Année politique Suisse 1977 : Infrastruktur und Lebensraum
Boden- und Wohnwirtschaft
Mis en procédure de consultation, le nouveau projet de loi fédérale sur l'aménagement du territoire trouve un écho généralement positif — Les citoyens de Bâle-Ville acceptent le prélèvement de la plus-value — Les demandes d'indemnisation lors de modification de l'affectation des zones grèvent les caisses communales et rendent la planification cantonale difficile. Des résistances s'expriment à l'encontre du plan d'aménagement du canton de Zurich — Différents comités d'action s'opposent à la désaffectation croissante de logements à bas prix situés au centre des villes — Les initiatives paysanne et socialiste semblent ne pas pouvoir recueillir un nombre suffisant de signatures — La validité de l'arrêté fédéral sur l'acquisition d'immeubles par des étrangers est prolongée de cinq ans — De nombreuses infractions à la «Lex Furgler», sont découvertes — Le Conseil des Etats approuve le développement des prestations d'assistance dans le cadre de la loi fédérale concernant l'amélioration du logement dans les régions de montagne — Malgré la baisse de l'intérêt hypothécaire et le haut niveau d'appartements inoccupés, le prix des loyers est resté le même dans neuf cas sur dix — La législation contre les abus dans le secteur locatif est prorogée jusqu'en 1982 — Rejet, en votation populaire, de l'initiative pour une protection efficace des locataires et du contre-projet du Conseil fédéral — Grève des loyers et adoption d'une initiative pour la protection des locataires à Genève.
 
Raumplanung
In der Raumplanung ist ein neuer Versuch angelaufen, den verfassungsmässigen Auftrag zu einer zweckmässigen Nutzung des Bodens und der geordneten Besiedelung des Landes in einem Bundesgesetz zu verankern. Ein Jahr nach dem Nein zur ersten Vorlage ging der neue Entwurf in die Vernehmlassung. Er fand ein mehrheitlich positives Echo.
Schon im Frühjahr lösten verschiedene Gruppierungen ihr Versprechen zu konstruktiver Mitarbeit ein und legten eigene Entwürfe vor. Ende Januar trat das ehemalige «Schweizerische Aktionskomitee gegen die Raumplanung», in welchem sich Hauseigentümer, Gewerbler, bäuerliche Kreise und federführend das Redressement national vereinigten, mit einem 18 Artikel umfassenden «Kerngesetz» an die Öffentlichkeit. Ihm folgten eine Woche später die Waadtländer Liberalen. Beide Gruppierungen präsentierten extrem föderalistische und eigentumsfreundliche Lösungen, die nach Ansicht vieler Kommentatoren eine wirksame Raumplanung letztlich verunmöglichten [1]. Die rege Aktivität der Abstimmungssieger des Vorjahres rief aber auch die Verlierer auf den Plan. Mehrere Organisationen legten materielle Grundsätze vor, die es unbedingt in den neuen Erlass hinüberzuretten gelte. So betonte beispielsweise die Schweizerische Gesellschaft für Landschaftspflege die Notwendigkeit, Fluss- und Seeufer, Waldränder und andere Landschaften von besonderer Schönheit und Eigenart aus Bauzonen auszuschliessen [2].
Am 30. Juni wurde das Vernehmlassungsverfahren eingeleitet. Im neuen Text fehlen die umstrittenen Artikel über die Leitbilder, die Bundesrichtlinien und die planerische Enteignung. An die Stelle einer bundesgesetzlich geregelten Mehrwertabschöpfung tritt eine abgeschwächte kantonale Lösung. Die Kantone werden lediglich verpflichtet, in ihrer Gesetzgebung angemessene Abgaben für erhebliche Planungsmehrwerte vorzusehen. Damit entfällt auch der volkswirtschaftliche Ausgleich zugunsten der Landwirtschaft. Allgemein sind die Kompetenzen des Bundes stark beschnitten worden. Der Bund fixiert zwar Planungsgrundsätze, die umschreiben, nach welchen Wertungen zu planen sei; er koordiniert die kantonalen Richtpläne, setzt Fristen und ordnet das Verfahren im Streitfall. Zudem besitzt er die Möglichkeit, für besonders schützenwerte Gebiete vorübergehend Schutzzonen zu verfügen. Die eigentliche Durchführung der Raumplanung bleibt aber Sache der Kantone. Dem Bund fehlt die Befugnis, einschneidende Sanktionen zu ergreifen [3].
