüber (gebe), was Konkordanz konkret bedeutet“. Schliesslich wurden alle amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte bereits im ersten Wahlgang bestätigt: Doris Leuthard (cvp) erhielt glanzvolle 216 Stimmen (11 Stimmen entfielen auf Verschiedene). Die mit Spannung erwartete Bestätigungswahl von Eveline Widmer-Schlumpf war relativ eindeutig: die BDP-Magistratin erhielt 131 Stimmen und war damit im ersten Umgang gewählt. 63 Stimmen entfielen auf Hansjörg Walter und 41 Stimmen auf Jean-François Rime (Verschiedene: 4 Stimmen). Ueli Maurer wurde mit respektablen 159 Stimmen gewählt. 41 Stimmen fielen hier auf Hansjörg Walter und 13 auf Luc Recordon (gp) (Verschiedene: 13). Erstaunlicherweise erfolgte vor der Wahl von Didier Burkhalter – der FDP-Bundesrat erhielt 194 Stimmen und 24 Stimmen entfielen auf Jean-François Rime (Verschiedene: 14) – keine Erklärung der SVP. Fraktionspräsident Baader ergriff erst vor dem fünften Wahlgang das Wort und klagte, dass sich die FDP nicht an die Konkordanz gehalten habe und die SVP deshalb alle drei verbleibenden Sitze mit Jean-François Rime angreifen werde. Dieses Unterfangen scheiterte jedoch sowohl bei der Bestätigung von Simonetta Sommaruga (sp), die mit 179 Stimmen (Rime: 61 Stimmen; Verschiedene: 2 Stimmen) genauso im ersten Wahlgang bestätigt wurde wie auch bei Johann Schneider-Ammann (fdp), der 159 Stimmen auf sich vereinte (Rime: 64 Stimmen; Verschiedene: 11 Stimmen). Auch bei der Ersatzwahl von Micheline Calmy-Rey war rasch klar, dass dem Angriff der SVP kein Erfolg beschieden war. Im ersten Wahlgang erhielten die beiden SP-Kandidaten mehr Stimmen als der Sprengkandidat Rime: Auf Alain Berset entfielen 114 Stimmen, Pierre-Yves Maillard und Jean-François Rime erhielten beide 59 Stimmen. Die 10 Stimmen, die Marina Carobbio im ersten Wahlgang erhielt (Verschiedene: 1), fielen dann wahrscheinlich Alain Berset zu, der bereits im zweiten Wahlgang mit 126 Stimmen das absolute Mehr erreichte und zum neuen SP-Bundesrat erkoren wurde (Maillard: 63 Stimmen; Rime: 54 Stimmen; Verschiedene: 2 Stimmen).

Eine weitere Bestätigung erhielt Eveline Widmer-Schlumpf mit der Wahl zur Bundespräsidentin 2012. Sie bekam 174 Stimmen; 32 Stimmen entfielen auf Bundesrat Maurer, der anschliessend mit 122 Stimmen turnusgemäss zum Vizepräsidenten gewählt wurde.

Die Bundesratswahlen wurden in der Presse unterschiedlich kommentiert. Auf der einen Seite wurde der SP eine strategische Meisterleistung attestiert. Der ideale Zeitpunkt des Rücktritts von Calmy-Rey, die guten Kandidaten und die Erfolge bei den Ständeratswahlen hätten ihr eine ausgezeichnete Ausgangslage verschafft, die sie gut genutzt habe. Zudem hätte die Allianz zwischen SP, GP, GLP und CVP gut funktioniert, um die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf zu schaffen. Auf der anderen Seite wurden der SVP Fehler und eine wenig überzeugende Strategie vorgeworfen. Das Verheizen bekannter Köpfe bei den Ständeratswahlen, die (zu) späte Nominierung der Kandidaten und die negativen Schlagzeilen um Bruno Zuppiger hätten der erfolgsverwöhnten Partei geschadet. Alain Berset wurde als viertjüngster Bundesrat in der Geschichte des Bundesstaates als idealer, linker Bundesrat gewürdigt. (Nur Numa Droz (31 Jahre; 1876-1892), Jakob Stämpfli (34 Jahre; 1855-1863) und Ruth Metzler (34; 1999-2003) waren bei Amtsantritt jünger als Berset.) Insgesamt habe sich das Parlament nach den Querelen von 2003 und 2007 wieder für Stabilität im Gremium entschieden. Allerdings bleibe abzuwarten, wie die SVP, die in der Regierung deutlich untervertreten sei, nun reagieren werde. Für ersten Wirbel sorgte der Umstand, dass Ueli Maurer entgegen des Kollegialprinzips seine Wahl nicht im Bundeshaus, sondern mit Parteifreunden in einer Gaststätte verfolgt und dort auch Kommentare zu den Wahlen abgegeben hatte.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2011 – Nachfolge Micheline Calmy-Rey
Dossier: Elections de la présidence de la confédération
Dossier: Élection du Conseil fédéral depuis 2008

Zum ersten Mal seit 1991 konnte die SVP nicht mehr an Wählerprozenten zulegen. Ihr Wähleranteil brach im Gegenteil gesamtschweizerisch von 28,9% (2007) auf 26,6% ein, was ihr insgesamt 54 Mandate einbrachte. Im Vergleich zu den Wahlen 2007 kam dies einem Minus von acht Sitzen gleich. Allerdings waren der Volkspartei aufgrund der Abspaltung der BDP bereits im Laufe der Legislatur vier Sitze verlustig gegangen (je zwei in Bern und in Graubünden). Aufgrund des Übertritts von Nationalrat Thomas Müller (SG) von der CVP zur SVP hielt die Partei vor den Wahlen also 59 Mandate. Der unmittelbare Sitzverlust betrug somit fünf Sitze. Leicht zulegen konnte die SVP in einigen Westschweizer Kantonen, im Tessin und / oder in jenen Kantonen, in denen die BDP nicht antrat (AR, SH, NW, OW, TI, VS, VD, JU). Ausnahme von diesem Muster bildete Genf wo das Mouvement Citoyens Romand (MCR) einen Teil der Stammwählerschaft der SVP für sich gewinnen konnte. Trotz der Verluste blieb die SVP aber die mit Abstand stärkste Partei im Nationalrat.

