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Acteurs

  • Metzler, Ruth (cvp/pdc) alt-BR/ex-CF
  • Tschudi, Hans Peter (sp/ps, BS) alt-BR/ex-CF
  • Blocher, Christoph (svp/udc, ZH) alt-BR/ex-CF

Processus

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Eine Folge der eidgenössischen Wahlen 2019, die einen massiven Wahlgewinn der Grünen und eine Niederlage der Polparteien mit sich gebracht hatten, waren die virulenten Diskussionen um die Zusammensetzung und die Bestellung des Bundesrats. Auf der einen Seite wurde eine neue Zauberformel gefordert. Das Parlament müsse bei der Bestellung der Regierung rascher auf Veränderungen reagieren können. Auf der anderen Seite wurden Reformen gefordert, die eine Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder, Koalitionsverhandlungen oder einen eigentlichen Systemwechsel weg von der Konkordanzidee vorsahen.

Die Zauberformel, die 1959 mit der Idee eingeführt worden war, dass die drei grössten Parteien je zwei und die viertgrösste Partei einen Sitz erhalten soll, wurde durch die aktuellen Wahlresultate gleich mehrfach in Frage gestellt. Jahrzehntelang passte die Formel gut zu den Kräfteverhältnissen, weil die FDP, die CVP und die SP bei den Nationalratswahlen jeweils mehr als 20 Prozent Wähleranteile hinter sich wussten und die SVP auf jeweils etwas mehr als zehn Prozent zählen konnte. Eine erste Verschiebung der Kräfteverhältnisse führte 2003 zu einem Sitzwechsel von der CVP zur SVP. Nach einer durch die Nichtbestätigung von Christoph Blocher 2007 beginnenden Übergangsphase, während der CVP, SVP und BDP je einen Sitz hatten, kehrte man mit der Wahl von Guy Parmelin im Jahr 2015 wieder zu dieser 2-2-2-1-Verteilung zurück – neu mit der CVP als Juniorpartner. War diese Verteilung freilich schon 2015 hinterfragbar, geriet sie 2019 vollends in die Kritik, weil mit der SVP nur noch eine Partei über 20 Prozent Wähleranteil verfügte (25.6%), aber vier Parteien neu über 10 Prozent lagen: Die SP mit 16.8 Prozent, die FDP mit 15.1 Prozent, die Grünen mit 13.2 Prozent und die CVP mit 11.4 Prozent. Diese Verteilung liess Raum für zahlreiche Rechenspiele, die in den Medien für viel Gesprächsstoff sorgten und die Diskussionen im Vorfeld der Bundesratswahlen anheizten.

Eine neue Zauberformel wurde natürlich insbesondere von den Gewinnerinnen und Gewinnern der eidgenössischen Wahlen 2019 gefordert. Die Frage war freilich, auf wessen Kosten die Grünen einen Bundesratssitz erhalten sollten. Wahlweise vorgeschlagen wurde, dass die CVP als neu kleinste Partei verzichten müsse. Aber auch die FDP und die SP hätten eigentlich – je nach Berechnung – keinen Anspruch auf zwei Sitze. Die GP selber forderte – unterstützt von der SP – den Sitz von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis. Mediale Aufmerksamkeit erhielt ein Vorschlag von Christoph Blocher, der eine Proporz-Zusammensetzung vorschlug, die der SVP zwei Sitze und allen anderen Parteien inklusive der GLP (die bei den Wahlen auf 7.8% Wähleranteil gewachsen war) je einen Sitz zugestand. Freilich wurde in der Diskussion auch die Frage laut, ob für die Berechnung der Zusammensetzung lediglich die Wählerprozente, also nur die Zusammensetzung des Nationalrats, oder nicht vielmehr die Sitzverteilung in National- und Ständerat herangezogen werden müssten. Auf der Basis der totalen Anzahl Sitze aus beiden Kammern wäre die CVP (total 38 Sitze) wiederum stärker als die GP (total 33 Sitze), was für den Status Quo sprechen würde.
Eine Erweiterung der Diskussion wurde durch die Überlegung geschaffen, nicht Parteien, sondern Blöcke zu betrachten. Die NZZ schlug vor, den Polen – bestehend aus SVP auf der einen und SP zusammen mit den Grünen auf der anderen Seite – je zwei Sitze und den Parteien in der Mitte (FDP, CVP und allenfalls GLP) drei Sitze zuzusprechen. Wenn die Grünen einen Sitz erhielten und die SP ihre beiden Sitze behalten würde, dann wäre das linke Lager, das kumuliert auf rund 30 Prozent Wählerstärke komme, stark übervertreten, so die Argumentation der NZZ.

Als Problem für eine flexiblere Gestaltung der Regierungszusammensetzung wurde zudem die variable Amtszeit der Bundesrätinnen und Bundesräte ausgemacht. Würde die Amtszeit eines Regierungsmitglieds auf acht Jahre fixiert – inklusive der Verpflichtung, nicht freiwillig vor Ablauf dieser Zeit zurückzutreten – ergäben sich bei jeder Gesamterneuerungswahl Vakanzen, die eine Neuausrichtung der parteipolitischen Zusammensetzung des Bundesrats vereinfachen würden, schlug CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) als weitere – schon etwas ältere – Idee vor.

Ein weiteres, medial diskutiertes Problem der starren 2-2-2-1-Zauberformel war die Repräsentativität des Bundesrats. Wurden 1959 durch die vier Regierungsparteien noch 85 Prozent der Wählerschaft (gemessen anhand der Wählerprozente bei den Nationalratswahlen) repräsentiert, sank dieser Wert aufgrund der zunehmenden Volatilität, aber auch aufgrund der Ausdifferenzierung des Parteiensystems 2019 erstmals unter 70 Prozent (68.9%). Die «formule magique» verliere ihre Magie, urteilte die Zeitung Le Temps auf Basis dieser Zahlen. In der Regierung müsse sich der Wille der Wählenden unmittelbar niederschlagen; wer fordere, dass die Grünen ihren Wahlerfolg in vier Jahren noch einmal bestätigen müssten, um einen Anspruch auf Einbindung in die Regierung zu haben, sei deshalb «ein schlechter Demokrat», urteilte der Tages-Anzeiger. Letztlich seien es «nicht die Wahlprozente, sondern die Mandatsträger im National- und im Ständerat», welche über die Regierungszusammensetzung entschieden. Dies sei «die eigentliche Machtarithmetik der Bundesratswahlen», kommentierte der emeritierte Historiker Urs Altermatt in der NZZ.

Als Alternative zu einer neuen Zauberformel und als Möglichkeit einer besseren Repräsentation wurde eine weitere alte Idee hervorgekramt: die Erhöhung der Zahl der Regierungsmitglieder auf neun. Zwar waren in der Vergangenheit zahlreiche Vorstösse für eine Umsetzung dieser Idee gescheitert – etwa im Rahmen der Staatsleitungs- und Regierungsreform zu Beginn des Jahrtausends, aber auch bei Debatten zu einzelnen Reformvorschlägen –, die elf Prozent Wähleranteil, die rein arithmetisch bei neun Sitzen für einen Bundesratssitz reichen würden, würden aber ermöglichen, dass die Grünen einen Sitz erhielten, ohne dass die CVP einen Sitz abgeben müsste, so ein Argument in der Aargauer Zeitung. Insbesondere Christian Levrat (sp, FR) machte sich in den Medien für die Erhöhung der Anzahl Regierungsmitglieder stark. Damit könne nicht nur dem Anspruch der Grünen genüge getan werden, so der SP-Parteipräsident, sondern es sei auch nicht mehr zeitgemäss, lediglich sieben Minister zu haben. Dies sei weltweit fast einmalig wenig.

Weitere Vorschläge stellten die Idee der Konkordanz grundsätzlich in Frage. Nicht die wichtigsten Kräfte sollten in der Regierung vertreten sein, stattdessen müsse man ein Oppositionssystem einführen, in welchem wahlweise eine Mitte-Rechts- oder eine Mitte-Links-Regierung einer linken oder rechten Opposition gegenüberstehe, so ein Vorschlag im Tages-Anzeiger. Auch die Idee, dass Parteien mit programmatischen Koalitionsvorschlägen für die Regierung kandidieren könnten, würde das bestehende Konkordanzsystem verändern. Man müsse aber in der Tat mehr über politische Inhalte als bloss über Formeln sprechen, forderte die Aargauer Zeitung.

Man komme wohl in Zukunft nicht darum herum, die Regierungszusammensetzung nach jeden Gesamterneuerungswahlen neu zu diskutieren, folgerte der Tages-Anzeiger. Freilich steht die Konkordanz und die Zusammensetzung der Regierung schon seit einigen Jahren und stets bei Bundesratswahlen zur Diskussion, nur um dann für die nächsten vier Jahre wieder aus dem Fokus der Medien zu verschwinden. Um ebendies nach den Bundesratswahlen 2019, die hinsichtlich Regierungszusammensetzung trotz aller Reformdiskussionen den Status Quo zementierten, zu verhindern, schlug Gerhard Pfister einen «Konkordanzgipfel» vor, wie ihn die Medien betitelten: «Wir müssen die Zauberformel im Bundesrat, die Konkordanz in der Landesregierung, neu erfinden», gab Pfister im Sonntags-Blick zu Protokoll. Es gehöre zum Schweizer System, dass man gemeinsam nach Lösungen suche, begrüsste GLP-Parteipräsident Jürg Grossen (glp, BE) die Initiative der CVP. Alle Parteien waren sich einig, dass die Regeln den zunehmend volatiler werdenden Wahlresultaten angepasst werden müssen. Wie diese Anpassung auszusehen hat, blieb hingegen naturgemäss umstritten.

Reformideen im Nachgang der Bundesratswahlen 2019

Lange Zeit waren die Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats fast eine Pflichtübung. Das hatte vor allem damit zu tun, dass die eidgenössischen Wahlen lange Jahre kaum politische Verschiebungen nach sich zogen. Zwar war die alte Zauberformel (2 CVP, 2 FDP, 2 SP, 1 SVP) mit dem Wahlerfolg der SVP stark hinterfragt und schliesslich nach einigen Jahren der Transition mit mehr oder weniger gehässigen und aufreibenden Regierungswahlen, der Nichtwiederwahl von Ruth Metzler (2003) sowie Christoph Blocher (2007) und einem Intermezzo der BDP in der Regierung gesprengt worden. Nach den eidgenössischen Wahlen 2015, dem Rücktritt von Eveline Widmer-Schlumpf aus der nationalen Exekutive und dem Einzug eines zweiten SVP-Regierungsmitglieds schien dann aber eine neue Formel gefunden: 2 FDP, 2 SP, 2 SVP, 1 CVP.

Schon im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen 2019 war freilich spekuliert worden, dass die Grüne Partei die CVP hinsichtlich des Wähleranteils überflügeln könnte und damit einen Anspruch auf einen Sitz in der nationalen Regierung hätte – umso mehr, wenn sich die Grünen mit der GLP quasi zu einem gemeinsamen Sitz für die «Öko-Parteien» zusammenraufen könnten, wie die Aargauer Zeitung spekulierte. Falls sich die CVP halten könnte, wäre auch der Angriff auf einen der beiden FDP-Sitze denkbar, so die Hypothese zahlreicher Medien. Die angegriffenen Parteien wehrten sich mit dem Argument, dass eine Partei ihren Wahlerfolg zuerst bestätigen müsse, bevor sie einen Anspruch auf eine Regierungsbeteiligung erhalten könne. Dies sei auch bei der SVP der Fall gewesen – so etwa FDP-Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) bereits Mitte August 2019 in der Zeitung Blick. Zudem dürfe nicht nur der Wähleranteil bei den Nationalratswahlen in die Berechnung einfliessen, sondern man müsse auch die Vertretung im Ständerat berücksichtigen. Martin Bäumle (glp, ZH), Ex-Präsident der GLP, gab zudem zu verstehen, dass ein Öko-Lager aus GP und GLP kaum denkbar sei; zu unterschiedlich sei man in diversen Sachfragen. Ebenfalls früh wurde in den Medien über einen möglichen Rücktritt von Ueli Maurer spekuliert, was aus der vermeintlichen Pflichtübung eine spannende Wahl gemacht hätte. Maurer gab dann allerdings Anfang November bekannt, noch eine weitere Legislatur anzuhängen.

Die aussergewöhnlichen Erfolge der Grünen Partei bei den eidgenössischen Wahlen 2019 gaben dann den Diskussionen über die parteipolitische Zusammensetzung des Bundesrats sehr rasch wieder ganz viel Nahrung und schafften Raum für allerlei Reformvorschläge zur Bestimmung der Landesregierung. In der Tat hatten die Grünen mit 13 Prozent Wähleranteil die CVP (11.4%) deutlich überflügelt und als viertstärkste Partei abgelöst. Die GLP kam neu auf 7.8 Prozent. Die NZZ rechnete vor, dass die aktuelle Regierung so wenig Wählerinnen und Wähler vertrete wie zuletzt vor 60 Jahren. Die Grünen und die Grünliberalen hätten rein rechnerisch ein Anrecht auf je einen Bundesratssitz.
Neben den medial zahlreich vorgetragenen Berechnungen wurde allerdings auch inhaltlich und historisch argumentiert. Der Einbezug in die Regierung sei immer auch an den Umstand geknüpft gewesen, dass eine Oppositionspartei auch in verschiedenen Sachthemen glaubhaft ihre Referendumsmacht ausspielen könne, wurde etwa argumentiert. Zwar sei das Klimathema wichtig und würde wohl auch nachhaltig bleiben, die Grünen und die GLP müssten aber – wie auch die SVP mit ihren gewonnenen Volksbegehren – mit Abstimmungserfolgen ihren Anspruch noch untermauern, so ein Kommentar in der NZZ. Die Grünen würden trotz Wahlgewinnen keinen Regierungssitz erhalten, weil «niemand Angst vor ihnen hat», wie die Aargauer Zeitung diesen Umstand verdeutlichte. Argumentiert wurde zudem, dass eine «Abwahl» – eigentlich handelt es sich um eine Nichtwiederwahl – nicht dem politischen System der Schweiz entspreche. Es brauche mehrere Wahlen, bei denen sich eine Partei konsolidieren müsse, um die Stabilität in der Regierung auch über längere Zeit zu gewährleisten, kommentierte dazu der Blick.

Der Tages-Anzeiger führte gar eine Umfrage durch, die aufzeigte, dass eine Mehrheit der Befragten die Zeit für einen grünen Bundesrat noch nicht für gekommen hielt. Wer ein grünes Bundesratsmitglied jedoch befürwortete (rund 40% der Befragten), wünschte sich, dass dies auf Kosten eines Sitzes der SVP (50%) oder der FDP (21%), aber eher nicht auf Kosten der CVP (10%) oder der SP (6%) gehen solle.
Für die WoZ war allerdings klar: «Cassis muss weg!» In der Tat forderte auch Regula Rytz (gp, BE) via Medien, dass die FDP freiwillig auf einen Sitz verzichte, da sie als lediglich drittgrösste Partei keinen Anspruch auf zwei Sitze habe. In der Folge schienen sich die Medien dann in der Tat vor allem auf den zweiten Sitz der FDP einzuschiessen. Freilich wurden auch andere Modelle diskutiert – so etwa ein von Christoph Blocher in der Sonntagszeitung skizziertes Modell mit der SVP, die zwei Sitze behalten würde, und allen anderen grösseren Parteien (SP, FDP, CVP, GP, GLP) mit je einem Sitz –, «sämtliche Planspiele» drehten sich aber «um einen Namen: Aussenminister Ignazio Cassis», fasste die Aargauer Zeitung die allgemeine Stimmung zusammen. Er sei «der perfekte Feind», «visionslos und führungsschwach». Der Aussenminister befinde sich im «Trommelfeuer» befand die Weltwoche. Häufig wurde seine Haltung im Europadossier kritisiert und entweder ein Rücktritt oder wenigstens ein Departementswechsel gefordert. Mit Ersterem müsste allerdings die Minderheitenfrage neu gestellt werden, war doch die Vertretung des Tessins mit ein Hauptgrund für die Wahl Cassis im Jahr 2017. Der amtierende Aussenminister selber gab im Sonntags-Blick zu Protokoll, dass er sich als Tessiner häufig benachteiligt fühle und spielte so geschickt die Minderheitenkarte, wie verschiedene Medien tags darauf kommentierten. Die Sonntags-Zeitung wusste dann noch ein anderes Szenario zu präsentieren: Einige SVP-Parlamentarier – das Sonntagsblatt zitierte Andreas Glarner (svp, AG) und Mike Egger (svp, SG) – griffen Simonetta Sommaruga an und forderten, dass die SP zugunsten der Grünen auf einen Sitz verzichten müsse. Die CVP sei in «Versuchung», wagte sich dann auch die NZZ in die Debatte einzuschalten. Würde sie Hand bieten für einen grünen Sitz auf Kosten der FDP, dann könnte sie im Bundesrat «das Zünglein an der Waage» spielen und Mehrheiten nach links oder nach rechts schaffen. Die NZZ rechnete freilich auch vor, dass grün-links mit zusammen rund 30 Prozent Wähleranteil mit drei von sieben Regierungssitzen klar übervertreten wäre, denn die GLP dürfe man nicht zu den Grünen zählen. Dies hatten vor allem die Grünen selbst implizit immer wieder gemacht, indem sie vorrechneten, dass die GLP und die GP zusammen auf 21 Prozent Wähleranteile kämen.

Neben Kommentaren und Planspielen warteten die Medien auch mit möglichen grünen Bundesratsanwärterinnen und -anwärtern auf. Häufig gehandelte Namen waren die scheidende Parteipräsidentin Regula Rytz, die Waatländer Staatsrätin Béatrice Métraux (VD, gp), die Neo-Ständerätin Maya Graf (gp, BL), der Berner alt-Regierungsrat Bernhard Pulver (BE, gp), der amtierende Fraktionschef der Grünen, Balthasar Glättli (gp, ZH) oder der Zürcher Nationalrat Bastien Girod (gp, ZH). Ins Gespräch brachte sich zudem der Genfer Staatsrat Antonio Hodgers (GE, gp).

Die Grünen selber gaben sich lange Zeit bedeckt und waren sich wohl auch bewusst, dass eine Kampfkandidatur nur geringe Chancen hätte. Sie entschieden sich zwar an ihrer Delegiertenversammlung Anfang November in Bern für eine forschere Gangart und forderten einen grünen Bundesratssitz – Regula Rytz sprach davon, dass vorzeitige Rücktritte aus dem Bundesrat ein Ärgernis seien, weil sie Anpassungen nach Wahlverschiebungen erschweren würden. Mit der Forderung war einstweilen aber noch kein Name verknüpft, was der Partei prompt als «Lavieren» ausgelegt wurde (Blick). «Der grüne Favorit», wie der Tages-Anzeiger Bernhard Pulver betitelte, sagte Mitte November, dass er nicht zur Verfügung stehe. Auch der Berner Stadtpräsident Alec von Graffenried (BE, gp) und die Aargauer alt-Regierungsrätin Susanne Hochuli (AG, gp), die ebenfalls als Kandidierende gehandelt worden waren, sagten via Medien, dass sie nicht zur Verfügung stünden.
Die «Kronfavoritin» (Tages-Anzeiger) Regula Rytz ihrerseits stand im zweiten Umgang der Ständeratswahlen im Kanton Bern. Ihr wurden intakte Chancen eingeräumt und wohl auch um diese nicht zu gefährden, versicherte sie, dass sie auf eine Bundesratskandidatur verzichten würde, sollte sie für den Kanton Bern in die kleine Kammer gewählt werden. Da sie dies allerdings verpasste, kündigte die Bernerin rund 20 Tage vor den Bundesratswahlen ihre Kandidatur an – noch bevor die Fraktion offiziell beschlossen hatte, eine Kandidatur einzureichen. Nach einer solchen Richtungswahl, wie es die eidgenössischen Wahlen gewesen seien, könne man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, erklärte sie gegenüber der Presse. Sie wolle für die Menschen und die Natur Verantwortung übernehmen. Ihr Angriff gelte aber nur dem FDP-Sitz von Ignazio Cassis. Würde sie für ein anderes Regierungsmitglied gewählt, würde sie die Wahl nicht annehmen – so die Bernerin. Die Fraktion der Grünen gab dann allerdings tags darauf bekannt, dass es nicht um die Person, sondern um die Übervertretung der FDP gehe. Ein Angriff auf Karin Keller-Sutter schien damit nicht wirklich ausgeschlossen. Die nach aussen als wenig abgesprochen erscheinende Strategie für die Ansage der Kampfwahl brachte der GP Kritik ein. Die Partei zeige sich «unbeholfen» und der Start sei «misslungen», urteilte etwa die NZZ. Auch die Weltwoche redete von einem «verpatzten Start» und die Sonntagszeitung sprach gar von dilettantischem Vorgehen. Es sei, als wären die Grünen ein Sprinter, der kurz vor dem Ziel auf die Uhr schaue und sich hinknie, um die Schuhe zu binden, so die Zeitung weiter.

Eine medial oft diskutierte Frage im Vorfeld der Wahlen war, welche Parteien die Grünen in ihrem Anliegen unterstützen würden. Klar schien, dass die FDP nicht Hand bieten würde. Auch die SVP würde – wenn überhaupt – die GP nur auf Kosten der SP unterstützen. Die CVP bzw. die neue Mitte-Fraktion (CVP zusammen mit BDP und EVP) entschied, Rytz nicht einmal zu einem Hearing einzuladen. Man sei nicht gegen eine grüne Vertretung in der Regierung, es sei aber «etwas zu früh», liess sich CVP-Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG) in der Sonntagszeitung zitieren. Die GLP und die SP gaben bekannt, Rytz vor den Wahlen anhören zu wollen. Für Schlagzeilen sorgte dabei SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR), der die CVP aufforderte, mitzuhelfen, die Grünen in die Regierung zu hieven. Die Schweiz wäre sonst die einzige Demokratie, in der Wahlen keine Auswirkungen auf die Regierungszusammensetzung hätten. Zudem würde sich die Weigerung der CVP wohl über kurz oder lang rächen. Bei der GLP zeigte sich das Dilemma zwischen ökologischem und liberalem Gedankengut. Insbesondere in der Europafrage fanden sich die GLP und der amtierende Aussenminister eher auf der gleichen Linie. Für Rytz spreche das ökologische Anliegen, gegen sie ihre eher linke Ausrichtung, erklärte Tiana Moser (glp, ZH) dann den Entscheid für Stimmfreigabe der GLP. Zudem würde Rytz ohne Absprache mit den Grünliberalen den «Sitz der Ökokräfte» für sich beanspruchen. Letztlich stellte sich einzig die SP-Fraktion offiziell hinter Rytz. Die eher laue Unterstützung und der Versuch der amtierenden Regierungsparteien, die eigene Macht zu zementieren, mache das Unterfangen «grüne Bundesrätin» für Regula Rytz zu einer «mission impossible», fasste die Zeitung Le Temps die Situation dann kurz vor den Wahlen zusammen.

Nicht die Medien, nicht Umfragen und «nicht die Wahlprozente» (NZZ), sondern die Vereinigte Bundesversammlung bestimmt freilich letztlich, welche Parteien in der Regierung vertreten sein sollen. Und diese Entscheidung brachte das Resultat, das viele im Vorfeld aufgrund der Aussagen der verschiedenen Parteien auch erwartet hatten: die Wiederwahl aller Amtierenden und das Scheitern des Angriffs der Grünen. Auch die Ansprachen der Fraktionschefinnen und -chefs im Vorfeld der einzelnen Wahlen – die Erneuerungswahlen finden in der Reihenfolge der Amtszeit der Bundesratsmitglieder statt – machten dies bereits deutlich. Die CVP plädierte für Konkordanz und Stabilität und die SVP betonte, dass zum Erfolgsmodell Schweiz die angemessene Vertretung der Landesteile in der Regierung gehöre – die Diskriminierung der kleinsten Sprachregion durch die Grüne Partei sei abzulehnen. Die GLP erklärte, dass die Stärkung der ökologischen Anliegen und der Wähleranteil der Grünen zum Vorteil für Rytz gereiche, ihre Positionierung am linken Rand und der fehlende Anspruch von links-grün auf drei Sitze aber gegen sie spreche. Die SP erklärte, die Zauberformel sei keine exakte Wissenschaft, aber die beiden stärksten Parteien sollten zwei Sitze und die restlichen jeweils einen Sitz erhalten, was für Regula Rytz spreche. Die Fraktion der Grünen geisselte den Umstand, dass die Regierungsparteien während der Legislatur Sitze «austauschten» und so bewusst verunmöglichten, dass das Parlament die Resultate nach eidgenössischen Wahlen berücksichtigen könne. Die FDP schliesslich wollte sich einer künftigen Diskussion um eine Anpassung der Zusammensetzung des Bundesrats nicht verschliessen, amtierende Regierungsmitglieder dürften aber nicht abgewählt werden.

Der Angriff der Grünen folgte bei der fünften Wahl, auch wenn der Name Regula Rytz schon bei der Bestätigungswahl von Simonetta Sommaruga auftauchte. Gegen die 145 Stimmen, die Ignazio Cassis erhielt, war Regula Rytz jedoch chancenlos. Sie erhielt 82 Stimmen, was in den Medien als schlechtes Abschneiden kommentiert wurde, hätten doch die Grünen (35 Stimmen) und die SP (48 Stimmen) in der Vereinigten Bundesversammlung gemeinsam über 83 Stimmen verfügt. Weil darunter sicherlich auch ein paar CVP- und GLP-Stimmen seien, müsse dies wohl so interpretiert werden, dass einige SP-Parlamentarierinnen und -Parlamentarier die grüne Konkurrenz fürchteten; Ignazio Cassis könne hingegen zufrieden sein. Von den 244 Wahlzetteln waren 6 leer geblieben und 11 enthielten andere Namen als «Rytz» oder «Cassis».
Schon zuvor hatten die meisten Parlamentsmitglieder auf Experimente verzichtet. Bei der ersten Wahl wurde der amtsälteste Bundesrat, Ueli Maurer, mit 213 von 221 gültigen Wahlzetteln gewählt. 23 der 244 ausgeteilten Bulletins waren leer geblieben und acht auf Diverse entfallen. Beim Wahlgang für Simonetta Sommaruga entfielen 13 Stimmen auf Regula Rytz und 13 Stimmen auf Diverse. Da ein Wahlzettel ungültig war und 25 leer blieben, durfte sich die künftige Bundespräsidentin über 192 Stimmen freuen. Alain Berset erhielt 214 Stimmen. Bei ihm waren 14 Wahlzettel leer geblieben und 16 auf Diverse entfallen. Die Anzahl ungültige (1) und Leerstimmen (39) wuchs dann bei Guy Parmelin wieder an, so dass der Wirtschaftsminister noch 191 Stimmen erhielt – 13 Stimmen entfielen auf Diverse. Einen eigentlichen «Exploit» (Tages-Anzeiger) erzielte Viola Amherd bei der sechsten Wahl. Mit 218 Stimmen erhielt sie die zweitmeisten Stimmen der Geschichte; nur Hans-Peter Tschudi hatte 1971 mehr Stimmen erhalten, nämlich 220. Elf Stimmen blieben leer und 14 entfielen auf Diverse. Eingelangt waren nur noch 243 Wahlzettel. Ein etwas seltsames Gebaren zeigt sich bei der letzten Wahl. Karin Keller-Sutter wurde zwar auch hier im Amt bestätigt, sie erhielt aber lediglich 169 Stimmen, da von den 244 ausgeteilten Wahlzetteln 37 leer und einer ungültig eingelegt wurden und 21 Stimmen auf Marcel Dobler (fdp, SG) sowie 16 auf Diverse entfielen. In den Medien wurde spekuliert, dass dies wohl eine Retourkutsche vor allem von Ostschweizer SVP-Mitgliedern gewesen sei, weil Keller-Sutter sich im St. Galler Ständeratswahlkampf zugunsten von Paul Rechsteiner (sp, SG) ausgesprochen habe.

Der Angriff der Grünen sei zwar gescheitert, dies könne für die Partei aber auch befreiend sein, könne sie nun doch Oppositionspolitik betreiben und mit Hilfe der direkten Demokratie den Druck auf die anderen Parteien erhöhen, urteilte Le Temps nach den Wahlen. Ihr Anspruch auf einen Bundesratssitz sei nach diesen Bundesratswahlen nicht einfach vom Tisch, kommentierte Balthasar Glättli. In zahlreichen Medien wurde zudem die Stabilität des politischen Systems betont – auch der Umstand, dass es zu keinem Departementswechsel kam, obwohl kurz über einen Wechsel zwischen Alain Berset und Ignazio Cassis spekuliert worden war, wurde als Indiz dafür gewertet. Doch Stabilität bedeute nicht Stillstand; die neuen Mehrheiten im Nationalrat müssten sich auch auf die Diskussionen um eine neue Zauberformel auswirken – so die einhellige Meinung der Kommentatoren. An einem vor allem von der CVP geforderten «Konkordanzgipfel» sollten Ideen für die künftige Zusammensetzung der Landesregierung beraten werden. Entsprechende Gespräche wurden auf Frühling 2020 terminiert.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2019
Dossier: Élection du Conseil fédéral depuis 2008

Nach den Erfolgen sowohl in den National- als auch in den Ständeratswahlen 2019 forderten die Grünen in den darauffolgenden Bundesratswahlen einen Bundesratssitz. Zwar hatte Parteipräsidentin Regula Rytz (gp, BE) am Wahlsonntag der eidgenössischen Wahlen auf eine klare Aussage dazu verzichtet und lediglich angemerkt, dass die Verteilung der Bundesratssitze nicht mehr passe. Am 22. November 2019 gab Rytz jedoch ihre Kandidatur für die Bundesratswahlen offiziell bekannt. Man habe so lange mit dem Entscheid gewartet – die Ankündigung von Rytz kam fast einen Monat nach den Nationalratsergebnissen und drei Wochen vor den Bundesratswahlen –, da man in Gesprächen mit den anderen Parteien die Wahlchancen abzuschätzen versucht habe, erklärte Rytz gegenüber dem Tages-Anzeiger. Diese Gespräche seien positiv verlaufen, woraufhin die Grünen den FDP-Sitz von Ignazio Cassis angriffen. Die FDP sei im Bundesrat rechnerisch übervertreten, weshalb Rytz eine neue Zauberformel vorschlug, gemäss der die beiden grössten Parteien SP und SVP je zwei Sitze und FDP, CVP und die Grünen je einen Sitz haben sollten. Rytz betonte die Dringlichkeit einer Fortsetzung der Klimaschutzdiskussionen und die entsprechende Unterstützung in der Stimmbevölkerung. Aus diesem Grund sei der Anspruch der Grünen auf einen Bundesratssitz gerechtfertigt, obwohl mit Ignazio Cassis ein Vertreter einer sprachlichen Minderheit angegriffen werde. Man könne – so Rytz – nicht alle Ansprüche befriedigen.
Die Zeitungen kommentierte diese verspätete Kandidatur von Rytz und ihren Start in den Bundesratswahlkampf als misslungen. Die NZZ begründete die späte Bekanntgabe damit, dass Rytz ihrer Ständeratskandidatur Priorität eingeräumt habe und folglich bei einer Wahl in den Ständerat auf die Bundesratskandidatur verzichtet hätte. Stattdessen hätte sich Rytz aus dem Ständeratsrennen nehmen und sich auf die Bundesratswahl konzentrieren müssen – war sich die Presse einig. Als entsprechend klein schätzten sie auch ihre Chancen, gewählt zu werden, ein, betonten dabei aber vor allem die entscheidende Rolle der GLP-Fraktion auf einer Seite und der CVP-EVP-BDP-Fraktion auf der anderen Seite.

