Gesetz zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative (BRG 14.023)

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Ende Juni schickte der Bundesrat seinen Entwurf zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative in die Vernehmlassung. Das Ausführungsgesetz und die entsprechende Verordnung orientierten sich im Grundsatz an den Bestimmungen der per 1.1.13 in Kraft getretenen Übergangsverordnung, die den Interessen der betroffenen Regionen bereits Rechnung trägt. Von den 144 eingegangenen Stellungnahmen begrüssten insbesondere die bürgerlichen Parteien, wirtschaftliche Dachverbände, Tourismusorganisationen, Baumeister, Bergkantone – darunter auch der Kanton Wallis – sowie die BPUK die Entwürfe in ihrer Stossrichtung. SP, EVP, GLP und Grüne sowie gewichtige Natur- und Umweltschutzorganisationen wie der WWF, VCS und Pro Natura hingegen lehnten den Gesetzesentwurf ab. So auch Helvetia Nostra, von wessen Seite verlautet wurde, gegen ein so ausgestaltetes Gesetz würde man das Referendum ergreifen, da es dem geäusserten Volkswillen widerspreche. Insbesondere stiess sich der Verein an der Möglichkeit zur Überschreitung des Schwellenwerts von 20%, sofern die neuen Zweitwohnungen auf einer kommerziellen Vertriebsplattform zur Miete angeboten würden. Das Bundesamt für Raumentwicklung liess hierauf verlauten, man habe mit dem vorgelegten Entwurf die im Berichtsjahr von BAK Basel prognostizierten schwerwiegenden wirtschaftlichen Auswirkungen verhindern wollen, mit welchen die betroffenen Gebiete bei einer rigiden Umsetzung der Initiative zu rechnen hätten. In seinem Vernehmlassungsentwurf hatte der Bundesrat hierzu eine Einschränkung vorgenommen, wonach die Möglichkeit zur kommerziellen Vermietung nur in Gebieten zugelassen werden kann, wo ein tatsächlicher Bedarf nach Ferienwohnungen besteht. Zu Beginn des folgenden Jahres will die Landesregierung die Botschaft zum Bundesgesetz über Zweitwohnungen präsentieren.

Dossier: Zweitwohnungsinitiative und ihre Auswirkungen

Im Februar 2014 präsentierte der Bundesrat seine Botschaft zur Umsetzung der Zweitwohnungsinitiative, die einige Ausnahmen vom Verbot zusätzlicher Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil über 20% vorsah und die im Grundsatz die Stossrichtung der Übergangsverordnung weiterverfolgte. Altrechtliche Bauten, resp. vor der Volksabstimmung vom 11. März 2012 bereits bestehende oder bewilligte Bauten, sollen gemäss bundesrätlicher Vorlage geschützt werden und dürften - sofern sie als Erstwohnung umgenutzt oder touristisch bewirtschaftet werden - auch erweitert werden. Vom Verbot auszunehmen seien ferner "warme Betten", resp. Hotels und hotelmässige Residenzen sowie Zweitwohnungen, die auf einer Vertriebsplattform als Ferienresidenz zur Miete angeboten werden, sofern sich letztere in im Richtplan entsprechend festgelegten Gebieten befinden. Auch die Schaffung neuer "kalter Betten" soll unter gewissen Voraussetzungen erlaubt bleiben, namentlich durch Umwandlung eines seit 25 Jahren oder länger bestehenden Hotelleriebetriebs, der nicht mehr als solcher weitergeführt werden kann, sowie unter strengen Voraussetzungen in geschützten Baudenkmälern und ortsbild- und landschaftsprägenden Bauten, da solche Bauten oft nur auf diese Art erhalten werden könnten, so der Bundesrat. Vera Weber, Kampagnenleiterin der Zweitwohnungsinitiative, bezeichnete die Botschaft zur Umsetzung des Volksanliegens vor den Medien als Ohrfeige. Auch Raimund Rodewald von der Stiftung Landschaftsschutz Schweiz zeigte sich unzufrieden mit dem bundesrätlichen Vorschlag. Insbesondere die Möglichkeit zur Schaffung zusätzlicher Zweitwohnungen in nicht extensiv genutzten Tourismusgebieten verschandle das Landschaftsbild.

