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Acteurs

  • Metzler, Ruth (cvp/pdc) alt-BR/ex-CF
  • Keller-Sutter, Karin (fdp, plr) BR EJPD / CF DFJP

Processus

  • Objet du conseil fédéral
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Um die Erfolgsgeschichte des Schiedsplatzes Schweiz, die hauptsächlich auf dem zwölften Kapitel des Bundesgesetzes über das internationale Privatrecht (IPRG) fusst, weiterzuführen, hatte der Bundesrat gestützt auf eine Motion (12.3012) der RK-NR eine Revision der Normen zur internationalen Schiedsgerichtsbarkeit angestossen. Wie Justizministerin Karin Keller-Sutter in der Wintersession 2019 dem Nationalratsplenum erläuterte, diene die Revision erstens zur Nachführung der Gerichtspraxis, zweitens zur weiteren Stärkung der Parteiautonomie und drittens zur Verbesserung der Anwenderfreundlichkeit des Gesetzes. Als wichtigste Neuerung sollen Eingaben an das Bundesgericht künftig auch in englischer Sprache möglich sein. Die vorberatende RK-NR hatte am Entwurf des Bundesrates fast nur marginale Änderungen vorgenommen. Die grösste Differenz zum bundesrätlichen Entwurf schuf sie, indem sie es den Parteien eines Schiedsverfahrens ermöglichen wollte, auf eigenen Antrag und eigene Kosten vom Bundesgericht eine beglaubigte englische Übersetzung des vollständig ausgefertigten Entscheids erstellen zu lassen. Die Grüne Fraktion konnte mit ihren drei Minderheitsanträgen für eine zusätzliche Korruptionsbekämpfungsklausel sowie für die Ausweitung der Revisionsgründe bei nachträglich erkannten Unklarheiten ausserhalb ihrer eigenen und der SP-Reihen nicht überzeugen. Der Nationalrat folgte somit dem Ansatz des Bundesrates und der Kommissionsmehrheit, am bewährten Gesetz so wenig wie möglich, aber so viel wie nötig zu ändern. Einstimmig (bei 2 Enthaltungen) nahm die grosse Kammer das revidierte zwölfte Kapitel des IPRG an und schrieb die Motion 12.3012 ab.

Bundesgesetz über das Internationale Privatrecht. 12. Kapitel: Internationale Schiedsgerichtsbarkeit (BRG 18.076)
Dossier: Révision de la LDIP: Arbitrage international

In der Wintersession 2019 schickte der Ständerat die Revision des Bundesgerichtsgesetzes zurück an den Nationalrat; allerdings nicht, weil er Differenzen geschaffen hätte, sondern weil er einstimmig nicht darauf eintreten wollte. Seine Rechtskommission (RK-SR) hatte mit 11 zu 1 Stimmen Nichteintreten beantragt. Ihr Sprecher Beat Rieder (cvp, VS) begründete den Antrag ziemlich ausführlich. Die ursprüngliche Idee der Revision sei eine Entlastung des Bundesgerichts von einfachen Fällen gewesen, ohne dass dabei der Rechtsschutz eingeschränkt werden sollte. Das «Zauberkunststück» – das BGer ohne Einschränkung des Rechtsschutzes zu entlasten und wo nötig die höchstrichterliche Rechtsprechung auszuweiten – sei aber weder dem Nationalrat noch dem Bundesgericht selber gelungen, weshalb die RK-SR der Meinung sei, man solle die Übung jetzt abbrechen. Auch beim Kernkonflikt der Vorlage, der subsidiären Verfassungsbeschwerde, gebe es keinen tragbaren Kompromiss. Zwar würden mit einer ersatzlosen Streichung dieses Instruments viele Beschwerden wegfallen, was für eine Entlastung sorgen würde, in den Augen des Bundes- und des Nationalrates sei damit aber der Rechtsschutz nicht mehr genügend gewährt. Auch mit Nichteintreten würden nötige Änderungen nicht umgesetzt – Rieder erwähnte etwa die Einführung einer beschränkten Beschwerdemöglichkeit gegen bisher endgültige Entscheide des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesstrafgerichts, verschiedene Verfahrensvereinfachungen oder die Erhöhung der Obergrenzen der Gerichtsgebühren –, diese würden aber wohl punktuell eingeführt werden müssen. Justizministerin Karin Keller-Sutter betonte, dass eine Ablehnung der Vorlage die Arbeit des Bundesgerichts nicht beeinflusse, dass aber auch mit Annahme der vom Nationalrat veränderten Vorlage keine Probleme geschaffen würden. Die Regierung könne mit beiden Varianten leben und respektiere den Antrag der ständerätlichen Rechtskommission. Dieser wurde schliesslich stillschweigend angenommen.

Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BRG 18.051)
Dossier: Modification de la loi sur le Tribunal fédéral

Die Terrorismusbekämpfung umfasse, führte Ständerat Daniel Jositsch (sp, ZH) als Berichterstatter der SiK-SR in der Wintersession 2019 vor dem Ratsplenum aus, die drei Elemente des Nachrichtendiensts, der strafrechtlichen Instrumente und der polizeilichen Instrumente. Da der Ständerat die Vorlage zur Verstärkung des strafrechtlichen Instrumentariums gegen Terrorismus gerade eben an die Kommission zurückgewiesen habe, müsse man das mit jener über die polizeilichen Massnahmen zur Terrorismusbekämpfung (PMT) wohl auch tun, weil «die beiden Vorlagen eine Gesamtheit» bildeten, folgerte Jositsch. Der entsprechende Antrag auf Rückweisung mit dem Ziel, die beiden Vorlagen dann gemeinsam behandeln zu können, stammte von Ständerat Roberto Zanetti (sp, SO) und wurde von der Mehrheit der Kantonskammer mit 34 zu 10 Stimmen unterstützt.
Um überhaupt über die Rückweisung befinden zu können, hatte der Rat aber zuerst auf das Geschäft eintreten müssen. In der Eintretensdebatte hatte Ständerat Thomas Minder (parteilos, SH) deutliche Worte für das seiner Meinung nach zu lasche «Kuschelgesetz» gefunden. Obwohl er «von diesen präventiven Soft-Massnahmen nicht begeistert» sei, seien sie immerhin «besser als gar nichts», hatte er seine Absicht begründet, dennoch einzutreten. Sowohl Kommissionssprecher Jositsch als auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter hatten der Kritik entgegengesetzt, man habe die innerhalb der Grenzen des Rechtsstaats gelegenen Möglichkeiten ausgeschöpft. Die von Minder geforderte Präventivhaft für terroristische Gefährderinnen und Gefährder bedeute letztlich, Personen aufgrund ihrer Gesinnung zu inhaftieren. «Man muss sich immer überlegen, wie es wäre, wenn ein solches Instrument in den Händen des politischen Gegners wäre. Das möchte ich mir also nicht unbedingt vorstellen müssen», so die Justizministerin.

Bundesgesetz über polizeiliche Massnahmen zur Bekämpfung von Terrorismus (PMT; 19.032)
Dossier: Stratégie de la Suisse pour la lutte contre le terrorisme
Dossier: MPT et mise en œvre des interventions
Dossier: Interventions et mesures luttant contre les tendances à la radicalisation islamiste

In der Herbstsession 2019 ging das Bundesgesetz über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) in die Differenzbereinigung. In der ersten Runde konnte sich die bürgerliche Mehrheit im Nationalrat bei allen Streitpunkten durchsetzen, womit die Volkskammer an ihren ursprünglichen Positionen festhielt und keine grosse Kompromissbereitschaft an den Tag legte. Obwohl sich die Frage um das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die E-ID wie ein roter Faden durch die Debatte zog, schienen die diesbezüglichen Überlegungen die Entscheidungen des Rats nur wenig zu beeinflussen. So lehnte der Nationalrat sowohl den von einer Minderheit Arslan (basta, BS) geforderten Zwang als auch die vom Ständerat eingeführte, vorbedingungslose Möglichkeit für den Staat zur Herausgabe einer E-ID ab und hielt an der rein subsidiären staatlichen Herausgabe fest, obwohl sich Bundesrätin Karin Keller-Sutter für den ständerätlichen Kompromiss ausgesprochen hatte. Der Staat sollte sich auch nicht wie vom Ständerat vorgesehen an privaten E-ID-Anbietern (Identity Providern) beteiligen können. Des Weiteren hielt die grosse Kammer an der Nennung der Sorgfaltspflichten im E-ID-Gesetz fest und strich lediglich die Delegationsnorm, welche die Konkretisierung der Sorgfaltspflichten durch den Bundesrat vorgesehen hätte. Eine Minderheit Flach (glp, AG) blieb mit dem Vorschlag eines Mittelwegs erfolglos, der das explizite Verbot der Weitergabe der E-ID streichen, die abstrakte Beschreibung der Sorgfaltspflichten aber beibehalten wollte. Ebenfalls erfolglos blieb die durch Beat Flach eingebrachte Forderung des Konsumentenschutzes, dass Dienstleistungen, für die eine E-ID der Sicherheitsstufe «niedrig» ausreicht, auch ohne E-ID genutzt werden können müssen. Da die Angst, im Internet eine Datenspur zu hinterlassen, nachvollziehbar sei, hatte sich Bundesrätin Keller-Sutter auch hierfür vergebens stark gemacht. Die vom Ständerat neu eingeführte E-ID-Kommission (Eidcom) als unabhängige Stelle zur Anerkennung und Kontrolle der Identity Provider blieb im Nationalrat vorerst ebenso chancenlos wie die von der Schwesterkammer verschärften Datenschutzbestimmungen.
Im Ständerat erklärte es Kommissionssprecher Beat Vonlanthen (cvp, FR) zum Ziel dieses Gesetzgebungsprozesses, dass das Gesetz bzw. die E-ID «vertrauenswürdig sein und in einer allfälligen Volksabstimmung bestehen können» müssten. In diesem Lichte hielt die Kantonskammer an ihren Positionen zur Möglichkeit für eine staatliche Herausgabe der E-ID und für eine staatliche Beteiligung an Identity Providern sowie zur Einführung der Eidcom, die sie allesamt als zentral für die Vertrauensbildung in der Bevölkerung erachtete, stillschweigend fest. Einen Schritt auf ihre Schwesterkammer zu machte sie bei den Sorgfaltspflichten, wo sie sich für den zuvor im Nationalrat diskutierten, aber dort noch abgelehnten Mittelweg Flach entschied. Mit der im Nationalrat abgelehnten, zwingenden Alternative zur E-ID bei Dienstleistungen, die nur Sicherheitsstufe «niedrig» verlangen, fand das Anliegen des Konsumentenschutzes im Ständerat Gehör und wurde ins Gesetz aufgenommen. Zugeständnisse an den Nationalrat machte die kleine Kammer auch beim Datenschutz, indem sie einen Kompromiss einführte, wonach die Zweckbindung der Datenverarbeitung erhalten bleiben, eine Bearbeitung durch Dritte im Rahmen des Datenschutzgesetzes aber erlaubt sein soll, um die konzerninterne Arbeitsteilung und das Outsourcing der Datenbearbeitung nicht zu verunmöglichen.
Während sich der Nationalrat bei den Sorgfaltspflichten schliesslich auf den Mittelweg Flach einliess und diese Differenz damit ausräumte, brachte die RK-NR einen neuen Vorschlag betreffend die Rolle des Staates vor. Demnach soll der Staat nur dann selber ein E-ID-System betreiben dürfen, wenn die Zwecke der E-ID gemäss Art. 1 BGEID nicht erfüllt werden. Der Bundesrat unterstützte diese Subsidiaritätsregel nun, da sie die Voraussetzungen für das Tätigwerden des Staates klar formuliere und der Bund auch ohne diese Einschränkung ohnehin nur mit gebührender Zurückhaltung agiert hätte. Entgegen einer Minderheit Min Li Marti (sp, ZH), die von der SP-, der Grünen- sowie einzelnen Mitgliedern der FDP-Fraktion getragen wurde und an der ständerätlichen Version festhalten wollte, entschied sich die grosse Kammer für diesen neuen Kompromiss. Bezüglich der Eidcom hatte sich die Mehrheit der RK-NR seit der letzten Beratung umstimmen lassen; sie setzte sich nun gemeinsam mit dem Bundesrat für deren Einführung als unabhängige Aufsicht ein, da der Staat, würde er subsidiär tätig, sich im Falle der Aufsicht durch das Informatiksteuerungsorgan des Bundes letztlich selber beaufsichtigen würde. Die Mehrheit des Nationalratsplenums liess sich davon überzeugen und schloss sich mit 113 zu 69 Stimmen dem Ständerat an, während die SVP- und die BDP-Fraktionen sowie einige FDP-Vertreterinnen und -vertreter dagegen votierten. Dem ständerätlichen Kompromiss beim Datenschutz stimmte die grosse Kammer stillschweigend ebenfalls zu.
In der einen verbleibenden Differenz zum subsidiären E-ID-System des Bundes schloss sich der Ständerat schliesslich stillschweigend dem neuen nationalrätlichen Vorschlag an. Die so bereinigte Vorlage passierte die Schlussabstimmung im Nationalrat mit 144 zu 51 Stimmen bei 2 Enthaltungen und jene im Ständerat mit 35 zu 2 Stimmen bei 8 Enthaltungen. Wie bereits seit längerem angekündigt, zeigten sich die SP und die Grünen nicht zufrieden mit dem Gesetz, weil sie sich die Herausgabe der E-ID durch den Staat gewünscht hätten. Das letzte Wort in dieser Angelegenheit dürfte wohl das Volk haben, mutmasste die Presse.

