Informationssicherheitsgesetz (BRG 17.028)

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Um den komplexer und dynamischer werdenden Bedrohungen für die Informationsgesellschaft Rechnung zu tragen, beabsichtigte der Bundesrat, ein Bundesgesetz über die Informationssicherheit (ISG) zu schaffen. Angriffe auf Informationssysteme des Bundes hätten wiederholt gezeigt, dass der Schutz von Informationen Lücken aufweise, welche unter anderem auf unzeitgemässe und inkohärente Rechtsgrundlagen zurückzuführen seien. Mit dem neuen Gesetz sollen einheitliche gesetzliche Grundlagen für das Management der Informationssicherheit beim Bund geschaffen und somit Schwachstellen des geltenden Rechts behoben werden. Den Begriff der Informationssicherheit definierte der Bundesrat im erläuternden Bericht als «sämtliche Anforderungen und Massnahmen, die zum Schutz der Vertraulichkeit, Verfügbarkeit, Integrität und Nachvollziehbarkeit von Informationen dienen, und zwar unabhängig davon, ob die Informationen elektronisch, mündlich oder in Papierform bearbeitet werden.» Die im bestehenden System sektoriell angelegten Rechtsgrundlagen und organisatorischen Zuständigkeiten seien nicht effizient und sollten daher durch eine einheitliche Regelung ersetzt werden.

Bei der im Jahr 2014 durchgeführten Vernehmlassung waren überwiegend positive Rückmeldungen eingegangen. Von den insgesamt 55 Vernehmlassungsteilnehmerinnen und -teilnehmern standen unter anderen 17 Kantone, die CVP und die SP, Economiesuisse sowie die Bundesanwaltschaft und ihre Aufsichtsbehörde dem Entwurf grundsätzlich positiv gegenüber, brachten jedoch einige Änderungsvorschläge an. Diese bezogen sich vor allem auf die Zusammenarbeit zwischen Bund und Kantonen, die Präzisierung von im Gesetzestext verwendeten Begriffen sowie auf die Schnittstellen zwischen Informationssicherheit, Datenschutz und Öffentlichkeitsprinzip. Sieben Kantone, die FDP sowie drei weitere Teilnehmende, darunter das Bundesgericht, sprachen ihre vorbehaltlose Zustimmung zur Vorlage aus. Vollumfänglich ablehnend äusserte sich einzig die SVP, die im neuen Gesetz keinen Mehrwert gegenüber gezielten Verbesserungen am heutigen System sah. Von den drei Teilnehmenden, die dem Entwurf grundsätzlich skeptisch gegenüberstanden, würde der Kanton Bern dem Entwurf nur unter der Voraussetzung zustimmen, dass die kantonalen und kommunalen Behörden bei der Anwendung des ISG auf die im Gesetz vorgesehenen Fachstellen des Bundes zurückgreifen können und sie diese nicht selber aufbauen müssen. Der SGV kritisierte indessen den «irreführenden Titel» sowie die mangelhafte Qualität der erläuternden Materialien. Nach seinem Vorschlag sollte das Gesetz besser «Bundesgesetz über die Informationssicherheit in Bundesbehörden und ähnlichen Organisationen» genannt werden, da es sich nicht um ein gesamtgesellschaftliches Regelwerk zu Information und Informationssicherheit handle. Im Ergebnisbericht des Vernehmlassungsverfahrens folgerte das Generalsekretariat des VBS, dass die überwiegende Mehrheit der Vernehmlasserinnen und Vernehmlasser die Schaffung eines Informationssicherheitsgesetzes begrüsst.