Zweitstärkste Partei blieb die SP, die im Vergleich zu 2007 0,8 Prozentpunkte an Wählerinnen und Wählern einbüsste. Mit 18,7% Wähleranteil erzielte sie das drittschlechteste Resultat ihrer Geschichte. Dank Proporzglück konnte die SP aber im Vergleich zu 2007 dennoch drei Sitzgewinne verzeichnen. Dieser Gewinn ist umso eindrücklicher, wenn bedacht wird, dass die Sozialdemokraten im Verlauf der Legislatur zwei Sitze verloren hatten: Der Glarner Sitz ging nach dem Rücktritt von Werner Marti (2009) an die BDP und mit dem Parteiaustritt von Ricardo Lumengo (BE) ging der SP 2010 ein weiterer Sitz verlustig. Im Vergleich zur letzten Session vor den Wahlen konnten sich die Sozialdemokraten also sogar über den Gewinn von fünf Sitzen freuen. Wichtige Wählergewinne konnte die SP insbesondere in den Kantonen Freiburg (+4 Prozentpunkte), Waadt (+ 3,2 Prozentpunkte) und St. Gallen (+2 Prozentpunkte) verbuchen. Allerdings war der Wähleranteil in nicht weniger als 14 Kantonen rückläufig.

Zu den grossen Gewinnerinnen der Nationalratswahlen 2011 gehörten die BDP und die GLP. Beide konnten gesamtschweizerisch jeweils 5,4% der Wählerschaft von sich überzeugen. Die GLP erhielt dabei zwölf und die BDP neun Mandate. Im Vergleich zu 2007 bedeutete dies für beide Parteien den Gewinn von neun Sitzen. Freilich war die BDP aufgrund der Abspaltung von der SVP bereits vor den Wahlen mit fünf Sitzen in der grossen Kammer (je 2 Sitze aus Bern und Graubünden und 1 Sitz aus Glarus) vertreten. Die Gewinne der beiden neuen Mitteparteien gingen auch auf Kosten der beiden traditionellen bürgerlichen Parteien.

Der Wähleranteil der CVP ging gesamtschweizerisch von 14,5% auf 12,3% zurück. Das ist das schlechteste Resultat für die CVP seit der Einführung der Proporzwahlen 1919. Damit einher ging – verglichen mit 2007 – ein Verlust von drei Sitzen. Neu kam die CVP auf 28 Sitze, wobei sie aufgrund des oben erwähnten Parteiwechsels von Thomas Müller unmittelbar vor den Wahlen nur noch über 30 Sitze verfügt hatte.

Die Verluste der FDP hielten sich in Grenzen. Der Wähleranteil von 15,1% war lediglich 0,7 Prozentpunkte tiefer als nach den Wahlen 2007, Verglichen mit den letzten Wahlen verlor die FDP damit einen Sitz und kam neu auf 30 Mandate. Allerdings profitierte der Freisinn von der Fusion mit der LPS (in VS, NE und GE). Dank dieser Fusion konnte sich die FDP vor allem in der Westschweiz verbessern. Im Kanton Neuenburg etablierte sie sich als stärkste Partei. Noch keine Fusion gab es zum Zeitpunkt der Wahlen in den Kantonen Waadt und Basel-Stadt. Trotzdem konnte die FDP auch in diesen Kantonen zulegen. Die LPS büsste in diesen beiden Kantonen hingegen jeweils 2,3 Prozentpunkte ein, konnte damit jedoch ihren Sitz im Kanton Waadt verteidigen. Der Sitz von Fathi Derder wird seit der Fusion 2012 offiziell allerdings der FDP zugerechnet.

Zu den Verlierern der Wahlen 2011 gehörten auch die Grünen. Bei den letzten Wahlen 2007 konnten sie ihren Wähleranteil nicht nur fast verdoppeln, sondern hatten auch viel Proporzglück. Dieses wendete sich 2011 allerdings in Proporzpech. Die GP verlor 1,2 Prozentpunkte und kam neu auf 8,4% Wählerstimmenanteil, was freilich immer noch zweitbestes Resultat in der jungen Geschichte der Grünen Partei darstellt. Allerdings hatten die Grünen den Verlust von fünf Sitzen zu beklagen (neu: 15 Sitze).

Die EVP konnte trotz leichten Wählerverlusten (-0,4 Prozentpunkte, neu: 2%) ihre beiden Mandate in den Kantonen Zürich und Bern halten. Die CSP, die als eigenständige Partei nur in den Kantonen Zürich Freiburg und Wallis angetreten war, musste ihren seit 1991 gehaltenen Freiburger Sitz abgeben. Gesamtschweizerisch kamen die Christlichsozialen noch auf 0,3% Wähleranteil (-0,1 Prozentpunkte). Die CSP-Obwalden zählt sich nicht zur CSP Schweiz.

Die kleinen linken Polparteien, die in vielen Kantonen als Alternative Linke auftraten, konnten den ursprünglichen PdA-Sitz des zurückgetretenen Josef Zysiadis (VD) nicht halten und sind im Nationalrat nicht mehr vertreten. Die gesamtschweizerischen 0,8% Wähleranteil (-0,3 Prozentpunkte; inkl. Sol.) der linken Gruppierungen reichten nicht mehr für einen Sitz. Auch die seit 1991 in der grossen Kammer vertretene EDU musste – obwohl sie ihren Wähleranteil bei 1,3% halten konnte – ihren Sitz abgeben. Am rechten Rand zugelegt hatten dafür zwei regionale Parteien: die LEGA holte im Kanton Tessin 17,5% Wähleranteile (+3,5 Prozentpunkte), was zum Gewinn eines weiteren Sitzes reichte (neu: 2 Sitze) und einer gesamtschweizerischen Stärke von 0,8% entsprach (+0,2 Prozentpunkte). Der in den Kantonen Genf und Waadt antretende Mouvement Citoyens Romand (MCR) kam auf eine nationale Parteienstärke von 0,4% und eroberte in Genf, wo die Bewegung 9,8% der Wählerschaft auf sich vereinen konnte (+7,3 Prozentpunkte), einen Sitz und war somit erstmals im Nationalrat vertreten. Die SD, die ihren Sitz 2007 verloren hatte, konnte diesen mit 0,2% Wählerstimmenanteil nicht zurückerobern (2007: 0,5%). Die kurz vor den Wahlen, aufgrund des Parteiaustritts von Ricardo Lumengo gegründete und nur im Kanton Bern antretende SLB (Sozio-liberale Bewegung) hatte keine Chance, ihren Sitz zu verteidigen.