Am Tag der Wahl stellte sich neben den Grünen nur die Sozialdemokratische Fraktion offiziell hinter die Forderung, die Zauberformel zu ändern und die grüne Kandidatin Regula Rytz zulasten von FDP-Bundesrat Ignazio Cassis zu unterstützen. Im Rahmen der parlamentarischen Debatte betonte SP-Fraktionspräsident Roger Nordmann (sp, VD), dass die Zusammensetzung des Bundesrates mit einer Mehrheit von je zwei Bundesratssitzen der FDP und der SVP aufgrund der Wahlerfolge der Grünen nicht mehr repräsentativ sei für die Schweiz und das Parlament. Keine Unterstützung erhielt Rytz von den übrigen Parteien. Die Grünliberale Fraktion entschied sich zwar für Stimmfreigabe, was für einigen Unmut bei den Grünen sorgte. Einige GLP-Mitglieder äusserten sich diesbezüglich im Tages-Anzeiger und erklärten, dass sie sich eine gemeinsame Strategie mit den Grünen für einen Bundesratssitz gewünscht hätten. Absprachen diesbezüglich hätten jedoch nicht stattgefunden. Auch von der CVP-Fraktion erfuhren die Grünen keine Unterstützung, diese gab an, Ignazio Cassis zu unterstützen. Nach den Wahlen äusserte sich Balthasar Glättli im Sonntags-Blick kritisch gegenüber der CVP und stellte in Aussicht, dass die Grünen zukünftig auch den Sitz von Viola Amherd angreifen könnten, falls die CVP keinen Beitrag zu einer griffigeren Klimapolitik leiste. Da auch die FDP- und die SVP-Fraktion Ignazio Cassis unterstützten, setzte sich dieser mit 145 Stimmen durch. Regula Rytz erhielt 82 Stimmen, 11 Stimmen entfielen auf Verschiedene.

Im Zusammenhang mit der Forderung der Grünen nach einem Bundesratssitz berichteten die Medien ausgiebig über eine neue Zauberformel und somit über eine neue Zusammensetzung des Bundesrates. In einem Interview schlug SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) vor, den Bundesrat auf neun Mitgliedern zu erweitern; dies gäbe mehr Spielraum, um die grossen Parteien angemessen in die Regierung zu integrieren, die Regionen wären besser vertreten und die Bundesräte würden entlastet. Altbundesrat Christoph Blocher schlug stattdessen vor, dass sowohl die SP als auch die FDP zukünftig nur jeweils einen Sitz haben und stattdessen auch die Grünen und Grünliberalen je einen Sitz erhalten sollten (sogenannte Formel Christoph Blocher: 2-1-1-1-1-1).

Forderung der Grünen um einen Bundesratssitz

Die 2016 in den Aargauer Regierungsrat gewählte Franziska Roth (AG, svp) sah sich schon bald nach ihrer Wahl teilweise heftiger medialer und parteipolitischer Kritik ausgesetzt, in der der politischen Quereinsteigerin mangelhafte Amtsführung und schlechte Dossierkenntnisse vorgeworfen wurde. Als die Gesundheitsministerin Anfang 2019 dann zurückschlug und dem Parlament vorwarf, versteckte Interessen zu verfolgen, und dabei auch ihre eigene Partei nicht schonte, nahm die Kritik nur noch weiter zu. Anfang März 2019 wurde Roth gar von den Fraktionen der FDP, der CVP und der GP in einer parlamentarischen Erklärung wegen mangelnden Respekts gegenüber Parlamentsmitgliedern, schlechter Kommunikation und fehlenden Bemühens um Zusammenarbeit mit dem Parlament gemassregelt. Sie werde wohl auch für ihre Partei, die SVP zum Problem, augurte die NZZ nach der «Standpauke», die in der Schweiz nur selten so vorkomme. Auch aufgrund verschiedener Abgänge von Führungspersonal im Departement von Roth entschied sich der Gesamtregierungsrat noch Anfang März 2019 eine unabhängige Analyse zu den «Problemen im Gesundheitsdepartement» durchzuführen. Roth wurde zudem die Federführung über den Neubau des Kantonsspitals Aarau entzogen. Doch es sollte für Roth tags darauf gar noch schlimmer kommen, stellte ihr doch ihre eigene Partei ein Ultimatum: Nach einer parteiinternen Aussprache gab SVP-Kantonalpräsident Thomas Burgherr an einer Medienkonferenz bekannt, dass sich die SVP Konsequenzen überlegen werde, wenn sich die «prekäre» Amtsführung im Gesundheitsdepartement bis im Sommer nicht bessere. Die SVP fürchtete negative Auswirkungen auf die anstehenden Nationalratswahlen. Roth selber, die an besagter Medienkonferenz nicht anwesend war, schloss einen Rücktritt freilich kategorisch aus. Im Sonntags-Blick wurde die Frage gestellt, ob Frauen in der Politik mit härterer Kritik konfrontiert würden als Männer, und auch die Weltwoche wunderte sich, dass der Regierungsrätin ein Rücktritt nahegelegt werde, «obschon sich diese nichts Gravierendes hat zuschulden kommen lassen».
Eine weitere Eskalationsstufe nahm die Geschichte Ende April 2019, als Franziska Roth bekannt gab, aus der SVP auszutreten und künftig als Parteilose ihr Regierungsmandat weiterzuführen. Sie gab zwar Mängel in ihrer eigenen Kommunikation zu, warf ihrer Partei aber vor, sie mit «diffusen Vorwürfen» einzudecken und diese nicht zu konkretisieren. Man habe sie «genötigt», zurückzutreten. Der Tages-Anzeiger wertete dies als «Beispiel für die schlechte Verfassung der (Aargauer) SVP». Die Volkspartei selbst gab bekannt, dass sie sich in Roth getäuscht habe, und entschuldigte sich für ihre Nomination. Es fehle ihr an Wille, Interesse und Talent, gab die Partei den Medien bekannt und forderte den Rücktritt der Regierungsrätin. Für Schlagzeilen sorgte daraufhin alt-Bundesrat Christoph Blocher, welcher der Aargauer Parteispitze mangelndes Fingerspitzengefühl vorwarf. Die Weltwoche ortete derweil «Führungsversagen und Personalprobleme bei der Aargauer SVP». Die WoZ wiederum sah die Affäre als «Ausdruck der Krise», die in der SVP schwele.
Mitte Juni 2019 nahm dann eine der «wohl bizarrsten politischen Karrieren, die es in der Schweiz je gab» – wie die NZZ kommentierte – mit der Rücktrittsankündigung von Franziska Roth ein Ende: Sie könne nicht so tätig sein, wie sie das gerne würde, weshalb sie per Ende Juli 2019 von ihrem Amt zurücktrete. In der Folge entschied der Regierungsrat, den Bericht zum Gesundheitsdepartement zu sistieren.

Der Rücktritt setzte die Parteien unter Zugzwang, wurde doch der Termin für die Ersatzwahl von Franziska Roth auf den 20. Oktober 2019 gesetzt – zeitgleich mit den Nationalratswahlen. Diese Terminwahl sorgte für Unmut bei den meisten Parteien, die sich nach einem Treffen der Parteipräsidenten per Brief beim Regierungsrat beschwerten. Nicht unterschreiben wollten den Brief allerdings die GP und die SVP. Die NZZ vermutete feilich, dass vor allem die SVP «in Nöte» geraten werde und dass die anderen Parteien wohl Morgenluft witterten, da die SVP wohl nicht so rasch einen Ersatz für Roth finden würde, das Vertrauen in die Partei angeschlagen und damit der zweite Sitz in der fünfköpfigen Regierung in Gefahr sei. Allerdings sei der Anspruch der mit über 30 Prozent Wähleranteil mit Abstand stärksten Partei im Kanton Aargau auf zwei der fünf Exekutivmandate nicht ungerechtfertigt. Mit dem Ausscheiden von Franziska Roth drohte die Regierung im Kanton Aargau überdies rein männlich zu werden, weshalb sich bei der Nominierung der verschiedenen Kandidaturen jeweils auch die Frauenfrage stellte.
Als erste nominierte die GP mit Grossrat Severin Lüscher (AG, gp) einen Mann. Er weise als Hausarzt die nötige gesundheitspolitische Kompetenz für das freie Departement auf, was wichtiger sei als das Geschlecht, wurde bei seiner Nominierung begründet. Auch die SVP präsentierte ihren Kandidaten bereits Mitte Juli: Jean-Pierre Gallati (AG, svp) war Fraktionspräsident im Grossrat und dort vor allem durch seine scharfe Kritik an Franziska Roth aufgefallen. Die SP kündigte Ende Juli an, mit Yvonne Feri (sp, AG) ins Rennen zu steigen. Die SP-Nationalrätin war bereits 2016 zu den Regierungsratswahlen angetreten und damals im für den fünften Sitz nötigen zweiten Wahlgang Franziska Roth nur sehr knapp unterlegen. Erst Mitte August gaben die Grünliberalen bekannt, dass sie ebenfalls antreten werden. Mit Doris Aebi (AG, glp) sollte erstmals ein kantonaler Regierungssitz erobert werden. Aebi hatte bis 2000 für die SP im Kantonsrat in Solothurn gesessen und dort 1997 für den Regierungsrat kandidiert, bevor sie in den Kanton Aargau umgezogen war und die Partei gewechselt hatte. Medial diskutierten Sukkurs erhielt die Kandidatin von der früheren Aargauer FDP-Ständerätin Christine Egerszegi. Die FDP hatte bereits im Juli angekündigt, eine Kandidatur stellen zu wollen, und nominierten Mitte August eine Kandidatin: Der laut der Aargauer Zeitung am rechten Flügel der FDP politisierenden Jeanine Glarner (AG, fdp) wurden gute Chancen eingeräumt, im bürgerlichen Lager viele Stimmen zu holen. Mit Pius Lischer kandidierte auch ein Parteiloser, der bereits seit vielen Jahren erfolglos versucht, im Kanton Aargau in ein politisches Amt gewählt zu werden.
Gleich drei der fünf Kandidierenden bewarben sich gleichzeitig auch um ein Nationalratsmandat: Yvonne Feri, Jeanine Glarner und Jean-Pierre Gallati dürften vom doppelten Wahlkampf profitieren, urteilte die Aargauer Zeitung. Für einigen Wirbel sorgte die frühere Regierungsrätin Susanne Hochuli (AG, gp), die sich im lokalen TV nicht nur für ihren Parteikollegen Severin Lüscher, sondern auch für den SVP-Kandidaten Jean-Pierre Gallati aussprach – nicht aber für die SP-Kandidatin Yvonne Feri. Auch der kantonale Gewerbeverband gab an, Jean-Pierre Gallati zu unterstützen, nicht aber Jeanine Glarner oder Doris Aebi, weil Erstere keine Unternehmerin und Letztere in der falschen Partei sei. Da das neue Regierungsmitglied das Departement für Gesundheit und Soziales übernehmen würde, wurden im Wahlkampf vor allem Gesundheitsthemen, die Sozialhilfe und das Asylwesen debattiert. Im Schlüsseldepartement würden einige wichtige Dossiers warten, die dringend angegangen werden müssten, betonte die Aargauer Zeitung. Insbesondere der Spital-Neubau aber auch die Revision des Spitalgesetzes seien dringlich.
Mit fünf Kandidaturen aus dem gesamten politischen Spektrum für einen Sitz war von Beginn weg klar, dass es einen zweiten Wahlgang brauchen würde. In der Tat übertraf am «Super-Wahlsonntag», wie die Aargauer Zeitung titelte, niemand das absolute Mehr von 91'012 Stimmen. Am nächsten kam ihm der SVP-Kandidat Jean-Pierre Gallati mit 63'830 Stimmen, gefolgt von Yvonne Feri, die aber mit 44'765 Stimmen schon deutlich zurück lag. Auf den Plätzen folgten Jeanine Glarner (27'940 Stimmen), Doris Aebi (21'882 Stimmen) und Severin Lüscher (20'311 Stimmen). Pius Lischer erhielt 1'345 Stimmen. Die Stimmbeteiligung lag bei 43.9 Prozent.

Der Ausgang des zweiten Wahlgangs, der auf den 24. November 2019 angesetzt wurde, war auch davon abhängig, wer im Rennen bleiben und gegen Gallati antreten würde. Dabei kam es im Zusammenhang mit den ebenfalls im zweiten Wahlgang zur Entscheidung anstehenden Ständeratswahlen zu parteiinternen Absprachen: Rot-Grün einigte sich darauf, für den Einzug in den Ständerat mit Ruth Müri (AG, gp) und in den Regierungsrat mit Yvonne Feri zu kämpfen. Im Gegenzug trat Severin Lüscher nicht mehr für den zweiten Wahlgang an und Cédric Wermuth (sp, AG) zog sich bei den Ständeratswahlen zurück. Weil sich zudem sowohl Jeanine Glarner als auch Doris Aebi zurückzogen, hoffte Yvonne Feri auf die Unterstützung der weiblichen Wählerschaft. In der Tat verband Aebi ihren Verzicht mit dem Wunsch, eine Aufsplittung der Frauenstimmen zu verhindern. Weil auch Pius Lischer nicht zum zweiten Wahlgang antrat, kam es Ende November zum Zweikampf zwischen den Kandidierenden der SP und der SVP. Dabei wurde auch entschieden, welche der beiden Parteien einen zweiten Sitz in der kantonalen Regierung erobern und ob die Aargauer Regierung nur noch aus Männern bestehen würde. Das Rennen zwischen der «linken Frau» und dem «rechten Mann», wie die Aargauer Zeitung titelte, machte schliesslich der SVP-Vertreter Jean-Pierre Gallati – äusserst knapp mit lediglich 1'593 Stimmen Vorsprung. Gallati, der auch in den Nationalrat gewählt wurde, das Amt aber bereits nach der ersten Session wieder niederlegte, erhielt 77'462 Stimmen. Wie erwartet übernahm er das Gesundheitsdepartement. Yvonne Feri, die 75'869 Stimmen erhielt und damit zum zweiten Mal hintereinander nur knapp unterlegen war, konnte sich ihrerseits mit dem Nationalratsmandat trösten, das sie seit 2011 innehat. Die Wahlbeteiligung betrug 37.4 Prozent. Die Medien urteilten, dass die SVP mit einem blauen Auge davon gekommen sei (NZZ), dass aber die Karten wohl schon in weniger als einem Jahr bei den Gesamterneuerungswahlen neu gemischt würden. Für Diskussion sorgte, dass das Gremium nun wieder «frauenlos» ist (Tages-Anzeiger). Bisher waren neben Franziska Roth (2016-2019), Susanne Hochuli (2009-2016) und Stéphanie Mörikofer-Zwerz (AG, fdp; 1993-2001) überhaupt erst drei Frauen in den Aargauer Regierungsrat gewählt worden.

Ersatzwahlen für Franziska Roth

Im Kanton Zürich kandidierten bei den Nationalratswahlen 2019 insgesamt 966 Personen auf 32 Listen. Der Frauenanteil unter den Kandidierenden betrug 43 Prozent. Während die Anzahl Listen gegenüber 2015 leicht zurückging, bedeuteten die Zahl der Kandidierenden und der Frauenanteil neue Höchstwerte. Zu vergeben waren im bevölkerungsreichsten Kanton der Schweiz weiterhin 35 Sitze.

Bei den Wahlen vor vier Jahren hatte sich entgegen dem nationalen Trend die SP als Siegerin feiern lassen können. Sie hatte damals zwei zusätzliche Sitze gewonnen. Auch die SVP und die FDP hatten zulegen können. Die Verteilung der 35 Zürcher Nationalratssitze lautete seither: 12 SVP, 9 SP, 5 FDP, 3 GLP, 2 GPS, 2 CVP, 1 BDP, 1 EVP. Die Ergebnisse der Kantonsratswahlen im März 2019 deuteten darauf hin, dass es für die SVP schwierig werden könnte, bei den nationalen Wahlen im Oktober ihre zwölf Sitze zu halten. Nach der veritablen Wahlschlappe bei den kantonalen Wahlen war auf Druck von Parteidoyen Christoph Blocher fast die gesamte Parteileitung zurückgetreten. So stieg die SVP mit einem jungen Interimspräsidenten, Patrick Walder, in den Wahlkampf. Die Partei hatte zudem zwei Rücktritte zu verkraften – Jürg Stahl und Hans Egloff verzichteten auf einen erneute Legislatur. Dafür gab bei der Volkspartei der 2015 nicht wiedergewählte Christoph Mörgeli sein Comeback als Nationalratskandidat. Die SVP verband dieses Jahr ihre Listen einzig mit der EDU. Die Gewinner bei den Kantonsratswahlen waren die Grünliberalen und die Grünen gewesen. Die guten Resultate und das aktuell heisseste Thema – die Klimapolitik – machten beiden Parteien Hoffnung auf Sitzgewinne auch bei den nationalen Wahlen. Die beiden Zugpferde der Zürcher Grünen – der Fraktionspräsident Balthasar Glättli und der ehemalige Vizepräsident der Grünen Schweiz Bastien Girod – reihten sich auf der Hauptliste nur auf den Plätzen drei und vier ein. Angeführt wurde die Liste von zwei Frauen – der ehemaligen Nationalrätin Katharina Prelicz-Huber sowie Parteipräsidentin Marionna Schlatter-Schmid. Auf der Liste vertreten war ursprünglich auch das bekannte Model Tamy Glauser. Allerdings zog Glauser ihre Kandidatur zurück, nachdem sie mit einer «sehr unbedarften Aussage» über die angeblich heilende Wirkung von Veganer-Blut auf einer Online-Plattform heftige Reaktionen ausgelöst hatte. Die andere Partei der Stunde, die Grünliberalen, hatten auf das Wahljahr hin ihre Parteispitze ausgewechselt. Das junge Duo Nicola Forster und Corina Gredig bildeten neu ein Co-Präsidium. Dank diesem frischen Wind und einer Listenverbindung mit der CVP, der BDP und der EVP erhoffte sich die GLP, die angestrebten Sitzgewinne zu realisieren. Eine gänzlich andere Stimmung herrschte derweil bei den Sozialdemokraten. Am meisten Schlagzeilen generierte die SP im Wahljahr durch das parteiinterne Seilziehen über die künftige politische Ausrichtung der Partei. Anhänger des sozialliberalen Flügels fühlten sich dabei zunehmend marginalisiert. Der Konflikt führte schliesslich dazu, dass zuerst die ehemalige Nationalrätin Chantal Galladé und danach der amtierende Nationalrat und ehemalige Parteipräsident Daniel Frei aus der Partei austraten und zur GLP wechselten. In Freis Fall geschah dies, nachdem die SP ihn bereits auf ihre Nationalratsliste gesetzt hatte. Frei verzichtete letztlich ganz auf eine Teilnahme an den Nationalratswahlen. Neben Verlusten von Parteiangehörigen und Wählerinnen und Wählern an die GLP befürchteten die Genossen zusätzlich, dass linke Wechselwähler bei der «Klimawahl» eher die Listenpartnerin, die Grünen, wählen würden und die SP so Sitze verlieren könnte. Auch im Lager der Christdemokraten kam es zu einem Wirbel um eine Personalie. Kathy Riklin (CVP) wurde nach zwanzig Jahren als Nationalrätin von ihrer Partei nicht mehr nominiert. Stattdessen kandidierte Riklin für die Christlichsoziale Vereinigung – mit geringen Chancen auf eine Wiederwahl. Bei der FDP kandidierte der aufstrebende Jungpolitiker und ehemalige Präsident der Jungfreisinnigen, Andri Silberschmidt. Da sämtliche fünf bisherigen Freisinnigen erneut zur Wahl antraten, erklärte die FDP offiziell den Gewinn eines Sitzes zum Ziel. Trotz dieses hochgesteckten Ziels ging die FDP keine Listenverbindung mit anderen Parteien ein. Die Zürcher EVP ist seit 100 Jahren fast ausnahmslos im Nationalrat vertreten, da sie auf eine treue Wählerschaft zählen kann. Ihr Sitz schien daher auch dieses Jahr nicht in Gefahr. Ganz anders sah die Ausgangslage bei der anderen Partei aus, welche 2015 einen Sitz geholt hatte: Bei der BDP ging es ums politische Überleben, nachdem die Partei im März bei den kantonalen Wahlen alle ihre fünf Sitze im Kantonsparlament verloren hatte.

Am Wahlsonntag dominierte die Farbe Grün. Sowohl die Grünen (+7.2 Prozentpunkte, neu 14.1%) als auch die Grünliberalen (+5.8 Prozentpunkte, neu 14.0%) konnten ihre Wähleranteile deutlich ausbauen und gewannen je drei zusätzliche Sitze. Für die Grünen zog neben den beiden Bisherigen und den Spitzenkandidatinnen Schlatter-Schmid und Perlicz-Huber auch noch Meret Schneider in die Grosse Kammer ein. Bei den Grünliberalen gab es nach dem Rücktritt von Thomas Weibel sogar Platz für vier neue Gesichter. Corina Gredig, Jörg Mäder, Judith Bellaïche und Barbara Schaffner vertreten neu den Kanton Zürich in Bundesbern. Co-Präsident Nicola Forster verpasste den Einzug ins Parlament nur knapp. Auf der Verliererseite befanden sich die SVP und die SP, welche je zwei Sitze abgeben mussten. Am meisten Wähleranteile verlor die SP (-4.1 Prozentpunkte, neu 17.3%). Trotzdem schaffte eine neue Sozialdemokratin den Sprung in den Nationalrat, denn Céline Widmer setzte sich gleich vor zwei bisherige Nationalräte – Martin Naef und Thomas Hardegger –, die beide die Wiederwahl verpassten. Die SVP verlor beinahe so viele Wählerprozente (-4.0 Prozentpunkte, neu 26.7%) wie die SP. Während Martin Haab, der erst im Juni für Jürg Stahl nachgerutscht war, sein Mandat verteidigen konnte, verpasste Claudio Zanetti nach nur einer Legislatur im Nationalrat seine Wiederwahl. Auch Christoph Mörgeli verpasste seinen Wiedereinzug in die Grosse Kammer. Ebenfalls zu den Verlierern des Tages gehörten die CVP und die BDP. Die CVP konnte ihren Wähleranteil zwar leicht ausbauen (+0.2 Prozentpunkte, neu 4.4%), verlor aber trotzdem einen ihrer beiden Sitze. Für die BDP verkam die Wahl zu einem veritablen Desaster. Sie verlor über die Hälfte ihres Wähleranteils (neu 1.6%) und mit der Nicht-Wiederwahl von Rosmarie Quadranti war die BDP Zürich ab sofort nicht mehr im Nationalrat vertreten. Die FDP verlor zwar 1.6 Prozentpunkte ihres Wähleranteils (neu 13.7%) und war damit neu nur noch die fünftstärkste Kraft im Kanton, doch immerhin konnte sie ihre fünf Sitze verteidigen. Andri Silberschmidt schaffte den Einzug ins Parlament und verdrängte damit den Direktor des SGV Hans-Ulrich Bigler – eine herbe Niederlage für den Gewerbeverband, da neben Bigler auch Verbandspräsident Jean-François Rime (svp, FR) abgewählt wurde. Die EVP (+0.2 Prozentpunkte, neu 3.3%) verteidigte den Sitz von Niklaus Gugger problemlos. Das beste Resultat aller Kandidierenden erzielte Roger Köppel (svp) mit 121'098 Stimmen. Die Zusammensetzung der Zürcher Nationalratsdelegation lautete damit neu: 10 SVP, 7 SP, 6 GLP, 5 GP, 5 FDP, 1 CVP, 1 EVP. Der Frauenanteil unter den Gewählten betrug neu 45.7 Prozent. Die Stimmbeteiligung fiel gegenüber 2015 um 2.8 Prozentpunkte (2019: 44.4%).

Nationalratswahlen 2019 – Zürich
Dossier: Elections fédérales 2019 - aperçu

Als grösste Verliererin der Nationalratswahlen 2019 machten die Medien die SVP aus. Im Nationalrat verlor die Partei 12 Mandate (neu: 53 Sitze) und 3.8 Prozentpunkte Wähleranteile (neu: 25.6 Prozent). Die Partei bestätigte damit den negativen Trend, der schon in den kantonalen Erneuerungswahlen ersichtlich gewesen war, blieb aber trotzdem stärkste Kraft im Nationalrat. SVP-alt-Bundesrat Christoph Blocher nannte die Resultate auf Tele Blocher zwar «nicht schön», sie seien aber auch «keine Katastrophe». Die Medien vermuteten, dass die Partei wohl höhere Verluste erwartet habe. Trotz der Verluste erhielt Parteipräsident Albert Rösti (svp, BE) (svp, BE) von der Parteiführung viel Lob: Er sei im Wahlkampf sehr fleissig und präsent gewesen, zitierte die NZZ eine nicht namentlich genannte Person in der SVP-Führung. Auch Christoph Blocher bestätigte in einem Interview, dass ein Wechsel in der Parteileitung als Folge der schlechten Wahlresultate nicht geplant sei.

Im Wahlkampf hatte die SVP bereits im August 2019 für einige Beachtung gesorgt. Sie warb nämlich anfänglich auf einem Plakat für die National- und Ständeratswahlen 2019 mit dem Slogan «Sollen Linke und Nette die Schweiz zerstören?». Auf dem Plakat war ein Apfel zu sehen, der von fünf Würmern in den Parteifarben der politischen Gegner und einem Wurm mit einer EU-Flagge zerfressen wurde. Wie Albert Rösti in einem Blick-Interview erklärte, zeige das Plakat die zentrale Botschaft der SVP: Die SVP sei die einzige Partei, die keinen Rahmenvertrag mit automatischer Übernahme von EU-Recht wolle. Die Medien spekulierten, dass die SVP damit versuche, das EU-Thema anstelle des unter hoher Aufmerksamkeit stehenden, aber von der Volkspartei weniger stark bearbeiteten Klimawandels ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu stellen, zumal ein weiteres Kernthema der SVP, nämlich die Asylpolitik aufgrund der niedrigen Asylquoten wohl zu wenig mobilisieren würde.
Das Plakat sorgte in den sozialen Medien für viel Kritik, wie der Tages-Anzeiger berichtete. Zudem wurde es auch parteiintern kritisiert: Franz Grüter argumentierte in den Medien Medien, dass es eine bessere Bildsprache gäbe, um die Botschaft zu transportieren. Auch der Berner SVP-Kantonalpräsident und Ständeratskandidat Werner Salzmann, der Nationalrat Thomas Burgherr und weitere SVP-Kantonalpolitiker und -politikerinnen äusserten ihre Skepsis gegenüber dem Plakat. Parteipräsident Alfred Rösti verteidigte die Affiche und bestätigte gegenüber dem Sonntags-Blick, dass der «schöne Schweizer Apfel tatsächlich ausgehöhlt wird!». So werde die Schweiz etwa auch durch Abgaben und Steuern oder die Zuwanderung im Innern ausgehöhlt. Auch der Verantwortliche für die Wahlkampagne der SVP, Adrian Amstutz (svp, BE), wies gegenüber der NZZ den Vorwurf zurück, die Partei sei mit dem Motiv zu weit gegangen, und bestätigte, dass der Apfel Hauptsujet der SVP-Wahlkampagne 2019 bleiben werde.

Resultate der SVP bei den Nationalratswahlen

Wenn man im Spätsommer der Landstrasse entlang fährt und über Kilometer hinweg eine willkürliche Aufreihung meist fremder Gesichter entdeckt, wird auch den politisch Uninteressierten bewusst, dass der nationale Wahlherbst vor der Türe stehen muss. Auch im Herbst 2019 war dieses Spektakel schweizweit deutlich zu sehen. Die Parteien und ihre Kandidatinnen und Kandidaten warben fleissig für sich und ihre Anliegen – mal originell, mal weniger, aber immer mit dem Bisschen «je ne sais quoi», das der Politik eben inhärent ist. Bisweilen schreckten einige auch nicht vor einer ordentlichen Portion Provokation zurück, so beispielsweise die SVP mit ihrem im August publizierten, wurmstichigen Apfel-Plakat oder die CVP mit ihrer Online-Kampagne, mit der sie offensichtlich gegen die anderen Parteien schoss.
Da in einem demokratisch konsolidierten Land wie der Schweiz die Meinungsäusserungsfreiheit einen hohen Stellenwert geniesst und nach Möglichkeit auch eine harte politische Auseinandersetzung über heikle Themen ermöglicht werden soll, gibt es in der Schweiz kaum rechtliche Grundlagen, die gezielt den Wahl- bzw. Abstimmungskampf regeln. Dies wurde knapp drei Wochen vor den Wahlen deutlich, als es ein prominenter Akteur, der mit Parteipolitik im eigentlichen Sinne nur wenig zu tun hat, mit einer Plakat-Aktion in die Medien schaffte: das «Egerkinger Komitee» mit seinem prominentesten Vertreter Walter Wobmann (svp, SO). In einer Nacht-und-Nebel-Aktion wurden in verschiedenen Schweizer Städten und auf den Social-Media-Accounts des Komitees unzählige Wahlplakate aufgehängt und aufgeschaltet, auf denen jeweils das Konterfei vier prominenter FDP-Exponenten zu sehen war: Parteipräsidentin Petra Gössi (SZ), Fraktionschef Beat Walti (ZH), Nationalrätin Christa Markwalder (BE) sowie Nationalrat Christian Wasserfallen (BE). Betitelt wurde das Ganze mit dem Slogan: «Die FDP schützt radikale Islamisten in der Schweiz – Wollen Sie solche FDP-Mitläufer wirklich wählen?» Stein des Anstosses war eine nur wenige Wochen zuvor in der Herbstsession abgelehnte Motion der SVP-Fraktion zur Bekämpfung der Ausbreitung eines radikalen Islams in der Schweiz, die auch dank grosser Unterstützung der FDP-Fraktion zu Fall gebracht worden war.
Die FDP-Spitze liess diesen Angriff nicht auf sich sitzen und zog die Angelegenheit einen Tag nach Bekanntwerden vor das Bezirksgericht Andelfingen (ZH), dem Sitz des Egerkinger Komitees. Dort suchte sie, wie in diversen Medien berichtet wurde, um Erlass eines Superprovisoriums (einer ohne Anhörung der Gegenpartei erlassenen vorsorglichen Massnahme) an, weil sich die anvisierten Personen in ihrer Persönlichkeit verletzt fühlten, u.a. im Recht auf das eigene Bild. Petra Gössi liess im «Blick» verlauten, sie lasse sich nicht unterstellen, radikale Islamisten zu schützen; vielmehr sei die Motion der SVP «reine Symbolpolitik, die nicht umsetzbar gewesen wäre oder gar nichts gebracht hätte», gewesen. Das Gericht bestätigte zwei Tage nach dem Ansuchen die superprovisorische Verfügung und forderte das Komitee auf, die Plakat- und Social-Media-Anzeigen innert 24 Stunden zu entfernen. Komme es dieser Aufforderung nicht nach, würden Bussen in Höhe von CHF 10'000 verhängt und auch für weitere geplante Veröffentlichungen zusätzlich erhoben werden. Wobmann und sein Komitee – oder wie es der Tages-Anzeiger betitelte: die «SVP-Kampftruppe» – ignorierten das Gerichtsurteil aber gänzlich und liessen nonchalant verlauten: «Wir entfernen die Plakate sicher nicht.» Gemäss Wobmann handle es sich bei diesem Urteil lediglich um einen politischen Entscheid; er sprach gar von «Zensur». Zudem sei die Plakat-Kampagne sowieso lediglich auf den Zeitraum einer Woche beschränkt gewesen und werde bereits am Montag nach dem Urteil enden. Des Weiteren sei das Entfernen innert 24 Stunden gar nicht möglich – was wiederum von der verantwortlichen Plakatgesellschaft Clear Channel so nicht bestätigt wurde.
In der Wochenendpresse wurde dann tatsächlich eine Wende im Plakat-Krimi kundgetan: Das Egerkinger Komitee wolle doch dem «Gericht gehorchen» und habe Clear Channel einen entsprechenden Auftrag erteilt, wie der Tages-Anzeiger informierte. Die gesetzte Frist von 24 Stunden reiche zum Entfernen der Plakate zwar nicht, liess die Plakatgesellschaft verkünden, man werde diese aber auf Kosten des Komitees frühzeitig überkleben. Weshalb es nun doch zum Umschwung kam, wollte Wobmann den Medien nicht mitteilen. Stattdessen hatte sich in der Zwischenzeit eine andere Politgrösse zur Plakataktion geäussert: SVP-Übervater Christoph Blocher. Im Gespräch auf «Teleblocher» antwortete er auf die Frage, was er denn von diesem Urteil halte, lediglich mit einem Lachen und meinte: «Da habe ich nur gelacht.» Es sei eben schon etwas «komisch», wenn das Gericht ein solches Urteil fälle, da sich die genannten Politikerinnen und Politiker doch lediglich gegen einen vermeintlichen Rufschaden wehrten, den sie durch ihr Abstimmungsverhalten grundsätzlich selbst zu verschulden hätten. In Rezitation des ehemaligen Deutschen Bundeskanzlers Helmut Schmidt, meinte er hierzu mit einem verschmitzten Unterton: «Wer den Dampf nicht erträgt, soll nicht in die Küche gehen.» Der Frage, was er denn vom Plakat selbst halte, wich er aus und betonte, dass er selbst mit dieser Kampagne nichts zu tun habe, gar erst über die Medien davon erfahren habe. Den Schritt, den das Komitee gegangen sei, empfand er jedoch als «mutig».