In seiner dem Parlament im Februar 2017 unterbreiteten Botschaft stellte der Bundesrat den Entwurf zum neuen Informationssicherheitsgesetz (ISG) vor. Im Zentrum des Gesetzgebungsprojektes stehen mit der Zusammenführung der wichtigsten Rechtsgrundlagen im Bereich der Informations- und Informatikmittelsicherheit des Bundes in einen einzigen Erlass sowie mit der Einführung einer einheitlichen Regelung für alle Behörden und Organisationen des Bundes zur Erreichung eines möglichst einheitlichen Sicherheitsniveaus zwei ambitiöse Ziele. Dazu sollen im neuen Gesetz insbesondere das Risikomanagement, die Klassifizierung von Informationen, die Sicherheit beim Einsatz von Informatikmitteln, die personellen Massnahmen und der physische Schutz von Informationen und Informatikmitteln geregelt werden. Ausdrücklich festgehalten werden soll auch der Vorrang des Öffentlichkeitsgesetzes, um zu betonen, dass das Öffentlichkeitsprinzip in der Verwaltung weiterhin uneingeschränkte Geltung haben wird. Überdies überführte der Bundesrat die Regelungen über die Personensicherheitsprüfung vom BWIS in das neue ISG und erweiterte den Geltungsbereich des militärischen Betriebssicherheitsverfahrens auf zivile Beschaffungen, um die Informationssicherheit bei der Vergabe von sicherheitsempfindlichen Aufträgen an Dritte zu gewährleisten. Die Kantone sind vom neuen Gesetz insofern betroffen, als sie bei der Bearbeitung von klassifizierten Informationen des Bundes und beim Zugriff auf seine Informatikmittel für eine gleichwertige Informationssicherheit sorgen müssen. Dazu sollen sie in einem Koordinationsorgan Einsitz nehmen.

Mit einem langen Votum eröffnete Ständerat Isidor Baumann (cvp, UR) als Sprecher der vorberatenden SiK-SR in der Wintersession 2017 die Debatte im Erstrat. Er gab dem Ratsplenum einen Einblick in die Arbeiten der Kommission und legte dar, wie sie im Verlaufe von vier Sitzungen zu ihren Entscheidungen gelangt war. Zum grossen und sehr grundsätzlichen Diskussionspunkt der Gesetzesentschlackung führte er aus, man habe sich von der Verwaltung erklären lassen, dass Umfang und Dichte der vorgeschlagenen Regulierung – der Gesetzesentwurf umfasst immerhin 92 Artikel – notwendig seien, weil die Bestimmungen für verschiedenste Behörden, darunter auch das Bundesgericht und die Nationalbank, gelten sollen und eine solche einheitliche Lösung nur auf Gesetzes- und nicht auf Verordnungsstufe erlassen werden könne. Um sich ein besseres Bild von den Auswirkungen des neuen Gesetzes machen zu können, hatte die Kommission bei der Bundesverwaltung weitere Unterlagen angefordert, so beispielsweise eine Liste der zu schliessenden rechtlichen Lücken, eine Auflistung der indirekten Auswirkungen auf die Kantone und genauere Angaben zu personellen und finanziellen Folgen. Darüber hinaus hatte sie Professor Markus Müller, Leiter der Expertengruppe, die am Anfang dieses Gesetzgebungsprojektes gestanden hatte, EDÖB Adrian Lobsiger, RK-MZF-Generalsekretär Alexander Krethlow sowie Vertreterinnen und Vertreter des Bundesgerichts, der Parlamentsdienste, der Nationalbank und der Wirtschaft angehört. Der integrale Ansatz und die angestrebte Vereinheitlichung seien am Gesetzgebungsprojekt von allen Eingeladenen gelobt worden und auch der Handlungsbedarf sei unbestritten anerkannt worden. Kritisiert worden sei die Vorlage vor allem von der Wirtschaftsvertretung, welche das Gesetz auf seine KMU-Tauglichkeit überprüft und mit der laufenden Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen abgestimmt wissen wollte. Krethlow habe indes als Kantonsvertreter die Forderung platziert, dass die Kantone für ihre Tätigkeiten im Zusammenhang mit dem Informationssicherheitsgesetz vollumfänglich vom Bund entschädigt werden sollten. Zusammen mit einer Stellungnahme des VBS hatten die in den Anhörungen vorgebrachten Vorschläge und Empfehlungen der Kommission als Grundlage für die Detailberatung gedient. Noch unklar war die Höhe der Umsetzungskosten gewesen, weil das anzustrebende Sicherheitsniveau von den Bundesbehörden erst im Rahmen des Vollzugs festgelegt werde. Der Bundesrat habe sich jedoch einverstanden gezeigt, die SiK-SR zu allen kostenrelevanten Umsetzungsstrategien und Vollzugserlassen zu konsultieren. Die SiK-SR hatte dem Entwurf sodann einstimmig zugestimmt. Nach diesen umfangreichen Erläuterungen trat der Ständerat ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein.