Dossier: Zweitwohnungsinitiative und ihre Auswirkungen

In der Herbstsession 2014 gelangte das Zweitwohnungsgesetz in den erstberatenden Ständerat, der sich in einer beinahe siebenstündigen Diskussion dem - gemäss NZZ - "bürokratischen Monster mit 28 Tentakeln in Form von 28 Gesetzesartikeln" widmete. Der kleinen Kammer lagen einige Änderungsanträge ihrer Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (UREK-SR) vor, die zum Teil auf eine Verschärfung der gesetzlichen Bestimmungen abzielten: So beantragte eine Kommissionsmehrheit vertreten durch Ivo Bischofberger (cvp, AI) ihrem Rat, auf die Möglichkeit der Umwandlung von über 25-jährigen Hotelanlagen in Zweitwohnungen zu verzichten. Weiter soll es gemäss UREK-SR nicht möglich sein, Bauvorhaben zu bewilligen, die zur Überschreitung des festgelegten Zweitwohnungsanteils von 20% führen würden. Auf der anderen Seite beantragten bürgerliche Kommissionsmehrheiten auch weitreichende Lockerungen der Bestimmungen, so etwa betreffend Auflagen zur Erweiterung altrechtlicher Wohnungen, bezüglich Handlungsspielraum für Kantone und Gemeinden beim Bau touristisch bewirtschafteter Wohnungen oder in punkto Bewilligung neuer Zweitwohnungen in geschützten Baudenkmälern. In der Detailberatung folgte der Ständerat seiner Kommissionsmehrheit nicht nur in deren Vorschlägen zur Verschärfung des Ausführungsgesetzes, sondern auch was bedeutende Lockerungen der Bestimmungen betraf: Trotz Plädoyer von Bundesrätin Leuthard, die sich klar hinter die Minderheit Berberat (sp, NE) stellte, beschloss eine Ratsmehrheit mit 22 zu 17 Stimmen, dass den Kantonen in ihrer Richtplanung keine Vorgaben gemacht werden sollen, in welchen Gebieten die Vermarktung von Zweitwohnungen auf Vertriebsplattformen zulässig sein soll. Die bundesrätliche Vorlage sah vor, dies nur in extensiv bewirtschafteten touristischen Gebieten zu erlauben, wo nachweislich Bedarf nach zusätzlichen touristischen Wohnungen besteht, dieses Vorgehen im Einklang mit der kantonalen Raumentwicklungsstrategie steht sowie Massnahmen zur besseren Auslastung von Zweitwohnungen bereits ergriffen oder zumindest im Richtplan verbindlich angeordnet wurden. Dass zusätzliche Zweitwohnungen nicht nur in geschützten Baudenkmälern sondern generell in geschützten und erhaltenswerten Bauten bewilligt werden dürfen, entschied Ständeratspräsident Germann (svp, SH) per Stichentscheid. Eine starke Kommissionsminderheit Diener (glp, ZH) äusserte insbesondere zum Begriff "erhaltenswerte Bauten" ihre Bedenken. Dieser sei nirgends klar definiert und so läge es schliesslich im Ermessen der kommunalen Baubewilligungsbehörden, über den Wert eines Gebäudes zu entscheiden, führte Ständerat Luginbühl (bdp, BE) aus. Nicht zuletzt beschloss der Ständerat mit Zweidrittelmehrheit, dass der Ausbau altrechtlicher Wohnungen um maximal 30% (aber um höchstens 30 m2) bedingungslos bewilligt werden könne. In der Gesamtabstimmung passierte das Ausführungsgesetz mit weiteren, kleineren Änderungen versehen den Ständerat mit 22 zu 13 Stimmen (5 Enthaltungen). Die stimmenden Vertreter der Tourismuskantone Wallis, Tessin und Graubünden unterstützten das so ausgestaltete Gesetz. Die Erstberatung im Nationalrat stand Ende 2014 noch aus; Spekulationen um ein drohendes Referendum waren hingegen bereits in vollem Gange. In der Herbstsession hatte Bundesrätin Leuthard vor dem Ständerat den Spielraum als bereits "mehr als ausgereizt" bezeichnet. Kritik erhielt die ständerätliche Fassung ebenfalls vom Zürcher Staats- und Verwaltungsrechtsprofessor Alain Griffel, der gewisse Bestimmungen als verfassungswidrig einstufte und das Vorgehen der Kantonskammer als ignorant bezeichnete. Griffel wie auch weitere Rechtsexperten wurden nach der ständerätlichen Erstberatung eingeladen, der vorberatenden Kommission im Nationalrat im Rahmen einer Anhörung die Verfassungsmässigkeit der vorliegenden Fassung zu erörtern.