E-ID-Gesetz
Dossier: Identification électronique

Der Totalrevision des Datenschutzgesetzes und der Änderung weiterer Erlasse zum Datenschutz nahm sich in der Herbstsession 2019 der Nationalrat als Erstrat an. Das ein Jahr zuvor verabschiedete und am 1. März 2019 in Kraft getretene Schengen-Datenschutzgesetz, das aus Gründen der zeitlichen Dringlichkeit zunächst nur die Schengen-relevanten Anpassungen umsetzte, wird mit der Annahme des totalrevidierten Gesetzes wieder ausser Kraft treten. Mit der Totalrevision sollen über die Schengen-Anforderungen hinausgehend einerseits die Schwächen des heutigen Datenschutzrechts, das noch aus einer Zeit vor dem Internet stammt, behoben und andererseits die Entwicklungen auf EU- und Europarats-Ebene aufgenommen werden. Besonders bedeutsam für die Schweiz ist hierbei, von der EU weiterhin als Drittstaat mit angemessenem Datenschutzniveau anerkannt zu werden. Ansonsten, so wurde befürchtet, wäre die Schweizer Wirtschaft mit erheblichen Wettbewerbsnachteilen konfrontiert, da Schweizer Unternehmen nicht mehr so einfach Daten mit Firmen in der EU austauschen könnten. Bis im Mai 2020 wird die EU die Äquivalenz des Schweizer Datenschutzes beurteilen, was eine gewisse Dringlichkeit für die Revision gebietet.
Wie schwierig dieses Unterfangen werden würde, hatte sich schon in der vorberatenden SPK-NR abgezeichnet: Nur mit Stichentscheid des Präsidenten Kurt Fluri (fdp, SO) hatte sich die Kommission im August 2019 durchgerungen, die Vorlage nach mehr als einem Jahr Arbeit überhaupt vors Ratsplenum zu bringen. Die wichtigsten Anpassungen der Kommission am bundesrätlichen Entwurf waren die neu einzuführende Direktwahl des EDÖB durch die Bundesversammlung, die Einführung eines Rechts auf Datenportabilität, die Anpassung der Definition der besonders schützenswerten Personendaten sowie der Verzicht auf eine besondere Regelung für den Umgang mit Daten verstorbener Personen und auf eine ausdrücklich erforderliche Einwilligung zum Profiling. Im Rahmen ihrer Beratungen hatte die SPK-NR zudem sechs Motionen zur Vervollständigung der Datenschutzbestimmungen in weiteren Gesetzen eingereicht.
Kurz vor der Debatte im Nationalrat hatte das Bundesamt für Justiz überdies eine Liste dazu veröffentlicht, welche problematischen Differenzen es zwischen dem Kommissionsvorschlag und den Anforderungen der EU sehe. Auch EDÖB Adrian Lobsiger hatte in der Presse bezweifelt, dass das von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Gesetz mit dem verlangten Niveau der EU-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) mithalten könne; beim Entwurf des Bundesrates hätte er indes keine Probleme gesehen.
Während der strittige Vorschlag der Kommissionsmehrheit für die SVP bereits zu weit ging, bemängelten SP, Grüne und GLP, er sei zu lasch. Wirtschaftsverbände drängten unterdessen auf eine möglichst rasche, EU-konforme Lösung. So wurde im Vorfeld der nationalrätlichen Debatte von den Mitte- und Linksparteien noch fieberhaft nach Kompromissen gesucht, um den drohenden Absturz der Revision zu verhindern.

In der Eintretensdebatte in der grossen Kammer wurde von allen Seiten – ausser von der SVP-Fraktion – betont, wie wichtig und notwendig das vorliegende Revisionsprojekt sei, sowohl um den Datenschutz dem Internetzeitalter anzupassen als auch um den Datenschutz auf ein der EU gleichwertiges Niveau zu bringen, auch wenn man in den Details der Ausgestaltung verschiedene Ansichten vertrat. Die SVP betrieb hingegen Fundamentalopposition gegen «diesen bürokratischen Unsinn», wie Fraktionsvertreter Gregor Rutz (svp, ZH) das neue Gesetz nannte, denn es sei insgesamt, vor allem für KMU, schlechter als das geltende Datenschutzgesetz – ein Argument, das wenig später durch das Votum von FDP-Vertreter Kurt Fluri (fdp, SO) entkräftet werden sollte, der berichtete, dass der Gewerbeverband die Stossrichtung der Kommissionsmehrheit begrüsse und die Rückweisung nicht unterstütze. Mit der DSGVO verkaufe die EU laut Rutz ihre Bürger für dumm, da sie «kein Mensch» verstehe. «Wir haben langsam genug davon, jeden Unsinn aus der EU ungesehen zu übernehmen!», ärgerte sich der SVP-Vertreter und rief das Ratsplenum auf, die Vorlage an den Bundesrat zurückzuweisen mit dem Auftrag, sie zu entschlacken und EU-Vorschriften nur dort zu übernehmen, wo es unumgänglich sei. Auch eine linke Minderheit hatte ursprünglich die Rückweisung, allerdings an die Kommission, beantragt und diese beauftragen wollen, die Vereinbarkeit der Vorlage mit dem Übereinkommen SEV 108 des Europarats, die Äquivalenz mit dem EU-Datenschutzrecht, die Kompatibilität mit den Schengen-Verträgen und die Nicht-Unterschreitung des heute geltenden Schutzniveaus sicherzustellen. Um die doch eher dringliche Revision nicht unnötig zu verlangsamen und um sich einer «produktiven Diskussion» nicht zu verschliessen, zog Cédric Wermuth (sp, AG) diesen Antrag jedoch «im Sinne eines Vorschussvertrauensbeweises» zurück und hoffte, das Gesetz während der Beratung noch auf eine den genannten Forderungen nähere Linie bringen zu können. Der Rückweisungsantrag der SVP-Minderheit wurde mit 120 zu 66 Stimmen (1 Enthaltung) deutlich verworfen; ausserhalb der geschlossenen SVP-Fraktion sah niemand eine Rückweisung als den richtigen Weg an.