Stopp der Ausbreitung des radikalen Islams in der Schweiz! - Plakataktion des Egerkinger-Komitees
Dossier: Halte à l'expansion de l'islam radical en Suisse!
Dossier: Interventions et mesures luttant contre les tendances à la radicalisation islamiste

Im Konkordanzsystem Schweiz mangelt es – anders etwa als in einem System mit einem Präsidenten – an Köpfen, mit denen man aufgrund der zunehmenden Personalisierung Medienberichte besser verkaufen kann. Es verwundert deshalb nicht, dass sich die Medien für einzelne Exekutivmitglieder interessieren sowie gerne und häufig auch Spekulationen über Rücktritte und mögliche Nachfolgerinnen und Nachfolger amtierender Bundesrätinnen und Bundesräte anstellen. Dies taten sie auch bereits kurz nach der Wahl des neuen Bundesrates Cassis: Schliesslich ist nach der Wahl auch für das Regierungskollegium immer auch vor der Wahl.
In der Tat hatte Doris Leuthard ja bereits im Sommer 2017 ihren Rücktritt auf spätestens Ende der Legislatur im Herbst 2019 angekündigt. Dies war eine Steilvorlage für die Medien, die insbesondere den Umstand thematisierten, dass mit dem Rücktritt der Aargauerin nur noch eine Frau, nämlich Simonetta Sommaruga, in der Regierung sässe und die CVP deshalb gut daran täte, Frauen als mögliche Kandidatinnen aufzubauen – häufig genannt wurden die Ambitionen von Viola Amherd (cvp, VS). Freilich standen bei den Christdemokraten auch einige Männer in den Startlöchern: In den Medien kursierten insbesondere die Namen von Parteipräsident Gerhard Pfister (cvp, ZG), der Ständeräte Konrad Graber (cvp, LU) und Pirmin Bischof (cvp, SO), aber auch Benedikt Würth (SG, cvp), Regierungsrat des Kantons St. Gallen, und Bundeskanzler Walter Thurnherr wurden als Kandidaten gehandelt. Der Bundeskanzler winkte jedoch relativ rasch ab und auch Parteipräsident Pfister zog sich mit dem Argument zurück, einen Austausch im Präsidium kurz vor den Wahlen vermeiden zu wollen. Auch Konrad Graber nahm sich mit seiner Ende August gemachten Ankündigung, bei den eidgenössischen Wahlen 2019 nicht mehr antreten zu wollen, aus dem Rennen.
Ende April 2018 gab dann auch Johann Schneider-Ammann bekannt, dass er keine weitere Legislatur mehr anstrebe. Neben der Forderung, dass auch die FDP nun ein Frauenticket aufstellen müsse, wurde mit der Ankündigung des Berner Magistraten auch die Diskussion um einen konzertierten Doppel- (zusammen mit Leuthard) oder gar Dreierrücktritt (zusammen mit Ueli Maurer) angestossen. Das Parlament müsse eine möglichst grosse Auswahl haben, damit eine genügend grosse Frauenvertretung gesichert sei, lautete der Tenor in den Medien. Auch das Kandidatenkarussell für die Nachfolge des Berner Magistraten begann sich rasch zu drehen. Neben Karin Keller-Sutter (fdp, SG), die bei der Wahl Schneider-Ammanns 2010 noch unterlegen war, brachten die Medien Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ), die Ständeräte Andrea Caroni (fdp, AR), Martin Schmid (fdp, GR) und Ruedi Noser (fdp, ZH) sowie Nationalrat Beat Walti (fdp, ZH) ins Spiel. Auch beim Freisinn zogen sich einige potenzielle Papabili allerdings bereits vor dem definitiven Rücktritt Schneider-Ammans zurück. So gab Petra Gössi etwa zu Protokoll, ihrer Partei eine Kandidatur nicht zumuten zu wollen. Mit dem Namen Keller-Sutter wurde in den Medien häufig auch der Anspruch der Zentral- und Ostschweiz auf einen Bundesratssitz zur Sprache gebracht.
Rücktrittspotenzial sahen die Medien schliesslich auch bei Ueli Maurer, bei dem sie vermuteten, dass er mit 67 Jahren und nach zehn Jahren im Amt bald genug haben könnte. Von verschiedener Seite wurde Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR) als mögliche Nachfolgerin ins Spiel gebracht, die in mehreren Interviews ihre Bereitschaft signalisierte. Hierfür kam aber wenig später ein Dementi von der SVP-Spitze – Vater Christoph Blocher gab zu Protokoll, dass er seine Tochter nicht in das «Gefängnis» Landesregierung stecken wolle. Maurer selber gab in einem Interview zu Protokoll, dass er auf das Ende einer Legislatur zurücktreten werde – ob 2023, 2027 oder 2031 sei noch offen.
Ein vorläufiges Ende nahm zumindest ein Teil der Spekulationen Mitte September, als sowohl Johann Schneider-Ammann als auch Doris Leuthard ihren Rücktritt auf Ende 2018 bekannt gaben. In der Tat gilt die Herbstsession ein Jahr vor den Wahlen als idealer Zeitpunkt für einen Rücktritt vor Ende einer Legislatur, weil so Ersatzwahlen noch vor Ende eines Jahres stattfinden können. Rücktritte in einem Wahljahr selber gelten eher als unschicklich. Freilich war laut Aussage von Doris Leuthard der Doppelrücktritt vorher nicht abgesprochen worden; Schneider-Ammann habe immer davon gesprochen, erst auf Ende Legislatur 2019 zurückzutreten. In den Medien wurde das Vorpreschen des FDP-Bundesrats – er hatte seinen Rücktritt zwei Tage vor Doris Leuthard der Presse verkündet – als geplanter Mediencoup gewertet.

Spekulationen Rücktritt Bundesräte nach der Wahl von Cassis

Die Kampagne rund um die Selbstbestimmungsinitiative lief eigentlich schon seit der Lancierung des Begehrens Anfang 2015. Diverse Parteien und verschiedene Organisationen hatten sehr früh ihren Widerstand angekündigt. Schon im März 2015 hatte der Tages-Anzeiger getitelt «Alle gegen die Volkspartei»: Wirtschaftsverbände hatten Sorgen um Handelsverträge geäussert, Staatsrechtlerinnen und Staatsrechtler hatten einen Angriff auf die Menschenrechte befürchtet, Rechtshistorikerinnen und Rechtshistoriker hatten die Idee der «fremden Richter» bemüht, verschiedentlich war eine Instrumentalisierung des Initiativrechts moniert worden und vor den eidgenössischen Wahlen im Herbst 2015 hatte die Frage zur Beziehung von Völkerrecht und Landesrecht «unter Politikern für Polemiken und rote Köpfe» gesorgt (NZZ) – und das alles noch bevor die Initiative überhaupt zustande gekommen war. Die SVP wollte nach eigenem Ermessen Klarheit und Sicherheit hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Völkerrecht und Landesrecht herstellen, was freilich von den Gegnerinnen und Gegnern als «falsches Versprechen» (NZZ) oder «initiative simpliste» (Le Temps) bezeichnet und bestritten wurde. Rückenwind brachte die Initiative wohl auch ihrem Erfinder Hans-Ueli Vogt (svp, ZH), der während seines Ständeratswahlkampfes im Kanton Zürich für das Begehren geworben hatte.

Die Medienberichterstattung über die Selbstbestimmungsinitiative riss natürlich auch während ihrer parlamentarischen Behandlung 2017 und 2018 nicht ab. Diskutiert wurde dabei unter anderem auch schon früh über den Abstimmungstermin. Ob die SVP im Wahljahr 2019 von der Initiative profitieren könne oder nicht, hänge vor allem vom Arbeitstempo des Parlaments und davon ab, ob ein Gegenvorschlag ausgearbeitet würde oder nicht, berichtete die Presse. In den Medien wurden derweil auch verschiedentlich Fälle beschrieben, bei denen Gerichte internationalen Verträgen den Vorrang vor Verfassungsbeschlüssen gegeben hatten. Insbesondere die Ausnahmen, die in Einzelfällen bei der Anwendung des Ausführungsgesetzes zur Ausschaffungsinitiative gemacht wurden, waren ja auch Stein des Anstosses für die Selbstbestimmungsinitiative gewesen. Ob die Schweiz nun «Musterschülerin» sei (Tages-Anzeiger), die in vorauseilendem Gehorsam handle, oder sich als Vertragspartnerin an internationale Abkommen halten müsse, wie in der Presse ebenfalls argumentiert wurde, – die Diskussionen hielten die Selbstbestimmungsinitiative im Gespräch.

Bereits vor Abschluss der parlamentarischen Verhandlungen lancierten die Gegnerinnen und Gegner der Initiative Ende Mai 2018 mittels einer Medienkonferenz offiziell den Abstimmungskampf – obwohl dann noch nicht entschieden war, wann das Anliegen an die Urne kommen sollte. Unter dem Namen «Schutzfaktor M» – M stand bei der bereits 2013 ins Leben gerufenen Organisation für Menschenrechte – und der Bezeichnung «Allianz der Zivilgesellschaft» hatten sich laut Basler Zeitung über hundert Organisationen – darunter etwa der katholische Frauenbund, Pink Cross, Behinderten- und Jugendverbände oder Helvetas – und Tausende Einzelpersonen zusammengeschlossen. Vor der Presse bezeichneten verschiedene Vertreterinnen und Vertreter dieser Organisationen das SVP-Anliegen als «Selbstbeschneidungs-Initiative» oder «Anti-Menschenrechts-Initiative». Die ungewohnt frühe Organisation der Gegnerschaft sei mit der Bedeutung der Initiative zu erklären, aber auch damit, dass der «Abstimmungskampf kein Spaziergang» werde, so der Tages-Anzeiger. Darauf weise auch eine im März 2018 durchgeführte Umfrage hin, die zeige, dass 43 Prozent der Befragten die Initiative sicher oder eher annehmen würden und 48 Prozent dagegen oder eher dagegen seien.

Anfang Juli entschied der Bundesrat dann, die Abstimmung auf den frühest möglichen Zeitpunkt, den 25. November 2018, festzulegen. Anfang Oktober startete die SVP mit ihrem Abstimmungskampf, der zumindest hinsichtlich der verwendeten Bilder und verglichen mit früheren Kampagnen zur Minarett-, Ausschaffungs- oder Masseneinwanderungsinitiative etwa vom Sonntags-Blick als «völlig harmlos» bezeichnet wurden. Auf einem in orange gehaltenen Hintergrund hielten Personen ein Schild mit einem Ja «zur direkten Demokratie» und «zur Selbstbestimmung» in die Kamera. Das Logo der Partei war nicht sichtbar. Man habe die Botschaft bewusst simpel halten wollen. Eine aggressive Kampagne sei nicht nötig, weil die Botschaft klar sei, zudem wolle man einen sachlichen Abstimmungskampf führen, gab Kampagnenchef Thomas Matter (svp, ZH) zu Protokoll.

Die Gegnerschaft fuhr für ihre Kampagne schwereres Geschütz auf: So liess Economiesuisse 18 Frachtcontainer auf den Bundesplatz stellen mit dem Hinweis, dass darin 387 Tonnen Exportgüter Platz hätten, was der Menge entspreche, die von der Schweiz aus alle 10 Minuten in die Welt verkauft werde. Diese Ausfuhren seien aber bei einem Ja zur Selbstbestimmungsinitiative gefährdet. Nur dank zahlreicher internationaler Abkommen, die bei einem Ja alle auf der Kippe stünden, gehöre die Schweiz zu den 20 grössten Volkswirtschaften weltweit. Das «Gesicht der Operation Libero» (Blick), Flavia Kleiner, sprach von der «krassesten Initiative, über die wir je abgestimmt haben», mit ihr werde der Rechtsstaat fundamental angegriffen. Eine in den Medien häufig zu vernehmende Stimme gehörte Helen Keller, der Vertreterin der Schweiz am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Auch für sie entsprach die Initiative einem Angriff auf den Rechtsstaat und die Menschenrechte. Sie argumentierte, dass das Volksbegehren nicht hätte für gültig erklärt werden dürfen und fürchtete sich bei einer Annahme vor einer «Katastrophe», wie die Weltwoche ausführte. Plakate der Gegnerinnen und Gegner zeigten eine Kreissäge, die verschiedene Begriffe (z.B. Frauenrechte, Kinderrechte, Behindertenrechte) durchtrennte, verbunden mit dem Slogan «Nein zur Selbstbeschneidungsinitiative der SVP». In der Weltwoche wurden die Plakate als «krasser Ausdruck» von «Volksverachtung» bezeichnet, mit der die «antidemokratische Gesinnung der Selbstbestimmungsgegner» sichtbar werde. Volksentscheide würden mit «Kettensägenmassaker[n]» gleichgesetzt.
Auch auf Social Media hatten die Gegnerinnen und Gegner der Initiative «die Nase vorn» (Weltwoche). Mit einem Film zeigten sie als antike Soldaten verkleidete Mitglieder der SVP (Roger Köppel [ZH], Andreas Glarner [AG] und Magdalena Martullo-Blocher [GR]), die in einem Trojanischen Pferd versteckt das Bundesgericht entmachten wollten. Ein grosses Holzpferd wurde dann auch kurz vor dem Abstimmungstermin auf dem Berner Bahnhofsplatz präsentiert.

Die SVP – allen voran Christoph Blocher – verteidigte die Initiative mit dem Argument, dass die direkte Demokratie schleichend ausgehebelt werde. Bei der Abstimmung stünden nichts weniger als die Volksrechte auf dem Spiel. «Damit die Leute noch etwas zu sagen haben», müssten sie Ja stimmen, so der vom Blick als «SVP-Übervater» bezeichnete Blocher. Der alt-Bundesrat betrachtete die Selbstbestimmungsinitiative zudem als Vehikel, mit dem der EU-Rahmenvertrag verhindert werden könne. Sehr häufig trat auch Hans-Ueli Vogt vor die Medien, um «seine» Initiative zu verteidigen. Auch der «Architekt» des Begehrens, so die Aargauer Zeitung, argumentierte mit der Verteidigung der direkten Demokratie. Das Parlament setze angenommene Initiativen mit Verweis auf internationale Verpflichtungen nicht so um, wie dies von der Stimmbevölkerung verlangt werde. Mit der Initiative werde der Stellenwert der direkten Demokratie hingegen wieder gestärkt.

Für Wirbel sorgte ein Flyer, der von der SVP Mitte August 2018 an alle Schweizer Haushalte verteilt wurde. Darin trat alt-Bundesrätin Micheline Calmy-Rey als Kronzeugin für die Selbstbestimmungsinitiative auf: «Das Schweizer Recht schützt besser als das europäische. Ich bin entschieden dagegen, dass europäisches Recht sämtliche Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU regeln soll», wurde die ehemalige Magistratin zitiert. Diese Aussage hatte Calmy-Rey im Rahmen einer Diskussion um das EU-Rahmenabkommen gemacht. Von der SVP sei sie aber nicht angefragt worden, sie sei schockiert über dieses Vorgehen. SP-Parteipräsident Christian Levrat (sp, FR) sprach in diesem Zusammenhang von «Lügenpropaganda». Auch die «Buh-Rufe» und die «Schimpftiraden» (Aargauer Zeitung), die Bundesrätin Simonetta Sommaruga bei einem Podium in Suhr (AG) über sich ergehen lassen musste, zeugten von der immer aufgeheizteren Stimmung. Nicht nur die von der SVP immer wieder heftig attackierte Justizministerin, sondern auch die Bundesratsmitglieder Doris Leuthard, Alain Berset, Ignazio Cassis und Johann Schneider-Ammann engagierten sich mit verschiedenen Auftritten für die ablehnende Haltung des Bundesrates. Man habe Lehren aus dem Ja zur Masseneinwanderungsinitiative gezogen, bestätigte Simonetta Sommaruga der Aargauer Zeitung, und trete darum als Regierung stärker in Erscheinung.

Ende August zeigte eine Umfrage, dass zu diesem Zeitpunkt 53 Prozent der Befragten Nein zur Initiative gesagt hätten und 45 Prozent Ja. Als aussergewöhnlich wurde von den Befragenden der Umstand gewertet, dass das Ja-Lager über die Zeit nicht kleiner geworden sei; ein Muster, das sonst bei Initiativen im Verlauf einer Kampagne zu beobachten sei. Thomas Matter sprach bei seinem Kommentar zu diesen Zahlen in der Aargauer Zeitung von einem Kampf «David gegen Goliath». Er schätzte den finanziellen Aufwand der Gegnerschaft auf einen «zweistelligen Millionenbetrag». Die Gegnerinnen und Gegner führten eine «Märchenstundenkampagne mit unlimitierten Budgets», urteilte Matter. Die SVP selber habe weniger als CHF 3 Mio. ausgegeben. Eine Analyse von Media Focus ging hingegen aufgrund der gekauften Werbeflächen (Plakate, Inserate, Werbung auf Youtube) davon aus, dass das Befürworterlager mehr ausgegeben hatte als das Gegnerlager. Auch die APS-Inserateanalyse, mit der die Anzahl der in Printmedien geschalteten Inserate betrachtet wird, stellte ein grösseres Engagement der Befürwortenden- als der Gegnerseite fest. Zudem schalteten die Befürworterinnen und Befürworter deutlich mehr Inserate als noch bei der Masseneinwanderungs- oder der Durchsetzungsinitiative. Wer wie viel für den Abstimmungskampf ausgab, blieb zwar ein Geheimnis, die Kosten waren aber sicherlich überdurchschnittlich hoch.
Die Gegnerinnen und Gegner warnten aufgrund der Umfrageresultate davor, zu meinen, dass das Rennen bereits gelaufen sei. Demoskopen würden sich oft irren, so etwa der Blick. Als für das Nein-Lager nicht förderlich, wurde zudem die Absicht des Bundesrates bezeichnet, ausgerechnet kurz vor der Abstimmung eine Unterzeichnung des umstrittenen UNO-Migrationspaktes zu prüfen. Die Umfragen hatten zudem gezeigt, dass rund ein Drittel der FDP-Sympathisierenden die Initiative unterstützen würde. Auch die Ja-Parole der Jungfreisinnigen des Kantons Zürich zeige, dass durch den Freisinn ein Riss verlaufe, urteilte der Sonntags-Blick. Diesem wollte Parteipräsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) auf Anfrage mit Aufklärung und Mobilisierung der eigenen Basis begegnen – so das Sonntagsblatt weiter.

Den «Rückenwind», den die Befürworterinnen und Befürworter durch die Debatte um den Migrationspakt noch einmal erhalten hatten, wie der Blick urteilte, versuchten sie kurz vor der Abstimmung dann noch mit «Brachial-Werbung» (Blick) zu verstärken. Auf der Titelseite der Pendlerzeitung «20 Minuten» warb das «Egerkinger Komitee» um Walter Wobmann (svp, AG) und Andreas Glarner (svp, AG) damit, dass mit der Annahme der Selbstbestimmungsinitiative der UNO-Migrationspakt verhindert werden könnte, dass hingegen bei einer Ablehnung die Minarett-Initiative wieder für ungültig erklärt werden würde. Eine Karikatur zeigte zudem Justizministerin Simonetta Sommaruga, die mit der Aussage «Hereinspaziert» an der Grenze Flüchtlinge in die Schweiz bittet.
Die heftige und ungewöhnliche lange Kampagne liess für den Abstimmungssonntag eine hohe Beteiligung erwarten.

Volksinitiative «Schweizer Recht statt fremde Richter (Selbstbestimmungsinitiative)» (BRG 17.046)

Das 100-jährige Jubiläum des Landesstreiks 1918 im Herbst 2018 löste – überwiegend in der Deutschschweiz – mehrere Debatten und damit verbunden über das ganze Jahr verteilt ein grosses mediales Echo aus. Das SRF etwa widmete dem Jubiläum die eigens dafür produzierte Doku-Fiktion «Generalstreik 1918 – Die Schweiz am Rande eines Bürgerkrieges». Im November analysierte die NZZ die Geschehnisse anhand der Haltungen und Handlungen des Bundesrats und der Armeeführung und die WOZ führte Gespräche mit den Gewerkschaftsleitenden Natascha Wey und Florian Keller sowie dem Historiker Stefan Keller. Die Aargauer Zeitung sowie die Weltwoche veröffentlichten bereits im Januar ein Porträt des damaligen Streikführers und Nationalrats Robert Grimm. Während in der Aargauer Zeitung Grimm vom Autor Pirmin Meier als einer der «bedeutendsten und besonnensten Sozialdemokraten» umschrieben wurde, der einen Platz in der «Geschichte der schweizerischen Freiheit» verdient habe, sah Christoph Blocher, dessen Neujahrsrede in der Weltwoche abgedruckt worden war, Grimm als «Bürgerkrieger» und «Revoluzzer», welcher mit dem Landesstreik die bürgerliche Schweiz auf ihre «schwerste Bewährungsprobe ihrer neueren Geschichte» gestellt habe – allerdings dann in seinen 44 Jahren Nationalrat doch noch zur Vernunft gekommen sei.
Gleich zu Jahresbeginn wurde damit eine Debatte darüber losgetreten, wie man den Landesstreik deuten und seinen Protagonisten gedenken solle, denn sowohl linke als auch rechte Parteien versuchten, das Jubiläum zu ihren Gunsten zu nutzen. Der Sonntagsblick meinte hierzu, die Linke suche nach Wegen, den Streik als «Grundstein des modernen Sozialstaats zu mystifizieren» und nun wolle auch die Rechte dem Streik «ihren Stempel aufdrücken». Christoph Blocher, so der Sonntagsblick weiter, plane zum Jubiläum im Herbst einen «Grossanlass mit Soldaten in Weltkriegsuniformen», um den Soldaten und dem «standhaften Bürgertum» zu gedenken. Dadurch, so Geschichtsprofessor Christian Koller im Sonntagsblick, beziehe die SVP eine klare Gegenposition zur Linken. Doch auch die «linke Mythenbildung» sei kritisch zu betrachten, erklärte Koller weiter, denn Forderungen wie das Frauenstimmrecht, die AHV aber auch das Proporzwahlrecht oder die 48-Stunden-Woche – letztere zwei wurden in den Folgejahren nach dem Streik vom Bundesrat umgesetzt – hätten bereits vor dem Streik bestanden.
Im November 2018, 100 Jahre nach Beendigung des Streiks, griff schliesslich Christoph Blocher in Uster (ZH) das Thema erneut auf, wenn auch weniger pompös als im Frühjahr angekündigt. Er störe sich daran, gab der Tagesanzeiger die Rede Blochers wieder, dass die heutigen Historiker «Geschichtsklitterung» betrieben, um mit einem «linken Jubiläumsjahr» den wahren Zweck des Landesstreiks zu verhüllen, nämlich die Errichtung «eine[r] Diktatur des Proletariats nach russischem Vorbild». Im Tagesanzeiger kommentierte Ruedi Baumann, Blocher danke in seiner Rede denn auch nicht den Arbeitenden, sondern den «Soldaten und repressiven Behörden», welche den Streik bekämpft hatten. Als Reaktion auf den angekündigten Anlass in Uster habe im Vorfeld ein anonymes Komitee über Facebook zu einer Demonstration mit dem Slogan «Blocher hau ab» aufgerufen, wie der Tagesanzeiger weiter festhält. Das Komitee wehre sich gegen die «rechte Hetze» und wolle Blocher nicht einfach so die «Geschichte» überlassen.
Ein regelrechter Schlagabtausch zum Landesstreik fand ferner im März 2018 in einer Kommentarserie der Basler Zeitung statt. Helmut Hubacher, der mit Robert Grimm im Nationalrat gesessen hatte, lobte hier das Frauenstimmrecht, die AHV und die 48-Stunden-Woche sowie das Proporzwahlrecht als direkte oder indirekte Errungenschaften des Streiks und der SP, da diese Forderungen im Streikkatalog aufgeführt waren. Wenige Tage später widerspach Chefredaktor Markus Somm Hubachers Aussagen. Somm sah im Streik vielmehr die «grösste Niederlage und grössten Irrtum» in der Geschichte der SP, da durch den Streik die Angst vor einem bolschewistischen Umsturz geschürt worden sei und die Bürgerlichen fortan Ideen der SP «dämonisieren und damit erledigen» haben können. Wiederum eine Woche später antwortete der Militärhistoriker Hans Rudolf Fuhrer auf Somm und Hubacher. Er hob hervor, dass nachträglich vieles oft vermeintlich einfacher zu beurteilen sei. So könne eben auch heute nicht abschliessend beurteilt werden, was der Streik bewirkt habe, wie viel etwa die durch den Ersten Weltkrieg verursachte Armut und der danach folgende Hunger zum Unmut beigetragen hätten und als wie entscheidend letztlich die bolschewistische Ideologie als Triebfeder des Streiks zu deuten sei. Richtig sei sicherlich, dass bis heute «schweizerische Ereignisse» in einem internationalen Kontext beurteilt werden müssten.
International wurde das Thema denn auch in der Museumslandschaft aufgegriffen: Insgesamt nahmen über 30 Museen in der Schweiz, Frankreich und Deutschland an der Ausstellungsreihe «Zeitenwende 1918/19» teil, welche auf diese Weise die turbulente Zeit anhand verschiedener Aspekte thematisierten. Die Ausstellung über den Landesstreik im Zeughaus Schaffhausen wurde von Bundesrat Schneider-Amman eröffnet.

100 Jahre Landesstreik 1918

Zwischen der Behandlung der Initiative im Parlament im September 2017 und der Volksabstimmung im März 2018 riss die Berichterstattung und die Debatte über die Initiative zur Abschaffung der Billag-Gebühren nicht mehr ab. Insbesondere nachdem Medienministerin Doris Leuthard im Oktober 2017 die neue Radio- und Fernsehabgabe von 365 Franken pro Jahr präsentiert hatte, gab es für die Medien kein Halten mehr. Diskutiert wurden in der Folge alle möglichen Aspekte der Vorlage. Relativ schnell beschrieben war der Inhalt der Initiative: Die Empfangsgebühr für Radio und Fernsehen soll abgeschafft werden und der Bund soll in Friedenszeiten keine Radio- und Fernsehstationen betreiben oder subventionieren dürfen. Stattdessen soll er entsprechende Konzessionen versteigern. Welche Auswirkungen eine solche Änderung hätte, wer sie befürwortete oder bekämpfte und wer wie davon betroffen wäre, sorgte in der Folge in Medien und Gesellschaft für viel Gesprächsstoff und wurde in über 7'000 Presseartikeln und 68'000 Tweets, Letztere gemäss (Fög) alleine zwischen anfangs Januar und Mitte Februar 2018, diskutiert.

Zu Beginn des Abstimmungskampfes besonders interessant war die Frage nach den Initianten und Befürwortern der Vorlage. Diese stellten gemäss Le Temps eine «alliance de circonstance» zwischen verschiedenen Akteuren vor allem aus der Deutschschweiz dar: neoliberale Rechte insbesondere aus der Zürcher SVP; junge Libertäre, die dadurch ihre Vision einer ultraliberalen Welt verbreiten wollten, sowie private Verleger, die sich Vorteile aus der Initiative erhofften. Die Hauptakteure der No-Billag-Komitees kamen folglich mit Olivier Kessler, Co-Initiator der Initiative und einstigem Präsidenten der Jungen SVP Schwyz, mit Thomas Juch, No-Billag-Co-Präsident und Vizepräsident der Jungfreisinnigen, mit Andreas Kleeb, Kommunikationsstratege und ehemaligem Parteipräsidenten der FDP Zug, und mit den Präsidenten der Unterstützerkomitees der Romandie, dem Jungfreisinnigen Nicolas Jutzet, und des Tessins, dem SVP-Gemeinderat von Lugano, Alain Bühler, aus dem Umfeld junger Libertärer. Deren Bewegung erlangte in der Folge durch Zeitungsinterviews und Auftritte in Diskussionsrunden einige mediale Aufmerksamkeit.
Anfangs sprach sich neben den Initianten kaum jemand für die Initiative aus; unterstützt wurde sie lediglich von der Zürcher SVP und vom Gewerbeverband, die beide relativ früh die Ja-Parole beschlossen hatten. Auch die Aktion Medienfreiheit, eine Gruppe privater Verleger präsidiert von Natalie Rickli (svp, ZH), sprach sich für die Vorlage aus, da ihr die Aktivitäten der SRG zu weit gingen. Lange fragten sich die Medien, was die SVP machen werde: Es seien bei ihr zwar schon immer Sympathien für die Initiative zu spüren gewesen, aber die Partei sei diesbezüglich gespalten. Eine Halbierung der Gebühr, wie es ihr Gegenvorschlag vorgesehen hatte, wäre von den meisten Exponentinnen und Exponenten bevorzugt worden, war zu lesen. Ebendiese Forderung anstelle der radikaleren Nullforderung hatte Nationalrätin Rickli den Initianten bereits vor Lancierung des Volksbegehrens nahegelegt. Die Medien erklärten die Zurückhaltung der SVP damit, dass es sich beim Thema der Initiative nicht um ein Kernanliegen der SVP handle und die im Januar 2018 lancierte Begrenzungsinitiative viele Ressourcen binde. Im Laufe der Kampagne sprachen sich jedoch immer mehr Mitglieder der SVP für die Initiative aus, unter ihnen auch alt-Bundesrat Christoph Blocher und Nationalrätin Magdalena Martullo-Blocher (svp, GR). Kurz vor der Abstimmung empfahl die SVP schliesslich mit 242 zu 17 Stimmen ein Ja zur Initiative. Zudem fassten die EDU und die Unabhängigkeitspartei up! die Ja-Parole.
Da zu Beginn der Kampagne noch unklar war, ob sich die SVP oder der Gewerbeverband finanziell beteiligen würden, setzten die Befürworter der Initiative auf Crowdfunding. Dieses sorgte für Aufmerksamkeit, nachdem der Betreiber der Crowdfunding-Seite erklärt hatte, die Sammelaktion für die Initiative zu stoppen und die bereits erhaltenen Gelder zurückzubezahlen. Die No-Billag-Initiative sei schlecht für die Kohäsion der Schweiz und als privates Unternehmen habe man das Recht, den Auftrag zu verweigern, erklärte die Geschäftsleitung. Olivier Kessler wertete dies als Sabotage und Affront gegen die Leute, die bereits insgesamt CHF 11‘500 für die Initiative gespendet hätten. Knapp 24 Stunden später startete das Crowdfunding auf einer privaten Seite erneut und erzielte nun – aufgrund von Solidaritätsbekundungen oder Gratiswerbung – mehr Spendengelder als zuvor: In den ersten 48 Stunden erhielten die Befürworter Spenden über CHF 22‘000, bis Ende Dezember 2017 nahmen sie insgesamt CHF 86‘000 mittels Crowdfunding ein.

