Genehmigung des Zusatzprotokolls Nr. 15 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (BRG 15.030)

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Mit seiner Botschaft vom 6. März 2015 unterbreitete der Bundesrat dem Parlament einen Bundesbeschluss über die Genehmigung des Zusatzprotokolls Nr. 15 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK). Ziel dieses Zusatzprotokolls ist es, das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) effizienter zu gestalten und somit den Gerichtshof zu entlasten und seine Funktionsfähigkeit sicherzustellen. Konkret sieht das Protokoll folgende fünf Änderungen der EMRK vor: Erstens wird am Ende der Präambel ein ausdrückliches Bekenntnis zum Subsidiaritätsprinzip eingefügt. Zweitens endet die Amtszeit der Richterinnen und Richter nicht mehr automatisch mit Vollendung des 70. Lebensjahres; stattdessen müssen für das Richteramt kandidierende Personen jünger als 65 Jahre sein. Drittens wird das Widerspruchsrecht der Parteien gegen die Absicht einer Kammer, eine Rechtssache an die Grosse Kammer abzugeben, abgeschafft. Viertens wird die Frist für die Einreichung einer Beschwerde an den EGMR von bisher sechs auf neu vier Monate verkürzt. Fünftens kann der EGMR künftig eine Beschwerde auch dann wegen Nichterheblichkeit des erlittenen Nachteils für unzulässig erklären, wenn die Rechtssache innerstaatlich noch von keinem Gericht geprüft worden ist. Als Änderungsprotokoll zur EMRK wird das Protokoll Nr. 15 in Kraft treten, sobald es von sämtlichen Vertragsstaaten ratifiziert worden ist. Bis Mitte August 2015 hatten 19 von insgesamt 47 Vertragsstaaten das Protokoll ratifiziert und 22 weitere, unter ihnen die Schweiz, unterzeichnet.
Im Nationalrat gab vor allem die Verankerung des Subsidiaritätsprinzips, welche gleichzeitig ein Bekenntnis zum Ermessensspielraum der Nationalstaaten darstellt, Anlass zu Diskussionen. Eine Minderheit der nationalrätlichen Rechtskommission beantragte die Rückweisung des Geschäfts an den Bundesrat, weil die Erwähnung in der Präambel keine Änderung in der Praxis des EGMR bewirke. Um die Subsidiarität und die Selbstbestimmung der Schweiz wirklich zu stärken, müsse der Bundesrat neu verhandeln und sich für ein Zusatzprotokoll einsetzen, welches die Verfassungen der Vertragsstaaten als oberste und für den EGMR verbindliche Rechtsquelle festsetze. Dieses Anliegen stiess jedoch nicht auf Gegenliebe und der Rückweisungsantrag wurde mit 49 Ja-Stimmen und 2 Enthaltungen aus den Reihen der SVP gegenüber 128 Nein-Stimmen abgelehnt. Nachdem über die ansonsten technische Vorlage keine weiteren Diskussionen geführt worden waren, genehmigte der Nationalrat das Protokoll Nr. 15 mit 136 Ja-Stimmen gegenüber 46 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen aus der SVP-Fraktion.

Dossier: EMRK Zusatzprotokolle

Im Ständerat sorgte die Genehmigung des Zusatzprotokolls Nr. 15 zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) für weit weniger Gesprächsstoff als dies im vergangenen Herbst im Nationalrat der Fall gewesen war. Die kleine Kammer stimmte dem Änderungsprotokoll, welches in erster Linie zur Entlastung des EGMR beitragen soll, im März 2016 einstimmig zu. Inkrafftreten wird das Protokoll Nr. 15, sobald es von allen Vertragsstaaten ratifiziert worden ist. Bis Ende Januar 2016 lagen laut Bundesrätin Simonetta Sommaruga 25 Ratifikationen und 16 Unterzeichnungen vor. In der Schlussabstimmung nahm der Nationalrat das Protokoll mit 129 zu 59 Stimmen bei 7 Enthaltungen an; der Ständerat stimmte ihm mit 40 zu 5 Stimmen bei 0 Enthaltungen zu. In beiden Kammern stammten alle ablehnenden Stimmen aus der Fraktion der SVP.

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