BRG 94.054: Teilrevision des RPG (Recht auf Privaterschliessung und Beschleunigung der Baubewilligungsverfahren)

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Im März gab der Bundesrat die von ihm beschlossenen Massnahmen zur Ablösung der 1989 vorgelegten befristeten Eingriffe im Bodenrecht in die Vernehmlassung. Diese beruhen auf vier Grundpfeilern: 1) Dem Recht auf Privaterschliessung, falls die bis anhin dafür allein zuständigen kantonalen oder kommunalen Instanzen der Erschliessungspflicht nicht nachkommen; 2) der Einführung eines unlimitierten Vorkaufsrechts für Mieterinnen und Mieter sowohl bei Wohn-, wie auch Geschäftsräumen; 3) der Festschreibung des unlimitierten Vorkaufsrechts der Gemeinden für Wohngebäude im Bundesrecht und 4) der Pflicht, die Preise veräusserter Grundstücke zu veröffentlichen.

Am promptesten reagierte die SVP auf die bundesrätlichen Vorstellungen. Noch am gleichen Tag gab sie ihre Ablehnung des Gesetzespakets bekannt. Insbesondere die geplante Einführung der Vorkaufsrechte stelle einen unverhältnismässigen Staatseingriff dar, durch welchen keine Steigerung der Eigentumsquote zu erreichen sei, sondern im Gegenteil die Eigentumsfreiheit grundsätzlich eingeschränkt und die Bereitschaft zur Erstellung von Wohnraum geschmälert werde. Statt weiterer Regulierungen des Marktes sollten vielmehr die Bewilligungsverfahren gestrafft und die Regelungsdichte abgebaut werden. Ebenso argumentierten FDP und LP sowie die Verbände von Gewerbe, Baumeistern und Hauseigentümern. Letzterer sah in den neuen Bundesvorschriften gar eine schrittweise Annäherung an den Staatssozialismus, die nötigenfalls mit dem Referendum bekämpft werden müsse. Weitgehende Ablehnung ernteten die geplanten Massnahmen des Bundesrates auch in den Kantonen. Die Linke stand ihnen dagegen aufgeschlossener gegenüber, jedoch wandte sich die SP gegen die Einführung eines Rechts auf Privaterschliessung, da damit öffentliche Interessen unterlaufen werden könnten. Grundsätzlich positiv wurden die Vorschläge einzig vom Schweizerischen Mieterverband beurteilt.

Ende September gab der Bundesrat eine Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG) in die Vernehmlassung. Darin sieht er, durch Anpassungen und Vereinheitlichung der kantonalen Gesetzgebungen, Massnahmen im Bereich der Behandlungsfristen sowie der Koordination der Bewilligungsverfahren vor. Zum Einen wären danach die heute oft vielfältigen Bewilligungsverfahren zu koordinieren, wobei dazu von den Kantonen eine Koordinationsstelle geschaffen werden soll. Auch für Beschwerden sollen entweder einheitliche kantonale Rekursinstanzen eingerichtet werden, welche die verschiedenen Verfahren in einem einzigen Entscheid beurteilen, oder ein einheitliches Verfahren soll bei der letzten kantonalen Instanz sichergestellt werden. Zum Anderen wären verbindliche Fristen zur Behandlung der Bewilligungsverfahren, mit der Möglichkeit von Sanktionen, in die kantonalen Gesetzgebungen einzufügen.

In der Vernehmlassung wurden die bundesrätlichen Vorschläge unterschiedlich beurteilt. Unter den Bundesratsparteien erachteten die drei bürgerlichen Gruppierungen die Massnahmen als grundsätzlich richtig, wenn sie auch nur Minimalforderungen entsprächen und in der eingeschlagenen Richtung fortzuführen seien, während die SP sie generell ablehnte. Nach ihrer Meinung, die sie mit den Grünen sowie den Umweltschutzverbänden teilte, dürfe die Forderung nach Vereinfachung der Verfahren nicht auf Kosten des Umwelt- und Landschaftsschutzes gehen. Der Schweizerische Baumeisterverband dagegen forderte eine stärkere Einschränkung des Beschwerderechts. Unter den Kantonen reagierten die meisten positiv, waren sich jedoch in der Frage der Umsetzung der Massnahmen nicht einig. Völlig ablehnend äusserte sich vor allem der Zürcher Regierungsrat.

Die vom Bundesrat im März 1993 in die Vernehmlassung gegebenen Massnahmen zur Ablösung der 1989 vorgelegten befristeten Eingriffe im Bodenrecht waren von bürgerlichen Kreisen derart zerzaust worden, dass der Bundesrat darauf verzichtete, sie dem Parlament vorzulegen. Das Programm hatte vier Punkte - das Vorkaufsrecht für Mieter, das Vorkaufsrecht für Gemeinden, die Pflicht zur Publikation von Kaufpreisen nach Handänderungen sowie das private Erschliessungsrecht - vorgesehen. Die bürgerlichen Parteien (ohne Teile der CVP) sowie der Hauseigentümerverband und eine knappe Mehrheit der Kantone lehnten das Vorkaufsrecht als eigentumsfeindlich und marktbehindernd ab. Der Vorschlag der Publikation von Kaufpreisen nach Handänderungen wurde mit dem Argument bekämpft, er verstosse gegen den Datenschutz. Bundesrat Koller sprach von einer Patt-Situation im Bodenrecht und behielt sich vor, auf die Vorkaufsrechte zurückzukommen. Er legte im Mai lediglich eine Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) bezüglich der Vorschriften über die Erschliessung von Bauzonen vor, welche die heute bestehende Möglichkeit der Kantone, das sogenannte Recht auf Privaterschliessung zu gewähren, in eine Pflicht umwandelt. Zudem wird mit der Revision klargestellt, dass der Grundeigentümer einen Anspruch auf die zeitgerechte Erschliessung seines Baulandes hat und ihm zu dessen Durchsetzung die Rechtsmittel des RPG offenstehen. Von kantonaler Seite wurde kritisiert, dass das neue Erschliessungsrecht unnötigen Zentralismus bringe in einen Bereich, den Kantone und Gemeinden bisher autonom regeln konnten.