Mit der Bemerkung des Delegierten für Raumplanung, M. Baschung, das neue Gesetz stelle ein politisches Optimum dar, gingen denn auch vor allem die Gegner der ersten Vorlage einig [4]. Mit Genugtuung wurde festgestellt, dass den im Abstimmungskampf geäusserten Einwänden zu einem guten Teil Rechnung getragen worden sei. Der zentralistische Charakter sei abgebaut, die Richtplanung auf wesentliche Grundzüge beschränkt und die Rechte der Eigentümer durch den Verzicht auf den Enteignungsartikel gewahrt [5]. Weit skeptischer äusserte sich die politische Linke. Dem Schweizerischen Gewerkschaftsbund gingen die Konzessionen eindeutig zu weit. Mit ihm bezweifelte Nationalrat A. Muheim (sp, LU), Präsident der nationalrätlichen Kommission bei der ersten Vorlage, dass mit dem neuen Gesetz der verfassungsmässige Auftrag noch erfüllt werden könne [6]. Recht stark auseinander gingen die Meinungen der Fachleute. Der Direktor der Schweizerischen Vereinigung für Landesplanung, R. Stüdeli, sprach von einem «wohlausgewogenen Entwurf». In einer Vernehmlassung von 33 wissenschaftlichen Mitarbeitern des ORL-Instituts der ETH Zürich wurde das neue Gesetz hingegen als «Rückfall hinter das schon Erreichte» bezeichnet [7]. Bis Ende Jahr sind beim EJPD mehr als 2000 Anregungen und Vorschläge eingegangen. Drei Viertel der Vernehmlasser äusserten sich positiv, unter ihnen die Mehrheit der Kantone, Parteien und Verbände [8]. Die politische Wetterlage für den neuen Gesetzesentwurf darf so als «vorwiegend heiter» bezeichnet werden.
Dass der Verzicht auf einschneidende Planungsinstrumente im eidgenössischen Raumplanungsgesetz nicht unbedingt auf die kantonale Gesetzgebung abfärben muss, demonstrierten die Stimmbürger des Kantons Basel-Stadt. Sie stimmten einer Ergänzung zum Hochbaugesetz zu, die es ermöglicht, bei Umzonungen entstehende Mehrwerte abzuschöpfen [9]. Stärker als die Abschöpfung von Mehrwerten wird die Behörden in Zukunft aber die Entrichtung von Entschädigungen beschäftigen. In zahlreichen Gemeinden wurden in der Zeit der Wachstumseuphorie und auf der Basis falscher Bevölkerungsprognosen Bauzonen ausgeschieden, deren Umfang den tatsächlichen Bedarf an baureifem Land bei weitem übersteigt. Um der fortgeschrittenen Zersiedelung Einhalt zu bieten, müsste ein Teil des Landes wieder ausgezont werden [10], Die sich daraus ergebenden Entschädigungsansprüche der Grundbesitzer übersteigen aber die finanziellen Möglichkeiten ärmerer Gemeinden und wirken so als Hemmschuh für eine realistische und umweltfreundliche Kantonsplanung. In den kantonalen Richtplänen wird auf die notwendige Redimensionierung des Siedlungsgebietes verzichtet [11].
Wie schwierig es ist, in kantonalen Gesamtplänen den Bedürfnissen und Interessen der nachgeordneten Planungsträger vollumfänglich Rechnung zu tragen, bewiesen die Reaktionen auf den Gesamtplan des Kantons Zürich. Verschiedene regionale Planungsgruppen opponierten gegen das im Richtplan verankerte Leitbild ihrer Region. Unzufrieden waren aber auch die Stadtzürcher Behörden. Sie kritisierten, dass die in einer eigenen Studie über die städtischen Entwicklungsvarianten (Jürgensen-Bericht) formulierten Ziele nicht in den Gesamtplan aufgenommen worden waren [12].