In der Detailberatung zeigte sich die Unbestrittenheit der Vorlage: Zu keinem der zahlreichen Änderungsanträge der SiK-SR fand eine Diskussion statt und auch der Bundesrat zeigte sich mit allen Anpassungen einverstanden. Trotz der vielen Anträge, die alle stillschweigend angenommen wurden, änderte sich inhaltlich nur wenig am Entwurf des Bundesrates. So wurde die Trinkwasserversorgung explizit in die Liste der kritischen Infrastrukturen aufgenommen und die systematische (und nicht nur vorübergehende) Verwendung der AHV-Nummer zur Identifikation von Personen, die Zugang zu Informationen, Informatikmitteln, Räumlichkeiten und anderen Infrastrukturen des Bundes haben, erlaubt. Die Bestimmung, wonach Umsetzung, Zweckmässigkeit, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit des ISG periodisch überprüft werden muss, ergänzte der Ständerat dahingehend, dass diese Überprüfung durch eine unabhängige Stelle, namentlich durch die Eidgenössische Finanzkontrolle, zu geschehen habe. Des Weiteren nahm er das Personal von Fedpol und Bundesanwaltschaft einerseits sowie dolmetschende und übersetzende Personen im Asylbereich andererseits in den Kreis jener Personen auf, die unabhängig davon, ob sie Zugang zu geschützten Informationen oder Informatiksystemen des Bundes haben, einer Sicherheitsprüfung unterzogen werden können. Ins Muster der fehlenden Kontroverse fügte sich schliesslich auch die Gesamtabstimmung ein, bei der die kleine Kammer die Vorlage einstimmig (bei vier Enthaltungen) annahm.

Wie im vergangenen Dezember schon der Ständerat und dessen sicherheitspolitische Kommission stellte im Frühjahr 2018 auch die SiK-NR Handlungsbedarf im Informationssicherheitsmanagement des Bundes fest. Anders als ihre Schwesterkommission, der die kleine Kammer widerstandslos gefolgt war, zweifelte die nationalrätliche Kommission jedoch am Mehrwert, den das Informationssicherheitsgesetz mit sich brächte. Die bedeutendsten Unbekannten im Gesetzgebungsprojekt waren nach wie vor die Kosten und der Personalaufwand im Zusammenhang mit der Umsetzung. Während sich der Ständerat mit der Zusicherung zufriedengegeben hatte, zu den Kosten später noch einmal konsultiert zu werden, beauftragte die SiK-NR die Verwaltung, die Kosten und den Personalaufwand für verschiedene mögliche Sicherheitsniveaus zu beziffern. Es wurden also drei mögliche Szenarien vorgestellt: Ambitionsniveau 1 mit Kosten von CHF 5 Mio. und 9,5 bis 15,5 zusätzlichen Stellen, Ambitionsniveau 2 mit Kosten von CHF 33 bis 58 Mio. und 42 zusätzlichen Stellen sowie Ambitionsniveau 3 mit Kosten von CHF 62 bis 87 Mio. und 78 zusätzlichen Stellen. Für die Kommissionsmehrheit standen diese beträchtlichen Kosten in einem ungenügenden Verhältnis zum Ertrag und darüber hinaus befürchtete sie, der neu geschaffene, komplexe Informationsschutzapparat könnte eine Eigendynamik entwickeln und sich zunehmend der Kontrolle durch das Parlament entziehen. Aus diesen Gründen beantragte die Mehrheit der SiK-NR ihrem Rat Nichteintreten. Eine Minderheit erachtete hingegen den gesamtheitlichen Ansatz der Vorlage als zentral, um die Informationssicherheit beim Bund zu verbessern. Sie hielt die Kosten für vertretbar, da dadurch Sicherheitslücken geschlossen und die Koordination erheblich verbessert werden könne. Einen drohenden Kontrollverlust des Parlaments sah sie nicht und beantragte folglich Eintreten. Die Eintretensdebatte gestaltete sich dementsprechend umfangreich, kontrovers und emotionsgeladen.

