Année politique Suisse 1970 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
Kantonale Parlamentswahlen
In
fünf Kantonen war die Legislative zu erneuern. Dabei kam in drei innerschweizerischen Kantonen eine leichte Bewegung nach rechts, in der Waadt dagegen eine solche nach links zum Ausdruck; in Bern zeigte sich ein Zug von den grössten Parteien weg zu den kleineren. In Obwalden und Nidwalden, wo noch überall nach dem Majorzverfahren gewählt wird, konnten die Konservativen ihre absolute Vormachtstellung verstärken
[4].
In Zug, wo ein neues Wahlgesetz die Proporzgerechtigkeit verfeinert hatte, standen die Konservativ-Christlichsozialen wie bei den gleichzeitigen Ständeratswahlen unter starkem Beschuss. Die absolute Mehrheit blieb ihnen knapp erhalten, Hauptgewinner waren aber nicht die Freisinnigen, sondern die Nationale Aktion für Volk und Heimat, die damit in ein zweites Kantonsparlament einzog. Die Sozialdemokraten büssten Mandate ein
[5].
In der Waadt setzte sich — mindestens bei den grösseren Parteien — der seit der Einführung des Frauenstimmrechts zu beobachtende Trend fort: Einbussen der bürgerlichen Parteien, Wachstum der Sozialisten. Die kleineren Parteien, auch das kommunistische POP, blieben dagegen stationär. Die Stimmbeteiligung nahm gegenüber 1966 von 40,6 auf 42,5 % zu, was der erstmaligen Zustellung aller Parteilisten und einer Orientierungsbroschüre durch den Staat zugeschrieben wurde. Die Zahl der weiblichen Abgeordneten stieg von 14 auf 22
[6].
1m Kanton Bern bröckelte die Position der beiden stärksten Parteien leicht ab; bei der BGB hielt sich die Veränderung im Rahmen einer geringfügigen Pendelbewegung von Wahl zu Wahl, bei den Sozialdemokraten setzte sich der frühere Rückgang fort. Die Freisinnigen machten die 1966 hauptsächlich durch Proporzpech erlittenen Verluste teilweise wett. Dem Landesring gelang auf bernischem Boden der einzige kantonale Wahlerfolg des Jahres. Die PdA, die sich seit 1954 nicht mehr an bernischen Grossratswahlen beteiligt hatte, versuchte es im Amt Delsberg in Listenverbindung mit den Sozialisten, jedoch ohne Erfolg; es ging hier sogar den sozialistischen Partnern, die von der kantonalen Parteileitung desavouiert worden waren, ein Mandat verloren. Der im allgemeinen flaue Wahlkampf wurde in der Stadt Bern durch die Aufstellung von Wandzeitungen belebt; in dieser wie auch in andern Werbeformen kam eine vermehrte Aktivität selbständiger oder parteigebundener Jugendgruppen zum Ausdruck. Während die, in der Hauptstadt mit einer eigenen Liste vorgehenden Jungfreisinnigen einen Sitz eroberten, verlor das Junge Bern, dessen populärster Vertreter, K. Schädelin, nicht mehr kandidierte, die Hälfte seiner Mandate. Die Stimmbeteiligung sank im Kanton von 66,7 % im Jahre 1966 auf 63,3 %
[7].
[4] Ergebnisse der Kantonsratswahlen in Obwalden vom 10./24.5.70: Konservative 30 (1966: 26), Christlichsoziale 6 (3), Liberale (FDPS) 8 (7), Parteilose 1 (2). Die Gesamtzahl der Mandate wurde von 38 auf 45 erhöht. Vgl. Vat., 107, 11.5.70; 118,.25.5.70; NZZ (sda) 235, 25.5.70. — Ergebnisse der Landratswahlen in Nidwalden vom Mai 1970: Konservativ-Christlichsoziale 41 (1966: 36), Liberale (FDPS) 18 (20), Sozialdemokraten 1 (1), Parteilose 0 (3). Vgl. Statistisches Jahrbuch der Schweiz, 1970, S. 546 f.; NZZ (sda), 246, 1.6.70; SPJ, 1966, S. 21.
[5] Ergebnisse der zugerischen Kantonsratswahlen vom 22.11.70: Nationale Aktion 3 (1966: —), Konservativ-Christlichsoziale 41 (44), Freisinnige 25 (23), Landesring 1 (1), Sozialdemokraten 8 (10). Vgl. Vat., 272, 23.11.70; 274, 25.11.70; NZ, 541, 23.11.70; SPJ, 1966, S. 21. — Die Nationale Aktion hatte bereits am 8.11 drei von den 40 Sitzen im Grossen Gemeinderat von Zug erobert (NZ, 517, 9.11.70; Vat., 261, 10.11.70). Zu ihrem ersten kantonalen Erfolg in Baselstadt vgl. SPJ, 1968, S. 29.
[6] Wahlen vom 1.3.70 (GdL, 50, 2.3.70; 51, 3.3.70; NZ, 101, 3.3.70; NZZ, 102, 3.3.70; PS, 52, 5.3.70). Vgl. SPJ, 1966, S. 22.
[7] Ergebnisse der bemischen Grossratswahlen vom 3.5.70: BGB 80 (1966: 81; 1962: 78), Christlichsoziale 10 (11; 10), unabhängige Christlichsoziale 1 (1; 1), Freisinnige 36 (33; 39), Jungfreisinnige 1 (—; —), unabhängige Liberalradikale (separatistisch) 1 (1; —), Evangelische 1 (—; 1), Landesring 5 (3; 1), Junges Bern 2 (4; 2), Sozialdemokraten 63 (66; 68). Vgl. NZ, 182, 22.4.70; PS, 91, 23.4.70; Lb,.96, 28.4.70; NZZ, 198, 30.4.70; Tw, 102, 4.5.70; 103, 5.5.70; Bund, 103, 5.5.70; 121, 28.5.70; ferner SPJ, 1966, S. 21 f. Zu den Ergebnissen im Jura vgl. oben, S. 27. Anm. 134.
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