Die Zukunft der Stadt beschäftigt neben den Politikern und Fachleuten [13] immer mehr auch die Direktbetroffenen. In Basel, Bern, Freiburg, Lausanne und Zürich demonstrierten Quartiervereine und Aktionsgruppen gegen die zunehmende Verdrängung preisgünstiger Wohnungen aus dem Stadtkern. Eine Bürgerinitiative in Genf verhinderte dabei den Abbruch eines ganzen Wohnquartiers. In zahlreichen Städten sind zudem sog. «Arbeitsgruppen für wohnliche Städte» entstanden, die sich eine bessere Anpassung der Stadtentwicklung an die Bedürfnisse der Beplanten zum Ziele setzen [14].
 
Bodenrecht
Reformen im Bodenrecht stossen von jeher auf grossen Widerstand. Der Enteignungsartikel ist aus dem neuen Raumplanungsgesetz gestrichen worden. Neben ihm scheinen zwei weitere Versuche zu scheitern, die individualistische Eigentumsordnung zu durchbrechen und den Boden in stärkerem Masse kollektiven Interessen zu unterstellen. Für die von bäuerlichen Dissidenten aus der Westschweiz lancierte Initiative «für ein spekulationsfreies Grundeigentum» konnten innerhalb von zwei Jahren lediglich 30 000 Unterschriften gesammelt werden. Ein ähnlich schwaches Echo fand die Bodenrechtsinitiative der Sozialdemokraten. Im Gegensatz zur SPS scheint das bäuerliche Initiativkomitee den Kampf allerdings nicht aufzugeben. Nach dem neuen Initiativrecht sind bis Ende 1979 100 000 Unterschriften beizubringen [15].
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Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland
Der 1961 erlassene und in der Zwischenzeit mehrmals revidierte Bundesbeschluss über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland ist zu einem ausserordentlich dauerhaften Provisorium geworden. Um die bodenpolitische Überfremdung im Griff zu behalten, hatte der Bundesrat Ende 1976 eine Verlängerung um weitere fünf Jahre vorgeschlagen. Damit sollte auch Zeit für die Ausarbeitung eines entsprechenden Gesetzes gewonnen werden. Ein den Kantonen zur Vernehmlassung zugestellter Revisionsentwurf hatte noch vorgesehen, die Bundesanwaltschaft in die Strafverfolgung gegen Umgehungsgeschäfte einzubeziehen. Da nicht weniger als zehn Kantone gegen eine derartige Verschärfung der Bundesaufsicht opponierten, wurde aber schliesslich darauf verzichtet [16]. Auf Antrag ihrer Kommissionen stimmten beide Räte einer Verlängerung des unveränderten Erlasses zu. Den Befürwortern einer Lockerung der geltenden Bestimmungen wurde entgegengehalten, dass sich die Frage nicht auf einen Zielkonflikt zwischen «Ausverkauf der Heimat» und Interessen des Fremdenverkehrs reduzieren lasse. Der ohne «Lex Furgler» zu erwartende Bauboom könnte sich letztlich gegen den Tourismus auswirken: «Zuerst fehlen die Kühe, nachher auch die Gäste» [17].
Dass trotz gebremstem Wirtschaftswachstum und hohem Frankenkurs die Nachfrage nach Schweizer Boden unvermindert anhält, zeigte die Mitte Jahr veröffentlichte Statistik über den Erwerb von Grundstücken durch Personen im Ausland. 1976 sind 3600 Erwerbsgesuche bewilligt worden. Die Zahl liegt 25 % über dem Vorjahreswert und ist die zweithöchste seit Einführung der Bewilligungspflicht (1961) [18]. Dabei sagt die Anzahl der offiziell erteilten Bewilligungen bei weitem nicht alles. Eine Untersuchung der Eidg. Justizabteilung über den Grundstückerwerb durch Ausländer im Kanton Schwyz hat in 35 von 64 Fällen Anhaltspunkte für Widerhandlungen gegeben. Verstösse gegen die «Lex Furgler» wurden zudem in den Kantonen Bern, Graubünden, Tessin und Wallis aufgedeckt [19]. Grösseres Aufsehen erregte aber ein Immobilienskandal anderer Art. In der Genfer Vorortsgemeinde Plan-les-Ouates wurde die unlautere Geschäftsführung der früheren freisinnigen Gemeindebehörden publik. Obwohl sich die Parteileitung des Genfer Freisinns mit aller Entschiedenheit von Parteimitgliedern distanzierte, die «Radicalisme» mit «Affairisme» verwechselten, gelang es ihr nicht, das angeschlagene Image der Partei rechtzeitig vor den kantonalen Wahlen wieder aufzupolieren. Die FDP erlitt eine schwere Wahlniederlage [20].