Der Ausgang der Wahlen wurde in der Presse als Zeichen für ein Ende der Polarisierung und als Stärkung einer neuen Mitte interpretiert. Abhängig von der Zuteilung der Parteien zu den drei Blöcken Rechts (SVP, SD, EDU, Lega, MCR), Mitte (CVP, FDP, GLP, BDP, LPS, EVP, CSP) und Links (SP, GP, AL) können tatsächlich Verschiebungen hin zur Mitte festgestellt werden. Das rechte Lager erzielte 2011 einen Stimmenanteil von 29,3%, was im Vergleich zu 2007 einer Abnahme von 2,1 Prozentpunkten entspricht. Das links-grüne Lager musste im Vergleich zu den letzten nationalen Wahlen einen Rückgang von 2,3 Prozentpunkten in Kauf nehmen (neu: 27,9%). In den letzten 30 Jahren hatte Links-Grün nur 1971 (25,9%) und 1991 (27,5%) noch schlechter abgeschnitten. Die Mitte konnte dank den Gewinnen von BDP und GLP um 4,1 Prozentpunkte zulegen und kam neu auf 40,5% Wähleranteile. Ein Vergleich der drei Sprachregionen zeigt allerdings unterschiedliche Erfolge und Anteile der drei Blöcke. In der Deutschschweiz waren die Verschiebungen markanter als in der gesamten Schweiz (Links: 25,7%, -3 Prozentpunkte; Rechts: 31,1%, -3,7 Prozentpunkte; Mitte: 40,6%, +5,6 Prozentpunkte). In der Westschweiz waren die Verluste von Links (37,1%, -0,8 Prozentpunkte) und die Gewinne der Mitte (38,6%, +0,8 Prozentpunkte) etwas geringer, während das rechte Lager in der französischen Schweiz sogar noch etwas zulegte (22,9%, +0,7 Prozentpunkte). In der italienischsprachigen Schweiz gewannen Rechts (27,2% +4,1 Prozentpunkte) und Links (24,8%, +0,5 Prozentpunkte) und die Mitte verlor sogar sieben Prozentpunkte (44,7%). Zum ersten Mal überhaupt vertrat das rechte Lager im Tessin mehr als einen Viertel der Wählerschaft und wusste die Mitte weniger als die Hälfte der Wählerinnen und Wähler hinter sich.

Resultate Nationalratswahlen 2011 (nach Parteien)
Dossier: Elections fédérales 2011 - aperçu

Die Rekordzahl von 22 eingereichten Listen (2007: 14) im Kanton Waadt war dem Umstand geschuldet, dass zahlreiche Parteien mehrere Unterlisten eingereicht hatten. Die SP, die CVP, die SVP, die Grünen und die FDP traten alle auch mit einer Liste der jeweiligen Jungpartei an. Die im Kanton Waadt noch nicht mit der FDP fusionierten Liberalen kandidierten ebenfalls. Während die FDP mit den Namen PLR.Les Radicaux kandidierten, war die Liste der LPS mit PLR.Les Libéraux überschrieben. Neu kandidierten zudem die GLP, die BDP und die Piratenpartei. Auch der in Genf gegründete Mouvement Citoyens Romand (MCR) trat im Kanton Waadt an. Von den 334 Kandidierenden (2007: 224) waren 32,3% Frauen (2007: 34,8%). Waadt war der einzige Kanton, in dem die SVP mit der FDP eine Listenverbindung einging. Einen breiten Verbund bildeten auch die CVP zusammen mit der EVP, der EDU, der GLP und der BDP. Auf der linken Seite verbanden sich SP, PdA, La Gauche (solidaritéS) und die Grünen. Allerdings war die extreme Linke lange Zeit uneinig über ihr strategisches Vorgehen. Von den insgesamt 18 Sitzen waren vier vakant. Als besonders wacklig wurden im Vorfeld der Wahlen die Sitze von Josef Zysiadis (pda) sowie von Charles Favre (fdp) und Claude Ruey (lps) betrachtet, die alle drei zurückgetreten waren. Beim Sitz des ebenfalls zurücktretenden Daniel Brélaz (gp) wurde hingegen erwartet, dass die Grüne Partei diesen halten würde. Die eigentliche Frage war, ob die Wahlen am Verhältnis zwischen links-grün (8 Sitze) und bürgerlich (10 Sitze) etwas ändern würden.

Aufgrund einer Softwarepanne konnten die definitiven Resultate der Wahlen erst am Montagabend bekannt gegeben werden. Die grosse Gewinnerin der Wahlen war die SP, die zu ihren bisher vier Sitzen zwei hinzugewinnen und ihren Wähleranteil um 3,2 Prozentpunkte auf 25,2% erhöhen konnte. Mit dem besten Resultat seit mehr als 30 Jahren schickten die Sozialdemokraten damit die grösste Delegation nach Bern, darunter auch die Neuen Cesla Amarelle und Jean Christoph Schwaab, der für die wieder in den Ständerat, aber auch in den Nationalrat gewählte Géraldine Savary nachrückte. Die Sitzgewinne konnten am Verhältnis links-bürgerlich allerdings nichts ändern, gingen sie doch auf Kosten der extremen Linken, die den Sitz des zurückgetretenen Zysiadis nicht verteidigen konnte (PdA und SolidaritéS kamen zusammen auf 3,9%), und der Grünen, die einen ihrer drei Sitze und 2,7 Prozentpunkte an Wählerstimmen hergeben mussten (neu: 11,6%). Die Bürgerlichen hielten also ihre insgesamt zehn Sitze, aber auch in ihrem Lager kam es zu Verschiebungen. Ihre drei Sitze verteidigen konnte die FDP, die in der Wählergunst sogar leicht zulegte (+1,7 Prozentpunkte, 16,3%). Als Nachfolger von Favre wird Olivier Feller die FDP in Bern vertreten. Die CVP (-1 Prozentpunkt, 4,6%) und die LPS (-2,4 Prozentpunkte, 5,7%) mussten zwar Verluste verkraften, konnten ihren jeweiligen Sitz aber ebenfalls halten. Für die LP wurde Fathi Derder neu gewählt. Trotz Wählergewinnen (+0,5 Prozentpunkte, 22,9%) musste die SVP einen Sitzverlust hinnehmen, der von der neu antretenden GLP erobert wurde, die auf Anhieb 5,1% der Wählerschaft hinter sich scharen und von ihrer Listenverbindung profitieren konnte: Isabelle Chevalley sorgte dafür, dass die GLP auch die französische Schweiz im Nationalrat vertritt. Von den kleinen Parteien, inklusive BDP (0,8%), EDU (1,1%. -0,2 Prozentpunkte) und MCR (0,5%) erreichte keine das nötige Quorum. Mit Ausnahme von Alice Glauser (svp) wurden alle Bisherigen wiedergewählt; Christian van Singer (gp) rückte für den im zweiten Wahlgang in den Ständerat gewählten Luc Recordon (gp) nach. Sechs Frauen vertreten den Kanton Waadt in Bern, wobei die SP drei, die GP, die GLP und die FDP je eine Abgeordnete stellen. Damit blieb der Frauenanteil im Vergleich zu 2007 unverändert bei 33%. Die Wahlbeteiligung betrug 41,6%, und war damit so tief wie in keinem anderen Nicht-Majorzkanton.

