Die parlamentarischen Vorstösse im Steuerwesen sind in den vergangenen Jahren markant angestiegen. Angesichts dieser Situation und einer allgemein erwarteten Genesung des Bundeshaushalts hat Bundesrat Villiger im Frühjahr ein umfassendes Steuerpaket präsentiert. Der Bundesrat will Familien steuerlich besser stellen, die Stempelsteuer teilweise abschaffen, Steuersünder amnestieren und die Wohneigentumsbesteuerung neu regeln. Das Konzept wurde bis zum Oktober in einem Botschaftsentwurf verfeinert und sollte dem Parlament noch im Dezember vorgelegt werden. Nachdem aber neue Ängste über eine Konjunkturabschwächung aufgetreten waren, verschob der Bundesrat Ende November die angekündigte Botschaft. Allein das Anliegen einer teilweisen Abschaffung der Stempelsteuer konnte in der Wintersession umgesetzt werden.

Dossier: Steuerpaket 2001

Im Februar präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zum Steuerpaket 2001. Dieses umfasst drei Vorlagen: Die Reform der Ehepaar- und Familienbesteuerung (Teilsplitting ohne Wahlrecht) sieht Entlastungen von 910 Mio Fr. (Kantone: zusätzliche 400 Mio) für Ehepaare und Familien vor, die Neuregelung der Wohneigentumsbesteuerung soll einen Systemwechsel beim Eigenmietwert ermöglichen (Kosten Bund: 85 Mio, Kantone: 35 Mio), und bei der Umsatzabgabe will der Bundesrat die dringlichen Massnahmen ins ordentliche Recht überführen (Kosten Bund: 310 Mio).

Dossier: Steuerpaket 2001

Die dritte Vorlage des Steuerpakets 2001 betrifft die Umsatzabgabe und bezweckt, die beiden dringlichen Revisionen vom 19. März 1999 und vom 15. Dezember 2000 ins ordentliche Recht überzuführen, da sie Ende 2002 auslaufen. In der Herbstsession hiess der Nationalrat die Vorlage gut. Gegen den Bundesrat folgte er dabei den Anträgen Kaufmann (svp, ZH), auch Pensionskassen und Lebensversicherungen und deren im Ausland domizilierte Kunden von der Stempelsteuer zu befreien. Im Einverständnis mit dem Bundesrat beschloss der Rat zudem eine Steuerbefreiung der AHV- und Arbeitslosenkassen.

Dossier: Steuerpaket 2001

Auf Antrag seiner WAK beschloss der Nationalrat in der Herbstsession, auch Entlastungen für Unternehmen ins Steuerpaket aufzunehmen. Vergeblich hatte der Bundesrat um etwas Geduld gebeten, bis er seine Reformvorschläge ausgearbeitet habe. Die grosse Kammer senkte den Steuersatz von 8,5% auf 8% des Reingewinnes – economiesuisse hatte eine Verringerung auf 7,5% gefordert. Einen Antrag Fehr (sp, ZH), der die KMU mittels Abzug der Ausbildungskosten für Lehrtöchter und Lehrlinge entlasten wollte, lehnte der Rat ab. Hingegen überwies er im Einverständnis mit dem Bundesrat eine Motion seiner WAK (Mo. 01.3214), welche die Beseitigung steuerlicher Ungerechtigkeiten für die KMU verlangte, und stimmte der ständerätlichen Motion Schweiger (Mo. 00.3552) (fdp, ZG) mit 71:52 Stimmen zu, welche ebenfalls Steuerleichterungen für die KMU verlangte. In seiner Antwort auf eine Interpellation der SVP-Fraktion (Ip. 013040) betonte der Bundesrat, Massnahmen zugunsten der Unternehmungen müssten mit einer nachhaltigen Finanzpolitik vereinbar sein. Im Anschluss an die Swissair-Krise erklärte sich die Wirtschaft bereit, für ein paar Jahre auf die vom Nationalrat beschlossene Steuersatzsenkung zu verzichten.

Dossier: Steuerpaket 2001

Im Herbst legte die vorberatende WAK dem Nationalrat in Abänderung des Bundesratsvorschlags zum Steuerpaket 2001 nur zwei Vorlagen vor: Die erste beinhaltete neben der Familien- und Ehepaarbesteuerung auch die Unternehmensbesteuerung und die Stempelabgaben, die zweite die Wohneigentumsbesteuerung. Obschon Bundesrat Villiger zur Mässigung aufrief, beschloss der Nationalrat zusätzliche Steuersenkungen von 800 Mio Fr. bei den Bundeseinnahmen, die vor allem den Unternehmen und den Wohneigentümerinnen und -eigentümern zugute kommen sollen.