 
Wohnungsbau
Der Wohnungsbau verlief weiterhin rückläufig. Im ersten Halbjahr 1977 wurden 27% weniger Wohnungen erstellt als im Vorjahr. Nach Schätzungen des Bundesamtes für Wohnungswesen sollte damit allerdings die Talsohle in der Wohnbauwirtschaft erreicht worden sein. Die Daten betreffend Baubewilligungen, im Bau befindliche Wohnungen und Baukredite lassen auf eine allmähliche Erholung schliessen [21]. Um den Aufschwung zu beschleunigen, wurde der Bundesrat in einem Postulat aufgefordert, die 1976 im Rahmen des dritten Arbeitsbeschaffungsprogrammes lancierte Aktion zur Erneuerung bestehender Wohnungen mittels Kapitalzuschüssen zu verlängern. Mit dem ersten Kredit von 50 Mio Fr. war nach Anlaufschwierigkeiten innert Jahresfrist ein Bauvolumen von 430 Mio Fr. ausgelöst worden [22].
Eher sozialpolitische Ziele verfolgt das 1970 erlassene Bundesgesetz über die Verbesserung der Wohnverhältnisse in Berggebieten. Zwischen Berggebieten und Talregionen besteht immer noch ein grosses Wohnwertgefälle, das sich sowohl in der Wohnausstattung als auch in der Belegungsdichte pro Wohneinheit äussert. Mit dem Wohnungsbauartikel 34sexies war 1972 die verfassungsmässige Basis für den Ausbau der bisherigen Hilfeleistung geschaffen worden. In seiner Botschaft an die Räte empfahl der Bundesrat deshalb, den Kreis der Beitragsberechtigten zu erweitern und die Bundesbeiträge je verbesserte Wohnung an die Teuerung anzupassen. Im Prioritätsrat (StR) wurde der Vorlage oppositionslos zugestimmt. Sie sichert Bundesleistungen von 12-14 Mio Fr. bis Ende 1980 zu [23]. Schwieriger abzuschätzen ist die sozialpolitische Auswirkung der staatlichen Eigentumsförderung. Eine Einfache Anfrage von Nationalrat R. Dafllon (pda, GE) nach der sozialen Herkunft der im Rahmen des Wohn- und Eigentumsförderungsgesetz zu Hauseigentümern gewordenen Empfänger von Bundesbeiträgen konnte vom Bundesrat nicht beantwortet werden. Die Landesregierung wies aber darauf hin, dass aufgrund des gleichen Gesetzes für zahlreiche Alters- und Invalidenwohnungen Beiträge an die Erstellungskosten gewährt worden sind [24].
 
Mietwesen
Die kommunizierende Röhre zwischen Wohnungsbau und Mietwesen blieb auch 1977 einseitig verstopft. Trotz hohen Leerwohnungsbeständen und sinkenden Hypothekarzinsen ist eine marktgerechte Verbilligung der Mietzinsen in neun von zehn Fällen ausgeblieben. Abschläge bei 13% der statistisch erfassten Mieten genügten allerdings, um den Mietpreisindex erstmals seit 35 Jahren unter den Stand der Vorerhebung zu bringen [25].
In Übereinstimmung mit Bundesrat und Nationalrat beschloss die Kleine Kammer eine Verlängerung der Missbrauchsgesetzgebung im Mietwesen um weitere fünf Jahre. In den leicht verschärften Bestimmungen wird den Mietern neu das Recht zugesprochen, bei einer wesentlichen Änderung der Berechnungsgrundlage ihren Mietzins als missbräuchlich anzufechten. Am Tag des Inkrafttretens des neuen Beschlusses (7. Juli) war allerdings noch nicht klar, ob die im Frühjahr erfolgte Hypothekarzinssenkung bereits darunter falle. Im Gegensatz zur Meinung des Hauseigentümerverbandes und eines Teils der Schlichtungsstellen vertrat das Bundesamt für Wohnungswesen die Ansicht, eine rückwirkende Anwendung des Erlasses sei möglich [26].