Im Laufe der Detailberatung musste der Nationalrat über 45 Minderheits- und mehrere Einzelanträge befinden, die zu einem beträchtlichen Teil die Unterstützung des Bundesrates genossen – hauptsächlich immer dort, wo die Kommissionsmehrheit mit ihrem Vorschlag einen schwächeren Datenschutz wollte als der Bundesrat und somit das heute geltende Schutzniveau oder die Anforderungen der EU und/oder des Europarats unterschreiten wollte. So war die Kommissionsmehrheit bestrebt, sowohl die Daten über gewerkschaftliche Ansichten und Tätigkeiten als auch die Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe aus dem Katalog der besonders schützenswerten Daten, für deren Bearbeitung besondere Anforderungen gelten, zu streichen. Während eine bürgerliche Ratsmehrheit die Streichung der Daten über gewerkschaftliche Ansichten und Tätigkeiten guthiess, schwenkte der Nationalrat bei den Daten über Massnahmen der sozialen Hilfe – neben Sozialhilfedaten sind davon auch solche über Sozialversicherungsmassnahmen bei Krankheit oder Unfall, Massnahmen der Vormundschaftsbehörden oder KESB, die fürsorgerische Unterbringung in psychiatrischen Kliniken, Ergänzungsleistungen und Prämienverbilligungen erfasst – auf die Linie des Bundesrates zurück und beliess sie im Katalog. Grünen-Vertreter Balthasar Glättli (gp, ZH) hatte zuvor mit Nachdruck klargemacht, dass deren Streichung für die Grünen und die SP ein Grund wäre, dem Gesetz die Zustimmung zu verweigern. Eine ähnliche Drohung sprach SVP-Fraktionssprecher Gregor Rutz aus, als die Einschränkung des Geltungsbereichs des DSG auf natürliche Personen zur Debatte stand: Einem Gesetz, das – anders als bisher – keinen Datenschutz für juristische Personen mehr vorsehe, werde man «nie im Leben» zustimmen können. Alle anderen Fraktionen befanden den Schutz für juristische Personen durch andere gesetzliche Bestimmungen jedoch als ausreichend und so glich der Nationalrat das DSG mit der Streichung des Schutzes juristischer Personen an die europäischen Regeln an. Bei der Frage der Anforderungen für das sogenannte Profiling zeichnete sich während der Diskussion ab, dass man an diesem Tag keine zufriedenstellende Lösung finden würde. Für jegliche Formen des Profilings, das die Aargauer Zeitung treffend als die «automatisierte Auswertung von Daten, mit denen bestimmte Merkmale einer Person bewertet werden, um etwa Vorhersagen über ihr künftiges Verhalten zu treffen» definierte, hatte der Bundesrat eine ausdrückliche Einwilligung der betroffenen Person voraussetzen wollen, wie sie auch zur Bearbeitung besonders schützenswerter Personendaten vorgesehen war. Da das geltende Recht so eine Regelung für das Erstellen von Persönlichkeitsprofilen umfasst, würde eine komplette Streichung der ausdrücklichen Einwilligung zum Profiling, wie es die Kommissionsmehrheit vorgeschlagen hatte, ein Rückschritt vom aktuellen Schutzniveau darstellen. In der Diskussion wurde mehrheitlich anerkannt, dass verschiedene Formen des Profilings unterschieden werden müssten, da es, wie es Balthasar Glättli erklärte, durchaus einen Unterschied mache, ob Profiling zur Erstellung von passenden Bücherempfehlungen, zur Abschätzung des Risikos für eine Versicherung oder zur Vorhersage der politischen Entscheidungen einer Person gebraucht werde. Der Bundesrat unterstützte folglich einen Einzelantrag Glättli, der eine ausdrückliche Einwilligung nur für ein Profiling mit hohem Risiko für die Persönlichkeit oder die Grundrechte der betroffenen Person vorsah. Die Fraktionen der Grünen, SP und GLP unterstützten diesen Antrag ebenfalls, unterlagen jedoch der bürgerlichen Ratsmehrheit, die beim Vorschlag der Kommissionsmehrheit ohne besondere Anforderungen für das Profiling blieb. Der Nachhall der Diskussion war jedoch klar, dass sich der Ständerat noch einmal intensiv mit dieser Frage auseinandersetzen müsse.
Betreffend die Informationspflicht bei der Beschaffung von Personendaten, die Regeln für die Bekanntgabe von Personendaten ins Ausland, die Rechenschaftspflicht für datenbearbeitende Unternehmen über die Einhaltung des Datenschutzrechts sowie das Auskunftsrecht einer Person zu den über sie gesammelten oder bearbeiteten Daten lehnte die Volkskammer einige von der Kommissionsmehrheit vorgeschlagene Lockerungen ab und umschiffte somit ein paar der vielen Klippen im Hinblick auf den Angemessenheitsbeschluss der EU. Die vom Bundesrat eingefügten Regelungen über Daten von verstorbenen Personen erachtete der Rat jedoch als nicht notwendig und strich mit bürgerlicher Mehrheit alle entsprechenden Bestimmungen aus dem Gesetz. Ganz neu und weitgehend unbestritten verankerte der Nationalrat auf Vorschlag seiner Kommissionsmehrheit ein Recht auf Datenportabilität, das heisst auf Datenherausgabe und -übertragung, im Gesetz. Wie Bundesrätin Karin Keller-Sutter erklärte, habe der Bundesrat mit dieser Neuerung eigentlich noch zuwarten wollen, bis erste Erkenntnisse aus der konkreten Umsetzung dieses Rechts in der EU vorlägen; nichtsdestotrotz unterstützte er den Vorschlag der Kommissionsmehrheit, einen Anspruch jeder Person auf «die Herausgabe ihrer Personendaten in einem gängigen elektronischen Format oder sogar deren Übertragung auf einen anderen Verantwortlichen zu verlangen», wie Keller-Sutter das neue Recht erläuterte.
Zurückgehend auf eine entsprechende parlamentarische Initiative Leutenegger Oberholzer (sp, BL; Pa.Iv. 16.409) änderte die grosse Kammer das Wahlverfahren des EDÖB dahingehend, dass er neu von der Bundesversammlung gewählt und nicht mehr durch den Bundesrat ernannt und vom Parlament nur bestätigt werden sollte. Gleichzeitig wurden die Aufsichts- und Untersuchungskompetenzen des EDÖB bei Datenschutzverstössen gestärkt. Diese Änderung sei von wesentlicher Bedeutung im Hinblick auf den Angemessenheitsbeschluss der EU, wie Bundesrätin Keller-Sutter betonte, denn nach bisher geltendem Recht besitze der EDÖB nicht nur weniger Kompetenzen als die Datenschutzbehörden in Europa, sondern auch als andere Aufsichtsbehörden des Bundes, zum Beispiel die Finma oder die Weko. Bei den Strafbestimmungen legte der Nationalrat eine maximale Busse von CHF 250'000 für Datenschutzverstösse fest. Ein neuer Straftatbestand für die Nichteinhaltung der Mindestanforderungen an die Datensicherheit im Sinne einer Sorgfaltspflichtverletzung wurde von der bürgerlichen Ratsmehrheit jedoch nicht goutiert, was laut Bundesrätin Keller-Sutter für die EU-Angemessenheit problematisch sein könnte. Der letzte grosse Zankapfel der Vorlage verbarg sich in den Schlussbestimmungen, namentlich in der Frage zum Inkrafttreten des Gesetzes. Während die Kommissionsmehrheit das Inkrafttreten um zwei Jahre nach Annahme des Gesetzes beziehungsweise nach Verstreichen der Referendumsfrist verzögern wollte, beantragte eine Minderheit Humbel (cvp, AG), wie üblich den Bundesrat das Inkrafttreten bestimmen zu lassen. Eine solche Verzögerung sei bereits wegen der Schengen-relevanten Bestimmungen des Gesetzes ein Problem und daher nicht im Interesse der Wirtschaft, was das Argument der Kommissionsmehrheit gewesen war. Auf Empfehlung des Bundesrates und entgegen der geschlossenen SVP-Fraktion erteilte die grosse Kammer der zweijährigen Inkrafttretensfrist eine Absage.

In der Gesamtabstimmung nahm der Nationalrat das totalrevidierte Datenschutzgesetz mit 98 zu 68 Stimmen bei 27 Enthaltungen an. In den ablehnenden Stimmen spiegelte sich vor allem die Opposition der SVP gegen das Gesetz. Demgegenüber hatte sich die SP-Fraktion mehrheitlich enthalten und damit signalisiert, dass sie noch weitere Nachbesserungen erwartete. Wirklich zufrieden mit dem Gesetz in vorliegender Form war wohl niemand; in dieser Hinsicht sprach das Fazit von Kommissionssprecher Matthias Jauslin (fdp, AG) Bände: «Wir haben jetzt eine Vorlage, die aus Sicht der Kommission durchaus bearbeitbar ist.»

Revision des Datenschutzgesetzes (BRG 17.059)
Dossier: 2ème révision de la loi fédérale sur la protection des données (LPD)