Die bürgerlichen Fraktionen machten sich – mit Ausnahme der BDP – für den Nichteintretensantrag stark. Die Kosten entsprächen einer «Blackbox» und es sei «unseriös», nur auf Annahmen gestützt zu entscheiden; anstatt Experimente zu machen, sollten besser bestehende Gesetze angepasst werden, um die Sicherheit zu gewährleisten, so Ida Glanzmann-Hunkeler (cvp, LU) als Vertreterin der CVP-Fraktion. David Zuberbühler (svp, AR) legte die Ansicht der SVP-Fraktion dar: Das Gesetz sei ein neues «Bürokratiemonster», biete nur «Scheinsicherheit» und sei einen konkreten Nutzennachweis bisher schuldig geblieben, weshalb es «brandgefährlich» sei, darauf einzutreten. Für die FDP-Fraktion waren vor allem die Bedenken bezüglich der Kostenfolgen ausschlaggebend dafür, dass man nicht auf das überladene Gesetz und den damit verbundenen «Blindflug» eintrete. Demgegenüber stellte BDP-Fraktionssprecherin Rosmarie Quadranti (bdp, ZH) Eintreten als alternativlos dar; angesichts des Handlungsbedarfs sei Nichtstun jetzt «fahrlässig». Priska Seiler Graf (sp, ZH) hielt als Vertreterin der SP-Fraktion eine regelrechte Brandrede für Eintreten: Das Gesetz werde dringend benötigt und es sei «fatal», dass anstelle der Sicherheitsfragen vielmehr die finanziellen Folgen im Zentrum der Beratungen in der sicherheitspolitischen Kommission gestanden hätten. Sie warf der SiK «Arbeitsverweigerung» vor und wies darauf hin, dass man nach dem Eintreten die Möglichkeit hätte, das – je nach Ansicht überladene, unberechenbare oder lückenhafte – Gesetz zu «entrümpeln». Arbeitsscheue sei in diesem Fall jedoch «geradezu verantwortungslos», denn auch ein Versäumnis ziehe unbezifferbare Kosten nach sich. Ins gleiche Horn blies auch der Grünen-Vertreter Balthasar Glättli (gp, ZH), indem er Nichteintreten als «Dienstverweigerung» bezeichnete und argumentierte, dass Informationssicherheitslecks sowohl Reputations- als auch Finanzschäden zur Folge hätten. Auch Beat Flach (glp, AG) als Sprecher der GLP-Fraktion erschien es unverständlich, weshalb trotz erkanntem Handlungsbedarf nicht eingetreten werden sollte; ein weiteres Mal fiel das Wort «Arbeitsverweigerung». Die Abstimmung ergab schliesslich 117 zu 68 Stimmen für Nichteintreten (8 Enthaltungen). Obschon die Fraktionen der BDP, der SP, der Grünen und der GLP geschlossen für Eintreten votierten, besiegelte die geballte Stimmkraft des SVP-/FDP-/CVP-Blocks mit nur drei Abweichlern den Nichteintretensentscheid.

Mit zwölf zu einer Stimme beantragte die SiK-SR ihrem Rat im Herbst 2018, am Eintreten auf das Informationssicherheitsgesetz festzuhalten. Das Gesetz sei im Auftrag des Parlamentes entstanden und berücksichtige klare Vorgaben der GPK und der GPDel, erklärte Kommissionssprecher Isidor Baumann (cvp, UR) vor dem Ratsplenum. Er fügte eine Liste von Gründen an, weshalb das Gesetz notwendig sei: Es brauche das Gesetz, um bei allen Bundesbehörden einen einheitlichen, minimalen Sicherheitsstandard zu gewährleisten, um die Kantone bei der Zusammenarbeit mit dem Bund denselben Sicherheitsvorschriften zu unterstellen, um durch die Verwendung biometrischer Daten unberechtigte Zugriffe auf die Informationssysteme des Bundes besser zu verhindern und um Personensicherheitsüberprüfungen bei Betreibenden oder Verwaltenden der kritischen Informationssysteme des Bundes durchführen zu können. Darüber hinaus könnten damit die Vertrauenswürdigkeit von Unternehmen, die sensible Aufträge für den Bund ausführten, sowie die Einhaltung der Sicherheitsstandards während der Auftragserfüllung kontrolliert werden. Das inhaltlich abgestimmte Gesetz ermögliche gegenüber dem heutigen System einen Bürokratieabbau, indem es Verantwortlichkeiten und Prozesse vereinfache und Massnahmen standardisiere, hob Baumann die Vorteile des Projektes hervor. Auch Bundesrat Guy Parmelin betonte noch einmal die Bedeutung dieses Gesetzes für die Schweiz. Stillschweigend hielt der Ständerat am Eintretensentscheid fest, womit sich nun erneut der Nationalrat mit dem Geschäft befassen wird.