Gleichzeitig mit der Zustimmung zum Missbrauchsbeschluss empfahl der Ständerat das aus welschen Mieterschutzkreisen lancierte Volksbegehren « für einen wirksamen Mieterschutz» zur Ablehnung und hiess den Gegenvorschlag des Bundesrates gut. Die Anträge zweier Westschweizer Parlamentarier, dem angespannten Wohnungsmarkt in einzelnen Regionen Rechnung zu tragen und den Gegenvorschlag mit einem Kündigungsschutz zu erweitern, blieben erfolglos. Die Initiative forderte eine umfassende Mietzinskontrolle mit Bewilligungspflicht für Erstvermietungen sowie eine Erweiterung des Kündigungsschutzes. Der Gegenvorschlag begnügte sich damit, das Einschreiten gegen Missbräuche vom Kriterium der Wohnungsnot unabhängig zu machen [27].
Initiative und Gegenvorschlag kamen am 25. September zur Abstimmung. Die meisten bürgerlichen Parteien, die Arbeitgeberverbände und der Schweizerische Hauseigentümerverband hatten sich im Abstimmungskampf für den Gegenvorschlag entschieden. Sämtliche Linksparteien und die Nationale Aktion, Mieterschutzorganisationen, der Schweizerische Gewerkschaftsbund und der Pächterverband unterstützten das Volksbegehren. Ein doppeltes Nein empfahlen die Liberaldemokraten, die Republikaner und die Westschweizer Hauseigentümer [28]. Die Gegner staatlicher Eingriffe in den Wohnungsmarkt versuchten die Initiative als Angriff auf die soziale Marktwirtschaft und das Privateigentum zu entlarven. Sie warnten vor einer weiteren Bürokratisierung des Mietwesens, die den Verwaltungsapparat aufblähen, die Privatinitiative lahmlegen und das bestehende Überangebot an Wohnungen in eine allgemeine Wohnungsnot verwandeln würde [29]. Demgegenüber betonten die Befürworter der Initiative die schwache Position der Mieter im sog. freien Wohnungsmarkt. Nachdem die Vermieter jahrelang den bestehenden Wohnungsmangel bei der Auswahl der Mieter und der Preisgestaltung zu ihren Gunsten ausgenützt hätten, seien sie nun nicht bereit, Mietzinsen und Vermietungspraxis der veränderten Situation anzupassen [30].
Die Abstimmung endete mit einer Überraschung. Zwar wurde die Initiative «für einen wirksamen Mieterschutz» wie erwartet verworfen. Annehmende Mehrheiten gab es nur in den drei Westschweizer Kantonen Genf, Neuenburg und Waadt sowie im Kanton Basel-Stadt [31]. Abgelehnt wurde aber auch der von den Gegnern der Initiative kaum bestrittene Gegenvorschlag der Bundesversammlung [32]. Während einige Kommentatoren im Resultat eine deutliche Absage an jegliche Art von Staatsintervention im Wohnungswesen erblickten [33], machten andere mit Recht darauf aufmerksam, dass sich im doppelten Nein weniger der Wille zur Zementierung des gegenwärtigen Zustandes als die Eigenheit des Abstimmungsverfahrens widerspiegle. Weil der gültige Abstimmungsmodus ein Ja zur Initiative und zum Gegenvorschlag verbietet, wurden die Befürworter einer Neuerung auf die beiden Vorlagen aufgesplittert. Obwohl sich 86% der Stimmbürger gegen den Status quo ausgesprochen haben, bleibt in Sachen Mieterschutz auf eidgenössischer Ebene vorläufig alles beim alten [34].
Mehr Erfolg hatte eine Mieterschutz-Initiative in Genf. Ein von den Linksparteien und dem breit gelagerten «Rassemblement pour une politique sociale du logement» lanciertes Volksbegehren wurde deutlich angenommen. Im Anschluss an die in der Form einer allgemeinen Anregung gehaltene Initiative stimmte der Grosse Rat nach heftigen Debatten drei Gesetzen zu, von denen das eine der öffentlichen Hand ein weitgehendes Vorkaufs- und Expropriationsrecht gegenüber Privaten einräumt. Nur zwei Monate nach dem Ja zur Initiative wurden auch die Gesetze in der Volksabstimmung gutgeheissen, nachdem die Liberaldemokraten vergeblich wegen eines Verfahrensfehlers beim Bundesgericht rekurriert hatten [35]. Die angespannte Lage auf dem Genfer Wohnungsmarkt manifestierte sich aber nicht nur in Abstimmungsresultaten. In einer Vorortsgemeinde und in zwei Wohnsiedlungen der Stadt griffen Mieter zur Selbsthilfe und verweigerten die Zahlung ihrer Mieten [36].