Das Lager der Initiativgegner war relativ breit aufgestellt. Von den Parteien gaben die SP, die Grünen, die CVP, die BDP, die GLP, die EVP und die CSP die Nein-Parole heraus, genauso wie zum Beispiel Operation Libero, die Schweizerische Bischofskonferenz, die KdK und die Westschweizer Regierungskonferenz. Zögerlicher zeigten sich Economiesuisse und FDP. Die Freisinnigen fassten zwar mit 204 zu 82 Stimmen klar die Nein-Parole, machten aber an der Delegiertenversammlung ihrem Unmut gegenüber der SRG Luft. FDP-Präsidentin Petra Gössi (fdp, SZ) fasste die Position der Partei entsprechend zusammen: «Es braucht Anpassungen, aber keine Revolution.» Auf deutliche Ablehnung stiess die Initiative hingegen bei der CVP, von den Medien häufig als «SRG-Partei» bezeichnet. Mit 50 zu 0 Stimmen beschloss der Parteivorstand die Nein-Parole entsprechend deutlich; die CVP übernahm zudem die Leitung der Kampagne. Trotz ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem Volksbegehren geizten zahlreiche Initiativgegner nicht mit Kritik an der SRG und betonten, dass sie für den Gegenvorschlag gestimmt hätten, wenn dieser zustande gekommen wäre.
In Übereinstimmung mit der breiten Gegnerschaft der Initiative entstanden zahlreiche verschiedene Contra-Komitees. Dazu gehörten ein überparteiliches Komitee «Nein zu No Billag», dem sich über 140 nationale Parlamentarierinnen und Parlamentarier anschlossen, der Verein «Nein zum Sendeschluss», dem verschiedene zivilgesellschaftliche Akteure, darunter der Schriftsteller Pedro Lenz, der Direktor der Schweizer Journalistenschule und ehemalige SRF-Chefredaktor Diego Yanez sowie die Co-Präsidentin von Operation Libero Laura Zimmermann, angehörten. Operation Libero engagierte sich auch in einer eigenen Kampagne und erhoffte sich, mit Crowdfunding CHF 280‘000 zu erhalten, was dem Betrag entspricht, den die Bewegung bereits für ihre Kampagne gegen die Durchsetzungsinitiative auf dieselbe Weise erzielen konnte. Dieses Ziel erreichte Operation Libero im Dezember 2017 nach lediglich einer Woche Sammelaktion: Nachdem eine Vorumfrage der Sonntagszeitung einen deutlichen Vorsprung der Befürworter gezeigt hatte, schossen die Spenden durch die Decke. Zudem setzten sich das Komitee «NEIN zu No-Billag», bestehend aus engagierten Personen aus der Zivilgesellschaft, das Schweizer Syndikat Medienschaffender (SSM) mit der Kampagne «Made in Switzerland», Kulturschaffende mit dem «Aufruf der Kulturschaffenden gegen No-Billag» und der «Verein für die Rettung meiner Lieblingssendung», der eigens für diese Kampagne ins Leben gerufen worden war, gegen die Initiative ein. Zudem entstanden verschiedene Regionalkomitees in der Romandie, dem Tessin und im Bündnerland.

Breit diskutiert wurden in den Medien auch die Argumente der Befürworter und Gegner der Initiative. Die Initianten argumentierten, durch die Abschaffung der sogenannten «Zwangsgebühren» könne die Bevormundung der Bürger durch den Staat zumindest im Medienbereich gestoppt werden. Die Bürger sollten die Freiheit haben, zu wählen, was sie sehen und bezahlen wollen, erklärte Nicolas Jutzet. Dies betreffe insbesondere die jüngere Generation, die kaum noch lineares Fernsehen nutze: Untersuchungen des Fög sowie von Mediapulse und Vimentis verdeutlichten, dass nur noch 14 Prozent der 18- bis 24-Jährigen Fernsehen als Hauptinformationsquelle nutzen, die Marktanteile insbesondere von SRF 1 in dieser Altersgruppe deutlich niedriger liegen als für ältere Gruppen und Junge unzufriedener sind mit der SRG als ältere Personen.
Überdies würden die Gebühren einen fairen Wettbewerb und damit die Entstehung eines «vielseitigen und qualitativ hochstehenden Fernsehmarktes in der Schweiz» verhindern, argumentierte Mitinitiant Sebastian Frehner (svp, BS). Eines der prominentesten Argumente der Befürworter bezog sich demnach auf die Rolle der SRG. Die Befürworter der Initiative erachteten die No-Billag-Initiative als Möglichkeit, die Übermachtstellung der SRG zu brechen und dadurch die privaten Medienunternehmen zu stärken. Die SRG ruiniere mit ihren Gebührenmilliarden und einer aggressiven Wettbewerbsstrategie die privaten Medienhäuser, da sie durch den Startvorteil der Gebührenfinanzierung die Privaten am Werbemarkt unter Preisdruck setze und einfacher in neue Geschäftsfelder vorstossen könne, wurde argumentiert. Mit dieser Meinung standen die Initiativbefürworter nicht alleine da. Bis weit ins gegnerische Lager pflichtete man den Initianten bei, dass die SRG die Presse und die privaten Sender konkurriere, obwohl sie dies rechtlich nicht dürfe. Eine finanzielle Unterstützung der SRG sei nötig, erklärten hingegen die übrigen Initiativgegner. Dass bei den Medien der freie Markt, den die Initianten forderten, nicht spiele, könne man am Beispiel der Zeitungen sehen, erklärte Martin Candinas (cvp, GR). Daher bedürfe es bei Produktion und Verteilung von politischen und kulturellen Inhalten eines staatlichen Eingriffs, war in Le Temps zu lesen. Ohne staatliche Unterstützung könnten die Kosten zur Bereitstellung dieser Informationen nicht gedeckt werden. Da es sich für die grossen Medienunternehmen nicht lohnen würde, sich an der Versteigerung der Konzessionen zu beteiligen, käme eine Ersteigerung einzig für Milliardäre in Frage, betonte Roger Nordmann (sp, VD) zudem. Folglich käme es bei Annahme der Initiative zu einer sogenannten «Berlusconisierung» der Medienlandschaft: Einzelne finanzstarke Personen oder Unternehmen würden zukünftig den Medienmarkt und damit die Meinungsbildung dominieren.
Welche direkten Folgen eine Annahme der Initiative für die SRG hätte, war sehr umstritten und entwickelte sich immer mehr zur Glaubensfrage. Während Medienministerin Leuthard sowie mehrere Exponenten der SRG betonten, dass eine Annahme der Initiative das Ende der SRG bedeuten würde, bezweifelten dies die Initianten. Leuthard erklärte, dass die Initiative so klar formuliert sei, dass der Bundesrat sie per Verordnung umsetzen würde – das entsprechende Gesetz könne wohl kaum rechtzeitig erarbeitet werden. Man würde daher die Gebühren innerhalb eines Jahres zurückfahren. Auch SRG-Präsident Jean-Michel Cina, SRG-Generaldirektor Gilles Marchand sowie SRF-Direktor Ruedi Matter betonten, dass es bei einer Annahme zu einem Lichterlöschen bei der SRG und zu einer sukzessiven Entlassung der 6'000 Mitarbeitenden kommen würde. Insbesondere da bei Annahme der Initiative ein Grossteil der Bürger sofort aufhören würde, Gebühren zu bezahlen, wodurch die SRG in kürzester Zeit Liquidationsprobleme bekäme. Danach gäbe es in der Schweiz nur noch hoch kommerzielles Fernsehen mit viel Werbung. Dieser Darstellung widersprachen die Initianten: Sendungen mit hohen Einschaltquoten liessen sich über den Werbemarkt weiterhin finanzieren, betonte zum Beispiel Andreas Kleeb. Die SRG würde durch die Initiative zu einem gewöhnlichen Medienunternehmen, das sich am Markt bewähren müsste, erklärte auch Christoph J. Walther, Fachjournalist für Medien. Die Weltwoche rechnete aus, dass die SRG CHF 310 Mio. einnehmen könnte, wenn nur ein Viertel aller heutigen SRG-Nutzerinnen und -Nutzer die SRG-Programme zukünftig abonnieren würde. Da man bezüglich Werbung freier wäre, könnte man den Zuschauerrückgang durch längere Werbefenster sowie Werbung in Internet und Radio kompensieren. Auch der emeritierte Rechtsprofessor Rainer J. Schweizer hielt die Darstellung eines abrupten Endes der SRG für übertrieben. Er erklärte, die SRG würde vorläufig ihren Programmauftrag behalten und könnte weiter existieren, bis das Parlament das RTVG angepasst habe, weil dieses eine stärkere rechtliche Wirkung habe als die Ausführungsbestimmungen der Initiative. Um die Diskussionen zur Zukunft der SRG bei Annahme der Initiative auf eine solidere Basis zu stellen, hatte die KVF-NR bereits im April 2017 einen Bericht des BAKOM zu zwei Budgetvarianten der SRG gefordert, der im Juni 2017 erschien.
Nicht nur die SRG, auch die 21 respektive 13 regionalen Radio- und Fernsehstationen würde eine Annahme der Initiative vor grosse Probleme stellen, gaben Letztere zu bedenken. Diese erhalten ebenfalls CHF 68 Mio., zukünftig sogar CHF 81 Mio., aus dem Gebührentopf und sind zu etwa 50 Prozent gebührenfinanziert. Ohne diese Unterstützung könnten sie somit kaum überleben. Silvio Lebrument, Geschäftsführer der Somedia, erklärte, auch für den Radio- und Fernsehsender Südostschweiz würde eine Annahme der Initiative das Aus bedeuten. Folglich kritisierte auch der Verband der Schweizer Regionalfernseher Telesuisse die Initiative stark.
Eine Annahme der Initiative hätte schliesslich gemäss den Initiativgegnern auch negative Konsequenzen für die (Sprach-)Minderheiten. So erklärte Medienministerin Leuthard im Dezember, dass die Initiative diese deutlich stärker treffen würde als die Deutschschweiz. Heute fände eine Quersubventionierung der französisch- und italienischsprachigen Sender durch die Deutschschweizer Gebührenzahlenden statt: RSI zum Beispiel erhält 20.5 Prozent der Gebühreneinnahmen für 8.1 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner. Ohne diese Umverteilung könnten Radio- und Fernsehsender in anderen Sprachregionen kaum produziert werden, da die Märkte zu klein seien, erklärte Pascal Crittin, Direktor von RTS. Ausschliesslich werbefinanziert liesse sich hochwertiges Fernsehen nicht produzieren, bei einem Ja müsse RTS daher schliessen. Entsprechend kritisch zeigten sich die Medien und Akteure in der Romandie bezüglich der Initiative. Relativ lange war die Diskussion zur Initiative in den Westschweizer Medien deutlich weniger virulent als in der Deutschschweiz, die Initiative galt als chancenlos. Zudem sei das Westschweizer Fernsehen gemäss Peter Rothenbühler, langjährigem Chefredaktor von Le Matin, dank verschiedener hervorragender Informationssendungen in der Bevölkerung fest verankert. Aufgrund ausgewogener Informationsveranstaltungen und kontroverser Diskussionen sei auch der Vorwurf, die Sender seien politisiert, nie aufgekommen. Diese positive Einstellung zur SRG zeigte sich auch in der von Année Politique Suisse untersuchten Inseratekampagne: Im Vergleich zu früheren Vorlagen wurden in den französischsprachigen oder zweisprachigen Kantonen überdurchschnittlich viele Contra-Inserate publiziert, jedoch beinahe keine Pro-Inserate.
Speziell war die Lage für den Kanton Tessin, wo RSI mit 1100 Stellen, 500 Stellen bei Zulieferern und einer Wertschöpfung von CHF 213 Mio. gemäss einer Studie des Wirtschaftsforschungsinstituts BAK Basel einer der grössten Arbeitgeber des Kantons ist. RSI-Direktor Maurizio Canetta betonte entsprechend die Gefahr der Vorlage für den Südkanton. Da das Tessin aktuell dreimal mehr Geld aus dem Gebührentopf erhalte, als es einzahle, würden bei Annahme der Initiative nur noch kommerzielle Gewinne zählen, die Regionalität ginge verloren. Mittelfristig müsse RSI schliessen, dann könnten nur noch italienische Sender empfangen werden. Trotz oder gerade wegen der starken Lage von RSI entwickelte sich im Tessin eine überaus starke Befürworterkampagne zur Initiative. Mit fast 60 Inseraten im untersuchten Zeitraum und den untersuchten Zeitungen – von denen jedoch mehr als die Hälfte in der Lega-nahen Zeitung «Il Mattino della Domenica» erschienen waren – legten sich die Befürworter mächtig ins Zeug, wie die Auswertung von Année Politique Suisse zeigte. Hauptsächlich kritisierten sie darin die Grösse der SRG und die staatliche Kontrolle des Fernsehens.
Ebenfalls besonders stark betroffen war der Kanton Graubünden als einziger dreisprachiger Kanton. Martin Candinas erklärte, die Vorlage sei ein Frontalangriff auf das rätoromanische Radio- und Fernsehangebot und ein Kahlschlag für den Medienplatz Schweiz. Der Kanton Graubünden würde bei einer Annahme der Initiative aus den Medien verschwinden, berichtet werden würde nur noch über Naturkatastrophen, ergänzte Nationalrätin Silva Semadeni (sp, GR). Die Initiative müsse klar abgelehnt werden, damit ein deutliches Signal für eine starke SRG gesendet werden könne, die in der Lage wäre, Minderheitensprachen, Berggebiete und periphere Regionen zu berücksichtigen. Im Laufe der Kampagne wurden die Initiativgegner immer deutlicher, Ständerat Stefan Engler (cvp, GR) etwa sprach vom Verlust eines Stückes Identität der Rätoromanen und von «einer Katastrophe für den Kanton Graubünden». Entsprechend aktiv zeigten sich die Bündner Initiativgegner auch in der Kampagnenphase – in keinem anderen Kanton zählte Année Politique Suisse mehr Contra-Inserate.
Das Argument der Sprachminderheiten war jedoch auch in der Deutschschweiz relevant. Hier sahen die Initiativgegner nicht nur die Schweizer Medienlandschaft, sondern mit ihr gar die nationale Kohäsion gefährdet. Diese beruhe nämlich gemäss NZZ unter anderem auf der Bereitschaft, die kleineren Sprachregionen mit Nachrichten und Unterhaltung zu bedienen und die kulturelle Vielfalt zu fördern. Durch die Initiative würde «einer der letzten Stützpfeiler unseres gemeinsamen Schweizer Dachs» verloren gehen, erklärte Nationalrat Christoph Eymann (lpd, BS).
Gegen eine solche «Überhöhung» der SRG wehrten sich wiederum die Befürworter der No-Billag-Initiative: Die Initiativgegner würden die SRG zur Rettung der vierten Gewalt und die No-Billag-Abstimmung zur Schicksalsfrage für die Schweiz hochstilisieren, kritisierte Nationalrat Lukas Reimann. Dabei hätten Umfragen gezeigt, dass selbst von den Initiativgegnern eine Mehrheit nicht glaube, dass die SRG mit Annahme der Initiative untergehen würde. Schliesslich bestritten die Befürworter der Initiative nicht nur die Darstellung der Medienministerin und der SRG-Verantwortlichen, wonach die SRG bei Annahme der Initiative nicht überleben könne, sie kritisierten insbesondere auch deren Weigerung, einen Plan B vorzulegen. Die SRG-Führung habe die Pflicht, den Fortbestand des Unternehmens sowie die Fortbeschäftigung der Mitarbeitenden unter allen Umständen zu sichern, erklärte unter anderem Nationalrat Gregor Rutz (svp, ZH). Dies veranlasste Andreas Kleeb, aber auch den Verleger der AZ Medien, Peter Wanner, zu Spekulationen, wonach die SRG über einen Plan B verfüge, diesen aber aus taktischen Gründen nicht kommuniziere.

Die Kampagnen zur No-Billag-Initiative konzentrierten sich stark auf Onlinekommentare und soziale Medien. Die Twitter-Aktivitäten zu No-Billag starteten anfangs Oktober und stiegen bis Ende Februar stetig an. Das Fög zählte von Januar bis Mitte Februar 2018 insgesamt 68'000 Tweets. Die Untersuchung des Fög bestätigte auch die oftmals geäusserte Vermutung, dass es bei den Twitter-Aktivitäten zu einer Bildung von Informations-Filterblasen komme: Grösstenteils bekamen die Nutzer nur Inhalte zu Gesicht, die mit ihren eigenen Ansichten übereinstimmten. Ausserordentlich stark tobte der Abstimmungskampf auch in den Medien. Das Fög bezeichnete die No-Billag-Initiative als «Sonderfall», da die Initiative über die ganze Kampagnendauer überdurchschnittlich viel Aufmerksamkeit in den Medien erzielt hatte. Das Fög zählte in den 14 Wochen vor der Abstimmung in den untersuchten Zeitungen 1049 inhaltliche Artikel zur Vorlage – insgesamt war die Rede von über 7000 Artikeln –, deutlich mehr als bei anderen vielbeachteten Vorlagen wie der Unternehmenssteuerreform III, der Durchsetzungsinitiative, der Masseneinwanderungsinitiative oder gar beim RTVG. Die Tonalität bezüglich der Initiative war in beinahe allen untersuchten Medien negativ, einzig die Weltwoche berichtete mehrheitlich positiv darüber. Vergleichsweise gut schnitt die Initiative auch bei der Aargauer Zeitung, 20 Minuten, der BaZ und der Sonntagszeitung ab. Überdurchschnittlich viel Resonanz erhielten gemäss dem Fög die Pro-Akteure jedoch neben der Weltwoche auch in den untersuchten Programmen der SRG. Während die Kampagne somit im inhaltlichen Teil der Zeitungen überdurchschnittlich stark vertreten war, zeigte sich in den Inseratespalten kein auffälliges Bild: Die Komitees schalteten im Vergleich mit Abstimmungen der vergangenen vier Jahre nur durchschnittlich viele Zeitungsinserate.

Am häufigsten porträtiert wurde die Position von Vertretern der Zivilgesellschaft, wie die Studie des Fög zeigte. Diese gehörten gemäss Fög überdies zu den grössten Kritikern der Initiative. So meldeten sich im Laufe der Kampagne zahlreiche zivilgesellschaftliche Organisationen zu Wort; Diego Yanez, Vorstandsmitglied des Komitees «Nein zum Sendeschluss», sprach von einem «Ruck, der durch die Zivilgesellschaft» ging. Bekämpft wurde die Vorlage von vielen Seiten: Der Gehörlosenbund zum Beispiel sprach sich gegen die Initiative aus, da man auf Sendungen mit Untertiteln oder in Gebärdensprache angewiesen sei. Bereits das heutige Angebot sei ungenügend, eine Annahme der Initiative würde aber die Situation noch verschlechtern, erklärte Corinne Parrat, die gehörlose Miss-Handicap 2009. Auch die Sportfans und -organisatoren meldeten sich zu Wort. Sie sorgten sich, dass nach Annahme der Initiative kaum noch Sportübertragungen im Free TV zu sehen sein würden. Seit Beginn der Erhebung 2013 waren die zehn meistgeschauten Sendungen im SRF Sportübertragungen, von den Top 100 beinhaltete fast jede zweite Sendung Sport. Insbesondere Anhänger von Nischensportarten waren besorgt: Private würden wohl kaum Berichte zu über 100 verschiedenen Sportarten ausstrahlen, wie es die SRG tue, war zu vernehmen. Auch Swiss Olympic beteiligte sich an der Diskussion: Die SRG sei einer «der wichtigsten Sportförderer der Schweiz», sowohl für Elite- als auch für Breitensport. Ein Ja wäre daher das Ende von mehr als nur der SRG.
Auch von kultureller Seite wurde Kritik an der Initiative laut. Die Interessengemeinschaft Volkskultur, der 33 Verbände und 400‘000 Aktivmitglieder angehören, fasste einstimmig die Nein-Parole. Präsident Albert Vitali (fdp, LU) erklärte, bei Annahme der Initiative sei zum Beispiel die Übertragung von Schwing- und Jodelfesten in Gefahr, weil Private die Kosten der Übertragung nicht stemmen könnten. Die Nein-Parole erliessen auch der Blasmusikerverband sowie der Eidgenössische Jodelverband. «Für die Freunde der Volkskultur ist die Initiative ein Affront», betonte die Präsidentin des Jodelverbands Kathrin Niederberger. Für Brauchtumsfeste sei die SRG ein unverzichtbarer Partner.
Anders sah es hingegen lange Zeit bei der Schweizer Musikbranche aus. Noch im November 2017 kritisierte die Sonntagszeitung, dass sich diese nicht zur Vorlage äusserte, obwohl die SRG die Karrieren der Schweizer Musiker entscheidend gefördert habe. So würden jährlich CHF 300 Mio. von der SRG zu den Künstlern fliessen, was für einige mehr als 40 Prozent des Einkommens ausmache. Da Privatradios einen deutlich niedrigeren Anteil an Schweizer Musik spielten als die SRG-Kanäle, seien die Musiker auf Letztere angewiesen. Ähnlich sehe es bei der Filmbranche aus, betonten die Medien. Die SRG habe in den letzten 30 Jahren CHF 300 Mio. in die Filmförderung investiert und unterstütze zudem jährlich Schweizer Filme mit CHF 30 Mio. bis 40 Mio. Dieser Aufruf zeigte Ende 2017 Wirkung, als unter dem Motto «Nein zum Blackout – Nein zu No Billag» Werbespots mit zahlreichen verschiedenen Schauspielerinnen und Schauspieler ausgestrahlt wurden. Finanziert wurden diese vom Dachverband der Schweizer Film- und Audiovisionsbranche Cinésuisse, der darauf hinweisen wollte, dass zahlreiche Filme wie «Die Schweizermacher» oder «Heidi» ohne die enge Partnerschaft mit der SRG nicht hätten realisiert werden können.
Diese Solidaritätsbekundungen lösten jedoch nicht nur Begeisterung aus. Die Weltwoche sah sich in ihrer Kritik bestätigt: Durch die Initiative würden die Verflechtungen der SRG sichtbar; diese mache sich die Abhängigkeiten zahlreicher Akteure für ihre Zwecke zu Nutze. Dabei kritisierte die Weltwoche insbesondere die Printmedien, welche die SRG über die Jahre abhängig gemacht habe. Zum Beispiel zahle sie jährlich mehrere Millionen Schweizerfranken an die Somedia, die NZZ-Gruppe sowie die AZ-Medien und insgesamt flössen jährlich CHF 67.5 Mio. an private Radio- und Fernsehstationen. Das erkläre auch, warum von dieser Seite nur leichte Kritik an der SRG geäussert würde. Diejenigen, die auf diese Weise von der SRG profitierten, hätten sich nun auch gegen die Initiative ausgesprochen, erklärte die Weltwoche. Allgemein blieb die Haltung der Zeitungen zur Initiative jedoch unklar. Der Verlegerverband (VSM) mochte anfangs keine klare Ja- oder Nein-Parole fassen, empfahl schliesslich aber trotz bestehender Differenzen die Ablehnung der Initiative. Zwar sei man für die Gebührenfinanzierung, mache aber die Stärke des Engagements von den Zugeständnissen der SRG abhängig, erklärte Geschäftsführer Andreas Häuptli. Die SRG solle demnach langfristig ohne Werbung und Sponsoring auskommen und die Kommerzialisierung des Angebots reduzieren, wurde gefordert. Auch der Westschweizer Verband Médias Suisses sprach sich gegen die Initiative aus, wollte aber die Contra-Kampagne nur unterstützen, wenn die SRG auf zielgerichtete Werbung verzichte und aus der Admeira austrete.

Unter besonderer Beobachtung standen auch während der Kampagnenphase die SRG und ihre Mitarbeitenden: Vielfach wurde befürchtet, dass sie aufgrund der für sie weitreichenden Konsequenzen der Initiative nicht würden neutral bleiben können. Mitte Oktober definierte die SRG interne Leitlinien, die es ihren Mitarbeitenden erlaubten, ihre Position über soziale Netzwerke zu vertreten und das Programmangebot und die Werte der SRG proaktiv zu betonen. Die Mitarbeitenden durften hingegen keine direkten Abstimmungsempfehlungen abgeben. In ihren Sendungen nahm die SRG gemäss Fög eine klar kritische Haltung zu der Initiative ein, die negative Tonalität von SRF und RTS entsprachen jedoch der durchschnittlichen Haltung der Medien, erklärte das Fög weiter. Überdurchschnittlich grosse Resonanz erhielten jedoch die Statements der Befürworter bei der SRG. Diese zeigten sich jedoch mit dem Verhalten der SRG und ihrer Mitarbeitenden im Rahmen des Abstimmungskampfes nicht zufrieden und kritisierten deren «breit angelegte Informationskampagne», wie es der Bote der Urschweiz formulierte. Insbesondere Sendungen zur Initiative selbst, vor allem die Arena respektive ihr Moderator Jonas Projer wurden kritisiert. Olivier Kessler beschuldigte Projer als SRG-Angestellten und «Zwangsgebühren-Profiteur» zu wenig unabhängig zu sein, um die Sendung zur No-Billag-Initiative fair zu leiten. Er habe die Sendung einseitig moderiert und die Initiativbefürworter deutlich häufiger unterbrochen als die Gegner, ergänzte Kessler auf seinem Blog. Auf diese Anschuldigungen entgegnete Projer, dass die wichtigsten Themen beider Seiten angesprochen worden seien und die Redezeit ausgeglichen gewesen sei – man habe dies absichtlich gemessen. Unterstützung erhielt Projer im Nachhinein von SRG-Ombudsmann Roger Blum, der die Sendung aufgrund zahlreicher Beschwerden überprüfte. Demnach habe Projer Kessler deutlich weniger kritische und mehr unkritische Fragen gestellt als Bundesrätin Leuthard, habe diese aber nie, Kessler sowie Joachim Eder als Vertreter der Initiativgegner aber gleich häufig unterbrochen. Insgesamt seien die Befürworter zwar deutlich häufiger unterbrochen worden, eine «förmliche Diskriminierung» habe der Ombudsmann aber nicht festgestellt. Das hatten einige Zuschauer freilich anders wahrgenommen, in den sozialen Medien gingen die Wogen hoch. In einer Twitter-Nachricht wurden Projer und seine Kinder gar mit dem Tod bedroht, worauf dieser Strafanzeige einreichte.
Die SRG wurde jedoch nicht nur wegen dem Inhalt ihrer Sendungen, sondern auch wegen deren Kampagnenfinanzierung kritisiert. Die Initiativbefürworter befürchteten, die SRG setze Gebührengelder für den Abstimmungskampf ein, was zum Beispiel Stefan Ammann, Präsident der Jungfreisinnigen, als Beeinflussung wertete. Entsprechende Anfragen von Sylvia Flückiger-Bäni (A. 17.5446) und Lukas Reimann (A. 17.5455) im Parlament ergaben, dass die SRG zwar nicht über ein Budget für die Abstimmungsdebatte verfügte, wohl aber Geld für Medienanfragen aus dem Budgetposten «Public Affairs» bereitgestellt hatte. Dieser betrug fürs Jahr 2016 CHF 400‘000. Der Bundesrat erklärte diesbezüglich, die Trägerschaft der SRG habe das Recht und die Pflicht, Diskussionen über den Service public zu führen, jedoch müssten die Auftritte sachlich und transparent sein. Gemäss den Initiativ-Befürwortern war hingegen auch das äusserst heikel, da dadurch Arbeitszeit von Personen mit gebührenfinanzierten Löhnen in Anspruch genommen werde. Ferner brauche die SRG keine Plakate mehr zu finanzieren, weil sie stattdessen auf bereits bekannte Gesichter setzen könne.

Volksinitiative "Ja zur Abschaffung der Radio- und Fernsehgebühren" (No Billag-Initiative)

Das Salär eines Bundesrates ist immer mal wieder Gegenstand medialer Debatten. Zudem war der Durchschnittslohn der Magistratinnen und Magistraten auch Gegenstand in der Debatte um die Kaderlöhne in bundesnahen Betrieben. Die Kosten eines Bundesratsmitglieds bemessen sich aus seinem an die Teuerung angepassten Lohn, der – Stand Januar 2017 – CHF 445'163 beträgt, und einer Spesenpauschale von CHF 30'000 pro Jahr. Der Bundespräsident oder die Bundespräsidentin erhalten zusätzlich CHF 12'000. Darüber hinaus übernimmt der Bund die Kosten für Festnetzanschluss, Mobilteleton und PC und die Magistratinnen und Magistraten dürfen ein Repräsentations- und ein Dienstfahrzeug nutzen, bezahlen für deren private Nutzung allerdings 0.8 Prozent des Neupreises pro Monat. In den Leistungen inbegriffen sind zudem ein SBB-Generalabonnement für die erste Klasse und ein GA für die Schweizer Seilbahnen.
Zu reden gibt aber insbesondere die Rente, die zurückgetretene Bundesrätinnen und Bundesräte auf Lebenszeit erhalten. Sie beträgt CHF 220'000 pro Jahr, also rund die Hälfte des ursprünglichen Lohnes. Nur wenn ein ehemaliges Bundesratsmitglied nach seinem oder ihrem Rücktritt mehr verdient als im Amt, wird die „Versorgung der Magistratspersonen” entsprechend gekürzt. Der Tages-Anzeiger rechnete aus, dass ein Grund für das Wachstum des Personalaufwandes der Bundesverwaltung ebendiese Ruhegehälter sind, deren Reserve laut Staatsrechnung stark aufgestockt werden musste. 2017 waren 20 Personen – neben den Exekutivmitgliedern erhalten auch ehemalige Bundeskanzlerinnen und -kanzler sowie Bundesrichterinnen und -richter eine Rente – bezugsberechtigt. 17 dieser 20 Personen und drei Witwen erhielten eine Rente, wobei nicht bekannt gegeben wird, um wen es sich dabei handelt. Der Tages-Anzeiger mutmasste, dass Christoph Blocher, Ruth Metzler und Joseph Deiss die Rente nicht beziehen. Insgesamt wurden laut Staatsrechnung 2016 CHF 10.67 Mio. an pensionierte Richterinnen und Richter und CHF 4.28 Mio. an ehemalige Magistratspersonen, Kanzlerinnen und Kanzler sowie Bundesratswitwen ausbezahlt. Diese Summe wurde verschiedentlich als zu hoch betrachtet. Thomas Burgherr (svp, AG) kündigte eine parlamentarische Initiative an, mit der nur noch jene Alt-Bundesrätinnen und Alt-Bundesräte ein Ruhegehalt beziehen sollen, die im Pensionsalter abtreten.

Kosten eines Bundesrates
Dossier: Retraites des magistrat.e.s

Das Medienjahr 2017 war neben zahlreichen Zusammenschlüssen von Medienverlagen auch von Gerüchten um Alt-Bundesrat Christoph Blocher und um sein Interesse an Zeitungsverlagen geprägt. Diese Berichte wurden jeweils von grosser medialer Aufruhr begleitet, da befürchtet wurde, Blocher würde versuchen, ein SVP-nahes Medienimperium aufzubauen. So waren sich die Medien einig, dass Blocher schon länger Interesse an Zeitungskäufen habe. Bereits 2016 gab es Gerüchte, dass er eine überregionale Sonntags-Gratiszeitung plane. Während die Einen Blocher als Zeitungsnarren (WW), als „l'homme qui s'intéresse encore aux journaux“ (LT) und als „einzige[n] Schweizer Verleger, der noch in Zeitungsjournalismus investiert“ (WW), beschrieben, fürchteten sich die Anderen vor einer „Berlusconisierung“ der Schweizer Medienlandschaft. Regula Rytz (gp, BE) zum Beispiel erinnerte diesbezüglich an die Medienimperien von Rupert Murdoch und Silvio Berlusconi. Beide Personen würden ihre dominante Marktstellung ausnutzen, um politische Macht auszuüben. Aus demokratietheoretischer Sicht sei zudem nicht nur der Verlust an Titeln – siehe das Beispiel L'Hebdo –, sondern auch eine Eigentümerkonzentration problematisch, da dadurch der publizistische Einfluss der Eigentümer im Markt und in der Politik verstärkt würde. Aus einer Marktlogik würden solche Übernahmen indes Sinn machen, da sie eine Reduktion der Fixkosten erlauben würden, was auf viele Verlage angesichts der schwierigen Situation der Presse verlockend wirken könnte. Um einer Medienkonzentration aufgrund dieser Motive entgegen zu wirken, wurden auch Stimmen laut, die eine staatliche Medienförderung, zum Beispiel in Form einer staatsfernen unabhängigen Journalismusförderung, wie sie zum Beispiel Edith Graf-Litscher (sp, TG) vorschlug, forderten.

Den Anfang machten im März 2017 Gerüchte und Ankündigungen um die Basler Zeitung BaZ, die sich im Mitbesitz von Christoph Blocher befindet. Demnach habe der Basler Anwalt Martin Wagner, Rechtsvertreter der Basler Zeitung Medien, dem Ringier-Chef Marc Walder ein Kaufangebot in der Höhe von CHF 230 Mio. für die Blick-Gruppe (Blick, Sonntags-Blick, Blick am Abend und Onlineportale) unterbreitet. Hauptinvestor solle der ehemalige SVP-Nationalrat Walter Frey sein, was für die Medien ein Anzeichen dafür war, dass in Tat und Wahrheit Christoph Blocher am Kauf der Mediengruppe interessiert sein könnte. Sowohl Blocher als auch Frey verneinten zwar eine Beteiligung, dennoch gingen die Wellen in der Folge hoch. Michael Ringier und mit ihm zahlreiche Kommentatoren aus Medien und Politik befürchteten, dass der Blick nach einer allfälligen Übernahme auf einen rechtspopulistischen Kurs gebracht würde. Ringier-Chef Marc Walder bezeichnete die Blick-Gruppe in der Folge als unverkäuflich: „Egal zu welchem Preis. Egal, wer der Käufer wäre.“ Mitte März bestätigte die Ringier-Gruppe das Übernahme-Angebot durch Martin Wagner, der Frey als Hauptinvestoren genannt habe. Wagner gab später an, dass er die Blick-Gruppe zum Aufbau einer Bezahlplattform für Sport habe kaufen wollen.