Kanton Waadt – Nationalratswahlen 2011
Dossier: Résultats des élections au Conseil national 2011 (par canton)

Die aus der PdA und verschiedenen linksalternativen Bewegungen hervorgegangene Alternative Linke (La Gauche, La Sinistra), die sich 2009 in Schaffhausen als nationale Dachorganisation verschiedener kantonaler linker Gruppierungen konstituiert hatte (v.a. PdA/POP, SolidaritéS und Alternative Liste), schaffte es nicht, den Nationalratssitz des zurücktretenden Joseph Zisyadis zu verteidigen, obwohl sie in Zürich (Mieterschutzdirektor Niklaus Scherr und Rechtsanwalt Marcel Bosonnet), Neuenburg (Stadtpräsident von Le Locle Denis de la Reussille), Genf (Souhaïl Mouhanna) oder in der Waadt (Julien Sansonnens) mit bekannten Namen angetreten war. Auch in den Kantonen Bern, Schaffhausen und Wallis war die Alternative Linke erfolglos angetreten. Mit dem Sitzverlust ging die über 90-jährige Geschichte der links-kommunistischen Vertretung im Nationalrat zu Ende. Tatsächlich waren die Kommunisten und die extreme Linke seit 1922 im Nationalrat vertreten – ausgenommen 1943 aufgrund des 1940 erlassenen Verbots der Kommunistischen Partei. Die vor allem in den Westschweizer Kantonen starke Linke trat meist unter einer Doppelführung von PdA (VD und NE als POP) und SolidaritéS an. Ein Grund für den Misserfolg dürfte die mehr schlecht als recht funktionierende Zusammenarbeit zwischen den traditionell ziemlich zerstrittenen Parteien der extremen Linken unter dem Label LaGauche gewesen sein. In den Kantonen Bern (Rolf Zbinden, pda), Zug (Stefan Gisler, al), Waadt (Julien Sansonnens, pda; Sarah Frund; pda und Pierre Conscience, lg), Wallis (Olivier Cottagnoud, al) und Neuenburg (Denis de la Reussille, pda und Pascal Helle, sol.) versuchte die extreme Linke auch in den Ständeratswahlkampf einzugreifen, allerdings überall ohne Erfolg.

PdA/AL verliert ihren Nationalratssitz

Nach der Ende September 2010 vorgenommenen Wahl von Simonetta Sommaruga zur Bundesrätin musste der Berner Ständeratssitz neu besetzt werden. Vier Kandidierende bewarben sich um die Nachfolge der neu gekürten SP-Bundesrätin. Die SP-Nationalrätin und Fraktionspräsidentin Ursula Wyss wurde Ende November einstimmig von der Berner SP für die Verteidigung des Sitzes der Sozialdemokraten nominiert. Die SVP wollte den Sitz mit Nationalrat Adrian Amstutz erobern. Die FDP schickte – unterstützt von der BDP – Nationalrätin Christa Markwalder ins Rennen und Marc Jost wollte für die EVP einen Sitz in der kleinen Kammer gewinnen. Die Grünen, die selber keine Kandidierenden aufstellten, unterstützten Wyss (sp). Für Aufsehen sorgte die Wahlwerbung der Bundesräte Sommaruga (sp) und Schneider-Ammann (fdp) für die jeweiligen Kandidierenden. Die ansonsten ziemlich profilierten Kandidierenden gaben sich im Vorfeld der Wahlen betont staatsbürgerlich. Die Ersatzwahl wurde in den Medien als nationale Richtungswahl mit Signalwirkung für die Wahlen im Herbst beschrieben.

