Bundesratsersatzwahl 2009 – Nachfolge von Pascal Couchepin

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Im Berichtsjahr kam es erneut zu einer Ersatzwahl für den Bundesrat. Der Vorsteher des EDI, der 67jährige freisinnige Welschwalliser Pascal Couchepin, erklärte am 12. Juni seinen Rücktritt auf Ende Oktober nach elf Jahren Regierungstätigkeit. In den Medien wurde er als Staatsmann gewürdigt, dem allerdings die Erfolge bei der Durchsetzung von Reformen oft versagt blieben. Dass Letzteres nicht allein an ihm lag, sondern auch mit den in seine Zuständigkeit fallenden komplexen Bereichen der Sozial- und Gesundheitspolitik zu tun hatte, wurde allerdings auch konzediert.

Dossier: Bundesratswahlen seit 2008

CVP-Präsident Darbellay (VS) hatte bereits im Februar angekündigt, dass seine Partei der FDP bei der nächsten Vakanz einen ihrer beiden Sitze streitig machen werde. Dabei rechtfertigte die CVP ihren Anspruch sowohl politisch als auch rechnerisch. Politisch sei die CVP zu bevorzugen, weil die FDP nach rechts in die Näher der SVP gerutscht sei und nur die CVP die wahre Mitte verkörpere. Rechnerisch gesehen habe die FDP zwar bei den letzten Wahlen den grösseren Wähleranteil erreicht, die Fraktionsgemeinschaft aus CVP, GLP und EVP verfüge aber über die grössere Nationalratsfraktion. Nachdem sich zuerst Darbellay selbst ins Spiel gebracht hatte, kristallisierte sich bald Ständerat und Fraktionschef Urs Schwaller (FR) als aussichtsreichster Kandidat heraus. Sein Manko bestand allerdings darin, dass er deutscher Muttersprache ist und zudem auch im deutschsprachigen Teil des mehrheitlich französischsprachigen Kantons wohnt. Von der FDP und auch von einem Teil der französischsprachigen Presse wurde sofort moniert, dass er deshalb nicht als Vertreter der Romandie gelten könne. Seine Kantonalpartei nominierte nicht nur ihn, sondern auch den französischsprachigen Freiburger Nationalrat de Buman. Die CVP-Fraktion entschied sich für eine Einerkandidatur und portierte Schwaller.

Die Medien spekulierten bereits vor der Rücktrittserklärung Couchepins über erfolgversprechende freisinnige Kandidaturen aus der Romandie und dem Tessin. Im Vordergrund standen dabei Nationalrat und Parteipräsident Fulvio Pelli (TI), Ständerat Didier Burkhalter (NE), die beiden Genfer Nationalräte Martine Brunschwig Graf und Christian Lüscher, welche ursprünglich zu den Liberalen gehört hatten, sowie der Waadtländer Regierungsrat Pascal Broulis. Von ihren respektiven Kantonalparteien zuhanden der FDP-Fraktion nominiert wurden Burkhalter, Brunschwig Graf und Lüscher; Pelli wurde von seiner Kantonalpartei empfohlen, aber nicht als offizieller Kandidat angemeldet. Die freisinnig-liberale Fraktion entschied sich Ende August für ein Zweierticket und schickte Burkhalter und Lüscher ins Rennen.

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Am 16. September wählte die Vereinigte Bundesversammlung den Nachfolger von Pascal Couchepin. Es standen sich die beiden Kandidaten der FDP-Fraktion, Didier Burkhalter und Christian Lüscher und der Kandidat der CVP, Urs Schwaller, gegenüber. Die SP und die GP unterstützten Schwaller, wobei eine Minderheit der SP erklärte, aus gesellschafts- und aussenpolitischen Gründen Burkhalter zu bevorzugen. Die SVP sprach sich für Lüscher aus und die BDP für beide Freisinnige. Im ersten Wahlgang lag Schwaller mit 79 Stimmen vor Lüscher mit 73 und Burkhalter mit 58; der Tessiner freisinnige Ständerat Dick Marty erhielt 34 Stimmen. Für den linksliberalen Marty hatten sich unter anderem Repräsentanten der SP und die Tessiner Grünen ausgesprochen. Im zweiten Wahlgang konnte Schwaller auf Kosten von Marty auf 89 Stimmen zulegen, Lüscher und Burkhalter kamen auf je 72. In der dritten Runde kam Schwaller auf 95 Stimmen und Burkhalter überholte mit 80 Stimmen Lüscher (63), worauf sich letzterer zugunsten von Burkhalter zurückzog. Im vierten Wahlgang fiel die Entscheidung: Bei einem absoluten Mehr von 120 wählte das Parlament mit 129 Stimmen Didier Burkhalter zum neuen Bundesrat; Schwaller hatte 106 und Lüscher 4 Stimmen erhalten. Da kein anderes Regierungsmitglied Wechselgelüste hatte, übernahm der 49jährige Burkhalter von Couchepin das EDI.

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