Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang (Umsetzung der Masseneinwanderungs-Initiative; Mo. 19.3239)

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Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang forderte Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) im März 2019 in einer Motion. Nicht beim RAV gemeldete Menschen mit Beeinträchtigungen aus Krankheit, Unfall oder Behinderung könnten bisher nicht vom Inländervorrang profitieren, obwohl sie sehr viel häufiger vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen seien als Personen ohne Behinderung. Der zur Umsetzung der Masseneinwanderungsinitiative geschaffene Inländervorrang – die Stellenmeldepflicht im Ausländer- und Integrationsgesetz – solle daher auf die Stellensuchenden der IV ausgedehnt werden. Dazu müssten IV-Stellen Zugang zu den Meldungen an das RAV erhalten, wodurch sie den Arbeitgebenden passende Dossiers rechtzeitig melden könnten, erklärte die Motionärin. Geeignete Stellensuchende müssten dann zu einem Bewerbungsgespräch oder zu einer Eignungsabklärung eingeladen werden.
Mit dieser Forderung traf Bruderer Wyss allseits auf offene Ohren. Der Bundesrat beantragte die Motion zur Annahme und erklärte, er werde sie in die Gesamtrevision des Arbeitslosenversicherungsgesetzes integrieren. Der Ständerat stimmte der Vorlage in der Sommersession 2019 stillschweigend zu.

Keine Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang forderte die Motion Bruderer Wyss (sp, AG). Ihre Forderung, die Stellenmeldepflicht auch auf die Stellensuchenden der IV auszudehnen, fand in der SPK-NR mit 19 zu 4 Stimmen weitgehend Anklang. Eine Minderheit Jauslin (fdp, AG) argumentierte jedoch, dass der Zugang zu den RAV auch IV-Beziehenden offenstehe und ein weiterer Ausbau der Bürokratie durch Annahme der Motion daher nicht nötig sei.
Seine Argumentation führte der Minderheitensprecher im Rahmen der Beratung des Geschäfts durch den Nationalrat in der Frühjahrssession 2020 weiter aus: Eine Ausweitung der Stellenmeldepflicht von Problemberufen auf andere Problemfelder wie die Invalidenversicherung sei «nicht im Sinne der Masseneinwanderungs-Initiative». Zwar könnten Personen, die bei der IV, nicht aber bei einem RAV angemeldet seien, in der Tat nicht vom Inländervorrang profitieren, genauso ginge es aber allen anderen stellensuchenden Personen, die nicht bei einem RAV angemeldet seien. Da die Regierung diesbezüglich schlanke Massnahmen versprochen habe – was er als praxisnahe Regelung ohne Zusatzaufwand für die Wirtschaft verstehe –, zog Jauslin seinen Minderheitsantrag zurück. Stillschweigend nahm der Nationalrat somit die Motion an.

Im August 2022 publizierte der Bundesrat den Bericht in Erfüllung der Motion Bruderer Wyss (sp, AG) gegen Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang. Die Motion stellte insofern eine Herausforderung dar, als der Zugang zum Informationsvorsprung durch die Stellenmeldepflicht «in die bestehenden Prozesse der IV und der Öffentlichen Arbeitsvermittlung (öAV) eingebettet» werden musste. Zur Erfüllung der Motion seien zuerst grundlegende Fragen geklärt und anschliessend zwei Massnahmen erarbeitet worden, erläuterte der Bundesrat im Bericht. So sei eine Situationsanalyse der Interinstitutionellen Zusammenarbeit (IIZ) vorgenommen und die Vermittlungstätigkeiten für IV-Stellensuchende untersucht worden. Aufgrund dieser Analysen entschied die Regierung, den Zugang der Stellensuchenden der IV zu erleichtern, indem vermittlungsfähige, von der IV betreute Personen erleichtert ein Login zur Stellenplattform erstellen und somit den Informationsvorsprung durch die Stellenmeldepflicht nutzen können. Zudem sollen mit Zustimmung der Betroffenen auch die IV-Beratenden Zugang zum Informationsvorsprung erhalten.

Zur Erfüllung der Motion von Pascale Bruderer Wyss (sp, AG) gegen Ausgrenzung der Stellensuchenden der IV beim Inländervorrang hatte der Bundesrat den Zugang der Stellensuchenden der IV zur Stellenplattform durch eine einfachere Erstellung eines Logins zu erleichtern versucht. Zudem sollten mit Zustimmung der Betroffenen auch die IV-Beratenden Zugang zum Informationsvorsprung erhalten. Damit erachtete der Bundesrat die Motion als erfüllt und beantragte ihre Abschreibung. Stillschweigend stimmten National- und Ständerat diesem Antrag in der Sommersession 2023 zu.