Der WAK-SR gingen diese zusätzlichen Entlastungen zu weit. Sie strich im Oktober im Einverständnis mit den Interessenvertretern der Wirtschaft die vom Nationalrat beschlossene Senkung der Gewinnsteuer für Unternehmen (-300 Mio Fr.). Auch bei der Wohneigentumsbesteuerung zeigte sie sich weniger grosszügig.

Dossier: Steuerpaket 2001

Im Vorjahr hatte der Nationalrat Erleichterungen beim Steuerpaket 2001 von insgesamt 2,75 Mia Fr. (Bund: 2,16 Mia, Kantone: 590 Mio) beschlossen – die Vorlage des Bundesrats sah 1,73 Mia Fr. vor (Bund: 1,305 Mia, Kantone: 425 Mio). Der Ständerat war nicht bereit, weitere Steuergeschenke zu machen. Nachdem er einen Nichteintretensantrag Leuenberger (sp, SO) abgelehnt hatte, kürzte er die Einnahmenausfälle auf 1,6 Mia Fr. (Bund: 1,2 Mia, Kantone: 400 Mio). Mit 21:17 Stimmen beschloss er, die drei Vorlagen Ehegatten-/Familienbesteuerung, Wohneigentumsbesteuerung und Stempelabgaben gemeinsam dem Referendum zu unterstellen; Spoerry (fdp, ZH) hatte sie gesondert präsentieren wollen, um den Stimmberechtigten maximale Entscheidungsfreiheit zu gewähren. In der Gesamtabstimmung verabschiedete der Ständerat das Steuerpaket 2001 mit 32:0 Stimmen. In der Differenzbereinigung verwarf der Nationalrat zuerst einen Antrag Genner (gp, ZH), die den ständerätlichen Beschlüssen zustimmen wollte, um das ganze Steuerpaket in der Schlussabstimmung abzulehnen, und hielt anschliessend grösstenteils an seinen Beschlüssen vom Vorjahr fest; diese führen zu Steuereinbussen von 2,41 Mia Fr. (Bund: 1,77 Mia, Kantone: 640 Mio).

Dossier: Steuerpaket 2001

Im Gegensatz zum Nationalrat sprach sich der Ständerat im Rahmen des Steuerpakets 2001 wegen der schwierigen Finanzlage des Bundes für die Beibehaltung der Stempelabgaben für die Pensionskassen und die schweizerischen Lebensversicherer aus. Er überwies aber gegen den Antrag des Bundesrates ein Postulat Saudan (fdp, GE), das die Regierung auffordert, dem Risiko Rechnung zu tragen, dass schweizerische Pensionskassen gegenüber jenen aus der EU benachteiligt werden, weil sie der Stempelsteuer unterstellt sind. Bei den sogenannten Corporates (Firmenkunden mit Domizil im Ausland resp. ausländische Gesellschaften, deren Aktien an einer anerkannten Börse kotiert sind) unterstützte der Rat den Antrag Spoerry (fdp, ZH), der die Fassung des Nationalrates präzisiert und die Steuerausfälle deutlich beschränkt, um einer Abwanderung ins Ausland entgegenzuwirken. Gegen den Willen des Bundesrates, aber im Einklang mit dem Nationalrat stimmte er ausserdem einer Erhöhung der Freigrenze für die Emissionsabgabe von 250'000 auf 1 Mio Fr. zu, um die KMU zu entlasten. In der Differenzbereinigung schwenkte die grosse Kammer auf die Version des Ständerates ein und verzichtete darauf, die Pensionskassen und die schweizerischen Lebensversicherer zu entlasten.

Dossier: Steuerpaket 2001

In der Herbstsession folgte der Ständerat den Anträgen seiner Kommission und verwarf die vom Nationalrat im Vorjahr im Rahmen des Steuerpakets 2001 beschlossene Senkung des Gewinnsteuersatzes von 8,5 auf 8% für Kapitalgesellschaften und Genossenschaften. Eine Senkung verursache 300 Mio Fr. Steuerausfälle, und die Wirkung stehe in keinem Verhältnis zu den Kosten. Das Anliegen für bessere wirtschaftliche Rahmenbedingungen müsse im Zusammenhang mit der Unternehmenssteuerreform wieder aufgenommen werden. In der Differenzbereinigung hielt der Nationalrat jedoch gegen die Stimmen der Linken an der Senkung des Gewinnsteuersatzes für Unternehmen fest und überwies eine Motion seiner WAK (Mo. 02.3638), die vom Bundesrat bis Mitte 2003 eine Botschaft zur Unternehmenssteuerreform II verlangte. Der Bundesrat unterstützte die rechtsformneutrale Besteuerung und die Milderung der Doppelbesteuerung (Besteuerung der Gewinne einerseits und der Dividenden bei der Ausschüttung als Einkommen andererseits), die vor allem Personengesellschaften betrifft. Er wollte den Vorstoss jedoch nur als Postulat entgegennehmen, da eine weitere Vorlage zur Unternehmensbesteuerung bereits in Bearbeitung ist, aber erst in der zweiten Hälfte 2003 vorliegt.