Im August gab Rolf Bollmann, CEO der Basler Zeitung, bekannt, dass die BaZ Holding AG, die zu je einem Drittel Christoph Blocher, Bollmann und BaZ-Chefredaktor Markus Somm gehört, den Wochenzeitungsverlag Zehnder Regionalmedia AG und damit 25 Gratistitel mit einer Gesamtauflage von 720'756 Exemplaren übernehme. Gemäss Weltwoche machte dieser Kauf Christoph Blocher zum siebtgrössten Verleger in der Schweiz. In Lokalzeitungen sei die lokale Nachfrage nach Inseraten noch immer hoch, begründete Bollmann die Übernahme. Sogleich wurden Befürchtungen laut, der Verkauf könne in der Region politische Auswirkungen haben, zum Beispiel falls die Lokalblätter in rechte Wochenzeitungen umgewandelt würden. Bollmann und Blocher versicherten jedoch, dass in diesem Mediensegment politische Berichterstattungen nur einen geringen Stellenwert einnähmen, die Redaktionen unabhängig blieben und die Zeitungen daher nicht zu SVP-Kampfblättern umfunktioniert würden. In zahlreichen Zeitungsartikeln wurde diesbezüglich betont, dass die übernommenen Zeitungen bereits mehrheitlich stramm bürgerlich seien und sich die Ausrichtung der Gratisblätter folglich kaum ändern werde.

Im Oktober berichteten die Medien über Verhandlungen zwischen der Basler Zeitung und der Südostschweiz bezüglich eines gemeinsamen Mantelteils. So solle die bereits bestehende Zusammenarbeit der Südostschweiz mit der BaZ im Bereich Korrektur und Layout auf einer inhaltlichen Ebene vertieft werden. Dies sorgte abermals für Unruhe im Zeitungssektor, da befürchtet wurde, die BaZ hätte einen prägenden Einfluss auf einen gemeinsamen überregionalen Bund der zwei Zeitungen. Linards Udris, der stellvertretende Leiter des Fög, erklärte, dass die Situation im Kanton Graubünden besonders problematisch sei, da ausser der SRG für die Südostschweiz kaum Konkurrenz bestehe. Die SP Graubünden reichte eine Petition ein, in der sie sich um die zukünftige Unabhängigkeit und Eigenständigkeit der Südostschweiz sorgte. Anfang November schuf schliesslich ein Artikel in der Südostschweiz Klarheit: Darin gab die Somedia durch Verleger Hanspeter Lebrument und CEO Andrea Masüger bekannt, dass man nicht beabsichtige, die Kontrolle über die Inhalte der im Familienbesitz befindlichen Zeitung aus der Hand zu geben. Man führe jedoch Gespräche mit der BaZ bezüglich einer gemeinsamen Kooperation, wie sie für den Inlandteil und die Wochenendausgabe bereits mit der Nordwestschweiz bestehe. Bei einer solchen Zusammenarbeit würden jedoch beide Zeitungen weiterhin volle publizistische und verlegerische Unabhängigkeit geniessen. Zudem werde eine verstärkte Zusammenarbeit im technischen Bereich verfolgt, wodurch Arbeitsplätze in Chur geschaffen würden und die Zeitungsproduktion der BaZ in der Schweiz verbleibe. Dabei verteidigte die Somedia-Spitze ihren Verhandlungspartner: Die Redaktion der BaZ verfolge unter Markus Somm „eine pluralistische Linie mit breitem Meinungsspektrum“. Im Rahmen dieser Berichterstattungen bestätigte Marcel Geissbühler, Direktor des Gassmann Verlags, dass auch das Bieler Tagblatt Gespräche bezüglich eines gemeinsamen Mantelteils mit der BaZ führe. Diese seien jedoch noch nicht konkret.

Ebenfalls in einen Zusammenhang mit zukünftigen Akquisitionen setzte die Aargauer Zeitung den Umzug der BaZ Holding nach Zug sowie ihren Namenswechsel in Zeitungshaus AG. So biete sich Blocher als Gesprächspartner für alle Verleger an, „die nicht mehr willens oder in der Lage sind, ihre Blätter herauszugeben“. Die übernommenen Gratiszeitungen der Zehnder-Gruppe würden in der Folge in der Swiss Regio Media zusammengefasst, bei der bei Bedarf auch weitere Zeitungen hinzugenommen werden könnten.

Interesse von Christoph Blocher an Zeitungsverlagen

Die SGG ergriff im Berichtsjahr neue Massnahmen, um der 2015 mittels eines Wettbewerbs auserkorenen inoffiziellen Nationalhymne weiteren Schub zu verleihen. So sei der Text nochmals in allen Landessprachen leicht überarbeitet worden und es seien erneut sämtliche Veranstalter von 1.-August-Feiern gebeten worden, den Hymnen-Vorschlag der SGG ins Festprogramm aufzunehmen. Die grösste Aufmerksamkeit erregte jedoch die Gründung eines Komitees mit vielen prominenten Befürworterinnen und Befürwortern der neuen Hymne. Im 70-köpfigen Gremium befanden sich neben Persönlichkeiten aus Kultur, Wirtschaft und Sport auch die drei Alt-Bundesrätinnen Ruth Dreifuss, Ruth Metzler und Eveline Widmer-Schlumpf sowie Alt-Bundesrat Moritz Leuenberger. Der ehemalige SP-Bundesrat Leuenberger gestand auf der SGG-Webseite, dass er beim Singen der offiziellen Hymne am Schluss oft nur noch die Lippen bewegt habe, weil er die «schwülstigen Teile» nicht habe auswendig lernen wollen. Und die ehemalige CVP-Magistratin Ruth Metzler bekannte sich zur neuen Hymne, weil diese vielsagender sei als die offizielle Landeshymne und der Vielfalt der Schweiz «ausgezeichnet Rechnung trägt». So habe sie die Hymne der SGG an der letztjährigen 1. August-Feier auf dem Rütli mit «grosser Freude und Überzeugung gesungen». SGG-Geschäftsführer Lukas Niederberger sagte im St. Galler Tagblatt, dass es der SGG nicht darum ginge, den neuen Text möglichst rasch zur neuen offiziellen Hymne zu machen. Vielmehr solle damit eine Diskussion angeregt werden, was eine Hymne beinhalten sollte und «welche Werte uns heute und morgen leiten sollten».

Neue Nationalhymne?
Dossier: L'importance de l'hymne national et les tentatives de renouvellement

Mit ihrer breit diskutierten Aussage kurz vor der Abstimmung zur Unternehmenssteuerreform III (USR III), entfachte die ehemalige Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf eine interessante Diskussion darüber, ob sich Alt-Bundesrätinnen und -Bundesräte in die aktuelle politische Debatte einmischen dürfen oder nicht. In der Tat bestehen keine Regeln zum Verhalten ehemaliger Regierungsmitglieder. Im Aide-Mémoire ist einzig festgehalten, dass auf eine Ämterübernahme verzichtet werden soll, wenn die neue Tätigkeit zu Interessenkonflikten mit der früheren Regierungstätigkeit führen könnte. Einen Maulkorb müssen sich ehemalige Magistratinnen und Magistraten aber zumindest aus juristischer Perspektive keinen umlegen. Die Aussage der ehemaligen BDP-Bundesrätin wurde denn auch insbesondere von den bürgerlichen Befürwortern der USR III eher aus moralischer Perspektive kritisiert – so bezeichnete etwa Karin Keller-Sutter (fdp, SG) in einem Interview mit der LZ das Vorgehen Widmer-Schlumpfs als „Schuss in den Rücken“ von Ueli Maurer, dem Nachfolger im EFD und Verantwortlichen für die USR-Vorlage.
Freilich mischten und mischen sich ehemalige Landesmütter und -väter immer wieder in politische Auseinandersetzungen ein. In den Medien wurde etwa Otto Stich erwähnt, der immer wieder für Kommentare zu haben gewesen sei. Nicht weniger als elf ehemalige Regierungsmitglieder hatten sich gegen die Durchsetzungsinitiative ausgesprochen. Alt-Bundesrat Christoph Blocher lässt die Schweiz allwöchentlich auf seinem privaten TV-Sender wissen, was seine Meinung zu verschiedensten Bereichen ist. Je nach Thema meldeten sich auch schon Ruth Dreifuss oder Micheline Calmy-Rey zu Wort. Pascal Couchepin nimmt insbesondere bezüglich der Politik im Kanton Wallis in der Regel auch kein Blatt vor den Mund. Und auch Arnold Koller (Aus der Werkstatt eines Bundesrates) oder Kaspar Villiger (Die Durcheinanderwelt) machten mit Buchbeiträgen auf ihre Lösungsvorschläge aufmerksam.

Einmischen ehemaliger Bundesräte

Le 30 avril 2017 fut jour de fête dans la commune de Sarnen dans le canton d'Obwald. En effet, les 600 ans de la naissance du "Frère Nicolas" furent marqués par des célébrations à la hauteur du personnage historique. Pas moins de 300 officiels, dont la présidente de la Confédération Doris Leuthard, étaient présents à l'invitation du canton d'Obwald. Mis à part les cantons de Vaud et d'Appenzell Rhodes-Intérieures qui n'étaient pas représentés par un membre de leur gouvernement (les premiers étant occupés par les élections de l'exécutif cantonal ayant lieu au même moment et les seconds ayant leur Landsgemeinde le même jour), tous les cantons ont envoyé un représentant pour célébrer cet anniversaire. Niklaus von Flüe – qui deviendra plus tard Frère Nicolas – est notamment connu pour être entré en pèlerinage et avoir eu une vision le poussant à s'établir en ermite proche de sa maison, commençant un jeûne qui aurait duré 20 ans.
De par son intérêt pour la société et la politique, il se serait également impliqué dans la signature du Convenant de Stans de 1481 qui vit les cantons-villes et cantons campagnards – en situation de conflit vis-à-vis de l'admission au sein de la Confédération des cités de Fribourg et de Soleure – résoudre leurs différends. Grâce à la médiation avisée de Niklaus von Flüe, les cantons de la Confédération réussirent à s'accorder pour permettre aux deux villes de rejoindre la Confédération. Ce convenant reste pour beaucoup l'un des jalons de l'identité des confédérés. De par son importance historique, la Poste a édité un timbre en l'honneur de l'entremetteur.
Mais l'anniversaire de la naissance du Frère Nicolas est également marqué par une controverse autour de la cérémonie qu'un comité proche du parti de l'UDC a prévu d'organiser le 19 août, ainsi que de l'invitation faite à l'évêque de Coire Vitus Huonder à venir y tenir un discours. Certains, comme l'ancien curé-doyen d'Obwald ainsi qu'ancien curé de Kerns Karl Imfeld, critiquent l'implication d'un homme d'église dans une cérémonie organisée par un cercle de politiciens.
Cette cérémonie parallèle est l'occasion, selon l'historien Thomas Maissen, pour Christoph Blocher – également invité à y donner un discours – d'utiliser, à des fins politiques, cette figure qu'est Niklaus von Flüe en s'appuyant sur ses paroles. Celles-ci – relatées 50 ans après sa mort – sont, pour certains, les prémices d'une Suisse neutre et indépendante. Thomas Maissen précise toutefois qu'à l'époque où Frère Nicolas était en vie, la Suisse n'était pas un Etat et que le concept de neutralité n'apparaîtra qu'au 17ème siècle.

600 ans de la naissance du "Frère Nicolas"

Die Einzigartigkeit des politischen Systems der Schweiz, das neben einem repräsentativen auch ein ausgebautes direktdemokratisches Element aufweist, bringt es mit sich, dass sich die mediale Öffentlichkeit kritisch mit letzterem bzw. dem Verhältnis der beiden Elemente zueinander auseinandersetzt. Dies war auch im Jahr 2016, also im Jahr des 125-jährigen Bestehens der Volksinitiative, nicht anders. Dabei konzentrierte sich die Kritik an der direkten Demokratie auf mindestens vier Punkte: die Umsetzung angenommener Volksbegehren, die Nutzung der Volksinitiative, die inhaltlichen Anforderungen an die Stimmbürgerschaft und das schwieriger werdende Verhältnis zwischen direktdemokratischer Entscheidung und internationaler Vernetzung.

Die Diskussion um die adäquate Umsetzung angenommener Volksbegehren wurde 2016 durch verschiedene Ereignisse genährt: Im Frühling stand die Abstimmung über die Durchsetzungsinitiative der SVP, mit der die Volkspartei die Umsetzung der 2010 angenommenen Ausschaffungsinitiative konkretisieren wollte – eine Neuheit in der Geschichte der schweizerischen direkten Demokratie – im Zentrum. In diesem Rahmen untersuchten verschiedene Medien die Umsetzung der bisher 22 angenommenen Volksbegehren und kamen zum Schluss, dass die meisten nicht buchstabengetreu umgesetzt worden seien. Der Blick kritisierte gar die SVP, da diese immer wieder behaupte, der Bundesrat habe die Ausschaffungsinitiative nicht dem Volksauftrag entsprechend umgesetzt, sich selber aber bei vielen dieser 22 angenommenen Begehren ebenfalls nicht für eine adäquate Umsetzung eingesetzt habe. Sie wolle «[d]urchsetzen, aber nur wenn es ihr passt».
Mit dem Nein zur Durchsetzungsinitiative beruhigten sich die Diskussionen um die Umsetzung von Volksinitiativen aber keineswegs, weil die 2014 angenommene Masseneinwanderungsinitiative noch immer einer Umsetzung harrte. Diese behandelte das Parlament erst im Laufe des Jahres 2016. Freilich vermochte der in der Wintersession 2016 definitiv angenommene Vorschlag in vielen Augen nur bedingt zu überzeugen und wurde insbesondere von der SVP stark kritisiert. Im September, kurz bevor der Nationalrat über die Vorlage beraten sollte, schrieb Roger Köppel (svp, ZH) in der Weltwoche von einer «krassen Missachtung des Volkswillens», einem «stillen Staatsstreich» und von «Saboteure[n] des Volkswillens». Christoph Blocher doppelte ein paar Ausgaben später nach und sprach von «Volksverächtern». Bei der Schlussabstimmung im Nationalrat hielten die Mitglieder der SVP-Fraktion Schilder in die Luft, auf denen etwa «Verfassungsbruch» stand. Die Volkspartei kündigte jedoch an, das Referendum gegen die Revision des Ausländergesetzes, in die die Initiative gegossen wurde, nicht ergreifen zu wollen. Man überlege sich vielmehr eine Kündigungsinitiative zu lancieren, um die bilateralen Verträge mit der EU, die mitursächlich für die Probleme bei der Umsetzung seien, aufzulösen.
Neben der Umsetzungsdiskussion zur Masseneinwanderungsinitiative stand zudem die Rasa-Initiative im Raum, die eine Streichung der Anliegen eben dieser Masseneinwanderungsinitiative forderte – auch dies ein Novum in der 125-jährigen Geschichte der Volksinitiative. Zur Diskussion stand Ende Oktober die Idee eines Gegenvorschlags, den laut Weltwoche eine Mehrheit des Bundesrates mit Ausnahme der beiden SVP-Magistraten dem Parlament vorlegen wollte.
Bei der Diskussion um die materielle Umsetzung angenommener Initiativen wurde auch darüber debattiert, ob über schwer oder etwa aufgrund internationaler Standards nicht umsetzbare Begehren überhaupt abgestimmt werden soll. Die Erklärung der Ungültigkeit einer Volksinitiative obliegt dem Parlament, das bisher erst in vier Fällen gegen eine Abstimmung entschieden hatte. Le Temps kritisierte, dass rund 70 Prozent der Parlamentarierinnen und Parlamentarier gegen die Durchsetzungsinitiative gewesen seien, aber nichts dafür getan hätten, sie für ungültig zu erklären. In diesem Zusammenhang wird jeweils das in der Schweiz fehlende Verfassungsgericht angeführt. Ein Vorschlag aus der Küche des ehemaligen Zürcher SP-Nationalrats Andreas Gross forderte, dass sich Bundesrichter um diese Frage kümmern sollten, sobald im Parlament ein Drittel der Ratsmitglieder Zweifel an der Gültigkeit äusserten.

Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde in den Medien vor einer regelrechten «Initiativenflut» gewarnt. Freilich zeichnete sich 2016 ein deutlicher Rückgang der Nutzung des Volksbegehrens ab. Die im Jahr 2011 lancierten 23 Begehren (von denen 11 die Unterschriftenhürden nicht geschafft hatten) waren bald an der Urne abgearbeitet und in den Folgejahren wurden jeweils für deutlich weniger Initiativen Unterschriften gesammelt. Die NZZ interpretierte den Rückgang damit, dass die Volksbegehren für Parteien unattraktiver geworden seien; zudem kühle der oppositionelle Furor der SVP langsam ab. Die Initiative hätte an Reiz verloren, folgerte die NZZ Ende Jahr. Eine Studie der Universität Bern zeigte überdies, dass Initiativen nicht nur und vor allem nicht immer häufiger von Parteien als Wahlkampfmittel gebraucht werden. In Anbetracht der sich abzeichnenden «Initiativenflaute» stand die Mitte Jahr lancierte Forderung der BDP, dass zur Eindämmung der Flut für eine Volksinitiative 250'000 Unterschriften gesammelt werden müssten, ein wenig quer in der Landschaft.

Nicht wenige Medienschaffende kommentierten, dass die Stimmbürgerinnen und -bürger immer häufiger «über Initiativen abstimmen, die Lösungen für nichtexistente Probleme offerieren» (NZZ), und «immer seltener über die zentralen Zukunftsfragen» (Weltwoche). Mit der Brexit-Abstimmung in Grossbritannien wurden zudem die alten Bedenken der Überforderung der Stimmbevölkerung laut. In der Regel setzt sich bei dieser Diskussion in der Schweiz aber meist Pragmatismus durch. Auch Politiker würden nicht über alle Inhalte der Politik kompetent Bescheid wissen und letztlich sei es das in der Schweiz nach wie vor hohe Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die Amtsträgerinnen und Amtsträger, das häufig wichtige Grundlage sei für einen Entscheid – so alternative Kommentare. Dass dieses Vertrauen nicht einfach blind sei, zeigten nicht zuletzt abgelehnte mit dem fakultativen Referendum bekämpfte Vorlagen und angenommene Initiativen, fasste etwa die Luzerner Zeitung diesen Pragmatismus in einem Kommentar zusammen.
Freilich wurde 2016 mit den Volksrechten auch Schindluder betrieben. So hatte etwa Daniel Graf, Erfinder von We-Collect, die Idee einer «Anti-Kebab-Initiative» propagiert. Was als Scherz in der Debatte um das Verhüllungsverbot gedacht war, geriet in der Türkei in den falschen Hals. In die Kritik gerieten zudem die Texte von Initiativen, die häufig unpräzise oder gar widersprüchlich formuliert seien, was zwar laut NZZ ihre Chancen für ein Ja erhöhten, die Umsetzung im Falle einer Annahme aber umso schwieriger mache.

Mit der Einreichung der so genannten «Selbstbestimmungsinitiative» der SVP wurde die Diskussion um die direkte Demokratie schliesslich um einen weiteren Aspekt angereichert, nämlich um die aufgrund von Globalisierung und Internationalisierung virulenter werdende Frage, wie das Verhältnis zwischen Völkerrecht und Landesrecht aussehen soll. Oder konkreter, ob eine angenommene Initiative, die internationale Verträge tangiert, diesen Verträgen vorgehen soll oder ob bei ihrer Umsetzung Rücksicht auf die internationalen Verpflichtungen genommen werden muss. Die Debatten bewegten sich zwischen dem Argument der notwendigen Vertragstreue des Kleinstaates und der Angst, die direkte Demokratie verkomme zur reinen Makulatur. Ex-Nationalrat Christoph Mörgeli argumentierte in der Weltwoche, dass das internationale Recht dafür verantwortlich sei, dass sich die Behörden bei der Umsetzung von Initiativen zusehends schwer täten, den Volkswillen zu beachten.

Ein Indiz dafür, dass trotz der medial geäusserten Kritik an der direkten Demokratie vielleicht doch nicht alles so schlecht läuft, war das in den eidgenössischen Räten virulent diskutierte Reformpaket zum Initiativrecht. Dieses drohte – einmal mehr als «Endlosschlaufe» (NZZ) – im Sand zu verlaufen, weil nicht mal die Befürworter daran glaubten, dass von den verschiedenen Reformvorschlägen am Schluss einer übrige bleiben werde, wie der Tages-Anzeiger meinte.

2016 - Kritik an der direkten Demokratie

Nicht nur Wirtschaftskader geraten ob ihrer Entlohnung in die Medien, sondern in schöner Regelmässigkeit auch immer wieder die Bundesrätinnen und Bundesräte. Laut der Bundesinformationsseite ch.ch verdiente ein Mitglied der Landesregierung im Jahr 2015 rund CHF 445'000 zuzüglich etwa CHF 30'000 Spesenentschädigung. Das Präsidialamt wird mit zusätzlichen CHF 12'000 pro Jahr entschädigt. Zu diskutieren gaben allerdings nicht die im Vergleich zur Privatwirtschaft eher geringen Saläre der aktiven Bundesrätinnen und Bundesräte als vielmehr die Ruhegehälter der ehemaligen Magistratinnen und Magistrate. Diese erhalten in der Regel die Hälfte des Lohnes, den sie während ihrer Amtszeit bezogen hatten. Voraussetzung ist allerdings, dass die Amtszeit mindestens vier Jahre betragen hat. War dies nicht der Fall oder ist ein ehemaliges Regierungsmitglied weiterhin arbeitstätig, wird das Ruhegehalt gekürzt - insbesondere dürfen das Einkommen aus Erwerbstätigkeit und die Pension zusammen den Lohn während der Amtszeit nicht übersteigen. Auch die Witwen ehemaliger Bundesräte erhalten eine Entschädigung, die in etwa ein Viertel des Lohnes des Verstorbenen ausmacht. Diese seit 1919 geltende Regel war nach der Nicht-Bestätigung von Ruth Metzler in Anbetracht des jungen Alters der CVP-Magistratin virulent diskutiert worden. Auch Parlamentarier stiessen sich damals am Umstand, dass die junge Ex-Magistratin während langer Zeit ein Ruhegehalt beziehen würde. Metzler gab damals ihren Verzicht auf die Rente bekannt. Mediale und parlamentarische Auseinandersetzungen zum Thema Ruhegehalt löste auch die Bekanntgabe von alt-Bundesrat Moritz Leuenberger aus, dass dieser bei der Implenia ein Verwaltungsratsmandat übernommen hatte. 2015 störte sich der Blick am Umstand, dass Alt-Bundesrat Kaspar Villiger trotz eines mehrere Millionen umfassenden Vermögens das volle Ruhestandsgehalt erhielt. Die Weltwoche berichtete über den Versuch der Bundeskanzlerin Corina Casanova, Licht ins Dunkel der Ruhegehälter zu bringen. Wer genau wie viel Ruhegehalt bezieht, ist nämlich ein gut gehütetes Geheimnis und es werden lediglich die Gesamtsumme und die Anzahl Renten öffentlich gemacht – laut Weltwoche bezogen 2014 fünfzehn ehemalige Bundes­räte, drei ehemalige Bundeskanzler sowie vier Witwen insgesamt CHF 4,4 Mio. Ruhegehalt. Unklar bleibt somit zum Beispiel, ob Ruth Metzler, Joseph Deiss oder Christoph Blocher nach wie vor auf ihre Rente verzichten, wie sie dies in der Presse verlauten liessen. Laut Weltwoche prallte die Bundeskanzlerin mit ihrem Begehren, das sie mit immer zahlreicher werdenden Anfragen seitens der Medien begründete, an einer Mauer des Schweigens ab: Die angefragten ehemaligen Mandatsträgerinnen und Mandatsträger möchten Anonymität in Sachen Ruhegelder bewahren – so das Fazit des Wochenblattes.

Ruhegehälter der ehemaligen Magistratinnen und Magistraten
Dossier: Retraites des magistrat.e.s

In der Sommersession 2015 behandelte der Ständerat als Erstrat die Botschaft des Bundesrates zur Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV. Das Anliegen des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes stiess bei den Kantonsvertreterinnen und Kantonsvertretern auf wenig Zustimmung. Die Kommissionsmehrheit beantragte, dem Bundesrat zu folgen und die Initiative der Stimmbevölkerung zur Ablehnung zu empfehlen. Eine linke Minderheit Rechsteiner (sp, SG) beantragte, die Initiative zur Annahme zu empfehlen. Die Gegnerinnen und Gegner machten geltend, das Volksbegehren stehe vor dem Hintergrund der angespannten Situation der AHV, der anstehenden Rentenreform und der aktuell schwierigen Wirtschaftslage „quer in der Landschaft". Bereits eine langfristige Sicherung der AHV auf dem aktuellen Niveau sei eine Herausforderung. Eine Erhöhung aller Renten um zehn Prozent würde jährlich fünf bis sechs Milliarden Franken kosten, so die Kommissionssprecherin. Diese zusätzlichen finanziellen Mittel könnten nicht innerhalb nützlicher Frist beschafft werden, müsste doch die Rentenerhöhung gemäss dem Initiativtext spätestens ab dem zweiten Kalenderjahr nach Annahme der Initiative vorgenommen werden. Die Mehrausgaben würden bei der AHV zudem zu einem strukturellen Umlagedefizit führen, was die aktuellen und zukünftigen Erwerbstätigen belaste und den Generationenvertrag weiter strapaziere. Nicht zuletzt würden die finanzschwächsten Rentnerinnen und Rentner gar nicht von einer Erhöhung der AHV-Renten profitieren, da diese bei ihnen vollumfänglich durch eine entsprechende Senkung der Ergänzungsleistungen kompensiert werden würde. Wohlhabenderen Rentnern und Rentnerinnen, die grundsätzlich gar nicht auf eine Rente der ersten Säule angewiesen wären, würde die Volksinitiative dagegen zu einer Einkommenserhöhung verhelfen. Sprecherinnen und Sprecher der sozialdemokratischen Fraktion machten sich für das Volksbegehren stark. Minderheitssprecher Rechsteiner erklärte, seit der Einführung des Mischindex' zur Berechnung der AHV-Renten im Jahr 1980 habe sich aufgrund des Effekts der sogenannten kalten Degression ein Rückstand der Renten auf die Löhne von zehn Prozent aufgelaufen. Ziel der Initiative sei es, diese zehn Prozent auszugleichen, um den verfassungsmässigen Auftrag der AHV, zusammen mit der Pensionskasse eine angemessene Fortführung des bisherigen Lebensstandards zu garantieren, wieder zu erfüllen. Dies sei wichtig, weil die AHV für eine Mehrheit der Bevölkerung, und insbesondere für die Frauen, die wichtigste Säule der Altersvorsorge darstelle. Aufgrund dieses Verfassungsgrundsatzes könnten auch nicht die Ergänzungsleistungen anstelle der AHV ausgebaut werden. Das Verhältnis zwischen Rentenverbesserung – diese würde für Alleinstehende rund 200, für Ehepaare 350 Franken monatlich betragen – und Erhöhung der Lohnbeiträge sei bei der AHV zudem hervorragend. Eine Rentenerhöhung sei verkraftbar, denn die Finanzierung der AHV sei aufgrund der umfassenden Beitragspflicht bei gleichzeitig nach oben begrenzten Renten aussergewöhnlich solide. Dem Argument, Wohlhabende sollten keine Erhöhung der AHV-Rente erhalten, weil sie gar nicht auf die erste Säule angewiesen seien, hielt der SP-Ständerat ein Zitat des Alt-Bundesrates Tschudi entgegen: „Die Reichen brauchen die AHV nicht, aber die AHV braucht die Reichen." Auf hohe Einkommen würden hohe Beiträge bezahlt. Weitere Mitglieder der SP betonten, die Ergänzungsleistungen seien unter Druck geraten, weshalb es die AHV zu stärken gelte. Diese sei als Mittel zur Existenzsicherung gegenüber den nur auf Antrag ausbezahlten EL ohnehin vorzuziehen. Bezüglich der Finanzierung wurde angemerkt, auch die Initiative „gegen die Heiratsstrafe" der CVP würde zu einer Erhöhung des Rentenvolumens führen, die Mittepartei könne die Initiative also eigentlich nicht mit dem Argument der Finanzierbarkeit bekämpfen. Schliesslich, führten die Befürworter aus, sei die Initiative nicht als Opposition gegen das Projekt Altersvorsorge 2020 zu verstehen, wie bürgerliche Politiker dies darstellten. Vielmehr stehe sie komplementär zur Rentenreform. Man hätte sich deshalb eine Behandlung in derselben Session gewünscht, wozu es jedoch aufgrund strategischer Überlegungen der bürgerlichen Kommissionsmehrheit nicht gekommen sei. In der Schlussabstimmung erklärte die kleine Kammer die Volksinitiative stillschweigend für gültig; der Minderheitsantrag Rechsteiner unterlag gegen die ablehnende Kommissionsmehrheit mit 33 gegen 11 Stimmen bei einer Enthaltung.

Volksinitiative „AHVplus: für eine starke AHV“

Die in der Wintersession 2013 durchgeführten Wahlen verliefen im Vergleich zu den Vorjahren ohne viel Geplänkel. Zum Bundespräsidenten für das Jahr 2014 wurde turnusgemäss Didier Burkhalter mit 183 von 222 eingegangenen Stimmen gewählt. Johann Schneider-Ammann erhielt 10 Stimmen und auf neun Stimmzetteln waren Namen anderer Regierungsmitglieder vermerkt. 17 Stimmzettel gingen leer und drei ungültig ein. Die im Vergleich zu vergangenen Jahren unumstrittene Wahl wurde in der Presse als Vertrauensbeweis für den FDP-Bundesrat gewertet. Didier Burkhalter wird 2014 nicht nur als Bundespräsident, sondern auch als Präsident der OSZE walten. Er kündigte an, dass die Öffnung der Schweiz auf die Welt sein Präsidialjahr prägen solle, was von der Presse besonders positiv hervorgehoben wurde. Dies stehe in Kontrast zum Präsidialjahr des aktuellen Bundespräsidenten Ueli Maurer, für den das Amt mehr Bürde als Würde sei, was durch eine Igelmentalität und einige, vor allem aussenpolitische Fauxpas zum Ausdruck gebracht wurde. Maurer selber zog allerdings ein positives Fazit; er habe seine Ziele, nämlich effizientere Bundesratssitzungen und den geschlossenen Auftritt des Gremiums als Team, erreicht. Als Vizepräsidentin für 2014 wurde ebenfalls turnusgemäss Simonetta Sommaruga gewählt. Sie erhielt für eine SP-Kandidatin neben 17 leeren und neun ungültig eingereichten Stimmzetteln bemerkenswerte 180 Stimmen. 12 Stimmen entfielen auf Doris Leuthard und 13 Stimmen auf andere Personen. Auch dieses Resultat wurde in der Presse als solid bezeichnet. Die höchste Stimmenzahl (seit Einführung der Proporzwahl 1920) hatten in den 1970er Jahren Hans Peter Tschudi (sp) und Willi Ritschard (sp) mit jeweils 213 Stimmen erzielt; den Negativrekord hält Micheline Calmy-Rey (sp) mit den 2011 erhaltenen 106 Stimmen.