In der Herbstsession 2019 läutete der Nationalrat die erste Runde in der Differenzbereinigung der Urheberrechtsrevision ein. Obwohl er am Ende des Tages in allen drei verbliebenen Differenzen – Bibliotheken, Filmmusik und Hotelabgaben – gemäss den Kommissionsanträgen stimmte, blieben auch in dieser Sitzung aufgrund zweier Minderheitsanträge die Diskussionsbeiträge nicht aus.
Im Falle der Bibliotheken hatte sich die grosse Kammer bis anhin noch nicht äussern können, da die Frage der tarifären Begünstigungen erst in der Sommersession 2019 vom Ständerat aufgeworfen worden war. Eine knappe Mehrheit der RK-NR (12 zu 11 Stimmen bei einer Enthaltung) hatte sich sodann auch für dessen Beschluss ausgesprochen, den Vergütungstarif für Bibliotheken zukünftig zu reduzieren. Die Minderheit Gmür-Schönenberger (cvp, LU) aber griff den bereits in der kleinen Kammer eingebrachten Einzelantrag des Parteikollegen Engler (cvp, GR) auf und beantragte die Aufhebung der Vergütungspflicht auf Ausleihen für gemeinnützige Institutionen. Die Minderheitssprecherin Gmür-Schönenberger begründete den Antrag wie folgt: Die mit der tariflichen Vergünstigung verbundene Honorierung der Bibliotheksarbeit sei zwar erfreulich, jedoch entspreche diese Regelung faktisch keinem Kompromiss, sondern einem Rückschritt, da dadurch eine Abgabe auf Pauschalen gesetzlich verankert werde. Die Bibliotheken hätten sich mit der Beibehaltung der bisherigen Praxis einverstanden gezeigt, müssten aber mit den neuen Grundlagen teilweise um ihre Existenz fürchten. Bibliotheken seien die grössten Förderer von Autorinnen und Autoren; mit dem von ihr eingebrachten Antrag liesse sich nun ein System verankern, von dem auch die Autorenschaft direkt profitieren könne. Ihr Parteikollege Philipp Bregy (cvp, VS) pflichtete dem bei und verkündete, dass die CVP-Fraktion dem Antrag zustimmen werde. Sibel Arslan (BastA/BS) – als Mitträgerin des Minderheitsantrags – führte hingegen in ihrer Erläuterung aus, weshalb sich die Grüne Fraktion schliesslich doch für den Mehrheitsantrag aussprechen werde: Im Grundsatz ginge es hierbei um einen Interessenkonflikt zwischen den Bibliotheken und der Rechteinhaberschaft. Die ursprüngliche Annahme, dass der Minderheitsantrag lediglich eine Ergänzung und Präzisierung des Art. 60 Abs. 4 sei und besonders den kleinen Bibliotheken, die für die Rechteinhaberschaft von grosser Bedeutung sind, zugute käme, müsse nachträglich revidiert werden. Der ständerätliche Beschluss berücksichtige die spezifische Situation der Bibliotheken zur Genüge; alles darüber hinaus wäre lediglich eine Einschränkung der Rechteinhaberschaft. Da dies im Vergleich zum Status quo gar einer Verschlechterung der Situation von Urheberinnen und Urhebern gleichkomme, werde man dem Mehrheitsantrag folgen, wobei eine kleine Minderheit – womit sie wohl in erster Linie sich selbst meinte – sich zwecks Lösungsfindung enthalten werde. Während sich auch die BDP-Fraktion diesem Entscheid anschloss, sprach sich die FDP-Fraktion wiederum für den Mehrheitsentscheid aus. Vor der Abstimmung liess es sich die anwesende Bundesrätin Karin Keller-Sutter nicht nehmen, darauf hinzuweisen, dass die vom Ständerat vorgeschlagene Begünstigung sehr flexibel sei und, wenn auch nicht eine generelle Privilegierung, immerhin die Berücksichtigung spezifischer Fälle zuliesse. In der Abstimmung sprach sich schliesslich eine deutliche Mehrheit von 106 zu 61 Stimmen für den Mehrheitsantrag aus und folgte somit dem Beschluss des Ständerates.
Hinsichtlich der Filmmusik gab es nichts zu beanstanden, weshalb man, wie von der Kommission beantragt, stillschweigend Zustimmung zum Ständeratsbeschluss gab. Bei der vom Nationalrat selbst eingebrachten Hotelabgabe schieden sich wiederum die Geister. Während eine Kommissionsmehrheit von 16 Stimmen ein Festhalten am Erstbeschluss beantragte, forderte eine Minderheit Wasserfallen (sp, BE) (8 Stimmen) die Zustimmung zum Ständeratsbeschluss. Flavia Wasserfallen eröffnete ihr Votum mit dem Verweis auf die parlamentarische Initiative Nantermod (fdp, VS; Pa.Iv. 16.493): «Es mag manchmal elegant und klug sein, ein Anliegen aus einer parlamentarischen Initiative in das laufende Verfahren einer Gesetzesrevision aufzunehmen und damit auch Zeit zu gewinnen. Manchmal ist es aber auch einfach nur unüberlegt und schlecht, wie hier in Artikel 19 Absatz 1 Buchstabe d». Es sei durchaus legitim, unbeliebte Regelungen auf diese Weise aus dem Weg zu schaffen, in diesem Fall sei es aber besonders heikel, weil man zum einen eine ziemlich verfehlte Definition von Eigengebrauch festlegen würde und zum anderen ein Thema aufgreife, das bis anhin noch nie zur Diskussionsgrundlage der AGUR12 gezählt habe. Des Weiteren würde man damit nicht nur einen bestehenden Kompromiss zuungunsten der Schweizer Kunstschaffenden verändern, sondern auch ein Streitschlichtungsverfahren aufgrund der Verletzung von internationalen Grundlagen riskieren. Giovanni Merlini (fdp, TI) schätzte hingegen das Risiko eines solchen Verfahrens wesentlich geringer ein. Auf internationaler Ebene sei die Frage der Doppelvergütung relativ unerheblich, der Fokus liege dort vielmehr auf der Bekämpfung von illegalen Kopien. Die zusätzliche finanzielle Belastung der betroffenen Institutionen sei in dieser Frage relevanter. Daher erbitte die FDP-Fraktion ein Festhalten und somit die Bestätigung der direkten Umsetzung der angesprochenen Initiative. Zur Abstimmung stand in der Folge ein erneuter Interessenkonflikt, der sich dieses Mal zwischen der Kultur und der Wirtschaft bzw. dem Tourismus eröffnete. So war es wenig erstaunlich, dass die Abstimmung mit 108 zu 68 Stimmen zugunsten der Mehrheit ausfiel, die sich aus den nahezu geschlossenen Fraktionen der SVP, FDP, CVP und BDP zusammensetzte, während die gänzlich geschlossenen Fraktionen der Grünen, SP und GLP das Nachsehen hatten. Somit wurde die Vorlage mit einer verbleibenden Differenz an den Ständerat zurückgeschickt.

Das Anliegen ebendieser einen verbleibenden Differenz hatte bei den Kulturschaffenden bereits vor der Abstimmung für rote Köpfe gesorgt. Just am Wochenende vor der Nationalratsdebatte hatten sich Prominente wie Sina, Büne Huber, Marc Sway und Stefanie Heinzmann in einem offenen Brief mit dem Titel «Wir verschenken unsere Arbeit nicht!» an das Parlament gewandt, wie die Basler Zeitung und der Tages-Anzeiger berichteten. Der hier angedachte Passus würde für die Schweizer Musikschaffenden einer Einbusse in Höhe von CHF 1 bis 1.5 Mio. gleichkommen. Arrivierte Künstler wie der Berner Mundartsänger Marc Trauffer seien zwar – gemäss eigener Aussage – nicht auf Urheberrechtsvergütungen angewiesen, aus Solidarität zu anderen Branchenkolleginnen und -kollegen, auf die das eben nicht zutreffe, habe er den Brief dennoch unterschrieben. Christoph Trummer von Sonart, der Vereinigung Schweizer Musikschaffender, bekundete in den Medien sein Bedauern darüber, dass ein grundsätzlich ausgeglichener Kompromiss auf den letzten Metern nun «zulasten der Kultur und zugunsten des Tourismus» verändert werde. Besonders, da zum einen die Vergütung sehr gering ausfalle – pro Hotelzimmer und Monat weniger als CHF 1 – und zum anderen die Auswahl der von der Abgabe ausgenommenen Institutionen doch sehr willkürlich erscheine und daher vermutlich in absehbarer Zeit auch andere Institutionen ihr Begehren äussern würden. Besonders kritisiert wurde, dass lediglich Schweizer Künstlerinnen und Künstler von dieser Anpassung betroffen seien, während ausländische Künstlerinnen und Künstler ihre Vergütung weiterhin einfordern könnten.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Révision de la loi sur le droit d'auteur

Im Zuge der Beratungen zum Bundesbeschluss über die Genehmigung des Übereinkommens des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen führte die SiK-SR im Mai 2019 Anhörungen mit den Vorsteherinnen des EJPD, Karin Keller-Sutter, und des VBS, Viola Amherd, sowie mit je einer Vertretung der KKJPD und der KKPKS durch. Auf dieser Grundlage kam die Kommission zum Schluss, dass die geltenden gesetzlichen Grundlagen – insbesondere mit dem Hooligan-Konkordat von 2012 – ein breites Instrumentarium gegen Gewalt bei Sportveranstaltungen umfassten, das aber bedauerlicherweise nicht ausgeschöpft bzw. nicht mit ausreichender Konsequenz angewandt werde. An der unbefriedigenden Sicherheitssituation rund um Sportveranstaltungen habe sich trotz des Konkordats kaum etwas geändert, da die Kantone, Vereine und Verbände zu zurückhaltend agierten. Die SiK-SR verabschiedete deshalb ein Postulat (19.3533) mit dem Auftrag an den Bundesrat zu prüfen, wie die Kantone, Vereine und Verbände diesbezüglich stärker in die Pflicht genommen werden können, wie die Bekämpfung des Hooliganismus generell und insbesondere im Rahmen des Hooligan-Konkordats durch den Bund koordiniert, unterstützt, gefördert und wie die Umsetzung des Konkordats kontrolliert werden kann. Einen Antrag auf Sistierung der Genehmigung des Europaratsabkommens lehnte sie hingegen ab, da für die Umsetzung des Abkommens kein gesetzgeberischer Handlungsbedarf bestehe.
In der ständerätlichen Debatte über den Bundesbeschluss zur Genehmigung des Abkommens in der Sommersession 2019 war man sich einig, dass sich im Bereich der Sicherheit bei Sportveranstaltungen etwas tun müsse. Der Appell richtete sich aber nicht an den Bund, sondern an die Kantone, in deren Verantwortung die öffentliche Sicherheit liegt. Die Kantone wurden wiederholt dazu aufgefordert, ihre Verantwortung in diesem Bereich endlich wahrzunehmen, denn an rechtlichen Instrumenten mangle es nicht. Insofern könne auch die Unterzeichnung des Europaratsabkommens nicht zur Lösung des Problems beitragen, stellte etwa Daniel Jositsch (sp, ZH) fest. Da die Schweiz alle Anforderungen des internationalen Abkommens bereits erfüllte und deshalb dessen Ratifikation keine Gesetzesanpassungen nötig machen würde, stimmte die kleine Kammer dem Bundesbeschluss nach dem Motto «nützt es nichts, so schadet es nichts» mit 38 zu 2 Stimmen zu.
Die Schlussabstimmungen passierte das Geschäft mit 40 zu 4 Stimmen im Ständerat und 135 zu 56 Stimmen (5 Enthaltungen) im Nationalrat, wobei ausschliesslich Mitglieder der SVP-Fraktion ihm ihre Zustimmung verweigerten. Damit ist der Bundesrat ermächtigt, das Übereinkommen des Europarats über einen ganzheitlichen Ansatz für Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen zu ratifizieren.

Sicherheit, Schutz und Dienstleistungen bei Fussballspielen und anderen Sportveranstaltungen. Übereinkommen des Europarats