Die aufgrund der persönlichen Resultate für die Nationalratswahlen 2007 erwartete Reihenfolge – alle vier hatten 2007 mit Ausnahme von Jost erfolgreich für die grosse Kammer kandidiert – trat im ersten Wahlgang ein: Amstutz erhielt 136'522 Stimmen (38,9% der Stimmen) und lag vor Wyss, die 117'833 Stimmen (33,6%) erreichte. Markwalder erzielte ein für sie enttäuschendes Resultat und kam auf lediglich 69'303 Stimmen (19,7%). Sie erklärte sich das Resultat auch mit den gleichzeitig mit der Ersatzwahl stattfindenden kantonalen und nationalen Abstimmungen (Waffenschutzinitiative, Ersatz KKW Mühleberg und Motorfahrzeugsteuer), die vor allem Wählerinnen und Wähler am Rand des politischen Spektrums mobilisiert hätten. Abgeschlagen auf Rang vier lag Jost mit 27'553 Stimmen (7,8%). Das absolute Mehr verpassten alle vier. Wohl auch aufgrund der erwähnten, zeitgleich stattfindenden Abstimmungen lag die Wahlbeteiligung für den ersten Wahlgang bei beachtlichen 50,8%. Jost und Markwalder zogen sich in der Folge zurück, was insbesondere die BDP und die FDP in ein Dilemma stürzte: Beide Parteien konnten sich nicht zu einem bürgerlichen Schulterschluss durchringen. Sowohl die FDP als auch die BDP gaben in der Folge keine Wahlempfehlung ab, da nur noch Kandidierende aus Polparteien zur Wahl stünden. Auch die CVP und die EVP verzichteten auf eine Empfehlung. Nur die GLP sprach sich – neben den Grünen – für Wyss (sp) und die EDU für Amstutz (svp) aus. Einzelne Bürgerliche – darunter auch die ehemalige Ständerätin Christine Beerli – empfahlen ebenfalls Wyss zur Wahl, welche ihrer Ansicht nach das kleinere Übel darstellen würde. Der zweite Wahlgang verhiess Spannung und das Resultat war denn auch äusserst knapp. Die SVP konnte den Sitz von der SP erobern. Amstutz (svp) machte mit 163'537 Stimmen das Rennen. Wyss (sp) unterlag mit 159'900 Stimmen, hatte also den Rückstand aus dem ersten Wahlgang von über 18'500 Stimmen auf noch gut 3'500 Stimmen verkleinert. Trotzdem musste die SP ihren 2003 eroberten Sitz wieder abgeben. Amstutz punktete – wie bereits im ersten Wahlgang – vor allem auf dem Land und Wyss in den Städten und im Berner Jura. Die für einen zweiten Wahlgang hohe Beteiligung von 46,3% widerlegte die vorgängige Befürchtung, dass viele bürgerliche Wählerinnen und Wähler nicht stimmen würden, da für sie weder Wyss noch Amstutz eine Wahlmöglichkeit darstellen würde. Letztlich entscheidend war, dass die SVP stärker mobilisieren konnte als die SP. Die SVP feierte den Erfolg als optimalen Auftakt ins Wahljahr, in welchem auch die kleine Kammer erobert werden sollte . Die SP ihrerseits kündigte an, im Herbst durch das knappe Resultat gestärkt wieder anzutreten. Für Amstutz rückte Thomas Fuchs (svp) in den Nationalrat nach. Überschattet wurde die Wahl von drei Stimmrechtsbeschwerden: Auslandschweizer beanstandeten, dass sie das Wahlmaterial für den zweiten Umgang zu kurz vor der Wahl erhalten hätten und so ihre Stimme nicht fristgerecht abgeben konnten. Die junge FDP hatte in der Folge noch vor dem zweiten Wahlgang eine Verschiebung verlangt. Laut der Verordnung über politische Rechte des Kantons Bern müssen die Wahlunterlagen spätestens fünf Tage vor der Wahl bei den Wahlberechtigten sein. Das Verwaltungsgericht entschied Ende Mai, dass die Rechtslage eine Privilegierung der Auslandschweizer nicht erlaube und diese mit einer späten Zustellung leben müssten. Die Beschwerde wurde ans Bundesgericht weitergezogen, welches diese im September dann auch deshalb abwies, weil eine Beteiligung der Auslandschweizer das Resultat nicht verändert hätte und deshalb eine Wiederholung der Wahl nicht angebracht sei.

Ersatzwahl Ständerat Bern 2011

Die Partei der Arbeit besteht in den Kantonen Jura, Neuenburg und Waadt weiterhin unter dem Namen Parti Ouvrier Populaire (POP). Nach dem Abgang ihres ehemaligen Zugpferdes Josef Zisyadis zur Linken Alternativen zeigte aber insbesondere die POP im Kanton Waadt erste Auflösungserscheinungen. In einzelnen Gemeinden fusionierten die unterschiedlichen linken Gruppierungen zusammen mit kommunalen POP-Sektionen zur Linken Alternative.

PDA existiert in der Romandie als Parti Ouvrier Populaire (POP) weiter
Dossier: La fondation de „La Gauche"

Der Nationalrat lehnte eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) mit 105 zu 45 Stimmen ab. Die Initiative forderte, dass das Bundesgesetz über die Krankenversicherung dahingehend geändert werde, dass den Kantonen die Möglichkeit gegeben wird, eine kantonale Einheitskasse für die Grundversicherung zu schaffen. Die Kommission des Nationalrates hatte die parlamentarische Initiative mit 15 zu 4 Stimmen bei 6 Enthaltungen zur Ablehnung empfohlen, weil diese eine Kantonalisierung des Gesundheitswesens verstärken würde, Einheitskassen nicht als Rezept gegen die steigenden Gesundheitskosten angesehen werden und es den Kantonen bereits heute freigestellt sei, öffentliche Krankenkassen zu gründen.

Parlamentarische Initiative für Entscheidungsfreiheit für die Kantone (Pa. Iv. 09.457)
Dossier: Interventions pour des caisses-maladie uniques (depuis 1998)

Die Idee einer adäquaten Vertretung von Minderheiten fand sich in Forderungen nach einer spezifischen Regierungszusammensetzung wieder. Im Vorfeld der Bundesratsersatzwahlen war über den Frauenanteil und insbesondere über die Tessiner und Westschweizer Vertretung debattiert worden. Weder die parlamentarische Initiative Rennwald (sp, JU), die eine verbindliche Frauen- und Sprachgruppenvertretung gefordert hatte, noch eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) (Pa. Iv. 09.445), die auf eine Mindestanzahl Bundesratsmitglieder aus der lateinischen Schweiz zielte, hatten im Nationalrat eine Chance. Jegliche Art von Quoten wurden in der grossen Kammer abgelehnt.