2014 - Didier Burkhalter
Dossier: Elections de la présidence de la confédération

Die Bundesratswahlen vom 14. Dezember verliefen schliesslich weit weniger spektakulär, als dies die Berichterstattung im Vorfeld hätte vermuten lassen. Die NZZ betitelte die Wahlen gar als „Ruhe nach dem Sturm“ und die AZ bezeichnete das Ereignis als „langweilig“, was Bundesratswahlen aber eigentlich gut anstünde. In den Fraktionserklärungen vor dem Wahlakt wurde noch einmal von allen Parteien die Konkordanz beschworen, wobei Antonio Hodgers (gp) auf den Punkt brachte, dass es zwischen den Parteien eben „keine Konkordanz darüber (gebe), was Konkordanz konkret bedeutet“. Schliesslich wurden alle amtierenden Bundesrätinnen und Bundesräte bereits im ersten Wahlgang bestätigt: Doris Leuthard (cvp) erhielt glanzvolle 216 Stimmen (11 Stimmen entfielen auf Verschiedene). Die mit Spannung erwartete Bestätigungswahl von Eveline Widmer-Schlumpf war relativ eindeutig: die BDP-Magistratin erhielt 131 Stimmen und war damit im ersten Umgang gewählt. 63 Stimmen entfielen auf Hansjörg Walter und 41 Stimmen auf Jean-François Rime (Verschiedene: 4 Stimmen). Ueli Maurer wurde mit respektablen 159 Stimmen gewählt. 41 Stimmen fielen hier auf Hansjörg Walter und 13 auf Luc Recordon (gp) (Verschiedene: 13). Erstaunlicherweise erfolgte vor der Wahl von Didier Burkhalter – der FDP-Bundesrat erhielt 194 Stimmen und 24 Stimmen entfielen auf Jean-François Rime (Verschiedene: 14) – keine Erklärung der SVP. Fraktionspräsident Baader ergriff erst vor dem fünften Wahlgang das Wort und klagte, dass sich die FDP nicht an die Konkordanz gehalten habe und die SVP deshalb alle drei verbleibenden Sitze mit Jean-François Rime angreifen werde. Dieses Unterfangen scheiterte jedoch sowohl bei der Bestätigung von Simonetta Sommaruga (sp), die mit 179 Stimmen (Rime: 61 Stimmen; Verschiedene: 2 Stimmen) genauso im ersten Wahlgang bestätigt wurde wie auch bei Johann Schneider-Ammann (fdp), der 159 Stimmen auf sich vereinte (Rime: 64 Stimmen; Verschiedene: 11 Stimmen). Auch bei der Ersatzwahl von Micheline Calmy-Rey war rasch klar, dass dem Angriff der SVP kein Erfolg beschieden war. Im ersten Wahlgang erhielten die beiden SP-Kandidaten mehr Stimmen als der Sprengkandidat Rime: Auf Alain Berset entfielen 114 Stimmen, Pierre-Yves Maillard und Jean-François Rime erhielten beide 59 Stimmen. Die 10 Stimmen, die Marina Carobbio im ersten Wahlgang erhielt (Verschiedene: 1), fielen dann wahrscheinlich Alain Berset zu, der bereits im zweiten Wahlgang mit 126 Stimmen das absolute Mehr erreichte und zum neuen SP-Bundesrat erkoren wurde (Maillard: 63 Stimmen; Rime: 54 Stimmen; Verschiedene: 2 Stimmen).

Eine weitere Bestätigung erhielt Eveline Widmer-Schlumpf mit der Wahl zur Bundespräsidentin 2012. Sie bekam 174 Stimmen; 32 Stimmen entfielen auf Bundesrat Maurer, der anschliessend mit 122 Stimmen turnusgemäss zum Vizepräsidenten gewählt wurde.

Die Bundesratswahlen wurden in der Presse unterschiedlich kommentiert. Auf der einen Seite wurde der SP eine strategische Meisterleistung attestiert. Der ideale Zeitpunkt des Rücktritts von Calmy-Rey, die guten Kandidaten und die Erfolge bei den Ständeratswahlen hätten ihr eine ausgezeichnete Ausgangslage verschafft, die sie gut genutzt habe. Zudem hätte die Allianz zwischen SP, GP, GLP und CVP gut funktioniert, um die Wiederwahl von Eveline Widmer-Schlumpf zu schaffen. Auf der anderen Seite wurden der SVP Fehler und eine wenig überzeugende Strategie vorgeworfen. Das Verheizen bekannter Köpfe bei den Ständeratswahlen, die (zu) späte Nominierung der Kandidaten und die negativen Schlagzeilen um Bruno Zuppiger hätten der erfolgsverwöhnten Partei geschadet. Alain Berset wurde als viertjüngster Bundesrat in der Geschichte des Bundesstaates als idealer, linker Bundesrat gewürdigt. (Nur Numa Droz (31 Jahre; 1876-1892), Jakob Stämpfli (34 Jahre; 1855-1863) und Ruth Metzler (34; 1999-2003) waren bei Amtsantritt jünger als Berset.) Insgesamt habe sich das Parlament nach den Querelen von 2003 und 2007 wieder für Stabilität im Gremium entschieden. Allerdings bleibe abzuwarten, wie die SVP, die in der Regierung deutlich untervertreten sei, nun reagieren werde. Für ersten Wirbel sorgte der Umstand, dass Ueli Maurer entgegen des Kollegialprinzips seine Wahl nicht im Bundeshaus, sondern mit Parteifreunden in einer Gaststätte verfolgt und dort auch Kommentare zu den Wahlen abgegeben hatte.

Gesamterneuerungswahlen des Bundesrats 2011 – Nachfolge Micheline Calmy-Rey
Dossier: Elections de la présidence de la confédération
Dossier: Élection du Conseil fédéral depuis 2008

Was prägte 2009 die Schweizer Politik? Welches waren die bedeutenden Geschäfte im Parlament? Und was hat die politisch interessierte Öffentlichkeit bewegt? Nachfolgend werden die wichtigsten Ereignisse im Jahr 2010 zusammengefasst und anschliessend nach Thema geordnet aufgelistet. Mit den Links gelangen Sie direkt zu diesen im Berichtsjahr zentralen Geschäften und Ereignissen. Vous trouverez ici la version française de cet article.

Auch dieses Jahr kam es wieder zu einer Regierungsumbildung. Nach elf Amtsjahren trat der Freisinnige Pascal Couchepin aus dem Bundesrat zurück. Die CVP versuchte bei dieser Vakanz, ihren 2003 an die SVP verlorenen zweiten Sitz zulasten der FDP zurück zu erobern. Mit der Aussage, nur noch die CVP verkörpere die politische Mitte, da der Freisinn nach rechts in die Nähe der SVP gerutscht sei, versuchte sie die Unterstützung der Linken zu erhalten. Sie rechtfertigte ihren Anspruch aber auch rechnerisch: Die FDP habe zwar bei den letzten Wahlen den grösseren Wähleranteil erreicht, die Fraktionsgemeinschaft aus CVP, GLP und EVP verfüge aber über die grössere Parlamentsfraktion. Als Kandidat stellte sie den Deutschfreiburger Ständerat Urs Schwaller auf. Die SVP, die sich seit der Abwahl Christoph Blochers und dem Parteiausschluss von Bundesrätin Widmer-Schlumpf in der Regierung als untervertreten betrachtet, verzichtete auf eine eigene Kandidatur. Der Freisinn ging mit dem Neuenburger Didier Burkhalter und dem ehemaligen Liberalen Christian Lüscher aus Genf in die Ausmarchung. Die Vereinigte Bundesversammlung wählte am 16. September Didier Burkhalter zum Nachfolger Couchepins. Urs Schwaller, der wegen seiner gesellschafts- und aussenpolitisch eher konservativen Ansichten nicht die geschlossene Unterstützung der Linken erhalten hatte, scheiterte deutlich.

In der Aussenpolitik geriet die Schweiz wegen ihres Bankgeheimnisses unter starken internationalen Druck. Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hatte in vielen Ländern zu erhöhten Staatsausgaben und einem Anwachsen der Verschuldung geführt. Als Konsequenz verstärkten sich die Bemühungen, das Steuersubstrat besser zu erfassen und im Ausland angelegte unversteuerte Gelder ausfindig zu machen. Daraus resultierte ein verstärkter Druck einzelner Staaten, aber auch internationaler Organisationen wie der OECD und der EU auf Länder wie die Schweiz, deren Bankgeheimnis die Information über hinterzogene Gelder nicht zulässt. Nach Drohungen der OECD, die Schweiz und andere Staaten mit ähnlichen Regelungen auf eine schwarze Liste zu setzen, gab der Bundesrat nach. Er beschloss am 13. März eine neue Strategie: Die Schweiz werde sich in Zukunft vorbehaltlos an die OECD-Standards halten und in Fällen von qualifizierter Steuerhinterziehung von im Ausland wohnenden Personen mit schweizerischen Bankkonten Amtshilfe leisten. Zuvor waren bereits Belgien und Liechtenstein auf diese Linie eingeschwenkt; Luxemburg und Österreich taten diesen Schritt gleichzeitig mit der Schweiz. Entsprechende neue Doppelbesteuerungsabkommen wurden in den folgenden Monaten ausgehandelt. Die SP begrüsste den Schritt des Bundesrates als längst überfällig. Aber auch der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse und die Bankiervereinigung stellten sich hinter den Bundesrat. Heftige Kritik gab es hingegen von der SVP, welche der Regierung Kapitulation vor einer ausländischen Erpressung vorwarf und mit Referenden gegen die neuen Doppelbesteuerungsabkommen drohte.


In der Europapolitik bestätigte das Volk die Weiterführung des bilateralen Wegs. In einer Referendumsabstimmung hiess es gegen den Widerstand der SVP die Beibehaltung der Personenfreizügigkeit mit der EU und ihre Ausdehnung auf die neuen EU-Mitgliedsländer Bulgarien und Rumänien gut.

Die internationale Finanzkrise entschärfte sich. Der Bund konnte das im Vorjahr eingegangene Engagement in der Höhe von CHF 6 Mia. zur Rettung der Grossbank UBS mit einem Nettogewinn von rund CHF 1.2 Mia. beenden. Noch nicht abgeschlossen wurde das Engagement der Nationalbank zur Unterstützung der UBS. Immerhin musste sie nicht hochriskante Wertpapiere im Umfang von USD 60 Mia. sondern nur von knapp USD 40 Mia. übernehmen. Die Hälfte davon konnte sie auf den flüssiger gewordenen Märkten bereits wieder verkaufen.

Die Weltwirtschaftskrise wirkte sich auch in der Schweiz voll aus, wobei im zweiten Halbjahr wieder ein leichtes Wachstum einsetzte. Insgesamt betrug der Rückgang des realen Bruttoinlandprodukts im Jahr 2009 nach ersten Schätzungen -1.9 Prozent. Das war weniger als in den meisten anderen westeuropäischen Ländern, aber es handelte sich trotzdem um den stärksten Einbruch seit 1975. Die Arbeitslosenquote stieg im Jahresmittel von 2.6 Prozent auf 3.7 Prozent; zu Jahresende betrug sie 4.2 Prozent. Zusätzlich zur weiterhin expansiven Geldmengenpolitik der Nationalbank trat nun auch der Bund mit Konjunkturförderungsprogrammen auf den Plan. Zum Missfallen der Gewerkschaften, der Grünen und der Sozialdemokraten blieben diese aber auf einem im internationalen Vergleich relativ bescheidenen Niveau.

Die öffentlichen Finanzen blieben in einem überraschend guten Zustand. Der wegen der Wirtschaftskrise befürchtete Einbruch der Steuererträge fiel bei weitem nicht so stark aus wie befürchtet. Die Staatsrechnung 2009 des Bundes schloss mit einem Überschuss von CHF 2.7 Mia. ab, und auch die Kantone verzeichneten insgesamt positive Saldi in ähnlicher Grössenordnung. Für das Jahr 2010 erwarteten allerdings der Bund und die Kantone Defizite. Sowohl die Bundesversammlung als auch die Kantonsparlamente verabschiedeten Steuererleichterungen für Familien und KMU. National- und Ständerat beschlossen auch eine Vereinfachung der Mehrwertsteuer. Den Entscheid über die vom Bundesrat vorgeschlagene Einführung eines Einheitssteuersatzes bei der MWSt verschoben sie hingegen auf später.

In der Sozialpolitik hiess das Volk die temporäre Erhöhung der Mehrwertsteuer zur finanziellen Sanierung der Invalidenversicherung gut. Das Parlament beriet über Einsparungen und Mehreinnahmen bei der AHV und der Arbeitslosenversicherung.

Das Konkordat zur Harmonisierung der kantonalen Bildungssysteme (Harmos) wurde in zwei weiteren Kantonen (Bern und Tessin) angenommen und konnte damit in den bisher elf zustimmenden Kantonen in Kraft treten. Chancenlos war es weiterhin in der Zentralschweiz, wo zusätzliche vier Kantone den Beitritt ablehnten.

Zur allgemeinen Überraschung hiessen am 29. November knapp 58 Prozent der Stimmenden die Volksinitiative für ein Verbot des Baus von Minaretten gut. Damit ist in die Bundesverfassung nach der Aufhebung des Bistumsartikels im Jahr 2001 wieder eine Bestimmung aufgenommen worden, welche eine einzelne Religionsgemeinschaft diskriminiert. Dabei ging es sowohl den von der SVP und den kleinen Rechtsparteien unterstützten Initianten, als auch denen, welche dem Begehren zugestimmt haben, nicht um eine baurechtliche Frage. Zur Zeit sind in der Schweiz von den rund 160 Moscheen und Gebetshäusern, welche den rund 400'000 Muslimen zur Verfügung stehen, nur gerade vier mit einem Minarett ausgerüstet, und neue Türme waren auch nur wenige geplant. Im Zentrum stand viel mehr ein Unbehagen gegenüber den mehrheitlich aus dem Balkan stammenden muslimischen Einwanderern und vor allem gegenüber den von einigen Muslimen auch hier propagierten Kultur- und Rechtsvorstellungen. Die vom üblichen provokanten SVP-Stil geprägte Kampagne und vor allem die Annahme der Initiative erregten im Ausland grosses Aufsehen. Dabei wurde in andern westeuropäischen Ländern mit grossem muslimischem Bevölkerungsanteil (Frankreich, Belgien, Niederlande, Deutschland) eingeräumt, dass bei ihnen ein Volksentscheid wohl kaum anders ausfallen würde.

Politische Grundfragen:
– Der Nationalrat will die Idee der Einführung einer Verfassungsgerichtsbarkeit überprüfen.
– Der Bundesrat schlug ein neues Gesetz über den Schutz des Schweizerwappens vor.
– Die Angst vor Arbeitslosigkeit war weiterhin die grösste Sorge der Bevölkerung.

Rechtsordnung:
– Eine Volksinitiative der Schweizer Demokraten zur Abschaffung des Antirassismusgesetzes kam nicht zustande.
– Das Volk stimmte der Einführung von biometrischen Pässen knapp zu.
– Das Parlament wies den Entwurf für die Revision des Staatsschutzgesetzes zur Überarbeitung an den Bundesrat zurück.
– Der Bundesrat schlug vor, die Frist für die normale Einbürgerung von zwölf auf acht Jahre zu verkürzen.
– Das Volk sprach sich in drei Kantonen gegen die Senkung des Stimmrechtalters auf 16 Jahre aus.
– Das Parlament überwies mehrere Vorstösse für eine Verschärfung des Strafensystems.
– Im Februar wurde die Volksinitiative «für den Schutz vor Waffengewalt» eingereicht; der Bundesrat empfahl sie zur Ablehnung.

Institutionen und Volksrechte:
– Das Parlament wählte den freisinnigen Neuenburger Didier Burkhalter zum Nachfolger für Pascal Couchepin in den Bundesrat; eine Kampfkandidatur der CVP blieb erfolglos.
– Der Vorentwurf für eine Teilrevision des Bundespersonalgesetzes stiess in der Vernehmlassung auf heftigen Widerstand.
– Das Parlament beschloss eine substantielle Erhöhung der Bundesbeiträge an die Fraktionssekretariate.
– Der Stände- und der Nationalrat waren sich bei der Neuorganisation der Bundesanwaltschaft nicht einig.
– Volk und Stände hiessen die Abschaffung der als nicht praktikabel beurteilten allgemeinen Volksinitiative gut.

Föderativer Aufbau:
– Die neu eingeführte Bestimmung, dass Konkordate für alle Kantone verbindlich erklärt werden können, geriet in die Kritik.
– Acht Kantone der Nordost- und der Zentralschweiz gründeten einen Verein zur besseren Vertretung der Interessen der Grossregion Zürich.
– Die Assemblée interjurassienne (AIJ) veröffentlichte ihren lange erwarteten Bericht über Zukunftsszenarien für den Berner Jura.

Wahlen:
– In den Kantonen Genf und Neuenburg konnten die bürgerlichen Parteien die Mehrheit in der Regierung zurückerobern.
– Im Kanton Wallis zog erstmals eine Frau in die Regierung ein.
– Mit Corine Mauch (sp) erhielt die Stadt Zürich ihre erste Stadtpräsidentin.
– In der Stadt Luzern fanden erstmals seit der Fusion mit Littau gemeinsame Wahlen statt.

Aussenpolitik:
– Die Schweiz unterzeichnete mehrere revidierte Doppelbesteuerungsabkommen, um von der grauen Liste der G-20 gestrichen zu werden.
– Das Volk stimmte mit 59.6 Prozent der Stimmen der Weiterführung der Personenfreizügigkeit mit der EU und der Ausdehnung auf Bulgarien und Rumänien zu.
– Das Parlament nahm in einem langwierigen Prozess einen abgeänderten Entwurf zur Übernahme der europäischen Verordnung über das Visa-Informationssystem an.
– Das Parlament beschloss die Verlängerung des Rahmenkredits für die internationale Währungshilfe bis Ende 2013.
– Der Bundesrat begründete, wieso die im 2008 beschlossene Aufstockung der Entwicklungshilfe nicht umgesetzt werden kann.
– Die Volksinitiative «für ein Verbot von Kriegsmaterial-Exporten» wurde mit 68.2 Prozent der Stimmen und von allen Kantonen abgelehnt.
– In der Gaddafi-Affäre entschuldigte sich der Bundespräsident in Tripolis, ohne jedoch die Freilassung der zwei in Libyen festgehaltenen Schweizer zu erreichen.

Landesverteidigung:
– Die Ausarbeitung des neuen Berichts über die Sicherheitspolitik begann im Berichtsjahr.
– Das Parlament lehnte die Beteiligung der Schweiz an der EU-Operation NAVFOR Aatlanta ab.
– Der aus dem Jahre 2008 stammende Entwurf zur Revision des Gesetzes über die Armee und die Militärverwaltung wurde verworfen, ein neuer Entwurf ohne die umstrittenen Punkte wurde von beiden Kammern angenommen.
– Die GSoA reichte ihre Initiative «Gegen neue Kampfflugzeuge» ein.
– Das Parlament nahm das Rüstungsprogramm 2009 an.
– Der Bundesrat nahm zum Bericht über die Umstände der Ernennung von Roland Nef zum Chef der Armee Stellung.
– André Blattmann wurde zum Armeechef ernannt.
– Eine Volksinitiative «Für den Schutz vor Waffengewalt» wurde eingereicht.
– Die Anzahl Zivildienstgesuche nahm explosiv zu.

Wirtschaftspolitik:
– Die weltweite Rezession erfasste auch die Schweiz.
– Das Parlament beschloss zwei weitere, relativ bescheidene Konjunkturförderungsprogramme.
– Der Bundesrat legte seine Vorschläge zum besseren Schutz der schweizerischen Herkunftsbezeichnung und zur Verwendung des Schweizerwappens vor.
– Gegen den Widerstand der SVP und der Grünen beschloss das Parlament die Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips für Importe aus der EU.
– Der Ständerat stellte der «Abzocker-Initiative» einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber.

Geld, Währung und Kredit:
– Die Nationalbank hielt an ihrer expansiven Geldmengenpolitik fest.
– Das Parlament befasste sich mit Massnahmen zur Reduzierung der Risiken, welche die Grossbanken für die Volkswirtschaft darstellen.
– Die fortgesetzten und intensivierten Angriffe aus dem Ausland auf das schweizerische Bankgeheimnis führten zu einer heftigen Debatte in der Regierung und im Parlament über dessen Zukunft.
– Der Bundesrat gab Vorschläge für ein kundenfreundlicheres Gesetz über Versicherungsverträge in die Vernehmlassung.

Landwirtschaft:
– Das Parlament hielt im Dezember eine Sondersession zum Milchpreis und der Landwirtschaftspolitik ab.
– Das Ende der Milchkontingentierung und der Zerfall des Milchpreises führten zu Spannungen.
– Der Bundesrat beantragte eine Verlängerung des Moratoriums für den Einsatz von gentechnologisch veränderten Pflanzen in der Landwirtschaft; der Ständerat war damit einverstanden.
– Das Parlament sprach sich gegen die «Tierschutzanwalt-Initiative» aus.

Öffentliche Finanzen:
– Das Parlament verabschiedete eine Gesetzesreform zum rascheren Ausgleich der kalten Progression und eine Vorlage zur steuerlichen Entlastung von Familien.
– Eine Totalrevision des Mehrwertsteuergesetzes wurde vom Parlament diskutiert und angenommen.
– Die Staatsrechnung 2009 schloss mit einem Überschuss von CHF 2.7 Mia.
– Das vom Parlament beschlossene Budget sah ein Defizit von CHF 2.4 Mia. vor, dies vor allem wegen der Rezession.
– Die Kantone erzielten 2009 einen Gewinn von CHF 2.4 Mia. und budgetierten für 2010 Defizite von insgesamt CHF 2.3 Mia.

Energie:
– Aufgrund des Teilmisserfolges der Liberalisierung beauftragte der Bundesrat das UVEK, eine Revision des Elektrizitätsversorgungsgesetzes vorzubereiten.
– Das Parlament verabschiedete ein Gebäudesanierungsprogramm.
– Das UVEK hat das Gesuch der BKW um Aufhebung der Befristung der Betriebsbewilligung für das KKW Mühleberg gutgeheissen.
– Der Ständerat verabschiedete die Erhöhung des Wasserzinses und der Nationalrat hat diese mit einer Abgabe zur kostendeckenden Einspeisevergütung verbunden.
– Die kleine Kammer beauftragte ihre Energiekommission, eine globale Strategie auszuarbeiten, um die Rolle der Gaskraftwerke zu definieren.

Verkehr und Kommunikation:
– Der Bundesrat verabschiedete seine Botschaft über die Finanzierung des Ausbaus der Infrastrukturen des Agglomerationsverkehrs.
– Die Kantone und der Bund konnten sich über die Kostenaufteilung bei der Fertigstellung des Nationalstrassennetzes nicht einigen.
– Das Parlament hiess das erste Gesetzespaket zur Bahnreform gut, klammerte allerdings die Frage des Sicherheitspersonals aus.
– Der Ständerat verabschiedete das neue Postgesetz und konkretisierte damit die Liberalisierung in zwei Etappen.
– Volk und Stände stimmten einer neuen Spezialfinanzierung des Luftverkehrs zu.

Raumplanung und Wohnungswesen:
– Der Entwurf eines neuen Bundesgesetzes über die Raumentwicklung scheiterte in der Vernehmlassung.
– Der Nationalrat lehnte die Volksinitiative zur Eindämmung des Zweitwohnungsbaus ab und beabsichtigte, ihr mit den flankierenden Massnahmen zur Lex Koller einen indirekten Gegenvorschlag entgegen zu stellen.
– Der Nationalrat trat nicht auf die Mietrechtsrevision zur Loslösung der Mietzinsentwicklung von den Hypothekarzinsen ein.
– Der Bundesrat empfahl die beiden Volksinitiativen zur Förderung des Bausparens ohne Gegenvorschlag zur Ablehnung.
– Der Bundesrat eröffnete die Vernehmlassung zur Änderung des Bundesgesetzes über die Wohneigentumsbesteuerung.

Umweltschutz:
– Der Bundesrat verabschiedete die Botschaft zur Nach-Kyoto Klimapolitik und empfahl die Ablehnung der Volksinitiative «für ein gesundes Klima».
– Das Parlament hiess den indirekten Gegenvorschlag zur Volksinitiative «lebendiges Wasser» gut und empfahl dem Volk diese zu verwerfen.
– Der Bafu veröffentlichte die erste systematische Berechnung der Lärmbelastung aus Strassen-, Bahn- und Flugverkehr.
– Die Stiftung Helvetia Nostra zog ihre Volksinitiative «gegen masslosen Bau umwelt- und landschaftsbelastender Anlagen» zurück, nachdem die Räte sie klar verworfen hatten.
– Die Bundesversammlung hiess die Kreditvergabe zur ersten Etappe der dritten Rhonekorrektion gut.

Bevölkerung und Arbeit:
– Die ständige Wohnbevölkerung der Schweiz betrug am Ende des Berichtsjahres fast 7.8 Millionen Personen.
– Die Zahl der Arbeitslosen stieg rezessionsbedingt stetig an, die Arbeitslosenquote betrug im Mittel 3.7 Prozent.
– Der Nominallohn stieg um 2.1 Prozent an, die Reallöhne wegen der negativen Jahresteuerung sogar um 2.6 Prozent
– Die Gewerkschaften reichten eine Volksinitiative für sechs Wochen Ferien ein.
– Im Schweizer Gastrogewerbe wurde ein neuer GAV abgeschlossen.
– Das Parlament unternahm Anstrengungen, um Asbestopfer besser zu schützen.

Gesundheit, Sozialhilfe, Sport:
– Der Bundesrat plante ein neues Bundesgesetz über Prävention und Gesundheitsförderung.
– Im Herbst präsentierte der Bundesrat einen überarbeiteten Gesetzesentwurf zur Suizidhilfe und eine nationale Strategie zur palliativen Pflege.
– Die Prämienerhöhungen der Krankenkassen gaben Anlass für eine dringliche Debatte im Nationalrat.
– Das Volk nahm den neuen Verfassungsartikel «Zukunft mit Komplementärmedizin» an.
– National- und Ständerat verabschiedeten das Zusatzprotokoll über die Transplantation menschlicher Organe und Gewebe.
– Der Bundesrat unterbreitete dem Parlament seine Botschaft zum Sportförderungsgesetz.

Sozialversicherungen
– Der Ständerat beriet die leistungsseitigen Massnahmen der 11. AHV-Revision.
– Das Volk nahm den Bundesbeschluss über eine befristete Zusatzfinanzierung der IV an.
– Das Parlament behandelte die Strukturreform der beruflichen Vorsorge und verabschiedete die Massnahmen zur Erleichterung der Arbeitsmarktbeteiligung.
– Das Parlament befasste sich mit der Revision der Krankenversicherung.
– Der Nationalrat beriet das Bundesgesetz über die Unfallversicherung.
– Die Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes wurde vom Parlament behandelt.

Soziale Gruppen:
– Das Parlament verabschiedete eine Änderung der Vorschriften über die Eheschliessung; eine Heirat ist künftig nur noch bei rechtmässigem Aufenthaltsstatus beider Partner möglich.
– Der Bundesrat schickte eine Revision des Asyl- und Ausländergesetzes in die Vernehmlassung.
– Die SVP beschloss die Lancierung einer Volksinitiative für Steuerabzüge zugunsten von Familien, die ihre Kinder selbst betreuen.
– Die Stimmbevölkerung des Kantons Solothurn hiess die Einführung von Ergänzungsleistungen für Familien an der Urne gut.
– Der Bundesrat verabschiedete den Vernehmlassungsentwurf für eine Totalrevision des Jugendförderungsgesetzes.

Bildung und Forschung:
– Im Berichtsjahr wurden die Verhandlungen über ein Bildungsabkommen mit der EU abgeschlossen.
– Nachdem der Kanton Tessin als zehnter Kanton dem HarmoS-Konkordat beigetreten war, konnte es im August in Kraft treten.
– Im Sommer hiess der Bundesrat die totalrevidierte Berufsmaturitätsverordnung gut.
– Die Landesregierung präsentierte den Entwurf für ein Bundesgesetz über die Förderung und Koordination der Hochschulen.
– Die Erziehungsdirektorenkonferenz verabschiedete im Sommer ein Stipendienkonkordat.
– Das Parlament stimmte einem Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen zu.
– In der Herbstsession wurde eine Teilrevision des Forschungsgesetzes zur Aufwertung der Kommission für Technologie und Innovation gutgeheissen.

Kultur, Sprache, Kirchen:
– Nach erfolgreicher Differenzbereinigung verabschiedete das Parlament Ende Jahr das neue Kulturförderungsgesetz.
– Gegen die Sektion Film des Bundesamtes für Kultur wurde eine Aufsichtsbeschwerde eingereicht.
– Das Parlament nahm ein Gesetz zu den Museen und Sammlungen des Bundes an.
– Entgegen dem Antrag des Bundesrats trat der Nationalrat auf die Vorlage zu einem Buchpreisbindungsgesetz ein und nahm das Geschäft an.
– Das eidgenössische Personalamt publizierte einen Evaluationsbericht zur Vertretung der Sprachgemeinschaften in der Bundesverwaltung.
– Die Volksinitiative «gegen den Bau von Minaretten» wurde in der Volksabstimmung vom 29. November mit einem Ja-Anteil von 57.5 Prozent angenommen.

Medien:
– Der Zürcher Medienkonzern Tamedia übernahm das Westschweizer Medienhaus Edipresse.
– Es kam zu einer Bereinigung auf dem Gratiszeitungsmarkt: Vier Blätter wurden eingestellt.
– Das Parlament hob das Werbeverbot für leichte Alkoholika für alle TV-Sender auf.
– Die SRG beschloss, im Rahmen ihres Konvergenzprojekts Radio, Internetauftritt und Fernsehen in einer Unternehmenseinheit pro Sprachregion zusammenzuführen.
– Das Parlament forderte den Bundesrat auf, eine Strategie zur Bekämpfung der Cyberkriminalität zu entwickeln.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2009
Dossier: Rétrospectives annuelles 2004 à 2014

Qu'est-ce qui figurait à l'agenda politique suisse en 2009? Quelles étaient les affaires les plus importantes au Parlement? Et qu'est-ce qui a interpellé le public intéressé par la politique? Les événements les plus importants en 2009 sont résumés ci-dessous et ensuite listés par thème. Les liens vous mèneront directement à ces objets et événements clés de l'année en cours. Hier finden Sie die deutsche Version dieses Artikels.

Cette année a vu un nouveau remaniement gouvernemental. Après onze ans de fonction, le libéral-radical Pascal Couchepin s’est retiré du Conseil fédéral. Le PDC a essayé de profiter de cette opportunité, aux dépens du PLR, pour récupérer le siège perdu en 2003 au profit de l’UDC. Les démocrates-chrétiens se sont ainsi appliqués à obtenir le soutien de la gauche en accusant le PLR d’avoir glissé vers l’UDC et en affirmant que seul le PDC incarnait le centre politique en Suisse. Ils ont également justifié cette revendication de manière chiffrée : le PLR a certes obtenu une plus grande partie des votes lors des dernières élections fédérales, mais le groupe composé du PDC, du PEV et des Verts libéraux forme un plus grand groupe parlementaire. De la sorte, ils ont proposé la candidature germanophone du conseiller aux Etats fribourgeois Urs Schwaller. Bien que l’UDC se considérait sous-représentée au gouvernement depuis la non réélection de Christoph Blocher et l’exclusion du parti de la conseillère fédérale Evelyne Widmer-Schlumpf, les démocrates du centre ont renoncé à présenter un candidat. Le PLR a lui présenté deux candidatures avec le neuchâtelois Didier Burkhalter et le genevois (anciennement libéral) Christian Lüscher. Le 16 septembre, l’Assemblée fédérale a élu Didier Burkhalter à la succession de Pascal Couchepin. Urs Schwaller s’est nettement incliné, n’ayant pas obtenu le soutien de toute la gauche en raison de sa vision plutôt conservatrice en matière de politique sociale et de politique étrangère.

En politique étrangère, la Suisse a subi de fortes pressions internationales liées au secret bancaire. La crise financière et économique mondiale a effectivement conduit à une hausse des dépenses publiques et à un accroissement de l’endettement. La conséquence de cette conjoncture fut un renforcement des efforts étatiques vers une meilleure maîtrise de la perception fiscale et vers la recherche des fonds non déclarés déposés à l’étranger. Cela a donc entraîné des pressions accrues des Etats et d’organisations internationales comme l’OCDE ou l’UE sur des pays comme la Suisse, dont le secret bancaire ne permettait pas la transmission d’informations concernant les fonds suspectés d’évasion fiscale. Après la menace de l’OCDE de mettre la Suisse sur une liste noire, ainsi que d’autres Etats qui appliquaient les mêmes règles, le Conseil fédéral a cédé. Le 13 mars, il a adopté une nouvelle stratégie : à l’avenir, la Suisse se référera sans réserve aux standards de l’OCDE et autorisera l’entraide administrative dans les cas de soustraction d’impôt qualifiée de personnes résidents à l’étranger et ayant des comptes en Suisse. Auparavant, la Belgique et le Liechtenstein s’étaient déjà alignés à cette position ; le Luxembourg et l’Autriche ont franchi ce pas en même temps que la Suisse. En conséquence, de nouvelles conventions de double imposition furent négociées dans les mois qui suivirent. Le PS s’est réjoui d’une décision gouvernementale attendue de longue date. L’organisation faîtière de l’économie, Economiesuisse, et les associations bancaires se sont également rangées derrière le Conseil fédéral. Par contre, l’UDC a émis de virulentes critiques, accusant le gouvernement d’avoir capitulé face à un chantage de l’étranger et menaçant de mener des référendums contre les nouvelles conventions de double imposition.

