Année politique Suisse 1970 : Grundlagen der Staatsordnung / Wahlen
Kantonale Exekutivwahlen
In sieben Kantonen fanden Gesamterneuerungswahlen für die Exekutive statt: gleichzeitig mit den Parlamentswahlen in der Waadt, in Bern und in Zug sowie ausserdem in Ob- und Nidwalden und in beiden Appenzell, wo die Landsgemeinde als Wahlorgan fungiert. Die parteipolitische Zusammensetzung der Regierung blieb bei allen diesen Neubestellungen stabil.
Umkämpft waren die Staatsratswahlen in der
Waadt, wo der zum Bundesrat aufgestiegene Sozialist P. Graber ersetzt werden musste. Zwar beanspruchte diesmal keine bürgerliche Partei einen weiteren Sitz, doch portierte das nicht in der Regierung vertretene POP Nationalrat Forel. Im ersten Wahlgang waren die fünf bürgerlichen Kandidaten erfolgreich, die beiden Sozialisten blieben dagegen unter dem absoluten Mehr, allerdings mit deutlichem Abstand vor Forel. Dieser konnte immerhin gegenüber früheren Anläufen einen erheblichen Stimmenzuwachs verbuchen; er überliess jedoch den Sozialisten ohne zweiten Wahlgang das Feld
[8].
Die Regierungswahlen in
Bern und
Zug waren unbestritten, wenn man von der Stimmenthaltungsparole der jurassischen Separatisten absieht
[9].
In Obwalden versuchte der Christliche Jungbürgerverband erfolglos, einen jüngeren Konservativen gegen die offiziellen Kandidaten der Parteien durchzubringen. Die Landsgemeinde von Appenzell Innerrhoden machte vom Amtszwang Gebrauch, indem sie dem Regierenden Landammann Mittelholzer den Rücktritt aus der Exekutive verweigerte. Praktisch kampflos verliefen die Erneuerungswahlen in Appenzell Ausserrhoden und Nidwalden
[10].
In einigen weiteren Kantonen waren infolge von Rücktritten Ersatzwahlen in die Regierung durchzuführen. In zwei Fällen wurde der Partei des Demissionärs der vakante Sitz streitig gemacht.
In
Glarus geschah dies mit Erfolg: hier kämpften drei Parteien um die Nachfolge eines Demokraten; dabei siegte der freisinnige Kandidat über einen demokratischen und einen sozialdemokratischen Mitbewerber und verschaffte damit seiner Partei eine Vorrangstellung im Exekutivkollegium. Es war dies die letzte glarnerische Regierungsratswahl mit offenem Handmehr, denn die Landsgemeinde stimmte gleichzeitig einem freisinnigen Antrag zu, der für die Bestellung der Regierungsräte die Urnenwahl verlangte
[11].
In
Zürich versuchten die Sozialdemokraten vergeblich, den durch die Wahl E. Bruggers in den Bundesrat freigewordenen Sitz den Freisinnigen abzunehmen und ihre 1963 verlorene Zweiervertretung wiederherzustellen; ihr Kandidat, Nationalrat Renschler, vermochte sich gegen den von allen bürgerlichen Parteien unterstützten Operations Research-Spezialisten Prof. H. Künzi nicht durchzusetzen
[12].
[8] Wahlen vom 1.3.70: Die bürgerlichen Kandidaten (1 Liberaler, 1 PAI, 3 Radikale) erzielten zwischen 68 039 und 70 101 Stimmen, die Sozialisten 41 525 und 43 806, Forel 30 444 (GdL, 44, 23.2.70; TLM, 61, 2.3.70; Bund, 51, 3.3.70; VO, 53, 6.3.70; PS, 54, 7.3.70; ferner SPJ, 1966, S. 22).
[9] Bern: Wahlen vom 3.5.70 (Bund, 102, 4.5.70; NBZ, 102, 4.5.70; vgl. auch oben, S. 27. — Zug: Wahlen vom 22.11.70 (Vat., 272, 23.11.70; NZZ, 553, 27.11.70).
[10] NZZ, 187 u. 188, 24.4.70; 191 u.192, 27.4.70; Ostschw., 96, 27.4.70.
[11] NZZ, 212 u. 213, 11.5.70. Zusammensetzung der Glarner Regierung nach der Landsgemeinde vom 10.5.70: 2 Konservativ-Christlichsoziale, 3 Freisinnige, 1 Demokrat, 1 Sozialdemokrat.
[12] NZZ, 52 u. 53, 2.2.70; AZ, 25, 2.2.70.
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