Dass die Schweiz eine E-ID schaffen soll, war im Ständerat genauso unbestritten wie im Nationalrat. Die Frage aber, ob die E-ID ein rein staatliches Produkt sein soll oder ob der Staat dafür mit privatwirtschaftlichen Anbietern zusammenarbeiten darf, war in der ständerätlichen Debatte zum E-ID-Gesetz in der Sommersession 2019 mindestens genauso umstritten. Ähnlich wie der Nationalrat befasste sich also auch der Ständerat zuerst mit einem Rückweisungsantrag, demzufolge der Bundesrat die Vorlage dahingehend anpassen müsste, dass die Ausstellung einer E-ID als öffentliche Aufgabe definiert und eine Verwaltungsstelle mit deren Ausstellung beauftragt wird. Für Antragstellerin Anita Fetz (sp, BS) war klar, dass die E-ID «genauso wie der rote Pass» allein vom Staat herausgegeben werden dürfe. Da mit der E-ID zentrale Staatsaufgaben wie Steuern, elektronische Patientendossiers oder vielleicht einmal E-Voting verknüpft sein werden, fielen bei deren Verwendung sensible Daten an, die «nicht in private Hände, auch nicht in datengeschützte private Hände» gelegt werden sollten. Umfragen hätten gezeigt, dass die Bevölkerung dem Staat diesbezüglich das grössere Vertrauen entgegenbringe als der Privatwirtschaft. Das vom Bundesrat vorgebrachte Argument, der Staat könne dem technologischen Wandel nicht genügend folgen, sei im 21. Jahrhundert gar fragwürdig, denn wenn das tatsächlich so wäre, «dann würde er [der Staat] sich abschaffen». Wäre der Staat tatsächlich technologisch inkompetent, fragte Fetz rhetorisch, wie sollte er dann Cybersicherheit schaffen oder ein sicheres E-Voting-System anbieten können? Überdies befürchtete sie, dass man bestimmte Dienstleistungen aus dem Kreise der E-ID-anbietenden Firmen nur noch mit einer E-ID nutzen werden könne, weil diese ein zu starkes Interesse daran hätten, die E-ID zu promoten. Diese Fehler solle man besser jetzt mittels Rückweisung korrigieren, als das Scheitern in einer Referendumsabstimmung in Kauf zu nehmen, begründete Fetz ihr Begehren. Die anschliessende Diskussion um die Machtverteilung zwischen Staat und Markt bei der E-ID verlief überhaupt nicht entlang der klassischen, parteipolitischen Links-Rechts-Konfliktlinie. Während sich die SP-Fraktion selbst gespalten zeigte und Claude Janiak (sp, BL), der noch in der Kommission mit seinem Rückweisungsantrag gescheitert war, im Rat auf die Unterstützung des Antrags Fetz verzichtete, pflichtete SVP-Vertreter Hannes Germann (svp, SH) seinem SP-Ratskollegen Paul Rechsteiner (sp, SG) in dessen Votum für eine staatliche Lösung bei. «Es kommt ja nicht alle Tage vor [...], dass wir gleicher Meinung sind», kommentierte Germann dies.
Auf der anderen Seite plädierten Kommissionssprecher Beat Vonlanthen (cvp, FR), FDP-Ständerat Ruedi Noser (fdp, ZH) sowie Bundesrätin Karin Keller-Sutter für Eintreten. Es handle sich bei der E-ID eben – anders als in den Medien oft kommuniziert – nicht um einen Ausweis, sondern um ein «qualifiziertes Login», das besonders vertrauenswürdig sein soll, aber keinen digitalen Pass darstelle, so Keller-Sutter. Als weiteres Argument gegen die Rückweisung wurde angeführt, schnelles Handeln sei erforderlich, da die Schweiz im Bereich digitale Identität den Anschluss zu verlieren drohe und internationale Lösungen, beispielsweise von Google, Facebook oder Apple, diese Funktion übernehmen könnten, wenn die Schweiz nicht zeitnah eine E-ID anbiete. Beispiele aus anderen Ländern zeigten zudem, dass rein staatliche Lösungen wie in Deutschland oder Grossbritannien mit einer Marktdurchdringung von drei Prozent nicht sehr erfolgreich seien. Demgegenüber erreichten skandinavische Länder, die mit einer privatwirtschaftlichen Lösung arbeiteten, Marktdurchdringungsraten von bis zu 90 Prozent, was zeige, dass dies auch für die Schweiz der richtige Weg sei. Die Hoheit über die Personenidentifizierungsdaten bleibe auch bei diesem Modell vollumfänglich beim Staat, nur müsse der Staat nicht alle Kosten für die technologische Umsetzung selber tragen. Mit 32 zu 7 Stimmen bei 3 Enthaltungen lehnte der Ständerat den Rückweisungsantrag schliesslich deutlich ab.
Als Eintreten einmal beschlossen war, verlief die weitere Detailberatung des Gesetzesentwurfs ausgesprochen unspektakulär. Die grösste Änderung, die der Ständerat einbrachte, war die Einführung einer unabhängigen, vom Bundesrat zu wählenden E-ID-Kommission (Eidcom), die anstelle des ursprünglich dafür vorgesehenen Informatiksteuerungsorgans des Bundes die Anerkennung und Kontrolle der Identity Provider übernehmen wird. Diese Neuerung, die schon von der Kommission geschlossen unterstützt worden war, wurde vom Ständerat stillschweigend gutgeheissen. Zudem strich die kleine Kammer den Artikel über die Sorgfaltspflichten aus dem Entwurf – ein Anliegen, das im Nationalrat noch gescheitert war – mit der Begründung, es sei so klarer, dass ohnehin die Sorgfaltspflichten des OR gelten. Um der Kritik am privatwirtschaftlichen Modell etwas entgegenzukommen, wurde dem Bund überdies die Möglichkeit gegeben, jederzeit ein eigenes E-ID-System anzubieten, und nicht nur ausdrücklich subsidiär zum Markt, sowie sich an privaten Anbietern zu beteiligen – um diese beispielsweise aufzukaufen, wenn ansonsten die Übernahme durch ein ausländisches Unternehmen bevorstünde. Mit 33 zu 4 Stimmen bei 2 Enthaltungen stimmte der Ständerat dem Entwurf zu und übergab ihn mit den geschaffenen Differenzen zurück an den Nationalrat. Am Konzept der staatlich-privatwirtschaftlichen Aufgabenteilung bei der E-ID wird das Parlament wohl nichts mehr ändern. Medienberichten zufolge befinde sich die «Allianz gegen die private E-ID» schon in den Startlöchern für das Referendum.

E-ID-Gesetz
Dossier: Identification électronique

In der Sommersession 2019 startete der Ständerat einen erneuten Versuch, die Revision des Urheberrechts zu beraten. Da Eintreten bereits in der Frühjahrssession beschlossen worden war, ging es im zweiten Anlauf – nach einführenden Erläuterungen seitens des Kommissionssprechers Ruedi Noser (fdp, ZH), der explizit betonte, dass der Rückweisungsantrag zu einer deutlichen qualitativen Verbesserung der Vorlage beigetragen habe – direkt in die Detailberatung.

Auch in dieser Beratungsrunde stand ein Einzelantrag zur Diskussion, der bereits in der ersten Abstimmungsdebatte zur Verhandlung kam: Ständerat Engler (cvp, GR) beantragte, in Art. 13 Abs. 2 eine weitere Ausnahme einzuführen, die für die Ausleihe von Werkexemplaren ohne Erhebungsgebühr durch gemeinnützige Institutionen die Aufhebung der Vergütungspflicht vorsah. Engler argumentierte, dass öffentliche Bibliotheken – nebst Schulen – bedeutende Bildungs- und Dialogorte seien und einer entsprechenden Ausstattung zur Förderung ihrer Vermittlungsbestrebungen bedürften. Gerade der Aspekt der Förderung habe insbesondere die Gemeinden und Städte, die EDK sowie die Bibliotheken selbst bereits im Vorfeld dazu veranlasst, eine solche Gebühr abzulehnen, da man sich in erster Linie Sorgen um mögliche Einbussen im flächendeckenden Bibliotheksnetz der Schweiz mache – und nicht etwa, weil es an Wertschätzung gegenüber der Urheberschaft fehle. Die Klärung dieses Ausnahmetatbestandes sei insofern vonnöten, da diese bis anhin weder in den vorberatenden Kommissionen noch durch die AGUR12 selbst stattgefunden habe, sondern erst durch einen umstrittenen Entscheid seitens der ESchK auf den Plan gerufen worden war. Die Schiedskommission habe nun mit ihrem Entscheid eine gesetzliche Lücke gefüllt und zugleich eine mögliche Interpretation des Begriffes «Entgelten» angegeben, die eine Ausdehnung der Abgabepflichten von Bibliotheken bedeuten würde. Unter dem Strich komme dieser Entscheid der Einführung einer Verleihgebühr durch die Hintertür gleich und bringe den Gemeinden, Städten und Kantonen lediglich finanzielle Mehrabgaben und damit verbunden die Gefahr der Schliessung von Bibliotheken.
Ruedi Noser hingegen erwiderte, dass der Einzelantrag gänzlich dem AGUR-Kompromiss widerspreche: In diesem habe man die Forderung der Autorinnen und Autoren nach der Einführung einer Verleihgebühr anstelle der Vermietgebühr abgelehnt. Da Vermietungen in erster Linie von Bibliotheken vorgenommen werden und diese kaum kommerziell gesteuert sind, würde die Vermietpraxis abgeschafft werden, da die Vergütungen sich erübrigten. Wolle man sich nun diesem Kompromiss entziehen, wäre es wohl am ehrlichsten, den gesamten Art. 13 zu streichen, anstatt ihn noch weiter zu verkomplizieren und somit faktisch die Vermietgebühr abzuschaffen – was aber auch nicht gewollt sein könne. Daher schlug die Kommission ihrem Rat ein alternatives Vorgehen vor: In Art. 60 soll neu ein Abs. 4 eingeführt werden, der definiert, dass Bibliotheken zukünftig gleich behandelt werden wie Schulen und entsprechend von einem reduzierten Tarif profitieren sollen. Paul Rechsteiner (sp, SG) unterstrich Nosers Argument zudem, indem er betonte, dass Englers Antrag einem fundamentalen Eingriff in die Urheberrechte der Autorenschaft gleichkomme und lediglich eine Reaktion auf einen Entscheid sei, dem zum einen keine konkrete Begründung beiliege und der zum anderen noch gar keinen Rechtsmitteleinsatz erlaube, da er nicht rechtskräftig sei. In der Abstimmung zeigte sich, dass das Kommissionsargument wohl eher zu überzeugen vermochte, da diesem mit 27 zu 14 Stimmen (1 Enthaltung) der Vorrang vor dem Einzelantrag gegeben wurde.