Dossier: Steuerpaket 2001

In der Differenzbereinigung des Steuerpakets folgte der Nationalrat der Auffassung des Ständerats und verzichtete auf die Senkung des Gewinnsteuersatzes von 8,5% auf 8% für Unternehmen. In seiner Antwort auf eine Einfache Anfrage Maillard (sp, VD) (Anfrage 03.1117) betreffend die Wirkung des Steuerpaketes auf die Beschäftigungslage erklärte der Bundesrat, er könne keine zuverlässige Schätzung über die Zahl der durch das Steuerpaket zusätzlich geschaffenen Arbeitsplätze vorlegen. Ein im Zusammenhang mit der geplanten Unternehmenssteuerreform II erstelltes Gutachten gehe jedoch davon aus, dass die von Steuerreduktionen ausgehenden Wachstums- und Beschäftigungseffekte etliche Jahre benötigten, bis sie sich voll entfalteten.

Dossier: Steuerpaket 2001

Im Frühjahr bereinigte der Ständerat die letzten Differenzen im Steuerpaket 2001 betreffend die Stempelabgaben, indem er sich dem Beschluss des Nationalrates anschloss, die Umsätze börsenkotierter ausländischer Firmen von der Abgabe zu entlasten.

Dossier: Steuerpaket 2001

In der Sommersession verabschiedete das Parlament das Steuerpaket 2001, nachdem der Ständerat in der letzten Runde des Differenzbereinigungsverfahrens dem Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung zugestimmt und die Einigungskonferenz die verbliebenen Unterschiede ausgeräumt hatte. Das Paket passierte die Schlussabstimmung im Nationalrat mit 97:69 Stimmen (gegen die Voten von SP, Grünen und EVP), im Ständerat unter Namensaufruf mit 30:13 Stimmen bei 2 Enthaltungen. Die von den Räten verabschiedete Vorlage sieht Steuereinbussen von insgesamt 2,01 Mia Fr. vor (Bund: 1,5 Mia, Kantone: 510 Mio. Fr.) – der Bundesrat hatte ursprünglich mit Mindereinnahmen von 1,73 Mia Fr. gerechnet (Bund: 1,305 Mia, Kantone: 425 Mio).

Dossier: Steuerpaket 2001

Als Novum in der Geschichte des Bundesstaates machten zum ersten Mal Kantone Gebrauch von ihrem Recht, gegen einen Parlamentsbeschluss das Referendum einzureichen. Elf Kantone (notwendig für ein Kantonsreferendum wären acht gewesen) beantragten eine Volksabstimmung über das Steuerentlastungsprogramm, welches ihrer Meinung nach für die Kantone nicht verkraftbare Steuerausfälle bringen würde. Die Initiative dazu war von den Kantonsregierungen ausgegangen. Koordiniert durch die Konferenz der Kantonsregierungen (KdK) hatten achtzehn Regierungen in den kantonalen Parlamenten entsprechende Vorlagen eingebracht.

Dossier: Steuerpaket 2001

Das Steuerpaket hat insbesondere bei der Wohneigentumsbesteuerung massive Steuerausfälle für die Kantone zur Folge; deshalb lehnten die kantonalen Finanzdirektoren die Steuerreform ab. In der Folge reichten elf – nötig gewesen wären acht – kantonale Regierungen resp. Parlamente (BE, BS, GL, GR, JU, OW, SG, SH, SO, VS, VD) erstmals in der Geschichte des Bundesstaates ein Kantonsreferendum ein. Da das Zustandekommen des Kantonsreferendums bis im September unklar war, reichte ein links-grünes Komitee ebenfalls das Referendum gegen das Steuerpaket ein.