Nachdem der Ständerat in der Herbstsession 2018 am Eintreten auf das Informationssicherheitsgesetz (ISG) festgehalten hatte, beriet die SiK-NR die Vorlage im Oktober desselben Jahres zum zweiten Mal. Diesmal trat sie zwar mit 17 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung darauf ein, beschloss dann aber mit 17 zu 9 Stimmen die Sistierung des Geschäftes. Unterdessen soll das VBS bis im Juni 2019 Verbesserungsvorschläge für das Gesetzgebungsprojekt ausarbeiten. Neben der inhaltlichen Abstimmung des ISG auf die NCS und der Berücksichtigung eines zukünftigen Kompetenzzentrums für Cybersicherheit verlangte die Kommission eine klare Ausweisung und Limitierung sowie die departementsübergreifende Kompensation der Umsetzungskosten. Weiter muss das VBS aufzeigen, welche Kosten im Bereich der Betriebssicherheitsverfahren auf die öffentlichen und privaten Unternehmen in der Schweiz zukommen bzw. wie eine Belastung der Unternehmen durch das neue Gesetz vermieden werden kann. Generell erwartet die Kommission einen konkreteren, einfacheren und strafferen Gesetzesentwurf.

Im Lichte der Zusatzinformationen zur Abstimmung auf die NCS, zu den Kostenfolgen sowie zu weiteren möglichen Verbesserungen der Vorlage, die die SiK-NR im Oktober 2018 vom VBS angefordert hatte, beriet die Kommission im Spätsommer 2019 das Informationssicherheitsgesetz (ISG) im Detail und nahm einige Modifikationen vor. Mit 14 zu 8 Stimmen bei einer Enthaltung wollte sie aus Gründen des Persönlichkeitsschutzes auf die vom Ständerat vorgesehene systematische Verwendung der AHV-Nummer verzichten. Als weitere Differenz zur Kantonskammer beantragte sie ihrem Rat mit 20 zu 2 Stimmen, den Bundesrat im Gesetz ausdrücklich zu verpflichten, seine Ziele und die Kosten für die Informationssicherheit den Sicherheitspolitischen Kommissionen zur Konsultation vorzulegen. Damit wollte sie verhindern, dass die Umsetzung des ISG zu hohe finanzielle und personelle Ressourcen beansprucht. Überdies entschied die Kommission einstimmig, dass die Personensicherheitsüberprüfung auch auf Dritte, die in kritischen Funktionen für die nationale Netzgesellschaft Swissgrid eingesetzt werden, angewandt werden kann, jedoch nicht auf gewählte, angehende kantonale Magistratspersonen.