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H.P.H.
 
[1] Schweiz. Aktionskomitee gegen die Raumplanung: Ldb, 6, 8.1.77; 8,11.1.77; NZ, 5, 7.1.77; TA, 9, 7.1.77; 24 Heures, 5, 7.1.77. Waadtländer Liberale: TLM, 11, 11.1.77; La Gruyère, 5, 13.1.77; Vat., 9, 12.1.77. Vgl. auch SPJ, 1976, S. 107 f.
[2] NZZ (sda), 8, 11.I.77; FA, 8, 11.1.77. Zum Vorschlag der Schweiz. Gesellschaft für Landschaftspflege: Ldb, 14, 18.1.77; TA (ddp); 14, 18.1.77.
[3] Presse vom 30.6.77. Gesetzesentwurf in Raumplanung Schweiz, Nr. 2, Juli 1977 (Sonderheft Entwurf zu einem Bundesgesetz über die Raumplanung). Zusammenstellung von Pressekommentaren: Raumplanung Schweiz, Nr. 3, Sept. 1977, S. 31 f. Vgl. auch SPJ, 1976, S. 107 ff.
[4] Stellungnahme M. Baschung: Bund, 150, 30.6.77; TA, 150, 30.6.77. Vgl. Vernehmlassungen des Redressement national (TA, sda, 254, 31.10.77) und der Waadtländer Liberalen (24 Heures, 256, 3.11.77).
[5] Vgl. vor allem die ausführliche Stellungnahme des Direktors des Redressement national, R. Rohr, in NZZ, 183, 8.8.77.
[6] Vernehmlassung SGB: NZZ (sda), 293, 14.12.77. A. Muheim an der Mitgliederversammlung der Schweiz. Vereinigung für Landesplanung: LNN, 210, 9.9.77; BaZ, 218, 10.9.77.
[7] R. Stüdeli: NZZ, 208, 6.9.77. Mitarbeiter ORL-Institut: TA, 286, 7.12.77.
[8] NZZ, 298, 20.12.77; TA, 299, 22.12.77; Raumplanung Schweiz, Nr. 4, Dez. 1977, S. 3 fT.
[9] Der Basler Hausbesitzerverein hatte das Referendum ergriffen, nachdem die Gesetzesänderung vom Grossen Rat beinahe widerspruchslos genehmigt worden war (BaZ, 133, 17.6.77; 151, 5.7.77). In der Volksabstimmung sprachen sich 56% der Stimmbürger für die Gesetzesänderung aus (BaZ, 300, 2.12.77; 303, 5.12.77; NZZ, 281, 30.11.77; 285, 5.12.77). Vgl. unten, Teil II, 4d.
[10] Die Auszonung in der bemischen Gemeinde Wohlen wurde als schweizerischer Modellfall bezeichnet (Bund, 146, 25.6.77; BaZ, 143, 27.6.77). Grundsätzliche Artikel zum Problem der Entschädigungsansprüche bei Riickzonungen: NZZ, 60, 12.3.77; BaZ, 111, 25.5.77. Vgl. auch SPJ, 1974, S. 103; 1975, S. 116.
[11] Z.B. im Gesamtplan des Kantons ZH: NZZ, 269, 16.11.77; TA, 268, 16.11.77; LNN, 268, 16.11.77. Vgl. auch «Der Kanton Zürich von morgen. Wegweiser durch den kantonalen Gesamtplan», in TA, 307, 28.12.77 (Sonderbeilage).
[12] Stellungnahmen der Regionalplanungsgruppen Limmattal (TA, 239, 13.10.77), Zürcher Oberland (TA, 245, 20.10.77), Zürcher Weinland (Ldb, 269, 18.11.77) und Knonauer Amt (TA, 289, 10.12.77). Stadtzürcher Behörden: NZZ, 293, 14.12.77; Vr, 295, 17.12.77. Jürgensen-Bericht: vgl. SPJ, 1976, S. 110.