Dossier: Steuerpaket 2001

Am 16. Mai 2004 entschied das Volk über das Steuerpaket. Insbesondere aufgrund der befürchteten Einbussen bei der Wohneigentumsbesteuerung sprachen sich neben den elf Kantonen (BS, BE, GL, GR, JU, OW, SG, SH, SO, VD, VS), welche erstmals seit 1874 das Standesreferendum ergriffen hatten, auch neun weitere für die Ablehnung der Vorlage aus. Linke und Grüne, welche ebenfalls das Referendum ergriffen hatten, Gewerkschaften und der Schweizerische Mieterverband gaben die Nein-Parole heraus. Zur Befürworterseite zählten die FDP und die SVP sowie die Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände und der Schweizerische Hauseigentümerverband. Auch die CVP befürwortete das Steuerpaket, allerdings hatten viele Kantonalsektionen die Nein-Parole herausgegeben.

Dossier: Steuerpaket 2001

Das im Vorjahr eingereichte Kantonsreferendum gegen das Steuerentlastungsprogramm des Bundes war erfolgreich. Das Volk lehnte am 16. Mai das Steuerpaket deutlich ab, in keinem einzigen Kanton ergab sich eine Ja-Mehrheit. (Zum Abstimmungsresultat siehe hier.)

Dossier: Steuerpaket 2001

Am 16. Mai 2004 kam das Steuerpaket zur Abstimmung. Insbesondere aufgrund der befürchteten Einbussen bei der Wohneigentumsbesteuerung sprachen sich neben den elf Kantonen (BS, BE, GL, GR, JU, OW, SG, SH, SO, VD, VS), welche erstmals seit 1874 das Standesreferendum ergriffen hatten, auch neun weitere für die Ablehnung der Vorlage aus. Linke und Grüne, welche ebenfalls das Referendum ergriffen hatten, Gewerkschaften und der Schweizerische Mieterverband gaben die Nein-Parole heraus. Zur Befürworterseite zählten die FDP und die SVP sowie die Wirtschafts- und Arbeitgeberverbände und der Schweizerische Hauseigentümerverband. Auch die CVP befürwortete das Steuerpaket, allerdings hatten viele Kantonalsektionen die Nein-Parole herausgegeben.

Abstimmung vom 16. Mai 2004

Beteiligung: 50,8%
Ja: 821 475 (34,1%)
Nein: 1 585 910 (65,9%)

Parolen:
– Ja: CVP (9*), FDP (1*), SVP (1*), LP, EDU, FP, Lega; economiesuisse, SGV, ZSA, Hauseigentümerverband, Gemeindeverband.
– Nein: SP, GP, CSP, EVP, PdA, SD; SGB, Travail.Suisse, Mieterverband, Städteverband, Konferenz der kantonalen Finanzdirektoren.
– Stimmfreigabe: SBV
* In Klammer Anzahl abweichender Kantonalsektionen


Bei einer hohen Stimmbeteiligung von 50,8% verwarf das Volk das Steuerpaket mit 65,9% Nein- Stimmen. Lediglich in den drei Bezirken Meilen (ZH), Höfe (SZ) und Rheintal (SG) waren Ja-Mehrheiten zustande gekommen. Gemäss der Vox-Analyse lehnten Frauen, die städtische Bevölkerung und Personen mit niedrigem Einkommen die Vorlage noch deutlicher ab als Männer, die Landbevölkerung und Personen mit höherem Haushaltseinkommen. Ausschlaggebend für das Stimmverhalten waren die Parteiverbundenheit und die Einstufung auf der Links-Rechts-Achse: Unter den Befragten, welche Sympathien für die SVP bekundeten, nahmen 52%, bei der FDP 58% das Steuerpaket an, bei der SP stiess es auf massive Ablehnung (17% Ja). Ein differenzierteres Bild zeigte sich bei der CVP, wo lediglich 31% der Befragten, die der CVP nahe standen, das Steuerpaket gemäss der nationalen Parteiparole annahmen (9 kantonale Sektionen hatten die Nein-Parole herausgegeben). Diese Tendenz zur Polarisierung zwischen den Parteien bestätigte sich durch die Positionierung der Befragten auf einer Links-Rechts-Achse: Je weiter links sich die Befragten auf der Achse einstuften, desto stärker fiel die Ablehnung des Steuerpakets aus, je weiter rechts die Einstufung, desto stärker die Zustimmung. Aus der Untersuchung der Stimmmotive ging hervor, dass nach Auffassung der Gegnerinnen und Gegner das Steuerpaket zu stark den gut Verdienenden zugute kam und zu viele unterschiedliche Massnahmen enthielt.

Dossier: Steuerpaket 2001