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Auch nach Anhörung der Rechtsexperten war der Mehrheit der nationalrätlichen UREK die ständerätliche Fassung des Zweitwohnungsgesetzes noch zu wenig strikt. An ihrer ersten Sitzung im November beantragte sie dem Nationalrat mit 14 zu 11 Stimmen unter anderem, touristisch bewirtschaftete Wohnungen gar nicht erst unter den Zweitwohnungsbegriff zu fassen. Indem sie solche Bauten dem Erstwohnungsanteil zurechne, präzisiere sie den unscharfen Zweitwohnungsbegriff, gab sich die bürgerliche Kommissionsmehrheit überzeugt. Anders sah dies die Co-Präsidentin der Grünen. Regula Rytz vertrat die Ansicht, dass eine solche Definition gar zusätzliche Möglichkeiten zur Schaffung "kalter Betten" ermögliche, womit der Zersiedelung Vorschub geleistet werde. Ferner stützte eine Kommissionsmehrheit mit 15 zu 7 Stimmen die Version des Bundesrates, wonach seit 25 Jahren oder länger bestehende und nicht mehr rentable Hotels in Zweitwohnungen umgenutzt werden könnten. Der Ständerat hatte in der vorangegangenen Herbstsession eine entsprechende Bestimmung aus dem Entwurf gestrichen. Die Kommission wird für eine zweite Sitzung im Januar 2015 tagen.

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An ihrer zweiten vorberatenden Sitzung im Januar 2015 sprach sich die UREK-NR für die Dringlicherklärung des Bundesgesetzes über Zweitwohnungen aus, womit das Gesetz unmittelbar nach seiner Verabschiedung in Kraft treten und die seit dem Volksentscheid herrschende Rechtsunsicherheit im Bausektor gemäss Ansicht der Kommissionsmehrheit behoben werden könnte. Eine Kommissionsminderheit stellte sich ebenfalls mit dem Argument der Rechtssicherheit allerdings gegen dieses Vorhaben: Sollte gegen das beschlossene Gesetz das Referendum ergriffen werden – eine Forderung, die bereits im Vorjahr laut geworden war – und wäre dieses an der Urne erfolgreich, müsste die Rechtslage nachträglich erneut angepasst werden. Darüber hinaus beschloss die nationalrätliche Kommission, einen Antrag auf eine weitere Lockerungen zu der im Vorjahr vom Ständerat als Erstrat behandelten Fassung zu stellen. Während die Kantonskammer einem Ausbau altrechtlicher Wohnungen um 30% mit dem Zusatz zugestimmt hatte, dass dieser Ausbau maximal 30 m2 umfassen darf, machte sich eine Mehrheit der UREK-NR für die Streichung dieses Zusatzes mit der Begründung stark, dass diese Beschränkung nicht den heutigen Bedürfnissen entspreche. Mit 16 zu 9 Stimmen verabschiedete die Kommission den Entwurf zu Handen des Nationalrates.