In der Sommersession 2020 beugte sich der Nationalrat, nachdem er bei seiner ersten Beratung im Frühling 2018 nicht auf das Geschäft eingetreten war, zum zweiten Mal über den Entwurf zum Informationssicherheitsgesetz (ISG). Die SiK-NR hatte in der Zwischenzeit die angeforderten Verbesserungsvorschläge vom VBS bezüglich der Kosten für öffentliche und private Unternehmen, zur verstärkten Kontrolle des Parlaments bei der Anwendung und Überwachung des Gesetzes, zur Abstimmung des ISG auf die Nationale Strategie zum Schutz der Schweiz vor Cyberrisiken sowie zur Möglichkeit, den Bereich Personensicherheitsüberprüfung in einen separaten Erlass auszulagern, erhalten und diskutiert. Sie beantragte ihrem Rat nun, auf die Vorlage einzutreten. Vertreterinnen und Vertreter sämtlicher Fraktionen ausser der SVP – deren Sprecher David Zuberbühler (svp, AR) das Gesetz als «umfangreiches und komplexes Bürokratiemonster» bezeichnete und die hohen Umsetzungskosten kritisierte – betonten unisono die dringende Notwendigkeit des Gesetzes im Zeitalter der Digitalisierung und sahen die Kosten angesichts des hohen Schadenspotenzials bei Cyberangriffen als verhältnismässig an. Auch Bundesrätin Viola Amherd hob hervor, dass die Kosten zur Umsetzung des ISG «im Verhältnis zu dessen Nutzen gering und gerechtfertigt» seien, denn das ISG werde «zahlreiche wesentliche Sicherheitslücken schliessen, Einheitlichkeit schaffen und gleichzeitig die Effizienz und Wirksamkeit der bestehenden Sicherheitsmassnahmen erhöhen». Nicht zuletzt sei auch die international tätige Wirtschaft auf das Gesetz angewiesen, da sich die entsprechenden Unternehmen sonst nicht mehr zertifizieren lassen und keine Aufträge im sicherheitsrelevanten Bereich mehr ausführen könnten; «das wäre dann der Schaden für die Wirtschaft, nicht die etwas vermehrten Kosten, die sich durch dieses Gesetz ergeben», so die VBS-Chefin weiter. So trat der Nationalrat diesmal ohne Gegenantrag auf die Vorlage ein.
In der Detailberatung schuf die grosse Kammer zwei Differenzen zum Ständerat. Erstens ergänzte sie auf Antrag ihrer Kommission einen Absatz, wonach der Bundesrat seine Ziele und die Kosten für die Informationssicherheit den sicherheitspolitischen Kommissionen vorlegen muss. Damit sollen diese auf jeden Fall zu einem allfällig geplanten Wechsel des Sicherheits-Ambitionsniveaus, das vom Bundesrat festgelegt wird, konsultiert werden, weil der Wechsel auf eine höhere Sicherheitsstufe beträchtliche Mehrkosten nach sich ziehen würde. Der Bundesrat hatte diese Änderung abgelehnt, weil sie angesichts der ohnehin umfassenden Kontrollrechte des Parlaments über den Bundesrat und die Verwaltung in seinen Augen überflüssig sei, unterlag mit diesem Antrag jedoch deutlich. Zweitens schloss sich der Nationalrat in der Frage der Verwendung der AHV-Nummer als Personenidentifikator wieder dem Entwurf des Bundesrats an, nachdem der Ständerat hier weiter gegangen war und die systematische Verwendung der AHV-Nummer hatte erlauben wollen. In der bundesrätlichen Version, für die sich die Kommissionsmehrheit stark gemacht hatte, darf die AHV-Nummer einmalig zur Personenidentifikation verwendet werden, muss nach der Erzeugung einer nicht zurückrechenbaren Personennummer aber gelöscht werden. Eine Minderheit Keller-Inhelder (svp, SG), die gar keine Verwendung der AHV-Nummer erlauben wollte, und eine Minderheit Flach (glp, AG), die den ständerätlichen Beschluss stützte, blieben chancenlos – letztere sogar, obwohl sich der Bundesrat mittlerweile ebenso für die systematische Verwendung der AHV-Nummer aussprach, weil diese mit einer Revision des AHV-Gesetzes sowieso eingeführt werden sollte. Mit diesen zwei inhaltlichen Änderungen sowie einigen redaktionellen Anpassungen übergab der Nationalrat die Vorlage in der Gesamtabstimmung mit 131 zu 53 Stimmen bei einer Enthaltung – sämtliche Opposition aus der SVP-Fraktion – wieder an den Ständerat.