En politique européenne, le peuple a approuvé la continuation de la voie bilatérale. Lors d’une votation référendaire, il s’est prononcé, contre l’avis de l’UDC, en faveur de la reconduction de la libre circulation avec l’UE et de son extension à deux nouveaux membres de l’UE, la Bulgarie et la Roumanie.

La crise financière internationale s’est atténuée. La Confédération a pu mettre fin à son engagement d’un montant de CHF 6 milliards pour sauver la grande banque UBS et a réalisé au passage un bénéfice net de CHF 1.2 milliard. L’engagement de la Banque nationale pour sauver UBS fut par contre maintenu. Toutefois, la Banque nationale ne devait plus couvrir que USD 40 milliards de papiers valeurs à hauts risques (contre USD 60 milliards précédemment). Elle pouvait déjà en revendre la moitié sur des marchés redevenus fluides.

La crise économique mondiale s’est fait pleinement ressentir en Suisse, un modeste retour de la croissance a cependant été enregistré au second semestre. Globalement, le recul du produit intérieur brut réel pour l’année 2009 s’est élevé à -1.9 pourcent selon les premières estimations. Moins marqué que dans la plupart des autres pays d’Europe occidentale, il s’agit toutefois de la plus forte baisse depuis 1975. Le taux de chômage a crû de 2.6 pourcent à 3.7 pourcent au cours du premier semestre ; en fin d’année, il s’est établi à 4.2 pourcent. En complément de la politique monétaire expansive de la Banque nationale, la Confédération est montée au front avec des programmes de relance conjoncturelle. Mais ces derniers sont demeurés modestes en comparaison internationale, suscitant les critiques des syndicats, des Verts et du PS.

Les finances publiques ont affiché une santé surprenante. La chute des recettes fiscales s’est révélée bien moins forte que redouté. Les comptes 2009 de la Confédérations se sont soldés par un excédent de recettes de CHF 2.7 milliards. Dans l’ensemble, les cantons ont également enregistré des résultats positifs d’un ordre de grandeur similaire. Pour 2010, la Confédération et les cantons s’attendent toutefois à des déficits. Tant l’Assemblée fédérale que les législatifs cantonaux ont adopté des allégements fiscaux pour les familles et les PME. Les chambres fédérales ont aussi décidé une simplification de la taxe sur la valeur ajoutée. Elles ont ainsi remis à plus tard la décision concernant l’introduction d’un taux unique de TVA, telle que proposée par le Conseil fédéral.

En matière de politique sociale, le peuple a approuvé la hausse temporaire de la TVA en faveur de l’assainissement financier de l’AI. Le parlement a débattu de mesures d’économie et de financements additionnels pour l’AVS et l’assurance chômage.

Le concordat pour l’harmonisation des systèmes de formation cantonaux (Harmos) a été approuvé par deux nouveaux cantons (Berne et Tessin) et a pu ainsi entrer en vigueur dans les onze cantons qui l’ont adopté. Il est demeuré indésirable en Suisse centrale, où quatre cantons supplémentaires ont rejeté l’adhésion.

À la surprise générale, les votants ont approuvé à près de 58 pourcent l’initiative populaire « contre la construction de minarets » le 29 novembre. Après la suppression de l’article sur les évêchés en 2001, la Constitution fédérale comporte à nouveau une disposition discriminant une communauté religieuse particulière. Pour les initiants, comme pour l’UDC et les petits partis de droite qui soutenaient le texte, il ne s’agissait pas d’un problème de droit des constructions. Pour l’heure, des quelques 160 mosquées et lieux de prière à la disposition des 400'000 musulmans vivant en Suisse, seuls quatre comportent un minaret et rares sont les projets d’en construire de nouveaux. Le malaise vis-à-vis des immigrés musulmans, principalement originaires des Balkans, et surtout vis-à-vis des représentations culturelles et juridiques propagées par certains intégristes a joué un rôle central. La campagne, fortement marquée par le style provocateur coutumier de l’UDC, et l’acceptation de l’initiative ont eu un fort retentissement à l’étranger. On s’accorda à penser que, dans les autres pays d’Europe occidentale où les musulmans représentent une proportion importante de la population (France, Belgique, Pays-Bas, Allemagne), un vote populaire aurait connu une issue similaire.

Problèmes politiques fondamentaux:
– Le Conseil national veut tester l’idée d’introduire un contrôle de constitutionnalité.
– Le Conseil fédéral a présenté une nouvelle loi sur la protection des armoiries helvétiques.
– La peur du chômage a continué d’être la plus grande préoccupation des Suisses.

Ordre juridique:
– Une initiative populaire des Démocrates suisses visant la suppression de la loi contre le racisme n’a pas abouti.
– Le peuple a approuvé de justesse l’introduction des passeports biométriques.
– Le parlement a renvoyé le projet de révision de la loi sur la protection de l’Etat au Conseil fédéral.
– Le Conseil fédéral a proposé de réduire le délai de résidence permettant une naturalisation ordinaire de douze à huit ans.
– Le peuple s’est prononcé dans trois cantons contre l’abaissement à 16 ans de l’âge requis pour l’exercice du droit de vote.
– Le parlement a transmis plusieurs propositions en vue d’un durcissement du système des peines.
– En février, l’initiative « Pour une protection face à la violence des armes » a aboutit ; le Conseil fédéral recommande le rejet de l’initiative.

Institutions et droits populaires:
– Le parlement a élu au Conseil fédéral le radical neuchâtelois Didier Burkhalter comme successeur à Pascal Couchepin ; une candidature du PDC est restée vaine.
– Un avant-projet visant une révision partielle de la loi sur le personnel de la Confédération a été fortement contesté en consultation.
– Le parlement a adopté une hausse substantielle des contributions fédérales aux secrétariats des groupes parlementaires.
– Les deux chambres fédérales ne se sont pas tombées d’accord sur la nouvelle organisation du Ministère public de la Confédération.
– Le peuple et les cantons ont décidé la suppression de l’initiative populaire générale évaluée comme inapplicable.

Structures fédéralistes:
– La nouvelle disposition permettant aux concordats d’être déclarés obligatoires pour tous les cantons a été vertement critiquée.
– Huit cantons du Nord-est du pays et de la Suisse centrale ont fondé une association pour mieux représenter les intérêts de la région de Zürich.
– L’Assemblée interjurassienne (AIJ) a publié son rapport très attendu sur les scénarios futurs possibles du Jura bernois.

Elections:
– Dans les cantons de Genève et de Neuchâtel, les partis bourgeois ont reconquis la majorité au gouvernement.
– Dans le canton du Valais, une femme a pour la première fois accédé au Conseil d’Etat.
– La ville de Zurich a connu la première présidente municipale de son histoire avec l’élection de Corine Mauch(ps).
– Dans la ville de Lucerne ont eu lieu les premières élections générales depuis la fusion avec Littau.

Politique étrangère:
– La Suisse a signé des conventions de double imposition révisées afin de ne plus être sur la liste grise du G20.
– Le peuple a reconduit par 59.6 pourcent des voix l’accord de libre circulation des personnes avec l’UE et l’a étendu à la Bulgarie et à la Roumanie.
– Le parlement a adopté avec difficulté le projet modifié concernant la reprise du règlement européen relatif au système d’information sur les visas.
– Le Conseil des Etats et le Conseil national ont prolongé le crédit cadre pour l’aide monétaire internationale jusqu’à la fin de l’année 2013.
– Le gouvernement a justifié le gel de l’augmentation de l’aide au développement décidée en 2008.
– L’initiative populaire « Pour l’interdiction d’exporter du matériel de guerre » a été rejetée par 68.2 pourcent des votants et tous les cantons.
– Dans l’affaire Kadhafi, le président de la Confédération est allé présenter des excuses à Tripoli sans pour autant obtenir la libération des deux ressortissants suisses.

Armée:
– L’élaboration du nouveau rapport sur la politique de sécurité a débuté durant l’année sous revue.
– Les chambres ont refusé la participation de la Suisse à l’opération NAVFOR Atalanta de l’UE.
– La loi sur l’armée et l’administration militaire proposée en 2008 a été rejetée, une nouvelle loi n’incluant pas les thématiques contestées a été adoptée par les chambres.
– Le GSsA a déposé une initiative « Contre de nouveaux avions de combat ».
– Le parlement a adopté le programme d’armement 2009.
– Le Conseil fédéral a répondu au rapport sur les circonstances de la nomination de Roland Nef.
– André Blattmann a été nommé chef de l’armée.
– Une initiative « Pour la protection face à la violence des armes » a été déposée.
– Le nombre d’admissions au service civil a explosé.

Politique économique:
– La récession mondiale a également saisi la Suisse.
– Le parlement a adopté deux autres programmes de soutien à la conjoncture relativement timides.
– Le Conseil fédéral a soumis ses propositions visant une meilleure protection de l’appellation d’origine suisse et de l’utilisation des armoiries de la Suisse.
– Le parlement a adopté l’introduction du principe du Cassis de Dijon pour les importations venant de l’UE malgré l’opposition de l’UDC et des verts.
– Le Conseil des Etats a élaboré un contre-projet indirect répondant à l’initiative contre les rémunérations abusives.

Crédit et monnaie:
– La Banque nationale a maintenu sa politique monétaire détendue.
– Le parlement a traité des mesures de réduction des risques que les grandes banques peuvent constituer pour l’économie nationale.
– Les attaques continues et vives de l’étranger sur le secret bancaire suisse ont mené à un débat intensif au gouvernement et au parlement sur son avenir.
– Le Conseil fédéral a mis en consultation une proposition de loi sur les contrats d’assurances.

Agriculture:
– Les chambres ont tenu une session extraordinaire consacrée au prix du lait et à la politique agricole au mois de décembre.
– La fin des contingents laitiers au 1er mai et la baisse du prix du lait ont généré de fortes tensions sur le marché laitier.
– Le Conseil fédéral a présenté son message relatif à la prolongation du moratoire sur l’utilisation d’OGM dans l’agriculture. Le Conseil des Etats a adopté le projet moyennant un léger amendement.
– Les chambres ont rejeté l’initiative populaire «Contre les mauvais traitements envers les animaux et pour une meilleure protection juridique de ces derniers ».

Finances publiques:
– Le parlement a adopté une révision législative visant à compenser plus rapidement les effets de la progression à froid et un projet d’allégement fiscal pour les familles.
– Les chambres ont débattu et accepté une révision totale de la loi sur la taxe sur la valeur ajoutée
– Les comptes d’Etat 2009 se sont soldés par un bénéfice de CHF 2.7 milliards.
– Le budget 2010 prévoit un déficit de CHF 2.4 milliards en raison principalement de la récession.
– En 2009, les cantons ont réalisé des gains de CHF 2.4 milliards et ont budgété des déficits de l’ordre de CHF 2.3 milliard au total pour 2010.

Energie:
– Suite au constat de l’échec partiel de la libéralisation, le Conseil fédéral a chargé le DETEC d’élaborer une révision de loi sur l’approvisionnement électrique.
– Les chambres ont adopté un programme national d’assainissement des bâtiments.
– Le DETEC a supprimé la limitation dans le temps de l’autorisation d’exploiter la centrale nucléaire de Mühleberg (BE).
– Le Conseil des Etats a approuvé l’augmentation progressive de la redevance hydraulique, alors que le Conseil national l’a liée à une hausse de la redevance pour la rétribution à prix coûtant du courant vert.
– La chambre des cantons a chargé sa commission de l’énergie d’élaborer une stratégie globale afin de préciser le rôle des centrales à combustibles fossiles.

Transports et communications:
– Le Conseil fédéral a adopté le message relatif au financement des programmes d’agglomération urgents.
– Le désaccord entre le Conseil fédéral et les cantons est demeuré complet concernant le financement de l’achèvement du réseau des routes nationales.
– Le parlement a adopté le premier paquet législatif de la réforme des chemins de fer amputé de la loi sur les organes de sécurité.
– Le Conseil des Etats a adopté le projet de nouvelle législation postale concrétisant une libéralisation en deux temps.
– Le peuple et les cantons ont approuvé la création d’un financement spécial en faveur du trafic aérien.

Aménagement du territoire et logement:
– Le projet de loi fédérale concernant le développement territorial a échoué en consultation.
– Le Conseil national a rejeté l’initiative populaire « Pour en finir avec la construction envahissante de résidences secondaires», il a l’intention d’élaborer un contre-projet indirect comprenant les mesures d’accompagnement de la Lex Koller.
– Le Conseil national n’est pas entré en matière sur la modification du droit du bail proposant le découplage des loyers et des taux hypothécaires.
– Le Conseil fédéral a recommandé de rejeter les deux initiatives populaires intitulées « Accéder à la propriété privée grâce à l’épargne-logement » et « Sécurité du logement à la retraite » sans proposer de contre-projet.
– Le Conseil fédéral a mis en consultation un projet de modification de la loi fédérale sur l’imposition de la propriété privée du logement.

Protection de l’environnement:
– Le Conseil fédéral a adopté le message relatif à la politique climatique post-Kyoto et recommandé le rejet de l’initiative populaire « pour un climat sain ».
– Le parlement a approuvé le contre-projet indirect à l’initiative populaire « Eaux vivantes » et recommandé le rejet d’icelle.
– L’OFEV a publié les premières mesures des nuisances sonores dues à la route, au rail et à l’aviation.
– La Fondation Helvetia Nostra a retiré son initiative populaire« contre la création effrénée d’implantations portant atteinte au paysage et à l’environnement » suite à son rejet massif par les chambres.
– L’Assemblée fédérale a approuvé l’octroi du crédit-cadre pour la première étape de la troisième correction du Rhône.

Population et travail:
– La population permanente de la Suisse a pratiquement atteint 7.8 millions de personnes au terme de l’année sous revue.
– Le nombre de chômeurs a crû en raison de la récession et le taux de chômage moyen s’est établi à 3.7 pourcent.
– Le salaire nominal a augmenté de 2.1 pourcent et le salaire réel de 2.6 pourcent à cause de l’inflation négative.
– Les syndicats ont déposé une initiative populaire pour six semaines de vacances.
– Dans le secteur de l’hôtellerie et de la restauration, les partenaires ont conclu une nouvelle convention collective de travail.
– Le parlement a pris des mesures pour améliorer la protection des victimes de l’amiante.

Santé, assistance sociale, sport:
– Le Conseil fédéral a annoncé une nouvelle loi sur la prévention et la promotion de la santé.
– Au printemps, le Conseil fédéral a présenté un projet révisé de la loi sur l’aide au suicide et une stratégie nationale pour les soins palliatifs.
– L’augmentation des primes des assurances maladies a donné lieu à un débat urgent au Conseil national.
– Le peuple a adopté l’article constitutionnel « Pour la prise en compte des médecines complémentaires ».
– Les deux chambres ont adopté le protocole additionnel relatif à la transplantation d’organes et de tissus d’origine humaines.
– Le Conseil fédéral a soumis au parlement son message concernant la loi sur la promotion du sport.

Assurances sociales
– Le Conseil des Etats a examiné les mesures relatives aux prestations de la onzième révision de l’AVS.
– Le peuple a adhéré à la décision de la Confédération relative au financement additionnel temporaire de l’AI.
– Le parlement a traité des réformes structurelles de la prévoyance professionnelle et a adopté des mesures pour faciliter l’accès au marché du travail.
– Le parlement s’est penché sur la révision de l’assurance maladie.
– Le Conseil national a traité la loi fédérale sur l’assurance accident.
– La révision de la loi sur l’assurance chômage a été examinée par le parlement.

Groupes sociaux:
– Le parlement a adopté une modification des prescriptions concernant le mariage; à l’avenir, le mariage ne sera possible qu’à la condition que les deux partenaires soient au bénéfice d’un statut de séjour régulier.
– Le Conseil fédéral a mis en consultation une révision des lois sur l’asile et sur les étrangers.
– L’UDC a décidé de lancer une initiative populaire pour des déductions fiscales en faveur des familles qui assurent elles-mêmes la garde des enfants.
– Le peuple soleurois a approuvé l’introduction de prestations complémentaires pour les familles en votation.
– Le Conseil fédéral a adopté un avant-projet de révision totale de la loi sur l’encouragement des activités de jeunesse.

Enseignement et recherche
– Les négociations avec l’UE concernant un accord sur la formation sont arrivées à leur terme.
– Le canton du Tessin ayant été le dixième canton à adhérer au concordat HarmoS, celui-ci est entré en vigueur en août de l’année sous revue.
– Le Conseil fédéral a approuvé l’ordonnance totalement révisée sur la maturité professionnelle.
– Le gouvernement a présenté son projet de loi fédérale sur l’aide aux hautes écoles et la coordination dans le domaine suisse des hautes écoles.
– La Conférence des directeurs cantonaux de l’instruction publique a adopté un concordat sur les bourses d’études.
– Le parlement a approuvé un article constitutionnel concernant la recherche sur l’être humain.
– Lors de la session d’automne, les chambres ont adopté une révision partielle de la loi sur la recherche visant à renforcer la commission pour la technologie et l’innovation.

Culture, langues, églises:
– A la fin de l’année, le parlement a adopté la nouvelle loi sur l’encouragement à la culture après une procédure d’élimination des divergences.
– Une plainte administrative contre la section cinéma de l’Office fédéral de la culture a été déposée auprès de l’autorité de surveillance.
– Le parlement a approuvé une loi sur les musées et les collections de la Confédération.
– Contrairement à la recommandation du Conseil fédéral, le Conseil national est entré en matière sur le projet de loi réglementant le prix du livre et l’a adopté.
– L’Office fédéral du personnel a publié un rapport d’évaluation sur la représentation des communautés linguistiques dans l’administration fédérale.
– L’initiative populaire « contre la construction de minarets » a été acceptée par 57.5 pourcent des voix lors des votations fédérales du 29 novembre.

Médias:
– Le groupe de presse zurichois Tamedia a annoncé le rachat d’Edipresse.
– La disparition de quatre titres a conduit à une certaine concentration du marché des journaux gratuits.
– Le parlement a supprimé l’interdiction de la publicité pour les boissons à faible teneur alcoolique à la télévision.
– Dans le cadre de son projet de convergence, la SSR a décidé de réunir la radio, la télévision et les multimédias dans des unités d’entreprise par région linguistique.
– Le parlement a sommé le Conseil fédéral de se doter d’une stratégie de lutte contre la cybercriminalité.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2009
Dossier: Rétrospectives annuelles 2004 à 2014

Was prägte 2008 die Schweizer Politik? Welches waren die bedeutenden Geschäfte im Parlament? Und was hat die politisch interessierte Öffentlichkeit bewegt? Nachfolgend werden die wichtigsten Ereignisse im Jahr 2008 zusammengefasst und anschliessend nach Thema geordnet aufgelistet. Mit den Links gelangen Sie direkt zu diesen im Berichtsjahr zentralen Geschäften und Ereignissen. Vous trouverez ici la version française de cet article.

Die Abwahl von Bundesrat Blocher im Dezember 2007 prägte die Politik des Berichtsjahres 2008. Da die SVP aus statutarischen Gründen die an Blochers Stelle gewählte SVP-Politikerin Eveline Widmer-Schlumpf nicht aus der Partei ausschliessen konnte, eliminierte sie gleich die ganze bündnerische Kantonalsektion. Letztere gründete zusammen mit dissidenten SVP-Mitgliedern aus den Kantonen Bern und Glarus in der Folge die neue Bürgerlich-Demokratische Partei, welcher auch der zweite SVP-Bundesrat, Samuel Schmid, beitrat. Die SVP, die in den Wahlen 2007 ihre Position als wählerstärkste Partei hatte ausbauen können, war damit nicht mehr in der Exekutive vertreten. Von einer Konkordanzregierung konnte deshalb nicht mehr gesprochen werden, und die bei der Abwahl Blochers gemachte Ankündigung der SVP, eine rigorose Oppositionspolitik betreiben zu wollen, liess nichts Gutes für das Funktionieren der politischen Institutionen erwarten.

Es zeigte sich dann aber bald, dass diese Befürchtungen übertrieben waren. Zum einen war die SVP in den letzten Jahren häufig auch als Regierungspartei in Opposition zur Parlamentsmehrheit und zum Bundesrat gewesen und hatte deren Beschlüsse in Volksabstimmungen bekämpft. Zum anderen war die SVP auch nach den Wahlen vom Herbst 2007 mit knapp einem Drittel der Sitze im Nationalrat und noch weniger im Ständerat eine Minderheitspartei geblieben. Wenn sie sich nicht den anderen bürgerlichen Parteien anschloss, vermochte sie deshalb im Parlament keine bedeutende Rolle zu spielen. Mit ihren eigenen Vorstössen unterlag sie wie schon in den früheren Jahren fast immer klar. Erfolg hatte sie nur in einigen Fällen, in denen sie in unheiliger Allianz mit der Linken Entscheide blockieren konnte, z.B. in der Armeepolitik. Der Erfolg blieb aber auch in den Volksabstimmungen aus, und bei ihrer eigenen Volksinitiative zur Einbürgerungspolitik musste sie sogar eine Schlappe einstecken.
Den einzigen grossen Erfolg erzielte SVP mit ihrer Dauerkampagne gegen Bundesrat Schmid und seine Armeepolitik. Dieser gab im Herbst entnervt auf und kündigte seinen Rücktritt auf Ende Jahr an. Die SVP meldete sofort ihren Anspruch auf den frei werdenden Sitz an und ihr früherer Präsident Ueli Maurer wurde vom Parlament zum Nachfolger Schmids gewählt. Damit war Ende 2008 das Konkordanzsystem formal wieder hergestellt, auch wenn die SVP noch nicht gemäss ihrem Wähleranteil in der Regierung vertreten war.

In der Europapolitik bestätigte das Volk die Weiterführung des bilateralen Wegs. In einer Referendumsabstimmung hiess es überraschend deutlich die Beibehaltung der Personenfreizügigkeit mit der EU und ihre Ausdehnung auf die neuen EU-Mitgliedsländer Bulgarien und Rumänien gut. Die opponierende SVP musste damit ein weiteres Mal zur Kenntnis nehmen, dass ihre isolationistische Politik im Volk nicht mehrheitsfähig ist.

Die internationale Finanzkrise verschärfte sich im Berichtsjahr zusehends und begann von den Finanzmärkten auf die Realwirtschaft überzugreifen. Der Bundesrat und die Bankenvertreter wiesen zuerst noch auf die gesunde Struktur der beiden schweizerischen Grossbanken UBS und CS hin. Als im September aber eine amerikanische Grossbank zusammenbrach, bedeutete dies auch das Ende des schweizerischen Optimismus, und der Bundesrat kündigte ein Hilfspaket von rund 68 Mia Fr. für die in grosse Schwierigkeiten geratene UBS an. Es handelte sich bei diesen vom Bund und der Nationalbank aufzubringenden Mitteln allerdings nicht um à-fonds-perdu-Beiträge, sondern um verzins- und rückzahlbare Darlehen und Wertpapierüberschreibungen. Die Landesregierung begründete diesen massiven Staatseingriff mit der Notwendigkeit, den Kollaps der Bank zu verhindern. Da diese eine dominante Rolle im inländischen Zahlungs- und Kreditsystem spielt, hätte ihr Zusammenbruch schlimmste Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaftstätigkeit gehabt.

Die schweizerische Volkswirtschaft vermochte während des ersten Halbjahrs der sich anbahnenden weltweiten Rezession zu trotzen, wurde aber vom Herbst an ebenfalls von der Krise erfasst. Im Ganzjahresvergleich verlangsamte sich das Wirtschaftswachstum. Die Beschäftigung nahm im Jahresmittel noch einmal stark zu und die Arbeitslosigkeit reduzierte sich weiter und begann erst gegen Jahresende wieder zu wachsen. Die Konjunkturpolitik des Bundes beschränkte sich weitgehend auf die von der Nationalbank betriebene expansive Geldmengenpolitik. Trotz heftigen Protesten der Gewerkschaften, der Grünen und der SP liess es der Bundesrat mit der Ankündigung eines relativ kleinen Konjunkturbelebungsprogramms für Anfang 2009 bewenden.

Der Finanzhaushalt profitierte immer noch von der lange Zeit guten Wirtschaftslage. Sowohl der Bund als auch die Kantone und Gemeinden erzielten hohe Ertragsüberschüsse. Die meisten Kantone nutzten diese zu Steuersenkungen namentlich für Familien. Auf Bundesebene stimmte das Volk einer von der Linken bekämpften Steuererleichterung für Unternehmen mit hauchdünnem Mehr zu.
Die Marktliberalisierung kam unterschiedlich voran. Das Parlament beschloss gegen den Willen des Bundesrates die Zulassung des Parallelimports von patentrechtlich geschützten Waren aus der EU. Der Bundesrat seinerseits beantragte die einseitige Einführung des so genannten Cassis-de-Dijon-Prinzips für Einfuhren aus der EU und verabschiedete das Mandat für die Verhandlungen mit der EU über die Einführung des Agrarfreihandels. Er beschloss zudem, die Liberalisierung des Postmarktes voranzutreiben. Sein Antrag, den Erwerb von Grundstücken und Wohneigentum durch Personen mit Wohnsitz im Ausland vollständig frei zu geben, scheiterte im Nationalrat hingegen am Widerstand der Linken und der SVP.

In der Sozialpolitik verabschiedete das Parlament den Finanzierungsbeschluss zur 5. Revision der Invalidenversicherung. Da dazu auch eine temporäre Erhöhung der Mehrwertsteuer gehört, muss dieser Beschluss noch von Volk und Ständen gutgeheissen werden. In der Drogenpolitik bestätigte das Volk mit klarem Mehr das seit längerem praktizierte Vier-Säulen-Konzept; die Liberalisierung des Haschischkonsums lehnte es jedoch deutlich ab.

Tödlich oder mit schweren Verletzungen endende Gewaltexzesse sorgten auch im Berichtsjahr für heftige Diskussionen. Da es sich bei den Tätern oft um Jugendliche mit Immigrationshintergrund handelt, wurde der Ruf nach verstärkten Integrationsmassnahmen lauter. Primär auf Repression setzen möchte hingegen die SVP, die ihre Volksinitiative für die Ausschaffung von ausländischen Kriminellen und Sozialhilfebetrügern einreichte.

Das Konkordat zu Harmonisierung der kantonalen Bildungssysteme (Harmos) stiess in den meisten Kantonen der Deutschschweiz auf heftigen Widerstand. Dieser fokussierte sich auf das Obligatorium eines zwei Jahre dauernden Kindergartens und malte die Gefahr einer vom Staat diktierten Kleinkindererziehung an die Wand. Die von der SVP angeführte Opposition vermochte sich in einigen Kantonen der Zentral- und Ostschweiz in Volksabstimmungen durchzusetzen.

Politische Grundfragen:
– Die Abwahl von Bundesrat Blocher Ende 2007 belebte die Diskussion über das schweizerische Konkordanzsystem.
– Wegen der Störaktionen von Rechtsextremen in den letzten Jahren wurde die Bundesfeier auf dem Rütli nur noch in einem kleinen Rahmen durchgeführt.
– Die Vernehmlassung über den Vorentwurf für ein Gesetz zum Schutz der Marke Schweiz und des Schweizer Wappens ergab einige Kritik.
– Die Genferinnen und Genfer wählten einen Verfassungsrat.

Rechtsordnung:
– Gegen den Widerstand der SVP stimmte der Nationalrat der Ratifizierung des Fakultativprotokolls zum Übereinkommen der UNO gegen die Folter zu.
– Gegen die vom Parlament beschlossene Einführung von Pässen mit biometrischen Merkmalen wurde das Referendum eingereicht.
– Der Nationalrat trat auf die vom Bundesrat beantragte Verschärfung des Staatsschutzgesetzes nicht ein.
– Volk und Stände lehnten die von der SVP eingereichte Volksinitiative zur Einbürgerungspolitik («für demokratische Einbürgerungen») deutlich ab.
– In mehreren Städten kam es zu Anschlägen gegen türkische Geschäfte und Institutionen.
– Die Zahl der brutalen Gewalt- und Sexualdelikte ist gemäss einer Studie in der Schweiz in den letzten zwanzig Jahren stark angestiegen.
– Volk und Stände nahmen die Volksinitiative «für die Unverjährbarkeit von pornografischen Straftaten an Kindern» knapp an.
– Die SVP reichte ihre Volksinitiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer» mit über 200'000 Unterschriften ein.
– Das Parlament verabschiedete die neue einheitliche Zivilprozessordnung.

Institutionen und Volksrechte:
– Die Vereinigte Bundesversammlung wählte Ueli Maurer von der SVP als Nachfolger von Samuel Schmid in den Bundesrat.
– Die Gewerkschaften kritisierten den Vorentwurf für eine Teilrevision des Bundespersonalgesetzes heftig.
– Das Parlament beschloss eine Vorzugsbehandlung von Motionen und Postulaten.
– Der Ständerat stimmte der Schaffung eines eidgenössischen Patentgerichtes zu.
– Volk und Stände lehnten die Initiative für eine starke Einschränkung der Auftritte des Bundesrats in Abstimmungskampagnen klar ab.

Föderativer Aufbau:
– Die 26 Kantone eröffneten in Bern ihr neues Haus der Kantone.
– Die Assemblée interjurassienne (AIJ) publizierte Zwischenberichte über die Vereinigung der drei bernjurassischen Bezirke mit dem Kanton Jura und Alternativen dazu.

Wahlen:
– Bei den Parlamentswahlen in Schwyz und Uri verbuchte die SVP grosse Sitzgewinne.
– Die SP verlor 56 Sitze in den kantonalen Parlamenten.
– Die Grünliberalen erzielten in mehreren Kantonen Wahlerfolge.
– Die SVP konnte im Kanton St. Gallen erstmals in die Regierung einziehen.
– Die Grünen stellen zum ersten Mal eine Vertreterin in der aargauischen Exekutive.
– In den Städten Bern und Biel verteidigte die Linke ihre Mehrheit erfolgreich.

Aussenpolitik:
– Der Nationalrat stimmte einem Bundesbeschluss über die Fortsetzung der Friedensförderung und der Stärkung der Menschenrechte zu.
– Das Parlament hiess die Weiterführung und Erweiterung des Abkommens über die Personenfreizügigkeit mit der EU gut. Die Schweizer Demokraten und die Lega reichten dagegen das Referendum ein.
– Das Parlament stimmte der Weiterführung des Kreditabkommens mit dem Weltwährungsfonds zu.
– Das Parlament sprach sich für die Fortsetzung der Entwicklungszusammenarbeit aus und bewilligte die nötigen Kredite.
– Trotz des Einsetzens einer weltweiten Wirtschaftskrise wuchs der Aussenhandel weiterhin an.

Landesverteidigung:
– Das Parlament stimmte der Verlängerung des KFOR-Mandats zu.
– Volk und Stände lehnten die Kampfjetlärm-Initiative ab.
– Der Chef der Armee, Rolf Nef, trat im Juli zurück.
– Der Bundesrat empfahl die Volksinitiative für ein Waffenexportverbot zur Ablehnung.
– Das Parlament stimmte dem Rüstungsprogramm 2008 zu.
– Das Parlament hiess die Gesetze über den Zivildienst und über die Dienstpflichtersatzabgabe gut.

Wirtschaftspolitik:
– Die weltweite Rezession erreichte im Herbst auch die Schweiz.
– Die Loterie romande lancierte eine Volksinitiative gegen die Liberalisierung der Geld- und Glücksspiele.
– Der Bundesrat beantragte die einseitige Einführung des Cassis-de-Dijon-Prinzips für Importe aus der EU.
– Das Parlament beschloss, Parallelimporte patentgeschützter Waren aus der EU in Zukunft zu erlauben.
– Der Kleinunternehmer Thomas Minder reichte seine Volksinitiative gegen übertrieben hohe Managerlöhne ein.