Zwei weitere wichtige Punkte, die vom Ständerat zwar stillschweigend gemäss Kommissionsvorschlag angenommen, jedoch aufgrund der dadurch entstehenden Differenzen zum Nationalrat seitens der Kommission umfassender erläutert wurden, betrafen die Filmmusik und die Hotelabgaben. Bezüglich der Filmmusik betonte erneut Ruedi Noser, dass die Kommission bewusst an dem von ihr mit der Frühjahresfahne eingeführten Musikzusatz in Art. 13a Abs. 5 und Art. 35a Abs. 2 festhalte, da der Bundesratsentwurf einer gänzlich anderen Logik folge, als die Umstände es verlangten. Am Beispiel von «Bohemian Rhapsody» und «The Accountant» – zwei Filme, die er selbst erst kürzlich geschaut habe – zeigte er auf, dass die bundesrätliche Logik, dass Musik im Film zum Film gehört und daher kein eigenständiges Werk darstellt, lediglich auf das zweite Filmbeispiel zutreffe. In diesem Fall sei die Musik explizit zur Untermalung der visuellen Darstellung komponiert worden, wohingegen sich der erstgenannte Film, eine Biografie mit der Rockgruppe «Queen» im Fokus, sich bestehender Musik bediente, welche lange vor dem Film selbst entstanden und auch entsprechend ein eigenständiges, urheberrechtlich geschütztes Werk sei. Folge man nun aber dem Bundesrat, würden beide Fallbeispiele gleich behandelt werden. Hans Wicki (fdp, NW) verwies ergänzend zu diesen Ausführungen auf die unterschiedlichen Strukturen und Regelungen der Film- und Musikbranche hin und betonte, dass sich die Musikerinnen und Musiker im Bereich der Filmmusik zwar mittlerweile auf eine gute vertragliche Grundlage stützen könnten, diese aber mit der angedachten Kollektivverwertung stark gefährdet wäre und eine Schlechterstellung zu Gunsten der ohnehin bereits besser gestellten Produzentinnen und Produzenten begünstigen würde. Wie bereits ihre Amtsvorgängerin Simonetta Sommaruga, verteidigte die EJPD-Vorsteherin Karin Keller-Sutter die Bundesratsposition mit der zu schluckenden bitteren Pille: Damit sich eine gesamthafte Verbesserung einstellen könne, müsse man eben punktuelle Benachteiligungen in Kauf nehmen.
Die vom Nationalrat eingebrachte Abschaffung der Hotelabgabe wurde von Kommissionssprecher Noser zum einen aus finanziellen, zum anderen aus institutionellen Gründen zur Ablehnung empfohlen. Wie Swisscopyright aufgezeigt habe, würden durch diesen Zusatz Mindereinnahmen in der Höhe von CHF 800'000 bis CHF 1 Mio. entstehen. Des Weiteren stelle diese Abschaffung nicht nur eine Verletzung des AGUR-Kompromisses dar, sondern wäre mit hoher Wahrscheinlichkeit auch nicht WTO-kompatibel. Dies würde sicherlich die Frage aufwerfen, ob es denn gewichtige Gründe im öffentlichen Interesse für eine solche Ausnahme gebe – und die Schweizer Argumentation hierzu wäre durchaus spannend zu hören –, da man eine solche in Europa nicht kenne und Amerikas systemische Unterschiede diese Diskussion erübrigten. Grundsätzlich müsse man sich im Rat nun die Frage stellen, ob man sich wegen rund CHF 1 Mio. wirklich mit einem WTO-Verfahren auseinandersetzen wolle. Wer aber dennoch auf diesen Zusatz beharren möchte, den wolle er doch gerne auf die parlamentarische Initiative Nantermod (fdp, VS; Pa.Iv. 16.493) verweisen, der bereits in der Kommission Folge gegeben worden war und die sich genau diesem Zusatz annehme.

In der Gesamtabstimmung wurde der Entwurf schliesslich mit 36 Stimmen bei 3 Enthaltungen einstimmig angenommen, was sicherlich auch dadurch begünstigt wurde, dass das Kernelement des Rückweisungsantrages, das Leistungsschutzrecht, aus dem Kommissionsvorschlag gestrichen worden war. Auch wenn die EU sich zwischenzeitlich für dieses ausgesprochen habe, sei die Umsetzung in den einzelnen Ländern noch sehr ungewiss; daher wolle man die aktuelle Revision nicht unnötig verzögern und diese Entwicklungen für andere Revisionen – die ohnehin in absehbarer Zeit stattfinden würden – berücksichtigen. Der Bundesrat solle diese Entwicklung im Auge behalten und das Schweizer Recht unter diesem Gesichtspunkt prüfen, was vom Ständerat auch mit der Gutheissung eines entsprechenden Kommissionspostulats bestätigt wurde. Ebenso wurden die beiden Entwürfe zu den WIPO-Abkommen von der kleinen Kammer ohne Beanstandung jeweils einstimmig angenommen. Somit wird die Vorlage mit drei verbleibenden Differenzen an den Nationalrat retourniert.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Révision de la loi sur le droit d'auteur

Au début du mois de juin 2019, le Conseil national s'est à son tour prononcé sur le projet d'arrêté fédéral relatif à la reprise des bases juridiques en vue de la création et de l’utilisation du système d’entrée et de sortie (EES).
La minorité Glättli (verts, ZH) optait pour une non entrée en matière, en raison d'une trop faible protection des données. «Ce système conduit au fichage de millions de personnes qui n'ont rien à se reprocher», a notamment déclaré le conseiller national vert zurichois à la tribune. L'argument n'a néanmoins pas convaincu la chambre basse, qui s'est exprimée favorablement à l'entrée en matière par 159 voix contre 17 et 0 abstention.
La conseillère fédérale en charge du dossier Karin Keller-Sutter a quant à elle une nouvelle fois plaidé en faveur d'un accroissement de la sécurité de l'espace Schengen et d'une amélioration de la qualité des contrôles aux frontières, notamment grâce à l'automatisation de nombreux processus prévue par les nouveaux développements de l'acquis de Schengen.
Le Conseil national a finalement confirmé la décision de la chambre haute et accepté le projet du Conseil fédéral sur le système EES et les modifications de la LEI s'y rapportant (respectivement 160 voix pour, 20 contre, 0 abstention et 160 voix pour, 21 contre, 0 abstention). L'arrêté fédéral a définitivement été adopté à l'occasion du vote final du 21 juin 2019.

Développement de l'acquis de Schengen. Reprise des bases juridiques en vue de la création et de l'utilisation du système d'entrée et de sortie EES

Nach einem langen und emotionalen Abstimmungskampf nahm die Schweizer Stimmbevölkerung am 19. Mai 2019 die Übernahme der geänderten EU-Waffenrichtlinie mit 63.7 Prozent Ja-Stimmen deutlich an. Die Stimmbeteiligung lag bei 43.9 Prozent. Ausser im Tessin (45.5% Ja) überwog die Zustimmung in allen Kantonen. Am höchsten fiel sie in Basel-Stadt mit 75 Prozent Ja-Stimmen aus, gefolgt von den drei Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie dem Kanton Zürich mit jeweils über 70 Prozent. Gesamtschweizerisch zeigte sich ein klarer Stadt-Land- oder Zentrum-Peripherie-Graben, wobei die Zustimmung in den städtischen Zentren am höchsten und – nebst dem Tessin – in den ländlichen Regionen wie dem Berner Oberland, der Innerschweiz und den Bündner Südtälern am niedrigsten ausfiel.
Vertreterinnen und Vertreter der Befürworterseite werteten das Ergebnis in der Presse als positives Signal für die Beziehungen der Schweiz zur EU und blickten zuversichtlich in Richtung der anstehenden europapolitischen Entscheidungen über die Begrenzungsinitiative sowie über das institutionelle Rahmenabkommen mit der EU. Demgegenüber sah das unterlegene Nein-Lager im Resultat kein Ja zu Europa, sondern schöpfte daraus neuen Elan für den Kampf gegen die Personenfreizügigkeit und das Rahmenabkommen. «Solche angstgetriebenen Abstimmungsergebnisse wären künftig die Regel, falls der Bundesrat das Rahmenabkommen mit der EU unterschreibt», zitierte beispielsweise die Aargauer Zeitung eine Mitteilung der SVP. Die Gesellschaft für ein freiheitliches Waffenrecht ProTell, die an vorderster Front gegen die Änderungen im Waffenrecht gekämpft hatte, liess derweil verlauten, man werde die Umsetzung der EU-Waffenrichtlinie nun sehr genau überwachen und den Bundesrat an seinen Versprechungen messen, die er im Abstimmungskampf gemacht habe.
Der Ausgang der Abstimmung wurde sowohl von der Befürworter- als auch von der Gegnerseite zu einem grossen Teil der neuen Justizministerin Karin Keller-Sutter zugeschrieben. Sie habe mit ihrer Glaubwürdigkeit als ehemalige Polizeidirektorin eines Grenzkantons die Unentschlossenen überzeugt, lobte sie etwa der Waadtländer FDP-Nationalrat Laurent Wehrli in der «Tribune de Genève». Auch der Walliser SVP-Nationalrat und Interimspräsident von ProTell Jean-Luc Addor bezeichnete die Übernahme des EJPD durch Karin Keller-Sutter gegenüber der gleichen Zeitung als «Schlüsselmoment» in der Kampagne, weil die St. Gallerin – im Gegensatz zu ihrer Vorgängerin und «historischen Waffengegnerin» Simonetta Sommaruga – im Dossier als glaubwürdig wahrgenommen worden sei. Die neue Bundesrätin bestand ihre Feuertaufe vor dem Stimmvolk offensichtlich mit Bravour.


Abstimmung vom 19. Mai 2019

Beteiligung: 43.9%
Ja: 1'501'880 (63.7%)
Nein: 854'274 (36.3%)

Parolen:
– Ja: BDP, CVP, EVP, FDP (Jungfreisinnige: 3*), GLP, GP, KVP, SP; KdK, Economiesuisse, SAV, SGV, SGB, Travail.Suisse, Gastrosuisse, Hotelleriesuisse, SBLV
– Nein: EDU, FP, SD, SVP; IGS, SOG, Schweizerischer Unteroffiziersverband, Jagd Schweiz, ProTell, SBV
* Anzahl abweichender Kantonalsektionen

Weiterentwicklung des Schengen-Besitzstands. Übernahme der Richtlinie 2017/853 zur Änderung der EU-Waffenrichtlinie
Dossier: La loi fédérale sur les armes, les accessoires d'armes et les munitions (loi sur les armes)