Erfolgreicher war im Vernehmlassungsverfahren vom Herbst 1993 der Entwurf zur Vereinfachung, Beschleunigung und Koordination der Bewilligungsverfahren für Bauten und Anlagen, den der Bundesrat in derselben Botschaft ebenfalls als Teilrevision des RPG vorlegte. Gemäss dieser sollen die Kantone verpflichtet werden, Fristen für die Verfahren zu setzen. Weiter werden gewisse Minimalanforderungen an die Koordination der Baubewilligungen gestellt, ein Anspruch auf widerspruchsfreie Verfügungen verankert sowie die Konzentration des Beschwerdeverfahrens bei einer einzigen kantonalen Behörde vorgeschrieben. Die SP sowie verschiedene Kantone, darunter Zürich, lehnten die Revision als unnötig und sinnlos ab. Umweltorganisationen befürchteten von der zeitlichen Straffung der Verfahren die Vernachlässigung von Umwelt- und Landschaftsschutzinteressen. Der Ständerat wird die Revision des RPG als Erstrat in der Januar-Sondersession 1995 behandeln.

Beide Räte stimmten im Berichtsjahr einer Mini-Revision des Raumplanungsgesetzes (RPG) zu und damit jenen Massnahmen, die vom ursprünglich umfassenderen Revisionspaket Anschlussprogramm „Bodenrecht und Raumplanung“ nach dem Widerstand bürgerlicher Kreise noch übrig geblieben waren: das Recht auf Privaterschliessung sowie Massnahmen zur Vereinfachung und Beschleunigung des Baubewilligungsverfahrens. Das Recht auf Privaterschliessung, wenn Gemeinden Bauzonen nicht fristgerecht erschliessen, gab in beiden Räten kaum zur Diskussion Anlass. Zu gewichtigen Differenzen kam es aber bei den Massnahmen zur Beschleunigung und Koordination des kantonalen Baubewilligungsverfahrens. Der Ständerat als Erstrat wies auf die laufenden Bemühungen der meisten Kantone in diesem Bereich hin und lehnte es deshalb zumindest vorläufig ab, diese zu verpflichten, für alle Verfahren zur Errichtung oder Änderung von Bauten und Anlagen Fristen zu setzen. Ebenso sprach er sich zu diesem Zeitpunkt gegen Minimalanforderungen für die Koordination der verschiedenen Bewilligungen aus. Stattdessen überwies der Ständerat eine Motion seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) (94.3481), die vom Bundesrat verlangte, mit gutem Beispiel voranzugehen und bis Ende 1996 eine Vorlage über die Koordination der Bewilligungsverfahren für bodenbezogene Projekte vorzulegen, welche in die Zuständigkeit des Bundes fallen. In der Sommersession sprach sich der Nationalrat mit 93 zu 23 Stimmen aber für verbindliche Verfahrensfristen und für obligatorische Koordinationsvorschriften aus. Ein Minderheitsantrag Strahm (sp, BE), der sich der Motion des Ständerates anschloss, wurde abgelehnt. Auch ein Antrag der rot-grünen Ratsminderheit, das dünne Revisionspaket zurückzuweisen und dem Rat wieder mit dem ursprünglich enthaltenen Vorkaufsrecht sowie der Pflicht zur Preisveröffentlichung vorzulegen, scheiterte. In der Herbstsession warf dann auch die kleine Kammer ihre föderalistischen Bedenken über Bord und schwenkte auf den bundesrätlichen Entwurf ein. Neben der Verpflichtung der Kantone, für sämtliche Verfahren Fristen zu setzen und Minimalanforderungen des Bundes für die Koordination der verschiedenen Verfahren und Verfügungen zu folgen, sieht die Revision des RPG auch eine Vereinheitlichung beim Beschwerdeweg vor. So soll neu eine einzige einheitliche Rechtsmittelinstanz von Bundesrechts wegen vorgeschrieben werden.

Der Ständerat bestand in der Herbstsession auf der Überweisung des Herzstücks der Motion seiner Urek-Kommission (95.3372), die dem Bundesrat den Auftrag erteilt, bis spätestens 1996 eine Vorlage über die Koordination der Bewilligungsverfahren der in die Bundeszuständigkeit fallenden bodenbezogenen Projekte (Koordinationsgesetz) - es geht vor allem um wichtige Grossprojekte - vorzulegen. Der Bundesrat zeigte sich bereit, die Motion entgegenzunehmen, wobei er auf ein gewisses Zeitproblem aufmerksam machte. Als Zweitrat überwies auch der Nationalrat die Motion diskussionslos.

Die im vergangenen Herbst vom Parlament beschlossene Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG) bezüglich des Rechts auf Privaterschliessung und der Beschleunigung der Baubewilligungsverfahren wurde im Berichtsjahr erst teilweise in Kraft gesetzt. Während die Bestimmungen über private Erschliessungen ab dem 1. April wirksam wurden, wird die Bestimmung über die Vereinfachung, Beschleunigung und Koordination der Verfahren erst am 1. Januar 1997 wirksam werden. Damit soll jenen Kantonen entgegengekommen werden, die ihre Baubewilligungsvorschriften noch an die neuen Bestimmungen anpassen müssen.