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Kurz vor der nationalrätlichen Beratung des Bundesgesetzes über Zweitwohnungen zeigten sich bürgerliche Parlamentarier vor dem Hintergrund der immer lauter werdenden Referendumsdrohung kompromissbereit: Nicht nur metaphorisch sondern tatsächlich in letzter Minute, nämlich am Vorabend der Nationalratsdebatte in der Frühjahrssession 2015, gelang es durch Einlenken der FDP-Fraktionschefin Huber (fdp, UR) und des SVP-Fraktionschefs Amstutz (svp, BE) tatsächlich, ausserhalb des Parlaments einen Kompromiss mit Vera Weber zu erzielen. Der CVP-Vertreter und Kommissionssprecher Yannick Buttet (cvp, VS), der dem Treffen ebenfalls beigewohnt hatte, verliess dieses frühzeitig und empört darüber, vor beschlossene Tatsachen gestellt worden zu sein, welche seiner Meinung nach nicht einer "pragmatischen Umsetzung" entsprachen. Die SVP hätte den Deal alleine mit Helvetia Nostra eingefädelt und die Mitteparteien aussen vorgelassen. Ferner unterstellte Buttet der SVP, rein aus Eigeninteresse gehandelt zu haben, um auch bei ihren eigenen Initiativen weiterhin einen harten Kurs legitimieren zu können. Gegenüber der NZZ beteuerte Nationalrat Killer (svp, AG), man hätte lediglich rasch möglichst die vorherrschende Rechtsunsicherheit beheben wollen. Der Kompromiss sieht drei Zugeständnisse an die Initianten vor: Erstens soll in Gemeinden, die ihr Kontingent ausgeschöpft haben, auch das Anbieten des Objekts auf einer Vertriebsplattform keinen Zweitwohnungsbau legitimieren. Zweitens sollen nicht mehr in Betrieb stehende Hotelanlagen, die ein Vierteljahrhundert oder länger bewirtschaftet wurden, nur zu 50% in nicht der Nutzungsbeschränkung unterstehende Zweitwohnungen umgewandelt werden dürfen. Schliesslich verlangte der Kompromiss den Verzicht auf den dehnbaren Begriff der "erhaltenswerten Bauten", wenn es darum geht, bestehende Bauten auch in Gemeinden mit ausgeschöpftem Kontingent in Zweitwohnungen umzuwandeln. Anstelle dessen soll die Umwandlung in nicht der Nutzungsbeschränkung unterstehende Wohnungen nur in geschützten und "ortsbildprägenden" Bauten möglich sein. Der Begriff "ortsbildprägend" gilt als deutlich klarer und enger umrissen als der Begriff "erhaltenswert". Im Gegenzug verpflichtete sich Vera Weber, auf das Ergreifen des Referendums zu verzichten.
In der sich über zwei Tage erstreckenden Sitzung im Nationalrat waren es in der Folge nur die CVP und die BDP, die eine harte Linie fuhren und die Interessen ihrer Stammwählerschaft vertraten. Hans Grunder (bdp, BE) kritisierte das Umschwenken der SVP-Fraktion, nachdem deren Kommissionsmitglieder in den Vorberatungen im Namen der Mehrheit noch für eine Beibehaltung oder gar Aufweichung des ständerätlichen Kurses plädiert hatten, worauf der SVP-Fraktionspräsident in ein Kreuzfeuer von diversen Fragen verschiedenster Seiten geriet. Zu Beginn der Beratungen hatte die grosse Kammer über zwei Anträge der Ratslinken zu bestimmen, welche die Rückweisung der Vorlage an den Bundesrat forderten, verbunden mit den Aufträgen, einen Entwurf auszuarbeiten, der den Volkswillen ernst nehme, und eine qualitativ hochstehendere und klarere Gesetzesgrundlage zu schaffen. In der Begründung seines Minderheitsantrages liess Roger Nordmann (sp, VD) verlauten, er habe während seiner ganzen parlamentarischen Karriere noch nie einen so geschraubten Gesetzestext gesehen wie der Vorliegende und mehr noch: "Il est difficile d'y reconnaître un texte légal". Über die geschlossen für die Rückweisung votierenden Fraktionen der SP und der Grünen hinaus fand das Anliegen jedoch bei keinem weiteren Ratsmitglied Zustimmung, womit dieses klar abgelehnt wurde. Im Anschluss stellte sich die Linke und ebenso die GLP hinter die gesetzesverschärfenden Anträge Huber/Amstutz, welche aus diesem Grund mit komfortablen Mehrheiten angenommen werden konnten. Lediglich die geschlossen auftretende Fraktion der BDP, eine beinahe geeinte CVP-Fraktion sowie vereinzelte Mitglieder der SVP stellten sich gegen den ausserparlamentarisch ausgehandelten Kompromiss. Auch Bundesrätin Leuthard zeigte sich im Grunde zufrieden mit der Kompromisslösung, jedoch nicht ohne zu betonen, dass sie es begrüsst hätte, wenn diese den Beratungen in der Kommission entsprungen wäre, da die Auslotung gangbarer Möglichkeiten eigentlich zur Aufgabe der Legislativkommissionen gehöre. Darüber hinaus zeigte sich die Bundesrätin irritiert ob dem verklausulierten Regelwerk: Der Kompromiss schränke die Umnutzung bestehender Wohnungen in Hotelbauten im Artikel 9 Absatz 2 nun zwar ein; in den Absätzen 1bis und 1ter erlaube ein ständerätlicher Zusatz Hotelbesitzern jedoch gar den Neubau von Zweitwohnungen in Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von über 20%. Da letztere Regelung nicht Teil des ausgehandelten Kompromisses war, unterlag ein links-grüner Minderheitsantrag zur Streichung dieser Absätze. Nur die GLP-Fraktion unterstützte diesen Antrag.
Ferner beschloss der Nationalrat weitere Abweichungen zur Fassung des Ständerates und schickte den von der ursprünglichen Mehrheit der UREK-NR gestellten Antrag auf Dringlichkeit mit 173 zu 22 Stimmen klar bachab, wobei der Rat der Minderheit Jans (sp, BS) folgte. Für die Dringlichkeitsklausel setzte sich die Hälfte der CVP-Fraktion sowie eine Minderheit der SVP-Fraktion ein. Zum Schluss der Beratung gab Roger Nordmann (sp, VD) im Namen der SP-Fraktion bekannt, die SP werde diesen Kompromiss in der Schlussabstimmung unterstützen, sofern der Ständerat auf den Kompromiss einschwenke. Mit 143 zu 6 Stimmen bei nicht weniger als 47 Enthaltungen verabschiedete der Nationalrat den so veränderten Entwurf nach der Gesamtabstimmung in die Differenzbereinigung. Neben einzelnen Vertretern der FDP und SVP sowie den grossmehrheitlichen Fraktionen der CVP und BDP enthielt sich die Grüne Fraktion komplett der Stimme.