Wie schon in der Vernehmlassung stellte sich auch im Nationalrat die Frage der Aufgabenteilung zwischen Staat und Privatwirtschaft als der zentrale Knackpunkt des Bundesgesetzes über elektronische Identifizierungsdienste (E-ID-Gesetz) heraus. Während Eintreten in der Frühjahrssession 2018 unbestritten war, wurde lange und ausführlich über einen Rückweisungsantrag der links-grünen Kommissionsminderheit diskutiert, mit dem der Bundesrat beauftragt werden sollte, eine Vorlage auszuarbeiten, die die Ausstellung der E-ID als öffentliche Aufgabe definiert, die der Bund allenfalls mittels Leistungsauftrag an Private übertragen könnte. Die SP- und die Grüne Fraktion unterstützten die Rückweisung mit dem Argument, analoge Ausweise wie der Pass und die Identitätskarte würden auch vom Staat ausgegeben. Alle übrigen Fraktionen sprachen sich jedoch für die vom Bundesrat vorgeschlagene Lösung aus, wonach die Prüfung und Bestätigung der Identität einer Person dem Staat zufallen, die technologische Umsetzung der E-ID hingegen von der Privatwirtschaft übernommen werden soll. Sie betonten, privatwirtschaftliche Anbieter könnten besser auf die technologischen Entwicklungen und die Bedürfnisse der Anwenderinnen und Anwender reagieren, was die E-ID sicherer und nutzerfreundlicher mache; die Innovation werde durch den Wettbewerb gefördert. Mit 131 zu 53 Stimmen bei 2 Enthaltungen wurde das links-grüne Lager überstimmt und der Rückweisungsantrag abgelehnt.
Auch in der Detailberatung stand das links-grüne Lager mehr oder weniger isoliert; alle dessen Minderheitsanträge wurden mit grosser Mehrheit abgelehnt. Die Streichung der Sorgfaltspflichten für E-ID-Inhaberinnen und -Inhaber aus dem Gesetz, wie erstens von einer Minderheit Arslan (basta, BS) gefordert, ändere nichts an der Rechtslage, so die Ansicht der ablehnenden Ratsmehrheit, da die Verschuldenshaftung des OR ohnehin zum Tragen komme – d.h. haftbar ist grundsätzlich, wer in Verletzung von Sorgfaltspflichten einen Schaden verursacht. Um die E-ID nutzen zu können, müssen die Antragstellerinnen und Antragsteller zweitens einwilligen, dass ihre persönlichen Daten ans Fedpol übermittelt werden, damit dieses die Identität bestätigen kann. Ebenfalls eine Minderheit Arslan beantragte, diese Einwilligung durch eine Kenntnisnahme der Übermittlung zu ersetzen, da man sie nicht verweigern könne, sofern man die E-ID nutzen möchte, und unterlag damit der Mehrheit, die fand, die Formulierung mache hier letztendlich keinen Unterschied, wobei die Einwilligung einfacher verständlich sei. Drittens wollte eine Minderheit Marti (sp, ZH) dem Bund die Möglichkeit einräumen, ein eigenes E-ID-System zu betreiben bzw. sich an einem bestehenden System zu beteiligen, und zwar nicht nur wie im Entwurf vorgesehen, wenn der Markt kein Angebot mit den für behördliche Applikationen geforderten Sicherheitsniveaus «substanziell» und «hoch» bereitstellt. Damit sollte verhindert werden, dass bei Nichtfunktionieren der Marktlösung, z.B. infolge Vertrauensverlust nach Hackerangriffen oder Ausstieg der Anbieter aufgrund zu geringer Rentabilität, gar keine E-ID mehr angeboten wird. Der Ratsmehrheit zufolge sei jedoch ein Staatseingriff nur subsidiär zum Markt akzeptabel und eine Mehrheitsbeteiligung von Bundesunternehmen an E-ID-Anbietern nicht wünschenswert, weshalb es keine solche Bestimmung brauche; mit Minderheitsanteilen seien die SBB, die Post und die Swisscom auch ohne explizite gesetzliche Grundlage bereits am SwissSign-Konsortium beteiligt. Viertens solle die Beantragung einer E-ID nicht nur wie vom Bundesrat vorgesehen online direkt beim Anbieter, sondern auch analog auf der Gemeindekanzlei oder beim Passbüro eingeleitet werden können, um Nicht-Digital-Natives den Zugang zu erleichtern, so ein Minderheitsantrag Flach (glp, AG). Die ablehnende Mehrheit argumentierte jedoch, man wolle den Gemeinden und Kantonen keine Zusatzaufgaben aufbürden und ohnehin würden Personen, die nicht mit dem Internet vertraut sind, keine E-ID benutzen. Weitere Minderheiten forderten vergebens die sofortige Vernichtung der Daten durch die Identity Provider, statt wie vorgesehen die Löschung nach sechs Monaten, ein explizites Verbot der kommerziellen Nutzung dieser Daten (beide Arlsan), die Anbindung der Preise an die tatsächlich anfallenden Kosten (Marti) und ausdrückliche Garantien, dass staatliche Dienstleistungen auch weiterhin ohne E-ID zugänglich und eine E-ID auch ohne Kundenbeziehung zum Anbieter erhältlich sein müssen (beide Mazzone, gp, GE).
Als Einzige mit ihrem Minderheitsantrag erfolgreich war Andrea Gmür-Schönenberger (cvp, LU), die Bundesrätin Karin Keller-Sutter sowie eine knappe Ratsmehrheit von der Notwendigkeit überzeugen konnte, den barrierefreien Zugang zur E-ID im Gesetz zu verankern, sodass Menschen mit Behinderung bei der Beantragung einer E-ID nicht benachteiligt werden. Als zweite substanzielle Änderung am bundesrätlichen Entwurf ergänzte der Nationalrat das Gesetz auf Antrag seiner Kommission dahingehend, dass die Identity Provider allen Personen, die einen Antrag stellen und die Voraussetzungen erfüllen, eine E-ID ausstellen müssen. Der Bundesrat plädierte vergeblich für die Wirtschaftsfreiheit der privaten Anbieter. Mit 181 zu 1 Stimme war die grosse Kammer der Ansicht, dass niemand von der E-ID ausgeschlossen werden soll. Das viel und heftig diskutierte, am Ende gegenüber dem Entwurf des Bundesrates aber nur leicht angepasste Gesetz passierte die Gesamtabstimmung im Nationalrat schliesslich mit 128 zu 48 Stimmen bei 4 Enthaltungen; dagegen votierten die Fraktionen der Grünen und der SP – letztere mit einer Ausnahme – geschlossen.

E-ID-Gesetz
Dossier: Identification électronique

In der Frühjahrssession 2019 beriet der Nationalrat als Zweitrat über die Änderung des Asylgesetz in Bezug auf den Rahmenkredit Migration. Da er jedoch parallel dazu das Hauptgeschäft, den zweiten Schweizer Beitrag an ausgewählte EU-Staaten, bearbeitete und sich im Verlauf der Diskussion Differenzen zum Beschluss des Ständerats ergaben, wurde nur am Rande über die Änderung des Asylgesetz gesprochen.
Ein Minderheitsantrag vonseiten der Ratsrechten wollte die beantragte Kompetenzdelegation an den Bundesrat verhindern. Gregor Rutz (svp, ZH) betonte die Tragweite dieser finanziellen Beiträge und forderte, derartige Zahlungen der Bewilligung der Bundesversammlung durch einen Bundesbeschluss zu unterstellen. Das hätte zur Folge, dass die Rahmenbeiträge fortan dem fakultativen Referendum unterstehen würden. Bundesrätin Karin Keller-Sutter argumentierte gegen den Antrag, da einerseits bereits die Revision des Bundesgesetz zur Osthilfe 2016 dem Referendum unterstanden habe und ein solches damals nicht ergriffen worden sei. Andererseits würden Finanzgeschäfte durch einfache Bundesbeschlüsse erlassen und seien somit nicht referendumsfähig. Der Antrag Rutz wurde schliesslich mit 113 Gegenstimmen abgelehnt.
Am ursprünglichen Beschluss des Ständerats zur Änderung des Asylgesetz wurde jedoch eine Ergänzung vorgenommen: Der Bundesrat soll vor der Beitragssprechung die zuständigen Parlamentskommissionen konsultieren müssen. Mit dieser Änderung nahm der Nationalrat die Vorlage mit 118 zu 62 Stimmen an. Das Geschäft ging somit zurück an den Ständerat.

Bundesratsgeschäft zur Änderung des Asylgesetz in Bezug auf Rahmenkredit Migration (18.068)