Adäquate Vertretung von Frauen und Sprachregionen im Bundesrat (Pa.Iv. 09.481)
Dossier: Efforts pour des quotas de femmes dans les institutions politiques, les commissions et l’administration
Dossier: Part de femmes au Conseil fédéral

Das Resultat der Minarett-Initiative wurde zum Ausgangspunkt dreier weiterer Anliegen, welche das friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionsgruppen fördern wollten. So verlangte eine parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) zur Verstärkung des interreligiösen Dialogs die Schaffung einer eidgenössischen Kommission für Religionsfragen. Eine Motion Rennwald (sp, JU) forderte die Einrichtung eines interparlamentarischen Dialoges zum Abbau der durch die Annahme der Minarett-Initiative erzeugten Misstöne im Ausland. Beide Vorstösse wurden vom Nationalrat deutlich abgelehnt, da sie Kommission und Bundesrat folgend, die Anliegen durch bestehende Strukturen bereits als erfüllt erachteten. Auf mehr Zustimmung vom Bundesrat stiess das Postulat Amacker-Amann (cvp, BS), mit welchem die Diskussion zur Verankerung eines Religionsartikels in der Bundesverfassung wieder aufgenommen wurde. Dieser soll das Verhältnis zwischen Kirchen, anderen Religionsgemeinschaften und dem Staat konkret und verbindlich regeln. Im Parlament wurde die Diskussion über dieses Postulat in der Sommersession bekämpft und verschoben. Schlussendlich wurde das Geschäft 2012 abgeschrieben, da es mehr als zwei Jahre hängig war.

friedliche Zusammenleben der verschiedenen Religionsgruppen fördern

Die aus der PdA und verschiedenen linksalternativen Bewegungen hervorgegangene Linke Alternative (La Gauche, La Sinistra), die sich 2009 in Schaffhausen konstituiert hatte, hielt im Mai des Berichtsjahrs in Lausanne ihren ersten Parteitag ab. Rund 200 Personen aus über 20 Kantonen verabschiedeten ein Parteiprogramm, das ein antikapitalistisches, ökosozialistisches, demokratisches und feministisches Engagement vorgibt. Hauptsächliches Ziel sei aber eine Bündelung der zersplitterten linken Kräfte. Die Delegierten entschieden sich gegen ein an die Parteimitglieder gerichtetes Verbot, an Exekutivwahlen zu partizipieren. Zudem wurde den Mitgliedern der Linken Alternativen die Zugehörigkeit auch zu anderen Parteien zugestanden. Im Juni wurde die erste kantonale Sektion im Kanton Wallis gegründet. Im Mai waren kommunale Sektionen in den Kantonen Waadt, Genf und Freiburg geplant. Folgen sollen weitere in Jura und Neuenburg. Aber auch in den Städten Zürich, Schaffhausen und Bern sollen kommunale Sektionen entstehen. Treibende Kräfte hinter der Linken Alternativen sind neben Nationalrat Josef Zisyadis (VD) der ehemalige Bern-Jurassische SP-Präsident Frédéric Charpié.

Die AL arbeitet an ihrer Zukunft
Dossier: La fondation de „La Gauche"

Wie bereits im Vorjahr lehnte der Nationalrat einen Vorstoss für die Einführung des Wahlsystems «Doppelter Pukelsheim» bei den Nationalratswahlen ab. Gegen eine entsprechende parlamentarische Initiative Zisyadis (pda, VD) wurde eingewendet, dass dieses System zwar die Proportionalität der Sitzverteilung gemäss nationalen Wähleranteilen verbessern würde, es bei der Verteilung der Parteimandate auf die Kantone aber zu Verzerrungen kommen könnte, welche im Widerspruch zum Wählerwillen des Kantons stünden.

Doppelter Pukelsheim (Pa.Iv. 09.410)
Apparentements et système d'attribution des mandats – Propositions de réforme pour les élections fédérales

Im Berichtsjahr waren Bemühungen im Gange, eine neue, gesamtschweizerisch aktive Partei links der SP zu gründen, die verschiedene linksalternative Bewegungen unter ein gemeinsames Dach bringen soll. Die Gruppierung mit dem Namen „Linke Alternative“ (auf Französisch „La Gauche“, auf Italienisch „La Sinistra“) hielt im November in Schaffhausen eine Versammlung ab, an der der Gründungsbeschluss für eine neue Partei gefasst wurde, die antikapitalistisch und ökosozialistisch politisieren soll. Die Partei soll 2010 offiziell gegründet werden und Wähler und Wählerinnen ansprechen, die von der Politik von SP und Grünen enttäuscht sind. Am Gründungskongress in Schaffhausen wurden auch erste inhaltliche Positionen festgelegt. Unter anderem fordert die „Linke Alternative“ ein bedingungsloses Grundeinkommen und eine Einheitskrankenkasse. Zu den Initianten gehören Vertreter der PdA Waadt (POP) – mit dem Zugpferd Josef Zisyadis (pda, VD) – und Deutschschweizer Alternative.

Mehrere Linke Parteien gründen Dachorganisation
Dossier: La fondation de „La Gauche"

Der Bundesrat hatte dem Parament im Juni 2008 eine Botschaft zur Reform des Mehrwertsteuergesetzes vorgelegt. Diese Vorlage enthält zwei Teile: Teil A beinhaltet den Entwurf eines totalrevidierten Mehrwertsteuergesetzes, das zahlreiche Vereinfachungen vorsieht und generell anwendungsorientierter ist. Mit über 50 Einzelmassnahmen sollen die Unternehmen administrativ entlastet werden, die geltenden Steuertarife werden jedoch beibehalten. Hier setzt Teil B der Reform an, der alle Änderungsvorschläge des ersten Teils enthält, jedoch darüber hinaus einen einheitlichen Mehrwertsteuersatz von 6,1% vorschlägt und weiter möglichst viele Ausnahmen abschaffen will. Der Bundesrat strebte die Umsetzung sowohl der in Teil A als auch der in Teil B enthaltenen Reformen an.

Die vorberatende Kommission des Nationalrates beschloss zuerst nur Eintreten auf den Teil A der Reform und vertagte den Eintretensentscheid zu Teil B. Sie wollte damit eine möglichst rasche Beschlussfassung bezüglich des Teils A gewährleisten. Der Nationalrat hatte in der Folge über Eintreten auf Teil A der Vorlage zu befinden. Es lagen zwei Anträge auf Rückweisung vor. Ein erster wollte den Bundesrat beauftragen nur eine Teilrevision zu präsentieren und wurde von der SP, nicht aber von der grünen Fraktion unterstützt. Er scheiterte im Parlament deutlich. Auch ein zweiter Rückweisungsantrag von Nationalrat Zisyadis (al, VD), der eine komplette Neugestaltung der Mehrwertsteuer verlangt hatte, wurde klar abgelehnt.