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Bereits wenige Tage später gelangte das Bundesgesetz über die Zweitwohnungen zur Differenzbereinigung in den Ständerat. Im Sinne raschestmöglicher Schaffung von Rechtssicherheit zeigte sich auch die Kantonskammer konziliant und stimmte den Kompromissanträgen nach einer längeren und grundsätzlichen Diskussion zur verfassungsmässigen Umsetzung von Initiativen zu. Ein Minderheitsantrag Imoberdorf (cvp, VS), der Plattformwohnungen erlauben wollte, fand nur vereinzelt Unterstützung. Bei seiner Detailberatung zum Gesetz hatte der Nationalrat über die Kompromissanträge hinaus weitere zum Teil gewichtige Differenzen zum Ständerat geschaffen, welche nun ebenfalls ausgeräumt werden mussten. So bestand zwischen den Räten Uneinigkeit bezüglich Definition des Zweitwohnungsbegriffes. Gemäss Nationalrat sollten touristisch bewirtschaftete Wohnungen zu den Erstwohnungen gezählt werden. Die Auswirkungen einer solchen Definition wären weniger dramatisch als noch in der Vorlage vor dem Kompromiss, da dies ohne die Plattformwohnungen nun nur noch Wohnungen in hotelähnlichen Betrieben betreffen würde. Dennoch könnte diese Regelung zur Folge haben, dass der Zweitwohnungsanteil in einzelnen Gemeinden deswegen unter die Grenze von 20% fallen würde. Der Ständerat hielt in diesem Punkt an seinem Entscheid, resp. am bundesrätlichen Entwurf fest und stellte sich gegen eine Ausweitung des Erstwohnungsbegriffes. Ferner wollte die Fassung des Nationalrates, dass Gemeinden mit einem Zweitwohnungsanteil von deutlich unter 20% von der Pflicht zur jährlichen Erstellung eines Wohnungsinventars befreit werden. Der Ständerat beharrte auch hier auf seiner und der bundesrätlichen Position, welche keine Ausnahmen von der Inventarspflicht zulassen will, was auch dem mit Annahme der Initiative gefassten verfassungsmässigen Auftrag entspricht. Die Kantonskammer stemmte sich ebenfalls gegen den Versuch des Nationalrates, für bis zum 31. Dezember 2012 eingereichte Baugesuche, ungeachtet des Zeitpunkts des rechtskräftigen Bauentscheids, eine Bewilligung zu ermöglichen. In einem umstrittenen Punkt lenkte der Ständerat mit 25 zu 15 Stimmen hingegen auf den nationalrätlichen Kurs ein: In ihrer Detailberatung hatte die grosse Kammer beschlossen, die Erweiterung altrechlicher Wohnungen nicht auf maximal 30 m2 zu beschränken, sondern unabhängig von der Grösse des Objekts eine Erweiterung um insgesamt 30% der bestehenden Hauptnutzfläche zu ermöglichen. Ein Minderheitsantrag Berberat (sp, NE) welcher auch von Bundesrätin Leuthard unterstützt wurde, machte vergeblich geltend, dass dieser Beschluss verfassungswidrig sei. Der Wortlaut der Initiative sieht nicht nur eine Beschränkung des Zweitwohnungsanteils auf 20% der Wohneinheiten, sondern eine ebensolche Beschränkung der für Wohnzwecke genutzten Bruttogeschossfläche vor. Der vom Ständerat in der Detailberatung eingefügte Zusatz, welcher jedoch durch eine in Quadratmetern gefasste Beschränkung ergänzt wurde, habe den verfassungsmässigen Spielraum bereits gänzlich ausgereizt - so die Ansicht der starken Kommissionsminderheit.
Zurück im Nationalrat gab es in der UREK-NR keine Anträge auf Festhalten und alle verbleibenden Differenzen wurden so im Eiltempo ausgeräumt. Das Gesetz konnte somit noch in der Frühjahrssession verabschiedet werden: Im Nationalrat fand das Umsetzungsgesetz mit 159 zu 12 (23 Enthaltungen) und im Ständerat mit 40 zu 2 (2 Enthaltungen) Zustimmung.