Die Entlastung des Bundesgerichtes von Bagatellfällen war in den letzten Jahren Gegenstand verschiedener Vorstösse (Po. 13.3694; Mo. 14.3667; Mo. 17.3353 und 17.3354 sowie Mo. 17.3357) gewesen, welche der Bundesrat nun in seinen Vorschlag für eine Revision des Bundesgerichtsgesetzes aufnahm. Dabei ging es darum, die bei einer Evaluation des Bundesgerichtsgesetzes gefundenen Unzulänglichkeiten auszumerzen. Revidiert werden sollten dabei erstens die Ausnahmefälle, bei denen es bisher nicht möglich war, das Bundesgericht als Letztinstanz anzurufen. Neu soll dies nur noch für den Asylbereich gelten, für wichtige Fälle in allen anderen Bereichen soll das Bundesgericht eine Restkompetenz erhalten. Um das oberste Gericht jedoch gegen Überlastung zu schützen, sollen Beschränkungen eingebaut werden: So sollen etwa Bussen bis CHF 5'000 beim Bundesgericht nicht mehr anfechtbar sein, zudem sollen Geschädigte, die nicht unter das Opferhilfegesetz fallen, gegen Urteile von zweitinstanzlichen Gerichten beim Bundesgericht nicht mehr Beschwerde führen dürfen. Zweitens stand die subsidiäre Verfassungsbeschwerde, also die Beschwerde gegen Entscheide der letzten kantonalen Instanzen, zur Diskussion.
Der bundesrätliche Vorschlag wurde im Nationalrat in der Frühjahrssession debattiert. Das Geschäft war einigermassen umstritten, was daran lag, dass man gleichzeitig den Rechtsschutz ausbauen, die Verfahren vereinfachen und das Bundesgericht entlasten wollte, was potenziell zielinkongruent ist. Dass die Prioritäten zwischen den Parteien verschieden verteilt waren, zeigte sich bereits in der Eintretensdebatte, in der die Fraktionssprecherinnen und -sprecher darlegten, dass sie entweder vordringlich das Bundesgericht entlasten oder aber eben den Rechtsschutz ausbauen wollten. Die Ratslinke anerkannte zwar, dass das oberste Gericht eine hohe Geschäftslast zu tragen habe, dies dürfe aber nicht durch Abstriche beim Zugang zu den Gerichten wettgemacht werden. Stattdessen müsse dieser Problematik durch eine Aufstockung der Ressourcen begegnet werden. Die Ratsrechte machte sich dafür stark, dass Bagatellfälle vom obersten Gericht möglichst ferngehalten werden müssten, wobei naturgemäss umstritten war, ab welcher Schadenssumme ein Bagatellfall vorliegt. Die neue Justizministerin Karin Keller-Sutter wies darauf hin, dass es nicht so sehr nur um die Zahl der Bagatellfälle gehe, sondern vor allem auch um die Zahl der Fälle, die mit einer Beschwerde auch vor Bundesgericht kaum eine Chance hätten. Hier generiere das oberste Gericht aus juristischer Perspektive keinen Mehrwert, verbrauche aber viele Ressourcen. Eintreten wurde in der Folge mit 108 zu 76 Stimmen beschlossen. Die geschlossene SVP- und die grüne Fraktion hätten das Gesetz nicht behandeln wollen. Die Grünen bemängelten, dass vor allem im Ausländer-, Asyl- und Einbürgerungsrecht der Zugang zu stark eingeschränkt würde. Der SVP hingegen gingen die Einschränkungen zu wenig weit. Eine Entlastung des Bundesgerichts werde so nicht erreicht, argumentierten ihre Mitglieder.
In der Detailberatung ging es zum einen um die Höhe der Bussenhürde, die noch zu einer Beschwerde beim Bundesgericht berechtigen soll. Die Mehrheit der RK-NR schlug in Abweichung zum bundesrätlichen Vorschlag eine minimale Bussenhöhe von CHF 500 vor. Eine Minderheit Flach (glp, AG) wollte den bundesrätlichen Vorschlag von CHF 5'000 übernehmen und eine Minderheit Nidegger (svp, GE) beantragte, bei der bestehenden Regel zu bleiben und gar keine Hürde festzulegen. Beide Minderheitsanträge unterlagen dem Antrag der Kommissionsmehrheit. Erfolg hatte ein Antrag Wasserfallen (sp, BE), der in Zivilsachen eine Senkung der Streitwertgrenze anstrebte. In Zivilsachen kann bisher nur in Anliegen mit einem Streitwert über CHF 30'000 (bei arbeits- und mietrechtlichen Fällen bei CHF 15'000) Beschwerde geführt werden. Der Antrag der Berner Genossin, diesen Wert auf CHF 3'000 zu senken, fand gegen die Empfehlung der Kommission und der Justizministerin Anklang bei einer Ratsmehrheit von 116 gegen 71 Stimmen. Schliesslich ging es in der Detailberatung auch um den Ausnahmekatalog, mit dem geregelt werden soll, wann eine Beschwerde ans Bundesgericht nicht zulässig sein soll. Dass sich diese Einschränkungen insbesondere auf das Ausländer-, Asyl- und Einbürgerungsrecht bezogen, stiess bei der Ratslinken auf Widerstand. Mit den Minderheitsanträgen, mit denen diese Ausnahmen rückgängig gemacht werden sollten, biss Links-Grün bei der bürgerlichen Mehrheit jedoch durchgängig auf Granit.
Die «piece de résistence», wie sich Christa Markwalder (fdp, BE) ausdrückte, stellte schliesslich der von der Berner Freisinnigen angeführte Minderheitsantrag dar, die subsidiäre Verfassungsbeschwerde aufzuheben. Dieses Instrument habe sich nicht bewährt, da von 429 Beschwerden gerade mal acht gutgeheissen worden seien. Dies sei nun in der Tat eine unnötige Belastung des Bundesgerichts. Die Streichung des Instruments würde freilich den Rechtsschutz nicht abbauen, sondern er würde lediglich anders ausgestaltet. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde werde nämlich durch den neuen Art. 89 ersetzt, der Beschwerden zulasse, wenn sich eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung stelle oder ein besonders bedeutender Fall vorliege – von Beat Flach als «Populärbeschwerde» bezeichnet. Die Kommissionsmehrheit und die Ratslinke waren hier anderer Ansicht: Der Schutz verfassungsmässiger Rechte, folglich der Schutz des Einzelnen vor staatlicher Willkür, müsse in einem Rechtsstaat gewährleistet bleiben und dazu bedürfe es eben der subsidiären Verfassungsbeschwerde. Die acht gutgeheissenen Fälle zeigten ja offensichtlich, dass es vorkomme, dass der Staat willkürlich handle, hob etwa Matthias Aebischer (sp, BE) hervor. Karl Vogler (csp, OW) wies hingegen darauf hin, dass der Bundesrat ursprünglich die Streichung vorgesehen habe, dies nach der Kritik in der Vernehmlassung aber wieder rückgängig gemacht habe. Das Ziel der Revision müsse es aber doch sein, das Bundesgericht zu entlasten. Karin Keller-Sutter zeigte sich zwar für beide Möglichkeiten offen – beide Seiten hätten gute juristische Argumente vorgebracht, erklärte sie. Der Bundesrat habe sich aber letztlich aufgrund der politischen Rückmeldungen für ein Beibehalten der Verfassungsbeschwerde ausgesprochen. Mit 132 zu 46 Stimmen bei 6 Enthaltungen folgte der Nationalrat in diesem Punkt schliesslich der Kommissionsmehrheit. Die Nein-Stimmen stammten aus der geschlossenen CVP-Fraktion und einer Mehrheit der BDP- und der FDP-Fraktion. Nicht das Bundesgericht solle entscheiden, wann ein Fall wichtig sei und wann nicht; stattdessen solle die Chance für eine Beschwerde allen offen gelassen werde, fasste Matthias Aebischer die Mehrheitsstimmung im Ratssaal zusammen. Mit 108 zu 76 Stimmen (1 Enthaltung) wurde der Entwurf an den Ständerat weitergereicht. Die Grünen und die SVP sprachen sich auch nach den Änderungen in der Detailberatung gegen den Entwurf aus.
Der oberste Bundesrichter Ulrich Meyer zeigte sich in der Presse enttäuscht über den Entscheid der Volkskammer. Die subsidiäre Verfassungsbeschwerde generiere Leerläufe, weil damit Hunderte von aussichtslosen Beschwerden eingereicht würden. Die meisten Beschwerden würden sich nämlich darauf beziehen, dass ein Gericht den Sachverhalt nicht richtig festgestellt habe. Das Bundesgericht könne aber lediglich die Korrektheit eines Verfahrens prüfen. Meyer appellierte an den Ständerat, die Institution Bundesgericht zu retten.

Revision des Bundesgerichtsgesetzes (BRG 18.051)
Dossier: Modification de la loi sur le Tribunal fédéral

Nachdem die WBK-SR bereits Anfang Jahr Stellung zum Entwurf zur Urheberrechtsrevision bezogen hatte, war es in der Frühjahrssession 2019 am Ständerat, sich der Vorlage anzunehmen. Wenig überraschend ging in diesem ein Rückweisungsantrag Bischof (cvp, SO) ein, welchem auch oppositionslos stattgegeben wurde. Kommissionssprecher Noser (fdp, ZH) mutmasste, dass der Antrag wohl auf das weitläufige Lobbying um die Vorlage und die damit einhergehende Vielzahl an umstrittenen Punkten zurückzuführen sei. Konkret forderte der Antrag, dass die Kommission ihre bisherigen Entscheide überprüfen und hierfür insbesondere die aktuelle Rechtsentwicklung in der EU berücksichtigen soll.
Im Fokus standen hierbei zwei grosse und auch umstrittene Artikel, die von der Kommission eingebracht worden waren: Art. 13b, mit welchem der Vergütungsanspruch der Journalistinnen und Journalisten geklärt wird und Art. 37a, der die Vergütungsentschädigung für die Medienverlage regelt. Besonders dieser Art. 37a war von grosser Bedeutung, da er unter dem Titel «Leistungsschutzrecht» auch im Rahmen der aktuellen EU-Urheberrechtsreform virulent diskutiert wurde. Vereinfacht gesagt sollen damit grosse Internetplattformen wie Google oder Facebook zur Kasse gebeten werden, wenn sie journalistische Werke und insbesondere sogenannte «Snippets» – Textanrisse und Artikelhinweise, die den Internetnutzern Vorabinformationen über die zu erwartenden Inhalte der verlinkten Seiten liefern – zugänglich machen. Dies sei insofern relevant, weil Snippets gleichzeitig für die Werbeeinnahmen relevante Besuche von Websites generieren und verhindern, wie Noser erläuterte. Gerade diesen Negativeffekt wollen die Verlage nun über ein Leistungsschutzrecht korrigieren, indem eine gesetzliche Grundlage zur Beteiligung an den Werbeeinnahmen der verlinkenden Seiten geschaffen werden soll. Noser argumentierte weiter, dass der Kommissionsvorschlag sogar wesentlich weiter gehe als der in der EU diskutierte, da man für die Schweiz ein Urheberrecht von Snippets während zehn Jahren vorsehe, während die EU lediglich deren zwei angedacht habe. Dies wäre, wie auch Anita Fetz (sp, BS) betonte, gleichbedeutend mit dem restriktivsten Urheberrecht in Bezug auf das Internet. Zudem sei der Erfolg dieser Massnahme auch nicht garantiert wie man am Beispiel von Deutschland und Spanien, wo das Schutzrecht bereits eingeführt wurde, sehen könne. Lediglich Ständerätin Savary (sp, VD) sprach sich für das Leistungsschutzrecht aus und gab zu bedenken, wenn die EU dieses einführe, drohe der Schweiz die Isolation und somit drastische Folgen für die Schweizer Medienlandschaft. Die neue EJPD-Vorstehende Karin Keller-Sutter, die sich seit ihrer Wahl in den Bundesrat zum ersten Mal in diesem grossen Dossier beweisen musste, wies darauf hin, dass diese Regelung in der EU selbst höchst umstritten sei – so sehr, dass die Menschen auf der Strasse dagegen demonstrierten, weil sie um ihr freies Internet fürchteten.
Im Ständerat war man sich einig darüber, dass die von der Kommission eingebrachten Vorschläge praktisch diametral zum ursprünglichen AGUR 12-Kompromiss stünden und ohne eine gute Begründung kaum zielführend sein könnten. Dies sei nicht zuletzt auch dem Umstand geschuldet, dass die Kommissionsberatung einem sehr engen Zeitplan gefolgt sei und eine umfassende Diskussion somit kaum sichergestellt werden konnte. Um aus der Ständeratsdebatte keine Kommissionsdebatte zu machen, wie u.a. Filippo Lombardi (cvp, TI) einwandte, sei es wohl angebracht, dass sich die Kommission erneut über die Vorlage beuge – auch wenn Hannes Germann (svp, SH) offensichtliche Zweifel am Nutzen der Rückweisung äusserte und den anderen Ratsmitgliedern vorwarf, zu hohe Erwartungen an diese zu haben. Dennoch wurde die Vorlage nach dem Eintretensbeschluss ohne Gegenantrag für eine erneute Überarbeitung an die Kommission zurückgegeben.

Ausgestaltung des Urheberrechts im digitalen Zeitalter (BRG 17.069)
Dossier: Révision de la loi sur le droit d'auteur

Étant donné que la seconde partie du projet de modernisation du droit de la société anonyme s’est profilée comme un contre-projet indirect à l’initiative populaire «Entreprises responsables – pour protéger l’être humain et l’environnement», elle a été débattue dans le cadre de la discussion sur l’objet 17.060. Les sénateurs ont refusé le contre-projet indirect, partie 2 de la révision du droit de la société anonyme, par 22 voix contre 20. La droite a imposé sa volonté, alors qu'elle craignait que le contre-projet contraigne l'économie avec des normes superflues. Karin Keller-Sutter, pour le Conseil fédéral, a proposé la même argumentation pour justifier la proposition de refus du contre-projet. Le dossier retourne au Conseil national.

Modernisation du droit de la société anonyme (MCF 16.077)
Dossier: Initiative contre les rémunérations abusives / Révision du droit de la société anonyme
Dossier: Initiative populaire «Entreprises responsables»