Geld, Währung und Kredit:
– Um das Abgleiten der Schweiz in eine Rezession zu verhindern, lockerte die Nationalbank ab Oktober in mehreren Schritten die Geldpolitik.
– Der Bund und die Nationalbank unterstützten die in arge Schwierigkeiten geratene Grossbank UBS mit einem Hilfspaket von rund CHF 68 Mia.
– Das Parlament beschloss eine Verbesserung des Einlegerschutzes bei den Banken.
– Das Parlament verabschiedete die Teilrevision des Gesetzes gegen den Insiderhandel an den Börsen.

Landwirtschaft:
– Der Bundesrat verabschiedete diverse Verordnungen zum Vollzug der Agrarpolitik 2001.
– Die Landesregierung hiess das Verhandlungsmandat für ein Abkommen über den Agrarfreihandel mit der EU gut.
– Auf dem Milchmarkt kam es zu grossen Spannungen zwischen Produzenten und Verwertern.
– Der Bundesrat möchte das Moratorium für genveränderte Lebensmittel bis 2013 verlängern.
– Der Bundesrat empfahl die Ablehnung der Volksinitiative «… für einen besseren Rechtsschutz für Tiere».
– Nachdem der Ständerat auf die Revision des Waldgesetzes nicht eingetreten war, zogen die Initianten ihre Volksinitiative für den Schutz des Waldes zurück.

Öffentliche Finanzen:
– In der Diskussion über die Legislaturplanung sprachen sich alle Parteien für die steuerliche Entlastung von Familien aus.
– Das Volk stimmte der Unternehmenssteuerreform II knapp zu.
– Der Bundesrat beantragte eine radikale Vereinfachung der Mehrwertsteuer.
– Das Parlament stimmte der Revision des Tabaksteuergesetzes zu.
– Der Bundesrat schlug eine Ergänzung zur Schuldenbremse vor, um auch die ausserordentlichen Einnahmen und Ausgaben zu berücksichtigen.
– Der Nationalrat lehnte einen Vorstoss der SVP für die Einführung des Finanzreferendums ab.
– Die Staatsrechnung 2008 schloss mit einem Gewinn von CHF 7.3 Mia. ab.
– Das Budget 2009 sieht einen Überschuss von weniger als CHF 1 Mia. vor.
– Die Kantone erzielten 2008 einen Gewinn von CHF 4.4 Mia und budgetierten für 2009 Defizite von insgesamt CHF 1.5 Mia..

Energie:
– Der Bundesrat verabschiedete die Aktionspläne «erneuerbare Energien» und «Energieeffizienz» zur Umsetzung seiner mittel- und langfristigen Energiestrategie.
– Nach den heftigen Protesten gegen die für 2009 angekündigte Strompreissteigerung beschloss der Bundesrat dringliche Massnahmen zur Halbierung dieser Erhöhung.
– Die Regierung hiess den konzeptuellen Teil des Plans zur Lagerung von radioaktiven Abfällen gut; die Suche nach geeigneten Standorten ging weiter.
– Der Ständerat gab ein Projekt zur schrittweisen Erhöhung des Wasserzinses in die Vernehmlassung.
– Das Angebotsverfahren zur Einspeisung von Ökostrom war erfolgreich.

Verkehr und Kommunikation:
– Das Parlament stimmte den Gesetzen zur Steuerung des Güterverkehrs zu und bestätigte die Einführung einer Transitbörse.
– Das Parlament schuf die gesetzlichen Voraussetzungen für den Fahrausweisentzug bei im Ausland begangenen Strassenverkehrsdelikten.
– Der Ständerat lehnte die Schaffung einer speziellen Bahnpolizei ab.
– Der Bundesrat beschloss, die Liberalisierung des Postmarktes zu beschleunigen.
– Das Parlament verabschiedete die gesetzlichen Grundlagen für eine Spezialfinanzierung des Luftverkehrs.

Raumplanung und Wohnungswesen:
– Die Naturschutzorganisation Pro Natura reichte im August ihre Volksinitiative «Raum für Mensch und Natur (Landschaftsinitiative)» ein.
– Der Bundesrat gab den Vorentwurf für eine Teilrevision des Raumplanungsgesetzes in die Vernehmlassung.
– Im Nationalrat opponierten die SVP und die Linke erfolgreich gegen die Aufhebung der Lex Koller.
– Der Bundesrat empfahl eine Volksinitiative gegen den Bau von Ferien- und anderen Zweitwohnungen zur Ablehnung.
– Der Bundesrat möchte die Verbindung der Mietzinsen mit den Hypothekarzinsen aufheben.
– Der Ständerat sprach sich definitiv gegen drei parlamentarische Initiativen zur Förderung des steuerlich begünstigten Bausparens aus.

Umweltschutz:
– Der Bundesrat fällte erste strategische Entscheide für die Politik nach dem Auslaufen des Kyoto-Abkommens und gab eine Revision des CO2-Gesetzes in die Vernehmlassung.
– Der Bundesrat vereinheitlichte die Abgasvorschriften für Baumaschinen.
– Der Ständerat sprach sich gegen die Volksinitiative für «Lebendiges Wasser» aus und stellte ihr einen indirekten Gegenvorschlag gegenüber.
– Volk und Stände lehnten die Volksinitiative der Zürcher FDP für eine Einschränkung des Verbandsbeschwerderechts deutlich ab.
– Das Parlament bewilligte einen Sonderkredit für den Kanton Obwalden zur Behebung von Unwetterschäden.

Bevölkerung und Arbeit:
– Im Jahr 2008 wurde der höchste Bevölkerungszuwachs seit 1963 registriert.
– Die Zahl der Beschäftigten nahm noch einmal stark zu.
– Gegen Jahresende wuchs die Arbeitslosenzahl.
– Die Lohnzunahme konnte mit der Teuerungsentwicklung nicht ganz Schritt halten.
– Der Nationalrat lehnte einen Vorstoss der SP für die Vier-Tage-Woche ab.
– Mit einiger Verzögerung trat der neue GAV des Bauhauptgewerbes in Kraft.
– Im Tessin streikten SBB-Angestellte während eines Monats.

Gesundheit, Sozialhilfe, Sport:
– Der Bundesrat verlängerte seine Präventionsprogramme und setzte die Ziele bis 2012 fest.
– Das Parlament nahm einen direkten Gegenvorschlag zur Initiative «Ja zur Komplementärmedizin» an.
– Die beiden Räte verlängerten den Ärztestopp bis 2009.
– Das Parlament stimmte einer Fristverlängerung der vereinfachten Zulassung von Medikamenten bis 2013 zu.
– Der Bundesrat veröffentlichte seine Botschaft zur Genehmigung des Zusatzprotokolls über die Transplantation menschlicher Organe und Gewebe.
– Das Parlament verabschiedete ein Bundesgesetz zum Schutz vor Passivrauchen.
– Das Volk lehnte die «Hanfinitiative» deutlich ab und hiess die Verankerung der Vier-Säulen-Drogenpolitik im Gesetz gut.
– Die Schweiz richtete zusammen mit Österreich die Fussball-Europameisterschaft aus.

Sozialversicherungen
– Das Volk lehnte die Initiative «Für ein flexibles AHV-Alter» ab.
– Das Parlament verabschiedete die beiden Finanzierungsbeschlüsse der 5. IV-Revision.
– Die beiden Räte beschlossen eine Änderung des BVG zur Senkung des Umwandlungssatzes.
– Das Volk lehnte den Verfassungsartikel «Für Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Krankenversicherung» ab.
– Das Parlament verabschiedete das Bundesgesetz über die Neuordnung der Pflegefinanzierung.
– Der Bundesrat veröffentlichte seine Botschaft zur Änderung des Bundesgesetzes über die Unfallversicherung.
– Der Bundesrat beantragte eine Revision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes.

Soziale Gruppen:
– Die SVP reichte ihre Volksinitiative «für die Ausschaffung krimineller Ausländer» ein.
– Einige Kantone starteten einen Pilotversuch mit Integrationsvereinbarungen für Immigranten.
– Die Frauen in der Schweiz weisen eine der höchsten Erwerbsquoten Europas aus.
– Der Nationalrat lehnte einen Vorstoss für die Einführung eines bezahlten Vaterschaftsurlaubs ab.
– Bundesrat und Parlament sprachen sich für eine bessere Koordinierung der ausserschulischen Jugendarbeit aus.
– Ein Forschungsbericht kam zum Schluss, dass die Solidarität zwischen den Generationen in der Schweiz gut funktioniert.

Bildung und Forschung:
– Im Berichtsjahr wurde die Volksinitiative «Jugend und Musik» eingereicht.
– In den Kantonen Graubünden, Luzern und Thurgau lehnte das Stimmvolk den Beitritt zum Harmos-Konkordat an der Urne ab.
– Als erster Kanton beschloss Zürich die Einführung eines Berufsbildungsfonds.
– Der Vorentwurf für das Bundesgesetz über die Förderung und Koordination der Hochschulen stiess in der Vernehmlassung auf Widerstand.
– Das Parlament befasste sich im Berichtsjahr mit dem Verfassungsartikel zur Forschung am Menschen.
– Der Bundesrat verabschiedete die Botschaft zur Teilrevision des Bundesgesetzes über die Forschung.

Kultur, Sprache, Kirchen:
– Der Nationalrat begann mit den Beratungen zum neuen Kulturförderungsgesetz und bezog dabei die Revision des Pro-Helvetia-Gesetzes mit ein.
– Der Ständerat nahm das Gesetz über die Museen und Sammlungen des Bundes einstimmig an.
– Die schweizerische Bevölkerung steht im europäischen Vergleich bezüglich der Beherrschung von Fremdsprachen gut da.
– Die Volksinitiative für ein Verbot von Minaretten wurde eingereicht.

Medien:
– Auch die Medienhäuser wurden von der Finanzkrise im Mitleidenschaft gezogen: Ihre Einnahmen aus Inseraten in Schweizer Zeitungen und Zeitschriften brachen gegenüber dem Vorjahr ein.
– Die Verleger und die SRG wurden im Berichtsjahr in den Presserat aufgenommen.
– Das Uvek fällte die Konzessionsentscheide für regionale Radio- und Fernsehstationen.
– Der Bundesrat will die Ressourcen zur Bekämpfung von Netzwerkkriminalität aufstocken.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2008
Dossier: Rétrospectives annuelles 2004 à 2014

Qu'est-ce qui figurait à l'agenda politique suisse en 2008? Quelles étaient les affaires les plus importantes au Parlement? Et qu'est-ce qui a interpellé le public intéressé par la politique? Les événements les plus importants en 2008 sont résumés ci-dessous et ensuite listés par thème. Les liens vous mèneront directement à ces objets et événements clés de l'année en cours. Hier finden Sie die deutsche Version dieses Artikels.

La non-réélection du conseiller fédéral Christoph Blocher en décembre 2007 a marqué la politique de l’année 2008 sous revue. Comme l’UDC ne pouvait pas, pour des raisons statutaires, exclure du parti Eveline Widmer-Schlumpf, la conseillère fédérale UDC élue à la place de Christoph Blocher, elle a exclu la section cantonale grisonne en entier. Cette dernière a fondé par la suite, avec des membres UDC dissidents des sections cantonales de Berne et de Glaris, le nouveau Parti bourgeois démocratique, auquel s’est ensuite également affilié le second conseiller fédéral UDC Samuel Schmid. L’UDC, qui avait pu consolider sa position de premier parti lors des élections fédérales de 2007, n’était dès lors plus représentée au gouvernement. Ainsi, il n’a plus été possible de parler d’un gouvernement de concordance, et l’annonce de l’UDC après la non-réélection de Blocher de vouloir mener une politique d’opposition rigoureuse, ne laissait présager rien de bon pour le fonctionnement des institutions politiques.

Il s’est cependant rapidement avéré que ces craintes étaient exagérées. En premier lieu, l’UDC a souvent été dans les dernières années, comme parti gouvernemental, en opposition par rapport à la majorité au parlement et au Conseil fédéral, et a combattu leurs décisions lors de votations populaires. Deuxièmement, l’UDC est restée un parti minoritaire même après les élections fédérales de l’automne 2007, où elle n’a obtenu qu’un tiers des sièges au Conseil national et encore moins au Conseil des Etats. Lorsqu’elle ne s’est pas alignée sur les autres partis bourgeois, elle n’a pas été capable de jouer un rôle-clé au parlement. A l’instar des années précédentes, ses interventions parlementaires ont presque toujours connu l’insuccès. Elle n’a eu du succès que dans quelques cas, lors desquels elle a pu bloquer des décisions dans le cadre d’une alliance contre-nature avec la gauche, dans le cas de la politique de défense par exemple. Le succès l’a également fuie lors des votations populaires et elle a même subi une lourde défaite avec sa propre initiative sur les naturalisations.

La longue campagne à l’encontre du conseiller fédéral Schmid et de sa politique de défense a constitué l’unique succès remarquable enregistré par l’UDC. Celui-ci, affaibli, a abdiqué à l’automne et notifié sa démission pour la fin de l’année. L’UDC a immédiatement revendiqué le siège vacant et son ex-président, Ueli Maurer, a été élu comme successeur de Samuel Schmid par le parlement. Ainsi, le système de concordance a été formellement rétabli fin 2008, quand bien même l’UDC n’était pas encore représentée au gouvernement conformément à son électorat.

Au niveau de la politique européenne, le peuple a confirmé la poursuite de la voie bilatérale. Lors du référendum sur cette question, il a accepté de manière étonnamment claire la reconduction de la libre circulation des personnes avec l’UE, ainsi que son extension aux nouveaux pays membres (Bulgarie et Roumanie). L’UDC, qui s’y opposait, a par conséquent dû prendre acte une fois encore que sa politique isolationniste n’est pas susceptible de trouver une majorité au sein du peuple.

La crise financière internationale s’est encore aggravée au cours de l’année sous revue et s’est propagée, des marchés financiers vers l’économie réelle. Le Conseil fédéral et les représentants des banques ont d’abord réaffirmé la santé structurelle des deux grandes banques suisses (UBS et Crédit Suisse). Mais lorsqu’en septembre une grande banque américaine a fait faillite, cela a sonné le glas de l’optimisme suisse et le Conseil fédéral a annoncé un train de mesures d’un montant d’environ CHF 68 milliards afin de renforcer l’UBS, en proie à de grandes difficultés. Il s’agissait, pour la Confédération et la Banque nationale, de fournir des moyens non pas à-fonds-perdus, mais sous la forme de prêts remboursables et par l’achat d’obligations. Le gouvernement a justifié cette ingérence extrêmement massive de l’Etat par la nécessité d’empêcher la faillite de la banque. Comme celle-ci joue un rôle crucial dans le système suisse de paiement et de crédit, la faillite aurait eu des conséquences gravissimes pour l’économie nationale.

Durant le premier semestre, l’économie suisse a pu résister à la récession qui se propageait alors au niveau mondial, mais elle a été frappée par la crise dès l’automne. En comparaison annuelle, la croissance économique a connu un ralentissement. Le taux d’emploi a encore connu une forte croissance en milieu d’année et le chômage a poursuivi sa baisse, avant de repartir à la hausse en fin d’année. La politique conjoncturelle de la Confédération est demeurée limitée à l’assouplissement de la politique monétaire de la Banque nationale. Malgré les critiques virulentes des syndicats, des Verts et du PS, le Conseil fédéral s’en est tenu à l’annonce d’un programme de relance relativement modeste pour début 2009.

Les finances fédérales ont encore profité de la bonne situation économique qui a longtemps prévalu. Tant la Confédération que les cantons ont réalisé d’importants excédents de recettes. La plupart des cantons s’en sont servi pour baisser les impôts, notamment pour les familles. Au niveau fédéral, le peuple a approuvé à une très faible majorité un allégement fiscal en faveur des entreprises combattu par la gauche.

La libéralisation du marché a diversement progressé. Le parlement a décidé, contre l’avis du Conseil fédéral, d’autoriser l’importation parallèle de marchandises protégées par le droit des brevets en provenance de l’UE. De son côté, le Conseil fédéral a proposé l’introduction unilatérale du principe du Cassis-de-Dijon pour les importations en provenance de l’UE et adopté le mandat pour les négociations avec l’UE concernant l’introduction du libre-échange agricole. Il a en outre décidé d’accélérer la libéralisation du marché postal. Son projet de libéraliser totalement l’acquisition d’immeubles et de logements par des personnes domiciliées à l’étranger a par contre fait naufrage au Conseil national face à l’opposition de la gauche et de l’UDC.

En matière de politique sociale, le parlement a adopté l’arrêté de financement de la 5e révision de l’AI. Comme cet arrêté prévoit également une hausse temporaire de la TVA, il doit encore recevoir l’approbation du peuple et des cantons. Concernant la politique en matière de stupéfiants, le peuple a confirmé à une nette majorité le concept des quatre piliers pratiqué de longue date. Il a cependant clairement rejeté la libéralisation de la consommation de cannabis.

Les excès de violence entraînant la mort ou de graves blessures ont également suscité de vives discussions au cours de l’année sous revue. Comme ces événements sont souvent le fait de jeunes d’origine étrangère, l’appel à un renforcement des mesures d’intégration a été relancé avec vigueur. À l’inverse, l’UDC aimerait que la priorité soit mise sur la répression et a par ailleurs déposé son initiative populaire pour l’expulsion des criminels et des auteurs d’abus à l’aide sociale de nationalité étrangère.

Le concordat pour l’harmonisation des systèmes cantonaux de formation (Harmos) a rencontré de fortes résistances dans la plupart des cantons de Suisse alémanique. Les critiques se sont concentrées sur les deux années d’école enfantine obligatoire et ont pointé le danger que l’Etat dicte l’éducation des petits enfants. Dans quelques cantons de Suisse centrale et orientale, l’opposition emmenée par l’UDC a connu le succès lors de votations sur le concordat.

Problèmes politiques fondamentaux:
– La non-réélection du conseiller fédéral Christoph Blocher fin 2007 a ranimé la discussion sur le système suisse de concordance.
– Suite aux actions perturbatrices de l’extrême-droite au cours des dernières années, la Fête nationale sur le Grütli n’a eu lieu que dans un cadre restreint.
– La consultation relative à l’avant-projet sur la loi sur la protection de la marque suisse et du blason national a suscité quelques critiques.
– Les Genevoises et Genevois ont élu une Assemblée constituante.

Ordre juridique:
– Malgré l’opposition de l’UDC, le Conseil national a approuvé la ratification du protocole facultatif à la Convention de l’ONU contre la torture.
– Le référendum à l’encontre de la décision du parlement d’introduire les passeports contenant des données biométriques a abouti.
– Le Conseil national n’est pas entré en matière sur le durcissement de la loi sur la sûreté intérieure présenté par le Conseil fédéral.
– Le peuple et les cantons ont nettement rejeté l’initiative populaire UDC « pour des naturalisations démocratiques ».
– Des attaques contre des commerces et des institutions turcs ont eu lieu dans plusieurs villes.
– Selon une étude, les chiffres des délits à caractère violent et à caractère sexuel ont fortement augmenté en Suisse au cours des vingt dernières années.
– Le peuple et les cantons ont accepté de justesse l’initiative populaire « pour l’imprescriptibilité des actes de pornographie enfantine ».
– L’UDC a déposé son initiative populaire « pour le renvoi des étrangers criminels » avec plus de 200 000 signatures.
– Les chambres ont adopté la procédure civile unifiée.

Institutions et droits populaires:
– L’Assemblée fédérale a élu le démocrate du centre Ueli Maurer au Conseil fédéral pour succéder à Samuel Schmid.
– Les syndicats ont vivement critiqué l’avant-projet de révision partielle de la loi sur le personnel de la Confédération.
– Le parlement a décidé un traitement privilégié des motions et des postulats.
– Le Conseil des Etats a approuvé la création d’un tribunal fédéral des brevets.
– Le peuple et les cantons ont rejeté l’initiative populaire « Souveraineté du peuple sans propagande gouvernementale ».

Structures fédéralistes:
– Les 26 cantons ont inauguré à Berne leur nouvelle Maison des cantons.
– L’Assemblée interjurassienne (AIJ) a publié un rapport intermédiaire sur la réunion des trois districts du Jura bernois avec le canton du Jura, ainsi que des alternatives.

Elections:
– L’UDC a enregistré d’importants gains de sièges lors des élections parlementaires dans les cantons de Schwyz et d’Uri.
– Le PS a perdu 56 sièges dans les parlements cantonaux.
– Les Verts libéraux ont obtenu des succès électoraux dans plusieurs cantons.
– Dans le canton de St-Gall, l’UDC a pu entrer pour la première fois au gouvernement.
– Les Verts placent pour la première fois une représentante à l’exécutif argovien.
– La gauche a défendu avec succès sa majorité dans les villes de Berne et de Bienne.

Politique étrangère:
– Le Conseil national a adopté l’arrêté fédéral concernant la prolongation de quatre ans (2008-2011) des mesures de promotion civile de la paix et de renforcement des droits de l’homme.
– Les chambres ont adopté et lié la reconduction de l’accord avec l’UE sur la libre circulation et son extension à la Bulgarie et la Roumanie. Le référendum, lancé par les Démocrates suisses et la Lega, a abouti.
– Les chambres ont adopté l’arrêté fédéral reconduisant la participation de la Suisse aux Accords généraux d’emprunt du FMI.
– Le parlement a approuvé la continuation de la coopération technique et financière, ainsi que son financement.
– Malgré la crise économique, le commerce extérieur suisse a progressé de manière générale tant à l’import qu’à l’export.

Armée:
– Les chambres ont accepté la prolongation de la participation de la Suisse à la KFOR.
– Lors de la votation populaire du 24 février, le peuple et les cantons ont nettement rejeté l’initiative populaire «Contre le bruit des avions de combat à réaction dans les zones touristiques ».
– Le chef de l’armée, Roland Nef, a démissionné au mois de juillet.
– Le Conseil fédéral a présenté son message concernant l’initiative populaire « pour l’interdiction d’exporter du matériel de guerre » et a recommandé son rejet.
– Le parlement a adopté le programme d’armement 2008.
– La révision de la loi sur le service civil et de la loi sur la taxe d’exemption de servir ont été adoptées par les chambres.

Politique économique:
– La récession mondiale a atteint la Suisse à l’automne.
– La Loterie Romande a lancé une initiative populaire fédérale contre la libéralisation des jeux d’argent.
– Le Conseil fédéral a proposé l’introduction unilatérale du principe du Cassis de Dijon pour les importations en provenance de l’UE.
– Le parlement a décidé d’autoriser les importations parallèles de produits protégés par des brevets en provenance de l’UE.
– L’entrepreneur Thomas Minder a déposé son initiative populaire contre les rémunérations abusives des managers.

Crédit et monnaie:
– Pour empêcher l’entrée de la Suisse en récession, la Banque nationale a progressivement assoupli sa politique monétaire à partir d’octobre.
– La Confédération et la Banque nationale ont soutenu la banque UBS, en proie à de graves difficultés, en lui octroyant une aide d’environ CHF 68 milliards.
– Le parlement a décidé d’augmenter la garantie des avoirs bancaires des particuliers.
– Le parlement a approuvé la révision partielle de la loi sur le délit d’initiés.

Agriculture:
– Le Conseil fédéral a adopté deux trains d’ordonnances mettant en œuvre la politique agricole 2011.
– Il a également approuvé un mandat de négociations commun concernant un accord de libre-échange avec l’UE dans le domaine agroalimentaire.
– De vives tensions sur le marché laitier national ont marqué l’année sous revue.
– Le gouvernement a chargé le DETEC de rédiger un message concernant la prolongation jusqu’en 2013 du moratoire « pour des aliments produits sans manipulations génétiques ».
– Le Conseil fédéral a proposé de rejeter, sans lui opposer de contre-projet, l’initiative populaire « Contre les mauvais traitements envers les animaux et pour une meilleure protection juridique de ces derniers ».
– Suite à la décision du Conseil des Etats de ne pas entrer en matière sur la révision de la loi sur les forêts, le comité qui a lancé l’initiative « Sauvez la forêt suisse » a retiré celle-ci.

Finances publiques:
– Tous les partis se sont prononcés en faveur de l’allégement fiscal pour les familles lors de la discussion sur le programme de législature.
– Le peuple a accepté de justesse la deuxième réforme de l’imposition des entreprises.
– Le Conseil fédéral a sollicité une simplification radicale de la taxe sur la valeur ajoutée.
– Le parlement a adopté la révision de la loi sur l’imposition du tabac.
– Le Conseil fédéral a proposé un complément au frein à l’endettement, afin de tenir également compte des dépenses extraordinaires.
– Le Conseil national a rejeté une initiative parlementaire UDC en faveur de l’introduction du référendum financier.
– Les comptes d’Etat 2008 se sont soldés par un bénéfice de CHF 7.3 milliards.
– Le budget 2009 prévoit un excédent de moins d’un milliard de francs.
– En 2008, les cantons ont réalisé des gains de CHF 4.4 milliards et ont budgété des déficits de l’ordre de CHF 1.5 milliard au total pour 2009.

Energie:
– Le Conseil fédéral a adopté les plans d’action « énergies renouvelables » et « efficacité énergétique » concrétisant sa stratégie énergétique à moyen et long terme.
– Suite au scandale suscité par l’annonce d’une forte hausse des tarifs du courant pour 2009, le Conseil fédéral a pris des mesures urgentes pour la réduire de moitié.
– Le Conseil fédéral a approuvé la partie conceptuelle du plan sectoriel pour le stockage en profondeur des déchets radioactifs et la recherche de sites de dépôt a repris.
– Une commission du Conseil des Etats a mis en consultation un projet de loi prévoyant l’augmentation progressive de la redevance hydraulique.
– La procédure d’annonce pour bénéficier de la rétribution à prix coûtant du courant vert injecté dans le réseau a connu un vif succès.

Transports et communications:
– L’Assemblée fédérale a adopté le projet de législation concernant le trafic des marchandises en conservant la bourse du transit alpin.
– Les chambres ont approuvé la base légale permettant le retrait du permis de conduire pour des infractions commises à l’étranger.
– Le Conseil national s’est heurté au Conseil des Etats au sujet de la création d’une police fédérale des transports.
– Le Conseil fédéral a décidé unilatéralement d’accélérer la libéralisation du marché postal.
– L’Assemblée fédérale a approuvé la création d’un financement spécial en faveur du trafic aérien.

Aménagement du territoire et logement:
– L’organisation écologiste Pro Natura a déposé son initiative populaire «De l'espace pour l'homme et la nature (initiative pour le paysage)» en août.
– Le Conseil fédéral a mis en consultation son avant-projet de révision partielle de la loi sur l’aménagement du territoire.
– Au Conseil national, la gauche et l’UDC se sont victorieusement opposés à la suppression de la Lex Koller.
– Le Conseil fédéral a recommandé le rejet de l’initiative populaire contre la construction de résidences secondaires.
– Le Conseil fédéral a exprimé le souhait de supprimer le lien entre loyers et taux hypothécaire.
– Le Conseil des Etats a définitivement rejeté trois initiatives parlementaires en faveur d’une épargne-logement fiscalement déductible.

Protection de l’environnement:
– Le Conseil fédéral a pris les premières décisions stratégiques concernant la politique climatique post-Kyoto et mis en consultation un projet de révision de la loi sur le CO2.
– Le gouvernement a modifié l’ordonnance sur la protection de l’air afin d’uniformiser les prescriptions pour les machines de chantier au niveau national.
– Le Conseil des Etats a rejeté l’initiative populaire «Eaux vivantes » mais approuvé le contre-projet indirect élaboré par sa commission de l’environnement. – L’initiative populaire « Droit de recours des organisations : Assez d’obstructionnisme – Plus de croissance pour la Suisse! » a été rejetée par 66 pourcent des votants et par tous les cantons.
– Les chambres ont approuvé l’octroi d’une aide de CHF 14.4 millions au canton d’Obwald pour la réparation des dégâts causés par les intempéries de 2005.

Population et travail:
– L’année 2008 a enregistré la plus forte croissance de la population depuis 1963.
– Le nombre des actifs a une fois encore fortement augmenté.
– Le nombre de chômeurs a crû vers la fin de l’année.
– L’augmentation des salaires n’a pas pu se calquer sur l’évolution du renchérissement.
– Le Conseil national a rejeté une initiative parlementaire socialiste demandant la généralisation de la semaine de travail de quatre jours.
– La nouvelle convention collective de travail du secteur principal de la construction est entrée en vigueur avec un peu de retard.
– Au Tessin, des employés des CFF ont mené une grève d’un mois.

Santé, assistance sociale, sport:
– Le Conseil fédéral a prolongé ses programmes de prévention et étendu leurs objectifs jusqu’en 2012.
– Le parlement a adopté un contre-projet direct à l’initiative populaire «Oui aux médecines complémentaires».
– Les deux chambres ont reconduit le gel des cabinets médicaux jusqu’en 2009.
– Le parlement a approuvé une prolongation du délai de validité des autorisations cantonales de médicaments jusqu’en 2013.
– Le Conseil fédéral a publié un message portant approbation du Protocole additionnel relatif à la transplantation d’organes et de tissus d’origine humaine.
– Le parlement a adopté une loi fédérale sur la protection contre le tabagisme passif.
– Le peuple a rejeté l’initiative «Pour une politique raisonnable en matière de chanvre protégeant efficacement la jeunesse», mais approuvé l’ancrage législatif de la politique des quatre piliers en matière de drogue.
– La Suisse a organisé avec l’Autriche le Championnat d’Europe de football.

Assurances sociales
– Le peuple a rejeté l’initiative « pour un âge de l’AVS flexible».
– Le parlement a adopté les deux arrêtés de financement de la 5e révision de l’AI.
– Les chambres ont approuvé la baisse du taux de conversion de la LPP.
– Le peuple a rejeté l’article constitutionnel sur l’assurance-maladie.
– Le parlement a adopté la loi fédérale sur le nouveau régime de financement des soins.
– Le Conseil fédéral a publié son message relatif à la modification de la loi fédérale sur l’assurance-accidents.
– Le Conseil fédéral a proposé une révision de la loi sur l’assurance-chômage.

Groupes sociaux:
– L’UDC a déposé son initiative populaire «pour le renvoi des étrangers criminels«.
– Des cantons ont entrepris une expérience pilote avec les conventions d’intégration pour les immigrants.
– Les femmes résidant en Suisse présentent l’un des taux d’activité les plus élevés d’Europe.
– Le Conseil national a rejeté une proposition visant à créer un congé paternité.
– Le Conseil fédéral et le parlement se sont exprimés favorablement à une meilleure coordination de l’encadrement extrascolaire des jeunes.
– Un rapport de recherche a conclu que la solidarité intergénérationnelle fonctionne bien en Suisse.

Enseignement et recherche
– L’initiative « Jeunesse + musique » a abouti au cours de l’année sous revue.
– Les citoyens des cantons des Grisons, de Lucerne et de Thurgovie ont refusé l’adhésion au concordat Harmos en votation populaire.
– En tant que premier canton, Zurich a décidé l’introduction d’un fonds en faveur de la formation professionnelle.
– L’avant-projet de loi fédérale sur l’aide aux hautes écoles et la coordination dans le domaine suisse des hautes écoles s’est heurté à des résistances lors de la procédure de consultation.
– Le parlement a examiné au cours de l’année sous revue l’article constitutionnel relatif à la recherche sur l'être humain.
– Le Conseil fédéral a approuvé le message relatif à la révision partielle de la loi sur la recherche.

Culture, langues, églises:
– Le Conseil national a commencé à délibérer conjointement de la loi sur l’encouragement de la culture et de la révision de la loi Pro Helvetia.
– Le Conseil des Etats a adopté à l’unanimité la loi fédérale sur les musées et les collections de la Confédération.
– En comparaison européenne, la population suisse est bien notée en ce qui concerne la maîtrise des langues étrangères.
– L’initiative populaire contre la construction de minarets a été déposée.

Médias:
– Les entreprises de médias ont également été affectées par la crise financière: leurs rentrées d’argent tirées des annonces commerciales dans les journaux et magazines suisses ont chuté par rapport à l’année précédente.
– Les éditeurs et la SSR ont été admis au Conseil de la Presse au cours de l’année sous revue.
– Le DETEC a rendu ses décisions quant aux concessions de radio et télévision régionales.
– Le Conseil fédéral veut augmenter les ressources allouées à la lutte contre la cybercriminalité.

Jahresrückblick / Rétrospective annuelle 2008
Dossier: Rétrospectives annuelles 2004 à 2014