In der Detailberatung des Nationalrates war der Sondersatz für Hotellerieleistungen umstritten. Der bundesrätliche Entwurf sah dessen Fortführung vor, die Ratslinke und die Grünen bekämpften diesen Sondersatz. Mit 109 zu 57 Stimmen setzte sich die bürgerliche Ratsmehrheit und Bundesrat Hans-Rudolf Merz durch. In der Frage des Verzichts auf die Befreiung von der Steuerpflicht, eine Regelung, die vor allem bei neugegründeten Firmen angewendet wird und diesen Anspruch auf den Vorsteuerabzug gibt, entschied der Rat nach Vorgabe seiner Kommissionsmehrheit, aber gegen den Bundesrat und die Ratslinke. Er setzte dabei insbesondere durch, dass der Verzicht rückwirkend auf bis zu drei zusammenhängende Steuerperioden ermöglicht werden soll. Die Kommission setzte sich mit ihrem Vorschlag auch bei der Erhöhung der unteren Umsatzgrenze für die Steuerpflicht von gemeinnützigen Institutionen, Sport- und Kulturverbänden von 100'000 auf 300'000 Fr. pro Jahr durch. Dieser Vorschlag wurde diskussionslos angenommen. Mehr zu reden gab die von der Kommission vorgeschlagene Verkürzung der Verjährungsfrist, also jener Frist, innerhalb derer die Steuerverwaltung eine Steuerforderung stellen kann. Die Kommission hatte entgegen dem Entwurf des Bundesrates eine Verkürzung dieser Frist von fünf auf drei Jahre gefordert. Eine links-grüne Minderheit sowie Bundesrat Merz argumentierten, dass eine solche Verkürzung nicht nur zu Steuerausfällen sondern auch zu administrativem Mehraufwand führen werde. Dennoch setzte sich die Kommissionsmehrheit, wenn auch relativ knapp, mit 81 zu 72 Stimmen durch. Eine vorwiegend aus SVP-Vertretern zusammengesetzte Minderheit wollte den Entwurf dahingehend ändern, für Mehrwertsteuerberater, Steuerexperten oder Treuhändler eine Art Berufsgeheimnis einzuführen und sie somit nicht der Auskunfts- und Offenlegungspflicht zu unterstellen. Dieser Antrag setzte sich gegen die Kommissionsmehrheit knapp mit 87 zu 86 Stimmen durch, dafür hatte neben der SVP- auch die FDP-Fraktion gestimmt. Die Vorlage wurde in der Gesamtabstimmung mit 110 zu 59 Stimmen angenommen, die Ratslinke hatte geschlossen dagegen, die bürgerlichen Fraktionen ebenso geschlossen dafür votiert.

Im Ständerat war die vom Nationalrat vorgenommene Erhöhung der Umsatzgrenze für die Steuerpflicht von gemeinnützigen Institutionen, Sport- und Kulturverbänden ein erster wichtiger Diskussionspunkt. Die Kommission schlug vor, dem bundesrätlichen Entwurf zu folgen und die Grenze auf 100'000 Fr. zu senken. Felix Gutzwiller (fdp, ZH) argumentierte für eine Beibehaltung der aktuell gültigen Grenze von 150'000 Fr. Der Rat entschied nur mit Stichentscheid seines Präsidenten Berset (sp, FR) mit 23 zu 22 für den Kommissionsvorschlag und damit in Abweichung der Fassung des Nationalrates. Auch im Unterschied zum Nationalrat hielt die kleine Kammer an der vom Bundesrat vorgeschlagenen fünfjährigen Verjährungsfrist fest und wollte diese nicht auf drei Jahre reduzieren. Weiter setzte der Ständerat geänderte Bestimmungen zum Strafrecht der Mehrwertsteuer durch und strich das vom Nationalrat neu eingeführte Auskunftsverweigerungsrecht für Steuerberater wieder. Dies vor allem weil die Berufsbezeichnung Steuerberater nicht geschützt ist und somit die Umsetzung dieses Artikels unklar bleiben würde. Unbestritten war im Ständerat auch die Fortführung des Sondersatzes der Mehrwertsteuer auf Hotellerieleistungen. In der Gesamtabstimmung wurde das Gesetz einstimmig bei 4 Enthaltungen angenommen.

Im Differenzbereinigungsverfahren passierte im Nationalrat ein von der WAK-NR ausgearbeiteter Kompromiss, die Umsatzlimite von Sport- und Kulturvereinen sowie von gemeinnützigen Organisationen auf dem bereits im bestehenden alten Gesetz festgeschriebenen Betrag von 150'000 Fr. zu belassen. Sonst schloss er sich weitgehend den Beschlüssen des Ständerates an. Der Ständerat übernahm die vom Nationalrat bereinigte Version des Gesetzes ohne Debatte. In der Schlussabstimmung wurde das Gesetz im Ständerat einstimmig, im Nationalrat mit 4 Gegenstimmen gutgeheissen.

Vereinfachung des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer (BRG 08.053)
Dossier: Simplification du système fiscal

Der Nationalrat sprach sich auf Antrag seiner SPK deutlich gegen die Volkswahl des Bundesrates aus. Er beschloss mit 140 zu 23 Stimmen, einer entsprechenden parlamentarischen Initiative Zisyadis (pda, VD) keine Folge zu geben. Neben der Volkswahl wollte der Initiant auch noch Mindestquoten für die Sprachgruppen und die Geschlechter einführen. Auch eine Mehrheit der SVP-Fraktion lehnte den Vorstoss ab.