[13] Vgl. dazu O. Gmür, Stadt als Heimat, Teufen 1977; E. Keller, «Plädoyer für die gefährdete Stadt», in BaZ, 287, 19.11.77; L. Frey, «Teufelskreis der Stadtzerstörung», in NZ, 6, 8.1.77.
[14] Basel: BaZ, 197, 20.8.77; 243, 6.10.77. Bern: TW, 173, 27.7.77; Bund, 197, 24.8.77. Freiburg: TLM, 30, 30.1.77; b, 62, 14.12.77. Lausanne: TLM, 27, 2.2.77; 257, 14.9.77; 357, 23.12.77. Zürich: TA, 24, 29.1.77; Vr, 99, 22.4.77. Bürgerinitiative gegen den Abbruch des Wohnquartiers «Les Grottes» in Genf: TLM (ats), 21, 21.1.77; TG, 241, 19.10.77; 287, 12.12.77. Arbeitsgruppen für wohnliche Städte: BaZ, 209, 1.9.77.
[15] Enteignungsartikel: vgl. oben, Raumplanung. Bäuerliche Initiative: Bund, 136, 14.6.77; TA, 303, 22.12.77; SPJ, 1976, S. 107 ff. SPS: Bund, 298, 20.12.77; TA, 299, 22.12.77; SPJ, 1976, S. 107 ff. Anzahl Unterschriften: vgl. oben, Teil I, 1c (Volksrechte).
[16] BBl, 1977, 1, S. 45 ff.; Presse vom 15.1.77. Vgl. SPJ, 1976, S. 111.
[17] NR: NZZ, 63, 16.3.77; Amtl. Bull. NR, 1977, S. 148 ff. StR: NZZ, 132, 16.1.77; Amtl. Bull. StR, 1977, S. 328 ff. Zitat: NR R. Schatz (fdp, SG) in Amtl. Bull NR, 1977, S. 158.
[18] Im Rekordjahr 1971 wurden 4849 Bewilligungen erteilt. Vgl. Die Volkswirtschaft, 50/1977, S. 359; NZZ, 154, 4.7.77; Ldb, 166, 20.7.77.
[19] Schwyz: NZZ (sda), 246, 19.10.77; LNN, 244, 19.10.77. Bern: Bund, 54, 5.3.77; Tat, 67, 20.3.77. Graubünden: NZZ, 250, 25.10.77. Tessin: TA, 274, 23.11.77. Wallis: TLM, 324, 20.11.77; JdG (ats), 281, 1.12.77; TA (ddp), 292, 13.12.77.
[20] JdG. 47, 25.2.77; 96, 28.4.77; 118, 24.5.77; 300, 23.12.77; VO, 52, 5.3.77; 212, 23.9.777. Wahlen: TG, 239, 17.10.77; VO, 232, 18.10.77; 236, 22.10.77; vgl. auch oben, Teil I, 1e (Elections des autorités cantonales, Genève).
[21] Bautätigkeit 1. Halbjahr 1977: Die Volkswirtschaft, 50/1977, S. 504 ff. Prognose: Die Volkswirtschaft. 50/1977, S. 452; TA, 174, 28.7.77.
[22] Postulat: NR Schärli (cvp, LU) (Verhandl. B.vers., 1977, 1/11, S. 42; Val, 86, 14.4.77). Bauvolumen: NZZ, 86, 14.4.77; vgl. auch SPJ, 1976 S. 111 f. Zum Problem der Altbausanierung siehe Th. Guggenheim, «Altbausanierungen aus der Sicht des Bundes», in BaZ, 279, 11.11.77.
[23] Nach Absatz, 2 Buchstaben b von Artikel 34sexies können auch die Betagten und Invaliden in den Genuss von Wohnbauförderungsmassnahmen kommen (BBI, 1971, II, S. 1972 ff.). Bundesgesetz: BBI, 1977, III, S. 69 ff.; Die Volkswirtschaft, 50/1977, S. 451; Vat., 293, 5.12.77; Amtl. Bull. SIR, 1977, S. 724 f.