Nachdem der Nationalrat im zweiten Anlauf im Sommer 2020 doch noch auf das Geschäft eingetreten war, widmeten sich die eidgenössischen Räte in der Herbstsession der Differenzbereinigung beim Informationssicherheitsgesetz. Der Ständerat, der als Erstes an der Reihe war, zeigte sich in zwei Punkten nicht bereit, den Beschlüssen des Nationalrats zu folgen. Mit stillschweigender Zustimmung strich er erstens den von der Volkskammer eingefügten Absatz, dass der Bundesrat seine Ziele und die Kosten für die Informationssicherheit zwingend den sicherheitspolitischen Kommissionen zur Konsultation vorlegen muss, wieder aus dem Gesetz. Nach Ansicht der SiK-SR war diese Bestimmung überflüssig, was auch Bundesrätin Viola Amherd bekräftigte: Die Fachkommissionen könnten wie die Finanzkommission und die Finanzdelegation jederzeit verlangen, dass sie zu einem Thema konsultiert würden, und dieser Forderung werde immer nachgekommen. Zweitens hielt die Kantonskammer an ihrem Beschluss fest, dass die AHV-Nummer systematisch zur Personenidentifikation im Rahmen des Informationssicherheitsgesetzes verwendet werden darf. Eine Minderheit Zopfi (gp, GL) hatte beantragt, den Beschluss des Nationalrats zu übernehmen, dass die AHV-Nummer nur vorübergehend zur Erzeugung einer nicht zurückrechenbaren Personennummer verwendet werden darf, unterlag jedoch mit 31 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung klar. VBS-Vorsteherin Viola Amherd hatte dem Rat in Erinnerung gerufen, dass er im Juni der Änderung des AHV-Gesetzes zugestimmt habe, das den Behörden generell die systematische Verwendung der AHV-Nummer erlaube; es mache darum keinen Sinn, hier jetzt eine andere Regelung festzuschreiben. In den übrigen, redaktionellen Differenzen schloss sich der Ständerat stillschweigend dem Nationalrat an.
Die zwei vom Ständerat aufrechterhaltenen Differenzen waren anschliessend im Nationalrat hochumstritten. Während die Mehrheit der SiK-NR sich bereit erklärte, auf die ausdrückliche Erwähnung der Konsultationspflicht des Bundesrates zu verzichten, beantragte eine Minderheit Hurter (svp, SH) deren Beibehaltung. Es handle sich dabei um eine «Notbremse», um zu verhindern, dass die Kosten aus dem Ruder laufen, und er verstehe nicht, so Hurter, «warum Sie sich weigern, Informationen zu erhalten». Abgesehen von der geschlossenen SVP-Fraktion und drei Abweichlern aus der Mitte hielt die grosse Kammer diesen Passus jedoch für unnötig und strich ihn endgültig aus dem Gesetz. Während sich eine Minderheit Riniker (fdp, AG) für die systematische Verwendung der AHV-Nummer und damit die Bereinigung auch dieser Differenz starkmachte, wollte die Kommissionsmehrheit am Beschluss festhalten, dass die AHV-Nummer nur einmalig zur Erzeugung einer nicht zurückrechenbaren Identifikationsnummer verwendet werden darf und aus Gründen des Datenschutzes nachher gelöscht werden muss. Die Grundsatzfrage der systematischen Verwendung der AHV-Nummer durch alle Behörden solle im Rahmen der entsprechenden Revision des AHV-Gesetzes geklärt und nicht bereits hier vorweggenommen werden, argumentierte etwa Grünen-Sprecher Balthasar Glättli (gp, ZH). Äusserst knapp mit 90 zu 87 Stimmen bei 9 Enthaltungen erhielt die grosse Kammer diese Differenz aufrecht, womit sich der Ständerat noch einmal damit befassen muss.

Im Rahmen der Differenzbereinigung zum Informationssicherheitsgesetz (ISG) befasste sich der Ständerat in der Wintersession 2020 abermals mit der Frage, ob zur Personenidentifikation im Zusammenhang mit dem ISG die AHV-Nummer verwendet werden darf. Schon in der ersten Beratung im Dezember 2017 hatte der Ständerat die systematische Verwendung der AHV-Nummer im ISG festschreiben wollen – ein Entscheid, der vom Nationalrat seither zweimal wieder umgestossen worden war, zuletzt im September 2020, jedoch nur noch mit sehr knapper Mehrheit. Eine Minderheit Zopfi (gp, GL) beantragte im Ständerat erneut, aus Datenschutzgründen auf die direkte Verwendung der AHV-Nummer zu verzichten und stattdessen eine aus der AHV-Nummer abgeleitete Identifikationsnummer zu verwenden. Mit 30 zu 10 Stimmen bei einer Enthaltung hielt der Ständerat jedoch an seinem Beschluss fest, die Nutzung der AHV-Nummer als Identifikator zu erlauben. Die gleiche Konstellation – die Kommissionsmehrheit beantragte Zustimmung zur Verwendung der AHV-Nummer, eine Minderheit Porchet (gp, VD) deren Ablehnung – zeigte sich daraufhin auch im Nationalrat. Nachdem dieser aber zwei Tage zuvor der Revision des AHV-Gesetzes zugestimmt hatte, das neu allen Behörden die systematische Verwendung der AHV-Nummer als Identifikator erlaubt, machte eine andere Entscheidung beim ISG nicht mehr viel Sinn. Diese Geschichte sei «leider gelaufen» und die Abstimmung jetzt nur noch «für die Galerie», fasste Thomas Hurter (svp, SH) als Sprecher der SVP-Fraktion, die sich bislang auch gegen die Verwendung der AHV-Nummer ausgesprochen hatte, die Lage zusammen. So schloss sich die grosse Kammer mit 140 zu 46 Stimmen dem Beschluss des Ständerates an und räumte die letzte Differenz aus. In den Schlussabstimmungen nahm der Ständerat das ISG einstimmig an, der Nationalrat hiess es mit 141 zu 53 Stimmen bei einer Enthaltung gut. Abgelehnt hatte es die geschlossene SVP-Fraktion, weil sie die Unklarheit über die Umsetzungskosten bemängelte.