Volkswahl des Bundesrates

Der Nationalrat behandelte das Massnahmenpaket und den Nachtragskredit als erster. Sämtliche Fraktionen erklärten, dass sie damit einverstanden seien, dass der Bund aktiv werde, nicht alle hiessen aber die ergriffenen Massnahmen gut. Einig war man sich aber von links bis rechts in der Kritik am Verhalten der UBS und ihres Managements. Die Linke bemängelte, dass der Bundesrat nicht die Gelegenheit ergriffen habe, mit dem Geldeinsatz auch Einfluss auf die Unternehmensstrategie der Grossbanken zu nehmen und ihnen enge Leitplanken in Bezug auf Managerentschädigungen zu setzen. Nichteintretens- resp. Rückweisungsanträge der Grünen fanden über ihre eigenen Reihen hinaus nur Unterstützung bei vereinzelten SP- und SVP-Abgeordneten. Mit 157 zu 10 Stimmen lehnte der Rat auch einen Antrag Zisyadis (pda, VD) ab, die UBS zu verstaatlichen. Obwohl die Leitung der SP bei Bekanntgabe der Massnahmen im Oktober eine Teilverstaatlichung gefordert hatte, unterstützten nur einige wenige ihrer Parlamentsabgeordneten diesen Vorstoss. In der Detailberatung lehnte die bürgerliche Ratsmehrheit alle Anträge der SP und der GP ab, während der Dauer des Bundesengagements grundlegend in die Geschäftspolitik der UBS einzugreifen (z.B. durch eine Limitierung der Managerentschädigungen auf 800 000 Fr. pro Jahr oder ein Verbot der Dividendenzahlungen). Für die Linke bot das Debakel der UBS nicht nur eine gute Gelegenheit, um gegen das liberale Wirtschaftssystem an sich vom Leder zu ziehen, sie nahm es auch zum Anlass für direkte Angriffe auf die bürgerlichen Regierungsparteien. Sie beantragte erfolglos, dass SVP, FDP und CVP in Zukunft auf Parteispenden der UBS verzichten sollten. In der Gesamtabstimmung, welche mit 116 zu 55 ausging, lehnten die SP und die GP das Massnahmenpaket ab, weil keiner ihrer Ergänzungsvorschläge eine Mehrheit gefunden hatte.

Krise auf dem amerikanischen Hypothekenmarkt (2007 & 2008)
Dossier: Too-big-to-fail (TBTF) après la crise financière 2008

Der PdA-Nationalrat Josef Zisyadis gab im März nach 25 Jahren das Amt des Sekretärs der PdA-Kantonalpartei Waadt ab. Übernommen wurde es vom 23-jährigen Damien Wirths. Die Kantonalpartei sprach sich für ein Zusammengehen mit der linken Gruppierung SolidaritéS aus. Der Präsident von SolidaritéS Waadt, Jean-Michel Dolivo, stellte allerdings als Bedingung dafür den Verzicht auf die Regierungszusammenarbeit mit SP oder Grünen. Vor allem jüngere Parteimitglieder der PdA unterstützten die Idee der Gründung einer neuen linken Partei in der Waadt. Auch im Kanton Genf wurde die Idee eines Zusammengehens der Parteien links der SP aufgeworfen. Die Zersplitterung der Linksaussenparteien hatte diesen in der jüngeren Vergangenheit bei Wahlen geschadet.

Mehrere Linke Parteien gründen Dachorganisation
Dossier: La fondation de „La Gauche"

Als Zweitrat befasste sich der Nationalrat mit der Übernahme der EU-Verordnung über biometrische Pässe und andere Reisedokumente. Grundsätzlich geht es dabei um die Aufnahme von biometrischen Daten (vorläufig nur Gesichtsmerkmale, ab 2009 auch zwei Fingerabdrücke) auf einem Chip in diesen Ausweisdokumenten und um die Speicherung dieser biometrischen Merkmale in der existierenden zentralen Datenbank über die ausgestellten Ausweise. Für die Reisepässe würde dieser Chip sofort eingeführt, für die Identitätskarten erhielte der Bundesrat die Kompetenz, ihn später als obligatorisch zu erklären. Nationalrat Zisyadis (pda, VD) stellte einen von respektablen Minderheiten der SVP und der GP unterstützten, aber letztlich erfolglosen Nichteintretensantrag. Die vorberatende Staatspolitische Kommission hatte aber auch einige Einwände, welche sie als Abänderungsanträge formulierte. Aus der Überlegung heraus, dass eine Mehrheit der Bevölkerung nie in die USA reist, wollte sie, dass neben den von diesem Land verlangten teuren neuen Ausweisdokumenten weiterhin eine herkömmliche Identitätskarte ohne Chip mit biometrischen Daten erhältlich sein soll. Im Sinn der Publikumsfreundlichkeit sollen zudem weiterhin die Gemeinden, und nicht nur die von den Kantonen bezeichneten regionalen Verwaltungsstellen diese nicht biometrischen Identitätskarten abgeben dürfen. Als Ergänzung der neuen biometrischen Ausweispapiere forderte die SPK zudem, dass dieser Chip auch Elemente für die Schaffung einer elektronischen Identität enthalten kann, wie sie für Transaktionen im Internet nützlich ist (so genannte elektronische Signatur). Alle drei Vorschläge akzeptierte der Rat oppositionslos. Der lauten Kritik in der Öffentlichkeit an den vorgesehenen hohen Ausgabepreisen für die Dokumente trug der Rat insofern Rechnung, als er festhielt, dass diese Gebühren „familienfreundlich“ ausgestaltet sein müssen. Die Grünen und die SP gingen mit ihrer Kritik weiter als die SPK. Sie lehnten auch die zentrale Datenbank ab, in der unter anderem die Fingerabdrücke aller Inhaber dieser neuen Ausweispapiere gespeichert werden. Diese zentrale Datenbank werde vom Schengen-Abkommen nicht verlangt und eröffne die Möglichkeit, dass diese später von der Polizei nicht nur wie gesetzlich erlaubt für die Identifikation von Opfern von Gewalttaten oder Katastrophen, sondern auch für andere Ermittlungsarbeiten beigezogen werden könnte. Ihr Antrag, dass die Fingerabdrücke nicht in die Datenbank aufgenommen resp. auf Wunsch gelöscht werden, konnte sich nicht durchsetzen. In der Gesamtabstimmung sprachen sich nicht nur die geschlossenen Grünen und eine starke Mehrheit der SP gegen die Vorlage aus, sondern auch ein Teil der SVP; in der Schlussabstimmung votierte neben der Linken fast die Hälfte der SVP dagegen. Der SVP-Protest richtete sich aber weniger gegen die Vorlage an sich, als gegen die Tatsache, dass die Schweiz wegen ihrer Teilnahme am Schengen-Abkommen zur Übernahme dieser neuen Passvorschriften verpflichtet ist.

Volksabstimmung zum Bundesbeschluss über den biometrischen Pass