[24] Amtl. Bull. NR, 1977, S. 440; Vorwärts, 9, 3.3.77; 24 Heures, 40, 17.2.77. Vom 1.1.1975 bis Mitte Mai 1977 sind Beiträge für 2622 Wohnungseinheiten zugesprochen worden, davon 414 für Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser und 997 für Alters- und Invalidenwohnungen (Die Volkswirtschaft, 50/1977, S. 451). Vgl. auch «Wohnen im Alter», in Die Volkswirtschaft, 51/1978, S. 25 f.
[25] Von Mai 1977 bis November 1977 ist der Index um 0,1 Punkte gesunken (Die Volkswirtschaft, 50/1977, S. 725 ff.; Bund, 305, 29.12.77). Zum Problem ausbleibender Mietpreissenkungen vgl. LNN, 1, 3.1.77; TW, 15, 19.1.77; BaZ, 40, 11.3.77; 145, 29.6.77; NZZ, 104, 5.5.77; TA, 131, 8.6.77; Tat, 137, 14.6.77.
[26] StR: Amtl. Bull. S1R, 1977, S. 97 ff.; NZZ, 69, 23.3.77; Bund, 69, 23.3.77; vgl. SPJ, 1976, S. 112. Rückwirkende Anwendung: BaZ, 151, 5.7.77; 152, 6.7.77; 24 Heures, 156, 7.7.77.
[27] Amtl. Bull StR, 1977, S. 111 ff. ; NZZ, 69, 23.3.77; JdG, 69, 23.3.77. Vorstösse Kündigungsschutz: Donzé (sp, GE) und Debétaz (fdp, VD) (Amtl. Bull StR, 1977, S. 112). Vgl. auch SPJ, 1976, S. 113.
[28] BaZ, 230, 23.9.77; TA, 230, 23.9.77.
[29] NZZ, 100, 30.4.77; 205, 2.9.77 («Staatliche Wohnbewirtschaftung oder freies Spiel der Kräfte»); 217, 16.9.77 («Mehr Staat — Weniger Wohnungen»); wf, Dok., 29, 18.7.77; Bund, 113, 16.5.77; Inserate des «Schweiz. Aktionskomitees gegen staatliche Wohnbewirtschaftung» (NZZ, 223, 23.9.77). Der Direktor des SGV, O. Fischer, sprach von einer: «Offensive marxistischen Denkens, die letztlich auf Kollektivierung der Produktionsmittel abziele» (TA, 113, 16.5.77).
[30] TA, 141, 20.6.77; JdG, 148, 29.6.77; FA, 206, 5.9.77; 212, 12.9.77; BaZ, 218, 10.9.77; Tat, 221, 21.9.77; 222, 22.9.77; R. Lienhard, «Mieterschutzinitiative ohne Alternative», in Profil, 1977, S. 245 ff.
[31] Stimmbeteiligung 51,7%. Ja: 796 825; Nein: 1 043 798.
[32] Ja: 777 604; Nein: 944 806. Annehmende Mehrheiten in den Kantonen: Al, AR, BL, GL, GR, NW, OW, SH, SG, TG.
[33] wf, Dok., 39, 26.9.77; Schweiz. Gewerbe-Zeitung, 39, 29.9.77.
[34] Tat, 225, 26.9.77; 24 Heures, 224, 27.9.77; B. Hättenschwiler, «Schon wieder falsch abgestimmt», in BaZ, 252, 15.10.77. Vgl. auch Prof. W. A. Jöhr, «Das Abstimmungsproblem bei drei Alternativen», in Schweiz. Zeitschrift für Volkswirtschaft und Statistik, 112/1976, S. 469 ff.; SPJ, 1976, S. 23.
[35] Initiative: NZZ, 212, 10.9.77; JdG, 212, 12.9.77; TG, 221, 26.9.77; VO, 215, 28.9.77. Gesetze: JdG, 229, 1.10.77; 277, 26.11.77; 284, 5.12.77; VO, 264, 25.11.77; 271, 5.12.77; NZZ, 281, 30.11.77. Rekurs: JdG, 278, 28.11.77; 280, 30.1 1.77. Vgl. unten, Teil II, 4e.
[36] TG, 52, 3.3.77; 102, 6.5.77; 138, 20.6.77; 170, 27.7.77; 230, 6.10.77; VO, 166, 30.7.77. Wohnungsmarkt in Genf: VO, 23, 29.1.77; 83, 15.4.77; vgl. Mietpreisstatistik (Die Volkswirtschaft, 50/1977, S. 725).
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