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Gut fünf Jahre nach dem Inkrafttreten des Bundesgesetzes über Zweitwohnungen (ZWG), welches die 2012 von Volk und Ständen angenommene Zweitwohnungsinitiative umsetzte, haben die Departemente UVEK und WBF dem Bundesrat eine Wirkungsanalyse vorgelegt. Aufgrund von Übergangsbestimmungen im Gesetz lasse sich zwar noch keine abschliessende Beurteilung vornehmen. Aufgrund der bis dato gemachten Erfahrungen erachtet der Bundesrat das Gesetz jedoch als «wirksam und zeitgemäss». Es wurden ausserdem keine mit dem ZWG verbundenen substanziellen wirtschaftlichen Schwierigkeiten in den betroffenen Gemeinden festgestellt. Laut dem Bericht sei der Flächenverbrauch durch den Neubau von Zweitwohnungen in allen ZWG-Gemeinden zwischen 2013 und 2018 gegenüber dem Zeitraum 2007 bis 2012 um rund einen Drittel zurückgegangen. Dass der Flächenverbrauch nicht auf null gesunken ist, hängt mit den erwähnten Übergangsbestimmungen sowie mit im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen zusammen. Optimierungspotenzial sieht der Bundesrat beim Wissensstand in den Gemeinden, beim Kompetenzverständnis bei den Kantonen sowie bei den Schlüsselbegriffen der Beherbergungswirtschaft. Die Departemente sollen diesbezüglich Verbesserungsmassnahmen umsetzen. 2025 soll die nächste Wirkungsanalyse zum Gesetz durchgeführt werden.

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